1. Einleitung

Die Abkürzung LAT für „living apart together“ wurde 1978 vom niederländischen Journalisten Michel Berkiel in einem Artikel in der Haagse Post eingeführt und wird seitdem in der sozialwissenschaftlichen Literatur verwendet. Während LAT-Partnerschaften früher eher von Künstlern, Intellektuellen und Bohémiens gepflegt wurden, zeigen neuere soziologische Studien, dass sie in westlichen Kulturen inzwischen von breiteren Teilen der Bevölkerung gelebt werden (z. B. Deutschland: Schneider/Ruckdeschel 2003; Großbritannien: Ermisch 2000, Haskey 2005; Skandinavien: Levin/Trost 1999; Kanada: Milan/Peters 2003). Es gibt viele Hinweise darauf, dass LAT-Partnerschaften aus ganz unterschiedlichen Gründen eingegangen werden, wobei die Gründe stark mit dem Alter zu variieren scheinen (Ermisch 2000; Haskey 2005; Schneider/Ruckdeschel 2003). Die vorliegende Studie setzt hier an und testet auf der Grundlage einer Unterscheidung von drei LAT-Formen drei Hypothesen zu Alters- und Kohortenabhängigkeit von LAT.

2. LAT im Kontext der Pluralisierung und Individualisierung der Lebensform

Lebensform wird in den Sozialwissenschaften als Oberbegriff zur Beschreibung vielfältiger Formen der Lebens- und Beziehungsgestaltung verwendet. In dieser Studie geht es um den Aspekt der Gestaltung von partnerschaftlichen Beziehungen, eingeschlossen das Fehlen solcher Beziehungen bei Alleinlebenden. Empirische Studien legen für Westeuropa eine Pluralisierung der partnerschaftlichen Lebensformen nahe (Klein 1999; Klein et al. 2002), z. B. der Kohortenvergleich im Familiensurvey 2000 von Brüderl und Klein (2003). Diese Pluralisierung wird zudem oft als selbstgewählt interpretiert (Individualisierung der Lebensformen; vgl. kritisch Bertram 1995; Diewald 1991; Huinink/Wagner 1998).

Der Schluss von der Pluralisierung auf die Individualisierung ist ohne unterstützende psychologische Daten nicht zwingend. Wenn z. B. LAT als ein Ausdruck der Pluralisierung der Partnerschaftsformen zunimmt, könnte dies an einem zunehmenden empfundenen ökonomischen Druck zur Führung getrennter Haushalte aufgrund erhöhter Arbeitslosigkeit oder Differenzierung von Ausbildungs- und Arbeitsanforderungen liegen und/oder an einem zunehmenden Anspruch an Selbstverwirklichung unabhängig vom Partner.

Von der angenommenen Individualisierung wird häufig auf eine zunehmende Vereinzelung der Gesellschaft geschlossen (Beck 1986; Beck-Gernsheim 1994). Eine zunehmende Pluralisierung oder Individualisierung kann jedoch auch bedeuten, dass die Formen der Partnerschaftsgestaltung vielfältiger oder stärker selbstbestimmt werden, ohne dass Partnerschaften seltener werden oder an Attraktivität verlieren. So könnte die gut dokumentierte Abnahme der ehelichen Lebensgemeinschaften durch eine Zunahme an (nichtehelicher) Kohabitation und LAT vollständig kompensiert werden.

Aus psychologischer Sicht leidet die Debatte um Pluralisierung, Individualisierung und Vereinzelung vor allem an dem Problem, dass als Grundeinheit der empirischen Sozialforschung fast immer der Haushalt genommen wird, nicht aber die Partnerschaft selbst. Die resultierende Dreierklassifikation in eheliche Lebensgemeinschaft, uneheliche Lebensgemeinschaft und alleinlebend ignoriert LAT-Partnerschaften zwischen verschiedenen Haushalten; „alleinlebend“ bedeutet in der Dreierklassifikation allenfalls „alleinwohnend“, aber nicht unbedingt partnerlos.

Nur eine Viererklassifikation in alleinlebend, LAT und nichtehelich oder ehelich zusammenwohnend trägt der Tatsache Rechnung, dass viele Alleinwohnende gar nicht alleinlebend sind, sondern sich in einer LAT-Partnerschaft befinden. Gleichzeitig wird das Missverständnis beseitigt, dass (nicht)eheliche Lebensgemeinschaften nur zwischen Mitgliedern desselben Haushaltes bestehen können; auch eine LAT-Partnerschaft ist ja eine Lebensgemeinschaft und kann in seltenen Fällen auch von Ehepartnern geführt werden. Diese Viererklassifikation liegt der vorliegenden Studie zugrunde.

