1 Fragestellung

Die Entdeckung der „Pluralisierung“ der Lebensstile führte seit etwa Mitte der 1980er Jahre nicht nur in der deutschen Soziologie zu einer Renaissance des Konzepts der sozialen Milieus und zugleich zur Vernachlässigung der Beachtung sozialer Schichtung für die Differenzierung der Gesellschaft (Hradil 2006, S. 4). Ungeachtet der Tatsache eines „objektiven“ Wandels der Sozialstruktur sind Sozialanalysen selbstverständlich immer auch abhängig vom Erkenntnisinteresse der Studien (Geißler 1996). Das wird beim Vergleich von Milieumodellen unmittelbar deutlich, die sich unterscheiden, je nachdem, ob man eher nach gesellschaftspolitischen Einstellungen (Vester 2006) fragt oder nach Lebens- und Konsumstilen (Ueltzhöffer und Flaig 1993).Footnote 1 Auf der Grundlage einer Durchsicht jüngerer Forschungsprojekte nennt Stefan Hradil zahlreiche Problemstellungen, die mit der Milieuzugehörigkeit in Verbindung gebracht werden, darunter Ressourcenverbrauch, Mitgliedschaft in Organisationen der Zivilgesellschaft, Konsum- und Informationsverhalten, Wahlverhalten und Bildungsbeteiligung (2006, S. 8). Diese Fragestellungen sind nicht mehr allein mit dem Bezug zur sozialen Schichtung zu adressieren, sondern erfordern den Einbezug von Orientierungs- und Einstellungsvariablen, die in einem mittelbaren Zusammenhang zur Schichtung stehen können, aber eben nicht eindeutig mit der Schichtzugehörigkeit in Zusammenhang stehen müssen. Die Milieuperspektive eröffnet auch die Möglichkeit eines Einbezugs dessen, was Bourdieu (1982) die „feinen Unterschiede“ nannte: Die Beachtung kultureller Distinktionen als Merkmale der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht etabliert die revidierte und erweiterte Vorstellung einer Klassentheorie.

Parallel zu solchen kritischen, im Sinne wissenschaftlicher Gesellschaftsbeschreibung differenzierenden Ansätzen ging im Zuge der Entwicklung von zielgruppenspezifischen Marketingstrategien seit den 1980er Jahren ein beträchtlicher Impuls für die Milieuforschung auch von der Privatwirtschaft aus. Die Konsumforschung konzentriert sich dabei vor allem auf Lebensstile und Verhaltensweisen, nichtkommerzielle Arbeiten dagegen eher auf Einstellungen, Wertorientierungen und kulturellen Habitus. Angesichts der Globalisierung geht es bei der Konsumforschung zunehmend nicht mehr nur um die Charakterisierung von Zielgruppen auf nationalen Märkten, sondern um Konsumenten in grenzüberschreitenden Wirtschaftsräumen, die im Rahmen von „globalem Zielgruppenmarketing“Footnote 2 erreicht werden sollen. Dabei besteht mit der Vergrößerung des betrachteten Raums natürlich immer das Problem der Abwägung von Verallgemeinerbarkeit und Validität (Aschberg 2006, S. 23).

Dem Ansatz des „globalen Zielgruppenmarketings“ steht seit einigen Jahren der des „Ethno-Marketings“ gegenüber, der spezifische Instrumentarien des Ansprechens von Konsumenten mit Migrationshintergrund in den Blick nimmt. Ungeachtet des unterschiedlichen Milieumodellen zugrunde liegenden Erkenntnisinteresses haben sie doch einen gemeinsamen Nenner:

Sie kombinieren Merkmale der sozialen Schichtung einerseits mit Variablen von Einstellungen, Werthaltungen u. Ä. andererseits. In der Folge bilden soziale Schichten jeweils für sie typische, aber unterschiedliche Gruppen heraus, „die jeweils ähnliche Werthaltungen, Prinzipien der Lebensgestaltung, Beziehungen zu Mitmenschen und Mentalitäten aufweisen.“ (Hradil 2006, S. 4).

Die sinnvolle Anwendung des Milieuansatzes auf eine soziale Gruppe setzt voraus, dass eine gewisse Varianz mit Blick auf die Merkmale jenseits der sozialen Schichtung zu konstatieren ist. So wäre die Anwendung des Milieuansatzes auf die fast ausschließlich männlichen, 20–40 jährigen „Gastarbeiter“ im Deutschland der 1960er Jahre wenig sinnvoll gewesen, abgesehen davon, dass sie vielleicht ein eigenes Milieu innerhalb der deutschen Gesellschaft herausgebildet haben mögen. Mit der Heterogenisierung der Einwanderer durch Familiennachzug, dem Heranwachsen der zweiten und dritten Generation und deren Sozialisation in Deutschland und nicht zuletzt mit der fortgesetzten Einwanderung jenseits der Arbeitsmigration sollten die Voraussetzungen für die Entstehung abgrenzbarer Milieus in der Gruppe der Migranten jedoch grundsätzlich heute eher gegeben sein. Dabei sollten sich die Milieus der Einwanderer durchaus von denen der Deutschen unterscheiden, dem Konzept entsprechend müssen Einwanderer und Deutsche aber eine Gemeinsamkeit teilen, um den Milieubegriff sinnvoll auf sie anwenden zu können: Sowohl soziale Lagen als auch individuelle Grundorientierungen müssen breit streuen und sich unabhängig voneinander konstituieren.Footnote 3

Die erstmalige Entwicklung von Einwanderermilieus in Deutschland durch Sinus Sociovision (Wippermann und Flaig 2009) geschah im Hinblick auf die Konsumforschung, wobei das Projekt aber offenbar auch anschlussfähig an integrationspolitische Fragestellungen sein sollte.Footnote 4 Die Sinus-Migrantenmilieus schließen auch eine Auswertung von Befragten mit türkischem Migrationhintergrund ein, die in acht Milieus unterteilt werden. Sinus unterscheidet die folgenden türkischen Migranten-Milieus, die sich aus der Kombination unterschiedlicher Ausprägungen der sozialen Lage einerseits und „Grundorientierungen“ im Sinne von Lebensstilen und Verhaltensweisen (in der Tradition kommerzieller Milieuforschung) andererseits konstituieren (Sinus Socivision 2009):

  1. 1.

    Das religiös verwurzelte Milieu (19 %)

  2. 2.

    Das traditionelle Arbeitermilieu (14 %)

  3. 3.

    Das statusorientierte Milieu (9 %)

  4. 4.

    Das entwurzelte Milieu (9 %)

  5. 5.

    Das adaptive bürgerliche Milieu (14 %)

  6. 6.

    Das intellektuell-kosmopolitische Milieu (8 %)

  7. 7.

    Das hedonistisch-subkulturelle Milieu (18 %)

  8. 8.

