Die Bedeutung der Atempumpe und ihrer Therapie, der Beatmung mit Entlastung der Atempumpe und Normalisierung des spontanen pCO2 (Kohlendioxidpartialdruck) haben sich in den letzten Jahren klinisch und in der außerklinischen Beatmungsmedizin etabliert. Intensivbeatmung, Weaning, invasive und nichtinvasive Beatmung behandeln die Atempumpinsuffizienz. Eine verbesserte Lebensqualität und verlängerte Lebenserwartung sind durch die Beatmung mit dem Ziel eines normalen pCO2 unter Spontanatmung in mehreren Studien und bei einer sehr großen Zahl so behandelter Patienten belegt.

Pathophysiologie der Atempumpe

Die Hauptaufgabe der Lunge besteht in der Sauerstoffaufnahme und der Kohlendioxidabgabe. Diese Aufgabe regelt das Atmungsorgan, das aus 2 Kompartimenten besteht. Das eine Kompartiment ist die Lunge, das gasaustauschende Organ, in dem die exakt aufeinander abgestimmte Ventilation (Belüftung), Perfusion (Durchblutung) und die Diffusion (Übertritt der Atemgase) stattfinden. Störungen dieses Systems, sog. Gasaustauschstörungen, führen zur pulmonalen Insuffizienz. Diese ist gekennzeichnet durch eine arterielle Hypoxämie, während CO2 (Kohlendioxid) kompensatorisch durch eine gesteigerte Ventilation entfernt werden kann. Der pCO2 ist bei der pulmonalen Insuffizienz daher normal oder sogar erniedrigt [3, 16].

Das zweite, ebenso wichtige Kompartiment ist die Atempumpe, die Luft zu- und abführende Einheit, die die globale Versorgung der Lunge mit Frischluft bewirkt. Impulse des Atemzentrums werden über zentrale und periphere Nervenbahnen auf die motorischen Endplatten in der Atemmuskulatur übertragen. Durch die Kontraktion der Inspirationsmuskulatur kommt es zu einer Verminderung des Alveolardrucks und damit zum Einstrom der Atemluft, also zur Ventilation.

Pulmonale Insuffizienz

Bei einer pulmonalen Insuffizienz ist aufgrund der im Vergleich zum O2 (Sauerstoff) über 20-fach höheren Diffusionsfähigkeit des CO2 (Kohlendioxid) nur die O2-Aufnahme, jedoch nicht die CO2-Abgabe gestört (Abb. 1). Ursächlich kommen alle parenchymatösen Lungenerkrankungen mit konsekutiv gestörter Diffusion (z. B. Lungenfibrose oder ARDS [„acute respiratory distress syndrome“]) sowie primäre Ventilations-Perfusions-Störungen (z. B. Lungenembolie) infrage. Solange die Atempumpe intakt ist, kommt es zu einer Bedarfshyperventilation mit Erniedrigung des pCO2.

Abb. 1
figure 1

Respiratorisches System mit seinen beiden Kompartimenten Lunge und Atempumpe. paCO2 Kohlendioxidpartialdruck, paO2 Sauerstoffpartialdruck. (Aus [16])

Ventilatorische Insuffizienz

Bei der normalen Ventilation verläuft die Inspiration aktiv durch Muskelkontraktion, während die Exspiration durch die Rückstellkräfte von Lunge und Thorax passiv verläuft. Eine Erschöpfung der Atemmuskulatur betrifft daher immer nur die Inspirationsmuskulatur. Die Exspirationsmuskulatur wird benötigt zur forcierten Ausatmung, Bauchpresse, zum Singen, Brüllen, Schreien, Niesen, Räuspern, Pfeifen und insbesondere zum Husten. Bei fortgeschrittenen neuromuskulären Erkrankungen kann allerdings neben einer ventilatorischen Insuffizienz, bedingt durch eine inspiratorische Muskelschwäche, auch eine klinisch manifeste Insuffizienz der Exspirationsmuskulatur bestehen. Dies führt zu einem eingeschränkten Hustenstoß, was wiederum einen erheblichen Risikofaktor für das Auftreten von respiratorischen Infekten darstellt. Bei fortgeschrittenen neuromuskulären Erkrankungen muss daher therapeutisch nicht nur an die Aufrechterhaltung der Ventilation, sondern auch an die Unterstützung der Sekretdrainage gedacht werden.