3. Vorhandene Studien zu LAT

Wegen der Fokussierung auf den Haushalt als Einheit der Analyse sind Daten über LAT aus den meisten großen sozialwissenschaftlichen Erhebungen nicht erhältlich. Das gilt auch für Deutschland. Fragen nach LAT-Partnerschaften waren zwar für das ab 2005 geltende Mikrozensusgesetz vorgesehen, wurden aber im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen (Lengerer et al. 2005: 41). Eine Ausnahme sind die Familiensurveys 1994 und 2000, in denen nach LAT-Partnerschaften gefragt wurde (Schneider 1996; Schneider/Ruckdeschel 2003), wobei zu beachten ist, dass in den meisten Analysen nur Befragte im Alter von 18 - 61 Jahren in LAT-Partnerschaften mit mindestens einem Jahr Dauer berücksichtigt wurden. Danach leben ca. 9 Prozent der Befragten in solchen stabileren LAT- Partnerschaften, wobei der Anteil mit dem Alter von 15 Prozent für 18- bis 24-Jährige auf 4 Prozent für die Befragten ab dem Alter von 30 Jahren abnimmt. Überwiegend handelt es sich um eine Partnerschaftsform vor Zusammenziehen, Ehe und Elternschaft, aber bei immerhin 20 Prozent der LAT-Befragten im Jahr 2000 handelte es sich um eine nacheheliche Form der Partnerschaft und bei 61 Prozent der Befragten ab dem Alter von 30 Jahren um die zweite oder eine weitere Partnerschaft, während dieser Anteil in der Vergleichsgruppe der zusammenwohnenden Paare bei nur 34 Prozent lag. Mit anderen Worten: LAT-Partner ab dem Alter von 30 Jahren haben mehr Erfahrung mit unterschiedlichen Partnerschaften als zusammenwohnende Partner.

In der BMFSFJ-Studie „Berufsmobilität und Lebensform“ (Schneider et al. 2002) berichteten 58 Prozent der 162 berufstätigen Befragten in LAT-Partnerschaften, dass die getrennten Haushalte aus rein beruflichen Gründen bestehen; 13 Prozent wurden LAT-Paare aus beruflichen Erfordernissen, führten diese Lebensform aber dann selbstgewählt weiter; 29 Prozent wählten LAT unabhängig von beruflichen Zwängen als die ihnen besonders angemessene Form der Partnerschaft. Damit scheint ein substanzieller Anteil der LAT-Partnerschaften auf individuellen Präferenzen für diese Lebensform zu beruhen.

Eine weitere größere, wenn auch aufgrund der sexuellen Thematik stark selektive Studie zu LAT-Partnerschaften in Deutschland wurde von den Sexualforschern Schmidt, Starke, Matthiesen, Dekker und Starke (2003) vorgelegt. Sie kam anhand von Befragungen von 30-, 45- und 60-Jährigen in Hamburg und Leipzig zu ähnlichen Ergebnissen. Knapp 20 Prozent der Befragten in LAT-Partnerschaften gaben an, dass sie diese Lebensform dem Zusammenwohnen vorziehen, und 17 Prozent schlossen ein späteres Zusammenziehen aus. Die mittlere Beziehungsdauer bei LAT war in allen drei Altersgruppen niedriger als bei Kohabitation, nahm aber mit der Altersgruppe stark zu von 2,4 Jahren bei den 30-Jährigen auf 11,5 Jahre bei den 60-Jährigen.

Im internationalen Vergleich bestätigen Ergebnisse aus Großbritannien, Skandinavien und Kanada weitgehend die deutschen Daten (Ermisch 2000; Haskey 2005; Levin/Trost 1999; Milan/Peters 2003), wobei es bemerkenswerterweise keine einzige größere Studie zu LAT aus den USA zu geben scheint. Bemerkenswert ist auch, dass allgemein angenommen wird, dass LAT historisch zugenommen hat und insbesondere in Großstädten verbreitet ist, obwohl dies bis heute noch nicht empirisch überprüft wurde.

Insgesamt zeichnet sich in diesen Studien das Bild einer heterogenen Lebensform ab, die in mindestens drei unterschiedlichen Formen auftritt: als Vorform in den Anfangsphasen einer (ersten oder weiteren) Partnerschaft vor dem Zusammenziehen mit dem Ziel der Kohabitation oder Ehe, insbesondere zur Gründung einer Familie mit Kindern; als mobilitätsbedingte Form aufgrund von Erfordernissen ausbildungs- oder berufsbedingter Mobilität; und als eigenständige Lebensform, um Freiräume in der individuellen Lebensgestaltung zu gewährleisten. Diese Formen lassen sich durch Befragung der Partner zu ihren subjektiven Erwartungen und Wünschen erfassen. Die Antworten müssen jedoch durch die Instabilität und unzureichende kognitive Zugänglichkeit der eigenen impliziten Motive relativiert werden (Asendorpf 2007) und ebenso durch Tendenzen zu sozial erwünschten Antworten und durch Kompromissbildungen bei divergierenden Wünschen der beiden Partner.