    Das multikulturelle Performer-Milieu (10 %)

Trotz der bereits angesprochenen Ausdifferenzierung der türkischen Gemeinde in den letzten Jahrzehnten ist die Identifizierung der oben genannten Sinus-Milieus in der Gruppe nicht selbstverständlich. Denn der Milieuansatz in Verbindung mit heutigen Einwanderergemeinschaften in Deutschland wirft grundsätzliche Probleme auf: Eine sinnvolle Anwendung des Milieubegriffs auf Zugewanderte würde voraussetzen, dass gesellschaftliche Integration entsprechend eines multikulturellen Modells von Statten geht – nur so ist eine Differenzierung der Gruppe nach sozialer Platzierung und Grundorientierungen denkbar, die sich von der Aufnahmegesellschaft substantiell unterscheidet. Bei Vorliegen einer assimilativen Integration würden nämlich die Zuwanderermilieus tendenziell in den einheimischen Milieus aufgehen. Zugleich müsste ein solcher multikultureller Prozess aber auch unter dem Vorzeichen von Individualisierung und Wertepluralismus stattfinden – denn die Einstellungsvariablen nicht nur der oben erwähnten, sondern der Studien von Sinus Sociovision im Allgemeinen beziehen sich zu einem großen Teil auf „postmoderne“, postmaterialistische Orientierungen. Solche postmaterialistischen Orientierungen gehen einher mit IndividualisierungsprozessenFootnote 5 und konstituieren bei den oben genannten türkischen Sinus-Milieus mindestens teilweise die Gruppen der Entwurzelten, der Adaptiv-Bürgerlichen, der Intellektuell-Kosmopolitischen, der multikurellen Performer und der Hedonistisch-Subkulturellen – das sind immerhin 59 % der Gemeinde insgesamt (Sinus Sociovision 2009).

Nun gibt es unterschiedliche Theorien, wie die Konstituierung gesellschaftlicher Milieus erfolgt, und die IndividualisierungstheorieFootnote 6 ist nur eine davon. Hradil (2006, S. 5–6) nennt als weitere die eingangs bereits angesprochene Habitustheorie Bourdieus sowie Identitätstheorien. Er verweist auch auf einen für die vorliegende Arbeit hochrelevanten Beitrag von Hörning und Michailow (1990), der die Entstehung von Milieus primär aus Gruppenbildungsprozessen erklärt, die im Zuge der Integrationsbemühungen von Menschen entstehen.

Schon an diesem Punkt wird deutlich, dass diese Theorien mit Blick auf Einwanderer sehr unterschiedliche Ergebnisse von Milieubildungsprozessen nahe legen würden: Die Identitätstheorie verweist auf die Möglichkeit von Milieus, die sich durch ethnisch-kulturelle Homogenität auszeichnen, die Individualisierungstheorie betont demgegenüber auch Binnendifferenzierungen in Einwanderergruppen – was zu „Migrantenmilieus“ nur unter der Voraussetzung führt, dass die Individualisierung nicht gleichbedeutend mit der Assimilierung an die deutsche Gesellschaft ist. Da die Identitätstheorie für die Betrachtung von Einwanderergruppen aber sicher nicht ohne Belang ist, wird der Klärungsbedarf hinsichtlich der Anwendung des Milieukonzepts auf die aus der Türkei stammenden Einwanderer in Deutschland deutlich. Und eine weitere Frage drängt sich auf: Wenn, wie Bourdieu feststellte, die „feinen Unterschiede“ Bestandteil der Reproduktion der herrschenden Verhältnisse sind, können sie dann in gleicher Weise wie in der Gesamtgesellschaft in einer Subgruppe zum Tragen kommen, die ja nicht zuletzt durch gesellschaftliche Exklusion definiert werden muss? Das folgende Kapitel wird noch genauer argumentieren, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bildung von Milieus (als Konstellationen sozialer Schichtung und individueller Grundorientierungen) bei Einwanderern fraglich ist, um dann in einem weiteren Schritt eine repräsentative Stichprobe erwachsener aus der Türkei Stammender in Deutschland mit dem Ziel der Herausarbeitung unterschiedlicher Milieus zu analysieren. Wir beschränken uns hier auf eine Migrantengruppe, da auf diese Weise leichter zu klären sein dürfte, ob der Milieuansatz bezogen auf Einwanderer trägt. So wird die Gefahr umgangen, dass die Differenzierung nach sozialer Platzierung und individuellen Grundorientierungen primär unterschiedliche Herkunftsgruppen anstatt unterschiedliche gesellschaftliche Milieus abbildet. Die untersuchte aus der Türkei stammende Gruppe ist mit 2,5 Mio. Angehörigen die größte Einwanderergruppe in Deutschland.Footnote 7 Da auch Sinus Sociovision eine Auswertung zu eben dieser Subgruppe (s. o.) vorgelegt hat, wird ein Vergleich von Ergebnissen möglich. Die bisher publizierten Auswertungen der Sinus-Studie zu (türkischen) Migrantenmilieus (Sinus Sociovision 2009) sind freilich nur sehr begrenzt auf die im vorliegenden Aufsatz vorgestellten Ergebnisse zu beziehen, da dies eine exakte Kenntnis der Vorgehensweise und der verwendeten Variablen und Indizes der Sinus-Studie voraussetzen würde, welche jedoch nicht bekannt sind.

2 Integration und Identifikation der aus der Türkei stammenden Gruppe in Deutschland

Dass für Migranten in Abhängigkeit von ihrer Aufenthaltsdauer und vom Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung sowohl die Orientierungen am Herkunfts- wie am Aufnahmeland eine Rolle spielen, ist zu erwarten. Dabei können diese Orientierungsbestandteile je nach Herkunfts- und Zuwanderungsland, Wanderungsmotiv usw. sehr unterschiedlich sein. Unklar ist demgegenüber, in welchem Ausmaß sich Inklusion – verstanden als das Erlangen einer der Aufnahmegesellschaft entsprechenden gesellschaftlichen Platzierung – in einen zum Aufnahmeland analogen, quasi nachholenden Einstellungswandel übersetzt, also von welchem Verhältnis hergebrachter, traditioneller und aufgrund von Akkulturation im Ankunftsland erworbener Orientierungen bei welchem Integrationsstand auszugehen ist.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Kombination herkunftsbezogener und neu erworbener Einstellungen eher transitorischen Charakter hat oder ob sich in dauerhaft transnationalen Lebenswelten nachhaltige Mischformen herausbilden. Letztere Alternative wäre keine zwingende, aber doch wichtige Voraussetzung für die Anwendung des Milieuansatzes auf Einwanderergruppen. Aus ihr würde sich die Notwendigkeit der Identifizierung von Migrantenmilieus ergeben, weil dann nicht zu erwarten wäre, dass die betrachtete Gruppe langfristig in der „einheimischen“ Milieustruktur aufgeht. Obwohl sich Einstellungen und Grundorientierungen differenzieren würden, könnte dies auf eine eigene Art und Weise geschehen, ebenso wie die Zusammenhänge zwischen diesen Grundorientierungen und der sozialen Lage kultureigen wären.

