Mit Verbreitung nutzungsbasierter Angebote, wie z. B. Smartphone-Anwendungen, rücken die Nutzungsprozesse der Nachfrager zunehmend in den Fokus der Forschung. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Konzept des Value-in-Use zu. Der Beitrag präsentiert eine Methode zur Analyse von Nutzungsprozessen und Erfassung des Value-in-Use. Anhand der Smartphone-Nutzung wird gezeigt, dass sich auf diese Weise gültige Value-Dimensionen zur Bestimmung des Value-in-Use identifizieren lassen. Die empfohlene Methode kann folglich als vielversprechender Ansatz zur Konzeptualisierung des Value-in-Use betrachtet werden.

1 Einleitung

Angebote, welche die Menschen umfassend in ihren Alltagsprozessen und bestimmten Alltagssituationen mit Serviceleistungen unterstützen, finden zunehmend Verbreitung. Insbesondere technologische Innovationen sind kennzeichnend für eine derartige Entwicklung (z. B. Ambient Intelligence Technologien, ISTAG 1999; Mobile Computing, Müller-Veerse 1999; Ubiquitous Computing, Weiser 1991). So ermöglichen beispielsweise mobile Anwendungen mit dem Smartphone die Optimierung von Alltagsprozessen der Menschen, wie die Fahrt zur Arbeit, das Vereinbaren von Terminen etc. Ein theoretischer Ansatz, der diese Entwicklung aufgreift, ist die Service-Dominant Logic (Vargo und Lusch 2004). Zentraler Gedanke dabei ist, dass nicht tangible Güter an sich, sondern erst die Verwendung dieser Güter die Grundlage für ökonomischen Austausch schafft und zur Nutzenstiftung beiträgt – z. B. in Form einer effizienteren Routenführung durch Anwendung einer Navigations-App. Mit zunehmender Verbreitung und Anerkennung dieser Perspektive kommt insbesondere dem Konzept Value-in-Use (ViU) eine immer entscheidendere Rolle im Hinblick auf das Verständnis der Bedürfnisse von NachfragernFootnote 1 zu. Der Nutzen (Value) ergibt sich für einen Nachfrager demnach nicht durch den Warenaustausch (Point of Sale) in Form von Value-in-Exchange (ViE), sondern während des Nutzungsprozesses eines Angebots (Point of Use,Footnote 2 Weiber et al. 2011, S. 114). Die Nutzenentstehung wird so zu einem fortlaufenden Prozess, welcher durch die Erfahrungen der Nachfrager geprägt wird sowie durch deren Fähigkeit, Nutzen aus der Verwendung von Produkten und Ressourcen zu ziehen (ViU) (Grönroos und Voima 2013, S. 135). Vor diesem Hintergrund stellen sich die folgenden Fragen: Wie können Nutzungsprozesse des Nachfragers untersucht werden? Wie lässt sich der daraus resultierende Nutzen erfassen? Durch welche Aspekte wird der Nutzen beschrieben?

Während sich in der Praxis die zunehmende Relevanz des ViU gegenüber dem ViE durch eine Reihe von Anwendungsbeispielen (Mobile Apps, Musik-Streaming-Dienste, Carsharing etc.) illustrieren lässt, befindet sich die Forschung noch in einem frühen Stadium (Ostrom et al. 2010, S. 26). Empirische Studien, die sich auf theoretische Annahmen der Service-Dominant Logic stützen, finden zwar zunehmend Anwendung (z. B. Barrutia und Gilsanz 2013; Moeller et al. 2013; Lemke et al. 2011). Der Großteil der Beiträge findet jedoch eher auf theoretischer Ebene statt. So existieren hauptsächlich konzeptionelle Arbeiten, welche die zentralen Bestandteile der Service-Dominant Logic, wie die Beschaffenheit und Integration von Ressourcen (z. B. Kleinaltenkamp et al. 2012; Arnould et al. 2006), das Verständnis von Value (z. B. Ng und Smith 2012; Woodruff und Flint 2006) oder die Prozesse von Value-(Co)Creation (z. B. Rihova et al. 2013; Grönroos 2008), diskutieren.

Trotz der Vielzahl an Beiträgen existiert keine konkrete Methode zur Erfassung der Nutzungsprozesse und Konzeptualisierung des ViU, die als allgemeingültig betrachtet werden kann. Gemäß Grönroos und Voima (2013, S. 142) wird ViU vom Nachfrager geschaffen. Der Anbieter nimmt eine eher passive Rolle ein, indem der Nachfrager lediglich mit dessen Ressourcen interagiert – wie etwa bei der Verwendung eines Tablet-PCs. Nutzen entsteht dann z. B. dadurch, dass der Nachfrager sein Informationsbedürfnis befriedigt oder Ansehen bei Freunden und Kollegen erlangt. Heinonen et al. (2010) sprechen sogar von einer Customer-Dominant Logic, welche die aktive Rolle des Nachfragers noch stärker in den Fokus der ViU-Entstehung stellt. Abgeleitet aus ihren Überlegungen fordern Grönroos und Voima (2013, S. 147) sowie Heinonen et al. (2010, S. 545) die Einführung neuer Methoden, um eine entsprechende Analyse des ViU zu gewährleisten.

Der vorliegende Beitrag entspricht dieser Forderung, indem eine Methode zur Analyse des ViU vorgeschlagen und anhand des spezifischen Kontexts Smartphone-Nutzung empirisch getestet wird. Dazu wird die Repertory-Grid-Methode nach Kelly (1955) herangezogen, welche dabei hilft, die Struktur und den Inhalt subjektiver, komplexer Wahrnehmungen zu erfassen. Es werden die folgenden vier Beiträge geleistet:

  1. 1.

    Durch eine Weiterentwicklung der Repertory-Grid-Methode wird ein Ansatz zur Analyse von Nutzungsprozessen geschaffen.

  2. 2.

    Für den Kontext der Smartphone-Nutzung wird unter Anwendung der empfohlenen Methodik der resultierende Nutzen für den Nachfrager in Form von Value-Dimensionen erfasst, die eine inhaltliche Spezifikation des ViU ermöglichen.

  3. 3.

    Auf Grundlage der qualitativen Ergebnisse lassen sich Indikatoren für die identifizierten Value-Dimensionen generieren.

  4. 4.

    Im Rahmen einer quantitativen Studie werden die gewonnenen Erkenntnisse aus der Repertory-Grid-Methode und die daraus gebildete ViU-Skala empirisch getestet und validiert.

Nach einer Diskussion des theoretischen Hintergrunds wird die Repertory-Grid-Methode im Allgemeinen sowie ihre Adaption an die zugrundeliegende Fragestellung detailliert dargestellt. Der folgende empirische Teil besteht aus zwei Studien: Die „Qualitative Anwendung der adaptierten Methodik“ dient zum einen der exemplarischen Durchführung der Methode anhand der Smartphone-Nutzung. Zudem werden relevante Value-Dimensionen in diesem Kontext zur Erarbeitung inhaltlicher Aspekte des ViU-Konzepts identifiziert. Die „Quantitative Validierung“ dient darauf aufbauend der Generierung eines geeigneten Messinstrumentariums, um die Ergebnisse der qualitativen Studie mittels einer quantitativen Untersuchung zu validieren. Der Beitrag schließt mit einer kritischen Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick für zukünftige Forschung.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Service-Dominant Logic und Value-in-Use

In den vergangenen Jahren fand im Marketing eine Entwicklung von güterzentrierten zu servicezentrierten Ansätzen mit Fokus auf wechselseitige Beziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager im Sinne einer Service-Dominant Logic statt (SD-Logic, Vargo und Lusch 2004). Innerhalb dieser Logik wird Service als Prozess verstanden und damit von der Goods-Dominant Logic abgegrenzt, die Güter und Dienstleistungen als Ergebnis begreift. Zentraler Bestandteil eines solchen Prozesses ist nicht der klassische Austausch von tangiblen Gütern, sondern der Austausch spezialisierter Kompetenzen in Form von Wissen und Fähigkeiten. Zum Beispiel bieten mobile Endgeräte, wie Smartphones oder Tablet-PCs, die Möglichkeit der Kontaktpflege mit anderen Personen oder der Verwaltung wichtiger Dokumente. Die Bedeutung physischer Güter liegt daher weniger in deren Besitz als im Erhalt des Services, den sie leisten – hier die Fähigkeit, Kontakt zu halten oder Dokumente zu verwalten. Damit dieser Service genutzt werden kann, muss der Nachfrager wiederum lernen, wie er die Güter entsprechend seinen Bedürfnissen verwendet (Vargo und Lusch 2004, S. 9–11). Er ist also nicht passiver Teilnehmer im Nutzungsprozess, sondern durch die Integration seines Wissens und seiner Fähigkeiten aktiv am Prozess der Wertgenerierung beteiligt (Vargo und Lusch 2004, S. 11). Folglich wird Service erst durch die Verwendung eines Gutes ermöglicht, was schließlich zu Nutzen für den Nachfrager führen kann, dem sog. ViU.

