1 Einleitung

Berufseignungsdiagnostik basiert auf biografieorientierten, simulationsorientierten sowie konstrukt- oder eigenschaftsorientierten Verfahren (Päßler et al. 2011). Unter anderem werden Persönlichkeitsmerkmale zur Prognose des Studien- und Berufserfolgs herangezogen (Trapmann et al. 2007). Psychische Stabilität und Gewissenhaftigkeit gelten als günstige Voraussetzungen für die Bewährung in den meisten Berufen (Furnham und Monsen 2009). Während oft auch allgemeine und berufsspezifische Interessen sowie Variablen wie Selbstwirksamkeit oder Enthusiasmus als personale Merkmale verstanden werden (Mayr 2011), bezieht sich dieser Beitrag nur auf allgemeine Persönlichkeitsmerkmale (Fünf-Faktoren-Modell).

Lehrerspezifische Befunde zu Zusammenhängen zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und professionsspezifischen Variablen sind vielfältig (zusammenfassend: Dieterich 1983; Lipowsky 2003; Mayr und Neuweg 2006; Hanfstingl und Mayr 2007; Mayr 2011). Hohe Werte auf den Dimensionen Extraversion und Gewissenhaftigkeit sowie geringe Neurotizismus-Werte weisen auf höhere Leistungsorientierung, Berufszufriedenheit und Selbstwirksamkeit sowie geringere Leistungsangst hin (Tokar et al. 1998; Reisinger 2008; Schulte 2008; Mayr 2009). Gewissenhaftigkeit verweist außerdem auf offensivere Problembewältigung und stärkeres Erfolgserleben (Cramer 2012). Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit zeigen Korrelationen mit der ‚teaching performance‘ (Emmerich et al. 2005). Ein strenger Umgang mit unerwünschtem Schülerverhalten korreliert positiv mit Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus (Kokkinos et al. 2005). Weitere Zusammenhänge zeigen sich zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Lernstrategien im Studium oder der pädagogischen Handlungskompetenz in Praktikum und Beruf (Mayr 2011, S. 134).

Allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen wird auch Potenzial für die Prognose von Beanspruchung und Burnout-Risiko im Lehramt zugeschrieben (Keller-Schneider 2010). Zugleich wird das Beanspruchungserleben im Zuge der Eignungsabklärung für das Lehramt (Rothland und Terhart 2011) diskutiert. Lehrkräfte leiden in hohem Maße unter psychosomatischen Krankheiten (Weber 2003; Hillert und Schmitz 2004). In keinem anderen Berufsfeld existieren vergleichbar hohe psychosomatische Beschwerden (Kupper und Hempel 2006), die unter anderem zu zahlreichen Frühpensionierungen führen (Schaarschmidt 2004). Diese Befunde führen zu der Forschungsfrage, welche Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Belastungserleben im Detail bestehen und welche Bedeutung das Verhältnis beider Konstrukte für den Diskurs um Eignungsabklärung hat.

Historisch geht die Forschung zur Lehrerpersönlichkeit auf Arbeiten von Getzels und Jackson (1963) sowie Start (1966) zurück. In der Folge wurde Persönlichkeit als messbare Größe diskutiert (z. B. Müller-Fohrbrodt 1972). Seit den 1980er Jahren wird Persönlichkeit als Eigenschaft konzeptualisiert (Costa und McCrae 1987). Menschen reagieren demnach nicht auf konkrete Reize, sondern auf Situationen. Die Reaktionsmuster sind aufgrund stabiler Persönlichkeitseigenschaften (vorher-)bestimmt (Asendorpf 2007, S. 36; McAdams 2009, S. 113). Das etablierteste Persönlichkeitsmodell basiert auf fünf Eigenschafts-Dimensionen (Costa und McCrae 1992), die faktorenanalytisch identifiziert wurden und als stabile Dispositionen gelten: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für neue Erfahrung, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Diese werden mit dem NEO-PI-R (McCrae und Costa 1992; deutsch: Ostendorf und Angleitner 2004) oder einem daraus entwickelten Inventar erhoben. Die fünf Dimensionen untergliedern sich in sechs Facetten (Tab. 1).

Tab. 1 Dimensionen und Facetten der ‚Big Five‘. (Quelle: Ostendorf und Angleitner 2004, S. 33 ff.)

Diese Verfahren haben sich international als Standard in der Persönlichkeitsdiagnostik etabliert: Sie wurden in den Jahren 2005–2009 etwa viermal häufiger eingesetzt als andere Inventare (John et al. 2008, S. 116). Mit dem Verfahren wird zur Berufswahl (Shafer 2000), Berufszufriedenheit (Lounsbury et al. 2008), Selbstwirksamkeit im Beruf (Hartman und Betz 2007), zu beruflichen Leistungen (Barrick und Mount 1991) und in Bereichen der Personalpsychologie (de Wolff und van den Bosch 1998) gearbeitet.

Fragen der Lehrerbeanspruchung wurden im Zusammenhang mit dem Burnout-Syndrom breit rezipiert (Enzmann und Kleiber 1989) und mit Blick auf Prävention und Intervention gestellt (Rudow 1994). Empirische Arbeiten zu Ursachen, Bedingungen und Folgen von Beanspruchung im Lehrerberuf (Schaarschmidt 2004; van Dick 2006) sowie zu Präventions- und Interventionsstrategien (Hillert et al. 2005; Schaarschmidt und Kieschke 2007b) folgten. Die psychische Gesundheit von Lehrkräften wird in Bezug auf Berufszufriedenheit, gefühlte Beanspruchung und Burnout thematisiert (Urban 1984; Schaarschmidt 2004; Klusmann et al. 2006; Rothland und Klusmann 2012; Rothland 2013). Medizinisch-psychotherapeutische Aspekte werden auf psychophysische Beanspruchungsreaktionen hin untersucht (Schönhofen und Schwerdtfeger 2006).

