Einleitung

Durch den technischen Fortschritt haben sich in den vergangenen Jahren auch in der Landwirtschaft neue Entwicklungen ergeben. Precision Agriculture ist ein informationsgeleitetes Managementkonzept der landwirtschaftlichen Produktion, das insbesondere satellitengestützte Ortungssysteme (GPS), verschiedenste Sensoren zur Datenerfassung sowie Geoinformationssysteme (GIS) nutzt (Rösch et al. 2007). Diese Technologien ermöglichen die Beobachtung, Erfassung und Steuerung von Maßnahmen in Landwirtschaft und Gartenbau. Dabei werden alle Ebenen – von der Bodenbewirtschaftung, der pflanzlichen und tierischen Produktion bis hin zur Rückverfolgbarkeit der Produkte – erfasst. Ein Bereich ist die teilschlagspezifische Pflanzenproduktion, bei der der Boden, der Pflanzenbestand und das Mikroklima überwacht werden. Mithilfe moderner Informationstechniken wird der Bedarf an pflanzenbaulichen Inputfaktoren – Saatgut, Düngemittel, Wasser und Pflanzenschutz – räumlich und zeitlich detailliert erfasst und der räumlich präzisierte und zeitlich optimierte Mitteleinsatz im Sinne einer Outputmaximierung gesteuert, was nicht zuletzt auch zu einer Entlastung der Umwelt durch landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmaßnahmen beiträgt.

Pflanzenschutz stellt einen wichtigen Produktions- und Managementfaktor dar, der in intensiven Anbausystemen derzeit fast ausschließlich einheitlich auf der gesamten Fläche ausgeführt wird. Dies geschieht, obwohl die Notwendigkeit von Bekämpfungsmaßnahmen oft räumlich-zeitlich (teilschlagspezifisch) sehr unterschiedlich ist. Die Variabilität des Auftretens von Unkräutern, Schadtieren und Krankheiten im Bestand erfordert für eine bedarfsgerechte Bekämpfung ein differenzierteres Handeln. Moderne Verfahren der Sensortechnik für Nah- und Fernerkundung, der Datenverarbeitung und der Applikationstechnik können dazu beitragen, die auch von politischen Ebenen geforderte Reduktion der Aufwandmenge an synthetischen Pflanzenschutzmitteln im intensiven Pflanzenbau ohne wirtschaftlich inakzeptable Einbußen an Produktionsintensität zu verwirklichen.

Der Situationsbezogene, an Schadschwellen orientierte und umweltschonende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird durch die kleinräumige, teilschlagspezifische Zustandserfassung des Pflanzenbestandes und eine präzise Steuerung der Kontrollmaßnahmen in den verschiedenen Managementeinheiten optimiert. Die frühzeitige Erfassung und Identifizierung der Schaderreger, die Prognose der Befallsentwicklung und des Schadens, die Nutzung von Expertensystemen, die Auswahl und Formulierung geeigneter Wirkstoffe sowie die Durchführung der notwendigen Maßnahmen können mit neuen Sensortechnologien verbessert werden. Insbesondere die Nutzung von GPS zur Geocodierung von Informationen, der Nah- und Fernerkundung mit hoch auflösenden Sensoren, digitaler Bildaufnahme und PC-gestützter Bildanalyseverfahren in Kombination mit komplexen Experten- und Entscheidungssystemen ermöglichen eine neue Qualität der Durchführung und Dokumentation von Pflanzenschutzmaßnahmen.

Räumliche und zeitliche Verteilung von Schaderregern

Das Auftreten von Schaderregern in Nutzpflanzenbeständen ist selten gleichmäßig über den ganzen Schlag verteilt. Vielmehr scheint die Heterogenität des Auftretens für eine Vielzahl von Schaderregern charakteristisch zu sein. Dies ist besonders offensichtlich bei Unkrautnestern, die z. T. über viele Jahre bzw. Fruchtfolgen hinweg nahezu ortstreu sind. Für Krankheitserreger und Schadtiere ist über die räumliche Verteilung sehr viel weniger bekannt (Tabelle 1). Ausnahmen bilden hier bodenbürtige Erreger, insbesondere Nematoden, deren oft nesterweises Auftreten seit langem dokumentiert ist. Für windbürtige Krankheitserreger ist ein erstes punktuelles Auftreten des Befalls beschrieben, die Krankheiten breiten sich durch ihre sekundäre Verbreitung durch weitere Sporengenerationen aber meistens schnell relativ gleichmäßig über den ganzen Bestand aus. Der Zustand der Wirtspflanzen – Vitalität, Nährstoffversorgung, Exposition zur Sonne, etc. – bzw. deren Heterogenität und das Mikroklima wirken sich jedoch modifizierend auf die Art der Ausbreitung im Bestand aus, die zu einer unterschiedlichen Verteilung des Befalls im Bestand führt (Abb. 1).