4. Eine entwicklungspsychologische Perspektive

Die entwicklungspsychologische Forschung zu altersnormativen Entwicklungszielen und die lebenslaufsoziologische Forschung haben übereinstimmend festegestellt, dass die meisten Erwachsenen elaborierte Vorstellungen davon haben, wann im Lebenslauf welche Entwicklungsziele erreicht werden sollten, wann welche Gelegenheiten zur Zielerreichung günstig sind und ab wann es nicht mehr sinnvoll ist, ein bestimmtes Ziel anzustreben. So zeigen z. B. Untersuchungen zum Kinderwunsch, dass der Wunsch nach Gründung einer Familie, in der Mutter, Vater und Kind(er) zusammenwohnen, nach wie vor ungebrochen ist und dass Frauen das Erreichen der 4. Lebensdekade (Ende der weiblichen reproduktiven Phase) als kritische Entwicklungsfrist für eine solche Familiengründung ansehen (Brähler et al. 2001; Heckhausen et al. 2001).

Da diese Vorstellungen weitgehend inkompatibel mit LAT sind, ist zu erwarten, dass bis zu dieser Entwicklungsfrist LAT nur bei einer Minderheit der Frauen als eigenständige Lebensform mit langfristiger Perspektive wahrgenommen wird. LAT ist bis dahin primär eine Vorform zum Zusammenziehen, Beziehung auf Probe oder eine zweitklassige Wahl, weil „Mr. Right“ noch nicht gefunden ist. Bei Männern sind diese altersnormativen Vorstellungen weniger stark ausgeprägt, aber da Männer eher jüngere Partnerinnen präferieren, wird ihr Beziehungsverhalten wesentlich durch die ausgeprägteren Motive ihrer potenziellen Partnerinnen mitbestimmt. Dies begründet die zentrale Hypothese der vorliegenden Studie: Die Häufigkeit von LAT ist wesentlich vom Abstand zur weiblichen Entwicklungsfrist für die Familiengründung (40 Jahre) abhängig.

Da die erste und auch jede folgende Partnerschaft mit einer mehr oder weniger langen LAT-Phase beginnt, bei jungen Erwachsenen also LAT dominiert, ist eine kontinuierliche Abnahme von LAT bis zum Erreichen dieser „Developmental Deadline“ zu erwarten. Nach Passieren dieser Deadline besteht kein Druck mehr zum Zusammenziehen, so dass danach keine Veränderung in der LAT-Rate mehr zu erwarten ist. Verstärkt wird die abnehmende Tendenz zu LAT bis zum Alter von 40 Jahren durch Anforderungen nach ausbildungs- und berufsbedingter Mobilität, die im jungen Erwachsenenalter am höchsten sind und dann nachlassen, sowie durch die abnehmende Bereitschaft zu Mobilität nach der Familiengründung (Schneider et al. 2002).

Aus diesen Überlegungen kann zudem die Erwartung abgeleitet werden, dass die Übergangswahrscheinlichkeit von LAT zum Zusammenwohnen bis zum Alter von 40 Jahren hoch ist, danach aber deutlich sinkt, weil der Druck zum Zusammenziehen weggefallen ist: LAT wird zunehmend zu einer eigenständigen Lebensform. Hierbei ist aber auch die Trennungswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen; eine zunehmende Trennungswahrscheinlichkeit mit wachsendem Alter würde auch die Übergangswahrscheinlichkeit von LAT zum Zusammenziehen vermindern. Deshalb gilt die Erwartung für die abnehmende Übergangswahrscheinlichkeit nur für intakte Partnerschaften.

Zur Trennungswahrscheinlichkeit von LAT-Paaren gibt es bisher keine klaren Befunde in der Literatur, da eher nach der Beziehungsdauer gefragt wurde. Eine geringere Beziehungsdauer von LAT-Paaren relativ zu zusammenwohnenden Paaren könnte aber auch daran liegen, dass LAT-Paare sich gar nicht trennen, sondern zusammenziehen. Ob LAT ein Risikofaktor für eine spätere Trennung ist, lässt sich nur in prospektiven Längsschnittstudien zeigen, in denen die Trennungswahrscheinlichkeit von LAT-Paaren im Vergleich zu zusammenwohnenden Paaren geprüft wird. Da das Zusammenziehen zumeist ein größeres Vertrauen in die Dauerhaftigkeit der Partnerschaft und mehr gemeinsame Investitionen impliziert und dies stabilisierende Faktoren für die Partnerschaft sind (Asendorpf/Banse 2000), ist zu erwarten, dass LAT-Partnerschaften weniger stabil sind als Kohabitation und Ehe.

Werden diese primär entwicklungspsychologisch fundierten Annahmen durch Kohorteneffekte moderiert? Da in Querschnittsstudien wie auch in kürzeren Längsschnittstudien mit großer Altersvarianz Effekte des individuellen Alters nicht von Kohorteneffekten trennbar sind, können derzeit hierzu keine eindeutigen Aussagen getroffen werden. Es ist aber damit zu rechnen, dass ein Teil der heute beobachtbaren Alterseffekte auf LAT das Resultat von Kohorteneffekten ist. Die zunehmenden Mobilitätsanforderungen, die zunehmende Trennungsrate und, sofern die Individualisierungsthese zutrifft, die wachsenden Ansprüche an eine individuelle Lebensgestaltung in den letzten Dekaden tragen dazu bei, dass LAT eine historische Zunahme in allen Altersgruppen verzeichnen sollte.

