Für einen nachhaltigen Erfolg von Produktherstellern ist die Transformation zum Serviceanbieter in den meisten Fällen ein unerlässlicher Schritt. Der innovative Geschäftsmodellansatz der Servicetransformation ermöglicht, diesen Prozess grundlegend zu modellieren, verfügbare strategische Entwicklungsfelder aufzuzeigen und bietet die Grundlage für zielgerichtete Managementimplikationen.

In vielen Industriegüterbranchen führen die zunehmende Wettbewerbsintensität, die Erosion der Produktmargen, der hohe Reifegrad vieler Produkte und eine damit einhergehende Commoditisierung von Produkten zu einer Diskussion über die bestehenden Geschäftsmodelle und der Frage einer strategischen Neuausrichtung. Dabei wird in den letzten Jahren immer häufiger gefordert, dass Unternehmen sich vom Produkthersteller zu einem Serviceanbieter weiterzuentwickeln haben. Bei Produktherstellern sind die Produkte verantwortlich für den Unternehmenserfolg. Bei einem Serviceanbieter hängt der Unternehmenserfolg primär von den Dienstleistungen ab. Mit der Servicetransformation verbundene Chancen sind neben der Erhöhung der Wertschöpfung, die Entwicklung der Anbieter-Kunden-Beziehung zu einer Partnerschaft sowie die Sicherstellung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit. Trotz der zahlreichen Chancen der Servicetransformation ist der Entwicklungsstand in der Unternehmenspraxis nicht weit vorangeschritten. So stellt Neely (2007) in einer weltweiten Untersuchung von Industriegüterunternehmen fest, dass etwa 68 Prozent der Unternehmen ausschließlich Produkthersteller mit einer starken Produktorientierung sind. Etwa 30 Prozent bieten bereits eine Kombination aus Produkt und Service an, lediglich etwa zwei Prozent der Unternehmen haben sich zu reinen Serviceanbietern entwickelt. Gründe für die Zurückhaltung sind unter anderem in den Barrieren der Servicetransformation auf der konzeptionellen Strategieebene und der organisatorisch-personellen Implementierungsebene zu sehen.

„Es gibt noch viele Barrieren bei der Service transformation.“

In der Wissenschaft wird die Thematik seit Ende der 1980er Jahre behandelt. So beschreiben zum Beispiel Vandermerwe und Rada (1988), welche Wertsteigerung ein Produkt durch das Hinzufügen von Serviceleistungen erfährt. Die in den letzten Jahren kontinuierlich steigende Anzahl wissenschaftlicher Artikel dokumentiert die wissenschaftliche Relevanz dieser Thematik. Trotz der Vielzahl an wissenschaftlichen Beiträgen liegt bis heute weder eine gemeinsame theoretische Grundlage noch eine umfangreiche empirische Untersuchung des Themas vor (Baines et al. 2008; Gebauer 2014). Die in den letzten Jahren entwickelten unterschiedlichen Konzeptionalisierungsansätze zum Prozess der Servicetransformation haben zwar zur Reichhaltigkeit der Forschung beigetragen, beschränken aber gleichzeitig die notwendigen theoretischen Fortschritte und die empirische Durchdringung (Gebauer 2014). Um dieses Thema grundlegend zu durchdringen, ist eine einheitliche theoretische Grundstruktur, das heißt der Transformationsprozess und eine Kategorisierung der Entwicklungsschritte, notwendig. Ziel dieses Beitrags ist es, einen Ansatz zu entwickeln, der die Notwendigkeit der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen der Servicetransformation dokumentiert, der Nicht-Linearität des Transformationsprozesses gerecht wird, verfügbare strategische Entwicklungsfelder aufzeigt und als Grundstruktur für mögliche Managementimplikationen und weitere Forschungsrichtungen dient.

Vor diesem Hintergrund wird in dem vorliegenden Beitrag zunächst der aktuelle Forschungsstand zum linearen Prozess der Servicetransformation diskutiert. Anschließend wird dann in Abgrenzung zum aktuellen Forschungsstand ein Geschäftsmodellansatz der Servicetransformation entwickelt. Der Modellansatz wird zunächst konzeptionell hergeleitet und anschließend anhand von Unternehmensbeispielen konkretisiert sowie durch Diskussionen mit Experten reflektiert. Abschließend werden für die Weiterentwicklung des Themas Handlungsempfehlungen formuliert und Forschungsbedarf adressiert.