Tabelle 1 Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Unkräutern, Arthropoden, Nematoden und Pathogenen bei der Anwendung von Methoden eines präzisierten Pflanzenschutzes
Abb. 1
figure 1

Idealisierte Darstellung der räumlichen Verteilung des Auftretens von Schaderregern in Nutzpflanzenbeständen. Alle Übergänge zwischen den verschiedenen Mustern sind möglich

Krankheitsbefall beginnt oft in einzelnen Befallsnestern, da die Pathogene an einzelnen Foci im Bestand überwintern oder zufallsbedingt durch den Wind eingetragen werden, bzw. weil das Mikroklima im Bestand heterogen ist und einen Befall nur in einigen Bereichen ermöglicht. Die repräsentative Erfassung des Krankheitsbefalls als Entscheidungskriterium für eine ganzflächige Fungizidbehandlung nach Schadschwellen, wie sie im intensiven Anbau derzeit Standard ist, wird durch diese – besonders zu Beginn der Krankheitsentwicklung im Bestand vorhandene – Heterogenität erheblich erschwert und kann zu falschen Bekämpfungsentscheidungen führen. Insbesondere für bodenbürtige Schaderreger – Nematoden, Gaeumannomyces graminis, Rhizoctonia oryzae, R. solani – ist ein aggregiertes Auftreten in Befallsnestern belegt.

Auch für den windbürtigen Echten Mehltau sowie Blatt-Septoria an Weizen wurde ein verstärkter Befall an den Rändern bzw. eine Heterogenität des Befalls im Bestand festgestellt, die in Versuchen für eine variable Fungiziddosierung genutzt werden konnte (Koch 1980; Bjerre 1999). Nähere Angaben zum räumlichen und zeitlichen Auftreten der Pathogene bzw. Krankheiten im Bestand liegen aber kaum vor. Oft geht ein einheitliches Auftreten in späten Entwicklungsstadien der Nutzpflanzen von wenigen Stellen mit Primärbefall aus. Beim Falschen Mehltau an Salat durch Bremia lactucae wirken sich die primären Infektionsquellen noch auf das Befallsgeschehen an Standorten in 80–3000 m Entfernung aus. Aufgrund unterschiedlicher Umweltbedingungen konnte die Region Las Salinas in Kalifornien in einen Bereich mit hohem und einen mit geringem Befallsdruck unterschieden werden (Wu et al. 2001).

Die Entwicklung von Sensortechnologien zur Erfassung solcher Inhomogenitäten ist letztendlich die Grundlage für einen teilflächenspezifischen Pflanzenschutz. Zur teilschlagspezifischen Unkrautbekämpfung sind erste Verfahren bis zur Praxisreife entwickelt worden (vergl. Weis et al. 2008). Dabei werden die makroskopisch sichtbaren Unkräuter mittels digitaler Verarbeitung multispektraler Bilder (RGB bzw. RGNIR) identifiziert und quantifiziert, die Applikation von selektiven Herbiziden wird entsprechend dem Spektrum und der Dichte der Unkräuter und Ungräser gesteuert. Die Differenzierung zwischen Nutzpflanze und Unkräutern bzw. Ungräsern oder aller auftretenden Pflanzen erfolgt anhand von Parametern für Formmerkmale (Umriss, Verhältnis Umfang zu Fläche etc.) und die Textur der Pflanzen, die aus RGB- bzw. bispektralen Bildern extrahiert und analysiert werden.

