Allgemeine Änderungen

Die Struktur der ICSD-3 [2] unterscheidet sich nicht von der der ICSD-2 [1]. Die Einteilung in Insomnie, Zentrale Störungen mit Tagesschläfrigkeit, schlafbezogene Atmungsstörungen, zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen, Parasomnien, schlafbezogene Bewegungsstörungen sowie andere Schlafstörungen als Restkategorie bleibt bestehen, wobei die Bezeichnungen der Kategorien teilweise leicht verändert wurden. Unverändert ist auch der Aufbau der Beschreibung der einzelnen Diagnosegruppen, allerdings wird jetzt auf Merkmale im Altersverlauf (developmental issues) eingegangen. Den meisten Diagnosegruppen werden in der ICSD-3 generelle Diagnosekriterien vorangestellt, die dann – neben den spezifischen Kriterien – für alle zugeordneten Einzeldiagnosen gültig sind. Neu ist, dass die isolierten Symptome und Normvarianten symptombezogen unter den einzelnen Diagnosegruppen gelistet werden.

Ebenfalls neu ist bei der Darstellung der Diagnosekriterien der Verweis auf das AASM-Manual [5, 7] in der jeweils aktuellen Version. Hierdurch erübrigt sich weitestgehend die Festlegung von Norm- und Grenzwerten für polysomnografisch definierte Maße. Für die meisten Schlafstörungen beträgt die Mindestdauer der Symptomatik drei Monate.

Die schlafbezogenen Atmungsstörungen werden hier nicht dargestellt, sondern im Artikel Stuck, Weeß in diesem Heft [10].

Insomnien

Die Unterteilung der Insomnien wurde stark vereinfacht. Es werden nur noch chronische Insomnie und Kurzzeit-Insomnie sowie, als „isolierte Symptome und Normvarianten“, Kurzschläfer und „zu lange Bettzeit“ unterschieden. Die in der ICSD-2 aufgeführten Diagnosen werden der chronischen Insomnie zugeordnet, außer der anpassungsbedingten (akuten) Insomnie, die der Kurzzeit-Insomnie zugerechnet wird (Tab. 1). Die Insomnie wird sowohl als Auslöser als auch als Folge von komorbiden Erkrankungen angesehen.

Tab. 1 Vergleich der Diagnosegruppe Insomnie in ICSD-2 und ICSD-3

Der Begriff des nicht erholsamen Schlafs wurde wegen fehlender Spezifität eliminiert Die sonstigen in der ICSD-2 beschriebenen allgemeinen Kriterien (s. S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Tab. 5.7.9 in [6]) werden beibehalten. Mindestens eines der Attribute des Kriteriums c der Tab. 5.7.9 in [6] (z. B. Fatigue, Krankheitsgefühl, Aufmerksamkeits-, Konzentrations- oder Gedächtniseinbußen etc.) ist für die Diagnosestellung weiterhin erforderlich, dabei wurde das Teilkriterium „Spannungsgefühle, Kopfschmerzen oder gastrointestinale Symptome“ gestrichen. Ein dreimaliges Auftreten pro Woche über einen Zeitraum von drei Monaten ist Voraussetzung für die Diagnose einer chronischen Insomnie. Die ICSD-2 machte keine Zeitangabe. Eine chronische Insomnie ist auch dann gegeben, wenn über mehrere Jahre hinweg kürzere Perioden insomnischer Beschwerden auftreten, die einzeln das Dreimonatskriterium nicht erfüllen. Bei komorbiden Erkrankungen, die den Schlaf stören, ist abzuklären, ob die Insomnie auch unabhängig auftritt bzw. auftrat. Subjektive Schlaflatenzen oder nächtliche Wachzeiten nach dem ersten Einschlafen von über 30 Minuten sowie ein endgültiges Erwachen 30 Minuten vor der üblichen Aufwachzeit können bei Erwachsenen als Hilfskriterien herangezogen werden. Für Kinder und junge Erwachsene werden 20 Minuten als Grenzwerte angegeben.

Für die Kurzzeit-Insomnie treffen die Kriterien „drei Monate“ und/oder „mindestens dreimal pro Woche“ nicht zu. Die bisherige Operationalisierung ist aufgehoben, damit auch das bisherige Kriterium von weniger als 5 Stunden Schlaf pro Nacht.

Zentrale Störungen mit Tagesschläfrigkeit (Hypersomnolenz)

Neu eingeführt wurde der Begriff hypersomnolence, mit dem das Symptom der ausgeprägten Tagesschläfrigkeit bezeichnet wird, die Erkrankungen heißen dagegen weiterhin Hypersomnie. Da mit Somnolenz in der Neurologie ein Grad der Bewusstseinsverminderung bezeichnet wird [12], sollte die Übersetzung „Hypersomnolenz“ in diesem Zusammenhang im Deutschen nicht benutzt werden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