Anhand der Forschungslage zu aus der Türkei stammenden Gruppen in Deutschland ist kein wirklich konsistenter Zugang zu diesen Problemstellungen möglich. Entsprechende empirische Studien legen bei der Messung von Identitäten und Einstellungen nicht dieselben Schwerpunkte oder beschränken sich jeweils auf Subgruppen (Frauen, Jugendliche, lokale Räume etc.). An dieser Stelle können also zunächst nur empirische Hinweise zur Tragfähigkeit des individualisierungstheoretisch begründeten Milieuansatzes für die Beschreibung der türkischen Gemeinde angedeutet werden, die aber als Belege für die Notwendigkeit einer genaueren Analyse hinreichen, um die es im Hauptteil des Textes geht.

Befunde zum Integrationsverlauf in der türkischen Gemeinde sprechen dagegen, dass „assimilationistisch“ orientierte Modelle der Sozialintegration den tatsächlichen Integrationsverlauf hinreichend beschreiben können.Footnote 8 Für unsere Fragestellung ist besonders bemerkenswert, dass die „Identifikation mit Deutschland“ als Orientierungspunkt nur eine geringe Rolle spielt bei der mehr oder weniger erfolgreichen Integration. Dieser Tatbestand spricht grundsätzlich dafür, dass auf individueller Ebene strukturelle Integration (und in der Folge soziale Differenzierung) auch ohne Entwicklung einer deutschen Identität funktionieren kann. Insofern wäre die Suche nach spezifischen Migrantenmilieus durchaus sinnvoll.

Nun kann aber eine mögliche Ursache für den fehlenden Nachweis solcher Milieus durch statistische Verfahren auch sein, dass der Integrationsprozess in der türkischen Gemeinde noch nicht so fortgeschritten ist, dass er zu einer breiten Differenzierung und damit zu einer ausgeprägten Varianz der sozialen Lagen in der Gruppe geführt hätte. Denn die sinnvolle Anwendung des Milieuansatzes erfordert nicht nur die Differenzierung von Einstellungen und Grundorientierungen, sondern auch von sozialen Lagen, die erst in ihrem Zusammenwirken bestimmte Lebensstile konstituieren. Die türkische Gemeinde präsentiert sich heute aufgrund des Familiennachzugs und des Heranwachsens der Nachfolgegenerationen zwar hinsichtlich der Sozialstruktur deutlich differenzierter als zu Beginn der Arbeitsmigration, aber die Betroffenheit von wirtschaftlichem Strukturwandel, der zum Arbeitsplatzabbau in den ehemaligen „Gastarbeiterbranchen“ geführt hat, der mangelhafte Bildungszugang der Nachfolgegeneration sowie die Nivellierung der Integrationserfolge der jüngeren Gruppe durch den Zuzug von Heiratsmigranten aus der Türkei haben dem sozialen Aufstieg breiterer Schichten der türkischen Gruppe bisher entgegen gestanden.Footnote 9 Dieser Befund spricht nicht unbedingt gegen die Anwendung der Milieuperspektive auf die aus der Türkei Stammenden, denn entscheidend hierfür ist die Frage, ob überhaupt eine hinreichende Varianz hinsichtlich des Merkmals der sozialen Lage gegeben ist. Eine solche Varianz kann zweifellos auch durch kleinere Subgruppen gegeben sein, die sozial aufsteigen.

Die Literatur über die Identitätsentwicklung und den Wertewandel in der türkischen Gemeinde in Deutschland ist umfangreich. Angesichts des komplexen Themas dominieren hier qualitative Vorgehensweisen. In der weniger stark vertretenen quantitativ-empirischen Literatur fällt auf, dass mitunter zwar beträchtlich große Untersuchungsgruppen gebildet wurden,Footnote 10 quantifizierbare Befunde mit Blick auf die Repräsentation der Gesamtgruppe findet man in standardisierten Erhebungen jedoch kaum.Footnote 11 Dies führt dazu, dass die Exploration der relevanten Modelle von Identitätsbildung und Wertewandel in der türkischen Gemeinde inzwischen abgearbeitet und unumstritten ist, dass aber Aussagen zur Situation in der Grundgesamtheit oft kontrovers diskutiert werden, weil repräsentative Befragungen angesichts der Notwendigkeit von Deduktion und Standardisierung leicht dem Vorwurf ausgesetzt sind, unterkomplex und wenig valide zu sein.Footnote 12 Tarek Badawia beschreibt mit seiner Metapher des „Dritten Stuhls“ eine individuelle Modernisierungsleistung von Immigrantenjugendlichen, „die kontinuierlich auf Transformation des eigenen Selbstentwurfs sowie der soziokulturellen Strukturen in der Gesellschaft ausgerichtet ist“ (Badawia 2003, S. 145). Die Einnahme des Dritten Stuhls gelingt indessen vorrangig bildungserfolgreichen Einwandererjugendlichen, während die Migrationssituation ohne Bildungserfolg mit deutlichen Identitätskonflikten einher geht (Badawia 2003, S. 146). Eine Schlüsselrolle im Integrationsprozess nimmt zweifellos die Sozialisationsinstanz Familie ein. Bernhard Nauck beschreibt sie als „de(n) wichtigste(n) Schutzfaktor gegen eine drohende Marginalisierung von Jugendlichen der zweiten Generation“ (Nauck und Steinbach 2001, S. 103 f), die sich aufgrund von Exklusionsmechanismen der Aufnahmegesellschaft und mangelndem Adaptionspotential der Einwandererfamilien häufig zeigt. In der nicht-repräsentativen Studie von Kismet Seiser, in der türkische Familien in der Türkei, deutsche Familien sowie 248 Familien mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland befragt wurden, führt dies zu dem Fazit, „dass sich die Werthaltungen der türkischen Migranteneltern und die ihrer Söhne nicht an die der deutschen Familien angenähert haben [...] Hingegen können bei den türkischen Migrantentöchtern in einigen Wertbereichen durchaus Akkulturations- bzw. Assimilationseffekte beobachtet werden“ (Seiser 2006, S. 361). Dabei begünstigt, so Seiser, ein niedriges Bildungsniveau die Betonung traditioneller Orientierungen (Seiser 2006, S. 362). Damit ist zugleich der Nenner beschrieben, auf den sich die qualitativen Studien zur Identitäts- und Werteentwicklung in der türkischen Gemeinde bringen lassen. Für die Frage nach der Relevanz des Milieuansatzes sollte nun von besonderer Bedeutung sein, in welchem Ausmaß sich speziell die Familienbindung in der türkischen Gemeinde inzwischen zurückentwickelt hat, da die Auflösung von Familienstrukturen den entscheidenden Individualisierungsschritt hin zur „postmodernen“ Gesellschaft darstellen dürfte,Footnote 13 deren Vorliegen eben wiederum eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen von unterschiedlichen Orientierungen bei Sinus ist.

