Hintergrund und Fragestellung

Schlafschwierigkeiten sind ein häufiges Problem im Kindesalter [7]. Vor allem Ein- und Durchschlafprobleme sind sehr weit verbreitet [3, 15, 21]. Die Häufigkeitsangaben variieren zwischen 5 [22] und 27% [4] und werden z. T. sogar mit 40–45% angegeben [14]. Diese starken Abweichungen könnten teilweise aus den unterschiedlichen Erfassungsinstrumenten für die Diagnostik kindlicher Schlafstörungen resultieren. Trotz der hohen Prävalenzraten gibt es einen Mangel an Screeninginstrumenten für Schlafprobleme im Kindesalter. Da sich Schlafstörungen nicht zwangsläufig „auswachsen“, sondern bis ins Jugend- und Erwachsenenalter hinein fortsetzen können, ist es wichtig, die diagnostischen Möglichkeiten im Kindes- und Jugendalter weiter zu entwickeln und zu standardisieren [12, 23].

Dabei ist es unerlässlich, neben den Eltern auch die Kinder in die Diagnostik einzubeziehen, da Eltern nicht immer alle Probleme ihrer Kinder hinreichend wahrnehmen [18]. So können Kinder zu bestimmten Aspekten ihres Schlafverhaltens genauere Informationen liefern als ihre Eltern [17, 18, 21]. Je jünger das Kind ist, desto besser können die Eltern Auskunft geben, je älter das Kind, desto eher sollte man die Kinder selbst befragen [23]. Auf Basis eines reinen Elternberichts werden ein Drittel der Schlafstörungen von Kindern übersehen [21]. Insbesondere nächtliches, aber auch frühmorgendliches Erwachen bleibt von den Eltern oft unentdeckt [21]. Auch Ein- und Durchschlafstörungen können durch eine persönliche Befragung der Kinder zuverlässiger erfasst werden als im Elternurteil [20, 21].

Trotz der klinischen Relevanz von Schlafstörungen im Kindesalter und der Notwendigkeit einer genauen Diagnostik existieren im deutschsprachigen Raum nur wenige psychometrisch überprüfte Fragebögen, die Schlafstörungen in der Altersklasse von 5–10 Jahren umfassend erfragen [6]. In englischer Sprache dagegen gibt es mehrere validierte Instrumente. Eines der geeigneten Instrumente für das Vorschul- und Grundschulalter ist das Elternbefragungsinstrument Children’s Sleep Habits Questionnaire (CSHQ; [19]) und dessen Entsprechung zur Erfassung des Selbsturteils des Kindes der Sleep Self Report (SSR; [20]). Beides sind kurze, einfach durchführbare Screeninginstrumente, die den Kriterien für Schlafstörungen der ICSD (International Classification of Sleep Disorders; [1]) entsprechen. Der CSHQ wurde zuvor bereits ins Deutsche übersetzt (CSHQ-DE) und an einer Normstichprobe validiert [25]. Analog zum CSHQ umfasst der SSR Items, die sich auf die Sicht des Kindes beziehen. Ziel der vorliegenden Studie war es, eine deutschsprachige Version des SSR zu entwickeln und seine psychometrischen Kennwerte an einer Normstichprobe zu bestimmen. Außerdem wurde die Normstichprobe mit einer Gruppe schlafgestörter Kinder verglichen.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Stichproben

Die Überprüfung der Gütekriterien der deutschen Fassung des Sleep Self Reports (SSR-DE) erfolgte anhand 2 verschiedener Stichproben. Zunächst wurde eine Normstichprobe mit Kindern im Alter zwischen 7 und 12 Jahren und deren Eltern erhoben. Die Rekrutierung erfolgte über 8 Schulen in Bayern (Grund-, Haupt-, Realschule und Gymnasium). Die Schulen wurden per Zufall im Großraum Würzburg ausgewählt. Den Schulleitern wurde freigestellt, ob sie an der Erhebung teilnehmen. In den Schulen, die sich zur Teilnahme bereit erklärt hatten, wurden die Fragebögen an alle Klassen mit Kindern zwischen 5 und 10 Jahren ausgegeben, insgesamt 880 Fragebögen. Die Eltern erhielten neben dem CSHQ und der Child Behavior Checklist (CBCL) einen Aufklärungsbrief und eine Einverständniserklärung sowie den SSR für die Kinder. Zwei Wochen nach Erhalt der Fragebögen wurden diese in der Schule anonym wieder abgegeben. Auf diese Weise wurde ein Rücklauf von 230 Umschlägen erzielt (Rücklaufquote 26%). Die Untersuchung entsprach der Deklaration von Helsinki.