Burnout, ein sich in Stufen vollziehender Prozess des Ausgebrannt-Seins, gilt als problematischste Beanspruchungsfolge (Schaarschmidt 2009). Einem Überengagement folgen Phasen der Müdigkeit, verbunden mit Enttäuschung und Überdruss, Reizbarkeit und Rückzugstendenzen. Psychosomatische Reaktionen können einhergehen, die in anhaltende Erschöpfung münden, verbunden mit Niedergeschlagenheit, Verzweiflung und Leistungsinsuffizienz. Ein zentraler Auslöser für Burnout ist das dauerhafte Ungleichgewicht zwischen Geben und Empfangen (Siegrist 1991). Burnout wird international i.d.R. mittels des Maslach Burnout Inventory (MBI) erfasst (Maslach et al. 1996). Das für das Review herangezogene Inventar operationalisiert Burnout über die drei Dimensionen Depersonalisation, emotionale Erschöpfung und persönliche Leistungsfähigkeit.

Es existieren Überblicksdarstellungen zu den Befunden der Beanspruchungsforschung mit je individueller Schwerpunktsetzung (Guglielmi und Tatrow 1998; Rudow 2000; Kyriacou 2001; Hillert und Schmitz 2004; Friedman 2006; Lambert und McCarthy 2006). Den Studien ist der Befund gemein, dass Lehrkräfte international ein auffällig hohes Risiko der psychischen Beanspruchung und des Burnouts aufweisen (Vandenberghe und Huberman 1999). Die Potsdamer Lehrerstudie z. B. weist über 60 % der Lehrkräfte einem Risikomuster (Anspannung oder Burnout) zu (Schaarschmidt und Kieschke 2007a). Schaarschmidt (2004, S. 15) sieht in keinem anderen Beruf vergleichbar starke Beanspruchungsverhältnisse. Krause et al. (2013) geben eine systematisierende Übersicht der verschiedenen Erklärungsansätze für hohes Beanspruchungserleben: Gesellschaftliche und bildungspolitische Veränderungen, generelle Merkmale des Berufs, Arbeitssituation sowie Bedeutung der Persönlichkeit. Die zu den Ansätzen angeführten Befunde legen multikausale Ursachen von Beanspruchungserleben nahe. Neuere Beanspruchungsforschung geht daher neben personalen Aspekten von Merkmalen der beruflichen Tätigkeit und deren Rahmenbedingungen als Ursache aus (Rothland 2013).

Zwar liegen Überblicksartikel zum Zusammenhang von allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen und Lehrervariablen (darunter auch Beanspruchung) vor (zuletzt: Mayr 2011), sie beschränken sich aber auf deutschsprachige Literatur und sind breit angelegt. Es existiert kein internationaler Überblick, der auf Basis systematischer Recherchen, Offenlegung der Auswahlkriterien und größtmöglicher Vollständigkeit die Befunde einschlägiger Studien bündelt. Der Beitrag legt daher ein systematisches Review zu Zusammenhängen von Persönlichkeitsmerkmalen (fokussiert auf die ‚Big Five‘) einerseits und Variablen des Beanspruchungserlebens sowie des Burnouts im Lehrerberuf andererseits vor. Auf Basis der Ergebnisse werden drei Fragen diskutiert: 1) Können berufliche Beanspruchung und Burnout-Neigung durch Persönlichkeitsmerkmale prognostiziert werden? 2) Können Persönlichkeitsmerkmale zur Eignungsfeststellung herangezogen werden? 3) Welche Potenziale, Einschränkungen und Forschungsdesiderate verbinden sich mit den Befunden?

2 Methode

Ein systematisches Review sammelt alle verfügbaren Studien zu einer bestimmten Fragestellung. Dieser Prozess wird dokumentiert und ist daher reproduzierbar. Cooper (1982) definiert die Basis für Wissenschaftlichkeit und Nutzbarkeit von Reviews in fünf Stufen eines Reviewprozesses: 1) Formulierung der Fragestellung; 2) Sammlung von Daten; 3) Einschätzung von Einzelaspekten; 4) Datenanalyse und Interpretation der Ergebnisse sowie 5) deren Präsentation (Cooper 1982, S. 291). In der Folge wurde die Methode ausdifferenziert (Cooper und Hedges 1994; Petticrew und Roberts 2006; Cooper 2009). Die Durchführung der Reviews folgt vorliegend dem Cochrane Review Handbook (Higgins und Green 2009).

Zunächst werden anhand von Inklusions- bzw. Exklusionskriterien die relevanten Studien identifiziert und im Hinblick auf Stichprobengröße, Geltungsraum, Messinstrumente, Fragestellung und Ergebnisse kurz beschrieben. Anschließend ist eine Beurteilung der Qualität und eine daraus resultierende Gewichtung vorzunehmen. Aufgrund der geringen Anzahl einschlägiger Studien wird vorliegend hiervon abgesehen; wegen der Spezifik der Fragestellung und Inventare entstammen aber alle Studien einem wissenschaftlichen Kontext. Schließlich werden die Ergebnisse verglichen. Übereinstimmungen erlauben auszuschließen, dass Zusammenhänge z. B. nur auf ein bestimmtes Schulsystem oder eine einzelne Lehrerbildungsmaßnahme zurückzuführen sind.

Die Ergebnisse werden anhand der Vote-Counting-Methode ausgewertet. Diese ist in den letzten zwanzig Jahren aufgrund der Weiterentwicklung von Verfahren der Meta-Analyse kritisiert worden, weil sie unterstellt, alle Studien seien valide und unter gleichen Bedingungen (z. B. vergleichbare Stichprobengröße) durchgeführt worden (Bushman 1994, S. 212). Trotz der möglichen Verzerrung erscheint Vote-Counting geeignet, um zu untersuchen, ob zwischen Variablen Zusammenhänge bestehen. Diesen begrenzten Anspruch verfolgt das Review bei der Feststellung signifikanter Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsdimensionen und Variablen der Beanspruchung bzw. des Burnouts. Eine Effektgrößenschätzung (Meta-Analyse) erscheint angesichts der Heterogenität der Studien und insbesondere aufgrund der kleinen Stichprobe (N = 21) und der daher geringen statistischen Power nicht zielführend.