Aktueller Forschungsstand zur Kategorisierung des Transformationsprozesses

In der Literatur lassen sich vier Forschungsausrichtungen ableiten, die im engen Zusammenhang mit dem Thema Transformationsprozess vom Produkthersteller zum Serviceanbieter stehen (Brax 2005; Penttinen/Palmer 2007) (vgl. Tabelle 1). Die Überlegungen dieser Ansätze sind teilweise in den Geschäftsmodellansatz der Servicetransformation eingeflossen, der im Rahmen dieses Beitrages vorgestellt wird.

Tab.1 Aktueller Forschungsstand: Forschungsausrichtungen, die im engen Zusammenhang mit dem Thema Servicetransformation stehen

Im ersten Ansatz ergeben sich die Stufen der Servicetransformation durch eine sukzessive Änderung des Gesamtangebotes (Brax 2005, S. 143). Der Transformationsprozess leitet sich auf Basis des Immaterialitätsgrades des Leistungsangebotes ab. Beginnend mit dem Angebot rein tangibler Güter wird der Anteil an Dienstleistungen stufenweise immer weiter ausgebaut, bis schließlich das Unternehmen vollständig auf Dienstleistungen konzentriert ist (Kotler 2003, S. 445 f.).

Der zweite Ansatz leitet den Servicetransformationsprozess aus der Positionsänderung in der Wertschöpfungskette ab (Brax 2005). Dies impliziert die Erweiterung des Leistungsangebots durch horizontale oder vertikale Integration. Sawhney et al. (2004) haben hierbei eine „Service Opportunity Matrix“ entwickelt, die beschreibt, wie ein Produkthersteller durch Erweiterung seiner Unternehmensleistung Wachstumspotenziale erzielt (Sawhney et al. 2004, S. 59). Mathieu (2001) beschreibt die Servicetransformation durch zwei wesentliche Ausprägungen, die eng mit den Aussagen von Sawhney et al. (2004) verzahnt sind.

Dabei beschreibt der Verfasser Dienstleistungen, die das Produkt unterstützen, und Aktivitäten, die den Kunden unterstützen. Letztere werden von Mathieu (2001) auch als Erweiterung der Wertschöpfungskette verstanden. Cova et al. (2000) zeigen eine etwas umfassendere, aber nahezu identische Darstellung.

Im dritten Ansatz wird ein Kontinuum zwischen der relativen Bedeutung von tangiblen Gütern und Dienstleistungen aufgespannt (Oliva/Kallenberg 2003). Der Wandel vom Pro-dukthersteller zum Serviceanbieter wird dabei ersichtlich, indem das Unternehmen seine derzeitige Position auf dem Kontinuum bestimmt und anschließend die gewünschte Zielposition festlegt, um den entsprechenden Handlungsbedarf abzuleiten (Oliva/Kallenberg 2003, S. 162 f.). Diesem Ansatz lassen sich auch die Überlegungen von Lusch und Vargo (2008) zuordnen, indem die extremen Ausprägungen Goods-Dominant und Service-Dominant Logic als Ordnungsrahmen herangezogen werden können.

Basierend auf der Literatur werden beim vierten Ansatz Dienstleistungen durch die Vollständigkeit des Angebots sowie der Käufer-Verkäufer-Beziehung kategorisiert (Penttinen/Palmer 2007, S. 554). Dabei stellen den Startpunkt für Unternehmen hinsichtlich der Servicetransformation die „Basic Components“ dar, die eine geringe Vollständigkeit des Angebots und eine transaktionsorientierte Käufer-Verkäufer-Beziehung aufweisen. Unternehmen entwickeln nun ihr Leistungsangebot wie Wartung und Reparatur weiter und bieten zum Beispiel Wartungsverträge an. Diese sind geprägt von einer beziehungsorientierten Käufer-Verkäufer-Beziehung, deshalb wird dies als erster Schritt im Transformationsprozess angesehen. Ein weiterer Schritt hin zum produzierenden Dienstleistungsanbieter könnte durch Leistungsgarantien erreicht werden. Diesen Schritt werten die Verfasser als Vervollständigung des Angebots und definieren diese Leistung als „Integrated Solution“ (Lösung aus Kundensicht), die das mögliche Ziel im Transformationsprozess darstellt (Penttinen/Palmer 2007, S. 557 f.). Tukker 2004 kombiniert einige Ansätze miteinander.

