Die Langzeitregistrierung von Lungen- und Bronchialgeräuschen soll keine Alternative zur klassischen Lungenfunktionsmessung (Spirometrie und Bodyplethysmographie) sein. Sie stellt jedoch, v. a. bei Kindern, eine sinnvolle und vielversprechende Ergänzung des diagnostischen pneumologischen Repertoires dar (Tab. 1). Die bisher praktizierte subjektive Beurteilung von Husten- und Giemenereignissen hat eine hohe Fehlerquote, da zwischen Patientenangaben und akustischen Registrierbefunden erhebliche Unterschiede nachgewiesen werden konnten [6, 11]. Zweifellos ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit des nächtlichen Auftretens von Giemenereignissen unterschätzt wird [2, 22].

Tab. 1 Indikationen zur Durchführung einer Langzeitregistrierung von Lungen- und Atemwegsgeräuschen

Ein mobiles Monitoring-System für Giemen und Husten ermöglicht eine von der Vigilanz unabhängige Beurteilung der respiratorischen Phänomene im Schlaf. Peak-flow- oder Lungenfunktionsmessungen sind an Wachheit gebunden und können damit den Zustand Bronchialobstruktion im Schlaf nicht adäquat darstellen [16]. Der Vorteil einer nächtlich durchgeführten akustischen Langzeitregistrierung liegt zudem in der Möglichkeit einer synchronen Aufzeichnung von weiteren Parametern zur Beurteilung der Schlafqualität. Weiterhin erlaubt die akustische Langzeitregistrierung in Kombination mit einer ph-Metrie den Nachweis einer zeitlichen Assoziation zwischen gastroösophagealen Refluxepisoden und bronchialer Obstruktion [18, 19]. Die Kausalität zwischen Reflux und respiratorischen Symptomen (Husten, Luftnot, Giemen) ist trotz vielfältig durchgeführter Untersuchungen bislang nicht bewiesen.

Es können synchron weitere Parameter aufgenommen werden

Bei der chronischen Sinusitis bzw. dem Postnasal-drip-Syndrom kann mithilfe der Lungengeräuschaufzeichnung der Nachweis einer durch lageabhängigen Sekretabfluss bedingten Symptomtriggerung (Husten/Giemen) erfolgen [8, 23]. Auch die Effizienz einer antiobstruktiven, antitussiven oder sekretolytischen Therapie kann mit dem vorgestellten Verfahren überprüft werden [2, 17].

Atem- und Lungengeräusche

Bei normaler ungestörter Inspiration strömt die Atemluft durch Trachea, Bronchien und Bronchiolen in die Alveolen. Die Flussgeschwindigkeit ist in der Trachea am größten und nimmt in Richtung der Alveolen auf fast Null ab. In Trachea, Haupt- und Lappenbronchien ist die Strömung durch Verwirbelungen turbulent, jenseits der 15. Generation der Bronchien bildet sich eine weitgehend laminare Strömung aus. Das normale Atemgeräusch ist ein fortgeleitetes Geräusch, das seinen Ursprung im Bereich der größeren Atemwege hat und über das Lungengewebe auf die Thoraxwand übertragen wird.

Nach der Nomenklatur der ILSA (International Lung Sound Association) werden grundlegend Atem- und Nebengeräusche unterschieden [25]. Zu den Atemgeräuschen gehören

  • Normalatmung (Vesikuläratmung),

  • Trachealatmung und

  • Bronchialatmung.

Das normale Atemgeräusch umfasst einen Frequenzbereich von 50 bis über 500 Hz, das tracheale Atemgeräusch Frequenzen bis zu 2000 Hz. Bei den Nebengeräuschen unterscheidet man

  • kontinuierliche Nebengeräusche und

  • diskontinuierliche Nebengeräusche.

Sie werden durch ihre akustischen Eigenschaften und Zeitdauern definiert. Zu den kontinuierlichen Geräuschen, die eine Mindestdauer von 100 ms aufweisen, gehören

  • das Giemen („wheezing“),

  • die Rhonchi (Brummen) und

  • der Stridor.

Rasseln („crackles“) zählt zu den diskontinuierlichen Nebengeräuschen (Mindestdauer < 100 ms).

Methode, technische Aspekte und Probleme der Langzeitregistrierung

Durch die Optimierung der Computertechnik sind mittlerweile kontinuierliche Geräuschaufzeichnungen in hoher Qualität möglich geworden. Die Aufzeichnung der Atemgeräusche kann zeitgleich mittels luftgekoppelter Mikrofone oder piezoelektrischer Sensoren, die an festgelegten Standardauskultationspunkten fixiert werden, erfolgen. Die akustischen Sensoren sollten eine möglichst gute Geräuschübertragung ermöglichen und den Patienten nicht behindern oder stören.

