Knöcherne Destruktionen im Handbereich entstehen vorwiegend nach Infektionen mit nachfolgender Osteitis sowie nach radikaler Tumorresektion [66] oder Trauma. Auch Skaphoidpseudarthrosen und die Lunatumnekrose können mit knöchernem Substanzverlust einhergehen. Zusätzlich zum knöchernen Skelett kann auch der Weichteilmantel betroffen sein. Dies erfordert besonders im Handbereich aufwändige rekonstruktive Verfahren, sofern eine adäquate Funktionswiederherstellung notwendig ist [25, 60]. Meist ist nicht die Größe des bestehenden Knochendefektes, sondern dessen kritische Lokalisation über Gelenken, Sehnen oder an der Daumenspitze ausschlaggebend [58].

Bei komplexen multistrukturellen Defekten besteht die Möglichkeit der Rekonstruktion durch freie oder vaskulär gestielte Knochentransplantationen unter Mitnahme von Muskel, Faszie oder Haut. Die am häufigsten beschriebenen Knochentransplantate im Handbereich [13, 52] sind:

  • freies osteokutanes Fibulatransplantat,

  • osteokutaner Radialislappen,

  • osteokutaner Leistenlappen sowie

  • osteokutaner Skapula-/Paraskapularlappen.

Durch die Transplantation von gestielten oder freien vaskularisierten Knochentransplantaten können auch ausgedehnte bzw. größere Knochendefekte problemlos rekonstruiert werden. Das vaskularisierte Knochentransplantat bietet die Möglichkeit einer Revaskularisation bereits minderperfundierter Knochenanteile. Es kann hypertrophieren, eine normale Frakturheilung unterstützen [15] und sich somit Belastungen physiologisch besser anpassen. Dadurch werden ein höheres Heilungspotenzial und eine frühere knöcherne Stabilität erzielt [31].

Die Rekonstruktion ausgeprägter Knochendefekte im Handbereich durch vaskularisierte Knochentransplantate erfordert fast immer eine osteosynthetische Fixierung, um den frühen Beginn physiotherapeutischer Behandlung gewährleisten und somit eine optimale Funktion erlangen zu können.

Prinzipien

Bei den vaskularisierten Knochentransplantaten unterscheidet man zwischen gestielten und freien mikrovaskulären Knochentransplantaten.

Gestielte Knochentransponate

Die Aa. radialis et ulnaris dienen einer Reihe von osteokutanen oder -muskulären Lappenplastiken als ernährende Gefäße für die gestielte oder freie Transplantation [55]. Häufig werden diese für die Knochenrekonstruktion bei Skaphoidpseudarthrosen oder Lunatumnekrosen erfolgreich eingesetzt [17, 57].

Distal gestielte A.-radialis-Knochentransponate

Der Radialislappen wurde erstmalig 1978 in China von Song et al. [59] beschrieben. Zunächst wurde er aufgrund seines schlanken Designs und seiner Haarlosigkeit zur oralen Rekonstruktion verwendet. Biemer und Stock [2] erkannten 1983 die Möglichkeit des distal gestielten osteokutanen Radialislappen unter Mitnahme eines Radiusknochenstücks zur Handrekonstruktion.

Die A. radialis ist das ernährende Gefäß. Besonders hervorzuheben sind der lange Gefäßstiel und der hohe Gefäßdurchmesser von 2–3,5 mm (Abb. 1). Ein sensibler Anschluss ist durch Mitnahme des N. cutaneus antebrachii lateralis möglich.

Abb. 1
figure 1

Distal gestieltes A.-radialis-Knochentransponat nach Stock und Biemer. (Aus [33])

Indikationen sind:

  • Kombinierte Knochen-Weichteil-Defekte des Metakarpus oder der Phalangen und

  • Daumenamputationen [4, 35].

Kontraindikationen sind:

  • Verletzungen des Hohlhandbogens sowie

  • angeborene Unterbrechung des Hohlhandbogens.

Der Allen-Test sollte vor der Operation routinemäßig durchgeführt werden. Eine präoperative Angiographie ist selten notwendig.

Der Radialislappen besticht durch seine einfache Hebetechnik und durch die Möglichkeit, kutane, knöcherne, tendinöse [46] und nervale Defekte rekonstruieren zu können.