5. Hypothesen

Diese Überlegungen lassen sich in vier empirisch prüfbare Hypothesen zusammenfassen:

H 1: LAT hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen.

H 2: LAT nimmt bis zum Alter von 40 Jahren ab und stagniert dann.

H 3: LAT ist instabiler als Kohabitation und Ehe.

H 4: Bei intakter Partnerschaft ist die Übergangswahrscheinlichkeit von LAT zum Zusammenwohnen bis zum Alter von 40 Jahren hoch und nimmt dann deutlich ab.

Die vorliegende Studie nutzt die Tatsache, dass im Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), einer längsschnittlich angelegten Repräsentativbefragung von derzeit jährlich über 20 000 Befragten, LAT-Partnerschaften in ganz Deutschland seit 1992 identifiziert werden können. Die lange Laufzeit des Panels, sein längsschnittliches Design und die großen jährlichen Stichproben erlauben eine gute Testung unserer Hypothesen.

6. Methode

6.1 Stichprobe

Die Untersuchung basiert auf den Wellen 9 - 23 (1992 - 2006) des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP; www.diw.de/deutsch), in dem 1991 in Westdeutschland und ab 1992 in Gesamtdeutschland in jeder der jährlichen Erhebungen alle Alleinwohnenden nach einem Lebenspartner außerhalb des eigenen Haushalts befragt wurden. Die vorliegende Analyse bezieht sich auf diejenigen Respondenten deutscher Nationalität, die zum Zeitpunkt der Befragung mindestens 18 Jahre alt waren, die Fragen zur Lebensform vollständig beantwortet hatten und im Erhebungsjahr individuelle Gewichtungswerte größer Null aufwiesen. Von den 30216 Respondenten, die diese Kriterien erfüllten, wurden nur 17,7 Prozent von 1992 bis 2006 befragt. Der Grund für die relativ kleine Zahl dieser Längsschnittteilnehmer war vor allem eine annähernde Verdoppelung des SOEPs ab dem Jahr 2000. Von den 21565 Respondenten im Jahr 2000 blieben 63 Prozent im Panel bis 2006; die vorliegenden Längsschnittanalysen beziehen sich auf diese Substichprobe.

6.2 Instrumente

Die Lebensform wurde durch folgende drei Fragen erfasst: (1) verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend; verheiratet, dauerhaft getrennt lebend; ledig; geschieden; verwitwet? Bei Nichtbejahung von „verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend“ (2) haben Sie derzeit eine feste Partnerschaft? Bei Bejahung von (3) wohnt Ihr Partner/Ihre Partnerin hier im Haushalt? Aufgrund der Antworten wurden vier Lebensformen unterschieden: Ehe (verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend); Kohabitation (nicht „verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend“ aber feste Partnerschaft mit Partner im Haushalt); LAT (nicht „verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend“ aber feste Partnerschaft mit Partner außerhalb des eigenen Haushalts); alleinlebend (weder „verheiratet, mit Ehepartner zusammenlebend“ noch feste Partnerschaft).

„Ehe“ bedeutet hier also nicht dauerhaft getrennt vom Ehepartner lebend, wobei der Ehepartner im Haushalt leben kann oder auch nicht. Letzteres schließt „LAT-Ehen“ ein, die aber selten sind. In der Erhebung im Jahr 2006 lebten von den 13045 als in „Ehe“ lebend klassifizierten Respondenten 98,9 Prozent im gleichen Haushalt, 103 (0,08 Prozent) in getrennten Haushalten im gleichen Haus und nur 34 (0,03 Prozent) in verschiedenen Häusern. Von daher kann „Ehe“ fast mit „ehelich zusammenwohnen“ gleichgesetzt werden, und die hier berichteten Unterschiede zwischen den Lebensformen gelten ebenfalls dann, wenn LAT um LAT-Ehen erweitert wird.

Zudem wurden folgende weitere jährlich erhobene Variablen genutzt: Monat der Trennung vom Partner, Monat des Todes des Partners; Zahl von Kindern im Haushalt; Bildungsdauer (Jahre bis zum höchsten Bildungsabschluss, Variation 7-18 Jahre); Berufsprestige (ISEI; Ganzeboom et al. 1992); Gemeindegröße (Boustedt 1975).

6.3 Gewichtung der Daten

Um die SOEP-Daten für unrepräsentative Stichprobenziehung zu korrigieren, werden vom SOEP für Querschnittanalysen individuelle Gewichte zur Anpassung an die Mikrozensus-Daten und für Längsschnittanalysen individuelle Gewichte zur Kontrolle der selektiven Stichprobenschrumpfung bereitgestellt. Alle Analysen wurden auf der Basis dieser individuellen Gewichte durchgeführt (vgl. Haisken-DeNew/Frick 2005). Eine Gewichtung ist für die vorliegende Studie besonders wichtig, weil bei zusammenwohnenden Partnern meist auch der Partner befragt wurde, bei LAT-Paaren jedoch nicht, so dass LAT-Paare in den ungewichteten Daten eher unterrepräsentiert sind.

