Die klassische Kommunikation gerät unter Druck und immer mehr Unternehmen reichern ihre Kommunikation mit virtuellen Instrumenten an. Dabei wird die Notwendigkeit der symbiotischen Einbindung von Instrumenten der Live Communication häufig unterschätzt. Brandlands, Messen oder Events bieten gegenüber allen anderen Instrumenten einzigartige multisensuale Markenerlebnisse, wenn sie mit der klassischen und virtuellen Kommunikation intelligent verknüpft werden.

In der Medienlandschaft vollzieht sich ein grundlegender Wandel. Die Rolle, die der persönliche Dialog und das direkte Erleben von Produkten und Marken spielen, erlangt trotz der voranschreitenden Digitalisierung und Distanz-Kommunikation wieder verstärkte Beachtung. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion in Wissenschaft und Praxis lässt sich diese Renaissance thesenartig wie folgt begründen (vgl. auch Brühe 2003; Kirchgeorg et al. 2009b; Bruhn et al. 2009):

  • High Touch & High Tech-These. Durch die Informationsflut der digitalen Kommunikation erfahren persönlich erlebte Kontakte und Beziehungen wieder eine Aufwertung. In Szenarioanalysen über die Entwicklung des Kommunikationsverhaltens bestätigen Experten uneingeschränkt diesen Trend (vgl. Kirchgeorg et al. 2007). Hierin liegt die Chance, durch Live-Begegnungen ein „symbiotisches Gegengewicht“ zur Virtualisierung zu schaffen.

  • Multisensualitäts-These. Die Erinnerungsleistung von Informationen ist dann besonders hoch, wenn diese multisensual vom Kunden aufgenommen werden können. Die zunehmende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Konzepten des sogenannten Experiential bzw. Multisensory Marketing und die Beschäftigung mit multisensualen Markenplattformen nimmt hierauf verstärkt Bezug (vgl. Hultén et al. 2009; Linxweiler/Siegle 2008; Krishna 2009; Schmitt 1999; Springer 2008). Im Vergleich zur virtuellen und klassischen Kommunikation kann nur die Live Communication alle Sinne bedienen.

  • Produkthomogenitäts-These. Die Homogenisierung und die damit verbundene Austauschbarkeit von Produkten wirken dem Kundenbindungsgedanken entgegen, wodurch die Kundenloyalität in gesättigten Märkten vielfach abnimmt. Bei zunehmender technisch-physikalischer Produktqualität werden vom Kunden zur Differenzierung verstärkt Merkmale der persönlichen Geschäftsbeziehung herangezogen (vgl. z.B. Meffert 2002).

  • Individualisierungs-These. Die Individualisierung in der deutschen Bevölkerung sowie in anderen Industriestaaten nimmt zu (vgl. z. B. Meffert et al. 2008; Opaschowski 2000). Durch eine persönliche Begegnung und Kundeninteraktion können die individualisierten Anforderungen der Kunden, wie z.B. Selbstverwirklichungswünsche und Erlebnisorientierung, besser aufgenommen, interpretiert und in Dienst- und Produktleistungen überführt werden (vgl. z.B. Neumann 2008).

  • Unsicherheits-These. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts haben u.a. terroristische Anschläge und Klimakatastrophen weltweit zu einer erhöhten Unsicherheit in der Bevölkerung geführt. Gleichzeitig nimmt das Bedürfnis nach emotionaler und gefühlsbetonter Ansprache zu (Gaus 2001). „First Hand Experiences” durch eine persönliche Begegnung mit Personen, Unternehmen und Marken führen nachweislich zur glaubwürdigeren Wahrnehmung von Sachverhalten als massenmedial vermittelte Sachverhalte.

Diese Thesen reflektieren schlaglichtartig die wachsende Bedeutung der Live Communication. Ein Blick auf die reale Verteilung der Kommunikationsbudgets bestätigt diese Entwicklung. Aufschluss hierüber liefern Ergebnisse einer jährlich wiederkehrenden Erhebung, die der Lehrstuhl für Marketingmanagement der Handelshochschule Leipzig in Kooperation mit der Uniplan GmbH & Co. KG in Deutschland durchführt. In acht Branchen werden pro Jahr insgesamt 400 Entscheidungsträger in den Bereichen Marketing und Kommunikation zur Entwicklung ihrer Kommunikationsbudgets und -strategien befragt (vgl. zu den Studiendetails sowie zu weiteren empirischen Studien der Live Communication die Übersichten bei Kirchgeorg et al. 2009b).