Häufigste Komplikation ist die Knocheninstabilität, welche zur Radiusfraktur führen kann. Um dieser entgegenzuwirken, kann der knöcherne Hebedefekt ggf. durch einen Beckenkammspan ausgepolstert werden [68]. Die kutane Lappenentnahmestelle wird bei entsprechend großem Defekt in der Regel mit einem Spalt- oder Vollhauttransplantat gedeckt. Nur bei Lappenbreiten unter 5 cm kann der Hebedefekt ggf. primär verschlossen werden.

Gestielte Knochentransplantate vom Radius

Hierbei handelt es sich um Knochentransplantate aus dem distalen Radius. Die Durchblutung erfolgt retrograd über Äste der A. radialis.

Dorsale Knochentransposition: Dorsalseitig verlaufen die Äste zwischen (interkompartimentelle supraretinakuläre Arterie, IKSRA) oder in den Streckerfächern (Extensorkompartimentarterie, EKA; [52, 55]; Abb. 2 a, b, c).

Abb. 2
figure 2

Gestieltes Knochentransponat vom dorsalen distalen Radius nach Zaidemberg (1./2. interkompartimentelle supraretinakuläre Arterie, IKSRA). a Schema: Spanplanung. b Schema: Spanhebung. c Schema: Knochenspantransposition. d Stecher-Aufnahme einer Skaphoidpseudarthrose proximales Drittel rechts. e Computertomogramm einer Pseudarthrose Typ D2 nach Herbert proximales Drittel. f Zustand nach Skaphoidrekonstruktion mit vaskularisiertem Radiusspan und knöchernem Durchbau 6 Monate postoperativ. (Aus [64], S. 192)

Indikationen [50] sind:

  • Skaphoidpseudarthrosen, v. a. proximale Pseudarthrosen mit kleinem sklerosierten, avaskulären Fragment;

  • bereits fehlgeschlagene konventionelle Spongiosaplastiken am Skaphoid;

  • M. Preiser und

  • Osteonekrosen anderer Handwurzelknochen, z. B. Lunatumnekrosen.

Kontraindikationen [50] sind:

  • „Scaphoid Nonunion Advanced Collapse (SNAC) wrist” Stadium 2 und 3;

  • avaskuläre Nekrosen mit zerfallenem proximalem Fragment und

  • relativ skapholunäre Dissoziation.

Zur Rekonstruktion der Skaphoidpseudarthrose werden v. a. die sehr oberflächlich auf dem Retinaculum extensorum verlaufenden 1./2. und 2./3. IKSRA verwendet. Zur Revaskularisation bei Lunatumnekrose eignet sich besonders die 4./5. IKSRA, die dem dorsalen Abgang der A. interossea anterior entspringt [52]. Die 5. EKA ist das größte aller dorsalen Gefäße mit einem Gefäßdurchmesser von durchschnittlich 0,49 mm [55].

Vorteile der gestielten Radiustransplantation bestehen in der konstanten und gut erforschten Gefäßarchitektur. Nachteile sind gleich dem osteokutanen Radialislappen die Gefahr der Radiusfraktur sowie die Verletzung des Ramus superficialis nervi radialis.

Palmare Knochentransposition: Das palmare Gefäßnetzwerk des distalen Unterarms wird gespeist durch die Aa. ulnaris, radialis et interosseus anterior, welche zahlreiche Gefäßstiele zur Verfügung stellen [27]. Der palmare, distal gestielte Radiusspan kann an einem dieser zahlreichen langen Gefäßstiele gehoben werden ([8, 36], Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Gestieltes Knochentransponat vom palmaren distalen Radius nach Kuhlmann/Mathoulin. (Aus [64], S. 193)

Indikationen sind:

  • Skaphoidpseudarthrosen, v. a. mit Humpback-Deformität [9, 27, 32, 36];

  • Lunatumnekrosen und

  • Knochendefekte des Karpus.

Kontraindikationen sind:

  • Zustand nach distaler Radiusfraktur [9] und

  • mittlere bis große Knochendefekte.

Vorteile sind die moderate Hebedefektmorbidität [9] sowie der lange Gefäßstiel. Der palmar gestielte Radiusspan kann aufgrund seiner Größe nur für die Rekonstruktion kleiner Defekte verwendet werden. Die Präparation des Knochentransplantates ist anspruchsvoll. Entsprechende Vorkenntnisse sind Voraussetzung [36].