Die wenigen quantifizierenden Hinweise, die sich zur Identitätskonstruktion der aus der Türkei Stammenden in Deutschland finden lassen, sprechen dafür, dass die bruchlose Integration potentiell konfligierender Werte und Einstellungen eher selten gelingt (Halm 2007, S. 104; Halm und Sauer 2004) und stattdessen instabile hybride Identitätskonstruktionen vorherrschen. Innerhalb dieser hybriden Identitätsfindungsversuche nehmen wohl traditionelle Orientierungen wiederum einen beträchtlichen Raum ein. Zumindest weisen eine hohe und sogar wachsende Orientierung am Islam auch in der Nachfolgegeneration (Sauer und Halm 2009, S. 90) und eine konstant niedrige interethnische HeiratsrateFootnote 14 hierauf hin, wobei letztere nicht nur auf traditionelle Orientierungen der türkischen Gemeinde in Deutschland hinweist, sondern auch den „Import“ solcher Orientierungen durch Heiratsmigration bedeuten kann. Dabei ist aber zu beachten, dass auf den ersten Blick traditionelle Orientierungen in der Migration nicht per se im Widerspruch zu Individualisierungsprozessen stehen müssen, sondern religiöse Orientierung auch aus individueller Hinwendung der Persönlichkeit zu Spiritualität als Reaktion auf problematische materielle Positionierungssituationen erfolgen kann (Tietze 2001, S. 237) und damit als ein mögliches Ergebnis der Identitätssuche aufzufassen ist.

In der Gesamtheit sind in Deutschland damit zwar dezidiert multikulturelle Orientierungsmuster zu erkennen, aber die Schichtendifferenzierung der türkischen Gemeinde hat bisher nur bedingt stattgefunden und ein individualisierter Wertewandel mit dem Ergebnis stabiler Einwandereridentitäten ist – mit Blick auf den Forschungsstand – eher fraglich. Die hier vorgestellte empirische Studie soll einen Beitrag zur Klärung der Frage leisten, ob in der türkischen Gemeinschaft in Deutschland abgrenzbare, individualisierungstheoretisch begründbare Milieus entstanden sind.

3 Vorgehensweise

Die Daten der hier vorgelegten Studie wurden im Rahmen der im Herbst 2008 durchgeführten repräsentativen Mehrthemenbefragung aus der Türkei stammender Migranten erhoben, die die Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung im Auftrag des Ministeriums Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen seit 1999 jährlichFootnote 15 realisiert. Dabei wurden zum Teil zusätzliche Fragen für das hier diskutierte Thema gestellt. Im Unterschied zu den vorangegangenen Erhebungen, die nur auf Nordrhein-Westfalen beschränkt waren, wurden 2008 zusätzlich zu den 1.000 volljährigen Migranten in Nordrhein-Westfalen mit dem gleichen Erhebungsinstrument und der gleichen Methode repräsentativ 655Footnote 16 volljährige aus der Türkei stammende Migranten in den 15 anderen deutschen Ländern telefonisch befragt. Die Befragten in Nordrhein-Westfalen wurden entsprechend ihres Anteils auf Bundesebene untergewichtet,Footnote 17 so dass 1.000 Fälle aus der Türkei stammender Migranten in Deutschland entsprechend ihrer Verteilung nach Bundesländern in die Auswertung einflossen.

Als Auswahlgrundlage für die zufällige Adressen- bzw. Telefonnummernziehungen türkischer Haushalte diente eine Datenbank, die anhand einer durch die Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung erstellten umfassenden Liste türkischer Vor- und Zunamen aus einem elektronischen Telefonverzeichnis (KlickTel 2008) extrahiert wurde (Telefonbuch-Namensauswahlverfahren). In der so erstellten Datei sind somit auch türkische Privathaushalte enthalten, deren Mitglieder die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Sie umfasst aktuell rund 290.000 Haushalte, aus denen anhand eines computergenerierten Algorithmus für Nordrhein-Westfalen und die restlichen Bundesländer je eine Zufallsstichprobe von 5.000 Haushalten gezogen wurde. Befragt wurde jeweils das Haushaltsmitglied, das als letztes Geburtstag hatte. Die Ausschöpfungsquote lag bei 23 % in NRW und bei 15 % im restlichen Bundesgebiet. Die Repräsentativität der Befragten nach Bundesländern, Alter und Geschlecht wurde anhand der Daten des Mikrozensus 2006 (Statistisches Bundesamt 2008a) geprüft. Die Befragung wurde je nach Wunsch der Interviewpartner in Deutsch oder in Türkisch durchgeführt. Erhoben wurden, neben der Standarddemographie und der Migrationsgeschichte, vierzehn Items, die grundlegende Werte und Einstellungen der Befragten indizieren sollen.Footnote 18 Die Auswahl der Items orientierte sich an im Rahmen der oben zitierten Studien für Deutschland gefundenen Milieus, unter Berücksichtigung der spezifischen Situation aus der Türkei stammender Einwanderer. Die Variablen Erwerbsstatus und NettoäquivalenzeinkommenFootnote 19 wurden herangezogen, um die soziale Lage zu indizieren.

Die Befragten wurden anhand einer hierarchischen Clusteranalyse nach Ähnlichkeiten bezüglich der vierzehn Einstellungsvariablen gruppiert, um verschiedene Wertorientierungen herauszufinden.Footnote 20 Die identifizierten Einstellungscluster wurden in einem zweiten Schritt auf die sozialen Lagen ihrer Angehörigen geprüft, um dann möglicherweise unterschiedliche türkische Milieus in Deutschland unterscheiden zu können.Footnote 21

4 Ergebnisse

4.1 Einstellungen und Sozialstruktur der Befragten

Zunächst werden hier die Ergebnisse zu den Variablen der Einstellungen, die Gegenstand der Clusteranalyse wurden, vorgestellt, ebenso wie die Ergebnisse zur Sozialstruktur, die dann herangezogen werden, um endgültig entscheiden zu können, ob die identifizierten Einstellungscluster soziale Milieus konstituieren.

Die Aufrechterhaltung von Herkunftslandtraditionen ist hoch bedeutsam für die befragte Gruppe. Die Betrachtung der Einstellungen der Befragtengruppe in Gänze ergibt ein widersprüchliches Bild, da in einem tendenziellen Spannungsverhältnis stehende Aussagen gleichermaßen in der breiten Mehrheit der Befragten Zustimmung finden und zum Teil hohe gleichgerichtete Korrelationen aufweisen.Footnote 22 So stimmen 95 % der Befragten voll oder eher der Aussage zu, das Festhalten an der türkischen Tradition (Tradition) sei wichtig.Footnote 23 Immerhin 55 % von ihnen sind aber eher deutschland- als türkeiorientiert (Deutschlandorientierung). Zugleich plädieren 85 % voll oder eher für eine emanzipierte Lebensführung (Emanzipation), aber auch dem Vorrang der Familienehre vor dem Wohl des Einzelnen (Familienehre) stimmt eine große Mehrheit von 68 % noch voll oder eher zu. Nicht mehrheitsfähig unter den Befragten ist der Rückzug von der deutschen Gesellschaft (Segregation) sowie das Tragen des Kopftuchs (Kopftuch) (44 % bzw. 38 % volle und relative Zustimmung), obwohl sich 73 % als eher oder sehr religiös bezeichnen. Zur besseren Übersichtlichkeit stellt Tab. 1 die Einstellungen der Befragten als zusammengefasste und dichotomisierte Variablen (nur zustimmende Antworten: „Stimme voll und eher zu“) dar.Footnote 24

Tab. 1 Zustimmende Antworten zu Aussagen, Einstellungen und Lebensumständen nach Einwanderergenerationen (Prozentwerte)