Neu ist bei den Störungen dieser Diagnosegruppe – mit Ausnahme des Kleine-Levin-Syndroms – die Formulierung des Kriteriums der Tagesschläfrigkeit als „mehrfach am Tag auftretende Episoden eines unwiderstehlichen Schlafbedürfnisses oder des unbeabsichtigten Einschlafens“ (lapses into sleep). Dieses muss bei allen Diagnosen dieser Gruppe täglich (Ausnahme: Schlafmangelsyndrom: fast täglich) über drei Monate (Ausnahme: Kleine-Levin-Syndrom) auftreten. Die Narkolepsien sind in Narkolepsie Typ 1 und Narkolepsie Typ 2 umbenannt worden. Der im ICSD-2 geltende Oberbegriff „rezidivierende Hypersomnien“ wird durch den Überbegriff Kleine-Levin-Syndrom ersetzt. Die Unterscheidung in idiopathische Hypersomnien mit und ohne lange Schlafzeit wurde aufgehoben (Tab. 2). Eine ausführliche Kriterien-Tabelle für die Störungen der Diagnosegruppe Tagesschläfrigkeit findet sich in [8].

Tab. 2 Vergleich der Diagnosegruppe zentrale Störungen mit Tagesschläfrigkeit zwischen ICSD-2 und ICSD-3

Durchführung und Auswertung des multiplen Schlaflatenz-Tests (MSLT)

Die ICSD-3 stellt bei den einzelnen Störungen generelle Bedingungen zur Durchführung und Auswertung des MSLT auf, die wie folgt zusammengefasst werden können:

  1. a)

    In die Bewertung der Anzahl der Einschlaf-REM-Episoden (Sleep Onset REMs, SOREMs) muss (für idiopathische Hypersomnie) bzw. kann (für Narkolepsie) jetzt neben dem MSLT ein möglicher SOREM in der Polysomnografie einbezogen werden: Ein SOREM ist definiert als Auftreten von REM-Schlaf innerhalb von 15 Minuten nach dem ersten Einschlafen.

  2. b)

    Bei starkem klinischem Verdacht auf Narkolepsie Typ 1 oder idiopathische Hypersomnie kann der MSLT wiederholt werden, wenn die diagnostischen Kriterien beim ersten Mal nicht erreicht werden.

  3. c)

    Der MSLT sollen nur durchgeführt werden, wenn die Patienten mindestens 14 Tage oder länger als fünf Halbwertzeiten mögliche schlafbeeinflussende Medikamente nicht mehr eingenommen haben. Dies kann z. B. durch ein Urinscreening kontrolliert werden.

  4. d)

    Außerdem sollen die Patienten mindestens sieben Tage vor der Polysomnografie eine regelmäßige Bettzeit von mindestens 7 Stunden pro Nacht einhalten, was mittels Schlaftagebuch oder möglichst durch eine Aktigrafie dokumentiert werden soll.

  5. e)

    Weiter gilt eine mittlere Schlaflatenz von weniger als 8 Minuten als pathologischer Grenzwert.

Narkolepsie Typ 1

Die Narkolepsie Typ 1 entspricht der früheren Narkolepsie mit Kataplexien. In der ICSD-3 sind die Diagnosekriterien nun klarer formuliert. Es müssen vorliegen

  • entweder Kataplexie und MSLT-Kriterium (mittlere Schlaflatenz < 8 Minuten und 2 SOREMs, davon ggf. einmal als SOREM in der vorausgehenden Nacht-Polysomnografie)

  • und/oder Hypocretin-1-Defizit im Liquor (entweder ein Drittel des Wertes von Gesunden, gemessen mit dem gleichen Assay oder ein Wert von < 110 pg/ml).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung für die Diagnose einer Kataplexie immer die Bindung an emotionale Auslöser ist. Bei Kindern kann sich die Schläfrigkeit der Narkolepsie manchmal auch als extrem langer Nachtschlaf oder als ein Wiederauftreten des zuvor nicht mehr gehaltenen Mittagsschlafs äußern.

Narkolepsie Typ 2

Dieser Narkolepsie-Typ entspricht der ehemaligen Narkolepsie ohne Kataplexie und setzt normale oder nicht gemessene Hypocretin-Werte im Liquor voraus, und er darf nicht durch andere Störungen bedingt sein. Das MSLT-Kriterium (s. Narkolepsie Typ 1) muss erfüllt sein. Wenn im Krankheitsverlauf zusätzlich Kataplexien auftreten oder ein erniedrigter Hypocretin-Spiegel gemessen wird (s. o.), muss die Diagnose des Narkolepsie-Typs geändert werden.

Idiopathische Hypersomnie

Aufgrund der neueren Studienlage wurde gegenüber der ICSD-2 die Unterscheidung zwischen idiopathischer Hypersomnie mit und ohne lange Schlafzeit aufgehoben.

Im MSLT und der vorausgehenden Polysomnografie darf höchstens ein SOREM auftreten, die mittlere Schlaflatenz im MSLT muss ≤ 8 Minuten oder die Gesamtschlafzeit innerhalb von 24 Stunden muss mehr als 660 Minuten betragen (Nachweis mittels 24-stündiger Polysomnografie oder als Mittelwert einer mindestens einwöchigen Aktometrie mit Schlaftagebuch). Die Störung darf nicht durch eine andere Erkrankung oder Medikamenten-/Substanzeinnahme besser erklärt werden können, Kataplexien und ein Schlafmangelsyndrom müssen ausgeschlossen sein.