Für eine teilschlagspezifische Ausbringung von Fungiziden stehen derzeit nur indirekte Bestandsmerkmale wie die Bestandsdichte zur Verfügung, die mit einem Pendelsensor erfasst wird (Dammer et al. 2000). Eine Diagnose und Identifikation der mikroskopisch kleinen pilzlichen (oder bakteriellen) Krankheitserreger und der bodenbürtigen Nematoden mit Sensoren ist derzeit noch nicht mit hinreichender Sensitivität und Präzision möglich. Aufgrund der Bedeutung polyzyklischer Pathogene müssen die Pflanzenbestände zudem über einen längeren Zeitraum wiederholt auf das Auftreten von Krankheitserregern überwacht werden (Tabelle 1). Lösungsansätze sind derzeit die Erfassung a) befallsrelevanter Witterungsdaten bzw. der Heterogenität des Mikroklimas im Bestand und b) der typischen Symptome der Krankheiten an den Nutzpflanzen mit Nah- und Fernerkundungssensoren (Multi,- Hyperspektralkamera, Thermografie, Chlorophyllfluoreszenz etc.). Die Spezifität und Sensitivität der Sensoren muss einen frühzeitigen Nachweis der ersten Krankheitssymptome ermöglichen, nur so können Pflanzenschutzmaßnahmen zur Vermeidung wirtschaftlich relevanter Verluste rechtzeitig durchgeführt werden. Dazu kann die Kombination von verschiedenen Sensoren (Datenfusion) notwendig sein. Bei der Erfassung der Zustände von Nutzpflanzen sollen kleinräumige Unterschiede (zwischen Pflanzen) ebenso wie großräumige (im Bestand) und regionale Variabilitäten berücksichtigt werden („up and down scaling“). Neuere Entwicklungen auf diesem Gebiet werden im Folgenden dargestellt.

Erfassung des Auftretens von Pflanzenkrankheiten

Für eine gezielte Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten sind deren Diagnose und Quantifizierung (und Prognose der weiteren Entwicklung) die wichtigsten Voraussetzungen für die Entscheidung, ob, wann und welche Bekämpfungsmaßnahme durchgeführt werden muss. Die visuelle Diagnose der Schaderreger mit dem menschlichen Auge erfolgt anhand der makro- oder mikroskopisch erfassbaren Erregerstrukturen und erfordert a) Kenntnisse über die entsprechenden Erreger und b) einen hohen zeitlichen Aufwand. Eine örtliche Auflösung der Erfassung von Pflanzenkrankheiten, wie sie für eine teilflächenspezifische Bekämpfung notwendig wäre, ist mit Sichtbonituren kaum erreichbar.

Eine Alternative bietet die sensorische Erfassung der Veränderungen der Pflanzen als Folge des Schaderregerbefalls. Dieser führt zu Veränderungen des pflanzlichen Stoffwechsels, die in Abhängigkeit von der Art, dem Stadium und der Intensität der Besiedlung variieren. Einen Überblick über die radiometrisch messbaren Auswirkungen an Pflanzen bzw. einige Sensoren geben West et al. (2003). Aufgrund der heterogenen Verteilung der Pathogene als Ausgangspunkt der Primärbesiedlung bleiben der Befall bzw. dessen Auswirkungen auf den Stoffwechsel des Wirtes zunächst meist lokal begrenzt. Sie weisen aber oft eine ausgeprägte zeitliche und räumliche Dynamik auf, in deren Folge sichtbare Symptome bzw. nur physiologisch nachweisbare Veränderungen auftreten, die mit Sensoren und Bildverarbeitung erfasst werden können.

Die Prognose des Auftretens von Schaderregern beruht auf der Abhängigkeit von deren Entwicklung von Umweltfaktoren, insbesondere Temperatur und Blattnässe bzw. relativer Luftfeuchtigkeit. Die Erfassung dieser physikalischen Messgrößen erfolgt typischerweise mithilfe von Wetterstationen.

Wetterdaten und Mikroklima im Pflanzenbestand

Temperatur und Feuchte stellen für die Entwicklung von Schaderregern an Pflanzen epidemiebestimmende Kardinalpunkte dar. Die Minimalausstattung einer Wetterstation für die Prognose des Auftretens und der Ausbreitung von Krankheitserregern sollte Sensoren für Lufttemperatur (über dem Bestand), die relative Luftfeuchtigkeit (RH) und die Blattnässe(-dauer) umfassen. Wünschenswert sind weiterhin Sensoren für die Temperatur im Bestand, die Einstrahlung (Globalstrahlung), Wind (-geschwindigkeit und -richtung) sowie für Bodentemperatur und -feuchte. Einrichtungen wie Netzwerke von Wetterstationen oder Wetterradar erlauben zudem eine relativ exakte Prognose der kurzfristigen, kleinräumigen Wetterentwicklung.