Nach Ausschluss der Daten von Kindern mit mehr als 10% fehlender Werte im SSR-DE (n=12) sowie von Kindern, deren Eltern angaben, das Kind leide an einer psychischen Erkrankung (n=7), ergab sich eine Gesamtstichprobe von n=211 (98 Jungen, 113 Mädchen) mit einem durchschnittlichen Alter von 10,11 Jahren (±1,48 Jahre). Kinder mit körperlichen Erkrankungen und/oder Kinder, die zum Zeitpunkt der Untersuchung Medikamente einnahmen, wurden nicht ausgeschlossen (n=26), da sie sich in keinem der verwendeten Fragebögen von den Kindern ohne körperliche Erkrankung und Medikamenteneinnahme unterschieden. Die teilnehmenden Kinder und Eltern waren alle ausreichend sprachkompetent.

Zur Erhebung der Retestreliabilität wurde der SSR-DE denjenigen Familien erneut zugesandt, die sich mit der Teilnahme an der Messwiederholung einverstanden erklärt hatten. So ergab sich eine Messung mit 94 Familien nach 3 Wochen. Der Rücklauf belief sich auf 64 Fragebögen von 34 Jungen und 30 Mädchen (Rücklaufquote 60,1%). Das durchschnittliche Alter betrug 10,15 Jahre (±1,46 Monate).

Die klinische Stichprobe bestand aus 48 Kindern (19 Jungen, 29 Mädchen), die am „Trainingsprogramm für Kinder mit Schlafschwierigkeiten“ (KiSS; [24]) der Universitäten Tübingen und Würzburg teilgenommen haben. Das KiSS-Programm setzt verhaltens- und hypnotherapeutische Elemente ein, wie therapeutische Geschichten und bildhafte kindgerechte Trancen, um Kindern und ihren Eltern Strategien zur Verbesserung der Schlafprobleme zu vermitteln [24]. Im Rahmen der Anamnese vor Beginn wurden der SSR-DE und der CSHQ-DE vorgelegt. Das Durchschnittsalter lag bei 9,21 Jahren (±1,15 Jahre). Bei den Kindern erfolgte die Diagnosestellung nach ICSD-IIFootnote 1 [1]:

  • psychophysiologische Insomnie (n=17),

  • inadäquate Schlafhygiene (n=11),

  • behaviorale Insomnie der Kindheit mit Einschlafassoziationen (n=20) und Grenzsetzung (n=19),

  • Insomnie aufgrund schlafbezogener Ängste (n=1),

  • Insomnie aufgrund einer mentalen Störung (n=1) sowie

  • Pavor nocturnus (n=2) und

  • schlafbezogene Störung des Bewegungsrhythmus (n=1).

Erhebungsinstrumente

Der Sleep Self Report erfasst das Schlafverhalten von Kindern zwischen 7 und 12 Jahren retrospektiv für die letzte Woche. Es liegen bislang keine psychometrischen Kennwerte vor. Die Unterteilung des Fragebogens in die Themenbereiche „Zubettgehzeit“ („bedtime“), „Schlafverhalten“ („sleep behaviour“) und „Tagesmüdigkeit“ („daytime sleepiness“) ist konzeptuell und spiegelt keine statistisch ermittelte Skalenstruktur wider. Die einzigen Daten, die zum SSR vorliegen, sind die Korrelationen mit den entsprechenden Items des CSHQ. Diese reichen von r=0,13 bis r=0,36 und liegen im Mittel bei r=0,22 [20]. Eingesetzt wurde der SSR bisher u. a. in einer Studie über den Zusammenhang von Schlaf und körperlichen Krankheitssymptomen bei jugendlichen Rheumapatienten [5] und zweier Längsschnittstudien zur Assoziation kindlicher Schlafschwierigkeiten mit Verhaltensproblemen [8, 11].