Ergänzend hierzu sind Brax und Visintin (2013) zu nennen, die für die einzelnen Forschungsausrichtungen unterschiedliche Kontinuum-Modelle aufzeigen, um den Transformationsprozess zu modellieren. Dabei beschreibt der Grad der Erhöhung des Serviceangebots die Richtung der Transformation, wobei die abhängige Variable sich je nach Ansatz unterscheidet. Beispielsweise hängt beim Graduell-Kontinuum-Modell die abhängige Variable von der Relevanz der Güter und Dienstleistungen im Gesamtangebot ab und kann auf die Änderung des Gesamtangebotes nach Kotler (2003) zurückgeführt werden.

Insgesamt ist bei den Ansätzen festzustellen, dass bei der Ableitung des Transformationsprozesses ein linearer Verlauf vermutet wird. Insbesondere bei den Ansätzen von Kotler (2003) und Tukker (2004) wird dies aufgrund der Prozessdarstellung deutlich, aber auch der Beitrag von Oliva und Kallenberg (2003) stellt durch das Kontinuum und die schrittweise Abfolge der Maßnahmen hin zum Anbieter von Betreibermodellen eine lineare Entwicklung dar. Durch die Darstellung der Kontinuum-Modelle durch Brax und Visintin (2013) mittels linearem Verlauf im Koordinatensystem ist die Linearität ebenfalls ersichtlich. Dabei wird unterstellt, dass mit jedem Schritt ein neues, stärker auf Dienstleistungen ausgerichtetes Leistungsangebot geschaffen wird, welches das alte, stärker auf das Produkt orientierte Leistungsangebot ersetzt. Diese Linearitätsvermutung bestätigt sich bei der Betrachtung von Unternehmensbeispielen nicht. Die Beobachtung der Praxis zeigt vielmehr, dass Unternehmen im Rahmen der Servicetransformation ihr Leistungsangebot erweitern. Dabei bieten sie zum einen neue Dienstleistungen wie zum Beispiel Serviceverträge an, geben den Kunden aber weiterhin die Möglichkeit, ausschließlich das Produkt zu beziehen. Unternehmen bedienen somit, je nach gewählter Geschäftsstrategie und Marktbedürfnissen, gegebenenfalls mehrere Geschäftsmodelle parallel (vgl. Abbildung 1). Grundsätzlich scheint es daher erforderlich, ein Transformationsmodell zu konzeptualisieren, das eine solche nicht-lineare Entwicklung umfasst. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden Geschäftsmodellansätze der Servicetransformation entwickelt, die dieser Erkenntnis Rechnung tragen.

Abb. 1
figure 1

Geschäftsfelder der Servicetransformation

Typologisierung und Validierung

Dienstleistungen im Transformationsprozess sind stark heterogen. Der Vermarktungsprozess von Wartung oder Reparatur unterscheidet sich zum Beispiel stark von Serviceleistungen, die das Managen oder Betreiben von Geschäftsprozessen der Kunden unterstützen. Vor diesem Hintergrund ist es zweckmäßig, die Vielfalt von situationsspezifischen Transaktionstypen der Servicetransformation zu relativ homogenen Geschäftsmodellen zu typologisieren. Dabei zielt die Typologisierung darauf ab, zum einen die Besonderheiten von typischen Geschäftsmodellen durch eine spezifische Differenzierung zu berücksichtigen (externe Heterogenität) und zum anderen eine gewisse Generalisierung innerhalb der einzelnen Typologien sicherzustellen (interne Homogenität). Im vorliegenden Beitrag wurde bei der Entwicklung der Geschäftsmodelltypologien ein theoretisch-deduktiver Ansatz zugrunde gelegt. Dazu sind aus theoretischen Überlegungen zehn Entwicklungsschritte der Servicetransformation abgeleitet worden. Basierend auf vier Typologisierungskriterien wurden die zehn Entwicklungsschritte in vier Geschäftsmodelltypen in einer 2x2-Matrix zusammengefasst. Die Plausibilisierung der vier Geschäftsmodelltypen und ihrer Entwicklungsschritte wurde fundiert anhand von Praxisbeispielen. Eine weitere Validierung erfolgte durch einen neunköpfigen Expertenkreis des höheren Managements verschiedener Unternehmensbereiche, die in den Branchen Maschinenbau, IT und Automobilindustrie tätig sind und als Best-Practice-Unternehmen für die Servicetransformation eingeordnet werden können. Zu diesem Zweck wurden die Experten aufgefordert, für die einzelnen Geschäftsmodelle und Entwicklungsschritte eigene Praxisbeispiele zuzuordnen. Die Grundstruktur hat sich hierdurch bestätigt, da 21 von 23 Beispielen ohne Rückfragen oder Diskussionen zugeordnet wurden. Lediglich zwei Praxisbeispiele waren erst nach einer kurzen Diskussion zuordenbar.