Weitere unterstützende Kriterien können eine schwere, anhaltende Schlaftrunkenheit und/oder lange, mehr als 1 Stunde andauernde nicht erholsame Tagschlafepisoden, eine Schlafeffizienz > 90 % in der PSG sowie ggfs. eine Störung des autonomen Systems sein. Bei Kindern und Jugendlichen müssen die Zeitkriterien angepasst werden. Wenn die Kriterien nicht erfüllt werden, sollte die Diagnose klinisch gestellt werden, mit Wiederholung des MSLT zu einem späteren Zeitpunkt.

Kleine-Levin-Syndrom

Der in der ICSD-2 verwendete Überbegriff rezidivierende Hypersomnie wird für alle Formen durch den Begriff Kleine-Levin-Syndrom ersetzt. Für die Diagnose müssen mindestens zwei rekurrente Episoden mit ausgeprägter Schläfrigkeit auftreten, die zwischen 2 Tagen und 5 Wochen anhalten können, mehr als einmal pro Jahr und mindestens alle 18 Monate auftreten. Zwischen den symptomatischen Episoden sind die Wachheit (alertness), kognitive Funktionen, Verhalten und Stimmung unauffällig. Eine symptomatische Episode setzt mindestens eines der folgenden Symptome voraus: a) kognitive Störungen, b) veränderte Wahrnehmung (Derealisation), c) Essstörung (Anorexie oder Hyperphagie), d) enthemmtes Verhalten (etwa Hypersexualität).

Schlafmangelsyndrom

Für das Schlafmangelsyndrom sind alle Kriterien formal neu. Inhaltlich neu hinzugekommen ist das Kriterium, dass eine Verlängerung der Schlafzeit zu Symptomfreiheit führt. Das Kriterium, dass die Patienten an Wochenenden und im Urlaub länger schlafen, wurde dadurch ergänzt, dass darauf hingewiesen wird, dass sie normalerweise ihre Schlafzeit durch Wecker bzw. Geweckt-Werden begrenzen. Gegenüber der ICSD-2 wird auf die optionale Durchführung von Polysomnografien und/oder des MSLT gänzlich verzichtet. Die verkürzten Schlafzeiten werden durch die Anamnese, begleitende Lebensumstände, Schlaftagebücher oder Aktigrafie dokumentiert, bei Zweifeln an der Anamnese oder dem Schlaftagebuch soll die Aktometrie über mindestens 14 Tage durchgeführt werden.

Hypersomnien aufgrund anderer Erkrankungen

Die Diagnosekriterien für die Hypersomnie durch körperliche Erkrankung und die Hypersomnie durch Medikation oder Substanz sind praktisch unverändert mit leichter Umformulierung des Kriteriums der Genese und ohne die bisherige Trennung der Operationalisierungen zwischen Substanzmissbrauch und Medikation. Hypersomnie durch eine Medikation oder Substanz beinhaltet sowohl den Gebrauch und Missbrauch als auch den Zustand nach Entzug von stimulierenden Substanzen. Besonders wichtig ist jedoch die Klarstellung, dass bei Patienten mit behandelter Schlafapnoe und persistierender Tagesschläfrigkeit auf den sonst für beide Diagnosen optionalen MSLT nicht verzichtet werden kann. Wie bei anderen Hypersomnien muss die mittlere Schlaflatenz im MSLT für die Diagnosestellung weniger als 8 Minuten betragen.

Bei Patienten mit Hypersomnien nach Schädel-Hirn-Trauma können die Hypocretin-Werte im Liquor verringert sein und gehäuft schlafbezogene Atmungsstörungen auftreten, sodass hier auf eine besonders sorgfältige Abgrenzung gegenüber anderen Schlafstörungen geachtet werden muss. Die Hypersomnie assoziiert mit psychischer Störung ist eine neu eingeführte Diagnose, bei der die Schläfrigkeit gleichzeitig mit der psychischen Störung bestehen muss. Ein MSLT ist optional.

Normvarianten

Langschläfer müssen Schlafzeiten aufweisen, die innerhalb von 24 Stunden länger als altersüblich sind. Die bisherige Operationalisierung der Kriterien ist aufgehoben worden, als Hilfskriterium gelten 10 Stunden Schlaf pro Tag. Die Dokumentation kann mittels Schlaftagebuch oder Aktigrafie über mindestens 7 Tage erfolgen.

Zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen

Die Kriterien sind gegenüber der ICSD-2 kaum verändert worden. Jedoch wurden die Diagnosen selbst dahin gehend umbenannt, dass sie nun wieder prägnante, kürzere Bezeichnungen tragen (Tab. 3).