Die deutsche Version des Sleep Self Report wurde nach dem erweiterten Prinzip der Rückübersetzung nach Brislin erarbeitet [13]. Dieses legt neben dem bekannten Prinzip der Übersetzung und Rückübersetzung durch 2 unabhängige bilinguale Personen auch einen Fokus auf die anschließende Diskussion aller Beteiligten. Der SSR-DE besteht aus 26 Items, wobei die Items 1–3 im Vergleich zu den restlichen Items ein anderes Antwortformat aufweisen und deshalb nicht in die Auswertung eingehen. Sie stellen lediglich klinisch relevante Zusatzinformationen dar. Die übrigen 23 Items sind, wie beschrieben, thematisch gegliedert und auf einer dreistufigen Skala („gewöhnlich“ (5- bis 7-mal/Woche), „manchmal“ (2- bis 4-mal/Woche), „selten“ (0- bis 1-mal/Woche)) zu beantworten. Durch die Beantwortung der Items 21 und 22 kann zusätzlich bezüglich des Störungsbilds spezifiziert werden (nächtliche Schmerzen, Bettenwechsel). Die Items 4, 5, 6, 8 und 11 müssen für die Auswertung umgepolt werden.

Die Eltern beantworteten die deutsche Übersetzung des Children’s Sleep Habits Questionnaire [25]. Er erfasst retrospektive das kindliche Schlafverhalten im Fremdurteil. Der CSHQ-DE besteht aus 48 Items zu den Themenbereichen Schlafenszeit, Schlafverhalten, nächtliches Erwachen, morgendliches Erwachen und Tagesmüdigkeit. Davon werden 44 Items auf der gleichen dreistufigen Antwortskala wie im SSR-DE erfasst, sodass der direkte Vergleich von Eltern- und Kinderurteil auf Itemebene auch zwischen den deutschen Versionen möglich ist. Für die restlichen 4 Items gilt eine dreistufige Skala von „nicht schläfrig“ über „sehr schläfrig“ bis „schläft ein“. In die Auswertung des CSHQ-DE gehen 33 Items ein. Die übrigen Items stellen klinisch relevante Zusatzinformationen dar. Die interne Konsistenz liegt bei α=0,71, die Retestreliabilität bei r=0,82 [25]. Es existiert bisher kein deutscher Cut-off-Wert.

Außerdem bearbeiteten die Eltern den „Elternfragebogen für das Verhalten von Kindern und Jugendlichen“ (CBCL/4–18; [2]). Für die Analysen dieser Studie sind lediglich die Syndromskalen (sozialer Rückzug, körperliche Beschwerden, ängstlich/depressiv, soziale Probleme, schizoid/zwanghaft, Aufmerksamkeitsprobleme, dissoziatives Verhalten, aggressives Verhalten) relevant, die sich aus den 120 sog. „Problemitems“ im 2. Teil des Fragebogens errechnen. Mit Ausnahme der Skala „schizoid/zwanghaft“ liegt die Reliabilität aller Skalen bei r≥0,70. Diese 8 Skalen werden wiederum in 3 Skalen 2. Ordnung zusammengefasst:

  • internalisierende Auffälligkeiten (sozialer Rückzug, ängstlich/depressiv, körperliche Beschwerden),

  • externalisierende Auffälligkeiten (dissoziales Verhalten, aggressives Verhalten) und

  • gemischte Auffälligkeiten (soziale Probleme, Aufmerksamkeitsprobleme, schizoid/zwanghaft).

Statistische Analysen

Die Datenanalyse erfolgte mit Hilfe der Statistiksoftware SPSS (Statistical Program for Social Sciences) 17.0 für Windows. Für alle Tests wurde ein α-Niveau von 5% angenommen. Für die Berechnungen wurden alle Antworten kodiert (3: „gewöhnlich“, 2: „manchmal“, 1: „selten“). Die Items 4, 5, 6, 8, 11 und 26 wurden umgepolt.