In Abbildung 2 sind die Geschäftsmodellansätze der Servicetransformation dargestellt, die durch vier Typologie-dimensionen vier eigenständige Geschäftsmodellansätze beschreiben.

Abb. 2
figure 2

Geschäftmodellansätze der Servicetransformation

„Servicetransformation bedeutet eine immer stärkere Kundenintegration.“

Typologiedimensionen der Geschäftsmodellansätze der Servicetransformation

Die Typologisierung der Geschäftsmodelle setzt an den konstitutiven Merkmalen von Dienstleistungen an und greift auf die Diskussion von Dimensionen zur Leistungstypologisierung von Engelhardt et al. (1992) und Meffert (1993) zurück. Dabei wird zum einen unterschieden, wie stark die Leistung des Anbieters auf die Kundenwünsche angepasst werden muss. Dies wird durch die Individualität des Leistungsangebots beschrieben, wobei ein Kontinuum zwischen Standardisierung und individueller Kundenorientierung im Sinne einer „Customization“ aufgespannt wird. Dies hängt unmittelbar mit der zweiten Dimension zusammen, die die Immaterialität des Leistungsergebnisses beschreibt. Dabei ist ein Leistungsergebnis mit einer geringen Immaterialität auf operationale Prozesse und mit einer hohen Immaterialität auf Ge-schäftsprozesse ausgerichtet. Beispielsweise wird beim Produktorientierten Modell eine Wartung in standardisierte Prozesse untergliedert. Bei dem Dienstleistungsorientierten und Wertschöpfungsorientierten Modell unterstützt die Serviceleistung das Managen oder Betreiben der Geschäftsprozesse beim Kunden. Um Dienstleistungen zu entwickeln, die auf die Geschäftsprozesse der Kunden abzielen, ist eine enge Kunden-Anbieter-Beziehung erforderlich. Infolgedessen geht das Leistungsergebnis mit einer hohen Immaterialität, welche auf Geschäftsprozesse ausgerichtet ist, mit einer höheren Kundenintegration und einem stärkeren Individualisierungsgrad der Leistung einher.

Die horizontale Achse beinhaltet die Dimensionen, Interaktion der Anbieterpartnerschaft und Integrationsgrad des Leistungsangebots (Meffert 1993). Anbieterpartnerschaften sind bei den Systemlösungs- und Wertschöpfungsorientierten Geschäftsmodellen stark ausgeprägt. Dabei wird dem Kunden durch die kooperative Anbietergemeinschaft ein komplettes Leistungsbündel aus einer Hand angeboten. Ob aus Kundensicht die Unternehmensleistung als Zusatzleistung oder Lösung empfunden wird, beschreibt der Integrationsgrad des Leistungsangebots, da ein höherer Integrationsgrad eine stärkere Ausrichtung der Leistung auf die Kundenbedürfnisse darstellt (Anderson 2002, S. 956). Beispielsweise werden beim Produktorientierten Geschäftsmodell Dienstleistungen angeboten, die eine Zusatzleistung zur originären Leistung des Unternehmens darstellen. Auch beim Dienstleistungsorientierten Modell empfindet der Kunde das Angebot als Zusatzleistung, da Geschäftsprozesse lediglich optimiert werden. Das Systemlösungs- und Wertschöpfungsorientierte Modell bietet, wie nachfolgend beschrieben, aus Kundensicht eine ganzheitliche Lösung. Diese Typologisierungsdimension ist im Wesentlichen auf die entsprechende Dimension von Penttinen/Palmer (2007) zurückzuführen.