Diese Auffassung von Nutzen forderte die bis dahin vorherrschende Ansicht von Nutzen im Sinne eines ViE heraus. Im Gegensatz zum ViU meint ViE den Nutzen oder Wert, der im Gut verankert ist und vom Anbieter bestimmt wird (Vargo und Lusch 2004, S. 7). Produkte und Dienstleistungen werden demnach vom Anbieter produziert und gegen Geld getauscht (monetärer Tauschwert). Obwohl ViU im Vergleich zum ViE schwerer zu beobachten und zu messen ist, ist es gemäß Grönroos (2008, S. 304) sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht das wichtigere Konzept. Schließlich existiert ViE theoretisch nur, wenn ViU geschaffen werden kann. Sieht ein Nachfrager z. B. keine Verwendung für ein Produkt, wird für ihn der Tauschwert gleich Null sein. Aus Nachfragersicht gibt ViE also indirekt den erwarteten ViU wieder. Ein geringer oder kein ViU bedeutet langfristig daher, dass ebenfalls ein geringer oder kein ViE vorliegt (Grönroos 2008, S. 303–304).

2.2 Konzeptualisierung von Value

Innerhalb der SD-Logic bezieht sich Value auf die Bedeutung, die ein Nachfrager einem Produkt in einer jeweiligen Nutzungssituation beimisst (Woodruff und Flint 2006, S. 185). Vargo und Lusch (2004, S. 9) sehen dabei Produkte als Distributionsmechanismus für Service oder als Bereitstellung der Befriedigung übergeordneter Bedürfnisse, wie Selbsterfüllung, Status etc., an. Sie stützen sich mit ihrer Annahme auf die Means-End-Theory (Gutman 1982), welche innerhalb der Value-Forschung zum Verständnis von Value herangezogen wird (z. B. Woodruff 1997). Gemäß dieser Theorie präferieren Nachfrager Angebote, die das Erreichen wünschenswerter Ziele erleichtern. Mithilfe des Means-End-Ansatzes wird eine breite Sichtweise auf das Value-Konzept eingenommen. Grundlage dafür liefert die Personal-Construct-Theory nach Kelly (1955). Kelly argumentiert, dass Individuen die Welt (Personen, Ereignisse, Dinge etc.) anhand von Ähnlichkeits-Unähnlichkeits-Dimensionen, sog. persönlichen Konstrukten, wahrnehmen und bewerten (Fransella und Bannister 1977, S. 5). Anhand einer solchen Bewertung nimmt der Nachfrager eine Denkweise ein, die im Zusammenhang mit übergeordneten Bedürfnissen steht (Gutman 1982, S. 66). Zurückführen lässt sich dieser Zusammenhang auf die Theory of Construct Implications (Hinkle 1965). So veranschaulichte Hinkle (1965, S. 12) im Rahmen seiner Weiterentwicklung der Personal-Construct-Theory, dass je übergeordneter ein persönliches Konstrukt ist, es umso mehr Bedeutung aufweist und resistenter gegenüber Veränderungen ist als Konstrukte unterer Ordnung. Solche übergeordneten Konstrukte stellen demnach die Bedürfnisse dar, anhand derer eine Person ihre persönliche Welt konstruiert.

Mithilfe der Means-End-Theory und der Personal-Construct-Theory wird der Zusammenhang zwischen Angeboten (Means) und zugrundeliegenden Bedürfnissen (Ends) hergestellt. Es bleibt jedoch offen, welche Bedürfnisse konkret vorliegen. In der Value-Forschung finden sich verschiedene Value-Modelle, die diesbezüglich ein höheres Konkretisierungsniveau ermöglichen. So liegen zahlreiche Ansätze vor, die versuchen, eine ganzheitliche Konzeptualisierung für Value vorzunehmen (für einen Literaturüberblick siehe Sanchez-Fernandez und Iniesta-Bonillo 2007). Es existieren sowohl eindimensionale (z. B. Zeithaml 1988) als auch mehrdimensionale (z. B. Sheth et al. 1991; Sweeney und Soutar 2001) Value-Modelle. Innerhalb der eindimensionalen Ansätze wird Value z. B. nach Zeithaml (1988, S. 14) konzipiert als die Gesamtbeurteilung der Nützlichkeit eines Produktes, die auf einem Vergleich zwischen dem, was der Nachfrager erhält, und dem, was er investiert hat, basiert. Während diese Modelle sich auf einen Trade-off zwischen Nutzen und Kosten beziehen, wird Value innerhalb der mehrdimensionalen Modelle durch ein Set an Dimensionen konzeptualisiert, welches eine holistische Darstellung eines komplexen Phänomens bietet (Sanchez-Fernandez und Iniesta-Bonillo 2007, S. 431). Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Diskussionen zur Auffassung von Value innerhalb der SD-Logic stützt sich der vorliegende Beitrag auf ein Verständnis von Value als mehrdimensionales Modell. Diese Modelle basieren nicht wie die unidimensionalen Ansätze auf einer rein kognitiv und ökonomisch ausgerichteten Bewertung der Produktnützlichkeit, sondern berücksichtigen darüber hinaus verhaltensbezogene Komponenten (Sanchez-Fernandez und Iniesta-Bonillo 2007, S. 442).

Im Rahmen der multidimensionalen Value-Modelle können die Hauptforschungsrichtungen wie folgt zusammengefasst werden. Die Consumption-Values-Theory (Sheth et al. 1991) basiert auf den Annahmen, dass erstens die Kaufentscheidung eines Nachfragers eine Vielzahl an Value-Dimensionen mit sich bringt, zweitens diese Dimensionen je nach Entscheidungssituation unterschiedliche Beiträge leisten und drittens die Dimensionen unabhängig voneinander sind (Sheth et al. 1991, S. 159–160). Sheth et al. (1991, S. 160) differenzieren dabei zwischen „Functional“, „Social“, „Emotional“, „Epistemic“ und „Conditional“ Value. Verschiedene Studien bauen auf diesem etablierten Ansatz auf. Sweeney und Soutar (2001) nutzten die Dimensionen z. B. zur Entwicklung des sog. PERVAL-Modells (Perceived-Value-Modell). Mit den Komponenten „Emotional“, „Social“ und „Functional“ (Price und Performance) Value nehmen sie den Versuch vor, die Operationalisierung der ursprünglichen Dimensionen nach Sheth et al. (1991) zu generalisieren (Sweeny und Soutar 2001, S. 208). Andere Studien adaptierten die Dimensionen nach Sheth et al. (1991) an unterschiedliche Untersuchungskontexte, um einen weiteren Schritt in Richtung Generalisierung vorzunehmen (z. B. Pura 2005; Wang et al. 2004). Einen weiteren Forschungsbereich stellt die Value-Typologie nach Holbrook (1996) dar. Im Gegensatz zu den Annahmen der Consumption-Values-Theory weist sie einen stärkeren Fokus auf erlebnisbasierte Wertgenerierung auf, indem auch Motive berücksichtigt werden, die während der Konsumerfahrung vorliegen. Mit ihren vier globalen Wertetypen „Economic“ (Efficiency & Excellence), „Social“ (Status & Esteem), „Hedonic“ (Play & Aesthetics) und „Altruistic“ (Ethics & Spirituality) Value deckt diese Value-Typologie den Großteil der Dimensionen der anderen Value-Modelle ab (Tab.  1 ). Holbrook’s (1996) Ansatz baut wiederum teilweise auf den Forschungsaktivitäten zur Axiology-Theory (Hartman 1967) auf, die zwischen „Extrinsic“, „Intrinsic“ und „Systemic Value“ unterscheiden. Die Value-Dimensionen der einzelnen Forschungsbereiche werden in Tab.  1 anhand ihres Inhalts zusammengefasst und in aggregierter Form beschrieben.