Zunächst wurden Item- und Reliabilitätsanalysen zur Bestimmung der Trennschärfen und internen Konsistenz (Cronbach-α) des Fragebogens durchgeführt. Da die Testrohwerte nicht normalverteilt waren, wurde als Norm die Angabe von Stanine-Werten gewählt. Die Bestimmung des Cut-off-Werts erfolgte mit der „Receiver-Operating-Characteristics-(ROC-)Kurve“. Die Retestreliabilität wurde durch Korrelationen berechnet: Spearman-ρ (Spearman-Rho).

Darüber hinaus sollte die Korrelation (Spearman-ρ) zwischen den Gesamtwerten und einzelnen Items des SSR-DE und des CSHQ-DE Aufschluss darüber geben, wie stark das Selbsturteil des Kindes mit dem Fremdurteil der Eltern übereinstimmt. Die Korrelation (Spearman-ρ) zwischen dem Gesamtwert des SSR-DE und dem „Gesamtwert für Problemverhalten“ der CBCL/4–18 wurde zusätzlich berechnet, um Informationen darüber zu erhalten, ob Kinder mit problematischerem Schlafverhalten auch allgemein auffälligeres Verhalten zeigen.

Ergebnisse

Itemanalyse

In Tab. 1 sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der Item-Rohwerte und die Trennschärfekoeffizienten der für den Gesamtwert relevanten Items dargestellt. Da es sich um nicht-dichotome Items handelt, stellt der Mittelwert gleichzeitig den Schwierigkeitsindex dar.

Tab. 1 Mittelwert (M), Standardabweichung (SD) und korrigierte Trennschärfe (rit) aller SSR-DE-Items

Der Ausschluss von Items aus den weiteren Analysen nach dem Prinzip der α-Maximierung führte zu einer Steigerung des Cronbach-α von α=0,60 auf α=0,73, womit ein zufriedenstellender Wert erreicht wurde. Bei den ausgeschlossenen Items handelt es sich um die Items 6, 7, 12, 21 und 25 (Tab. 1). Da die Items inhaltlich den ICSD-Kriterien für Schlafstörungen entsprechen und damit praktische klinische Relevanz besitzen, verbleiben alle Items als klinisch relevante Zusatzinformation im Fragebogen, gehen jedoch nicht in den Gesamtwert ein.

Reliabilität und Retestreliabilität

Für die Reliabilitätsprüfung wurde die Ausgangsstichprobe mit n=211 Kindern herangezogen. Die interne Konsistenz (Cronbach-α) des Gesamtfragebogens lag bei α=0,73. Die Retestreliabilität lag bei r=0,58; p<0,01.

Validität

SSR-DE und CSHQ

Die Berechnung zum Zusammenhang zwischen dem Elternurteil im CSHQ-DE und dem Selbsturteil der Kinder im SSR-DE basierte aufgrund einzelner fehlender Werte auf n=199 Kindern. Für diese Stichprobe lag der SSR-DE-Gesamtwert bei M=24,10 (SD ±4,23). Der Mittelwert des CSHQ-DE betrug M=40,83 (SD ±4,81) und korrelierte signifikant mit dem des SSR-DE (r=0,44; p<0,01). Auch die Korrelationen der einzelnen korrespondierenden Items waren alle auf dem 1%-Niveau signifikant (Tab. 2).

Tab. 2 Korrelationen korrespondierender Items im CSHQ-DE und SSR-DE

SSR-DE und CBCL/4–18

Die folgenden Berechnungen basierten auf einer Stichprobe von 200 Kindern. Der Gesamtwert des SSR korrelierte signifikant mit dem Gesamtwert der CBCL/4–18 (r=0,36; p<0,01). Auch die Skalen der internalisierten Auffälligkeiten (r=0,31; p<0,01), der externalisierten Auffälligkeiten (r=0,32; p<0,01) und der gemischten Auffälligkeiten (r=0,28; p<0,01) korrelierten signifikant mit dem Gesamtwert des SSR.