Tab. 3 Vergleich der zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen in ICSD-2 und ICSD-3

Neu formuliert wurden die allen Störungen dieser Diagnosegruppe gemeinsamen Kriterien. Es handelt sich um eine „andauernde oder wiederkehrende Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die vorwiegend verursacht wird durch eine Veränderung des zirkadianen Systems oder durch eine Verschiebung zwischen dem endogenen zirkadianen Rhythmus und dem Schlaf-Wach-Plan, der durch die individuelle physikalische Umgebung oder soziale und berufliche Erfordernisse gewünscht oder gefordert wird“. Übermäßige Schläfrigkeit oder Insomnie sind Störungsfolgen und müssen zu einem relevanten Leidensdruck oder einer Verschlechterung in psychischen, physischen, sozialen, Berufs- oder Ausbildungs- oder sonstigen wichtigen Lebensbereichen führen. Eine detaillierte Kriterientabelle findet sich in [8].

Wenn auch nicht als generelles Kriterium formuliert, müssen die einzelnen Störungen – außer für Jetlag – seit mindestens drei Monaten bestehen. Die Rolle der Aktometrie wurde nochmals gestärkt, sodass stets formuliert wurde, dass die Aktigrafie „wenn irgend möglich“ durchgeführt werden sollte. Schlaftagebücher oder/und Aktigrafie sind bei allen Störungen über mindestens 7, teils 14 Tage durchzuführen, wobei sowohl Werktage als auch freie Tage einzubeziehen sind. Dabei ist der Zeitraum von (mindestens) zwei Wochen vorzuziehen.

Verzögerte und vorverlagerte Schlafphasen-Störung

Bei der verzögerten Schlafphasen-Störung ist das Kriterium der Verschiebung um den Begriff „bedeutsam“ erweitert worden, eine Überschneidung mit einer Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Rhythmusstörung ist möglich. Als Hilfskriterium für beide Störungen gilt eine Verschiebung um mindestens zwei Stunden gegenüber sonst üblichen sozialen Bettzeiten.

Standardisierte Fragebögen zum Chronotyp sind sinnvoll, aber fakultativ. Der Nachweis einer Verschiebung anderer zirkadianer Rhythmen ist wünschenswert, aber nicht obligat. Die Verschiebung kann u. a. durch Bestimmung der Melatoninsekretion im Speichel bei Dämmerlicht (dim light melatonin onset) oder durch fraktionierte Messung von 6-Sulfatoxymelatonin im Urin über 24 Stunden erfolgen.

Irreguläre Schlaf-Wach-Rhythmusstörung

Hier wurde das Kriterium „mindestens drei Schlafphasen innerhalb von 24 Stunden in Aktometrie oder Tagebuch“ dahin gehend ergänzt, dass auch keine Hauptschlafphase vorliegt. Im zugehörigen Text wird diesbezüglich von Schlafphasen zwischen typischerweise zwei und vier Stunden gesprochen. Das Kriterium einer altersgerechten Gesamtschlafzeit über 24 Stunden wurde gestrichen, es wird aber darauf hingewiesen, dass diese Schlafstörung häufig bei neurodegenerativen Störungen auftritt, wobei die Gesamtschlafzeit über 24 Stunden altersgerecht sein kann.

Nicht-24-Stunden-Schlaf-Wach-Rhythmusstörung

In das Kriterium des Wechsels zwischen insomnischen Beschwerden und ausgeprägter Tagesschläfrigkeit wurden die Phasen des normalen (asymptomatischen) Schlaf-Wach-Musters aufgenommen. Neu ist weiterhin, dass sowohl Schlaftagebuch als auch eine Aktometrie obligat sind, wobei beides über mindestens 14 Tage durchgeführt werden sollte, bei blinden Personen noch länger.

Die tägliche Verlängerung des 24-Stunden-Tages kann weniger als 30 bis über 60 Minuten betragen. Zusätzliche Messungen des Beginns der Melatoninsekretion im Speichel bei Dämmerlicht (dim light melatonin onset) oder der Konzentration des 6-Sulfatoxymelatonins im fraktionierten Urin über 24 Stunden zu zwei verschiedenen Zeitpunkten mit zwei- bis vierwöchigem Abstand zur Erfassung der genauen Zeitspanne der Verschiebung sind wünschenswert, aber fakultativ.

Schichtarbeit-Störung

Inhaltlich sind die Kriterien dahin gehend erweitert worden, dass nun sowohl Aktometrie als auch Schlaftagebücher (zuvor Oder-Kriterium) über mindestens 14 Tage (zuvor 7 Tage) zur Diagnostik vorliegen müssen. Auch müssen die Symptome einer Insomnie oder Tagesschläfrigkeit von verminderten Schlafzeiten begleitet sein. Ergänzend erwähnt der zugehörige Text eine Reduktion der Schlafzeit um eine bis vier Stunden. Eine Festlegung auf bestimmte Schichten erfolgt nicht, vielmehr gelten die Kriterien für alle Formen der Schichtarbeit.

Jetlag-Störung (Zeitzonenflüge)

Die Kriterien sind lediglich dahin ergänzt worden, dass die Symptome wie Insomnie oder Tagesschläfrigkeit von einer verminderten Schlafzeit begleitet werden.