Eine ventilatorische Insuffizienz entsteht, wenn die Atempumpe nicht mehr in der Lage ist, das im Stoffwechsel entstehende CO2 zu eliminieren, sodass sie durch eine Hyperkapnie charakterisiert ist (Abb. 1). Ursache für die ventilatorische Insuffizienz (Synonym: Atempumpinsuffizienz, atemmuskuläre Insuffizienz) kann entweder eine gesteigerte atemmuskuläre Last z. B. bei einer Atemwegsobstruktion oder eine Verringerung der atemmuskulären Kraftentwicklung wie z. B. bei ungünstigen Hebelmechanismen (Lungenüberblähung, Thoraxdeformitäten) oder bei einer Muskelschwäche (neuromuskuläre Erkrankungen) sein (Tab. 1). Somit entsteht eine ventilatorische Insuffizienz immer bei einem Ungleichgewicht aus erhöhter atemmuskulärer Last und erniedrigter atemmuskulärer Kapazität (Maximalkraft) [3, 4, 16].

Tab. 1 Ätiologie der ventilatorischen Insuffizienz [16]

Alle Störungen des respiratorischen Systems würden zur alveolären Hypoventilation mit Hyperkapnie führen, wenn nicht kompensatorisch zur Aufrechterhaltung der Stellgrößen arterieller CO2- und O2-Druck der Atemantrieb verstärkt würde, der die Pumpleistung steigert. Wäre die Pumpleistung unbegrenzt steigerbar, könnte immer eine alveoläre Ventilation erreicht werden, die zumindest für die Eliminierung des Kohlendioxids ausreicht, also für einen normalen pCO2 sorgt. Tatsächlich könnte dies die Atempumpe bei nahezu allen Störungen leisten, wenn sie unlimitiert ihre Höchstleistung erbringen könnte. Eine dauerhafte Höchstleistung (Betrieb auf vollen Touren) ist aber nicht möglich, da die Atempumpe dem physiologischen Prozess der Ermüdung unterliegt. Zur Vermeidung einer muskulären Ermüdung führen Feedback-Mechanismen nur zu einer Steigerung von Atemantrieb und Inspirationsdruck bis unterhalb der Erschöpfungsgrenze, wodurch aber eine unzureichende alveoläre Ventilation mit Hyperkapnie resultiert. Durch die Inkaufnahme der Hyperkapnie kann der periphere Ermüdungsprozess aufgehalten werden und eine extreme muskuläre Überlastung mit Pumpversagen und konsekutiver Apnoe vermieden werden (Abb. 2). Dieses integrale System sorgt für eine maximal mögliche Ventilation durch Minimierung der Muskelermüdung, jedoch kommt es bei zu großer Überlastung der Atemmuskulatur dennoch tatsächlich zum Pumpversagen (Apnoe) [4, 16].

Abb. 2
figure 2

Atempumpe und ihre Störungen auf verschiedenen Ebenen. ZNS zentrales Nervensystem, PNS peripheres Nervensystem. (Aus [16])

Anders ausgedrückt ist bei chronischer Atempumpinsuffizienz die Hypoventilation Folge einer Down-Regulation des Atemzentrums, um eine Ermüdung zu verhindern (Abb. 2).

Bei akuter ventilatorischer Insuffizienz besteht eine respiratorische Azidose, sie kann in kurzer Zeit zu einer Apnoe führen und bedarf daher der zügigen intensivmedizinischen Beatmungstherapie. Nicht selten kommt es aber auf dem Boden einer chronischen ventilatorischen Insuffizienz durch entsprechende Auslöser zu einer akuten Dekompensation wie z. B. bei der akut exazerbierten COPD („chronic obstructive pulmonary disease“). Ein solcher Auslöser ist häufig die Erhöhung der atemmuskulären Last, z. B. bei Zunahme der Obstruktion im Rahmen einer Exazerbation, wie es bei COPD häufig ist. Krisenhafte Zustände können jedoch auch durch einen ventilatorischen Mehrbedarf entstehen, wenn die Atempumpe einen gestörten Gasaustauch kompensieren muss, was dann aufgrund der Überbelastung der Atempumpe zu einem akuten ventilatorischen Versagen führen kann. Beispiele hierfür sind die Pneumonie oder Atelektase nach Aspirationen sowie Sekretverlegungen bei neuromuskulären Erkrankungen.