Normierung

Die Berechnung der Normwerte basierte auf Fragebögen von 190 Kindern. Da die Daten nicht normalverteilt waren, wurde zur Normierung die Stanine-Skala gewählt. Sie kann Werte zwischen 1 und 9 annehmen, ihr Mittelwert liegt bei M=5 und die Standardabweichung beträgt SD ±2. Die Tab. 3 zeigt die so entstandenen Normen des SSR-DE.

Tab. 3 Normtabelle mit Stanine-Werten

Der Normbereich der Skala liegt zwischen den Werten 3 und 7. Da problematisches Schlafverhalten im SSR-DE durch einen hohen Gesamtwert angezeigt wird, ist für seinen Einsatz v. a. der obere Bereich der Skala interessant. Ein auffälliger Stanine-Wert von 8 ist bei einem SSR-DE-Gesamtwert ab 31 erreicht.

Klinische Stichprobe

Der SSR-DE-Gesamtwert lag für die klinische Stichprobe mit M=28,56 (SD ±6,79) signifikant über dem der nichtklinischen Stichprobe (t(55,69)=−4,36; p<0,01). Die ROC-Kurve zur Cut-off-Bestimmung zeigte, dass die größtmögliche Sensitivität (73%) und Spezifität (64%) bei einem SSR-Gesamtwert von 25 erzielt wurde. Die Fläche unter der ROC-Kurve beträgt dabei 72% (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

„Receiver-Operating-Characteristics-(ROC-)Kurven“ zur Bestimmung des Cut-off-Werts für eine wahrscheinliche Schlafstörung

Diskussion

Die vorliegende Studie beschreibt eine deutsche Fassung des Sleep Self Report (SSR-DE; Abb. 2) nach Owens et al. [20] und dessen psychometrische Eigenschaften. Er wurde als Screeninginstrument zur Erfassung des Schlafverhaltens im Selbsturteil für Kinder zwischen 7 und 12 Jahren konstruiert. Der SSR erfasst analog zum Children’s Sleep Habits Questionnaire (CSHQ; [19]) das Schlafverhalten aus der Sicht des Kindes und ermöglicht somit einen direkten Vergleich zwischen Selbst- und Fremdurteil. Außerdem entsprechen seine Items den ICSD-Kriterien für Schlafstörungen. Da der Fragebogen als Screeninginstrument konzipiert wurde, sollte er nur bei organisch und psychisch gesunden Kindern angewandt werden. Für die englische Version wurden bisher keine Gütekriterien berechnet, sodass die in der vorliegenden Studie ermittelten Werte die ersten Normen darstellen.

Abb. 2
figure 2a

Deutsche Fassung des Sleep Self Report (SSR-DE)

Abb. 2
figure 2b

Fortsetzung

Durch die Item- und Reliabilitätsanalyse wurden Schwierigkeits- und Trennschärfewerte für alle Items des SSR-DE berechnet. Da sich die Items an den ICSD-Kriterien für Schlafstörungen orientieren, fallen die Schwierigkeitsindizes, abgesehen von dem des 12. Items, erwartungsgemäß niedrig aus. Die Trennschärfen variieren zwischen rit=0,00 (Item 7) und rit=0,90 (Item 17). Bei den Items mit den sehr niedrigen Trennschärfen handelt es sich um diejenigen Items, die nicht in den Gesamtwert eingehen (6, 7, 12, 21 und 25), da sie weniger zur Reliabilität des Tests beitragen als Items mit hohen Trennschärfen. Da alle Items klinisch relevant sind, wurde auf einen gänzlichen Ausschluss einzelner Items mit niedrigen Trennschärfen aus dem Fragebogen verzichtet, da sie im klinischen Einzelfall wichtige Informationen liefern können. Sie sollten jedoch separat betrachtet werden.

