Im Gegensatz zu Niere und Leber muss bei Zysten in der Bauchspeicheldrüse primär von einer zystischen Neoplasie ausgegangen werden, sofern nicht ein eindeutiger Zusammenhang mit einer Pankreatitis besteht. Unter den neoplastischen Zysten kommt den muzinösen zystischen Neoplasien (MZN) und den intraduktalen papillären muzinösen Neoplasien (IPMN) wesentliche Bedeutung zu, da sie ein Malignitätsrisiko tragen. Die ärztliche Kunst besteht in der Erkennung der Patienten mit erhöhtem Karzinomrisiko und notwendiger Resektion sowie in der Vermeidung unnötiger Operationen in der zahlenmäßig deutlich überlegenen Gruppe der Patienten mit dauerhaft benignen Veränderungen.

Epidemiologischer Hintergrund

Einige Pankreaschirurgen vertreten bei IPMN die Auffassung, dass alle Patienten einer Resektion zu unterziehen sind. Ausnahmen seien nur zu machen, wenn mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit konstatiert werden könne, dass keine Bösartigkeit bestehe [13]. Daher sehen sie die IPMN des Pankreas als chirurgische Erkrankung [14]. Auch wird angeregt, die Schwelle zur Indikation einer Resektion zu senken [3]. Auf der anderen Seite haben Multidetektorcomputertomographie (MDCT) und Magenresonanztomographie (MRT) in den letzten Jahren neue Erkenntnisse zur Häufigkeit von zystischen Läsionen im Pankreas ergeben.

Von Laffan et al. wurde 2008 anhand von 2800 MDCT-Untersuchungen bei Patienten ohne vermutete Pankreaserkrankungen eine durchschnittliche Prävalenz von Zysten in der Bauchspeicheldrüse von 2,6 % angegeben, mit einer altersabhängigen Zunahme der Häufigkeit auf knapp 8 % bei den über 80-Jährigen [7].Die Prävalenz von Pankreaszysten bei 2800 Personen, die in einem Präventionszentrum MR-tomographisch untersucht wurden, betrug 2,4 %.

Zhang et al. publizierten 2002 einen Artikel über 1400 MR-tomographische Untersuchungen, für die sich eine Prävalenz von knapp 20 % für Zysten jeglicher Größe im Pankreas ergab, ebenfalls bei Patienten ohne vermutete Pankreaserkrankung. Jenseits des 60. Lebensjahres steigt die Prävalenz von 25 bis auf über 35 % der Untersuchten [16]. Die Daten von Zhang erscheinen sehr hoch, decken sich aber mit postmortalen Untersuchungen [6].

Gardner et al. [4] haben 2013 die jährliche Inzidenz von muzinösen Adenokarzinomen des Pankreas (also IPMN und muzinöses Zystadenom mit maligner Transformation) in der SEER-Datenbank mit der Prävalenz von zystischen Pankreasläsionen korreliert, wobei sie sich auf die niedrigere Prävalenzrate von 2,5 % bezogen [2, 7]. Bei einer Gesamtzahl von knapp 1200 muzinösen Adenokarzinomen pro Jahr in der Datenbank errechnete er eine Prävalenzrate für die Entwicklung eines Karzinoms bei Zystenträgern von 33/100.000. Unter Zugrundelegung der Prävalenzdaten von Zhang [16] oder Kimura [6] wäre das Risiko noch eine weitere 10er-Potenz vermindert.

Die Herausforderung besteht in der Erkennung von Patienten mit potenziell malignen Läsionen, um diese rechtzeitig resezieren zu können

Vor dem Hintergrund dieses statistisch sehr geringen Risikos besteht die Herausforderung darin, die Patienten mit potenziell malignen zystischen Läsionen zu selektionieren, um sie vor Manifestation einer malignen Transformation der Resektion zuführen zu können.

Histopathologische Einteilung und klinische Charakteristika

Zystische Läsionen des Pankreas lassen sich in nichtneoplastisch und neoplastisch unterteilen. Bei den nichtneoplastischen handelt es sich im Wesentlichen um Pseudozysten, die im Zusammenhang mit einer akuten oder chronischen Pankreatitis auftreten. Echte, nichtneoplastische Zysten sind sehr selten.

Unter den neoplastischen zystischen Läsionen sind das seröse Zystadenom (SZA), die muzinösen zystischen Neoplasien (MZN) und die intraduktalen papillär-muzinösen Neoplasien (IPMN) zahlenmäßig relevant. Deutlich seltener sind die solid-pseudopapillären Neoplasien, und primär zystisch entwickelte neuroendokrine Tumoren und duktale Adenokarzinome [1].