Tab. 1 Multidimensionale Value-Modelle im Überblick

Bei Betrachtung der Konzeptualisierung von Value durch die diskutierten multidimensionalen Modelle fällt auf, dass die prozessbezogene Dimension, die Grundlage des ViU ist, häufig vernachlässigt wird. So wird nicht eindeutig zwischen den Zeitpunkten der Wertbeurteilung differenziert (Point of Sale vs. Point of Use). Bei der Value-Typologie nach Holbrook (1996) findet zwar im Gegensatz zu den anderen Value-Modellen auch die Nutzungssituation Berücksichtigung. Allerdings wird die Operationalisierung der einzelnen Komponenten durch den hohen Grad an Komplexität der Value-Dimensionen erschwert (Sanchez-Fernandez und Iniesta-Bonillo 2007, S. 442). Es bleibt demnach offen, ob die Dimensionen der genannten Ansätze auch für die Betrachtung von Nutzung geeignet sind. Darüber hinaus wurden die Value-Dimensionen der Modelle überwiegend durch die Forscher selbst erarbeitet. Des Weiteren wurde Value meist in Bezug auf ein konkretes Objekt oder die Eigenschaften einer Leistung betrachtet und dem Nachfrager damit lediglich die passive Rolle eines Beurteilers zugeschrieben. Im Rahmen der SD-Logic ist der Nachfrager aber nicht passiver Wertschätzer, sondern tritt als aktiver Teilnehmer der Nutzenentstehung auf. Dabei wird er nicht als Koproduzent konzeptualisiert, der sich an der Entwicklung von Produkten und Diensten beteiligt, wie z. B. an der neuen Generation von Smartphones. Stattdessen entsteht für den Nachfrager Nutzen, indem er Angebote in seine persönlichen Prozesse integriert, d. h. das Smartphone verwendet und für die Erreichung seiner Ziele heranzieht (Ng und Smith 2012, S. 224–225). Für die zugrundeliegende Fragestellung wird das multidimensionale Verständnis von Value daher auf die Nutzungsprozesse der Nachfrager übertragen. So wird davon ausgegangen, dass die dabei vorliegenden Bedürfnisse maßgeblich für die Nutzenbewertung der Nachfrager sind. Für die empirische Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Studie wird zur Erfassung des ViU eine Methodik herangezogen, die es ermöglicht, die aufgezeigten Limitationen vorangegangener Value-Modelle zu überwinden.

3 Herleitung einer Methodik zur Erfassung des Value-in-Use

3.1 Methodenauswahl

Für eine adäquate Konzeptualisierung des ViU wurden verschiedene Forschungsmethoden auf ihre Anwendbarkeit für die gegenwärtige Fragestellung geprüft. Eine geeignete Methode sollte zum einen die Prozesse der Nachfrager offenlegen können. Zum anderen sollte sie die Identifikation von Bedürfnissen ermöglichen, die für den Nachfrager im Nutzungsprozess relevant sind. Aufgrund ihrer Nähe zum Nachfrager und dessen Erfahrungen bei der Interaktion mit Angeboten lassen sich aus dem Bereich der Nutzerforschung gewisse Einsichten erwarten. So wurden insbesondere Methoden aus diesem Forschungszweig näher beleuchtet. Die Nutzerforschung bietet eine konsistente, schnelle, kontrollierte und gründliche Herangehensweise, die Perspektive des Nutzers zu untersuchen (Goodman et al. 2012, S. 36). Als ersten Teilbereich der Nutzerforschung lassen sich Methoden wie das Eye-Tracking, Log-File- und Task-Analysen sowie Diary-Studien nennen. Sie stützen sich in erster Linie auf Beobachtungen und geben darüber Aufschluss, welche Aktivitäten ein Nutzer durchführt oder wie und wann er Produkte oder Dienste verwendet. Im Vordergrund steht häufig die Implementierung konkreter Funktionen und weniger das Entdecken nutzerspezifischer Wünsche. So spielen z. B. spezielle Eigenschaften eines Angebots eine Rolle, wie die Geschwindigkeit oder farbliche Gestaltung einer Website (z. B. Fang et al. 2012; Lee und Chen 2011). Methoden einer zweiten Teilgruppe der Nutzerforschung greifen auf Skalen zurück, um beispielsweise User-Experience zu messen (z. B. Laugwitz et al. 2008). Die Verfahren beider Gruppen sind geeignet, Modelle und Hypothesen zu überprüfen oder Segmentierungen zu erarbeiten. Sie versagen allerdings, wenn die Komponenten der Modelle und Hypothesen, wie im vorliegenden Beitrag, erst ergründet werden müssen. Ein weiterer Nachteil der ersten Teilgruppe besteht darin, dass der Fokus auf die Implementierung konkreter Funktionen nicht Gegenstand unseres Forschungsvorhabens ist. Beide Gruppen der Nutzerforschung werden daher für unsere weitere Untersuchung ausgeklammert.

Methoden einer dritten Gruppe, mit deren Hilfe sich dagegen auch komplexe Verhaltensweisen, wie Gefühle oder Bedürfnisse des Nutzers, aufdecken lassen, sind Fokusgruppen (Morgen und Krueger 1993, S. 17) sowie individuelle Interviews, wie qualitative Tiefeninterviews (Kuß und Eisend 2010, S. 132). Da mit dem ViU ein relativ neues Phänomen untersucht wird, kommt die explorative Herangehensweise dieser Verfahren unserem Forschungsziel grundsätzlich entgegen. Für Fokusgruppen und Tiefeninterviews ergeben sich jedoch drei wesentliche Nachteile: So sind erstens beide Methoden mit möglichen Verzerrungen durch den Gruppenmoderator oder andere Teilnehmer bzw. den Interviewer während der Durchführung verbunden. Zudem können zweitens die Ergebnisse sowohl der Fokusgruppen als auch der Tiefeninterviews durch den subjektiven Einfluss des Forschers bei der Interpretation des Nutzerverhaltens verzerrt werden (Goodman et al. 2012, S. 60; Morgan 1996, S. 140; Corbin und Strauss 2008, S. 303). Ein dritter Nachteil der beiden Methoden ergibt sich durch die Unübersichtlichkeit der Ergebnisse, die einen Vergleich untereinander erschweren (Kuß und Eisend 2010, S. 133).

Um die beschriebenen Nachteile dieser Methoden zu überwinden, eignet sich die Repertory-Grid-Methode (RGM, Kelly 1955), die eine Konkretisierung der oben eingeführten Personal-Construct-Theory darstellt, besonders gut. Auch sie fand bereits im Rahmen der Nutzerforschung Anwendung (z. B. Hassenzahl und Wessler 2000). Nach Darstellung ihrer Vorgehensweise im Allgemeinen wird anschließend die Eignung dieser Methode für die vorliegende Fragestellung im Speziellen diskutiert. Abbildung  1 stellt die einzelnen Ablaufschritte der Untersuchungsmethode dar.

