1 Der Ausgangspunkt

Die aktuelle akademische Forschung zur häuslichen Arbeitsteilung in Paarbeziehungen ist leider nicht so aussagekräftig, wie man das zur Bewertung von Theorien gerne hätte. Zwar gibt es mittlerweile eine große Fülle an (inter)nationalen Untersuchungen, die darüber informieren, wie die Hausarbeit in Paaren verteilt wird. Jedoch handelt es sich dabei fast ausnahmslos um die Analyse von Zuständen auf der Grundlage von Querschnittsdaten. Mit unserer Längsschnittstudie Wie verändert sich die häusliche Arbeitsteilung im Eheverlauf? haben wir versucht, diesen unbefriedigenden Zustand zu überwinden und, wie wir selbst schreiben, „einen ersten Schritt in eine neue Richtung“ (Schulz und Blossfeld 2006: 47) zu gehen. Dazu haben wir die Arbeitsteilung im Haushalt als dynamisches Phänomen mit Prozesscharakter konzeptualisiert und mit dem statistischen Instrumentarium der Ereignisanalyse im Längsschnitt empirisch analysiert. Ziel war es, die sozialen Mechanismen, die die Veränderung der Aufteilung der Hausarbeit in Paarbeziehungen hervorbringen, besser zu verstehen.

2 Die Kritik am ersten Schritt

Kopps (2009) Anmerkungen zu unserem Papier sind methodisch motiviert und konzentrieren sich auf drei Aspekte: „erstens die Wahl der abhängigen Variablen, zweitens den Zusammenhang zwischen theoretischen Argumenten und konkreten Operationalisierungen sowie drittens … die Wahl des Analyseverfahrens“ (vgl. kopps ausführliche Begründungen dazu in diesem Heft der KZfSS). Um es gleich vorweg und deutlich zu sagen: Er hat mit seinen Hinweisen Recht. Betrachtet man den Beitrag, um den es hier geht, isoliert, so ist Kopps Kritik äußerst konstruktiv, da sie genau die Aspekte auf den Punkt bringt, an denen eine weiterführende Untersuchung von Arbeitsteilungsprozessen nach unserer Analyse in der KZfSS ansetzen sollte. Weil unsere KZfSS-Studie allerdings nur der Ausgangspunkt weiterer Analysen im Rahmen unseres Forschungsprojekts war, stehen Kopps Hinweise jedoch nur scheinbar im Widerspruch zu unserer Arbeit.

Da in der Literatur derzeit diejenigen Theorien dominieren, nach denen die Männer sich gewissermaßen „automatisch“ stärker an der Hausarbeit beteiligen, wenn sich die Ressourcen ihrer Frauen verbessern, haben wir uns in unserem Projekt zunächst auf das Phänomen der Zunahme der männlichen Beteiligung im Haushalt konzentriert. Dies ist aufgrund unserer theoriegeleiteten Herangehensweise, die an der Erklärungskraft der ressourcenbasierten Theorien ansetzt, nur konsequent, da wir genau an den Prognosen dieser Theorien ansetzen. Angesicht dessen wurden wir von unseren Befunden sicherlich überrascht: (1) Enttraditionalisierungsprozesse im Eheverlauf sind offenbar nur von geringer empirischer Relevanz, (2) die Neigung zu größerer Beteiligung der Männer im Eheverlauf steigt nicht, sondern sie nimmt im Eheverlauf sogar ab, und schließlich (3) die ökonomischen Ressourcen haben offensichtlich keinen Einfluss auf diesen Prozess. Diese Befunde sind recht klare Hinweise darauf, dass die Vorhersagen der symmetrischen, ökonomisch inspirierten Ansätze zur Erklärung von Enttraditionalisierungsprozessen nicht zutreffen. Insofern haben wir in unserem KZfSS-Artikel die richtigen Schlussfolgerungen gezogen. Aber Kopp hat mit seinem Einwand auch Recht, wenn er fragt: Aber was erklärt die Traditionalisierungsprozesse? Die Untersuchung der Determinanten von Enttraditionalisierungsprozessen ist in der Tat nur die eine Seite der Medaille. Die offensichtliche Tatsache, dass es im Eheverlauf und besonders beim Übergang zur Elternschaft eher zu einer Traditionalisierung kommt, kann demnach nicht alleine die Folge einer rückläufigen Neigung zu stärkerem männlichen Engagement sein. Die Lage ist also noch viel „hoffnungsloser“ als viele Forscher meinen. Wir haben es mit einem zunehmenden Rückzug der Männer aus dem Haushaltsbereich zu tun, der vor dem Hintergrund des sozialen Wandels der relativen geschlechtsspezifischen Ressourcenverhältnisse der Ehepartner einer Erklärung bedarf. Insofern kann unser Beitrag natürlich nur den ersten Schritt der Analyse der Dynamik der Arbeitsteilung im Eheverlauf darstellen, den wir aber in einem zweiten Schritt bereits um genau diejenigen Analysen ergänzt haben, die Kopp in seiner Kritik fordert.