Wetterstationen erlauben aber kaum die Erfassung der Heterogenität der Klimafaktoren bzw. des Mikroklimas im Bestand. Eine interessante Alternative zur Verwendung vieler Stationen in einem Bestand – und der Auswertung der anfallenden Daten – ist die Kombination von Daten einer Wetterstation mit topografischen und hydrografischen Karten in Geoinformationssystemen (GIS), wie sie für die Nutzung von Wetterdaten auf regionaler Ebene bereits demonstriert worden ist (Zeuner 2007). Dazu wurden die Daten für Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit von den verfügbaren Wetterstationen in so genannten virtuellen Wetterstationen so aufbereitet, dass diese Eingangsparameter für die Phytophthora-Prognosemodelle SIMPHYT1 und SIMPHYT3 flächendeckend für alle Kartoffelschläge in Deutschland zur Verfügung stehen. Eine georeferenzierte Bereitstellung der Mikroklimadaten scheint ebenfalls möglich.

Ein anderer Ansatz zur Erfassung der Heterogenität des Mikroklimas in Pflanzenbeständen ist die Entwicklung von drahtlosen Sensornetzwerken, die räumliche und zeitliche Informationen für teilschlagspezifische Bekämpfungsentscheidungen bzw. Expertensysteme liefern sollen. In den Niederlanden werden Möglichkeiten zur Erfassung des Mikroklimas in Kartoffelbeständen für eine wirksamere Phytophthora-Bekämpfung erforscht. Dabei werden Netzwerke mit bis zu 140 Sensoren untersucht, die über Radiowellen Informationen über Temperatur, Luftdruck, relative Luftfeuchtigkeit und Einstrahlung im Kartoffelbestand liefern (Goense et al. 2005). Ziel ist es, kleine, preiswerte Sensoren, die nach einiger Zeit auf dem Boden zersetzt werden, in Pflanzenbestände auszubringen, um die Heterogenität des Bestandsklimas zu erfassen und diese Informationen für Bekämpfungsentscheidungen zu nutzen. Bis 2010 sollen Sensoren mit einer Größe von Düngergranulaten („smart dust“) entwickelt werden.

Der Einfluss der Heterogenität des Mikroklimas im Bestand – selbst auf kleinen Flächen – auf das Auftreten und die Ausbreitung von Blattkrankheiten wird am Beispiel des Falschen Mehltaus der Gurke deutlich (Abb. 2). Das Risiko eines Befalls durch Pseudoperonospora cubensis ergibt sich aus seiner Abhängigkeit von Blatttemperatur und Blattnässedauer; die teilschlagspezifische Anwendung des Prognosemodells für den Falschen Mehltau nach Bedlan (1988) konnte die Heterogenität der Ausbreitung dieser Krankheit in Abhängigkeit des Mikroklimas sehr gut beschreiben. Für die Erfassung und Abgrenzung von Risikobereichen innerhalb eines Schlages für die optimierte Prognose des Erstauftretens von Schaderregern eröffnet die bildgebende Thermografie neue Möglichkeiten (Abb. 3).

Abb. 2
figure 2

a–d Prognose der Entwicklung des Falschen Mehltaus der Gurke durch Pseudoperonospora cubensis anhand von Bestandestemperatur (a) und Blattnässedauer (b). Das aus (a) und (b) berechnete Infektionsrisiko (c) wird weitgehend durch die weitere teilschlagspezifische Entwicklung der Krankheit im Bestand (d) bestätigt (Lindenthal 2005)

Abb. 3
figure 3

Erfassung und Abgrenzung von Unterschieden in einem Weizenbestand zu BBCH 59 anhand eines thermografischen Luftbildes (Lenthe 2005)

Spektrale Sensoren

Mit Sensoren zur Erfassung der Reflexionseigenschaften von mit Pathogenen infizierten Pflanzen können typische Erregerstadien, Symptome oder die Auswirkungen der Krankheiten auf die Pflanze detektiert werden. Informationsträger bei der Verwendung von spektralen Sensoren ist die von den Untersuchungsobjekten reflektierte oder emittierte elektromagnetische Strahlung, die berührungslos gemessen wird. Als Messparameter dienen das Spektrum der Strahlung oder die Strahlungsenergie in einem definierten Wellenlängenbereich. Die Beeinflussung von Photosynthese, Gaswechsel, Wasserhaushalt und Phenolstoffwechsel führt zu Veränderungen der spektralen Eigenschaften der Pflanzen, die mit moderner Sensortechnologie erfasst werden können. Zudem werden in der Pathogenese auch von den Erregern neue Strukturen mit charakteristischen spektralen Eigenschaften gebildet, die zu ihrer Differenzierung genutzt werden können. Durch die Entwicklung digitaler, abbildender Messmethoden ist eine räumliche Auflösung der Heterogenität zwischen befallenem und unbefallenem Pflanzengewebe möglich.