Geschäftsmodelle der Servicetransformation und ihre Entwicklungsschritte

Die Typologiedimensionen kategorisieren vier Geschäftsmodelltypen, die im Folgenden im Detail dargestellt und die durch Praxisbeispiele verdeutlicht werden (vgl. Tabelle 2).

Tab. 2
figure 3

Charakteristika der Geschäftsmodelle der Servicetransformation

Produktorientiertes Geschäftsmodell

Beim Produktorientierten Geschäftsmodell stellt das Produkt des Anbieters die Kernleistung dar. Die immaterielle Leistung hängt inhaltlich mit der Kernleistung zusammen und kann als Produktbegleitende Dienstleistung bezeichnet werden. Je nach Entwicklungsschritt bietet der Anbieter zusätzlich zu seiner originären Leistung immaterielle Leistungen an, mit dem Ziel, den Absatz der Kernleistung zu fördern, die Produktivität des Produkts zu steigern und/oder über den gesamten Produktlebenszyklus Umsatz zu erzielen. Die theoretischen Überlegungen ergaben hierfür vier Entwicklungsschritte, die im Anschluss anhand von Mercedes-Benz Lkw verdeutlicht werden.

Ein reiner Produkthersteller ohne Service bietet ausschließlich den Verkauf des Produkts an. Durch Sachmängelabtretung gehen die gesetzlich vorgeschriebenen Dienstleistungen vom Produzenten an den Kunden über, wie das nachfolgende Beispiel verdeutlicht. Mercedes-Benz Lkw verkauft ihre Motoren an die MTU Friedrichshafen GmbH, die für den Vertrieb und Service, inklusive des obligatorischen Services, verantwortlich ist. Der zweite Entwicklungsschritt beschreibt den obligatorischen, gesetzlich vorgeschriebenen Service. Dies wäre zum Beispiel der Vertrieb der Zugmaschine von Mercedes-Benz, inklusive der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation, sowie der Gewährleistung. Unter produktbegleitenden Dienstleistungen versteht man die Erweiterung des Angebots durch zum Beispiel Wartung und Reparatur. Der letzte Entwicklungsschritt ist der Produkthersteller mit einem Produkt-Service-Bündel. Dabei hat der Nachfrager bei Mercedes-Benz die Möglichkeit, Wartungsverträge abzuschließen, die eine Garantieverlängerung mit allen Reparaturen und Wartungsarbeiten beinhalteen (Mercedes-Benz 2014).

Anbieter versprechen sich von Produktbegleitenden Dienstleistungen insbesondere finanzielle Vorteile, da Reparaturen und Wartungen in Verbindung mit dem Verkauf von Ersatzteilen hohe Margen versprechen (Malleret 2006, S. 107). Zudem lässt sich die Kundenbindung beispielsweise durch Wartungsverträge erhöhen. Herausforderung sind unter anderem der Aufbau und die Steuerung eines internationalen Servicenetzes in Verbindung mit einer internen und externen Serviceorientierung, die mit hohen Investitionen zusammenhängen. Das Zusammenfassen des Servicegeschäfts in eine eigene Geschäftseinheit und die Einführung einer internationalen Serviceorganisation sind in der Praxis ersichtlich und wurden von einem Expertenkreis als Erfolgsfaktor bezeichnet (Oliva/Kallenberg 2003, S. 165 ff.). Aus Kundensicht ist die Risikoreduktion durch eine höhere Verfügbarkeit der Maschinen ein wichtiger Aspekt.

Systemlösungsorientiertes Geschäftsmodell

Das Ziel des Systemlösungsanbieters mit primärer Wertschöpfung auf das Produkt ist das Angebot eines kompletten Leistungsbündels aus einer Hand, wie das Beispiel der GEA Farm Technologies verdeutlicht. Das herkömmliche Produkt der GEA Farm Technologies sind Melkmaschinen. Durch die kooperative Anbietergemeinschaft, in der GEA als „Generalunternehmer“ auftritt, bezieht der Landwirt aus den Bereichen Milchproduktion, Gülletechnik sowie Stalleinrichtungen und automatischen Fütterungssystemen ein Komplettangebot mit Einrechnungsgeschäft inklusive Garantieabwicklung (GEA Farm Technologies). Der Systemlösungsanbieter, mit primärer Wertschätzung auf die Dienstleistung, erweitert dieses Angebot mit einer Leistungsgarantie und verkauft dem Kunden nicht mehr das Produkt, sondern die Leistung.