7. Ergebnisse

Zunächst werden die vier Lebensformen Alleinlebend, LAT, Kohabitation und Ehe soziodemografisch charaktersiert, dann erfolgt die Testung der vier Hypothesen.

7.1 Soziodemografische Merkmale der vier Lebensformen im Jahr 2006

Wie Tabelle 1 zeigt, hängen die Lebensformen alleinlebend, LAT und Kohabitation nur lose mit dem Familienstand zusammen. Die Hälfte der Alleinlebenden war nie verheiratet, 5 Prozent waren noch verheiratet aber alleinlebend, 17 Prozent waren geschieden und 27 Prozent verwitwet. Die meisten Respondenten in einer LAT-Partnerschaft waren nie verheiratet, 6 Prozent waren verheiratet aber lebten zusammen mit einem neuen Partner mit eigenem Haushalt, 18 Prozent waren geschieden und 8 Prozent waren verwitwet. Die Verteilung war ähnlich für Kohabitation. Bemerkenswert ist, dass LAT fast genauso häufig vorkam wie Kohabitation. Die Daten zeigen, dass die Verwechselung von „alleinwohnend“ mit „alleinlebend“ gravierend ist, weil 29 Prozent der alleinwohnenden Respondenten angaben, in einer LAT-Beziehung zu leben. Das gilt auch für alleinerziehende Eltern, von denen 36 Prozent über eine LAT-Beziehung berichteten (38 Prozent der Mütter, 31 Prozent der Väter).

Tab. 1 Lebensform und Familienstatus im SOEP 2006

Analysen von Bildung und Berufsprestige ergaben nach Kontrolle des Alters bei Männern signifikante, aber geringe Unterschiede in der Bildungsdauer in Jahren (LAT 12,73), Kohabitation (12,37), Ehe (12,32), alleinlebend (11,94)) und im Berufsprestige (ISEI-Index in Partnerschaft > 47,0; alleinlebend 44,9); bei Frauen waren die Unterschiede noch geringer (vgl. ausführlicher Asendorpf 2008). Analysen der Gemeindegröße nach Boustedt (1975) ergaben eine signifikante Zunahme von LAT mit der Gemeindegröße in allen Altersgruppen mit Ausnahme der 18- bis 27-Jährigen, bei denen der LAT-Anteil in Großstädten über 500 000 Einwohnern geringer war als in kleineren Gemeinden (vgl. ausführlicher Asendorpf 2008). 

7.2 Historische Zunahme von LAT von 1992 bis 2006

Abbildung 1 zeigt den Anteil der vier Lebensformen für jedes Jahr zwischen 1992 und 2006 (querschnittlich berechnet, gewichtete Daten). Regressionsanalysen zeigten, dass der Anteil der Respondenten in einer LAT-Beziehung von 8,5 Prozent im Jahr 1992 auf 10,9 Prozent im Jahr 2006 zunahm. Einen noch stärkeren Anstieg zeigte die Kohabitation, mit einem Anstieg von 6,8 Prozent auf 11,4 Prozent; der Anteil der Alleinlebenden nahm um 0,109 Prozent pro Jahr zu. Alle drei Trends führten zu einer Abnahme der Ehen von 57,9 Prozent im Jahr 1992 auf 50,9 Prozent im Jahr 2006. Werden nur Respondenten in einer Partnerschaft betrachtet, wuchs der Anteil der LAT-Beziehungen an allen Partnerschaften von 11,6 Prozent im Jahr 1992 auf 14,9 Prozent im Jahr 2006. Mit anderen Worten, die Lebensform LAT nahm absolut und relativ zu anderen Partnerschaftsformen zu. Hypothese 1

kann deshalb als bewährt angesehen werden.

Abb. 1
figure 1

Anteil der Lebensformen an deutschen Erwachsenen 1992 bis 2006.

7.3 Hypothese 2: Abnahme von LAT mit zunehmendem Alter

Der Anteil der LAT-Beziehungen an allen Partnerschaften wurde auf das Lebensalter bezogen und zwischen 1992 und 2006 verglichen. Hierzu wurde das Lebensalter in Fünfjahresintervalle eingeteilt: 18-22, 23-27,…,68-72, 73+ (alle Respondenten im Alter von 73 oder mehr Jahren). Für beide historischen Zeitpunkte nahm der Anteil der LAT-Beziehungen an allen Partnerschaften bis zum Alter von 37 Jahren deutlich ab und verharrte dann auf einem weitgehend konstanten Niveau. Damit kann Hypothese 2 als bewährt betrachtet werden. Wegen der starken, nichtlinearen Abnahme von LAT basieren alle weiteren Analysen auf Daten pro Altersdekade 18-27, 28-37, 38-47, 48-57, 58+.

Abb. 2
figure 2

Altersabhängigkeit des Anteils von LAT an allen Partnerschaften.