Diese Daten unterstützen die Annahme der großen Bedeutung von hybriden Identitätskonstruktionen in der untersuchten Gruppe, da offenbar widersprüchliche Einstellungen bei den Befragten kombiniert werden. Die Zustimmungsrate von 60 % zur Aussage, die türkische und deutsche Lebensweise könnten leicht zusammen gebracht werden (Bikulturalität) spricht dafür, dass die Vereinbarung dieser Einstellungen bei einer Mehrheit der Befragten als nicht konfligierend empfunden wird. Eine Differenzierung dieser Aussage nach soziodemographischen Merkmalen bestätigt den oben skizzierten Forschungsstand dabei insofern, als mit steigender Bildung auch die Zustimmung zur leichten Vereinbarkeit der deutschen und türkischen Lebensweise steigt – von den Befragten mit in Deutschland erworbenem Abitur stimmen dieser Aussage überdurchschnittliche 73 % zu (Tab. 2). Womöglich verbirgt sich dahinter, dass mit größerer Reflektionsfähigkeit die Möglichkeit zur Besetzung des „Dritten Stuhls“ zunimmt.

Tab. 2 Zustimmende Antworten zu Aussagen, Einstellungen und Lebensumständen nach deutschen Schulabschlüssen (Prozentwerte)

Eine Ursache für die Entwicklung solcher hybrider Identitätskonstruktionen ist darin zu suchen, dass Menschen nach der Migration dazu tendieren, mit dem Ziel der Identitätsstabilisierung traditionelle Orientierungen in der Migrationssituation noch besonders zu betonen,Footnote 25 ohne dass dies freilich eine Abschottung von der Mehrheitsgesellschaft bedeuten muss. Vielmehr kann im intergenerativen Wandel das Bedürfnis nach Segregation nachlassen, während zugleich traditionelle Orientierungen Bestand haben. So zeigt es sich auch in unserer Analyse: Betrachtet man die Differenzierung der Einstellungen in Tab. 1 nach erster Generation und Nachfolgegeneration,Footnote 26 so fällt zunächst auf, dass ein Großteil der Antworten kaum einem Wandel unterliegt und bei denjenigen Themen, die eine nennenswerte Verschiebung zwischen den Generationen aufweisen, diese eher moderat ausfällt. Dabei gilt es zu beachten, dass hier die Heiratsmigranten bereits aus der Betrachtung herausgenommen wurden. Bei Einbeziehung der Heiratsmigranten nivellieren sich die Unterschiede zwischen den Altersgruppen noch. Auffällig ist, dass die drei Items, bei denen die größte intergenerative Veränderung sichtbar wird (zwischen 19 und 17 % Differenz: Segregation, interkulturelle Beziehungen und Deutschlandorientierung), unmittelbar mit der Interaktion mit der Aufnahmegesellschaft zu tun haben, bzw. explizit das Verhältnis zur Aufnahmegesellschaft ansprechen. Die Nachfolgegeneration tritt der deutschen Gesellschaft deutlich offener gegenüber als die erste Generation.Footnote 27 Trotz dieser größeren Offenheit ist aber die Zustimmung zur Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der türkischen Tradition in der Nachfolgegeneration ebenso ausgeprägt wie bei den Eltern, wobei die Betonung der Bedeutung der Religion bei den jüngeren sogar noch stärker ist. Einzig die Zustimmung zum Konzept der Familienehre fällt in der Nachfolgegeneration maßgeblich geringer aus, während – hierzu im Widerspruch – die insgesamt hohe Zustimmung zu einer emanzipierten Lebensführung in der Nachfolgegeneration geringer ausfällt als bei den Eltern. Andere Items (Leistung, Anerkennung, Status, Sicherheit) lassen sich aufgrund der eher geringen Prozentdifferenz höchstens vorsichtig als Hinwendung der Nachfolgegeneration zu individualisierten, postmateriellen Einstellungen deuten.

Die deutsche Sozialisation hat in der Nachfolgegeneration also zu einer größeren Nähe zur deutschen Gesellschaft geführt, ohne dass dieser Prozess jedoch gleichbedeutend wäre mit der Aufgabe traditioneller Einstellungen oder durchgreifender Individualisierung.

Nicht leicht zu interpretieren ist der Befund, dass erste und zweite Generation mehrheitlich und zu fast gleichen Teilen die Kombination der deutschen und türkischen Lebensweise keineswegs schwierig zu finden scheinen. Es ist davon auszugehen, dass die „Kombinationsnotwendigkeiten“ sich für die beiden Generationen sehr unterschiedlich darstellen können. Je nach sozialem Umfeld, in dem sich die Angehörigen bewegen, und je nach den Erwartungen an die „Anpassungsleistung“ durch die Mehrheitsgesellschaft können Konfliktanlässe unterschiedlich virulent und Bewältigungskompetenz in unterschiedlichem Ausmaß gefragt sein (auf die Bedeutung der Bewältigungskompetenz weist der oben dargestellte Bildungszusammenhang hin) – weshalb sich hinter den im Generationenvergleich ähnlichen Prozentzahlen unserer Befragung vollkommen unterschiedliche soziale Wirklichkeiten verbergen können. Festzuhalten bleibt aber dessen ungeachtet, dass die Annahme des Kulturkonflikts als Regel für die Lebenswirklichkeit von türkischen Migranten und insbesondere für die Nachfolgegeneration durch unsere Daten nicht gestützt wird.

Tabelle 3 zeigt die Sozialstruktur der Befragtengruppe anhand der Indikatoren Erwerbsstatus und Nettoäquivalenzeinkommen. Das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen unter den Befragten beträgt 1.005 EUR (Median 914 EUR), gegenüber einem entsprechenden Einkommen von 1.564 EUR der Bevölkerung in Deutschland insgesamt im Jahr 2005 (Die Bundesregierung 2007, S. 19).

Tab. 3 Erwerbsstatusa und Nettoäquivalenzeinkommenb nach Gruppen (Prozentwerte)

Tabelle 3 zeigt zwar eine Varianz des sozialen Status der Befragten. Wie angesichts des geringen Durchschnittseinkommens zu erwarten, sind die Anteile derjenigen aus der türkischen Gemeinde, die – gemessen an Erwerbsstatus und Einkommen – in der sozialen Schichtung aufgestiegen sind, jedoch relativ niedrig. Die vorhandene Varianz lässt aber grundsätzlich die Möglichkeit der sozialen Hierarchisierung unterschiedlicher Einstellungen zu.

Tatsächlich unterstreichen die Ergebnisse aus Tab. 1 aber die Skepsis bezüglich der Nutzbarkeit des Milieuansatzes für die aus der Türkei stammende Bevölkerungsgruppe, weil sich die intergenerative Transmission traditioneller Orientierungen als zwar selektiv, aber doch hoch bedeutsam erweist und zugleich unklar ist, inwiefern der aus der Studie sichtbar werdende Wandel wirklich den Wandel nachvollzieht, der in der deutschen Gesellschaft durch Individualisierung in Form der Auflösung von familiären Bezügen und der Hinwendung zu postmaterialistischen und postmodernen Orientierungen diagnostiziert wurde. Denn diesen Wandel hat der Milieuansatz zur Voraussetzung. Es gilt also zu fragen, inwieweit sich die Einstellungen der aus der Türkei Stammenden sinnvoll nach Gruppen differenzieren lassen.