Seröse Zystadenome

Sie machen ca. ein Drittel der zystischen Neoplasien aus, betreffen überwiegend Frauen und manifestieren sich meist in der 7. Lebensdekade. SZA sind meist polyzystisch (Abb. 1), oligozystische SZA kommen vor (Abb. 2). Eine maligne Transformation ist extrem selten.

Abb. 1
figure 1

Kleinzystisches seröses Zystadenom (endoskopischer Ultraschall)

Abb. 2
figure 2

Oligozystisches seröses Zstadenom (endoskopischer Ultraschall)

Muzinöse zystische Neoplasien

MZN zeigen histologisch ovarielles Stroma, betreffen ausschließlich Frauen überwiegend in der 5. Lebensdekade und bilden ca. ein Viertel der zystischen Neoplasien. Die Wahrscheinlichkeit einer malignen Transformation wird mit bis zu 30 % angegeben [10]. Nach vollständiger Resektion ist die Prognose exzellent.

Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasien

Sie werden unterteilt in einen Hauptgangtyp, einen Seitenasttyp und einen gemischten Typ. Bei Beteiligung des Hauptgangs liegt das Malignitätspotenzial bei über 60 %, bei ausschließlicher Seitenast-IPMN wird es mit unter 20 % angegeben. Die pathognomonische Fischmaulpapille mit zähem Sekret im klaffenden Papillenorifizium findet sich praktisch nur bei der Hauptgang-IPMN im Pankreaskopf. Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Resektion wird für die gesamte Gruppe der IPMN mit 60–70 % angegeben. Sie sinkt bei bereits invasivem Tumor auf unter 50 % und ist im Falle von Lymphknotenmetastasen genauso schlecht wie beim duktalen Pankreaskarzinom [10].

Eine Verschiebung der Häufigkeitsverteilung bei symptomatischen Patienten zugunsten der muzinösen Neoplasien mit erhöhtem malignen Potenzial ist bekannt [12].

Diagnostik

Bildgebung

Für die Beurteilung radiologischer bzw. endosonographischer Befunde wurden mehrere Indikatoren eines erhöhten Malignitätsrisikos definiert (Tab. 1; [12]). Die Wertigkeit dieser Indikatoren ist unterschiedlich. Die Größe einer zystischen Läsion korreliert mit dem Malignitätsrisiko. Sie ist in erster Linie Ausdruck der Sekretproduktion und wird nur indirekt von der Tumormasse bestimmt. Es verwundert daher nicht, dass dieses gut messbare Kriterium nur eine Sensitivität um 50 % und eine Spezifität um 70 % aufweist [11]. Solide Knoten sind dagegen sensitive (80 %) und relativ spezifische (90 %) Indikatoren von malignen Potenzial (Abb. 3, Abb. 4).

Tab. 1 Befunde mit erhöhtem Malignitätsrisko. (Nach [12])
Abb. 3
figure 3

< 3 cm messende Seitenast-IPMN mit soliden Anteilen (endoskopischer Ultraschall)

Abb. 4
figure 4

Seitenast-IPMN mit Kontrastmittelenhancement solider Anteile (MRT)

Untersuchungen im Zystensekret

Verschiede Unterscheidungsmerkmale, die über die Bildmorphologie hinausgehen, wurden entwickelt, um die benignen serösen von den potenziell malignen muzinösen Neoplasien zu differenzieren. Sie beruhen auf der Analyse des durch Punktion gewonnenen Zystensekrets. Die zytologische Ausbeute bei Punktion eines zystischen Prozesses ist jedoch unbefriedigend. Zwar sind die Befunde im Falle eines positiven Tumorzellnachweises spezifisch, die Sensitivität ist jedoch mit 10–25 % bei den serösen Zystadenomen und 40–75 % bei den muziösen Läsionen unzureichend.

Bei der Bewertung von Tumormarkern im Zystensekret hat sich am besten das CEA bewährt. Werte unter 5 ng/ml finden sich bei serösen Zystadenomen, Werte über 400 ng/ml sprechen für das Vorliegen einer muzinösen Neoplasie [5, 8]. Beide Grenzwerte habe aber eine relevante Irrtumswahrscheinlichkeit und können nur als einzelner Baustein innerhalb der differenzialdiagnostischen Bewertung eingesetzt werden.