Da es bei der Synthese eines Forschungsstandes zwangsläufig zu Verzerrungen kommt, müssen die Auswahlkriterien offengelegt werden. Bei der Auswahl und Analyse der Studien muss kritisch vorgegangen werden. Unterschiedliche Stichproben schränken die Vergleichbarkeit der Studien ein (Petticrew und Roberts 2006, S. 215). Durch Dokumentation der Unterschiede wird diese Unschärfe aufgenommen. Studien mit normativ positiven Ergebnissen und starken Effekten werden häufiger publiziert (publication bias) als solche mit negativen und schwachen Effekten (Begg 1994, S. 400). Die durch die Eingrenzung auf einen Sprachraum entstehenden Verzerrungen (language bias) werden durch Aufnahme von Publikationen in den Sprachen Englisch, Deutsch und Polnisch aus 10 Ländern reduziert. Die datenbankbasierte Suche schließt nicht aus, dass einschlägige Studien, die nicht korrekt verschlagwortet oder erfasst wurden, nicht im Review berücksichtigt wurden (database bias). Durch Protokollierung des Suchvorgangs wird größtmögliche Transparenz gewährleistet. Häufiger zitierte Studien sind leichter aufzufinden (citation bias). Vielfältige Suchstrategien sollten diese Verzerrung einschränken.

3 Literaturrecherche und Literaturselektion

Eine explorative Recherche in den sechs deutschen Bibliotheksverbundkatalogen (GBV, KOBV, HBZ, HeBIS, SWB, BVB) erzielte keine Treffer. Die Recherche in einschlägigen Datenbanken führte zum Erfolg. Auf der Datenbank PsycINFO und PSYNDEX wurden viele der ausgewerteten Studien indexiert. Im Anschluss wurden die Datenbanken FIS Bildung (ohne weitere Treffer) und ERIC (weitere Treffer) genutzt. Ergänzend wurden Texte über die Suchmaschine Google identifiziert. Die für alle Recherchen verwendeten Suchbegriffe waren: Lehrerpersönlichkeit, Persönlichkeit + Lehrer, teacher identity, Fünf-Faktoren, Big-Five, FFM, extraversion, conscientiousness, agreeableness, neuroticism, openess to experience, burnout, emotional exhaustion, depersonalisation, job satisfaction und Leistungszufriedenheit (samt der jeweiligen Übersetzungen). Auf Basis der identifizierten Studien (Bibliografien) konnten weitere Texte im Schneeballsystem aufgefunden werden.

Die Kriterien für die Aufnahme der Studien waren: 1) Erfassung der Persönlichkeit von Lehrpersonen mittels eines Fünf-Faktoren-Inventars sowie 2) Aussagen über Zusammenhänge von Persönlichkeit und Beanspruchungserleben bzw. Burnout. Da insgesamt nur eine geringe Zahl einschlägiger Studien vorliegt, wurde der Begriff ‚Lehrperson‘ weit gefasst (Lehramtsstudierende, Lehrkräfte aller Schularten sowie Hochschuldozierende), um eine möglichst große Anzahl an Studien in die Analyse einzubeziehen und so dem Review eine breite Basis zu geben. Durch die Begrenzung auf das Fünf-Faktoren-Modell besteht eine Einschränkung auf Literatur seit den späten 1980er Jahren (Costa und McCrae 1987). Ein einschlägiger Artikel wurde aufgrund erheblicher Mängel (inkonsistente Erfassung von Burnout) ausgeschlossen (Farsani 2012). Graue Literatur blieb wegen fehlender Qualitätssicherung unberücksichtigt.

4 Beschreibung der selektierten Studien

Die aufgenommenen Studien werden nun bezüglich Rekrutierungsfeld, Stichprobengröße, Fragestellung, Methode und einschlägiger Ergebnisse beschrieben. Alle verwendeten Instrumente zur Erfassung von Beanspruchung bzw. Burnout können Tab. 2 entnommen werden.

Tab. 2 Synoptische Darstellung der Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Variablen des Beanspruchungserlebens bzw. des Burnouts

Basim et al. (2013)

Anhand einer Regressionsanalyse über 798 Lehrkräfte in der Türkei wurden die Effekte von Persönlichkeitsmerkmalen auf das Erleben von emotionaler Erschöpfung untersucht. Neurotizismus erweist sich als positiver, Extraversion als negativer Prädiktor.

Becker (2006)

Über 205 Lehrkräfte in Deutschland wurde mittels Pfadanalyse der Einfluss von Persönlichkeit auf das Erleben mangelhafter Bedürfnisbefriedigung und schließlich auf chronischen Stress untersucht. Extraversion und Gewissenhaftigkeit haben negative Effekte, Unverträglichkeit und Neurotizismus haben positive Effekte auf den Mangel an Bedürfnisbefriedigung, der gesteigertes Erleben von chronischem Stress prognostiziert.

Čandová (2005)

266 Mathematiklehrkräfte in Deutschland wurden längsschnittlich und regressionsanalytisch, zuletzt zwei Jahre nach dem Berufseinstieg, mit Blick auf ihre Beanspruchung untersucht. Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit prognostizieren, vermittelt über das Beanspruchungserleben, die Häufigkeit von Beschwerden. Vermittelt über geringere Beanspruchung hat Extraversion einen hemmenden Effekt. Neurotizismus zeigt, vermittelt über niedrige Selbstwirksamkeit, einen positiven Effekt auf das Beanspruchungserleben.

Cano-García et al. (2005)

Durch Befragung von 99 spanischen Lehrkräften wurde regressionsanalytisch der Einfluss von Persönlichkeit und kontextuellen Faktoren auf Burnout untersucht. Neurotizismus ist ein starker Prädiktor der Burnout-Facette emotionale Erschöpfung. Depersonalisation und persönliche Leistungsfähigkeit werden am stärksten durch Verträglichkeit prognostiziert.