Parasomnien

Die Unterteilung der Parasomnien in NREM- und REM-Schlaf- sowie andere Parasomnien wurde nicht verändert. Neu hinzugekommen sind bei den NREM-Schlaf-bezogenen Parasomnien die schlafbezogene Essstörung und die Sexsomnie als Sonderform des verwirrten Erwachens. Letzteres beinhaltet nicht mehr die Schlaftrunkenheit und muss bei gleichbleibendem englischem Begriff (confusional arousal) im Deutschen daher umbenannt werden (hier: statt Schlaftrunkenheit, jetzt verwirrtes Erwachen). Durch die Aufnahme der schlafbezogenen Essstörung als NREM-Parasomnie ändert sich die Ebenenzuordnung in diesem Bereich (Tab. 4). Bei den Störungen aus der Gruppe der „anderen Parasomnien“ sind die Kriterien – mit Ausnahme einer Mindestdauer von drei Monaten bei der Enuresis – unverändert. Die schlafbezogene dissoziative Störung wurde als Diagnose gestrichen, und die Katathrenie wurde als isoliertes Symptom den Atmungsstörungen zugeordnet. Für die Parasomnien durch körperliche Erkrankung und durch Medikamente oder Substanzen fehlen weiterhin Operationalisierungen.

Tab. 4 Vergleich der Parasomnien in ICSD-2 und ICSD-3

NREM-Schlaf-bezogene Parasomnien (NREM-Parasomnien)

Die NREM-Parasomnien beinhalten nun die Diagnosen, die bisher als Arousal-Störungen (aus dem NREM-Schlaf) bezeichnet wurden (verwirrtes Erwachen, Schlafwandeln und Schlafterror), sowie als hiervon unabhängige Diagnose die schlafbezogene Essstörung.

Arousal-Störungen (aus dem NREM-Schlaf)

Für die drei den Arousal-Störungen zugehörigen Störungen – verwirrtes Erwachen (confusional arousal), Schlafwandeln und Schlafterror (auch als Pavor nocturnus oder Nachtschreck bezeichnet [sleep terror]) – wurden die gemeinsamen Kriterien neu definiert. Die Definition beinhaltet

  • wiederholte Episoden unvollständigen Erwachens aus dem Schlaf, meist im ersten Drittel der Hauptschlafphase,

  • unangemessene oder keine Reaktion auf Interventionsversuche während der Episode,

  • für die Episoden besteht eine teilweise oder komplette Amnesie. Ergänzend kann die betroffene Person im Anschluss an das Ereignis für mehrere Minuten oder länger konfus und desorientiert erscheinen,

  • es wird entweder keine oder eine einzige visuelle Szene erinnert,

  • die jeweilige Störung darf nicht besser durch andere Störungen erklärbar sein.

Die Episoden bestehen meist aus einem inkompletten Erwachen aus dem langsamwelligen Schlaf, sie sind meist kurz, können bei Kindern aber auch 30 bis 40 Minuten anhalten. Sprechen und Schreien können auftreten, die Augen sind geöffnet, wirken oft „glasig“.

Eine diagnostische Polysomnografie muss immer mit einer zeitsynchronen Videometrie durchgeführt werden, eine normale Polysomnografie schließt die Diagnose nicht aus, lässt aber ggf. auslösende Faktoren wie schlafbezogene Atmungsstörungen oder periodische Beinbewegungen erkennen.

Neben den generellen Kriterien der Arousal-Störung sind folgende spezifische Kriterien definiert:

  • Verwirrtes Erwachen (confusional arousal): Bei diesen Episoden wird das Bett nicht verlassen, die Betroffenen sind verwirrt oder zeigen ein konfuses Verhalten. Ein vegetatives Arousal ist während der Episode typischerweise nicht vorhanden. Im Gegensatz zur ICSD-2 ist die ausgeprägte Schlaftrunkenheit nicht mehr Bestandteil dieser Diagnose. Die Sexsomnie ist eine Sonderform dieser Diagnose, gekennzeichnet durch inadäquate sexuelle Verhaltensweisen.

  • Schlafwandeln: Die Ereignisse gehen mit einem Verlassen des Bettes und komplexem Verhalten außerhalb des Bettes einher. Wegen einer hohen Schmerztoleranzgrenze werden Schlafwandler durch selbstverletzendes Verhalten nicht wach.

  • Schlafterror (Pavor nocturnus; sleep terror): Die Ereignisse sind gekennzeichnet durch ein plötzliches Aufschrecken, das typischerweise mit einer alarmierenden Vokalisation (z. B. lauter Schrei) beginnt. Die Episoden gehen mit intensiver Angst und Zeichen eines autonomen Arousals (Mydriasis, Tachykardie, Tachypnoe, Schwitzen) einher.