Abbildung 2 differenziert zusätzlich Hypothese 1 insofern, als die historische Zunahme von LAT vor allem das höhere Erwachsenenalter betrifft. Unter den Erwachsenen im Alter von 38 oder mehr Jahren befanden sich 1992 4,7 Prozent in einer LAT-Beziehung, 2006 aber bereits 8,2 Prozent - ein Zuwachs von 74 Prozent. Bei den Erwachsenen unter 38 Jahren war der Zuwachs mit 27 Prozent geringer (von 24,2 Prozent auf 31,8 Prozent).

7.4 Hypothese 3: Geringere Stabilität von LAT

Hierfür wurde die Längsschnittstichprobe 2000 – 2006 (N = 13541) analysiert. Die 12681 Respondenten mit positiven Gewichten bildeten die Stichprobe für die folgenden Analysen. Trennung vom Partner wurde durch ein dreistufiges Verfahren bestimmt, das zunächst nur Veränderungen vom Nicht-Alleinleben (LAT, Kohabitation, Ehe) zum Alleinleben im folgenden Jahr als Indikator für eine Trennung wertete, dann monatsgenaue Angaben über den Trennungszeitpunkt einbezog, die im darauffolgenden Erhebungsjahr gemacht wurden, und im letzten Schritt die Zensierung der Daten durch Tod oder Erreichen des letzten Erhebungszeitpunktes berücksichtigte (vgl. ausführlicher Asendorpf 2008).

Zunächst wurde eine Cox-Regression für das Trennungsrisiko der drei Partnerschaftsformen gerechnet. LAT war weniger stabil als Kohabitation und Kohabitation weniger als Ehe (jeweils p < 0,001). Um die Altersabhängigkeit zu prüfen, wurden für jede der drei Partnerschaftsformen getrennte Cox-Regressionen für das Trennungsrisiko gerechnet mit Kontrasten, die jeweils aufeinanderfolgende Altersintervalle verglichen (vgl. Abb. 3 für die Ergebnisse). Für die LAT-Partnerschaften waren der Alterseffekt und sämtliche Kontraste nicht signifikant; die Trennungswahrscheinlichkeiten variierten zwischen den Altersgruppen unsystematisch zwischen 48 Prozent und 57 Prozent. Hingegen war der Alterseffekt sowohl für Kohabitation als auch für Ehe signifikant (p < 0,001 auch bei Halbierung der Freiheitsgrade zur Kontrolle der statistischen Abhängigkeit der Trennungsdaten innerhalb der Paare); Abb. 3 zeigt für beide Partnerschaftsformen monoton abnehmende Trennungswahrscheinlichkeiten mit zunehmendem Alter. Die Kontraste ergaben für Kohabitation signifikant höhere Trennungswahrscheinlichkeiten der jüngsten Gruppe im Vergleich zur zweitjüngsten und signifikant niedrigere für die älteste Gruppe im Vergleich zur zweitältesten. Für Ehen waren alle Vergleiche aufeinanderfolgender Altersgruppen signifikant mit Ausnahme der beiden ältesten.

Abb. 3
figure 3

Trennungswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von Partnerschaftsform und Alter.

Hypothese 3 hat sich damit bewährt und ließ sich noch dahingehend verschärfen, dass LAT-Partnerschaften den allgemeinen (Kohorten- und Lebensalterbedingten) Trend zu höherer Partnerschaftsstabilität mit wachsendem Alter nicht zeigten.

7.5 Abnehmende Übergangswahrscheinlichkeit von LAT zum Zusammenwohnen

Diese Analysen wurden analog zum Trennungsrisiko für LAT durchgeführt, wobei jedoch als abhängige Variable die Wahrscheinlichkeit des Zusammenziehens fungierte (zensiert durch Trennung, Tod oder Erreichen des letzten Erhebungszeitpunktes). Wie Abb. 4 zeigt, bestätigt durch signifikante Kontraste zwischen den Altersgruppen, unterschied sich die Wahrscheinlichkeit des Zusammenziehens stark danach, ob die Respondenten unter oder über 38 Jahre alt waren. Bei den jüngeren zogen 51 Prozent innerhalb der nächsten 6 Jahre zusammen, bei den älteren waren es nur 21 Prozent. Dies bewährt Hypothese 4 und differenziert sie insofern, als das Ende der weiblichen Reproduktionsphase sich als das kritische Alter erwies, ab dem Zusammenziehen deutlich unwahrscheinlicher wird als vorher.

Abb. 4
figure 4

Wahrscheinlichkeit des Zusammenziehens für LAT Partnerschaften.

8. Diskussion

Bedeutsamkeit von LAT. Im Jahr 2006 waren von den alleinwohnenden deutschen Erwachsenen 29 Prozent in einer LAT-Partnerschaft; dieser Anteil war noch etwas höher, wenn sie mit mindestens einem Kind im Haushalt lebten (vgl. Tab. 1). Der Anteil an der Gesamtbevölkerung war etwas höher als der von Schneider und Ruckdeschel (2003) für Deutschland und von Milan und Peters (2003) für Kanada berichteten. Ein Grund hierfür ist, dass in der vorliegenden Studie gewichtete Analysen berichtet werden, die für die Überrepräsentation zusammenwohnender Paare in Haushaltssurveys kontrollieren.