Amylase und Lipase sind nicht zur Differenzierung zwischen serösen und muzinösen zystischen Läsionen geeignet. Bei der endosonographisch gezielten Punktion zystischer Pankreasläsionen ist zu beachten, dass ein relevantes Infektionsrisiko und daher die Indikation zur Antibiotikaprophylaxe besteht [9].

Diagnostischer Algorithmus

Eine internationale Konsensuskonferenz hat sich 2012 unter anderem intensiv mit der Frage der Verlaufsbeobachtung und des richtigen Zeitpunkts der Resektion befasst [12]. Die Empfehlungen der Konsensuskonferenz implizieren, dass das Vorliegen einer muzinösen Läsion gesichert ist. Hiervon kann im klinischen Alltag jedoch nicht ausgegangen werden. Ob die zuvor beschriebene, an Operationspräparaten ermittelte Häufigkeitsverteilung der zystischen Neoplasien und ihr bisher zugrunde gelegtes Malignitätspotenzial überhaupt zutreffend ist, muss vor dem Hintergrund der von Gardner präsentierten Daten bezweifelt werden. Trotzdem sind die Empfehlungen eine gute Basis für einen diagnostischen Algorithmus in der Betreuung des individuellen Patienten.

Die Frage der Bewertung einer zystischen Pankreasläsion ergibt sich erstmalig mit der Darstellung durch Sonographie, CT oder MRT (Abb. 5). Präsentiert sich der Patient zu diesem Zeitpunkt mit einem durch die zystische Läsion hervorgerufenen Ikterus mit soliden, Kontrastmittel aufnehmenden Wandverdickungen oder Knoten oder eine Erweiterung des Pankreashauptgangs auf über 1 cm, so ist ein operatives Vorgehen in Abhängigkeit von Alter und Komorbidität indiziert. Auf der anderen Seite wird man bei morphologisch typischen Pseudozysten bei Pankreatitis primär keine Operationsindikation sehen. Wichtig ist aber eine sorgfältige Aufarbeitung der Ursachen der Pankreatitis. Eine IPMN kann aufgrund des zähen Sekrets mit einer (rezidivierenden) akuten Pankreatitis einhergehen. Hieran sollte insbesondere bei älteren Patienten mit „idiopathischer“ Pankreatitis und Zystennachweis gedacht werden.

Abb. 5
figure 5

Diagnostischer Algorithmus bei zystischer Läsion des Pankreas (DW Ductus Wirsungianus)

Der Erstnachweis einer Zyste erfolgt in den meisten Fällen durch transabdominelle Sonographie oder Computertomographie, die oft nur eine eingeschränkte Detailbeurteilbarkeit der Läsion zulassen. In diesen Situationen ist eine zweite Bildgebung durch Endosonographie oder MRT indiziert. Welches Verfahren man wählt, hängt von der lokalen Expertise, aber auch der Größe der zystischen Läsion ab: Zysten unter 3 cm sind besser in der Endosonographie, Strukturen ab ca. 6 cm besser in der MRT beurteilbar. Bei dieser Zweituntersuchung wird gezielt nach soliden Anteilen bzw. Knoten in Zysten und Hauptgang gesucht sowie der Durchmesser der Läsion und des Pankreashauptganges bestimmt. Ergeben sich Hinweise auf eine Hauptgang-IPMN durch Dilatationen des Ductus Wirsungianus, wandständige solide Anteile oder Knoten im Hauptgang, so besteht grundsätzlich die Indikation zur Resektion. Bei isolierter Erweiterung des Ductus Wirsungianus auf 6–10 mm ohne weitere pathologische Befunde am Hauptgang können auch engmaschige Verlaufsuntersuchungen vertreten werden, insbesondere bei erhöhtem Operationsrisiko. Auch bei einer IPMN, die auf einen Seitenast beschränkt ist, liegt das Hauptaugenmerk auf dem Nachweis solider Anteile, Wandverdickungen bzw. Knoten. Eine Unterscheidung zwischen soliden Anteilen und Detritus ist sowohl in der MRT als auch in der Endosonographie durch Kontrastmittelgabe möglich, wobei der Stellenwert der kontrastverstärkten Endosonographie noch nicht ausreichend validisiert ist.