Anhand der branchenübergreifenden Durchschnittsbetrachtung verdeutlichen die in Abbildung 1 dargestellten Budgetanteile, dass die Ausgaben für die klassische Kommunikation im Jahr 2008 durchschnittlich bei 33,1 % lagen. Bereits an zweiter Stelle folgen Messebeteiligungen mit einem durchschnittlichen Budgetanteil von 17,7 %. Danach kommen die Ausgaben für die neuen Medien, die insbesondere internetbasierte Instrumente umfassen. Addiert man zu den Messebeteiligungen die Budgets für Events und Sponsoring, so entfällt auf diese Instrumente der Live Communication weit über ein Drittel der getätigten Kommunikationsausgaben. Natürlich sind erhebliche Branchenunterschiede zu berücksichtigen, aber im Gesamtdurchschnitt avanciert die Live Communication zur budgetstärksten Kommunikationsform.

Abb. 1
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Durchschnittliche Budgetverteilung im Kommunikationsportfolio von Unternehmen im Jahr 2008

Betrachtet man die Budgetverteilung im Zeitablauf, zeigen die Studienergebnisse im Längsschnittvergleich bis zur Wirtschaftskrise, dass Unternehmen verstärkt ihre Budgets von der klassischen Kommunikation hin zur Live Communication und Virtual Communication umgeschichtet haben (vgl. Kirchgeorg et al. 2009b, S. 26). Dieser Trend wurde durch die Wirtschaftskrise durchbrochen. Während das Internet als Budgetgewinner aus der Krise hervorging, wurden die Budgets im Bereich Print, TV und Radio sowie auch in der Live Communication teils stark zusammengestrichen. Damit hat die Wirtschaftskrise den Paradigmenwechsel in der Kommunikationslandschaft beschleunigt. Es zeichnet sich ab, dass die Kommunikationsportfolios eine nachhaltige Neuausrichtung erfahren, bei der neue Akzente zugunsten der Virtual wie auch der Live Communication gesetzt werden. Hingegen wird die klassische Kommunikation weiter unter Druck stehen und ihre Rolle im Kommunikationsmix verteidigen müssen.

Besonderheiten und Ziele der Live Communication

Der effektive und effiziente Einsatz der Live Communication verlangt ein umfassendes Verständnis darüber, welchen spezifischen Beitrag sie im Kommunikationsportfolio zu leisten im Stande ist. Zunächst beschreibt der Begriff Live Communication „die persönliche, direkte, interaktive Begegnung und das aktive Erlebnis der Zielgruppe mit einem Unternehmen und seiner Marke in einem inszenierten und häufig emotional ansprechenden Umfeld.“ (Kirchgeorg et al. 2009b, S. 17).

Zur Live Communication zählen insbesondere Messen, Events, Brand Lands, Showrooms sowie spezifische Ausgestaltungsformen von Sponsoring und Promotions, die häufig auch als Below-the-Line-Instrumente klassifiziert werden (vgl. Nufer 2007, S. 10f.). Abbildung 2 spiegelt eine Kennzeichnung der Live Communication im Vergleich zur klassischen und virtuellen Kommunikation wider. Es wird deutlich, dass die Besonderheiten der Live Communication neben der persönlichen direkten Interaktion in der Erfahrbarkeit und Multisensualität eines Markenerlebnisses begründet liegen. Hingegen ergeben sich auch spezifische Nachteile gegenüber den anderen Kommunikationsformen, z.B. hinsichtlich der Orts- und Zeitgebundenheit, der hohen Kontaktkosten sowie der begrenzten Reichweite.