Soziodemografische Daten. Sie sprechen gegen eine deutliche Bindung von LAT an bestimmte Bildungs- oder Berufsschichten, auch wenn genauere Analysen der Bildungs- und Erwerbsbiografie noch interessante Unterschiede zu Tage fördern mögen. Der Zusammenhang mit der Wohnortgröße ist aufgrund des historischen Trends zu erwarten, weil gesellschaftliche Trends, wie die zunehmende Pluralisierung der Lebensformen, sich meist zuerst in Großstädten zeigen (Brüderl/Klein 2003). Eine Ausnahme bestand allerdings bei den 18- bis 27-jährigen Großstädtern. Dort war die LAT-Rate niedriger als in kleineren Gemeinden. Eine post hoc Interpretation dieses Befundes ist, dass es Paaren in Großstädten leichter fällt, einen Ausbildungsplatz (z. B. Universität) und Arbeitsplatz am selben Ort zu finden, so dass bei Großstadtbewohnern die im jungen Erwachsenenalter ausbildungs- und berufsfindungsbedingt besonders hohe Rate an LAT-Beziehungen vergleichsweise niedriger ausfällt.

Historische Trends. Die vorliegende Studie belegt erstmals anhand detaillierter Längsschnittdaten, dass LAT in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen hat, und zwar sowohl als Anteil an der Gesamtbevölkerung als auch als Anteil an allen Partnerschaften (vgl. Abb. 1). Der Zuwachs war besonders deutlich nach dem Ende der weiblichen Reproduktionsphase. Dies deutet in Verbindung mit der großen Beharrungstendenz in LAT im höheren Erwachsenenalter (vgl. Abb. 4) darauf hin, dass LAT als eigenständige Lebensform einen besonders starken Anstieg zeigte. Bemerkenswert ist auch der ähnlich hohe Anteil von LAT und Kohabitation und deren parallele historische Zunahme (vgl. Abb. 1). Beides zeigt, dass die These, dass die Ehe zunehmend durch die Kohabitation ersetzt werde (z. B. Lengerer/Klein 2007) nur zur Hälfte richtig ist: Auch die Zunahme der LAT-Partnerschaften trägt zur Erosion der Ehe bei. Zudem stützen die Daten überzeugender als zuvor die These, dass die Erosion der Ehe nicht mit einer zunehmenden Vereinzelung und Beziehungslosigkeit gleichgesetzt werden kann: Der Anteil der Alleinlebenden nahm nur leicht zu (vgl. Abb. 1), wobei zu berücksichtigen ist, dass dies auch durch die Zunahme der Lebensdauer mit entsprechend zunehmender Vereinzelung im hohen Alter aufgrund des Todes des Partners bedingt ist.

Altersabhängigkeit. Die vorliegenden Ergebnisse stützen frühere Beobachtungen in deutschen, britischen und kanadischen Studien, dass LAT vor allem bei jungen Erwachsenen sehr verbreitet ist und dann bis zum mittleren Erwachsenenalter (ca. 40 Jahre) abnimmt (Haskey 2005; Milan/Peters 2003; Schneider/Ruckdeschel 2003). Besser als diese früheren Studien belegen die vorliegenden Ergebnisse, dass der Anteil der LAT-Partnerschaften ab dem Alter von 40 Jahren nicht mehr abnimmt, sondern mehr oder weniger konstant bleibt bis weit ins Rentenalter hinein. Dadurch wird die zentrale These der vorliegenden Arbeit bestätigt, dass während der weiblichen Reproduktionsphase ein konstanter Druck zum Zusammenziehen besteht, der nach Ende dieser Phase wegfällt.

Stabilität der Partnerschaft. Die LAT-Partnerschaften waren die mit Abstand instabilsten bei einer Trennungswahrscheinlichkeit von etwa 50 Prozent innerhalb von 6 Jahren, die unabhängig vom Alter ausfiel. Wichtig ist hier anzumerken, dass die in der vorliegenden Studie untersuchte Dauer bis zur Trennung nicht mit der Partnerschaftsdauer verwechselt werden darf, die in etwa doppelt so lang ist (die genaue Schätzung hängt vom zugrundegelegten Modell der zeitabhängigen Trennungswahrscheinlichkeit ab; der Beginn der Beobachtung eines Paares war stets im Jahr 2000 und damit an einem zufällig herausgegriffenen Punkt der Partnerschaft erfolgt). Es wäre zwar möglich gewesen, jede Partnerschaftsform im SOEP 2000 bis zum Jahr 1992 zurückzuverfolgen, aber diese Analysen wären erheblich unzuverlässiger gewesen wegen der nur halb so großen Stichproben vor dem Jahr 2000.