Durch diesen Schritt stärkt der Anbieter den Zugang zum Kunden, da er den alleinigen Ansprechpartner für den Kunden darstellt. Herausforderungen sind insbesondere das Koordinieren und Managen der Anbietergemeinschaft. Zudem ist ein Kompetenz- und Infrastrukturaufbau für das gesamte Leistungsbündel erforderlich. Durch die anbieterseitige Leistungsgarantie entsteht eine Risikoverlagerung hinsichtlich Verfügbarkeit vom Kunden zum Anbieter. Dieses Risiko preist der Anbieter in der Regel in die Leistung ein, und in Verbindung mit einer hohen Produktqualität entsteht dadurch ein finanzieller Vorteil für den Anbieter. Kundenseitige Vorteile sind insbesondere die Ressourcenschonung sowie die Produktivitätssteigerung.

„Servicetransformation zielt auf eine langfristige Zusammenarbeit mit dem Kunden und einen nachhaltigen Erfolg für das Unternehmen ab.“

Dienstleistungsorientiertes Geschäftsmodell

Grundsätzlich beschreibt das Dienstleistungsorientierte Geschäftsmodell, das aus drei Entwicklungsschritten besteht, Serviceleistungen, die den Kunden unter anderem durch Beratungsleistungen sowie Softwarelösungen beim Managen der eigenen Geschäftsprozesse unterstützen (vgl. Tabelle 1). Beispielsweise erlaubt die Software des Daimler FleetBoard Transportmanagementsystems durch die Vernetzung von Fahrzeugen das Managen des Fuhrparks inklusive Strecken- und Beladungsplanung sowie Kraftstoffüberwachung (Daimler Fleetboard GmbH 2014). Im nächsten Entwicklungsschritt wird die Dienstleistung gemeinsam mit dem Kunden stärker an seine individuellen Bedürfnisse angepasst. Diese Möglichkeit bietet der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf, der gemeinsam mit Kunden Software entwickelt, um die Produktion des Kunden zu managen (Trumpf 2014). Der letzte Entwicklungsschritt unterstützt die Vernetzung der Kunden untereinander. Dies wäre der Fall, wenn zum Beispiel die Software zum Managen des Logistikfuhrparks weiterentwickelt und somit die Vernetzung von mehreren Logistikfirmen erlaubt wird. Dies ermöglicht den Unternehmen zum einen, durch Kooperationen größere Aufträge zu bedienen, und zum anderen, Kleinaufträge durch eine Art „Mitfahrgelegenheit für Güter“ rentabel zu machen.

Das Dienstleistungsorientierte Modell bietet dem Anbieter die Möglichkeit, unabhängig von seinem eigenen Produkt innovative Geschäftsfelder zu erschließen und somit eine nachhaltige, höhere Wertschöpfung zu erzielen. Durch den höheren Individualisierungsgrad und die daraus resultierende stärkere Ausrichtung auf die Kundenwünsche, in Verbindung mit der Konzentration der Dienstleistung auf die Geschäftsprozesse des Kunden, werden Kundenzufriedenheit und stärkere Kundenbindung erzielt (Gebauer/Krempl/Fleisch 2008, S. 220; Oliva/Kallenberg 2003, S. 160). Zudem führt dies zur erschwerten Imitierbarkeit des Leistungsangebots, was wiederum die Markteintrittsbarrieren erhöht (Malleret 2006, S. 107). Dem gegenüber stehen Komplexitätssteigerungen, die Schwierigkeit, innovative Dienstleistungen zu bepreisen, sowie die ausschließliche Ausrichtung der Unternehmenskultur auf die Serviceorientierung. Der Expertenkreis empfiehlt hierfür die Gründung einer eigenständigen Tochtergesellschaft, um die Innovativität hinsichtlich Dienstleistungen und die serviceorientierte Unternehmenskultur durch den Produktfokus nicht zu beeinträchtigen. Dieses Vorgehen ist in der Praxis ebenfalls zu erkennen. Der Kunde verspricht sich hierdurch vorwiegend Prozessoptimierungs- und Kostensenkungspotenziale (siehe Tabelle 2).