Distal gestielte A.-ulnaris-Knochentransponate

Sollte bei größeren Defekten eine freie vaskularisierte Knochentransplantation zur Knochenrekonstruktion im Hand- und Unterarmbereich nicht möglich sein, kann in seltenen Fällen ein distal gestieltes Ulnatransplantat verwendet werden. Versorgendes Gefäß ist die A. ulnaris. Eine signifikante Beeinträchtigung der Perfusion der Hand durch das Verwenden der A. ulnaris konnte ausgeschlossen werden [29]. Als Alternative kann auch die A. interossea anterior verwendet werden ([55], Abb. 4 a, b, c, d, e).

Abb. 4
figure 4

Distal gestieltes A.-ulnaris-Knochentransponat. a Zustand nach massivem Handgelenkinfekt links infolge intraartikuärer Injektion alio loco. Nach Débridement erfolgte bei der 65-jährigen Patientin die Einlage einer Septopalkette. b Komplette Resektion des Karpus sowie des Gelenkanteils von Radius und distalem Radioulnargelenk (DRUG). c Interposition eines an der A. ulnaris gestielten Knochentransplantates. d Kompletter knöcherner Einbau des vaskularisierten Ulnaspanes. Radiologisch zeigt sich eine sog. „wide ulnar resection“. e Kompletter Faustschluss im Alltag

Indikationen sind:

  • Knochendefekte des Metakarpus,

  • Skaphoidpseudarthrosen [17],

  • Tumorresektion des Radius [6, 21] und

  • Infekte mit Knochenverlust des Handgelenkes [14].

Kontraindikationen sind:

  • Verletzung des oberflächlichen Hohlhandbogens – deshalb ist präoperativ immer der Allen-Test durchzuführen [14] – und

  • Verletzung oder Instabilität der Membrana interossea – hieraus kann bei zusätzlicher Ulnatransplantation eine radioulnare Instabilität resultieren [6, 67].

Distal gestielte A.-interossea-posterior-Knochentransponate

Entlang der Anheftung des Septum intermusculare kann aus dem M. extensor pollicis longus (EPL) eine Muskelmanschette, die die muskuloperiostalen Äste der A. interossea posterior enthält, zusammen mit einem etwa 8×0,5 cm großen vaskularisierten Knochentransponat von der mediodorsalen Ulna gehoben werden. Der EPL wird medial von der radialen Ulnakante mit der Membrana interossea abgetrennt. Das weitere operative Vorgehen entspricht dem der fasziokutanen Lappenplastik.

Aufgrund der schlechten Knochenqualität (hauptsächlich kortikaler Knochen), dem Hebedefekt (Frakturgefahr) und der möglichen Beeinträchtigung der Funktion des EPL wird dieses Knochentransponat nur in Ausnahmesituationen eingesetzt.

Gestielte karpale Knochentransponate

Die gestielte Transposition des Os pisiforme nach Beck stellt die häufigste vaskularisierte Knochentransposition aus dem Karpalbereich dar. Aufgrund des Gefäßradius können nur rekonstruktive Eingriffe im Bereich von Os lunatum und Os triquetrum durchgeführt werden. Bei der Präparation ist auf den N. ulnaris zu achten (Abb. 5 a, b, c, d).

Abb. 5
figure 5

Os-pisiforme-Transposition nach Beck zur Neovaskularisierung des Os lunatum bei Lunatummalazie im Stadium II. a Anatomie und Lappenplanung, b Variationen des R. carpalis dorsalis (sog. R. ulnodorsalis) der A. ulnaris und seiner Äste. c Zustand nach Lappenplanung. d Intraossäre Transposition nach Beck. (Aus [64])

Gestielte metakarpale Knochentransponate

Eine weitere wichtige Rolle in der rekonstruktiven Handchirurgie spielen die an den dorsalen Metakarpalarterien gestielten lokalen Lappenplastiken. Zunächst wurden hier v. a. die neurovaskulären Insellappen unter Mitnahme des Hautnervens des N. radialis beschrieben [58].