Die Sensoren lassen sich nach a) dem erfassten Wellenlängenbereich (Abb. 4), b) dem Abstand zwischen Sensor und Objekt (Nah- bzw. Fernerkundung) und c) ihrer Arbeitsweise (passiv bzw. aktiv) klassifizieren, bzw. d) ob sie einen Durchschnittswert für ein Messfeld (nicht-abbildend) oder die jeweilige Information räumlich aufgelöst für alle Pixel eines digitalen Bildes (abbildend) liefern (Tabelle 2). Passive Sensoren erfassen die reflektierte Sonnenstrahlung sowie die emittierte Eigenstrahlung (Thermalbilder) der Objekte. Bei aktiven Verfahren gibt das Messgerät ein Messlicht (z. B. Mikrowellen oder Laserstrahlen) ab, dessen reflektierte Anteile nach Wechselwirkung mit dem Objekt wieder detektiert wird (Radarsysteme, Laseraltimeter). Bei Fluoreszenzverfahren regt das Messlicht Moleküle der Pflanzen zur Emission von längerwelligem Licht an, das detektiert wird (z. B. Chlorophyllfluoreszenz). Insbesondere Fernerkundungsdaten haben derzeit häufig noch eine zu geringe räumliche Auflösung, d. h. der Größe des kleinsten Objektes, das in einem Bild detektiert werden kann. Zudem unterliegt ihre Verfügbarkeit den variablen Einflüssen von Wolkenbedeckung und Atmosphäre (Wasserdampf, Aerosolgehalt). Bei abbildenden Verfahren multipliziert sich der Informationsgehalt mit der Anzahl der erfassten Bildpunkte, was zu sehr großen Datensätzen und entsprechend umfangreichen Auswertungsarbeiten führt. Sie bieten aber erst die Möglichkeit, räumliche Heterogenitäten in einer Aufnahme zu erfassen.

Abb. 4
figure 4

Spektrum der elektromagnetischen Strahlung und deren Nutzung für Sensoren in der Nah- und Fernerkundung

Tabelle 2 Verschiedene Möglichkeiten der Klassifizierung von Sensoren elektromagnetischer Strahlung

RGB-Bilder bilden die Farben des sichtbaren Spektrums wie das menschliche Auge für die einzelnen Bildpunkte durch unterschiedliche Anteile der drei Kanäle Rot, Grün und Blau ab. Diese einfachsten Multispektralkameras bieten daher kaum spektrale Information. Newe u. Johnen (2004) stellten eine Machbarkeitsstudie vor, bei dem der Krankheitsbefall von Weizen anhand der Farbveränderungen des befallenen Gewebes auf eingescannten Bildern identifiziert und quantifiziert wurde.

Multispektralsensoren verfügen über bis zu zehn Kanäle, insbesondere auch im Nahinfrarotbereich. Sie werden zum Beispiel für die Berechnung des Normalized Difference Vegetation Index \( (\text{NDVI}=(\text{NIR}-\text{Rot})/(\text{NIR}+\text{Rot})) \) genutzt, der bei Satellitenbildern als Maß für die Biomasse einer Fläche genutzt wird. Damit ermöglicht die Auswertung multispektraler Fernerkundungsdaten, in Nutzpflanzenbeständen Bereiche mit geringerer Vitalität zu erfassen. Die relativ geringe spektrale Auflösung multispektraler Daten erlaubt aber derzeit keine Differenzierung der auf die Pflanze einwirkenden Krankheitserreger (z. B. Echter Mehltau, Rost, Septoria spp.). Häufig wirken sich Schaderreger auf den Chlorophyllgehalt der Pflanzen in sehr ähnlicher Weise aus, sodass Veränderungen durch verschiedene Erreger in multispektralen Bildern kaum voneinander abweichen.