Wertschöpfungsorientiertes Geschäftsmodell

Das Wertschöpfungsorientierte Geschäftsmodell stellt mit dem Wertschöpfungspartner den umfangreichsten Entwicklungsschritt in der Servicetransformation dar. Dieser vereint den Produkt-, Systemlösungs- und Dienstleistungsanbieter und bietet dem Kunden neben der Planung, der Produktion und Finanzierung des Gesamtprodukts ebenso auch den Betrieb (und die Vermarktung) der Leistung an. Dies zeigt das Beispiel des Automobilzulieferers Eisenmann, der die Elektrohängebahn des Ford Fiesta und Fusion betreibt, die den Lieferantenpark mit der Montagelinie verbindet (Eisenmann 2011).

Beim Wertschöpfungsorientierten Modell verändert sich die klassische Kunden-Anbieter-Beziehung und der Anbieter agiert als Partner für einen Teil der kundenseitigen organisationalen Wertschöpfung. Dadurch verspricht sich der Anbieter eine langfristige Zusammenarbeit sowie einen nachhaltigen Erfolg (Gebauer/Krempl/Fleisch 2008, S. 220). Gleichzeitig fokussiert sich der Anbieter auf einige wenige Kunden und ist somit von deren Markt- und Branchenzyklen sowie deren Erfolg stark abhängig. Dem Kunden ermöglicht dieses Ge-schäftsmodell allerdings eine noch bessere Konzentration auf seine Kernkompetenzen.

Fazit und weiterer Forschungsbedarf

Der Geschäftsmodellansatz und die Kategorisierung durch die Typologisierungsdimensionen ermöglichen es, den Transformationsprozess in ihren Entwicklungsschritten abzubilden, um für die Praxis geeignete Maßnahmen abzuleiten. Hierbei können Unternehmen durch den Geschäftsmodell-ansatz zunächst ihre momentane Position ermitteln. Zudem zeigt die theoretische Grundstruktur verfügbare strategische Entwicklungsfelder auf und hilft Unternehmen, konkrete Geschäftsstrategien für die Servicetransformation abzuleiten. Hieraus entstehen für den Anbieter, wie der Beitrag zeigt, finanzieller, strategischer und marketingseitiger Nutzen (Gebauer/Krempl/Fleisch 2008, S. 219). Beispielsweise ermöglicht die Erschließung neuer Geschäftsfelder durch Dienstleistungsangebote eine steigende Innovationskraft, woraus eine nachhaltige, höhere Wertschöpfung resultiert. Durch den höheren Individualisierungsgrad des Dienstleistungs- und Wertschöpfungsorientierten Geschäftsmodells und die daraus resultierende stärkere Ausrichtung auf die Kundenwünsche in Verbindung mit der Konzentration der Dienstleistung auf die Geschäftsprozesse des Kunden werden strategische Partnerschaften mit Kunden ermöglicht. Dies führt zudem zu einer erschwerten Imitierbarkeit des Leistungsangebots, was wiederum die Markteintrittsbarrieren erhöht. Zusammenfassend bietet die Erweiterung des Leistungsangebots der Unternehmen durch die Servicetransformation eine Steigerung und Stabilisierung des Umsatzes (Malleret 2006, S. 107, Oliva/Kallenberg 2003, S. 160). Dem gegenüber stehen Komplexitätssteigerungen, hohe Investitionen mit langfristigen Refinanzierungsprozessen in Verbindung mit dem Service Paradoxon sowie organisationale Änderungen wie beispielsweise die Ausrichtung der Unternehmenskultur auf die Serviceorientierung (Oliva/Kallenberg 2003; Gebauer et al. 2006). Weiterer Forschungsbedarf besteht darin aufzuzeigen, welche unternehmensinternen und marktbezogenen Maßnahmen Unternehmen einzuleiten haben, um sich im spezifischen Geschäftsmodell zu etablieren. Darüber hinaus muss zukünftig der Frage nachgegangen werden, mit welchen Methoden Unternehmen eine typenübergreifende Umsetzung realisieren und auch verschiedene Geschäftstypen miteinander kombinieren können. Dadurch wird Unternehmen eine fundierte situationsspezifische Entscheidungsgrundlage und Umsetzungskonzept an die Hand gegeben.

„Die Erweiterung des Leistungsangebots der Unternehmen durch die Servicetransformation bietet eine Steigerung und Stabilisierung des Umsatzes.“