Die meisten tubulär-zystischen Strukturen weisen keine soliden Anteile auf, so dass man auf den weniger verlässlichen Parameter der Zystengröße angewiesen ist und die Indikation zur diagnostischen Punktion prüfen sollte. Grundsätzlich wird man sich bei einer tubulär-zystischen Struktur über 3 cm eher für eine Operation ohne vorherige Punktion entscheiden, da der Ausschlusswert sowohl der Zytologie als auch des CEA im Zystensekret unbefriedigend ist. Weitere Anhaltspunkte, die für eine Resektion sprechen, sind klinische Symptome und erhöhte Tumormarker im Serum. Bei jüngeren Patienten vor dem 50. Lebensjahr ist auch schon ab einer Gesamtgröße der Läsion von über 2 cm eine Resektion zu erwägen [12]. Hier kann die gezielte Punktion mit zusätzlichen Informationen zur Entscheidung beitragen.

Verlaufsbeobachtung

Weitaus überwiegend sind die Zysten im Pankreas deutlich kleiner als 3 cm, ohne solide Anteile und Knoten und ohne Hauptgangbeteiligung. Sind derartige Zysten bei Erstdiagnose < 1 cm, so wird ein Kontrollintervall von 2–3 Jahren als ausreichend erachtet. Zeigen sich keine Änderungen, ist die Notwendigkeit weiterer Kontrollen nicht belegt [12]. Zysten zwischen 1 und 2 cm Gesamtdurchmesser sollten nach einem und nach zwei Jahren kontrolliert werden. Die Intervalle können bei unveränderten Befunden verlängert werden. Zystische Läsionen über 2 cm und bis 3 cm Durchmesser sollten erstmalig nach 3–6 Monaten, nach einem und nach 2 Jahren untersucht werden. Diese Patienten sollten auch weiterhin in Beobachtung bleiben, auch wenn jenseits von 2 Jahren die Kontrollintervalle nicht definiert sind. Bei Zysten jenseits von 3 cm und bei nicht eindeutigen Befunden, z. B. kleineren Knoten oder fraglichen soliden Anteilen, werden Kontrollen alle 3–6 Monate empfohlen. Auch eine geringe Progression sollte dann zur Resektion führen. Dies gilt ebenso für im Verlauf neu entwickelte solide Anteile/Knoten bei Zysten jeder Größe und signifikanter bzw. kontinuierlicher Zunahme der Zystengröße unterhalb von einem Gesamtdurchmesser von 3 cm. Zumindest sind in diesen Situationen die Kontrollintervalle auf 3–6 Monate zu reduzieren. In Abhängigkeit von der lokalen Verfügbarkeit und Expertise sind Endosonographie und MRT für die Verlaufsbeurteilung geeignet.

Rund 80 % der Zysten sind bei Erstpräsentation 1 cm oder kleiner [16]. Für die überwiegende Zahl der Patienten mit Pankreaszysten ist eine einmalige Kontrolluntersuchung ausreichend [12]. Alle anderen Patienten bedürfen der aufmerksamen Begleitung nach dem dargestellten Algorithmus. Da es sich auch dann noch um ein größeres Kollektiv handelt, wird die Frage gestellt, wer diese regelmäßige Überwachung wahrnehmen soll [13]. Dem muss entgegengehalten werden, dass die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs bei teilpankreatektomierten Patienten innerhalb von 5 Jahren auch bei nichtinvasiver IPMN bei 10 % liegt [11, 15]. Daher besteht nach den internationalen Konsensusempfehlungen bei nicht komplett pankreatektomierten Patienten die Empfehlung zu Kontrolluntersuchungen nach 2 und 5 Jahren. Diese Intervalle müssen deutlich enger gefasst werden, wenn der Resektionsrand nicht frei von Dysplasien war oder weitere zystische Läsionen im Pankreas verblieben sind [12].

Fazit für die Praxis

  • Ziel der Erstdiagnostik bei Patienten mit erstmalig festgestellter zystischer Pankreasläsion muss die Erkennung von Merkmalen mit erhöhtem Malignitätsrisiko sein. Hierbei sind insbesondere Endosonographie und MRT hilfreich.

  • Kriterien sind solide Anteile/Knoten, Zeichen einer Hauptgangbeteiligung, eine Zystengröße über 3 cm und die Neumanifestationen dieser Veränderungen bzw. eine signifikante Größenzunahme bei Verlaufsuntersuchungen. Die bereits bei Erstpräsentation maligne transformierten zystischen Neoplasien wird man nicht verhindern können.

  • Durch eine sorgfältige Begleitung der Patienten nach dem Algorithmus der Abb. 5 sollte es möglich werden und Ziel sein, die Patienten mit Operationsindikation vor Eintritt von Malignität der Resektion zuzuführen.