Abb. 2
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Live Communication, Traditional Communication und Virtual Communication im Vergleich

Basierend auf den Ergebnissen der oben erwähnten Längsschnittbefragung wird der Einsatz von Live-Communication-Instrumenten insbesondere mit folgenden Zielprioritäten im Kommunikationsportfolio eingesetzt:

  • 1. Aufbau von Markenvertrauen

  • 2. Steigerung der Kundenbindung

  • 3. Demonstration von Markenqualität zur Förderung des Qualitätsimage

  • 4. Differenzierung im Wettbewerb

  • 5. Multisensuale Vermittlung von Markenwelten zur Imageprofilierung

Im Vergleich zur klassischen Kommunikation und Virtual Communication eignet sich die Live Communication durch die Vermittlung multisensualer Markenerfahrungen somit maßgeblich zur Erreichung von Vertrauens-, Differenzierungs- und Kundenbindungszielen. Vielfach bieten auch Live Events die Möglichkeit des physischen Erlebens von sozialen Netzwerken (z. B. Kundenclubs, Fan-Clubs etc.). Diese Zielwirkungen gehen allerdings häufig mit einer geringen Reichweite aufgrund der Ortsgebundenheit und relativ hohen Kontaktkosten einher. Hier punkten hingegen die klassischen und virtuellen Kommunikationsinstrumente. Dieser Ziel-Trade-Off verdeutlicht, dass Unternehmen in der Planung ihrer Kommunikationsportfolios besondere Sorgfalt bei der klaren Zieldefinition für ihre Kommunikationsaktivitäten walten lassen müssen, um auf dieser Grundlage die effektivsten Kommunikationsinstrumente im Kundenbindungszyklus auszuwählen. Eine Gegenüberstellung von Kundenbindungsphasen und zu erwartenden Zielwirkungen der Kommunikationsinstrumente zeigt deutlich, dass die Live Communication bei der Präferenzschaffung, dem Abverkauf und der Kundenbindung besondere Wirkungen entfalten kann (Kirchgeorg et al 2009b).

Angesichts des wirtschaftskrisenbedingten Konsolidierungsdrucks auf die Kommunikationsportfolios und vor dem Hintergrund des skizzierten Paradigmenwechsels in der Kommunikationswelt rückt die Frage nach der optimalen Neuausrichtung der Kommunikationsportfolios und der Nutzung von Integrationssynergien bei vielen Unternehmen in den Mittelpunkt der Diskussion.

Live Communication im Effektivitäts- und Effizienzvergleich

Aufschluss über die von den Marketing- und Kommunikationsverantwortlichen in Deutschland wahrgenommene Effektivität (Zielerreichungsgrad) und Effizienz (Output-/Inputverhältnis) verschiedener Kommunikationsinstrumente gibt die bereits erwähnte Längsschnittstudie, deren Ergebnisse für die Jahre 2004 und 2009 in Abbildung 3 dargestellt sind.

Abb. 3
figure 3

Effektivitäts- und Effizienzvergleich im Kommunikationsmix

Im oberen rechten Bereich der Matrix sind all jene Instrumente zu finden, die als besonders effizient und effektiv eingeschätzt werden. Das Internet wird im Zeitverlauf unverändert als besonders effektives und effizientes Instrument angesehen. Die Erfolgsposition von PR-Instrumenten hat sich von 2004 bis 2009 verschlechtert, gleichwohl wird PR klar im oberen Erfolgsquadranten gesehen. Hierzu gehören ebenfalls ohne große zeitliche Varianz Events und mit einem Erfolgsschub von 2004 bis 2009 auch wieder Messebeteiligungen. Die in den letzten Jahren zu beobachtende Optimierung der Messeportfolios vieler Unternehmen hat zu dieser Entwicklung wesentlich beigetragen.

Die klassische Werbung wie auch Promotions befinden sich nach wie vor in einer „Stuck in the Middle“-Position. Klassische Direct Mailings sind von ihrer Erfolgsposition erheblich abgerückt. Sponsoring und Roadshows schneiden – basierend auf den hier erfassten Entscheiderurteilen – unterdurchschnittlich ab und werden auch nicht von allen Unternehmen als Instrument im Kommunikationsportfolio eingesetzt.