Diagnostik der Atempumpe

Bei akuter ventilatorischer Insuffizienz ist zunächst eine sehr schnelle und sehr flache Atmung auffällig (Tachypnoe, „rapid shallow breathing“). Dieser Atemtyp ist unter energetischer Betrachtung einem verbesserten Wirkungsgrad der Muskulatur zuzuordnen, es kommt jedoch durch die Zunahme der relativen Totraumventilation zum weiteren Anstieg des pCO2. Bei chronischer ventilatorischer Insuffizienz sind Symptome wie Dyspnoe, Tachypnoe, morgendliche Kopfschmerzen, Unausgeschlafenheit, Einschlafneigung am Tage, Konzentrationsstörungen, psychische Störungen, rezidivierende respiratorische Infekte, Ödeme und Rechtsherzbelastung charakteristisch wie die lungenfunktionelle Einschränkung oder nächtliche Sauerstoffentsättigungen. Den wichtigsten diagnostischen Hinweis liefert die blutgasanalytisch nachgewiesene Hyperkapnie, die den Ermüdungsprozess der Atempumpe reflektiert [3, 16].

Methoden zur Messung der Atemmuskelfunktion wurden zuletzt 2014 von der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin publiziert [6]. Die Bestimmung der maximalen Inspirationskraft durch maximal forcierte Inspiration gegen ein Ventil (Bestimmung des maximalen statischen Inspirationsdruckes [PImax]) ist die international bekannteste Methode. Alternativ kann der „sniff pressure“ über Nasenoliven bestimmt werden, indem der Proband ein kurzes, scharfes Inspirationsmanöver über die Nase bei geschlossenem Mund durchführt. Diese Methode kann auch zur Abschätzung der inspiratorischen Last eingesetzt werden, wenn der Proband oder Patient kein maximales Inspirationsmanöver durchführt, sondern der Inspirationsdruck während Ruheatmung bestimmt wird. Dieser Druck wird 100 ms nach Klappenschluss während der Inspiration bestimmt und wird daher als P0,1 bezeichnet. Ein Problem bei der Bestimmung des PImax ist die Abhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von der Mitarbeit des Untersuchten, sodass die Ergebnisse falsch negativ sein könnten.

Über ösophageal und gastral eingelegte Sonden (Ballonkatheter) ist der transdiaphragmale Druck bestimmbar, der die Kraft des Zwerchfells reflektiert. Aber auch die maximale Zwerchfellkraft durch maximal forcierte Inspiration ist mitarbeitsabhängig.

Die genaueste Messung der Muskeldrücke unabhängig von der Mitarbeit des Probanden erfolgt nach supramaximaler Magnetstimulation des N. phrenicus im Halsbereich. Die supramaximale Magnetstimulation ist jedoch technisch sehr aufwendig und somit nur wenigen, wissenschaftlich tätigen Zentren zugänglich.

Eine vergleichsweise wenig komplexe, nichtinvasive und zudem kosteneffiziente Möglichkeit der Beurteilung der Atemmuskelfunktion bietet die Ultraschalluntersuchung des Diaphragmas. Hier lässt sich die Auslenkung des Zwerchfells beurteilen, wobei geringere Auslenkungen als Zwerchfelldysfunktion gewertet werden können. Zusätzlich kann sonographisch die Zwerchfelldicke ermittelt werden und daher im Rahmen einer längeren Beatmungstherapie die Abnahme der Zwerchfellmuskulatur kontrolliert werden.

Beatmung hat das Ziel einer Verbesserung der Atemfunktion und einer Normalisierung des pCO2