4.2 Analyse der EinstellungsvariablenFootnote 28

Die Elbow-Methode, der die relative Reduzierung des Heterogenitätsmaßes in jedem Differenzierungsschritt der Clusteranalyse zugrunde liegt,Footnote 29 legt eine Auflösung in neun Gruppierungen nahe, eine Zahl, die der Größenordnung in anderen Milieustudien entspricht.Footnote 30 Im Folgenden werden die neun Gruppen unter Bezug auf diejenigen Items dargestellt, durch welche sie im Rahmen der Befragung konstituiert werden.Footnote 31 Cluster 1 ist das größte mit 18 % der Stichprobe, Cluster 9 das kleinste mit 6 %. Die Tabs. 4 und 5 zeigen im Detail die Charakteristika der neun Gruppen hinsichtlich der 14 zugrunde gelegten Items. In Tab. 6 sind die soziodemographischen Charakteristika der Angehörigen der einzelnen Gruppen abgetragen. Die folgende Darstellung fasst die für die gewählte Differenzierung konstitutiven Themen zusammen und charakterisiert die Cluster mit Blick auf die Soziodemographie.

Tab. 4 Item-Beurteilung (Trifft voll zu) nach Clusterzugehörigkeit (Prozentwerte)
Tab. 5 Einstellungen nach Clusterzugehörigkeit (Spaltenprozent)
Tab. 6 Soziodemographische Merkmale nach Clusterzugehörigkeit (Spaltenprozent)

Cluster 1Footnote 32 (18 % der Stichprobe): Die Befragten in dieser Gruppe lehnen die Notwendigkeit zur Segregation von der deutschen Gesellschaft überdurchschnittlich häufig ab, betonen aber zugleich in besonderem Maße die Bedeutung der Aufrechterhaltung der Familienehre. Die leichte Vereinbarkeit von deutscher und türkischer Lebensweise wird vergleichsweise häufig empfunden. Die Angehörigen dieser Gruppe stehen überdurchschnittlich häufig mit der Mehrheitsgesellschaft in Kontakt und rekrutieren sich überdurchschnittlich oft aus Männern der Nachfolgegeneration mit durchschnittlichem Bildungsstand. Diese Gruppe vereint Angehörige eines deutschlandorientierten, wenig mit Identitätskonflikten belasteten „Mainstreams“, der dessen ungeachtet an traditionellen Wertvorstellungen festhält.

Cluster 2 (14 %): Diese Gruppe ist gekennzeichnet durch eine durchgängige Bejahung der türkischen Tradition und Familienehre, in Verbindung mit dem ebenso durchgängigen Plädoyer dafür, diese Tradition durch Schaffung von Distanz zur deutschen Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Das Tragen des Kopftuchs wird von fast allen Befragten begrüßt, und die Verteidigung der Familienehre überdurchschnittlich häufig gefordert. Zugleich sind fast alle Angehörigen dieser Gruppe statusorientiert. Gleichzeitig wird unterdurchschnittlich häufig die Kombination der deutschen und türkischen Lebensweise als problematisch empfunden – was sich vermutlich aus der Zurückgezogenheit der Klientel in die Gemeinde erklärt. In Cluster 2 finden sich hoch religiöse Befragte mit sowohl leicht überdurchschnittlichem Anteil von Frauen als auch der 1. Einwanderergeneration sowie mit vergleichsweise geringer Bildung.

Cluster 3 (14 %): In dieser Gruppe wird das Tragen des Kopftuches fast durchgängig abgelehnt, ebenso wie die Vorstellung einer Notwendigkeit zur Segregation von der Aufnahmegesellschaft. Die Befragten rekrutieren sich hier jeweils leicht überdurchschnittlich aus Männern der 1. Einwanderergeneration und Befragten mit höherer Bildung. In Cluster 3 finden sich eher von der Religion distanzierte, ältere Befragte, deren Einstellungen mit einer türkisch-kemalistischen, in diesem Sinne „modernen“ Lebensweise korrespondieren, die weniger durch die deutsche Sozialisation als vielmehr durch den türkischen Migrationshintergrund geprägt wird.

Cluster 4 (11 %): Hier lehnen die Befragten einheitlich das Tragen des Kopftuches und die Verteidigung der Familienehre sowie die Segregation von der deutschen Gesellschaft ab. Die Problematik der Vereinbarung der deutschen und türkischen Lebensweise wird überdurchschnittlich häufig als gering empfunden, aufgrund des Vorhandenseins ausgeprägter persönlicher Ressourcen zur Konfliktbewältigung: Die Gruppe setzt sich primär aus wenig religiösen Angehörigen der Nachfolgegeneration mit stark überdurchschnittlicher Bildung zusammen. Sie repräsentiert die assimilierte Gruppe der Jungen aus der Türkei stammenden mit ausgeprägter Deutschlandorientierung außerhalb der türkischen Gemeinde.

Cluster 5 (10 %): Diese Gruppe antwortet ähnlich wie Cluster 1, unterscheidet sich von diesem aber insbesondere dadurch, dass von ihren Mitgliedern fast einheitlich die Notwendigkeit zur Segregation von der deutschen Gesellschaft zum Zwecke der Aufrechterhaltung von Tradition und Familienehre propagiert wird. Die Befragten sind leistungs- und statusorientiert, unterscheiden sich aber hinsichtlich der soziodemographischen Merkmale von den Angehörigen von Cluster 1 durch einen überdurchschnittlichen Frauenanteil und überdurchschnittlich häufige Zugehörigkeit zur ersten Einwanderergeneration. Die vergleichsweise geringen Schwierigkeiten, die deutsche und türkische Lebensweise zu vereinen, haben sie mit Cluster 1 gemeinsam. Plausiblerweise ist die unterschiedliche Generationenprägung der entscheidende Distinktionsfaktor zwischen Cluster 1 und Cluster 5. Die jüngeren Angehörigen von Cluster 1 zeichnen sich durch eine stärkere Interaktion mit der deutschen Gesellschaft aus, ohne dass dies mit einem grundlegenden Wertewandel verbunden wäre.

Cluster 6 (9 %): Die Angehörigen von Cluster 6 vertreten fast durchgängig eine selbstbestimmte, von den Erwartungen der Gemeinde unabhängige Lebensweise und unterscheiden sich so klar vom Durchschnitt der Befragten. Zugleich ist ihnen die Betonung der Bedeutung des gesellschaftlichen Status gemeinsam. In dieser Gruppe finden sich überdurchschnittlich häufig weibliche Angehörige der Nachfolgegeneration. Sie vereint Angehörige mit vergleichsweise starken Identität- und Orientierungsproblemen, gekennzeichnet durch überdurchschnittliche Interaktion mit der Aufnahmegesellschaft und zugleich unterdurchschnittlich häufiger Empfindung, die deutsche und türkische Lebensweise seien leicht zu vereinbaren.