Abb. 1
figure 1

Ablaufschritte der Repertory-Grid-Methode

Kelly entwickelte diese Methodik, um das persönliche Konstruktsystem eines Individuums zu untersuchen (Fransella und Bannister 1977, S. 5). Dazu werden im ersten Schritt für einen ausgewählten Untersuchungsbereich (z. B. Automobilmarkt) Elemente festgelegt, d. h. einzelne Personen, Ereignisse, Gegenstände etc., für die persönliche Konstrukte ermittelt werden sollen. Diese Elemente (z. B. Automarken) werden vorgegeben oder vom Befragten selbst bestimmt. Anschließend werden den Probanden drei zufällig ausgewählte Elemente (z. B. BMW, Mercedes, Opel) präsentiert. Durch einen Triadenvergleich der Elemente findet im dritten Schritt die Identifikation der persönlichen Konstrukte statt. Hierfür wird der Proband gebeten, zwei ähnliche Elemente von dem dritten unähnlicheren Element abzugrenzen. Das Abgrenzungskriterium entspricht schließlich dem Konstrukt. Auf diese indirekte Art und Weise können die Befragten Konstrukte aufdecken, derer sie sich vor dem Interview möglicherweise nicht bewusst waren. Jedes evozierte Konstrukt ist gemäß der Technik des Triadenvergleichs zweipolig. Die Ähnlichkeit zwischen zwei Elementen wird als Konstruktpol bezeichnet, für den anhand der sog. Oppositionsmethode das Gegenteil formuliert wird – der Kontrastpol (z. B. „hochpreisig“ für BMW und Mercedes gegenüber „niedrigpreisig“ für Opel). Schritt 2 bis 4 werden so lange wiederholt, bis keine neuen Konstrukte mehr identifiziert werden (Jankowicz 2004, S. 280). Die persönlichen Konstrukte können dann für weitere Analysen herangezogen werden (z. B. Bauer und Huber 2008, S. 967). Mithilfe des sog. Laddering-Verfahrens (Bannister und Mair 1968) lassen sich des Weiteren übergeordnete Konstrukte ermitteln (Reynolds und Gutman 1984, S. 158–159). Dieses Verfahren liefert die methodische Umsetzung der Theory of Construct Implications (Hinkle 1965), die, wie oben dargelegt, eine Weiterentwicklung der Personal-Construct-Theory ist und die theoretische Verbindung zur Means-End-Theory herstellt. Probanden werden hierbei dazu aufgefordert, den Grund für die Wichtigkeit eines genannten Konstruktes näher darzulegen.

Im Vergleich zu den diskutierten Methoden erscheint die RGM für die zugrundeliegende Fragestellung am besten geeignet. Sie bietet sowohl ein exploratives Forschungsdesign als auch durch die klar definierten Ablaufschritte ein strukturiertes Vorgehen. Durch den standardisierten Ablauf lassen sich Ergebnisse leichter vergleichen. Weiterhin können durch die indirekte Befragungstechnik unbewusste Dimensionen abgebildet und die subjektive Realität der Probanden berücksichtigt werden. Die Befragungstechnik ermöglicht zudem, dass die Konstrukte vom Respondenten selbst erarbeitet werden und so einer Verzerrung durch den Interviewer entgegengewirkt wird. Die vorliegenden persönlichen Konstrukte sind schließlich Aspekte, die dem Befragten sowohl sprachlich als auch inhaltlich nahe kommen. So lassen sich die genannten drei Hauptnachteile von Fokusgruppen und Tiefeninterviews beheben. Ein weiteres bedeutendes Argument für die Verwendung der RGM ist ihr oben dargelegter theoretischer und methodischer Bezug zu der Means-End-Theory, welche im Zusammenhang mit dem Value-Verständnis von Bedeutung ist (z. B. Woodruff 1997, S. 142).

3.2 Adaption der Repertory-Grid-Methode

Die RGM findet in unterschiedlichen Bereichen Anwendung, z. B. innerhalb der Konsumentenforschung im Marketing (z. B. Heine 2009) aber auch innerhalb der Nutzerforschung (z. B. Hassenzahl und Wessler 2000). In beiden Fällen bilden jeweils unterschiedliche Produkte bzw. Dienste die Elemente und damit die Grundlage für den Triadenvergleich. Dies steht zu einem gewissen Maße in Widerspruch zu der vorliegenden theoretischen Grundlage sowie zu der Fragestellung, welche auf die Nutzungsprozesse der Nachfrager als Untersuchungsgrundlage fokussiert. Die methodische Vorgehensweise der RGM weist an sich jedoch eine Vielzahl an Vorteilen gegenüber den anderen dargelegten Methoden auf. Damit eine Konzeptualisierung des ViU vorgenommen werden kann, wird daher eine entsprechende Adaption der Methode vorgeschlagen (Tab.  2 ). Zu diesem Zweck bilden nicht mehr objektbezogene Elemente die Untersuchungsgrundlage, sondern es werden gemäß dem ViU prozessbezogene Elemente zugrunde gelegt, d. h. die Nutzungsprozesse der Nachfrager. Auch der zweite Schritt innerhalb der RGM wird adaptiert. So werden im Triadenvergleich diese prozessbezogenen Elemente im Hinblick auf die Verwendung und den dabei wahrgenommenen Nutzen voneinander abgegrenzt. Die dabei identifizierten Konstrukte stellen schließlich Aspekte dar, die während der Angebotsnutzung für den Nachfrager von Bedeutung sind und damit zur Konstituierung des ViU beitragen. Durch die prozessbezogene Adaption werden die Grundannahmen der SD-Logic auch methodisch umgesetzt. Mit der Verschiebung von Objekten zu Nutzungsprozessen verlagert sich auch der Fokus vom Anbieter zum Nachfrager. Gemäß Grönroos und Voima (2013, S. 141) wird Nutzen durch den Nachfrager in der sog. „Customer Sphere“ geschaffen, in die sich der Anbieter integrieren kann. Unter Anwendung der adaptierten RGM, im Folgenden „pRGM“ (= prozessbezogene RGM) genannt, gibt die folgende Untersuchung Aufschluss darüber, wie Nachfrager während ihrer Nutzungsprozesse im Sinne der Personal-Construct-Theory Nutzen konstruieren.

Tab. 2 Repertory-Grid-Methode: Klassischer vs. adaptierter Ansatz

4 Empirische Untersuchung

4.1 Smartphones als Untersuchungskontext

Für die empirische Untersuchung wurden Smartphones als Untersuchungskontext ausgewählt. Smartphones sind mobile Endgeräte, die sich durch zahlreiche, computerbasierte Funktionen charakterisieren lassen. Dies sind z. B. ein Internetzugang, standortbezogene Dienste (Einchecken in Lokalitäten mit Swarm u. Ä.) oder die Möglichkeit, Anwendungen Dritter herunterzuladen und zu nutzen (Daurer et al. 2012, o. S.). Im Vergleich zu Laptops oder Tablet-PCs zeichnet sich das Smartphone durch eine höhere Mobilität aus (Yun et al. 2012, S. 123). Mobilität ist hier im Sinne von Tragbarkeit zu verstehen. So ist das Smartphone durch seine Größe und sein Gewicht handhabbarer als Laptops und Tablet-PCs. Dies lässt eine vielfältigere Einsetzbarkeit und Verbreitung vermuten, welche sich in den Absatzzahlen von Smartphones gegenüber Tablet-PCs und Laptops widerspiegeln (22 Mio. vs. 4 und 6 Mio. in 2012 (BITKOM 2013a, 2013b; gfu 2013)). Im Mobilfunkmarkt spielen Smartphones eine immer wichtigere Rolle. In Deutschland entfallen derzeit über 95 % des Mobilfunkmarkts auf Smartphones (BITKOM 2013a). Die stetige Verbreitung von Smartphones verdeutlicht die starke Nachfrage und Bedeutung im Leben der Menschen. So unterstützen Smartphones ganz alltägliche Nutzungsprozesse, wie z. B. den Weg zur Arbeit (durch Navigations-/Kartendienste) oder die Kommunikation mit anderen Personen (Chat, Telefonie etc.). Auf diesem Weg wird das Smartphone zunehmend in den Alltag der Menschen integriert und kann diesen begünstigen. Diese Eigenschaft macht das Smartphone zu einem geeigneten Untersuchungsgegenstand des vorliegenden Beitrags. Erstens bildet es eine Vielfalt an Nutzungsprozessen ab und zweitens kommt bei seiner Verwendung dem Nutzer die eingangs erwähnte aktive Rolle zu. Dieser kann z. B. eigenständig und unabhängig vom Anbieter basierend auf seinem Wissen und seinen Fähigkeiten bestimmen, wie er das Smartphone in einer jeweiligen Nutzungssituation (beim Sport, Einkaufen o. Ä.) am besten einsetzt (Musik hören, Notizen nutzen etc.). Dabei kann der Nutzer verschiedene Ziele verfolgen, z. B. sich unterhalten zu lassen, den Tagesablauf effizienter zu gestalten usw. So findet Wertschöpfung nicht mehr nur auf der Anbieterseite statt. Der Nutzer schafft ebenfalls Wert, indem er, durch angemessene Integration seiner Fähigkeiten in die nachfragerseitigen Nutzungsprozesse, wünschenswerte Ziele erreicht (Vargo und Lusch 2004, S. 11; Kleinaltenkamp 2013, S. 4–5). Das Smartphone kann demnach als Plattform betrachtet werden, auf deren Grundlage Nachfrager in vielen verschiedenen Kontexten Nutzen erzielen können.