Die Behandlung der ventilatorischen Ateminsuffizienz ist die Beatmung. Ziel der Beatmung ist die Entlastung der Atempumpe, indem das Beatmungsgerät ein ausreichendes Atemzugvolumen und eine ausreichende Atemfrequenz zur Verfügung stellt, sodass eine Überlastung und Ermüdung vermieden und behoben werden (Abb. 3). Durch diese passive Beatmung und die Entastung der Atempumpe kommt es zu deren Erholung und dadurch zur Funktionsverbesserung in den Spontanatmungsphasen mit einer verbesserten Spontanatmung [10, 12]. Ziel der Beatmung ist auch die Normalisierung des pCO2, sodass die Niere Bikarbonat eliminieren kann und die CO2-Schwelle sich wieder in dem Normbereich einstellt (Abb. 4). Durch die Absenkung des pCO2 unter Beatmung kommt es zur Alkalose mit einem erhöhten pH, und die Niere eliminiert Bikarbonat, um den pH wieder abzusenken. Bei wiedereinsetzender Spontanatmung ist dadurch die CO2-Schwelle erniedrigt. Der niedrigere pH stimuliert das Atemzentrum. Der Patient atmet vermehrt, was bei erholter, funktionsgebesserter Atemmuskulatur wieder möglich ist. Der pCO2 steigt nicht an und verbleibt zwischen den Beatmungsphasen im Normbereich, wenn ausreichende Beatmungsphasen eingehalten werden.

Abb. 3
figure 3

Beatmungseinstellung einer atmungsentlastenden Beatmung mit hohem Atemzugvolumen, längerer Inspirationszeit und angepasster Atemfrequenz zur Absenkung des pCO2 (Kohlendioxidpartialdruck) und Erreichen der Apnoeschwelle. Der PEEP (positiver endexspiratorischer Druck) ist reduziert, um den Beatmungsdruck nicht weiter zu erhöhen

Abb. 4
figure 4

Verstellung der CO2(Kohlendioxid)-Schwelle mit Normalisierung des pCO2 (Kohlendioxidpartialdruck) und des Standardbikarbonats (HCO3) unter atmungsentlastender invasiver Beatmung. Die niedrigen Werte zeigen die Phasen der Beatmung, die höheren die Phasen der Spontanatmung. Trotz vermehrter Atmung zur Absenkung des pCO2 geht die Luftnot zurück aufgrund verbesserter Atmungsfunktion

Allein eine Elimination des Bikarbonats z. B. durch den Karboanhydrasehemmer Acetazolamid führt zur Azidose, wenn die Atempumpe nicht in der Lage ist, die Ventilation durch ein höheres Atemvolumen zu steigern. Eine gleichzeitige Funktionsverbesserung der Atempumpe ist notwendig und wird durch deren Entlastung durch das Beatmungsgerät erreicht. Eine alleinige Entlastung der Atempumpe ist auch nicht ausreichend, da es mit Wiederaufnahme der Spontanatmung aufgrund der verstellten CO2-Schwelle sofort zur Hyperkapnie kommt. Die tägliche mehrstündige Entlastung der Atempumpe je nach Schweregrad der Ateminsuffizienz und die Normalisierung der CO2-Schwelle und damit des pCO2 unter Spontanatmung beseitigen das Atempumpversagen [9, 10].

Viele Beatmungsverfahren haben das Ziel, die Atempumpe zu entlasten. Jedoch ist deren Effekt häufig gering. Jeder patienteninitiierte Atemzug kann nur teilweise entlastet werden, häufig überhaupt nicht, wenn der Patient rasch atmet und die Inspirationszeit kurz ist, sodass das Beatmungsgerät kein effektives Atemzugvolumen abgeben kann. Jeder Atemzug sollte daher mit einem auseichend hohen Volumen von dem Beatmungsgerät initiiert sein. Zudem ändert sich die Last der Atempumpe im Verlauf durch Lagerung, Obstruktion, Flüssigkeitsüberschuss und vieles mehr. Der Patient benötigt dann höhere Beatmungsdrücke, um das notwendige Atemzugvolumen beizubehalten.

Atmungsentlastende Beatmung erfordert ein hohes Atemzugvolumen und einen niedrigen pCO2

Asynchronie, Gegenatmen gegen das Beatmungsgerät, ist deletär, weil der Patient für solche Atemzüge trotz maximaler Anstrengung zu wenig Luft erhält. Das klinische Korrelat, der Lufthunger, wurde für etliche Folgen einer Langzeitbeatmung verantwortlich gemacht. Daher sollte die Beatmung rein passiv sein. Bleibt die Belastung durch die Beatmung nur minimal über der Dauerbelastungsgrenze, so befindet sich der Betroffene im Zustand der Atemmuskelüberlastung und Ermüdung. Spontanatmung gelingt nicht. Diese Überlastung ist kaum messbar, und vielfach müssen klinische Zeichen wie eine angestrengte Atmung, Luftschnappen, eine erhöhte Atemfrequenz über 20/min und ein erhöhter pCO2 als Erschöpfungssignale gewertet werden, die einer vermehrten Entlastung bedürfen (Infobox 1).