Cluster 7 (9 %): In dieser Gruppe wird einhellig das Tragen des Kopftuchs befürwortet, ebenso wie die Aufrechterhaltung türkischer Tradition. Gemeinsam haben die Angehörigen dieser Subgruppe auch die Betonung materieller Existenzsicherheit. Altersverteilung und Generationszugehörigkeit sind unspezifisch, während geringe Bildungsabschlüsse überdurchschnittlich häufig auftreten. Es ist eine sehr religiöse, marginalisierte und zugleich traditionsbewusste Gruppe mit seltener Interaktion mit der Aufnahmegesellschaft ohne soziodemographische Spezifika. Vom ansonsten ähnlichen Cluster 5 unterscheiden sich die Befragten in dieser Gruppe durch die einhellig berichteten Schwierigkeiten, deutsche und türkische Lebensweise überein zu bringen.

Cluster 8 (9 %): Die Angehörigen dieser Gruppe vereint die einhellige Ablehnung des Tragens des Kopftuch sowie der Segregation von der deutschen Gesellschaft, aber auch die überdurchschnittliche Betonung der Aufrechterhaltung der Familienehre. In dieser Gruppe finden sich überdurchschnittlich oft hoch gebildete Männer der ersten Einwanderergeneration. Es ist eine marginalisierte Gruppe, die trotz geringer Orientierung an Religion und türkischer Tradition nicht nur am Rand der türkischen Gemeinde, sondern auch der deutschen Gesellschaft steht, ohne jedoch so etwas wie „parallelgesellschaftliche“ Strukturen herauszubilden. Der Referenzpunkt der Identität ist das Private.

Cluster 9 (6 %): In dieser Gruppe finden sich Befragte, die die Betonung der Notwendigkeit der Segregation von der deutschen Gesellschaft, die Aufrechterhaltung türkischer Tradition, die überdurchschnittliche Zustimmung zur Notwendigkeit der Verteidigung der Familienehre und die Schwierigkeit der Vereinbarung deutscher und türkischer Lebensweise gemeinsam haben. Zugleich ist diese Gruppe einhellig leistungsorientiert und ebenso lehnt sie einhellig das Kopftuch ab. Diese Gruppe antwortete ähnlich wie Cluster 2, wobei der Hauptunterschied in der Betonung von Leistung anstatt von Status liegt. Noch deutlicher als Cluster 2 handelt es sich hier um eine subkulturelle Gruppe ohne Beziehungen zur Aufnahmegesellschaft.

Die Durchsicht der im Rahmen unserer Studie identifizierten Gruppen macht deutlich, dass diese sich weniger in der Folge einer Hinwendung zu individualisierten „postmodernen“ Einstellungen wie Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, als vielmehr höchstens entlang von Merkmalen der Migrationssituation differenzieren, speziell in Bezug auf ihre Nähe zur Aufnahmegesellschaft. Bedeutend für die Relevanz des Milieuansatzes für die Beschreibung der Gruppen ist, dass von den fünf der vierzehn Items, die migrationsunabhängig potentiell „postmoderne“ Einstellungen indizieren könnten (Leistung, Anerkennung, Sicherheit, Status und Emanzipation), nur drei jeweils eine Gruppe konstituieren (Cluster 6, 7 und 9), und auch das nur unter anderem. Dabei handelt es sich um Cluster, die zusammengenommen nur einen geringen Anteil der Stichprobe abbilden (24 % insgesamt).

4.3 Soziale Lage und Wertorientierungen – Identifizierung von Milieus

Der Milieuansatz von Sinus verbindet „Grundorientierungen“ mit den sozialen Lagen und differenziert im Unterschied zum Schichtmodell verschiedene Muster innerhalb einer Schicht. Zugleich können die Muster aber auch über Schichten hinausgreifen. Inwieweit lassen sich nun die von uns identifizierten Einstellungsmuster sozialen Lagen zuschreiben und somit tatsächlich Milieus identifizieren? Die soziale Lage der Angehörigen der von uns identifizierten neun Gruppen wird anhand des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens und des Erwerbsstatus geprüft (Tab. 7).

Tab. 7 Durchschnittliches Nettoäquivalenzeinkommen und Erwerbsstatus nach Einstellungsclustern

Die gruppenspezifische Verteilung der durchschnittlichen Einkommenshöhen ebenso wie der Erwerbsstatus zeigen, dass sowohl die Angehörigen der als assimiliert beschriebenen Gruppen, aber auch die Vertreter des „Mainstreams“ und die kemalistisch Orientierten ein überdurchschnittliches Einkommen und einen höheren Erwerbsstatus aufweisen (Cluster 4, 1 und 3). Allerdings lässt sich anhand des Medians für die Angehörigen von Cluster 1 und 4 erkennen, dass ein Großteil unterhalb des Durchschnittswertes liegt und einige deutlich darüber, die Einkommensverhältnisse in dieser Gruppe also eine disparate Verteilung aufweisen.

Zugleich finden sich die Angehörigen der als marginalisiert beschriebenen Einstellungsgruppen am unteren Ende der Einkommensskala wieder (Cluster 7, 2, 5 und 8) und der Erwerbsstatus erweist sich als eher gering mit hohen Arbeitslosen- und Arbeiteranteilen. Die individualisierten, statusorientierten Angehörigen von Cluster 6, die zugleich starke Orientierungsprobleme bei intensiver Interaktion mit der Aufnahmegesellschaft haben, verfügen zwar ebenfalls über ein hohes Durchschnittseinkommen, der Median verweist jedoch auf eine starke Ungleichverteilung, auf die auch der Erwerbsstatus dieser Gruppe hinweist. In dieser Gruppe finden sich sowohl überdurchschnittlich viele Arbeitslose als auch ein leicht überdurchschnittlicher Anteil Angestellter.

Unabhängig von diesen, bei Annahme des Vorliegens gewisser Assimilationstendenzen erwartbaren, allerdings schwachen Zusammenhängen ist aber auffällig, dass die tatsächliche Varianz zwischen den Gruppen bezüglich des durchschnittlichen Einkommens und des Erwerbsstatus die potentielle, oben dargestellte Bandbreite der Verteilung in der Stichprobe insgesamt nicht annähernd abbildet. Es ergibt sich trotz der unterschiedlichen Durchschnittseinkommen und des Erwerbsstatus kein Cluster, in dem weit überwiegend Hoch- oder Geringverdiener bzw. strukturell Ausgeschlossene oder beruflich Hochpositionierte vereint sind. Dieser Befund ist plausibel, weil sich die Gruppen eben primär aus migrationsbestimmten Items bestimmen, nicht aus migrationsunabhängigen Merkmalen, die „postmoderne“, auch in der Gesamtgesellschaft vorfindbare Einstellungen indizieren, die nach dem Milieuansatz auch durch die soziale Lage beeinflusst sind. Solche Milieus lassen sich anhand der hier vorgestellte Studie für die aus der Türkei stammende Gruppe in Deutschland aber nicht nachweisen.