Wenig effizient werden derzeit noch die Social-Media-Instrumente eingeschätzt. Dies mag zum einen daran liegen, dass diese Instrumente noch relativ jung sind und erst wenige Informationen über ihren Erfolgsnachweis vorliegen. Gleichwohl lässt ihre anhaltende Entwicklungsdynamik im Jahre 2010 erwarten, dass die digitalen Social Networks durch eine bessere Instrumenteverknüpfung und -integration ihre Erfolgsposition im Kommunikationsportfolio verbessern werden. Die Ergebnisse des European Communication Monitor 2010 bestätigen diesen Trend. Von 2010 bis 2013 verzeichnen die Social-Media-Instrumente die höchsten Bedeutungszuwächse, während im Bereich der Printmedien der höchste Bedeutungsverlust erwartet wird (Zerfass et al. 2010, S. 69). Auch wenn es sich bei den empirischen Ergebnissen nur um subjektive Einschätzungen handelt, so werden im Längsschnittvergleich die sich abzeichnenden Veränderungsdynamiken in den Kommunikationsportfolios jedoch klar verdeutlicht.

Die Erschließung von Effektivitäts- und Effizienzpotenzialen sehen die Entscheidungsträger primär durch eine bessere Abstimmung derjenigen Instrumente, die als überdurchschnittlich wirksam und überdurchschnittlich wirtschaftlich beurteilt werden. Neben der Veränderung der Budgetgewichtung der Kommunikationsinstrumente versprechen sich Unternehmen von einer stärkeren Instrumenteintegration im Kundenbindungszyklus (ca. 79 % der befragten Unternehmen, vgl. Kirchgeorg et al. 2009b, S. 250) einen wesentlichen Beitrag zur Optimierung der Zielgruppenansprache. Da mit der Live Communication und Virtual Communication aufgrund ihrer unterschiedlichen Merkmale auch verschiedene Kommunikationsziele adressiert werden können, wird im Folgenden der Frage nachgegangen, welche Substitutions- und/oder Integrationspotenziale zwischen diesen Kommunikationsformen bestehen.

Integration von Live Communication und Virtual Communication

Betrachtet man die möglichen Zielbeiträge, die mit Instrumenten der Live Communication und Virtual Communication im Kommunikationsportfolio zu erreichen sind, so wird schnell deutlich, dass die Live Communication einen erheblichen Beitrag zur emotionalen Markenerfahrung und zum Aufbau von Markenvertrauen leisten kann. Hingegen zeigt die Virtual Communication in puncto Reichweitenerzielung und soziale Vernetzung ihre Stärken. Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen und komplementär angelegten Zielerreichungs- bzw. Effektivitätspotenziale bietet sich die intensivere Auseinandersetzung mit dem kombinierten Einsatz von Live und Virtual Communication an.

Welches Integrationspotenzial die Marketing- und Kommunikationsverantwortlichen im Jahr 2009 hierfür sehen, zeigen Befragungsergebnisse, die in Abbildung 4 dargestellt sind. Auch wenn das Internet (infolge der aufgezeigten Entwicklung) mit einem erheblichen Umfang an zeitlich unbegrenzt verfügbaren Informationen und teilweise neuen Unterhaltungsformaten aufwartet, wird die Virtual Communication die Live Communication aus Sicht der Befragten nur teilweise ersetzen können. Die Mehrheit sieht zukünftig eine intelligente Verknüpfung beider Kommunikationsformen. Die dargestellte High Touch & High Tech-These wird von zwei Drittel der Befragten befürwortet.

Abb. 4
figure 4

Erwartete Integrationspotenziale von Live Communication und Virtual Communication

Wie wird angesichts dieser Tendenzen das Verhältnis von Live Communication und Virtual Communication zukünftig aussehen? Hierzu erscheinen vielfältige Optionen denkbar und Unternehmen beginnen mehr und mehr mit ersten Experimenten in diesem Feld. Vor einem Live-Auftritt bzw. einer Live-Veranstaltung bieten sich zahlreiche Möglichkeiten zur Einbindung der Zielgruppe(n). Beispielsweise kann die Zielgruppe über Voting-Plattformen vorab zum Co-Produzenten von Veranstaltungen werden oder über unterschiedliche Communities und Blogs auf einzigartige, für sie passende Messen und Events, noch vor deren Veranstaltungsbeginn aufmerksam gemacht werden. Auf diese Weise entwickeln sich Konsumenten zu authentischen und glaubwürdigen Multiplikatoren. Auch bei der Durchführung z.B. von Messen und Events und damit in der „während“-Phase bietet sich die Möglichkeit zur Ausgestaltung zweckbezogener Beziehungen (z.B. Online Matchmaking, Web-TV etc.) an. Um im Nachgang zu physischen Erlebnissen neu geknüpfte oder aufgefrischte Beziehungen weiterhin zu pflegen, können aufbauend auf diesem Fundament virtuelle Beziehungsbrücken über Online Communities oder virtuelle Netzwerkplattformen errichtet werden. Vielfältige Verknüpfungsformen bis hin zur „Verlängerung“ realer Veranstaltungen in Form von virtuellen Messen und Events werden sich in den nächsten Jahren herausbilden und die integrierte Markenkommunikation damit vor neue Herausforderungen stellen.