Cramer (2012)

Über 353 Studierende aller Lehrämter wurde mittels multinominaler logistischer Regression längsschnittlich geprüft, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese anstelle des Gesundheitstypus einem Risikomuster (Anspannung oder Burnout) angehören. Neurotizismus ist ein stark positiver, Gewissenhaftigkeit ein negativer Prädiktor für die Abweichung vom Gesundheitstypus.

D’Alessandro (2006)

Anhand einer Regressionsanalyse über 63 Lehrpersonen in den USA wurden Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Burnout untersucht. Offenheit und Neurotizismus erweisen sich als negative Prädiktoren von persönlicher Leistungsfähigkeit.

Fuiks (2008)

Unter 240 US-Lehrkräften korreliert Verträglichkeit, Extraversion und Offenheit negativ mit den Burnout-Facetten emotionale Erschöpfung und Depersonalisation sowie positiv mit persönlicher Leistungsfähigkeit. Neurotizismus weist die gegenteiligen Zusammenhänge auf.

Ghorpade et al. (2007)

Bei 265 US-amerikanischen Dozierenden wurden regressionsanalytisch Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Burnout geprüft. Neurotizismus ist ein positiver Prädiktor von emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation. Extraversion und Gewissenhaftigkeit haben positiven Einfluss auf die persönliche Leistungsfähigkeit.

Jensen (2007)

Bei der Befragung von 57 Lehrkräften in den USA wurde anhand einer Regressionsanalyse das prognostische Potenzial von Persönlichkeit auf Burnout untersucht. Neurotizismus weist einen positiven Effekt auf das Erleben von emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation auf und prognostiziert persönliche Leistungsfähigkeit negativ.

Keller-Schneider (2009)

Über 155 Schweizer Lehrkräfte in der Berufseingangsphase wurde die Beanspruchungswahrnehmung auf Persönlichkeit regrediert. Ausgeprägter Neurotizismus prognostiziert Beanspruchung durch berufliche Rollenfindung. Hohe Extraversions-Werte und gering ausgeprägte Offenheit prognostizieren die Beanspruchung durch Führungsaufgaben negativ.

Klusmann et al. (2012)

Bei 551 Personen im Vorbereitungsdienst wurde regressionsanalytisch das prognostische Potenzial von Persönlichkeitsdimensionen auf emotionale Erschöpfung und Berufszufriedenheit längsschnittlich gemessen. Neurotizismus und Offenheit erweisen sich als positive Prädiktoren von emotionaler Erschöpfung, Gewissenhaftigkeit ist negativer Prädiktor. Berufszufriedenheit wird negativ von Neurotizismus und Offenheit prognostiziert.

Kokkinos (2007)

Anhand von 447 Grundschullehrkräften auf Zypern wurden die Einflüsse von Job Stressoren und Persönlichkeit auf Burnout regressionsanalytisch untersucht. Für die Facette emotionale Erschöpfung ist Neurotizismus ein stark positiver Prädiktor. Neurotizismus ist positiver, Gewissenhaftigkeit negativer Prädiktor von Depersonalisation. Persönliche Leistungsfähigkeit wird durch hohe Werte bezüglich Gewissenhaftigkeit und Extraversion prognostiziert.

Pishghadam und Sahebjam (2012)

Unter 147 iranischen Lehrkräften wurde der Effekt von Persönlichkeit auf Burnout regressionsanalytisch ermittelt. Emotionale Erschöpfung wird von Neurotizismus positiv und von Extraversion negativ prognostiziert. Gewissenhaftigkeit prognostiziert persönliche Leistungsfähigkeit.

Poraj (2009)

In Polen wurden Persönlichkeit und Burnout lehramtsspezifisch korreliert (gruppenübergreifende Zusammenhänge nicht berichtet). Für die größte Teilstichprobe aus 154 Sekundarlehrkräften prognostiziert Neurotizismus eine hohe, Extraversion eine geringe Burnout-Neigung.

Salami (2011)

340 Hochschullehrende wurden in Nigeria auf Zusammenhänge zwischen Burnout und Persönlichkeit hin befragt. Neurotizismus korreliert positiv mit emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation sowie negativ mit persönlicher Leistungsfähigkeit. Extraversion korreliert negativ mit emotionaler Erschöpfung und positiv mit persönlicher Leistungsfähigkeit. Gewissenhaftigkeit und Offenheit zeigen negative Korrelationen mit Depersonalisation. Offenheit zeigt einen negativen Zusammenhang mit persönlicher Leistungsfähigkeit.

Teven (2007)

Anhand der Befragung von 48 US-amerikanischen Hochschullehrkräften wurden Korrelationen zwischen Persönlichkeit und Burnout berechnet. Gewissenhaftigkeit korreliert negativ mit emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation. Extraversion zeigt negative Zusammenhänge mit Depersonalisation und reduzierter persönlicher Leistungsfähigkeit. Neurotizismus korreliert mit emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation positiv sowie negativ mit persönlicher Leistungsfähigkeit.

Tönjes et al. (2008)

Über 84 Lehrkräfte und 75 Lehramtsstudierende in Deutschland wurde Burnout auf Persönlichkeit regrediert. In beiden Gruppen prognostiziert Neurotizismus die Burnout-Facette emotionale Erschöpfung. Extraversion und Verträglichkeit prognostizieren Leistungsmangelwahrnehmung und Depersonalisation unter Lehrkräften negativ. Unter Studierenden prognostizieren Extraversion, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit die persönliche Leistungsfähigkeit.

Tunde und Oladipo (2013)

Bei 200 nigerianischen Lehrkräften wurde der Einfluss von Persönlichkeit auf Burnout regressionsanalytisch untersucht. Es wird kein signifikanter Effekt festgestellt.