Kontinuierliche Geräuschaufzeichnungen in hoher Qualität sind möglich

Durch moderne Methoden der Biosignalanalyse ist eine spezifische Mustererkennung mit einer Zuordnung zu den entsprechenden Symptomen wie Giemen oder Husten möglich. Eine Abgrenzung zu ähnlich klingenden Außengeräuschen wie Sprache oder Musik ist notwendig, um die Spezifität der automatischen Mustererkennung zu verbessern. Im Unterschied zu Messungen, die am Tage durchgeführt werden, sind verständlicherweise bei nächtlichen Registrierungen sehr viel weniger Störgeräusche vorhanden. Zudem reduziert sich die Anzahl bewegungsassoziierter Artefakte enorm.

Die Bewertung der aufgezeichneten Geräusche sollte zeitnah oder nach Abschluss der Messung erfolgen. Die Analyse der gefundenen Geräuschmuster (z. B. die Bestimmung des zeitlichen Anteils von „wheezing“, WR, oder die Anzahl und Abfolge der Hustenstöße) wird häufig analog der Schlafanalyse in 30-Sekunden-Zeitfenstern durchgeführt. Dieses Vorgehen ermöglicht in Kombination mit der Durchführung einer Polysomnographie auch eine zeitliche Korrelation der vorhandenen Symptome mit den Schlafparametern.

Was detektiert und analysiert das neue System?

Das neue LEOSound-System arbeitet im Sinne eines Langzeitstethoskops. Es zeichnet Lungengeräusche auf und analysiert diese automatisch auf das Vorhandensein von Giemen- und Hustenereignissen. Es handelt sich dabei um ein mobiles Rekordergerät mit drei bioakustischen Sensoren (Abb. 1). Das Gerät wird während der Aufzeichnung, vergleichbar einem Langzeit-EKG oder einem Langzeitblutdruckmesssystem, am Körper getragen. Ein Mikrofon im Gerät erfasst die Umgebungsgeräusche. Die drei bioakustischen Sensoren werden am Patientenkörper mithilfe von Klebepads angebracht (Abb. 2).

Abb. 1
figure 1

Der LEOSound-Rekorder mit drei bioakustischen Sensoren (1) und Umgebungsmikrofon (2). Die weiche und flache Ausführung der Sensoren ermöglicht bequemes und komfortables Liegen auch in Rückenlage. (Abb.1, Abb. 2 und Abb. 3 aus [15])

Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung der Trageweise des „LEOSound“. Trachealer Sensor blau. Brochiale Sensoren werden dorsal auf dem linken und rechten Lungenflügel angebracht (rot und gelb), bevorzugt über dem Interkostalraum zwischen fünfter und sechster Rippe

Der LEOSound-Rekorder ist leicht und kann nachts mit einem Brustgurt am Körper getragen werden. Das Gerät erfasst und speichert kontinuierlich bis zu 12 h die Lungengeräusche des Patienten.

Der LEOSound-Rekorder speichert Lungengeräusche bis zu 12 h

Die notwendige Betriebsspannung während einer Messung liefert ein Lithiumionenakku. Zum Laden des internen Akkus sowie zur Datenübertragung wird der Rekorder in die zugehörige Dockingstation gestellt und diese mit dem Stromversorgungsnetz und mit einem Computer verbunden. Die Datenübertragung vom Rekorder zum Computer erfolgt nach Beendigung der Messung über einen HighSpeed-USB-Port und nimmt für die Daten einer Messnacht etwa 5 min in Anspruch.

Ergebnisse und Auswertung

Die Daten werden nach der Messung mit der LEOSound-Analyzer-Software automatisch nach dem Vorhandensein von Giemen- und Hustenereignissen analysiert und bewertet. Die Ergebnisse werden zusammen mit den Rohdaten in einer Datenbank gespeichert. Es wird ein individuell gestalteter Report ausgegeben, der via GDT-Schnittstelle in jedes Arztpraxissystem oder Patientendatenmanagementsystem (PDMS) eingepflegt werden kann. Die analysierten Geräuschereignisse werden getrennt nach Husten- (grün) und Giemenereignissen (rot) in den Ereignisdiagrammen der Benutzeroberfläche aufgeführt (Abb. 3). Der Anwender hat die Möglichkeit, über die Laufleiste Zeitbereiche auszuwählen und sich Details jedes einzelnen Aufzeichnungskanals separat als Spektrogramm anzeigen zu lassen. An jeder Stelle der Aufzeichnung kann ein beliebiger Zeitbereich im Spektrogramm ausgewählt, als Audiodatei abgespielt und mit individuellen Kommentaren/Bewertungen versehen werden.