4.2 Qualitative Anwendung der adaptierten Methodik

4.2.1 Stichprobe und Durchführung der qualitativen Studie

Die Untersuchung basiert auf einer Stichprobe im Umfang von 20 Smartphone-Nutzern aus Deutschland. Da frühere Studien alters- und geschlechterspezifische Unterschiede beim Nutzungsverhalten von Technologien nachweisen, erfolgte die Auswahl der Teilnehmer so, dass möglichst viel Varianz im Hinblick auf den Hintergrund der Probanden (z. B. Alter, Geschlecht, Beruf) erreicht werden konnte. So ist z. B. für Frauen und ältere Personen die subjektive Norm ein stärkerer Treiber bei der Technologie-Nutzung als für Männer und jüngere Altersklassen (Venkatesh et al. 2000, S. 50; Morris und Venkatesh 2000, S. 392). Durch die Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Sichtweisen in der Stichprobe konnte den Nachteilen eines klassischen Convenience Samples (geringe Datenqualität, mangelnde Glaubwürdigkeit etc.) entgegengewirkt werden (Marshall 1996, S. 523). Um die grundlegende Kompetenz der Teilnehmer als Auskunftspersonen zu gewährleisten und damit die Datenqualität zu erhöhen, wurde des Weiteren die Erfahrung mit dem Untersuchungskontext berücksichtigt (Marshall 1996, S. 523). Die Literatur liefert keine weiteren Anhaltspunkte zur Präzisierung. Ein Durchschnittswert von 24,5 Monaten Smartphone-Nutzung und ein kleinster Wert von zwei Monaten geben Anlass, grundsätzlich von Kompetenz bei allen Teilnehmern auszugehen. Des Weiteren diente die Selbsteinschätzung der Probanden anhand einer 5-stufigen Skala (1= kenne mich gar nicht aus; 5= kenne mich sehr gut aus) als Indikator für Kompetenz. Keiner der Befragten gab an, über gar keine Kenntnis zu verfügen und über die Hälfte hatte entweder gute oder sehr gute Kenntnisse (Mittelwert =3,7). Insgesamt wurden neun Männer und elf Frauen im Alter von 23 bis 62 Jahren befragt. Der sozioökonomische Status reichte von Studenten über Doktoranden zu einfachen und leitenden Angestellten aus unterschiedlichen Bereichen (IT, Ingenieurs- und Bildungswesen, Marketing, Personal, Medizin). Um auf die Probanden angemessen eingehen zu können, wurden die Interviews persönlich durchgeführt (telefonisch und face-to-face). Sie dauerten durchschnittlich 45 Minuten.

Die Interviews wurden in Anlehnung an die Vorgehensschritte der klassischen RGM durchgeführt. Zunächst wurden die Elemente für den Triadenvergleich ermittelt. Jankowicz (2004, S. 42) empfiehlt eine Anzahl zwischen fünf und zwölf Elementen. Da für das Testen der Eignung der pRGM die Bedingungen zunächst einfach gehalten werden sollten, wurden in der vorliegenden Studie die Respondenten gebeten, jeweils fünf Smartphone-Prozesse zu nennen. Die genannten Prozesse wurden dahingehend ausgesucht, dass sie einen persönlichen Nutzen im Leben des Probanden stiften. Es wurde darauf hingewiesen, dass nicht konkrete Apps, sondern allgemeine Anwendungen im Alltag der Befragten im Vordergrund stehen, die durch die Smartphone-Nutzung unterstützt werden. Um die Prozesse möglichst realitätsnah zu erinnern, sollte der Proband einen Blick auf sein Smartphone-Display werfen. Nach Ermittlung der Elemente wurden drei dieser Nutzungsprozesse zufällig ausgewählt und den Probanden präsentiert. Die Probanden wurden gebeten, die Prozesse in Bezug auf die Verwendung und den dabei wahrgenommenen Nutzen in zwei ähnliche und einen unähnlichen Prozess einzuteilen und zu vergleichen. Durch diesen Triadenvergleich wurden schließlich die Konstrukte, d. h. Aspekte, die während der Smartphone-Nutzung bedeutsam sind, aufgedeckt – im Folgenden „Nutzenaspekte“ genannt. Konnte der Befragte keinen eindeutigen Nutzenaspekt ausmachen, wurde unterstützend die Laddering-Technik verwendet. Durch diese zusätzliche Fragetechnik („Warum und wie führen Sie diesen Prozess durch?“ „Warum ist diese Aktivität wichtig für Sie?“) ließen sich die Unklarheiten bei der Beschreibung von Unterschieden bzw. Ähnlichkeiten beseitigen. Für die Erstellung des Kontrastpols wurde daraufhin nach dem Gegensatz zum genannten Nutzenaspekt gefragt. Die Triadenvergleiche wurden solange wiederholt, bis der Befragte keine neuen Nutzenaspekte mehr finden konnte.

4.2.2 Datenanalyse und Ergebnisse der qualitativen Studie

Die Analyse der gewonnenen Daten erfolgte in zwei Hauptschritten. Im ersten Hauptschritt wurden in Anlehnung an Lemke et al. (2011, S. 852) für Nutzenaspekte, die in mehr als einem Interview vorkamen, standardisierte Namen vergeben. Um Überschneidungen aufzudecken, untersuchten zwei Forscher die Textinhalte der Interviews und definierten standardisierte Namen für die Nutzenaspekte. So äußerten z. B. 17 Probanden die Interaktion mit anderen Menschen als einen Aspekt der Smartphone-Nutzung, indem sie Konstruktpole, wie „Nutzung mit Anderen“ oder „Weitere Personen integriert“ und Kontrastpole „Alleinige Nutzung“ und „Keine weiteren Personen integriert“, nannten. Diesen Nutzenaspekten wurde der Name „Interaktion mit anderen Personen“ zugeteilt. Ein solches Vorgehen reduzierte die ursprünglich 139 Aspekte aus den 20 Interviews auf 40 standardisierte Nutzenaspekte.