5 Diskussion und Fazit

Die hier vorgestellte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die in der aus der Türkei stammenden Bevölkerung in Deutschland vertretenen Einstellungen sich zwar deutlich nach dem Verhältnis zur Mehrheitsgesellschaft differenzieren, jedoch nur gering mit Blick auf das Verhältnis zur türkischen Tradition, muslimische Religiosität und „postmoderne“ Einstellungen indizierende Items. Die aus der Türkei Stammenden in Deutschland unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Nähe zu Deutschland, nicht aber hinsichtlich eines analog zur deutschen Bevölkerung stattfindenden Wertewandels. Die Streuung der identifizierten Einstellungsgruppen über die soziale Lage ist zugleich gering ausgeprägt, während sich die vorfindbare Differenzierung aus dem Grad der Assimilation der Befragten vor der Folie der eingangs skizzierten Befunde der Migrationsforschung erklären lässt. Die Nähe zur deutschen Gesellschaft in Form von Kontakten begünstigt bessere gesellschaftliche Platzierungen, die aber nicht unbedingt in deutschen Identitätskonstruktionen und Einstellungen münden – insbesondere nicht in postmateriellen, „postmodernen“ Grundhaltungen.Footnote 33 Bemerkenswert ist, dass traditionelle Einstellungen kaum Erklärungswert für die Nähe bzw. Distanz zur deutschen Gesellschaft haben. Unabhängig von der Hinwendung zu Deutschland bleiben, ganz im Sinne Bernhards Naucks, innerfamiliäre Wertetransmissionen als Orientierungs- und Stabilisierungsfaktoren intakt. Auch Personen mit traditionellen und religiösen Einstellungen können in intensivem Austausch mit der Mehrheitsgesellschaft stehen. Somit ergibt sich in der aus der Türkei stammenden Gemeinde kein Gegensatz zwischen der Wertschätzung der Herkunftstradition und der Nähe zur Aufnahmegesellschaft oder der Bejahung postmaterialistischer oder moderner Werte. Der konstituierende Gegensatz („cleavage“) liegt eher zwischen mehrheitsgesellschaftlicher Inklusion oder Exklusion.

Vergleicht man diese Befunde mit den eingangs referierten acht Milieus, die Sinus Sociovision 2009 für die aus der Türkei stammende Bevölkerung in Deutschland vorgestellt hat, so fällt auf, dass sich kaum Gemeinsamkeiten ergeben. Merkmale, die bei Sinus Milieus konstituieren, zeigen sich in der hier vorgestellten Studie über die Gruppen hinweg. Soziale Lage einerseits und Grundorientierungen andererseits konstituieren bei uns im Gegensatz zu Sinus keine Milieus in der Gruppe der aus der Türkei Stammenden in Deutschland. Vielmehr legt unsere Auswertung ganz andere Kriterien nahe, nach denen sich die aus der Türkei Stammenden in Deutschland differenzieren lassen – und dies sind eher Kategorien, die die Migrationssoziologie etabliert hat (Inklusion/Exklusion, Assimilation/Segregation, Akkulturation, Identität). Diese sind nicht ohne weiteres in einen Milieuansatz integrierbar, der sich, wie der von Sinus, individualisierungstheoretisch ableitet. Vielmehr wären Migrantenmilieus identitätstheoretisch zu begründen und dann zwingend nur in Zusammenschau mit einem die Gesamtgesellschaft beschreibenden Milieumodell sinnvoll.

Eingangs wurde darauf hingewiesen, dass die für repräsentative Studien in der Regel notwendige standardisierte Erhebung von Einstellungen und Werten nicht unbeträchtliche Validitätsprobleme aufwirft – ein Argument, das man auch den hier vorgestellten Daten entgegen halten könnte. Es ist daher um so wichtiger zu betonen, dass sich die hier vorgestellten Befunde widerspruchslos in den eingangs dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnisstand zum Identitätswandel in der Gemeinde der aus der Türkei stammenden Einwanderer einfügen, ebenso wie die Erkenntnisse zur Sozialstruktur mit den bekannten Daten korrespondieren. Dies spricht für die Validität des eingesetzten Instruments, um so mehr, als der von uns vorgenommene Abgleich der Einstellungscluster mit der Schichtendifferenzierung die von der Integrationstheorie erwarteten Ergebnisse zeigt: Die niedrigsten Einkommen und den niedrigsten Erwerbsstatus weisen diejenigen Gruppen auf, die in besonderem Maße segregiert von der Mehrheitsgesellschaft leben. Dreh- und Angelpunkt der hier vorgestellten Analyse ist, neben der geringen Schichtendifferenzierung, die untergeordnete Rolle der „postmodernen“ Einstellungen für die Konstituierung der Einstellungscluster, die darin begründet ist, dass solche Einstellungsmuster in der untersuchten Gruppe kaum vorkommen (s. Kap. 4.1.).

Man könnte gegen die hier vorgestellte Studie einwenden, dass eine größere Stichprobe als die 572 in die Analyse eingeflossenen Befragten zu einer deutlicheren Differenzierung hinsichtlich der Gruppe durch das Vorhandensein „postmoderner“ Einstellungen führen würde. Allerdings lässt die ausgesprochen geringe Bedeutung der entsprechenden Variablen in unserer Studie es unplausibel erscheinen, dass mit einer größeren Stichprobe ein tatsächlich klarer Schwenk zur Dominanz solcher Themen in der Analyse verbunden wäre.

Die hier vorgestellten Befunde weisen auf einen Bedarf an Diskussionen über die Frage hin, ob die aus der Türkei stammende Gemeinde in Deutschland mit dem Milieuansatz sinnvoll beschrieben werden kann und sich die Einstellungsmuster aus der Türkei stammender Migranten nicht an ganz anderen Fragen konstituieren als an der Spaltung zwischen postmaterialistischen und traditionellen Wertorientierungen, wie es in der einheimischen Bevölkerung der Fall sein soll. Bekommt nämlich beispielsweise die traditionelle Orientierung in der Migration einen besonderen identitätsstiftenden Charakter, der eben migrationspezifisch ist, so ist dies unvereinbar mit dem Milieuansatz, denn dieser unterstellt ja eine breite Differenzierung hinsichtlich der Einstellungen. Die Ergebnisse der hier vorgestellten Studie wie auch der weitere wissenschaftliche Erkenntnistand lassen das Milieukonzept als ungeeignet für die Erfassung der Lebenswirklichkeit der Gruppe erscheinen.

Dies muss nicht auf alle Zeit so bleiben. Dass die Analyse unserer Daten nicht zur Identifikation von Einstellungsmilieus führt, hat auch damit zu tun, dass die Wertetransmission auf die Nachfolgegeneration durch diejenigen, die eine türkische Sozialisation und eine starke Orientierung auf die Herkunftskultur aufweisen, noch gut funktioniert. Der bisher geringe intergenerative Wandel wird nicht zuletzt durch Familiennachzug in Form von Heiratsmigration verlangsamt. Insofern ist die türkische Migration nach Deutschland trotz ihrer 50-jährigen Geschichte noch immer ein junges Phänomen und eine weitere Ausdifferenzierung von Einstellungen und Werthaltungen sowie die sozialstrukturelle Differenzierung sind in Zukunft sehr wohl möglich.