Unaldi et al. (2013)

Der Zusammenhang von Burnout und Persönlichkeit wurde unter 224 türkischen Lehrpersonen untersucht. Neurotizismus korreliert positiv mit emotionaler Erschöpfung und Depersonalisation, Extraversion und Gewissenhaftigkeit negativ. Persönliche Leistungsfähigkeit korreliert mit allen Persönlichkeitsdimensionen, ausgenommen Neurotizismus, positiv.

Zhang (2012)

Über 264 Dozierende in Hong Kong wurde der Effekt von Persönlichkeit auf beruflichen Stress regressionsanalytisch ermittelt. Alle Persönlichkeitsdimensionen bis auf Verträglichkeit sind positive Prädiktoren gefühlter beruflicher Rollenüberlastung. Extraversion, Offenheit und Gewissenhaftigkeit prognostizieren die Fähigkeit kognitiver Stressbewältigung.

5 Ergebnisse

In Tab. 2 werden die Ergebnisse vollständig und synoptisch dargestellt. Es werden alle Kennwerte berichtet, die über signifikante Beziehungen zwischen Persönlichkeit und Beanspruchung bzw. Burnout Auskunft geben.

In 20 der 21 Studien weisen höhere Werte auf der Dimension Neurotizismus auf ein stärkeres Belastungserleben bzw. eine größere Burnout-Neigung hin. Der positive Zusammenhang zeigt sich auch in anderen Berufen (Hills und Norvell 1991; LePine et al. 2004). Neurotische Menschen sind ängstlicher und unsicherer im Umgang mit anderen und bei der Bewältigung von Aufgaben, weshalb sie diese weniger erfolgreich bearbeiten; eine neurotische Neigung gilt in keinem Beruf als vorteilhaft (McAdams 2009, S. 166). Weil Ängstlichkeit soziale Interaktion hemmt, kann Neurotizismus im sozial-kommunikativen Lehrerberuf als besonders ungünstige Disposition gelten.

Höhere Werte auf der Dimension Extraversion sind in 13 Studien Indikator geringerer Beanspruchung bzw. geringeren Burnout-Risikos. In 6 Studien sind die Zusammenhänge nicht signifikant und in 2 divergieren die Befunde. Das negative prognostische Potenzial für emotionale Erschöpfung und der positive Effekt auf persönliche Leistungsfähigkeit werden für andere Berufsgruppen bestätigt (Piedmont 1993; Michielsen et al. 2004). Extravertierte Menschen tendieren zu rationalen Coping-Strategien, zur positiven Deutung von Ereignissen, streben nach Unterstützung durch andere, sind kontaktfreudig und durchsetzungsfähig (McAdams 2009, S. 157), was angesichts der schulischen Anforderungen (z. B. Interaktion im Kollegium, Classroom-Management) von Vorteil erscheint. Das Review stützt die Annahme, dass extravertierte Lehrkräfte wahrscheinlicher eine geeignete Berufswahl treffen (Klusmann et al. 2006; Mayr und Neuweg 2006).

Hohe Werte auf der Dimension Verträglichkeit verweisen einmütig auf ein geringeres Beanspruchungserleben und Burnout-Risiko, es zeigen sich aber nur in 10 Studien entsprechende Zusammenhänge. Für das Lehramt als sozialen Beruf gilt offenbar die allgemeine Beobachtung nicht, wonach Verträglichkeit eher Aspekte des privaten Lebens tangiert und wenig Aussagekraft für berufliche Variablen hat (McAdams 2009, S. 195). Verträgliche Lehrkräfte sind vertrauensvoll, kooperativ, freundlich und empathisch: Eigenschaften, die ihnen im Beruf zu Gute kommen.

Ausgeprägte Gewissenhaftigkeit ist in 11 Studien Indikator geringeren Beanspruchungserlebens und geringerer Burnout-Neigung. In einer Studie führt höhere Gewissenhaftigkeit zu einem größeren allgemeinen Beanspruchungserleben, in jeweils einer anderen Studie fördert Gewissenhaftigkeit emotionale Erschöpfung oder einen ‚role overload‘, wenngleich diese schwachen Effekte insgesamt vernachlässigbar erscheinen. In 7 weiteren Studien zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang. Gewissenhaftigkeit kann somit nur bedingt als Indikator geringen Beanspruchungserlebens und Burnouts angesehen werden, weil diese Dimension auch auf überhöhtes Arbeitsengagement und auf damit verbundene Beanspruchung hinweisen kann. Die Annahme, dass Gewissenhaftigkeit über alle Berufsgruppen hinweg mit Erfolg in Verbindung steht (Barrick und Mount 1991; Smithikrai 2007), kann für die Beanspruchung im Lehrerberuf nicht pauschal bestätigt werden.

Offenheit für Erfahrung ist mit eindeutig positiven Zusammenhängen in nur 5 Studien der schlechteste Indikator für geringes Beanspruchungserleben bzw. für Burnout und in 4 Studien sogar negativer Prädiktor. In 2 weiteren Studien sind die Befunde divergent und in 10 Studien zeigen sich keine signifikanten Zusammenhänge oder Offenheit wurde aufgrund ihres als gering geltenden prognostischen Potenzials nicht erfasst. Sensibilität für Ästhetik, Kreativität und Fantasie scheint die Wahrscheinlichkeit von Beanspruchungserleben und Burnout zwar insgesamt zu reduzieren, die Zusammenhänge sind aber schwach und treten nur partiell auf. Das geringe Erklärungspotenzial ist aus anderen Berufsfeldern bekannt (Piedmont 1993; Bakker et al. 2006).

Insgesamt erweist sich Neurotizismus als stärkster Indikator eines höheren Beanspruchungserlebens und eines größeren Burnout-Risikos im Lehrerinnen- und Lehrerberuf. Hohe Ausprägungen von Extraversion und Verträglichkeit erhöhen i.d.R. die Wahrscheinlichkeit von Lehrpersonen, sich als weniger belastet und burnout-gefährdet wahrzunehmen. Gewissenhaftigkeit und Offenheit erscheinen zur Prognose von Beanspruchung und Burnout insgesamt eher ungeeignet.