Neue Herausforderungen für die integrierte Markenkommunikation

Es ist davon auszugehen, dass neben der Live und Virtual Communication zukünftig vor allem auch die nutzergetriebene Social-Media-Kommunikation an Bedeutung gewinnen wird (Bruhn 2010, S. 472ff.). Damit stellt sich die Frage der Gewichtung der klassischen Instrumente, der Live und Virtual Communication in Kommunikationsportfolios auch vor dem Hintergrund der Herausforderungen an die integrierte Markenkommunikation. Hierzu sollen sechs Aspekte besonders hervorgehoben werden.

  • 1. Kommunikationsportfolio in einem veränderten Medienumfeld Durch die nutzergetriebenen Online-Medien, die steigende Bedeutung von Live und Virtual Communication, wird sich der Kommunikationsmix der Zukunft erheblich verändern. Es bleibt zum jetzigen Zeitpunkt allerdings abzuwarten, welcher Stellenwert der Virtual Communication auf Rezipientenseite zukommen wird. Eine zentrale Aufgabe der integrierten Kommunikation wird es sein, aufbauend auf den veränderten Kommunikationsbedingungen, die Beziehungen zwischen den einzelnen Kommunikationskategorien genauer zu analysieren und diese hinsichtlich ihrer funktionalen, zeitlichen und hierarchischen Struktur zu kennzeichnen.

  • 2. Kommunikationsportfolio und Markenwert Eine weitere Herausforderung stellen die Auswirkungen eines veränderten Kommunikationsportfolios auf den Markenwert dar. Es ist davon auszugehen, dass der Markenwert bei einer fortgeschrittenen und erfolgreichen Integration sämtlicher Kommunikationsinstrumente höher ist als bei einer nicht integrierten Kommunikation. Bei den Integrationsbemühungen ist zukünftig verstärkt der Frage nachzugehen, welchen Beitrag u.a. die Klassische Kommunikation, die Live und Virtual Communication zu den Maßgrößen Bekanntheit, Image, Vertrauen, Commitment und Markenbeziehungsqualität leisten. Eine Herausforderung besteht also in der Beantwortung der Frage, welches Kommunikationsinstrument den Markenwert in welchem Ausmaß beeinflusst. Es wird zwar davon ausgegangen, dass insbesondere die Live Communication das Image einer Marke multisensual prägen sowie insbesondere den emotionalen Markenwert positiv beeinflussen kann, ein direkter Vergleich zu klassischen Kommunikationsinstrumenten ist dennoch nicht möglich. Stattdessen wird es zukünftig notwendig sein, instrumenteübergreifend den jeweiligen Einfluss auf den Markenwert zu untersuchen.

  • 3. Budgetierung des Kommunikationsportfolios Die Integration der Live sowie der Virtual Communication in das Kommunikationsportfolio stellt ebenso neue Anforderungen an die Budgetierung. So ist mit der Planung und Umsetzung von integrierten Kommunikationsstrategien der Zwang zu einer vergleichenden Effizienzbewertung der Kommunikationsinstrumente verbunden. Die obigen Ausführungen zur Effizienz- und Effektivitätsbewertung haben diesen Gesichtspunkt bereits thematisiert. Deshalb hat eine Integration der Live und Virtual Communication in den Kommunikationsmix zur Folge, dass neue Planungs- und Koordinationsprozesse etabliert werden, um eine Umverteilung von Kommunikationsbudgets mit dem Anspruch der konsequenten Durchsetzung einer integrierten Kommunikation zu gewährleisten. Das Budget für die klassischen Kommunikationsinstrumente ist nicht mehr einfach fortzuschreiben, sondern es werden die einzelnen Kommunikationsabteilungen verstärkt dazu aufgefordert, die Leistungsfähigkeit ihrer Kommunikationsinstrumente nach konkreten Leistungskriterien auf den Prüfstand zu stellen und zu messen. Dies gilt für sämtliche Kommunikationskategorien.