Versorgende Gefäße sind die dorsalen Metakarpalarterien. Die 1. dorsale Metakarpalarterie entspringt direkt der A. radialis (Abb. 6), während die 2.–5. dorsalen Metakarpalarterien dem dorsalen Hohlhandbogen entspringen [44]. Ihre Gefäßdurchmesser betragen 1–1,5 mm, wobei die 2. Metakarpalarterie deutlich größer und konstanter ist. Ihre Gefäßstiele sind 5–7 cm lang.

Abb. 6
figure 6

Proximal gestieltes A.-metacarpalis-dorsalis-I-Knochentransponat nach Brunelli. (Aus [64], S. 193)

Indikationen sind:

  • Skaphoidpseudarthrosen,

  • Knochendefekte des Karpus und des distalen Radius [7] sowie

  • Daumenkuppendefekte [58].

Kontraindikationen sind:

  • mittlere bis große Knochen-Weichteil-Defekte.

Vorteilig ist sein langer Gefäßstiel und ein nur kleiner Hebedefekt sowie die relative einfache Hebetechnik [24]. Nachteile sind die begrenzte Knochengröße und mögliche Irritationen des N. superficialis nervi radialis [37].

Freie mikrovaskuläre Knochentransplantation

Freie vaskularisierte Fibulatransplantation nach Ueba bzw. Taylor

Die vaskularisierte freie Fibulatransplantation, eingeführt durch Taylor 1974 [62] und Ueba und Fujikawa 1973 [65], ist die bekannteste und am häufigsten angewendete Methode zur anatomischen Rekonstruktion im Handbereich. Vor allem für große, über eine Defektlänge von 6 cm messende Knochendefekte der Extremitäten ist sie Therapie der Wahl. Sie kann als reine Knochentransplantation oder auch als Transplantation eines osteokutanen Lappens erfolgen. Das versorgende Lappengefäß, die A. peronea, ermöglicht durch ihren langen Gefäßstiel mit suffizientem Durchmesser von 1,5–3 mm eine sichere mikrovaskuläre Anastomose [16, 23]. Der diaphysäre Fibulaknochen kann in einer Länge von 20–25 cm entnommen werden.

Indikationen sind:

  • Knochendefekte des distalen Radius, der Ulna und des proximalen Humerus, meist nach ausgedehnter Tumorresektion [30] und

  • Knochendefekte des Handgelenkes nach Infektion.

Kontraindikationen sind:

  • Nichtanlage der A. tibialis anterior oder posterior und

  • Zustand nach Fibulafraktur.

Zur Rekonstruktion des Handgelenkes, insbesondere des distalen Radius, im Kindesalter ist die Verwendung des proximalen Fibulaköpfchens (Abb. 7) Therapie der Wahl, da zusätzlich zur optimalen Gelenkfunktion ein Längenwachstum erzielt werden kann [19]. Die Epiphyse des Fibulaköpfchens versorgenden Gefäße sind die A. genicularis inferior, ein Ast der A. tibialis anterior sowie ein Ast der A. poplitea. Innocenti et al. [20] beschreiben den Ast der A. tibialis anterior als beste und einfachste Wahl, sowohl Epiphyse als auch Diaphyse mit nur einem Gefäßstiel einfach und suffizient zu versorgen. Um einer Knieinstabilität vorzubeugen, sollte das laterale Kollateralband des Femurs und die Sehne des M. biceps femoris auf der lateralen proximalen Tibia reinseriert werden. Die Fibulatransplantation erlaubt eine adäquate Rekonstruktion auch bei ausgedehnten knöchernen Defekten, z. B. nach Tumorresektion (Abb. 8), und zeigt eine relativ schnelle Knochenheilung. Daher ist die Transplantation der vaskularisierten Fibula ein Standardverfahren für durch Trauma, Infektion oder Tumorresektion verursachte lange Knochendefekte der Extremitäten [26]. Auch besteht mit der freien Fibulatransplantation bei größeren knöchernen Defekten am Handgelenk die Möglichkeit, eine Handgelenkarthrodese oder eine Teilversteifung (RSL-Fusion) durchzuführen [1]. Die Hebestelle kann bei einfacher ossärer freier Fibulatransplantation problemlos primär verschlossen werden. Im Falle eines osteokutanen Fibulatransplantats wird die Hebestelle bei einer Hautinsel breiter 6–8 cm durch eine Hauttransplantation verschlossen. Um die Hebedefektmorbidität zu vermindern, sollte das Fibulaköpfchen in Kniehöhe und das distale Fibulaende im Knöchelbereich belassen werden. Dies verhindert Knie- und Sprunggelenkinstabilitäten.