Basierend auf der gemeinsamen Bedeutung von Nutzenaspekten fand im zweiten Hauptschritt eine Kategorisierung zu Smartphone-Value-Dimensionen statt. In Anlehnung an Jankowicz (2004, S. 155–163) und Lemke et al. (2011, S. 856) wurden zu diesem Zweck die 40 standardisierten Nutzenaspekte inklusive Konstrukt- und Kontrastpole sowie einem Beispiel-Statement aus dem Datenmaterial auf separate Karten geschrieben. Diese Karten wurden durch die zwei Autoren des Beitrags, welche die Daten erhoben haben, sowie durch einen dritten unabhängigen Forscher kategorisiert. Die Kategorien wurden jeweils induktiv gebildet, benannt und definiert. Durch den Vergleich der identifizierten Kategorien wurde ein Intercoder-Reliabilitätsindex von 58 % erreicht, welcher den Anteil der in Übereinstimmung zugeordneten Nutzenaspekte zu einer Kategorie angibt. Da die Intercoder-Reliabilität nur moderat war, wurde die Kategorisierung von den drei Forschern diskutiert, vereinheitlicht und einem vierten unabhängigen Forscher in Form einer Kategorienliste inklusive Definitionen und Konstruktkarten vorgelegt. Dieser teilte die Karten den Kategorien zu. Eine Anzahl von 36 korrekten Zuteilungen ergab einen Intercoder-Reliabilitätsindex von exakt 90 %, wodurch der Richtwert von 90 % Übereinstimmung erzielt wurde (Jankowicz 2004, S. 161). Wie nach der ersten Kategorisierung erfolgte auch hier eine Diskussion und Anpassung der zugeordneten Kategorien. Die Ergebnisse der Kategorisierung finden sich in Tab.  3 . Die Kategorien setzen sich in allen Fällen aus einer Kombination von Nutzenaspekten beider Interviewformen der Datenerhebung (face-to-face und telefonisch) zusammen.

Tab. 3 Value-Dimensionen der Smartphone-Nutzung

Die Smartphone-Value-Dimensionen weisen teilweise Ähnlichkeiten mit Dimensionen bestehender Value-Konzepte auf, bringen aber auch neue Aspekte zum Vorschein, die bisher in der Value-Forschung nicht diskutiert wurden. In Tab.  4 wird dies dargestellt, indem die gewonnenen Erkenntnisse mit Value-Dimensionen der zuvor diskutierten etablierten Modelle verglichen werden.

Tab. 4 Zusammenfassung der Ergebnisse im Vergleich zu bisheriger Value-Forschung

Aus dem Vergleich mit bisheriger Value-Forschung wird ersichtlich, dass die globalen Werte der Value-Typology nach Holbrook (1996) mit Ausnahme des „Altruistic Value“ auch bei der Smartphone-Nutzung von Relevanz sind. Weitere Überschneidungen ergeben sich mit dem „Conditional“, „Functional“ und „Epistemic Value“ nach Sheth et al. (1991). „Epistemic Value“, welcher das Verlangen nach Wissen beschreibt, lässt sich eindeutig der Value-Dimension „Streben nach Informationen/Wissenserweiterung“ zuordnen. Die beiden anderen Dimensionen sind dagegen nur eingeschränkt übertragbar. Während sich „Conditional Value“ auf situative Faktoren, wie Ort oder Zeit, bezieht, ist bei der Dimension „Flexibilität/Unabhängigkeit“ auch eine Nutzung ohne Einschränkungen auf bestimmte Geräte, technische Voraussetzungen o. Ä. wichtig. Auch „Functional Value“ bildet in den vorliegenden Erkenntnissen nur einen Bestandteil (funktionale Nutzung) der Dimension „Produktivität“ ab. Diese richtet sich zusätzlich auf neue Aspekte, wie Organisieren, Erreichen von Plänen etc. und passt eher zu der Value-Komponente „Efficiency“ (Economic Value) nach Holbrook (1996).

Neben diesen neuen Aspekten finden sich auch komplett neue Dimensionen. Abgrenzen von bisherigen Erkenntnissen lässt sich z. B. der „Soziale Nutzen“. Während dieser in der vorliegenden Untersuchung die Interaktion mit Mitmenschen meint, bezieht sich der „Social Value“ nach Holbrook (1996), Sheth et al. (1991) sowie Sweeney und Soutar (2001) auf den persönlichen Status oder die Wertschätzung durch Andere. Diese Aspekte werden eher durch die Dimension „Selbstdarstellung“ abgebildet, die das Ansehen des Nutzers in der Öffentlichkeit beschreibt. Auch die „Persönliche Selbstverwirklichung“ lässt sich nicht in den bestehenden Erkenntnissen der Value-Forschung wiederfinden. Die Dimension beinhaltet Nutzenaspekte, wie Kreativität oder das Nachgehen persönlicher Interessen. Diese Aspekte fördern die Selbstverwirklichung der Smartphone-Nutzer, indem sich diese z. B. durch die Ausübung von Hobbys frei entfalten können. Auch Erinnerungen, wie Fotos und deren Bearbeitung oder der Vermerk besonderer Gedanken, tragen zum persönlichen Nutzen bei. Des Weiteren ist die Dimension „Professionalität/Leistungsstreben“ neu. Im Vordergrund stehen dabei die Verpflichtungen im Leben der Nutzer. Durch das Nachkommen ihrer Pflichten versuchen die Nutzer, insbesondere im Berufsleben professionell aufzutreten. Sie streben nach Leistung und Professionalität und wollen Unannehmlichkeiten, z. B. infolge von Unpünktlichkeit oder des Vergessens wichtiger geschäftlicher Absprachen, vermeiden. Die neuen Aspekte und Dimensionen zeichnen sich insbesondere durch die Nähe zum Nutzer aus, die im Gegensatz zu der Produktbezogenheit bisheriger Value-Studien steht. Diese Ergebnisse zeigen, dass Übereinstimmungen mit etablierten Value-Dimension zwar vorhanden sind, aber v. a. die Modelle, die durch einen Bewertungszeitpunkt vor der Nutzungssituation (Sheth et al. 1991; Sweeney und Soutar 2001) gekennzeichnet sind, zu kurz greifen und nicht ohne Einschränkungen auf Nutzungsprozesse übertragbar sind. Mit Anwendung der pRGM wird demnach einerseits eine zuverlässige Methode zur Erfassung etablierter, genereller Value-Dimensionen geboten. Andererseits weisen die neuen Erkenntnisse darauf hin, dass bisherige Studien nutzungsrelevante Aspekte oder komplette Dimensionen vernachlässigen und für die Erfassung des ViU nicht ausreichen.

Durch die Aggregation der konkreten Nutzenaspekte zu abstrakteren Value-Dimensionen ließen sich für den ViU im Kontext der Smartphone-Nutzung Dimensionen bestimmen, welche die inhaltliche Spezifikation dieses Konzepts ermöglichen. Diese Dimensionen liefern im Folgenden die Grundlage für die zweite empirische Studie des vorliegenden Beitrags. Ziel ist es, die qualitativ und explorativ gewonnenen Erkenntnisse durch eine quantitative und konfirmatorische Studie mit geeigneter Stichprobe zu validieren. Da im Vordergrund dieser Studie die Validierung der Methode und nicht zwingend die inhaltliche Überprüfung aller Value-Dimensionen steht, fokussiert die Studie im Folgenden auf die Dimensionen, die aus den besonders häufig genannten Nutzungsprozessen ermittelt wurden. Demnach liefern die kommunikationsbezogenen Nutzungsprozesse Chatten, Telefonieren, SMS und E-Mails (39 von insgesamt 100 genannten Prozessen in der pRGM) die Grundlage der Studie. Zusätzlich wurde das Kommunizieren mittels sozialer Netzwerke berücksichtigt. Begründet ist dies mit der hohen Bedeutung, die andere Studien für diesen Prozess identifizieren konnten (z. B. eMarketer 2014). Dieses Vorgehen führte dazu, dass die sechs Value-Dimensionen „Convenience“, „Hedonistischer und Sozialer Nutzen“, „Produktivität“, „Selbstdarstellung“ und „Streben nach Informationen/Wissenserweiterung“ in die folgende quantitative Studie einflossen.

4.3 Quantitative Validierung

4.3.1 Stichprobe und Durchführung der quantitativen Studie

In Zusammenarbeit mit einem deutschen Mobilfunknetzbetreiber konnten insgesamt 807 Smartphone-Nutzer für eine Onlinebefragung zur Nutzung von Kommunikationsdiensten mit dem Smartphone gewonnen werden. Die Befragung fand in der Zeit von Dezember 2012 bis Januar 2013 in Deutschland statt. Die Altersverteilung reichte von 15 bis 65 Jahren. 46 % der Teilnehmer waren weiblich und 54 % männlich. Als höchsten Bildungsgrad gaben die meisten Befragten die mittlere Reife/Realschulabschluss an (32 %), gefolgt von Abitur (22 %) und Fach-/Hochschulstudium (21 %).