6 Diskussion

6.1 Können Persönlichkeitsmerkmale Beanspruchung und Burnout prognostizieren?

Eingangs wurde die Frage aufgeworfen, ob berufliches Beanspruchungserleben und Burnout-Neigung aufgrund des Forschungsstandes durch Persönlichkeitsmerkmale prognostiziert werden können. Die Befunde unterstreichen, wie auch Ergebnisse aus anderen Berufsgruppen (Schaarschmidt et al. 1999), die Relevanz personaler Voraussetzungen zur Erklärung von Beanspruchungserleben und Burnout. In einigen Studien weisen Persönlichkeitsmerkmale im Vergleich mit anderen Variablen sogar die stärksten Zusammenhänge mit Beanspruchungsvariablen auf (Teven 2007, S. 392; Tönjes et al. 2008, S. 158; Klusmann et al. 2012, S. 284). Während dieser Befund die transaktionale Stresstheorie stützt (Lazarus 1966; Lazarus und Folkman 1984), legen andere Erklärungsmodelle den Fokus auf situationsbedingte Stressoren wie z. B. ein hohes Arbeitspensum (Schaufeli und Enzmann 1998; Maslach et al. 2001). Ob solche Stressoren Burnout bedingen, hängt einer Meta-Analyse zufolge sowohl von der Persönlichkeit als auch von Coping-Strategien ab (Montgomery und Rupp 2005). Umweltbedingte Erklärungsmodelle, die berufliche Faktoren als Auslöser oder Moderatoren von Beanspruchung berücksichtigen (z. B. Becker 1995), sind selten (Rothland 2009; Krause et al. 2013, S. 76). Kontextfaktoren können signifikante Effekte auf das Beanspruchungserleben haben (Gamsjäger und Sauer 1996; Bakker et al. 2006; Goddard und Goddard 2006; Schumacher et al. 2009; Klusmann und Richter 2014). Nur selten erweisen sie sich als proximale Indikatoren, z. B. für emotionale Erschöpfung, während Depersonalisation und persönliche Leistungsfähigkeit stärker durch Verträglichkeit erklärt werden können (Cano-García et al. 2005). Welche Prädiktoren ausschlaggebend für das Beanspruchungserleben sind, ist nicht abschließend geklärt (Rothland und Terhart 2009, S. 803). Das Review verweist aber auf ein relevantes prognostisches Potenzial allgemeiner Persönlichkeitsmerkmale für Beanspruchungserleben.

Im Gegensatz zu Belastungstheorien lassen sich aus der Fünf-Faktoren-Persönlichkeitstheorie Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Belastungserleben plausibel ableiten. Von den fünf Persönlichkeitsdimensionen wird als ‚basic tendencies‘ gesprochen, die sich in ‚characteristic adaptions‘, z. B. im zwischenmenschlichen Zusammenleben manifestieren (McCrae und Costa 2008, S. 162 ff.). So zeigen neurotische Personen ein geringes Selbstwertgefühl, irrationalen Perfektionismus oder pessimistische Einstellungen. Sie erweisen sich also alleine aufgrund ihrer Persönlichkeitseigenschaften als beansprucht. Extravertierte Personen hingegen zeichnen sich durch soziale Fähigkeiten, einen großen Freundeskreis, sportliche Aktivitäten oder Vereinsmitgliedschaften aus, weisen also größeres Potenzial mit Blick auf eine Balance zwischen Beruf und Privatleben und hinsichtlich sozialer Unterstützungssysteme (Ressourcen) auf. Die theoretischen Annahmen gehen einher mit empirischer Evidenz.

Die ausgewerteten Studien postulieren überwiegend direkte Effekte von Persönlichkeitsmerkmalen auf das Beanspruchungserleben. Für die Dimension Neurotizismus können solche direkten Zusammenhänge nachvollzogen werden: Neurotische Menschen werden generell als reizbar und verletzlich charakterisiert. Die Studien von Čandová (2005) oder Becker (2006) verweisen allerdings darauf, dass die Zusammenhänge letztlich indirekter Art sein könnten, was Konsequenzen für deren theoretische Modellierung mit sich bringt. Introversion und Verträglichkeit könnten die subjektive Bewertung potenziell belastender Merkmale wie z. B. Unterrichtsstörungen lediglich moderieren (z. B. die Unterrichtsstörungen werden von einer extravertierten Lehrkraft humorvoll gekontert und daher als weniger belastend erlebt oder die verträglichere Lehrkraft ist entgegenkommend und gutherzig, räumt ihren Schülerinnen und Schülern bewusst Störungen des Unterrichts ein und bewertet diese nicht als Angriff auf die eigene Autorität, weshalb das Beanspruchungserleben wiederum geringer ausfällt). Wenn die Annahme einer notwendigen Unterscheidung von direkten Prädiktoren (Neurotizismus) und indirekten Moderatoren (Extraversion und Verträglichkeit) zutrifft, dann würden Facetten von Extraversion und Verträglichkeit erst im handelnden Vollzug (Unterricht) bedeutsam für das subjektive Beanspruchungserleben.

Werden selbstregulative Fähigkeiten wie z. B. Coping-Strategien als relevant für eine professionelle Lehrkraft erachtet (Baumert und Kunter 2006), erweisen sich dem Expertise-Paradigma folgend (Bromme und Haag 2008) auch die Determinanten von Beanspruchung als bedeutsam für das Lehrerhandeln. Sind die proximalen Bedingungsfaktoren von Beanspruchung institutionelle und tätigkeitsspezifische Merkmale, müsste die Lehrkraft Strategien entwickeln, mit dem Beanspruchungspotenzial produktiv umzugehen und dieses zu bewältigen. Lehrerbildung stößt hier insofern an Grenzen, als dass sie die problematischen Bedingungen der Tätigkeit und des Arbeitsplatzes nur im Sinne von Symptomen und des Umgangs mit diesen verwaltet, aber keinen direkten Beitrag zur Bearbeitung der Ursachen leisten kann. Wäre Beanspruchungserleben hingegen dem Persönlichkeits-Paradigma folgend überwiegend durch personale Merkmale zu erklären, würde dies aufgrund der zeitlichen Stabilität von Persönlichkeitsdispositionen ebenfalls für begrenzte Möglichkeiten der Lehrerbildung sprechen, Beanspruchung vorzubeugen.