Schlafbezogene Essstörung

Es tritt wiederholtes ungewolltes, dysfunktionales Essen nach einem Arousal während der Hauptschlafperiode auf, wobei entweder a) die Nahrung auf ungewöhnliche Weise zubereitet oder kombiniert wird oder ungenießbare Nahrung oder giftige Substanzen verspeist werden, oder b) bei der Vorbereitung oder beim Kochen der Nahrung kommt es zu schlafbezogenen Verletzungen oder potenziell verletzendem Verhalten, oder c) das wiederholte Essen führt zu negativen Folgen für die Gesundheit (z. B. Diabetes, Karies, Adipositas, usw.). Für die Ess-Episoden besteht ein teilweiser oder vollständiger Verlust der bewussten Wahrnehmung, gefolgt von einer partiellen Amnesie.

REM-Schlaf-bezogene Parasomnien (REM-Parasomnien)

Rapid-Eye-Movement (REM)-Schlaf-Verhaltensstörung

Die REM-Schlaf-Verhaltensstörung ist nun definiert durch wiederholte Vokalisationen oder komplexe Bewegungen im REM-Schlaf (ggf. auch mehrfach pro Nacht). Meist sind Träume erinnerlich, die den nächtlichen Aktionen entsprechen. Die Ereignisse müssen mittels Video-Polysomnografie im REM-Schlaf ohne Atonie (nach Definition des AASM-Manuals) dokumentiert werden. Eine Verdachtsdiagnose kann bei entsprechender Vorgeschichte auch klinisch gestellt werden, wenn eine Video-Polysomnografie aktuell nicht verfügbar ist oder typisches Verhalten im REM-Schlaf auftritt, die fehlende Atonie jedoch nicht den evidenzbasierten Kriterien nach AASM-Manual entspricht.

Während des Erwachens aus diesen Episoden sind die Betroffenen wach und alert, nicht verwirrt oder desorientiert. Es sind keine Kriterien hinsichtlich Dauer oder Häufigkeit festgelegt.

Die genannte Overlap-Störung bezeichnet die Komorbidität von REM-Schlaf-Verhaltensstörung und entweder einer NREM-Parasomnie oder einer rhythmischen Bewegungsstörung im Schlaf.

Die Polysomnografie zeigt einen ausgeprägten anhaltenden oder intermittierenden Verlust der tonischen und/oder phasischen elektromyografischen REM-Atonie (submental und/oder im Bein-EMG). Da bei einigen Patienten nur Arme und Hände betroffen sind, muss das EMG sowohl von den oberen als auch unteren Extremitäten abgeleitet werden. Auch ein ausgeprägtes Zucken bei ansonsten erhaltener Atonie kann auftreten. Eine autonome Aktivierung wie z. B. Tachykardie ist während der Muskelaktivitäten ungewöhnlich und unterscheidet die REM-Schlaf-Verhaltensstörung von den NREM-Arousal-Störungen. Bei 75 % der Betroffenen treten periodische Beinbewegungen im NREM-Schlaf auf, allerdings nur selten mit begleitenden Arousals.

Rezidivierende isolierte Schlaflähmung

Die Betroffenen sind wiederholt unfähig, Rumpf und alle Extremitäten bewegen zu können (beim Einschlafen: hypnagog, beim Erwachen: hypnopomp; Dauer: wenige Sekunden bis einige Minuten). Neu hinzugekommen ist, dass die Schlaflähmung zu nächtlicher Angst oder Angst vor dem Schlafen führen muss. Differenzialdiagnostisch muss eine Narkolepsie ausgeschlossen werden. Das Bewusstsein ist erhalten, die Atmung ist funktionsfähig. Schlaflähmungen können von akustischen, visuellen oder taktilen Halluzinationen begleitet sein.

Albträume

Alle Kriterien der Diagnose Albträume sind im Vergleich zur ICSD-2 neu, und die aus den Albträumen erwachsenden Beeinträchtigungen sind nun operationalisiert. Albträume sind definiert als wiederholtes Auftreten von ausgedehnten, extrem dysphorisch getönten und gut erinnerlichen Träumen. Deren Inhalte sind gekennzeichnet durch Ereignisse, die das Leben, die Sicherheit oder die körperliche Integrität bedrohen. Beim Erwachen sind die Betroffenen schnell orientiert und alert. Die Trauminhalte oder das Erwachen aus den Albträumen verursachen eine klinisch relevante Belastung oder Beeinträchtigungen in mindestens einem der nachfolgenden Bereiche: a) Stimmung (z. B. durch anhaltende Albtraum-Affekte, Angst, Dysphorie), b) Widerstand gegen das Schlafen (z. B. Angst vor dem Zu-Bett-gehen, Angst vor dem Schlaf/Albträumen), c) Kognition (z. B. einschießende Albtraumbilder, Konzentrations- oder Gedächtniseinbußen), d) Beeinträchtigung der Familie oder der Betreuenden (z. B. gestörte Nachtruhe), e) Verhalten (z. B. Vermeidung des Zubettgehens, Dunkelangst), f) Tagesschläfrigkeit, g) Erschöpfung (Fatigue) oder Energieverlust, h) Beruf oder Ausbildung, i) interpersonelle soziale Funktionen. Die Definition beinhaltet keine Kriterien für die Dauer. Bei Kindern darf die Diagnose erst gestellt werden, wenn es zu einer anhaltenden Belastung kommt oder sich diese verschlimmert.