Abb. 7
figure 7

Freie Fibulalappenplastik mit Epiphysentransplantation zur Radiusrekonstruktion. a Röntgenaufnahme eines jungen Patienten mit Osteosarkom des rechten Radius. b Röntgenaufnahme nach neoadjuvanter Chemotherapie und onkologischer Resektion des Tumors sowie Rekonstruktion mit 10,4 cm langer freier Fibula einschließlich Epiphyse (links). Röntgenaufnahme 4 Jahre postoperativ. Der Patient ist weiter tumorfrei bei perfektem Längenwachstum (13,8 cm) und hypertroph eingeheiltem Knochen (rechts). c Klinischer Aspekt 4 Jahre postoperativ. Handgelenkstreckung (links), Handgelenkbeugung (rechts)

Abb. 8
figure 8

Freies Fibula-Diaphysen-Transplantat. a Röntgenaufnahme einer 22-jährigen Patientin mit Riesenzelltumor des distalen Radius und Einbruch in das distale Radioulnargelenk (DRUG). b Computertomogramm des DRUG. c Intraoperativer Situs nach onkologischer Tumorresektion des Radius einschließlich DRUG. d Gehobene osteokutane freie Fibula für eine radioskapholunäre Arthrodese. e Röntgenaufnahme 5 Jahre postoperativ mit knöchernem Durchbau

Freier Skapula- und Paraskapularlappen nach Teot bzw. Nassif

Beide Lappen können als rein kutane, fasziokutane oder unter Mitnahme des lateralen oder medialen Skapularandes als osteokutane [40] Lappen Verwendung finden [13]. Sowohl Skapula- als auch Paraskapularlappen werden von der A. circumflexa scapulae versorgt. Der Gefäßdurchmesser beträgt durchschnittlich 2–3,5 mm. Skapula- und Paraskapularlappen können jeweils einzeln oder gemeinsam an einem Gefäßstiel transplantiert werden. Zusätzlich ist die Transplantation sog. Chimärlappen durch Kombinationen mit anderen Lappenplastiken aus dem Versorgungsgebiet der A. subscapularis möglich [13]. Bei exponierten Sehnen kann durch den vaskularisierten Faszienanteil Gleitgewebe rekonstruiert werden.

Indikationen sind:

  • ausgedehnte kombinierte Knochen-Weichteil-Defekte nach Trauma, Tumorresektion oder Infekten [51].

Vorteil ist die Möglichkeit der Mitnahme einer ausreichenden Knochenlänge, in der Literatur bis 16 cm beschrieben [56]. Im Vergleich zu Fibula- und Beckenkammlappen kann beim kombinierten Skapula- und Paraskapularlappen eine fast doppelt so große Hautinsel transplantiert werden, weshalb dieser Lappen v. a. bei mittleren und größeren Haut-/Weichteildefekten eingesetzt wird [51].

Die Hebemorbidität ist bis auf eine hypertrophe unschöne Narbenbildung, welche besonders junge Patientinnen stört, gering. Der Entnahmebereich neigt zur Serombildung, weshalb Drainagen an der Hebestelle lange belassen werden sollten. Einschränkungen bezüglich der Schulterfunktion sind minimal [54].

Freier osteokutaner vorderer Beckenkammspan nach Taylor

Die an der A. circumflexa ilium profunda gestielte Lappenplastik wurde erstmalig erfolgreich durch Taylor et al. [63] und Sanders et al. [48] 1979 durchgeführt. Der Gefäßdurchmesser beträgt im Schnitt 2–3 mm. Der Leistenlappen kann als alleiniger Knochen oder unter Mitnahme des M. obliquus internus auch als osteomuskulärer oder als osteokutaner Lappen fungieren.

Indikationen sind:

  • Skaphoidpseudarthrose und Lunatumnekrose [12, 18] sowie

  • Handgelenkdestruktion nach Infekten oder Tumorresektion.

Kontraindikationen sind:

  • SNAC-Wrist Stadien 2 und 3 [12].