Insgesamt verdeutlichen die Ausführungen, dass es neben einer mehrdimensionalen Erklärung von Beanspruchungserleben im Lehrerberuf durch personale und kontextuelle Merkmale sowie durch direkte und indirekte Effekte auch erforderlich ist, verschiedene Beanspruchungsfacetten ggf. durch unterschiedliche Prädiktoren zu erklären. Das Desiderat einer multiperspektivischen und differenzierten Beanspruchungsforschung wird markiert.

6.2 Können Persönlichkeitsmerkmale der Eignungsfeststellung dienen?

Es stellt sich angesichts des erklärenden Potenzials von Persönlichkeitsmerkmalen für Beanspruchungserleben und Burnout-Risiko die Frage, ob Persönlichkeitsmerkmale für die Eignungsfeststellung herangezogen werden können (Rothland und Terhart 2011). Aufgrund des Reviews sind Persönlichkeitsmerkmale als Indikatoren von Beanspruchung und Burnout nicht von der Hand zu weisen. Zwar müssen in einem Erklärungsmodell des Beanspruchungserlebens weitere Prädiktoren (z. B. Arbeitsbedingungen an der spezifischen Schule) berücksichtigt werden, solche Kontextmerkmale können aber vor Beginn des Studiums nicht erfasst werden und scheiden daher zur Prognose der beruflichen Bewährung aus. Der Forschungsüberblick hat gezeigt, dass beruflicher Erfolg im Lehramt keinesfalls nur durch (psychische) Gesundheit indiziert wird und Persönlichkeitsdispositionen auch über weitere Merkmale beruflicher Eignung wie z. B. Leistungsorientierung oder Berufszufriedenheit Auskunft geben. Die in diesem Beitrag vorgenommene Einschränkung auf den Zusammenhang von Persönlichkeit und Beanspruchung würde mit Blick auf die Eignungsabklärung Gefahr laufen, Lehramtsstudierende und Lehrkräfte als problematische Klientel aufzufassen, was weithin als widerlegt gelten kann (Klusmann et al. 2006). Die Lehrperson wäre dann Urheber der Beanspruchung (Rothland 2009, S. 114 ff.) – mit potenziellen Folgen einer Stigmatisierung des Personals und der Reduktion von Bemühungen um Prävention und Intervention.

Forderungen nach einer Reflexion der Berufswahl auf Basis von Persönlichkeitsmerkmalen und des Burnout-Risikos (Čandová 2005; Becker 2006; Mayr und Neuweg 2006; Kokkinos 2007; Reisinger 2008; Schulte 2008; Mayr 2009; Tok und Morali 2009) erscheinen sinnvoll, solange die berufliche Bewährung nicht alleine am Kriterium geringer Beanspruchung fest gemacht wird und Persönlichkeitsmerkmale nicht auf deren prognostisches Potenzial für die Vorhersage von Beanspruchungserleben und Burnout reduziert werden. Mit Ausnahmen (z. B. Herzog 2007) wurde allerdings kaum dazu geforscht, wie Lehrkräfte mit Beanspruchungen umgehen und welche Strategien sie zu deren Bewältigung anwenden (Rothland und Terhart 2009, S. 804). Für die Eignungsabklärung ist es daher bedeutsam, das Entwicklungspotenzial von Lehrerprofessionalität (Cramer 2012) mit zu bedenken. Eine Fremd-Selektion mittels Persönlichkeitstests wäre besonders inadäquat, denn den Inventaren liegen möglichst realistische Selbstzuschreibungen zugrunde. Potenzielle Studierende würden erkennen, welches Antwortmuster ihre Chancen um einen Studienplatz erhöht und unrealistisch antworten (Krahé und Herrmann 2003; Metzger und Wu 2008; Mayr 2010).

Persönlichkeitsmerkmale bergen für die Eignungsfeststellung trotz der genannten Einschränkungen ein hohes Potenzial. Sie können aufgrund ihrer längsschnittlichen Stabilität bereits vor Aufnahme des Studiums Anhaltspunkt für eine berufliche Bewährung im Lehramt sein. Persönlichkeitsmerkmale im Sinne der Big Five geben außerdem über eine Vielzahl weiterer Kriterien der beruflichen Bewährung Auskunft, bis hin zur Selbstwirksamkeitserwartung (Mayr 2011, S. 134).