3 Der zweite Schritt unserer Analyse

In unserer Studie Was erklärt die Traditionalisierungsprozesse häuslicher Arbeitsteilung im Eheverlauf: soziale Normen oder ökonomische Ressourcen? (Grunow et al. 2007) haben wir, wie von Kopp vorgeschlagen, erstens die Traditionalisierung der häuslichen Arbeitsteilung im Eheverlauf als abhängige Variable gewählt. Hier zeigt sich zuvorderst, dass die Bereitschaft von Männern, sich an den Haushaltsarbeiten zu beteiligen, im Eheverlauf deutlich abnimmt. Diese Dynamik resultiert einerseits daraus, dass sich traditionell organisierte Paare im familienökonomischen Sinn weiter spezialisieren, und sich andererseits selbst vormals partnerschaftlich orientierte Paare in die traditionelle Richtung bewegen. Während sich die ökonomische Erwerbs- und Ressourcenverteilung im Paar hinsichtlich einer größeren Beteiligung der Männer als statistisch nicht signifikant erwiesen haben (Schulz und Blossfeld 2006), werden Traditionalisierungsprozesse schon von ökonomischen Faktoren mit beeinflusst, allerdings in einer geschlechtsspezifisch asymmetrisch vorstrukturierten Art und Weise. Kontrolliert man jedoch für die Familiensituation, d. h. den Übergang zur Elternschaft, so verlieren die ökonomischen Ressourcen weitgehend ihre Bedeutung. Die mit der Geburt eines Kindes einhergehende Neigung zur Traditionalisierung bei der Hausarbeit vollzieht sich offenbar, unabhängig von den relativen Ressourcen der Partner, als Konsequenz der normativ und institutionell vorstrukturierten Übernahme der Mutter- und Vaterrollen vor dem Hintergrund eines traditionellen normativen Bezugsrahmens, wie er in Westdeutschland noch immer beobachtet werden kann. Zusätzlich zur Auswahl der anderen abhängigen Variable haben wir zweitens, ganz im Sinne einer besseren Abstimmung zwischen Theorie und Operationalisierung, mit den von Kopp angeregten Veränderungen in den unabhängigen Variablen gearbeitet sowie im Zuge dessen in Form einer Panelanalyse, drittens, zusätzlich auch ein anderes statistisches Verfahren eingesetzt. Unsere inhaltlichen Schlussfolgerungen des KZfSS-Aufsatzes verändern sich dadurch aber nicht.

Zusammengenommen hat sich unsere Herangehensweise an die häusliche Arbeitsteilung mit Blick auf die Theorie recht gut bewährt. Zum einen konnten wir zeigen, dass die Verteilung der Hausarbeit tatsächlich weit weniger statisch ist als es die Vielzahl an Querschnittsstudien suggeriert. Zum anderen hat die getrennte Analyse der entgegengerichteten Prozesse von Enttraditionalisierung (Schulz und Blossfeld 2006) und Traditionalisierung (Grunow et al. 2007) gezeigt, dass es sich dabei offenbar um Prozesse mit unterschiedlicher normativer Bedeutung handelt, deren Einflussfaktoren unterschiedlich sind und jedenfalls nicht wesentlich durch ökonomische Ressourcenkonstellationen beeinflusst werden.

4 Auf dem Weg zu einer „modernen“ Forschung zur Arbeitsteilung im Haushalt

Ob es uns vor diesem Hintergrund nun gelungen ist, wie von Kopp gefordert, einen „korrekten Test“ zwischen verschiedenen Theorieansätzen vorzulegen, mag an dieser Stelle jeder Leser für sich selbst entscheiden. Wir betrachten solche Untersuchungen allemal nicht als „strikte Tests“, sondern als empirische Evidenzen, die eher für oder gegen bestimmte theoretisch behauptete Mechanismen sprechen. In diesem Sinne haben wir deutliche Hinweise darauf gefunden, dass sich die ökonomischen Theorien mit ihren geschlechtersymmetrischen Annahmen offenbar nicht sehr gut zur Erklärung der Dynamik der häuslichen Arbeitsteilung im Eheverlauf eignen. In der Realität scheinen nach wie vor soziale Normen und Institutionen, traditionelle Vorstellungen und Leitbilder vom Familienleben sowie kulturelle Trägheiten im Geschlechterarrangement maßgebliche Determinanten für die Dynamik der Verteilung der Hausarbeit zwischen Frauen und Männern zu sein. Herauszufinden, warum das so ist, welche Bedeutung dabei der Übergang zur Elternschaft für die beteiligten Akteure hat und wie die Männer und Frauen die Traditionalisierung bei der Geburt eines Kindes wahrnehmen, subjektiv begründen und rationalisieren, muss die vorrangige Aufgabe zukünftiger Forschung auf diesem Gebiet sein. Zudem muss in diesem Zusammenhang vor dem Hintergrund unserer Forschungsergebnisse geklärt werden, warum ökonomische Ressourcen eine so geringe Rolle spielen und in welcher Form die geschlechtsspezifische Zuordnung bestimmter Tätigkeiten jenseits einer „verbalen Aufgeschlossenheit“ für Egalität noch immer reproduziert wird.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es sicherlich neuer theoretischer Ideen und quantitativer Modellierungen (wie sie von Kopp angeregt wurden), aber zuvorderst erst einmal Daten, mit denen sich die bisherigen Erkenntnisse der theoriegeleiteten Forschung angemessen bewerten lassen. Im Zuge der Fortsetzung des DFG-Projekts „Innerfamiliale Arbeitsteilung als Prozess“ wenden wir uns im Übrigen seit Dezember 2008 genau diesen Fragestellungen mit qualitativen Verfahren zu.