Schlafbezogene Bewegungsstörungen

Beim Restless-Legs-Syndrom erfolgt keine Unterscheidung mehr zwischen Kindern (in der ICSD-2 < 12 Jahre) und Erwachsenen. Die RLS-Kriterien beinhalten neu ein Kriterium der klinischen Beeinträchtigung. Bei den periodischen Gliedmaßenbewegungen ist der polysomnografische Befund „periodische Gliedmaßenbewegungen im Schlaf“ (PLMS) von der Diagnose „periodische Gliedmaßenbewegungsstörung“ (PLMD) zu differenzieren. Ein PLMD kann nicht bei RLS, Narkolepsie, schlafbezogener Atmungsstörung oder REM-Schlaf-Verhaltensstörung diagnostiziert werden.

Der „propriospinale Myoklonus beim Einschlafen“ und der „gutartige Schlafmyoklonus bei Säuglingen“ sind nun eigenständige Diagnosen (zuvor isolierte Symptome bzw. Normvarianten, Tab. 5).

Tab. 5 Vergleich der schlafbezogenen Bewegungsstörungen in ICSD-2 und ICSD-3

Syndrom der unruhigen Beine (Restless-Legs-Syndrom, RLS, Ekbom-Willis-Erkrankung)

Die Kriterien des RLS sind teils formal umgestellt bzw. umformuliert worden, es ist aber auch ein Kriterium der klinischen Relevanz neu hinzugekommen. Die klassische Beschreibung mit abendlichen/nächtlichen Missempfindungen und Bewegungsdrang in Ruhe sowie der Besserung durch Bewegung ist nun in einem Kriterium zusammengefasst. Manchmal sind auch die Arme oder andere Körperpartien betroffen, oder der Bewegungsdrang tritt ohne Missempfindungen auf. Bei Kindern soll die Beschreibung der Symptome in deren eigenen Worten erfolgen. Alle drei Teilkriterien müssen erfüllt sein. Die Verstärkung des Bewegungsdrangs abends oder nachts sowie eine Verringerung des Bewegungsdrangs nach Bewegung sollte bereits vor Behandlungsbeginn bzw. vor einer behandlungsinduzierten Augmentation bestanden haben. Das Kriterium der „nicht besseren Erklärbarkeit durch andere Erkrankungen“ wurde ersetzt durch die Bedingung, dass die RLS-Symptome nicht ausschließlich durch andere Erkrankungen wie z. B. Muskelkrämpfe, Myalgien, Beinödeme, Venenstau, Arthritis oder durch Verhaltensweisen wie z. B. gewohnheitsmäßiges Fußwippen verursacht sein dürfen. Nach dem neu hinzugekommenen Kriterium der klinischen Relevanz muss das RLS zu psychischen oder Schlafstörungen, oder zu einer Verschlechterung sozialer, beruflicher, schulischer oder anderer Funktionsbereiche führen. Es liegen keine Angaben zu einer Mindestdauer oder -häufigkeit der Symptome vor.

Unterstützende Kriterien sind periodische Gliedmaßenbewegungen im ruhigen Wachen, beim Schlaf-Wach-Übergang oder beim Schlafen und das Ansprechen auf eine dopaminerge Therapie.

Periodische Gliedmaßenbewegungsstörung

Der Begriff „periodische Gliedmaßenbewegungen im Schlaf“ (periodic limb movements in sleep, PLMS) muss unterschieden werden von der „periodischen Gliedmaßenbewegungsstörung“ (periodic limb movement disorder, PLMD).

Statt einer Auflistung der Auswertungskriterien wurde das entsprechende Kriterium dahin gehend formuliert, dass die Diagnose die polysomnografischen Kriterien eines PLMS nach der jeweils aktuellen Version des AASM-Manuals voraussetzt. Der Index muss wie zuvor bei Kindern mindestens 5 pro Stunde, bei Erwachsenen über 15 pro Stunde betragen. Die PLMS müssen eine klinische Relevanz haben, d. h. eine Schlafstörung oder eine Verschlechterung in mentalen, physischen, sozialen, beruflichen, schulischen oder anderen Funktionsbereichen bedingen. PLMS ohne klinisch bedeutsame Insomnie oder Tagesbeeinträchtigung kann als polysomnografischer Befund, aber nicht als PLMD diagnostiziert werden. Der erläuternden Text der ICSD-3 klärt, dass PLMS-bedingte Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten in der Vorgeschichte zur Diagnosestellung notwendig sind, da hierdurch die symptomatische Diagnose „Periodische Gliedmaßenbewegungsstörungen, PLMD“ von den symptomlosen PLMS unterschieden werden.

Umgekehrt muss zwischen den PLMS und einer Insomnie bzw. Hypersomnie eine nachvollziehbare direkte ursächliche Beziehung bestehen. Die Diagnose PLMD kann daher nicht gleichzeitig bei vorhandenem RLS, Narkolepsie, unbehandeltem Schlafapnoe-Syndrom oder einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung gestellt werden. Bei gleichzeitigem Vorhandensein von RLS und PLMS wird PLMS als polysomnografischer Befund gekennzeichnet. Ist nachgewiesen, dass die PLMS durch eine Medikation ausgelöst wurden, sollte statt einer schlafbezogenen Bewegungsstörung durch Medikation oder Substanz jedoch das spezifischere PLMD diagnostiziert werden.