Meist wird der in seiner Form geschwungene Leistenlappen zur Mandibularekonstruktion verwendet und ist bei der Rekonstruktion von diaphysalem Knochen eher minderwertig, da hier multiple Osteotomien erforderlich sind [53].

Zu nennende Vorteile sind die konstante Anatomie der A. circumflexa ilium profunda, der 5–7 cm lange, im Durchmesser starke Gefäßstiel sowie die optimale Knochenqualität des Beckenknochens. Durch den gut präparierbaren, jedoch aber auch sehr kurzen Gefäßstiel kann ein sehr kleiner Knochenblock, der auch die präzise Lunatum- und Skaphoidrekonstruktion ermöglicht [18], auch ohne Hautanteil präpariert werden.

Freies vaskularisiertes Knochentransplantat von der medialen Femurkondyle nach Masquelet

Im Falle kleiner knöcherner Defekte, in denen ein großes vaskularisiertes Knochentransplantat wie die freie Fibula nicht benötigt wird, wurden Defekte lange Zeit z. B. durch einen vaskularisierten Beckenkamm rekonstruiert. Eine weitere Alternative bietet die freie mediale Femurkondylentransplantation, die besonders bei nur kleinen Knochendefekten verwendet wird [69]. Primär wurde die vaskularisierte mediale Femurkondyle zur Rekonstruktion bei Pseudarthrosen des Humerus, der Ulna oder im Metakarpalbereich verwendet [47]. Aber auch zur Rekonstruktion knöcherner Defekte von Tibia und Kalkaneus wurde die freie Femurkondyle bisher erfolgreich verwandt [43]. Versorgendes Gefäß ist die A. genicularis descendens (Abb. 9).

Abb. 9
figure 9

Freies vaskularisiertes Knochentransponat von der medialen Femurkondyle nach Masquelet. a Schema: Planung der Hautinzision. b Schema: Lappenhebung. c Röntgenaufnahme im posterior-anterioren Strahlengang eines 20-jährigen Patienten mit Skaphoidpseudarthrose und großem Substanzdefekt. d Seitliche Röntgenaufnahme bei „Dorsal-intercalated-segmental-instability“(DISI)-Position des Os lunatum. e) Nativröntgenaufnahme 1,5 Jahre postoperativ nach Implantation eines freien vaskularisierten Femurspanes und Kirschner(K)-Draht-Osteoarthrodese. Der Knochenspan ist sehr gut eingeheilt. f Im seitlichen Strahlengang achsengerechte Stellung des Karpus. (Aus [63], S. 198)

Indikationen sind:

  • Skaphoidpseudarthrosen [10, 22], v. a. mindervaskularisierte Pseudarthrosen mit Humpback-Deformität [3, 28];

  • avaskuläre Nekrosen des proximalen Skaphoidpols sowie

  • Pseudarthrosen des Humerus [39], der Klavikula [11], der Ulna und des Metakarpus.

Kontraindikationen sind:

  • fortgeschrittene Radiokarpalarthrose (SNAC-Stadien 2 und 3, [3]).

Der Femur ist in seiner Knochendichte gleich bzw. sogar höherwertig gegenüber dem Skaphoid und um einiges robuster als der Radius. Das Knochentransplantat kann problemlos geformt und optimal in v. a. irreguläre Defekte eingepasst werden [5].

Vaskuläre individuelle Normvarianten erschweren das Heben des Lappens. Mikrochirurgische Erfahrungen daher zwingend notwendig. Die Hebemorbidität ist im Gegensatz zur freien Fibula gering [3, 5]. Vereinzelt wird postoperativ eine Dysästhesie im Versorgungsgebiet des N. saphenus beschrieben.

Diskussion

Die vaskularisierten Knochentransplantate haben den großen Vorteil, Knochendefekte rekonstruieren und gleichzeitig die Knocheneinheilung unterstützen zu können. Im Vergleich zu konventionellen nichtvaskularisierten Knochentransplantaten können die vaskularisierten Knochentransplantate avaskuläre Knochennekrosen revaskularisieren [61].

In einer Metaanalyse wurden avaskuläre Knochennekrosen des Skaphoids hinsichtlich ihrer Rekonstruktionsmethode verglichen. Es zeigten sich Heilungsraten von 47% bei konventionellen nichtvaskularisierten Knochentransplantaten im Vergleich zu 88% bei vaskularisierten Knochentransplantaten. Am häufigsten erfolgreich zur Rekonstruktion eingesetzt wurde der distale dorsal gestielte Radiusspan [38].