Für eine sichere atemmuskelentlastende Beatmung zu Erholung der Atemmuskulatur muss die Atmung vollständig vom Beatmungsgerät übernommen werden, insbesondere dann, wenn invasive stenosierende Beatmungszugänge, Tuben, benutzt werden, die auch ein Gesunder kaum toleriert. Das Atemzugvolumen wird dazu derart gesteigert, auf 0,6–1,0 l, dass der pCO2 unter die CO2-Schwelle abgesenkt wird und der Betroffene keine eigenen Atemmuskelkontraktionen aufweist (Abb. 3). Die vollständig erholte Atemmuskulatur bereitet die beste Ausgangssituation für eine möglichst lange Spontanatmung und zumindest im postakuten und chronischen Zustand für ein besseres Überleben [8, 12]. Ohne Eigenatmung empfindet der Patient keine Dyspnoe. Er benötigt daher keine Narkose, um die Beatmung zu tolerieren, auch nicht in der akuten Ateminsuffizienz. Ein Blutdruckabfall durch die Narkose und der Bedarf an Flüssigkeit und Katecholaminen zur Stabilisierung des Blutdrucks werden reduziert. Eine Verlängerung der Spontanatmungsphasen und ein Transfer an den nichtinvasiven Beatmungszugang sind möglich, sobald sich die Atemfunktion durch Erholung verbessert hat, auch wenn die Grunderkrankung noch nicht gebessert ist, da die Kooperation zu einer nichtinvasiven Beatmung erhalten bleibt (Abb. 4).

Eine große Zahl von Betroffenen mit unterschiedlichen Erkrankungen wird klinisch und v. a. außerklinisch mit hohem Atemzugvolumen, niedrigem PEEP (positiver endexspiratorischer Druck), hohem Beatmungsdruck, niedrigem pCO2 und vollständiger Entlastung der Atempumpe beatmet, was zu guter Lebensqualität und guter Langzeitprognose führt [13].

Studien belegen den Effekt der atmungsentlastende Beatmung im Wechsel mit Spontanatmung

In etlichen Studien unter intermittierender Beatmung ohne eine Entlastung der Atempumpe und ohne Absenkung des pCO2 konnte kein Effekt gefunden werden. Wir konnten in einer prospektiv randomisierten Studie belegen, dass bei hyperkapnischen COPD-Patienten die Lebensqualität deutlich verbessert und die 1‑Jahres-Sterblichkeit von 33 % auf 12 % gesenkt werden kann, wenn der pCO2 durch die Beatmung mit hohem Volumen zunächst unter Beatmung abgesenkt wird und sich infolge einer ausreichend langen Beatmungsdauer auch unter Spontanatmung vermindert oder normalisiert [8]. In einer zweiten randomisiert kontrollierten Arbeit nahmen die Sterblichkeit und die stationäre Wiederaufnahme bei Patienten, die nach einer Intensivbehandlung noch hyperkapnisch waren, durch Beatmung mit dem Ziel der Normokapnie ebenfalls deutlich und signifikant ab [12]. Vergleichbares fanden wir bei akut Beatmeten auf der Intensivstation: 53 konsekutive akut beatmungspflichtige neuromuskuläre Patienten hatten unter normokapnischer atmungsentlastender Beatmung eine Sterblichkeit von nur 2 %, allerdings ohne dies mit einer Kontrollgruppe vergleichen zu können [14]. Ein Kollektiv von 1480 beatmungspflichtigen Patienten einschließlich Tumorerkrankungen und Therapiebegrenzungen hatte eine Sterblichkeit von 22 % [13] unter normokapnischer Beatmung. Von einer kleinen Zahl beatmungspflichtiger COVID-19-Patienten mit starker Luftnot, Hypoxämie und hochgradigem Ventilationsbedarf haben unter normokapnischer atmungsentlastender Beatmung alle überlebt [11].