Die interne Konsistenz des Gesamtfragebogens liegt bei α=0,73. Der Cut-off-Wert („receiver operating characteristic“) zeigt bei 25 die größtmögliche Sensitivität und Spezifität. Ein auffälliger Stanine-Wert von 8 wird ab einem Gesamtwert von 31 erreicht. Legt man den Cut-off zugrunde, findet man in der Normstichprobe auffälliges Schlafverhalten bei 40% der Kinder, bei Anwendung des strengeren Stanine-Werts findet man dagegen eine Prävalenz von 11%. Beide Werte bewegen sich im Rahmen von bereits publizierten Häufigkeiten kindlicher Schlafstörungen [4, 14, 19, 22]. Um auf keinen Fall Schlafstörungen zu übersehen, empfehlen wir ab einem Wert von 25 eine weitergehende Untersuchung des kindlichen Schlafverhaltens.

Der Vergleich mit dem Elternfragebogen CSHQ-DE erbrachte eine signifikante Korrelation der Gesamtwerte von r=0,45. Auch die Zusammenhänge der einzelnen korrespondierenden Items beider Fragbögen erwiesen sich mit Werten von r=0,21 bis r=0,66 als bedeutsam. Beide Fragebögen scheinen somit das gleiche Konstrukt aus unterschiedlichen Perspektiven zu erfassen. Die Tatsache, dass die Korrelationen nicht höher ausfallen, stützt die Vermutung, dass Eltern und Kinder dieses Alters das kindliche Schlafverhalten dennoch anders wahrnehmen und eine Befragung beider Parteien im diagnostischen Prozess notwendig ist, um ein vollständiges Bild des kindlichen Schlafverhaltens zu erhalten [6].

Mit der CBCL/4–18 wurde zusätzlich ein Fragbogen eingesetzt, der allgemeine psychische Auffälligkeiten erfasst. Die signifikante Korrelation dieses Instruments mit dem SSR-DE-Gesamtwert lag bei r=0,34 und damit unter dem der beiden schlafspezifischen Fragebögen SSR-DE und CSHQ-DE. Dieser Befund steht in Einklang mit bisherigen Studien, in denen sich eine Assoziation von Schlafstörungen mit Problemverhalten zeigte [9, 10, 16]. Die Korrelation ist jedoch als mittelhoch einzustufen und daher können „psychische Auffälligkeiten“ nur etwa 12% der Varianz gestörten Schlafs bei Kindern aufklären.

Die Retestreliabilität fiel mit r=0,58 für den Gesamtwert mäßig aus. Eine mögliche Erklärung hierfür ist die Erhebung des Retests in der letzten Schulwoche vor Beginn der Sommerferien. Wir vermuten, dass der abfallende Leistungs- und Notendruck oder die Vorfreude auf die anstehenden Ferien oder beides zu einer Veränderung des Schlafverhaltens der Kinder geführt haben könnte. Es kamen lediglich 64 der 94 zur Messung der Retestreliabilität versendeten Fragebögen zurück. Auch hier gibt es möglicherweise einen Zusammenhang zum Ferienbeginn. Die Aussagekraft der Retestreliabilität ist somit eingeschränkt und die Messung sollte in weiteren Studien wiederholt werden.

Als Einschränkung der Studie muss weiter angeführt werden, dass die Durchführung der Datenerhebung nur gering standardisiert war. Außerdem erscheint eine weitere Validierung des SSR-DE mit objektiv erhobenen Daten bezüglich des Schlafverhaltens (Aktigraphie oder Polysomnographie) sinnvoll.

Fazit für die Praxis

  • Der SSR-DE stellt ein einfach anwendbares Screeninginstrument zur Erkennung kindlicher Schlafstörungen mit zufriedenstellenden Testgütekriterien dar, wobei jedoch speziell die Reliabilität weiterer Untersuchungen bedarf.

  • Der SSR-DE bildet die Grundlage für eine verbesserte Diagnostik und damit

    • eine zuverlässigere Erkennung von Schlafstörungen und

    • eine einheitlichere Berichterstattung von Studienergebnissen.

  • Da nun neben der englischen Version auch eine deutsche Version vorliegt, werden kulturvergleichende Studien möglich.

  • Die deutsche Version (SSR-DE) ist in Abb. 2 dargestellt und in Kürze auch über die Homepage der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin erhältlich.