  • 4. Controlling des Kommunikationsportfolios Damit ist auch und vor allem die Effizienz- und Effektivitätskontrolle als Herausforderung für die integrierte Markenkommunikation angesprochen. In den kommenden Jahren sind vermehrt Studien zur Wirkung und Effizienz der Live und Virtual Communication zu erwarten. Wie die Effizienz einzelner Formen der Live Communication unter Einbeziehung der ökonomischen Betrachtung zu bewerten ist, wird im Rahmen weiterführender Forschungsprojekte zu analysieren sein.

  • 5. Organisation des Kommunikationsportfolios Eine weitere Herausforderung für die integrierte Markenkommunikation stellt die organisatorische Ansiedelung der Live und Virtual Communication im Unternehmen dar. Hierbei wird der Frage nachgegangen, ob spezifische Fachabteilungen, die sich lediglich mit Fragen der Live Communication beschäftigen, neu gebildet werden oder ob die jeweiligen Experten auf dem Gebiet der Live Communication einer übergeordneten Kommunikationsabteilung zuzuordnen sind. Die Herausforderung besteht darin, unterschiedliche organisatorische Alternativen zu entwickeln und Kriterien für eine ideale organisatorische Ansiedlung der Live und Virtual Communication im Unternehmen aufzustellen. Dem Aufbauen von „Ressortdenken“ sowie „Abteilungszäunen“ ist entgegenzuwirken (vgl. Kirchgeorg/Springer/Brühe 2009b).

  • 6. Personelle Umsetzung des Kommunikationsportfolios Ferner erfordert die Integration der Live und Virtual Communication ein spezielles Qualifikationspotenzial der Mitarbeiter, insbesondere was die Social-Media-Kommunikation anbelangt. Um eine Professionalität im Umgang mit der Live Communication zu gewährleisten, sind verstärkt Experten im Gebiet der Live Communication einzusetzen. Über den Auswahl- und Einstellungsprozess geeigneter Mitarbeiter hinaus bedarf diese Professionalität in einem weiteren Schritt auch einer geeigneten organisatorischen Einbindung von Experten im Unternehmen, der Sicherstellung der Akzeptanz bei allen beteiligten Abteilungen und Hierarchieebenen sowie der Weiterentwicklung fachlicher und persönlicher Fähigkeiten. Eine weitere Möglichkeit stellt die Zusammenarbeit mit externen Agenturen dar, die sich auf Live und Virtual Communication spezialisiert haben.

Fazit

Die Medienlandschaft befindet sich im Umbruch und die Kommunikationsportfolios vieler Unternehmen erfahren eine Neuorientierung. Die Fülle bestehender sowie neuer virtueller Kommunikationsinstrumente stellt die Marketing- und Kommunikationsverantwortlichen dabei vor besondere Herausforderungen. Einerseits gibt es derzeit eine große Unsicherheit, mit welcher Geschwindigkeit und Akzeptanz sich die neuen Kommunikationsformen etablieren werden. Andererseits geht kein Weg daran vorbei, dass für die Planung der Kommunikationsportfolios die besonderen Wirkungsdimensionen der klassischen Kommunikation sowie der Live Communication und Virtual Communication systematisch gegenübergestellt werden, um darauf aufbauend die Kommunikationsportfolios zielgruppengerecht für die Markenkommunikation zu optimieren. Die Live Communication schafft multisensuale Markenerlebnisse und kann dadurch einzigartige Wirkungen bei den Zielgruppen entfalten, wenn sie sowohl mit der klassischen wie auch der virtuellen Kommunikation intelligent verknüpft wird. Doch ist dies leichter gesagt als getan, denn mit der angestrebten Integration ergeben sich auch neue Herausforderungen, die gemeistert werden wollen. Die Forderung nach integrierter Kommunikation hat auch in Zeiten des Medienwandels nichts an ihrer Aktualität verloren.