Vergleicht man jedoch Ergebnisse anderer Studien, findet man beim Einsatz des distal gestielten Radiusspans Heilungsraten zwischen 27 und 60% [32, 60].

Jones et al. [22] erzielten beim Einsatz des distal gestielten dorsalen Radiusspans eine Heilungsrate von 71%. Fraglich ist jedoch, wie es zu diesen bedeutenden Unterschieden gekommen ist. Vorrangig genannt wurden Gründe, wie der Nikotinabusus des Patienten, die ausgedehnte avaskuläre Knochennekrose und v. a. erschwerte präoperative Ausgangsbedingungen, wie der bereits eingetretene karpale Kollaps. Fast 100%ige Heilungsraten beschrieben Jones et al. [22], die beim Vorliegen eines karpalen Kollaps nun stets direkt auf ein größeres Knochentransplantat, wie den freien vaskularisierten Femurspan, zurückgriffen. Sie beziehen den erzielten operativen Erfolg auf die nun optimale Rekonstruktion der Architektur des Skaphoids, um einen physiologischen skapholunären Winkel wiederherstellen zu können.

Die vaskularisierte Fibulatransplantation ist die bekannteste und am häufigsten angewandte Methode zur Rekonstruktion im Handbereich [15]. Speziell bei ausgeprägten Knochendefekten ist er wegen seiner zahlreicher Vorteile, wie Länge, Stabilität, dem sicheren Gefäßstiel und der vorteilhaften Stielanatomie sowie einer geringen Hebemorbidität Lappen der Wahl [16, 23, 26]. Vor allem die „folded fibula“, die geteilte Fibula, ermöglicht bei großen kombinierten Knochen-Weichteil-Defekten eine optimale einzeitige Rekonstruktionsmöglichkeit. Hierbei wird die Fibula knöchern in zwei Hälften zerteilt. Über das Periost wird die Perfusion beider Fragmente über die A. peronea sichergestellt [41].

Ping et al. [45] beschrieben den Fall eines 24-jährigen Mannes, der sich im Rahmen eines Autounfalles eine komplizierte Unterarmfraktur zuzog, welche durch Plattenosteosynthese versorgt wurde. Postoperativ kam es zur Pseudarthrose von Ulna und Radius mit eingeschränkten Umwendebewegungen im distalen Handgelenk. Radius und Ulna wurden durch eine sog. „folded fibula“ im Rahmen eines einzeitigen knöchernen Eingriffes rekonstruiert. In den postoperativen Verlaufsuntersuchungen wurden sensationelle Ergebnisse beschrieben.

Die proximale freie Fibula zeigte auch in der Rekonstruktion des distalen Radius nach Tumorresektion bei Kindern sehr gute Ergebnisse. Bei Kindern muss nicht nur der jeweilige Knochen rekonstruiert, sondern ein Mitwachsen der Extremität ermöglicht werden, um späteren Behinderungen vorzubeugen. Unter Mitnahme der Epiphysenfuge konnten Innocenti et al. [20] ein paralleles Wachstum von Ulna und Radius herstellen und bisherige Komplikationen, wie ein Ulna-Impingement oder die radiale Klumphand verhindern. Die Autoren beschrieben nach einem Follow-up von 3 Jahren sehr gute Ergebnisse in der gemessenen Handgelenkbeweglichkeit.

Die vaskularisierten Knochentransplantate sind heutzutage aus der Handrekonstruktion nicht mehr wegzudenken. Im Falle von Therapieversagern durch vorangegangene nichtvaskularisierte Knochentransplantate sowie bei ausgedehnten knöchernen Defekten können bei streng gestellter Indikation mit vaskularisierten Knochentransplantaten sehr gute Resultate erzielt werden. Es muss jedoch stets auf ein ausreichendes Débridement, eine perfekte Einpassung des Transplantates und auf eine stabile, achsengerechte Osteosynthese geachtet werden. Um den Patienten bestmöglich versorgen zu können, sollte stets eine gute präoperative Planung erfolgen. Die Durchführung der Operation sollte einer mikrochirurgisch spezialisierten Klinik vorbehalten bleiben.