Schlafbezogener Bruxismus (Zähneknirschen)

Diagnostisch wird nun ein regelmäßiges oder häufig hörbares Zähneknirschen im Schlaf verlangt. Die Zusatzkriterien sind teils erweitert worden: a) ein abnormer Verschleiß der Zähne (unverändert) oder b) vorübergehende morgendliche Schmerzen oder Erschöpfung (Fatigue) der Kaumuskulatur und/oder zeitweilige Kopfschmerzen und/oder eingeschränkte Mundöffnung (Kiefersperre) beim Erwachen. Es fehlen die Kriterien der nicht besseren Erklärbarkeit und der Mindestdauer oder -häufigkeit.

Eine diagnostische PSG wird nicht gefordert, aber eine Erfassung nach der aktuellen Version des AASM-Manuals mit Ableitung der Aktivität der Masseter-Muskulatur wird zur Erhöhung der Diagnosesicherheit als wünschenswert erachtet.

Bei den schlafbezogenen Beinmuskelkrämpfen bezieht sich das Auftreten der schmerzhaften Krämpfe auf die Zeit im Bett und nicht wie zuvor auf die Schlafperiode. Die schlafbezogene rhythmische Bewegungsstörung wurde auf die Bewegungen großer Muskelgruppen beschränkt, darf keinen Tremor beinhalten und muss klinisch relevante Folgen verursachen. Neu ist der Ausschluss anderer Bewegungsstörungen oder eine Epilepsie. Der gutartige Schlafmyoklonus bei Säuglingen ist im ICSD-3 eine eigenständige Diagnose.

Propriospinaler Myoklonus beim Einschlafen

Der Patient leidet unter plötzlichem Zucken vor allem des Abdomens, Rumpfs oder Nackens. Die Zuckungen treten im entspannten Wachzustand und bei Schläfrigkeit auf, wenn der Patient versucht einzuschlafen, und sie führen zu Einschlafstörungen. Das Zucken verschwindet bei mentaler Aktivierung sowie beim Eintritt in ein stabiles Schlafstadium.

Die schlafbezogenen Bewegungsstörungen durch Medikation oder Substanzen bzw. durch körperliche Erkrankung bleiben als eigenständige Diagnosen im ICSD-3 erhalten. Beide Diagnosen enthalten nun jedoch operationalisierte Kriterien, die weitgehend gleich sind. So muss der Patient Bewegungen aufweisen, die den Schlaf oder das Einschlafen stören. Die Bewegungsstörung ist eine Folge einer erheblichen zugrunde liegenden körperlichen oder neurologischen Erkrankung bzw. eine Folge der akuten Medikation oder Substanzeinnahme oder des Absetzens einer wachheitsfördernden Medikation oder Substanz. Des Weiteren dürfen die Störungen nicht besser durch eine andere Störung erklärbar sein. Sofern die Kriterien einer spezifischeren schlafbezogenen Bewegungsstörung zutreffen, ist diese beiden Diagnosen vorzuziehen. Die schlafbezogene unspezifische Bewegungsstörung bleibt unverändert als Diagnose erhalten.

Als isolierte Symptome bzw. Normvarianten finden sich bei den schlafbezogenen Bewegungsstörungen der exzessive fragmentarische Myoklonus, der hypnagoge Fußtremor, die alternierende Beinmuskelaktivierung im Schlaf sowie die Einschlafmyoklonien, die jeweils nach Vorgaben des aktuellen AASM-Manuals zu klassifizieren sind.

Beziehung zu anderen Klassifikationssystemen

Die ICSD-3 hat wie die Vorgängerversionen das Ziel, dass alle das Schlafen und Wachen betreffenden Störungen klassifiziert werden können, unabhängig von ihrer klinischen Relevanz. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu anderen Klassifikationssystemen. Durch den Anspruch der Auflistung aller pathologischen Phänomene des Wachens und Schlafens fehlen bei einigen Störungen auch weiterhin operationalisierte Kriterien zu Schweregrad, Dauer und Häufigkeit. Die ICSD-3 stimmt erstmals weitgehend mit der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, DSM-5 [3, 4, 9] von 2013, deutsche Ausgabe 2015) überein. Noch bestehende, kleinere Unterschiede dürften am ehesten dem unterschiedlichen Fertigstellungszeitpunkt geschuldet sein. Obwohl die Unterschiede zur noch aktuellen Internationalen Klassifikation von Erkrankungen (International Classification of Diseases, ICD-10) noch beträchtlich sind, führt die derzeitig verfügbare Beta-Version der ICD-11 [11] die Schlafstörungen erstmals als eigenständige Diagnosegruppe auf und folgt in der Gliederung, Benennung und – soweit vorhanden – den Kriterien der ICSD-3.