Da die Sauerstoffsättigung in gesunden Lungenarealen schon 98 % beträgt, kann die Sauerstoffaufnahme in nicht erkrankten Teilen der Lunge durch Sauerstoffgabe und vermehrte Ventilation nicht weiter gesteigert werden. Dadurch können erkrankte Lungenareale mit verminderter Sauerstoffaufnahme z. B. infolge einer Pneumonie nicht ausgeglichen werden. Es kommt zur Hypoxämie.

Die Löslichkeit von Sauerstoff im Blut ist minimal. Die Sauerstoffversorgung der Gewebe ist maßgeblich vom Hämoglobin, dem Sauerstofftransporter im Blut, und von dem Herzzeitvolumen sowie von der peripheren Durchblutung abhängig und in geringerem Maße auch von der Sauerstoffsättigung. Das Herzzeitvolumen ist dabei der größte Kompensationsfaktor.

Hypoxie kann vielfach toleriert und vom Patienten kompensiert werden

Ein kurzfristiger Abfall des Sauerstoffgehaltes im Blut von normal 21 ml pro 100 ml Blut auf unter 7 ml pro 100 ml z. B. bei einer schweren Anämie oder bei einer erniedrigten Sauerstoffsättigung aufgrund einer COPD oder einer Pneumonie verursacht noch keine akute Unterversorgung der Peripherie. Erst bei chronisch über Jahre andauernder Hypoxämie unter 55 mm Hg führt die Langzeitsauerstofftherapie von mehr als 16 h pro Tag zu einer mehrjährigen Lebensverlängerung.

Niedrige Sauerstoffsättigungen können häufig lange toleriert und kompensiert werden. Wenn die Luftnot erträglich ist, muss nicht beatmet werden. Die Indikation zur Beatmung liegt bei der Hypoxämie eher darin, eine Atemmuskelüberlastung zu vermeiden. Dies sollte dann aufgrund des geringeren Risikos eher mit einer nichtinvasiven als einer invasiven Beatmung erfolgen. Aus pragmatischen Gründen, ohne dass dies für das Überleben zwingend notwendig ist, kann bei Hypoxämie kontrolliert Sauerstoff gegeben werden und die Sättigung auf 93 % angehoben werden trotz fehlender wissenschaftlich belegter Notwendigkeit. Höhere Sauerstoffdosen können die Atmung verschlechtern, die CO2-Schwelle verstellen und zur Hyperkapnie führen, insbesondere wenn sie im Schlaf verabreicht werden.

Ob allein eine niedrige Sauerstoffsättigung zu einer Intubation führen muss, ist in Anbetracht des Risikos einer invasiven Beatmung in Diskussion, gerade im Rahmen der aktuellen COVID-19-Pandemie mit einer Sterblichkeit unter invasiver Beatmung von 53 % [7] und mehr. Durch eine nichtinvasive Beatmung mit dem Ziel der Entlastung bei überbeanspruchter Atempumpe oder durch eine High-flow-Therapie mit erwärmtem und befeuchtetem Sauerstoff zur Beseitigung der Hypoxämie konnten Intubationen verhindert und rückgängig gemacht werden [11].

Atempumpinsuffizienz braucht passive Beatmung, Lungeninsufffizienz nur Sauerstoff

Einzig beim ARDS („acute respiratory distress syndrome“), einem Syndrom, das unterschiedliche Erkrankungen mit schwerer Hypoxämie vereint, wird eine lungenprotektive Beatmung empfohlen [1]. Jedoch haben nicht alle Patienten mit den Kriterien eines ARDS ein Risiko für einen Lungenschaden. Bei Obduktionen verstorbener ARDS-Patienten hatten 64 % keinen Alveolarkollaps, der ein solches Risiko begründet [15]. Hypoxämische COPD-Patienten haben eine Überblähung, sodass ein Alveolenkollaps unwahrscheinlich ist, der als theoretische Voraussetzung für das Entstehen eines beatmungsinduzierten Lungenschadens angesehen wird [11]. Auch bei COVID-19 wird diskutiert, ob die erhebliche Mortalität unter lungenprotektiver Beatmung nicht durch mehr Atemmuskelentlastung zumindest im frühen Stadium gesenkt werden kann [5]. Bei unseren COVID-19-Patienten verbesserte sich die Lunge unter atmungsentlastender Therapie mit hohem Atemzugvolumen, hohem Beatmungsdruck und 0 PEEP in fast allen Fällen [11].