In der Befragung wurde den Respondenten für die Bewertung der Kommunikationsdienste eine ViU-Skala vorgelegt. Die Skala umfasste die o. g. sechs Value-Dimensionen, die als Likert-Skala mit jeweils zwei reflektiven Items gemessen wurden. Je Item wurde ein Statement formuliert und die Zustimmung in fünf Stufen (1= stimme überhaupt nicht zu; 5= stimme vollkommen zu) erhoben. Die Generierung der Items basierte auf einem induktiv-deduktiven Ansatz. So dienten sowohl Textinhalte der qualitativ gewonnenen Dimensionen als auch Inhalte der diskutierten übereinstimmenden Komponenten zum allgemeinen Value-Konzept (z. B. Sheth et al. 1991; Holbrook 1996) als Ausgangsbasis für die Formulierungen der Indikatoren. Die deduktiven Daten wurden entsprechend dem vorliegenden Untersuchungskontext adaptiert. Die Berücksichtigung bestehender Dimensionen sowie ein Pretest (fünf schriftliche und 15 webbasierte Tests), in welchem die Verständlichkeit aller Items nachgewiesen werden konnte, sprechen für Inhaltsvalidität, sodass alle Items in die Hauptstudie einflossen.

4.3.2 Datenanalyse und Ergebnisse der quantitativen Studie

Um die angenommene Mehrdimensionalität des ViU im Kontext der Smartphone-Nutzung zu validieren, wurden die Items im Rahmen einer konfirmatorischen Faktorenanalyse unter Verwendung der Statistik-Software SPSS AMOS untersucht. Der konfirmatorische Ansatz wurde gewählt, da so die aus sachlogischer und theoretischer Sicht bestimmte Faktorenanzahl und die Zuordnung der empirischen Indikatoren geprüft werden konnten. Des Weiteren wird dem Forscher mehr Präzision in der Beurteilung des Messmodells gewährt (Hinkin 1995, S. 977). Nachdem die Befragten angaben, welchen Kommunikationsdienst sie auf ihrem Smartphone nutzen, bewerteten sie diesen anhand der ViU-Skala. Der Großteil der Probanden gab an, mehr als einen Dienst zu nutzen. So bewerteten diese randomisiert jeweils zwei der angegebenen Kommunikationsdienste. Der Datensatz wurde daher so restrukturiert, dass eine Analyse über alle Einzelbewertungen möglich war. Dieser Schritt wurde vorgenommen, da für den vorliegenden Beitrag die Validierung der Value-Dimensionen für den gesamten Bereich Kommunikation im Vordergrund steht und möglichen Unterschieden zwischen den Kommunikationsdiensten nachrangiges Interesse zukommt. Zudem unterscheidet sich die Bewertung der Kommunikationsdienste untereinander nicht signifikant (χ 2=23,4; p>0,05). Nach der Restrukturierung des Datensatzes sowie einer Bereinigung aufgrund unzulässiger Antworten lagen insgesamt 1427 Einzelbewertungen vor, die in die Analyse einflossen.

Die Überprüfung des Modell-Fits, der Reliabilität sowie der Konvergenz- und Diskriminanzvalidität fand in Anlehnung an die Richtwerte nach Hair et al. (2010) statt. Die konfirmatorische Faktorenanalyse über die 1427 Einzelbewertungen zeigte einen zufriedenstellenden Fit mit den Daten (χ 2=153; RMSEA=0,045; RMR=0,03; SRMR=0,02; GFI=0,98; AGFI=0,96; CFI=0,99; NFI=0,99). Sowohl die inferenzstatistischen als auch die deskriptiven Gütekriterien wurden erfüllt. Des Weiteren weisen alle Items eine angemessen hohe Faktorladung mit der zugehörigen Value-Dimension auf und erfüllen die geforderten Mindestwerte für alle Reliabilitätsmaße (Indikatorreliabilität >0,4; Faktorreliabilität >0,7). Konvergenzvalidität ließ sich ebenfalls nachweisen. So sind die Faktorreliabilitäten bei allen Dimensionen größer als die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV), welche in allen Fällen den Richtwert von 0,5 übersteigt. Diese Werte deuten darüber hinaus auf interne Konsistenz des Messmodells hin. Diskriminanzvalidität wurde nur bedingt erfüllt. Der DEV-Wert liegt bei den Value-Dimensionen „Sozialer Nutzen“, „Produktivität“ und „Streben nach Informationen/Wissenserweiterung“ nicht, wie gefordert, über der quadrierten Korrelation mit einer anderen Variablen (Fornell und Larcker 1981, S. 45–46). Die eingeschränkte Diskriminanzvalidität lässt sich durch den Fokus auf soziale Beziehungen erklären, der mit dem Untersuchungsbereich Kommunikation einhergeht. So wurden die Items der drei Value-Dimensionen, die ursprünglich im Rahmen der Analyse der Smartphone-Nutzung im Allgemeinen aufgedeckt wurden, in Bezug auf den Bereich der Kommunikation formuliert (Tab.  5 ).

Tab. 5 Value-in-Use-Messung für die Smartphone-Nutzung mit Fokus auf Kommunikation

5 Diskussion der empirischen Ergebnisse

5.1 Implikationen der Untersuchungen

Die starke Zunahme an Angeboten, die den Nachfrager bei seinen Nutzungsprozessen unterstützen, hat auch innerhalb der Forschung eine zunehmende Auseinandersetzung mit Nutzungsprozessen und dem daraus resultierenden ViU hervorgerufen (z. B. Grönroos und Voima 2013; Heinonen et al. 2010; Lemke et al. 2011; Macdonald et al. 2011; Vargo und Lusch 2004). Bislang fehlt jedoch eine allgemeingültige Methode zur Erfassung dieses Konzepts. Um diese Lücke zu schließen, erweitert die vorliegende Studie bisherige Forschungsbeiträge, indem eine Methode zur Erfassung des ViU vorgeschlagen wird. Mithilfe der empfohlenen Methodik kann sowohl ein theoretischer als auch ein methodischer Beitrag geleistet werden.

Der theoretische Beitrag ist insbesondere durch die inhaltliche Konzeptualisierung des ViU gekennzeichnet, die durch die Anwendung der vorgeschlagenen Methode erarbeitet werden konnte. So lassen sich für das Untersuchungsbeispiel Smartphone-Nutzung zahlreiche Aspekte identifizieren, die für den Nutzer innerhalb seiner Nutzungsprozesse wichtig sind. Durch eine Aggregation dieser Nutzenaspekte ergeben sich neun verschiedene Value-Dimensionen, welche zum Teil Übereinstimmungen mit bestehenden Value-Modellen aufweisen, aber auch neuartige, v. a. nutzungsspezifische Komponenten beinhalten. Diese neun Dimensionen ermöglichen eine inhaltliche Spezifikation des ViU im Kontext der Smartphone-Nutzung. Der Großteil der Value-Dimensionen wurde anhand einer quantitativen Befragung, ebenfalls im Kontext der Smartphone-Nutzung, überprüft. Für die Operationalisierung der Dimensionen ließen sich anhand der gewonnenen Inhalte Indikatoren entwickeln. Mit der so generierten ViU-Skala konnte neben der für allgemeine Prozesse empfohlenen Methodik ein weiterer Beitrag speziell für den Untersuchungskontext Smartphone-Nutzung geleistet werden. Die Ergebnisse der großzahligen Studie zeigen, mit Ausnahme der bedingten Diskriminanzvalidität, einen insgesamt guten Modell-Fit mit den Daten. Daraus lässt sich ableiten, dass mit der Adaption der RGM eine vielversprechende Methode geboten wird, um Nutzungsprozesse und den ViU zu untersuchen.