6.3 Potenziale, Einschränkungen und Desiderate

Abschließend werden Potenziale, Einschränkungen und Desiderate diskutiert, die mit dem Review einhergehen. Sollten Selbstauskünfte das Risiko sozial erwünschter Angaben erhöhen (Reinecke 1991, S. 26), würden die diskutierten Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Beanspruchungserleben bzw. Burnout vermutlich geringer ausfallen als sie tatsächlich sind, zumindest wenn sich die Befragten in der Tendenz positiver darstellen wollen würden (psychische Stabilität, geringe Beanspruchung). Dies würde die Interpretation der signifikanten Zusammenhänge eher stärken. Wenngleich mit Blick auf das Beanspruchungserleben Selbstauskünfte berechtigt sind (für psychische Gesundheit ist subjektives Wohlbefinden zentral), könnten vermehrt objektive Merkmale wie z. B. quantitative Arbeitsbelastung oder Lärmbelastung berücksichtigt werden. In keiner Studie können die Stichproben als repräsentativ gelten. Insofern sind die im Ergebnis einmütigen Befunde zum Neurotizismus und zur Extraversion besonders relevant. Die Studien basieren auf verschiedenen Gruppen (Lehramtsstudierende, Lehrkräfte, Dozierende). Dies scheint unproblematisch, weil die Befunde offenbar spezifisch für Berufe mit Lehraufgaben sind. Vergleichbare Befunde zwischen den Gruppen und den Ländern zeigen, dass die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Beanspruchung offenbar weitgehend unabhängig von der unterrichteten Klientel und von örtlichen Spezifika sind. Dies kann als Hinweis auf eine begrenzte Relevanz von Umweltfaktoren bei der Genese subjektiver Beanspruchung gedeutet werden (vgl. 6.1). Einschränkungen bezüglich der Messinstrumente gehen im Bereich der Persönlichkeitserfassung auf Übersetzungen, Kürzungen und Revisionen des NEO-PI-R zurück. Das Ausweichen auf andere Verfahren oder der Versuch, verschiedene Ansätze zu integrieren (z. B. Hanfstingl 2009) löst das Problem letztlich eingeschränkter Vergleichbarkeit nicht. Weiterführend erscheint Forschung, die sich auf ein Standardinstrumentarium verständigt. Über die Datenqualität wird wenig berichtet. Da folglich von nicht (multipel) imputierten Datensätzen und damit von fehlenden Werten auszugehen ist, muss eine mäßige Güte angenommen werden. Die Forschungsdesigns variieren von Studien, die nur Persönlichkeitsmerkmale und Burnout erfassen, bis hin zu komplexeren Modellierungen. Wo Kontextvariablen einbezogen werden, schärft sich bei regressionsbasierten Analyseverfahren die statistische Aussagekraft über die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Beanspruchung aufgrund i.d.R. geringerer Konfundierung. Wegen der fast ausschließlich querschnittlichen Anlage der Studien (nur 3 Studien sind Längsschnitte) sind keine echten Prognosen des späteren Beanspruchungserlebens aufgrund von Persönlichkeitsmerkmalen möglich. Es bleibt offen, in welcher Weise Persönlichkeitsmerkmale die professionelle Entwicklung letztlich moderieren. Die Auswertungsmethoden reichen von einfachen bivariaten Korrelationen bis hin zu verschiedenen regressionsbasierten Verfahren und die berichteten Kennwerte sind daher in ihrer Ausprägung nicht vergleichbar. Insgesamt sind komplexere Verfahren in der Minderheit und die Stichprobengrößen würden keine fortgeschrittenen Verfahren zulassen. Die Studien sind daher in Ihrer Anlage und Reichweite nur anhand inhaltlicher Ergebnisse vergleichbar, eine Hierarchisierung ist kaum möglich.

Es erscheint geboten, das Verhältnis personaler und beruflicher Prädiktoren von Beanspruchungserleben bzw. Burnout näher zu bestimmen. Persönlichkeitsmerkmale können dabei als notwendig, nicht jedoch als hinreichend eingeschätzt werden (vgl. 6.1). Außerdem sollte der Frage nachgegangen werden, welche Persönlichkeitsmerkmale direkte Prädiktoren von Beanspruchungserleben sind und welche die Effekte von Stressoren auf die subjektiv wahrgenommene Beanspruchung im beruflichen Entwicklungsprozess moderieren. Dazu sind längsschnittliche Untersuchungsdesigns erforderlich. Eine komplexere Modellierung (z. B. Strukturgleichungsmodelle) steht noch aus, um das prognostische Potenzial von Persönlichkeitsmerkmalen, weiteren personenspezifischen Merkmalen (z. B. Überzeugungen, motivationale Orientierungen), institutionellen Merkmalen (z. B. Arbeitsplatz Schule) und berufsspezifischen Eigenheiten (z. B. Rollenkonflikte) für Beanspruchungserleben im Zusammenspiel besser abschätzen zu können (Rothland 2013).

Bezüglich der Eignungsabklärung erscheint die Forderung plausibel, auch Konstrukte wie z. B. Selbstwirksamkeitserwartungen (Schulte 2008), Zielorientierungen (Reisinger 2008) oder Anforderungen, resultierend aus der Aufgabe adressatenbezogen zu unterrichten (Keller-Schneider 2009), zu berücksichtigen (vgl. 6.2). Solche Variablen erweitern die traditionell im Zusammenhang mit der Eignungsabklärung diskutierten Variablen wie Berufswahlmotivation, pädagogische Vorerfahrung oder Persönlichkeit als potenzielle Prädiktoren beruflichen Erfolgs. Eine solche Ergänzung liegt auch nahe, weil in keinem der gängigen theoretischen Beanspruchungsmodelle (Überblick: van Dick und Stegmann 2013) Persönlichkeitsmerkmale zur Erklärung von Beanspruchung herangezogen werden, sondern Beanspruchung von individuellen Handlungsvoraussetzungen, der Interaktion von Umwelt und Person, Tätigkeitsmerkmalen, Arbeitsbedingungen oder internalen und externalen Anforderungen ausgeht. Zugleich erschöpft sich das prognostische Potenzial von Persönlichkeitsmerkmalen für die Bewährung im Lehrerinnen- und Lehrerberuf nicht in der Vorhersage von Beanspruchung. Persönlichkeit könnte weit stärker als bislang angenommen indirekte Einflüsse auf das Beanspruchungserleben haben, wie die Persönlichkeitstheorie nahe legt (vgl. 6.1).

Die Forschung entfaltet nur dann ihr Potenzial, wenn eine systematische theoretische Fundierung hinzutritt, die über isolierte Bezüge zu ausschließlich der Persönlichkeitstheorie oder den Beanspruchungstheorien hinaus geht. Es erscheint eine neu zu formulierende integrierte (empirische) Theorie notwendig (z. B. Cramer und Friedrich (in Vorbereitung). Zusammenfassend ist weder die subjektive Beanspruchung hinreichend zur Erklärung beruflicher Bewährung im Lehramt, noch kann diese ausschließlich über Persönlichkeitsmerkmale erklärt werden. Die Bedeutung von Persönlichkeit zur Prognose beruflichen Erfolgs sollte nicht auf die Vorhersage von Beanspruchung begrenzt werden.