Abb. 3
figure 3

Graphische Benutzeroberfläche der LEOSound Analyzer Software. a Ereignisfeld mit Darstellung aller Geräuschereignisse über die gesamte Messzeit. b Laufleiste zur Auswahl von Teilbereichen mit Markier- und Bewertungsfunktion zum späteren Wiederfinden von Ereignissen. c Segmentanzeige zur Detaildarstellung der Kanäle (Trachea, bronchial rechts und bronchial links)

Giemen

Das akustische Leitsymptom der Atemwegsobstruktion beim Asthma bronchiale bzw. der akuten Bronchialobstruktion ist das hochfrequente Giemen („wheezing“) mit einem Spektralbereich von etwa 400 bis über 1000 Hz. Giemenereignisse sind im Spektrogramm der LEOSound-Analyzer-Software anhand des charakteristischen Frequenzverlaufs gut erkennbar (Abb. 4). Bei schwerster Atemwegsobstruktion und bei nur schwachem Luftstrom ist die Lunge allerdings nahezu stumm („silent lung“).

Giemen ist durch die Bronchialobstruktion mit Oszillation der Bronchialwände und/oder Schwingungen des Bronchialsekrets bedingt. Zum Auftreten von Bronchialobstruktionen mit Giemen und Husten im Schlaf können führen [1, 3, 12, 14, 21]:

  • Asthma bronchiale,

  • COPD,

  • Refluxösophagitis,

  • chronische Affektionen von Nase und Nasennebenhöhlen.

Das Asthma bronchiale ist mit einer Prävalenz von etwa 10 % eine der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Die Erscheinungsbilder des Asthma bronchiale können vielgestaltig sein. Im klassischen Fall des Asthma bronchiale steht die Trias

  • anfallsartig auftretende Atemnot,

  • Giemen sowie

  • Husten

im Vordergrund der Symptomatik. Klinisch typisch für ein Asthma bronchiale im Kindesalter sind ein exspiratorisches Giemen, ein trockener Husten unabhängig von Atemwegsinfektionen sowie pfeifende Atemwegsgeräusche vor oder nach körperlicher Belastung [5, 20]. Die Atemwegsobstruktion beim Asthma ist variabel. Es gibt symptomfreie und symptomreichere Phasen. Auch die Abhängigkeit des Giemengeräusches von der In- und Exspirationsphase ist zu berücksichtigen. Ex- und inspiratorisches Giemen geht mit schwergradigeren Bronchialobstruktionen einher.

Abb. 4
figure 4

Giemenereignisse sind im Spektrogramm anhand des charakteristischen, wellenförmigen Frequenzverlaufs gut erkennbar

Akuter und chronischer Husten

Kinder im Vorschulalter werden oft wegen eines anhaltenden Reizhustens beim Arzt vorstellig. Der Husten kann

  • tagsüber,

  • im Schlaf und

  • nach körperlicher Belastung

auftreten, Kurzatmigkeit oder Giemen werden nicht obligat beschrieben. Diese Krankheitsentität wird als Cough-variant-Asthma bezeichnet [1, 24].

Chronisch-persistierender Husten (CPH) wird als solcher definiert, wenn er über mindestens 8 Wochen anhält und seine Ursache nicht durch Anamnese, körperliche Untersuchung, Lungenfunktion und Röntgenaufnahme des Thorax erklärbar ist.

Abgesehen von der COPD findet sich ein chronischer (nächtlicher) Husten häufig bei Patienten mit [1, 10]

  • einem Asthma bronchiale,

  • einem Cough-variant-Asthma,

  • einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) oder

  • chronischen Erkrankungen von Nase und Nasennebenhöhlen (Postnasal-drip-Syndrom).

In Tab. 2 sind die häufigsten Ursachen von Giemen und chronischem Husten aufgelistet.

Tab. 2 Erkrankungen, die mit Giemen und/oder chronischem Husten einhergehen

Schlaf und respiratorische Symptome bei Asthma bronchiale

Von vielen Asthmapatienten ist bekannt, dass es im Schlaf, v. a. in den frühen Morgenstunden, zu einer Verschlechterung der asthmatischen Symptome im Sinne eines nächtlichen Asthmas kommt. In einer großen Untersuchung bei 7729 Asthmatikern ergab eine Befragung, dass 74 % der Patienten mindestens einmal pro Woche wegen respiratorischer Probleme aus dem Schlaf heraus erwachten, bei 39 % war das jede Nacht der Fall [27]. Nach einer Untersuchung von Storms et al. [26] beklagten 67 % von 304 Asthmatikern nächtliche Symptome, 11 % hatten sie jede Nacht.