Darüber hinaus werden auch methodische Beiträge geleistet. So wird eine detaillierte Beschreibung der Methode und ihrer Anpassung inklusive der Präsentation relevanter Begriffe und des Verwendungszwecks geliefert (Tab.  2 ). In Anlehnung an die Evaluationskriterien nach Offermann et al. (2010, S. 291) wird so die Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Methode verdeutlicht. Im Vergleich zu bestehenden Value-Modellen wurde Value im vorliegenden Beitrag durch die Ausrichtung an den Nutzungsprozessen der Nachfrager konzeptualisiert. Durch einen solchen Ausgangspunkt innerhalb der RGM lassen sich die Grundannahmen der SD-Logic auch methodisch umsetzen. Zudem ermöglicht die standardisierte Herangehensweise sowohl die wiederholte Durchführung als auch die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Mit Anwendung der Methode wird eine Grundlage für quantitative Studien geschaffen, in denen gewonnene Value-Dimensionen getestet sowie Beziehungen zu weiteren Größen untersucht werden können.

Aus praxisbezogener Sicht bietet die pRGM u. a. den Mehrwert, dass sich zukünftige Angebote an den Nutzungsprozessen der Nachfrager ausrichten lassen und von diesen entsprechend ihren Bedürfnissen direkt in Anspruch genommen werden können. Die zunehmende Integration technologischer Entwicklungen in Alltagsgegenstände der Nachfrager eröffnet Anbietern immer mehr Möglichkeiten, entsprechende Angebote für die Nutzungsprozesse zu liefern (Weiber et al. 2011, S. 112–113). Insbesondere Ambient-Intelligence-Technologien zielen darauf ab, den Nachfrager aus dem Hintergrund umfassend zu unterstützen (Bick und Kummer 2010, S. 311) und ermöglichen dem Anbieter dadurch detaillierte Einblicke und Integrationsmöglichkeiten in die Nutzungsprozesse der Nachfrager (Weiber et al. 2011, S. 112–113). Neben der nutzungsbasierten Entwicklung von Angeboten können Anbieter durch die Berücksichtigung der Nutzungsprozesse auch ihre Positionierungsstrategien gezielter an den Nachfragern ausrichten. So könnten die Smartphone-Nutzer anhand der identifizierten Value-Dimensionen klassifiziert und Angebote entsprechend positioniert werden. Für Nutzer, die nach Spaß (Hedonistischer Nutzen) und Nähe zu Freunden (Sozialer Nutzen) streben, könnte z. B. der Dienst Videotelefonie auf dem Smartphone als ein Angebot positioniert werden, über das sie mit ihren Freunden Ereignisse gemeinsam erleben können, egal wo sich diese aufhalten (z. B. zusammen Fußball-WM schauen). Eine Orientierung am ViU kann auch zu einer effektiveren Kommunikation führen. Beispielsweise ließe sich die Value-Dimension „Persönliche Selbstverwirklichung“ über Videos oder Plakate kommunizieren, die Nutzer beim Ausführen ihrer Hobbys (Musik machen, Photographien o. Ä.) zeigen, während diese spezielle Smartphone-Programme unterstützend einsetzen. Der Nachfrager findet sich durch den Bezug zu seinem Nutzungsverhalten wieder und fühlt sich direkt angesprochen. Die Konzentration auf das Nutzungsverhalten ermöglicht des Weiteren, die Preissetzung z. B. von Apps an die Entfaltung des ViU zu koppeln. Beispielhaft sei hier der Musik-Streaming-Dienst Spotify zu nennen, welcher je nach Nutzungsbedarf unterschiedliche Preismodelle anbietet. Ist dem Nutzer z. B. „Flexibilität/Unabhängigkeit“ wichtig, kann er gegen einen entsprechenden Aufpreis die Musik nicht nur stationär, sondern unabhängig von seinem Aufenthaltsort über sein Smartphone genießen.

5.2 Limitationen und Ausblick

Neben den zahlreichen Beiträgen finden sich auch Grenzen der durchgeführten Studien. Eine Restriktion ergibt sich daraus, dass die pRGM in einem spezifischen Kontext (Smartphone-Nutzung) untersucht wurde. Um Aussagen über die Generalisierbarkeit treffen zu können, sind daher weitere Studien nötig. Aufgrund ihrer strukturierten und standardisierten Vorgehensweise ist jedoch davon auszugehen, dass sie nicht nur für die Untersuchung der Smartphone-Nutzung, sondern auch für die Analyse anderer Nutzungsprozesse im Rahmen zukünftiger Studien geeignet ist. Gestützt wird diese Vermutung durch die von Grönroos und Voima (2013, S. 141–142) vorgenommene Kategorisierung von „Value Creation Spheres“. Nutzungsprozesse, wie sie von allen Angeboten ausgehen, werden dabei der „Customer Sphere“ zugeordnet. Damit wird auch eine vereinheitlichte methodische Betrachtung erforderlich.

Die qualitativ gewonnenen Daten wurden speziell für den Bereich Kommunikation innerhalb der Smartphone-Nutzung überprüft. So beschränkte sich die quantitative Studie auf kommunikationsrelevante Dimensionen und die entwickelte ViU-Skala wurde kontextspezifisch validiert. Die tiefgreifende Integration von Smartphones in das alltägliche Leben der Nachfrager verdeutlicht jedoch die Bedeutung dieses Untersuchungskontexts. Darüber hinaus ist Value gemäß der SD-Logic stets kontextabhängig (Vargo und Lusch 2008, S. 7). Zukünftige Studien könnten jedoch die Befragung auf die Smartphone-Nutzung im Allgemeinen ausweiten und so alle Value-Dimensionen berücksichtigen. Mit entsprechender Anpassung der Item-Formulierungen für den allgemeinen Smartphone-Nutzungskontext ließe sich möglicherweise auch die bedingt vorhandene Diskriminanzvalidität der Dimensionen „Sozialer Nutzen“, „Produktivität“ und „Streben nach Informationen/Wissenserweiterung“ beheben.

In weiteren Untersuchungen können neben Nutzungsprozessen auch Ressourcen berücksichtigt werden, die ein Nachfrager während der Inanspruchnahme einer Leistung integriert. Diese sog. operanten Ressourcen sind innerhalb der SD-Logic wichtiger Bestandteil für die Entstehung des ViU (Vargo und Lusch 2004, S. 7). Während diese im vorliegenden Beitrag in Form von eigenen Fähigkeiten und Wissen implizit berücksichtigt wurden, können zukünftige Studien diese und weitere Ressourcen, wie z. B. soziale operante Ressourcen (Beziehungen zu Freunden und Familie), explizit untersuchen (Arnould et al. 2006, S. 98). So ließe sich etwa der Zusammenhang zwischen der unterschiedlichen Integration sozialer Ressourcen und der Ausprägung der Value-Dimensionen im Allgemeinen, aber auch speziell im Rahmen der Smartphone-Nutzung, überprüfen (siehe z. B. Königstorfer 2008; Woratschek und Durchholz 2012). Der explorative Ansatz des vorliegenden Beitrags ist in erster Linie darauf ausgerichtet, Value-Dimensionen zur Erfassung des ViU aufzudecken. Zukünftige Studien können im Rahmen großangelegter Erhebungen daran ansetzen und Aussagen über das Gewicht einzelner Dimensionen vornehmen. Durch die Priorisierung der Dimensionen anhand ihrer relativen Wichtigkeit bei unterschiedlichen Nutzungsprozessen ließen sich zudem praktische Maßnahmen ableiten. Darüber hinaus könnten quantitative Studien, die auf Ergebnissen einer entsprechenden pRGM aufbauen, weitere Zusammenhänge untersuchen, wie z. B. den Einfluss des ViU auf die Größen Zufriedenheit, Weiterempfehlungs- und Wiederkaufverhalten. Die Übertragung auf Nutzungsprozesse in anderen Kontexten kann des Weiteren einer langfristigen Generalisierung der vorgeschlagenen pRGM entgegenkommen.