Schlussfolgerung

Eine Ermüdung oder ein Versagen der Atempumpe führt zu einer ventilatorischen Insuffizienz, die durch Hyperkapnie und konsekutive Hypoxämie charakterisiert ist. Sie entsteht durch Überlastung der Atempumpe durch Erhöhung der Last und/oder Verminderung der Kraft der Inspirationsmuskulatur, wodurch es zur Vermeidung eines Atemversagens zu Feedback-Mechanismen kommt: Eine Verminderung des Atemantriebs und damit eine Verringerung der muskulären Kontraktion führen zu einer Schonung der Muskulatur. Die hierdurch verminderte Ventilation führt dann aber zu einer Hyperkapnie. Die Hyperkapnie ist daher immer ein Zeichen einer verminderten Leistung der Atempumpe.

Die Atempumpe kann durch ein Beatmungsgerät ersetzt werden. Menschen ohne Fähigkeit, spontan zu atmen, z. B. nach einer Querschnittslähmung, haben mit Beatmung eine normale Lebenserwartung, wenn die Beatmung die Atempumpe gleichwertig ersetzt. Auch die ventilatorische Ateminsuffizienz, wenn sie akut eintritt oder über mehrere Jahre entsteht, kann durch Beatmung gebessert werden. Dazu ist eine überwiegend passive Beatmung mit Normalisierung des pCO2 erforderlich, sodass auch unter Spontanatmung ein nahezu normaler pCO2 aufrechterhalten wird. Durch diese passive Beatmung, nichtinvasiv oder invasiv, bessern sich die Funktion der Atempumpe, die Lebensqualität und auch die Lebenserwartung – bei COPD immerhin um 20 % im ersten Jahr. Eine Beatmung ohne Verbesserung des spontanen pCO2 ist wirkungslos bei der chronischen Atmungsinsuffizienz und bei akuten Erkrankungen wahrscheinlich auch, wie die Mortalitätszahlen bei akutem Atemversagen und bei COVID-19 vermuten lassen. Eine entlastende Beatmung, ohne dass der Patient nennenswert selbst atmen muss, hat viele Vorteile auch in der akuten Phase und verbessert wahrscheinlich auch das Outcome. Hier sind Studien erforderlich.

Infobox 1 Kriterien, an denen eine unzureichende atementlastende Beatmung erkannt werden kann

  • Erhöhter pCO2 (Kohlendioxidpartialdruck)

  • Tachypnoe 20/min

  • Luftschnappen

  • Asynchrone Atemzüge

  • Unterschied Beatmungs- und Atemfrequenz

  • Niedriges Atemzugvolumen, z. B. 600 ml

  • Schwankende Atemzugvolumina

  • Unruhe, Agitation

  • Hypertonie und Tachykardie

  • Erhöhtes Bikarbonat

Fazit für die Praxis

  • Die Hyperkapnie ist Folge des Versagens der Atempumpe, die Hypoxie Folge von Lungenerkrankungen.

  • Die Hyperkapnie tags und nachts und die Inspirationsdrücke PImax (maximaler statischer Inspirationsdruck), P0,1max und P0,1 zeigen die Belastung der Atempumpe an.

  • Die ventilatorische Insuffizienz soll sowohl auf der Intensivstation als auch außerklinisch durch eine passive atmungsentlastende Beatmung mit normalem pCO2 (Kohlendioxidpartialdruck) behandelt werden, sodass die Atemmuskelaktivität durch die Beatmung vollständig unterdrückt wird.

  • Durch diese passive Beatmung kann die Atemmuskelfunktion verbessert werden mit längerer Spontanatmung. Die CO2(Kohlendioxid)-Schwelle wird normalisiert, sodass der pCO2 unter Spontanatmung im Normbereich verbleibt.

  • Dadurch kommt es zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der 1‑Jahres-Überlebensrate um 20 % bei Patienten mit ventilatorischer Insuffizienz und stabiler COPD („chronic obstructive pulmonary disease“).

  • Eine atmungsentlastende Beatmung über Beatmungstubus, Trachealkanüle oder Masken sowohl bei chronischer als auch akuter Erkrankung und bei COVID-19 benötigt ein hohes Atemzugvolumen und einen niedrigen pCO2 und häufig keine Sedativa.