Patienten mit nächtlichem Asthma bronchiale leiden häufig unter Störungen der Schlafqualität und entsprechenden Auswirkungen auf die Tagesbefindlichkeit. Bedingt durch Luftnot, Giemen und/oder Husten kann es zu intermittierendem Erwachen („arousal“) und Durchschlafstörungen kommen [4, 10]. Desager und Mitarbeiter [7] konnten bei 1234 Schulkindern im Alter von 6 bis 14 Jahren zeigen, dass Kinder mit Giemenereignissen innerhalb der letzten 12 Monate unter einer schlechteren Schlafqualität und einer vermehrten Tagesschläfrigkeit litten. In einer bei 285 asthmatischen Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren durchgeführten Studie konnten Horner et al. [13] nachweisen, dass 81 % der nächtlichen Asthmasymptome nicht durch Exazerbationen bedingt waren. Mit der nächtlich auftretenden respiratorischen Symptomatik gingen ein erhöhter Gebrauch an Betasympathikomimetika, Schulausfälle sowie Arztbesuche am Folgetag einher. Asthma bronchiale bei Kindern und Jugendlichen beeinflusst die Lebensqualität sowie die private, schulische und berufliche Entwicklung in erheblichem Maße [5, 7].

Ziele einer optimalen antiobstruktiven Asthmatherapie sind

  • die Symptomfreiheit tagsüber und nachts,

  • eine uneingeschränkte körperliche Aktivität sowie

  • eine normale Lungenfunktion.

    Mithilfe der Langzeitregistrierung kann der Therapieeffekt überprüft werden

Mithilfe der Langzeitregistrierung der Lungengeräusche kann der Effekt einer antiobstruktiven, antitussiven und auch sekretolytischen Therapie überprüft werden. Im Sinne evidenzbasierter Therapie wäre eine objektive Therapiekontrolle vorhanden: Eine effiziente antiobstruktive Therapie müsste nachweislich zu einer Reduktion bzw. kompletten Eliminierung akustischer Ereignisse wie Giemen und Husten führen.

Fehlbeurteilung von Symptomen bei Eigen- bzw. Fremdanamnese

Die Einschätzung von Häufigkeit und Ausprägung von Giemen durch die erkrankten Kinder bzw. ihre Eltern setzt voraus, dass Giemen auch hinreichend genau beurteilt werden kann. Anhand von Interviews, bei denen Eltern Giemen erkennen sollten, fanden sich vergleichsweise oft Fehleinschätzungen [5, 9]. Giemenereignisse, die seitens der Eltern oder der Kinder hörbar wahrgenommen werden, dürften bereits ausgeprägten Asthmaanfällen entsprechen und damit nur die Spitze des Eisbergs darstellen. In der Regel ist Giemen nur mithilfe eines technischen Mediums (Stethoskop) nachweisbar.

Schlaf und respiratorische Symptome bei COPD

Auch von Patienten mit COPD ist bekannt, dass es in den frühen Morgenstunden zu einer zunehmenden Verschlechterung der Respiration und damit auch der Schlafqualität kommt. Die im Vordergrund stehenden Symptome sind

  • Luftnot,

  • Husten sowie

  • in Abhängigkeit der bronchialen Obstruktion auch Giemen.

Welche Mechanismen letztlich eine Zunahme der morgendlichen Atemnot bei COPD bedingen, ist unklar. Neben den bekannten Mechanismen ist vorstellbar, dass es im Schlaf – in liegender Position – zu einer zunehmenden Sekretansammlung in den Atemwegen und damit auch zu einer progredienten Bronchialobstruktion kommt. Dieser Sachverhalt wäre akustisch zu überprüfen.

Fazit für die Praxis

Mit der Möglichkeit der Registrierung von Giemen und Husten ist es erstmals möglich, diese Symptome im Langzeitverlauf objektiv zu erfassen. LEOSound stellt eine vielversprechende Ergänzung der diagnostischen Messinstrumente in der Lungenheilkunde dar. Symptome lassen sich frühzeitig erfassen, ihre Auswirkungen auf Schlaf und Tagesbefindlichkeit beurteilen. Bedeutsam ist zudem die Option der Kontrolle der Symptome unter einer antiobstruktiven, antitussiven und sekretolytischen Therapie. Vor allem bei Kindern, bei denen noch keine Lungenfunktionsdiagnostik durchführbar ist, könnte das Verfahren hilfreich sein.

Mithilfe der nächtlichen Langzeitregistrierung der Atemgeräusche soll und kann keine Diagnose gestellt werden. Das Verfahren dient in erster Linie zur nachvollziehbaren Dokumentation von krankheitsassoziierten Symptomen wie Giemen und Husten.