Übergang zum Zusammenwohnen. Wie erwartet nahm die Übergangswahrscheinlichkeit zum Zusammenwohnen deutlich ab, und zwar in zwei klar unterscheidbaren Stufen. Während der weiblichen reproduktiven Phase war die Wahrscheinlichkeit des Zusammenziehens mehr als doppelt so hoch wie nachher. Dies legt die Hypothese nahe, dass LAT ab dem Alter von etwa 40 Jahren eine primär eigenständige Form der Partnerschaft ist, während sie vorher eher ein Übergangsphänomen zum Zusammenwohnen zum Zweck der Familiengründung ist. Der Effekt fällt vermutlich auch deshalb so stark aus, weil die Mobilität nach der Familiengründung deutlich eingeschränkt ist.

Heterogenität von LAT. Dass LAT eine heterogene Lebensform ist, haben bereits frühere Querschnittsstudien gezeigt. Die vorliegende Studie testete erfolgreich vier Hypothesen zur Alters- und Kohortenabhängigkeit von LAT, die ohne derartige Heterogenitätsannahmen kaum erklärt werden können. Insofern stützt die vorliegende Studie nicht nur diese Hypothesen, sondern indirekt auch die zugrundeliegenden Annahmen über drei verschiedene Formen von LAT: Als Vorform zur Kohabitation oder Ehe (vor allem mit dem Ziel gemeinsamer Kinder), als mobilitätsbedingte Form und als eigenständige Lebensform. Natürlich wäre es viel besser, wenn die drei LAT-Formen durch entsprechende Befragung der Partner direkt identifiziert und dann ihre Alters- und Kohortenabhängigkeit direkt überprüft würde. Mangels Daten ist dies aber derzeit nicht möglich. Die Bedeutung der vorliegenden Studie besteht deshalb in der Generierung testbarer Hypothesen zu unterschiedlichen Formen von LAT und ihrer unterschiedlichen Bedeutung in verschiedenen Abschnitten des Lebenslaufs, die in künftigen Studien zu prüfen wären. Dies gilt besonders für die Annahme, dass LAT in der zweiten Lebenshälfte eine eigenständige Lebensform darstellt. Diese Interpretation wird nicht nur durch die geringe Neigung zum Zusammenziehen gestützt, sondern auch von niederländischen Ergebnissen (de Jong Gierveld 2004). De Jong Gierveld untersuchte ältere Erwachsene nach Trennung oder Tod des Partners und fand ebenfalls eine recht hohe Rate an stabilen LAT-Beziehungen. Nach ihrer Interpretation trägt dazu vor allem bei, dass der eigene Haushalt nicht mehr so gerne aufgegeben wird, für Frauen das Risiko einer Funktionalisierung als Haushaltshilfe durch den Mann vermieden wird, in früheren Partnerschaften oft negative Erfahrungen mit Kohabitation und Ehe gemacht wurden und in der heutigen Zeit genügend positive Vorbilder von glücklichen LAT-Beziehungen im Bekanntenkreis vorhanden sind, um LAT als eigenständige Lebensform anzustreben.

Implikationen für die weitere Forschung. Die vorliegende Studie könnte weitere empirische psychologische Untersuchungen zu den Chancen und Risiken von LAT-Beziehungen inspirieren und so die psychologische Beziehungsforschung (Asendorpf/Banse 2000) um einen signifikanten Anteil erweitern. Die vorliegenden Ergebnisse weisen zusammen mit der Studie von de Jong Gervield (2004) darauf hin, dass gerade LAT-Partnerschaften ab dem mittleren Erwachsenenalter ein immer häufigeres, aber noch wenig verstandenes Phänomen sind. Die psychologische Forschung zu alleinerziehenden Eltern sollte mehr als bisher die Tatsache berücksichtigen, dass ein Großteil der Alleinerziehenden eine feste Beziehung zu einem neuen Partner in einem anderen Haushalt hat, dessen Beziehung (oder dessen Abwehr einer Beziehung) zu den Kindern eine größere Rolle spielen könnte als oft angenommen wird. Nicht zuletzt beleuchtet die vorliegende Studie auch die Schattenseite von LAT- Partnerschaften: ihre vergleichsweise niedrige Stabilität. Hier ist weitere Forschung erforderlich, um die eher LAT-spezifischen Gründe zu verstehen, die zur Trennung führen.

Für die soziologische Forschung könnte die vorliegende Studie den Abschied von der Dreierklassifikation in alleinwohnend, kohabitierend und verheiratet beschleunigen. Zwei einfache Fragen, nämlich „Haben Sie eine feste Beziehung mit jemandem außerhalb Ihres Haushaltes“ und wenn ja, „Wie weit entfernt ist der Haushalt Ihres Partners“, würden es möglich machen, LAT-Beziehungen (auch im SOEP) gänzlich unabhängig von der Ehe zu identifizieren und auch Fernbeziehungen von „living nearby together“ zu unterscheiden. Auf diese Weise könnten Psychologie und Soziologie mit den schnellen Veränderungen im partnerschaftlichen Bereich in westlichen Kulturen Schritt halten.