Hyperspektral erfasste Daten haben bei der Identifizierung und Quantifizierung von Pflanzenmerkmalen aufgrund der erheblich höheren Informationsdichte erhebliche Vorteile. Die spektrale Auflösung – Bandbreite bis < 1 nm, Anzahl der Bänder bis > 1.000 – erlaubt eine nahezu kontinuierliche Erfassung des Spektrums im sichtbaren Bereich und des anschließenden Nahinfrarots. Erste positive Erfahrungen mit Hyperspektraldaten zur Erfassung von Getreidekrankheiten liegen aus Universitäten in Belgien, Deutschland und Schweden vor (u. a. Larsolle u. Muhammed 2007; Moshou et al. 2006; Franke u. Menz 2007). Dabei wurden abbildende und nicht-abbildende Systeme getestet.

Laudien et al. (2003) konnten anhand der Analyse von bodengestützten Hyperspektralbildern bzw. satellitengestützten Multispektralaufnahmen befallene von gesunden Zuckerrüben unterscheiden, ohne dabei die am Befall beteiligten Schaderreger differenzieren zu können. Derselben Arbeitsgruppe gelang es auch, Rhizoctonia solani, den Erreger der späten Rübenfäule, der ab Mitte der Vegetationsperiode Symptome bis zum nesterweisen Totalausfall verursacht, im Feld zu lokalisieren (Laudien et al. 2004).

Die Thermometrie nutzt die Wärmestrahlung im Bereich von 3–5 μm bzw. 8–14 μm, da die Atmosphäre für Strahlung dieser Wellenlänge eine geringe Absorption aufweist. Die Temperatur von Pflanzenbeständen (im Vergleich zur Lufttemperatur) lässt Aussagen über die Vitalität von Pflanzen zu, insbesondere deren Transpiration. Abbildende Verfahren liefern räumliche Muster der pflanzlichen Transpiration auf verschiedenen Skalenebenen, vom Blattniveau bis zur Bestandsebene. Eine Differenzierung der Wirkung von Schaderregern auf den Stoffwechsel von Pflanzen kann zur Früherkennung des Befalls beitragen. An den Beispielen von TMV an Tabak und Cercospora beticola an Rüben konnten mit Chlorophyllfluoreszenz und Thermografie Auswirkungen auf Photosynthese und Transpiration der Pflanzen erfasst werden (Chaerle et al. 2004).

Fluoreszenzverfahren

Die Chlorophyll-a-Fluoreszenz von Blättern liefert Informationen über die potenzielle und die aktuelle Elektronentransportleistung der Photosynthese. Die nicht-invasiven Messungen haben ein erhebliches Potenzial zur Optimierung von Produktionsverfahren beizutragen (Baker u. Rosenqvist 2004). Bei der laserinduzierten Fluoreszenz wird mit Laserlicht definierter Wellenlänge das Emissionsspektrum der Chlorophyll-a-Fluoreszenz angeregt. Das Spektrum zeigt ein Maximum im roten Wellenbereich (F690) und ein weiteres im infraroten Bereich (F740). Das Verhältnis F690/F740 ist ein Indikator für einen länger anhaltenden Stress und steht in enger Korrelation zum Chlorophyllgehalt. Ein Befall von Apfelblättern mit Echtem Mehltau war mit dieser Methode früher als bei einer visuellen Bonitur erkennbar (Lüdeker et al. 1996).

Während das Chlorophyll-a eine typische Fluoreszenz im Rotbereich bedingt, tragen zahlreiche andere Substanzen in der Pflanze zu einer blaugrünen Fluoreszenz bei, die ebenfalls Aussagen über stressbedingte Reaktionen von Pflanzen ermöglicht (Cerovic et  al. 1999; Tartachnyk et  al. 2006; Abb. 5). Sie wird durch Licht im UV-Bereich angeregt. Als Lichtquellen kommen Laser, Lampen sowie Puls-Amplituden-modulierte Lichtquellen zum Einsatz, die eine weitgehende Unterdrückung von Hintergrundsignalen erlauben. Als Detektoren finden Photomultiplier, Photodioden, Diodenarrays für Punktmessungen sowie CCD-Kameras für abbildende Verfahren Anwendung. Mit Imagingtechniken können die Auswirkungen von Krankheiten räumlich aufgelöst dargestellt werden, wiederholte Messungen ermöglichen eine Dokumentation der zeitlichen Entwicklung der Stresssituation (Chaerle u. van der Straeten 2000; Chaerle et al. 2007; Kuckenberg et al. 2007).

Abb. 5
figure 5

Schematische Darstellung eines durch UV-Licht induziertem Fluoreszenzspektrums eines grünen Blattes (verändert nach Tartachnyk, unveröff.)

Je mehr Parameter zur Verfügung stehen, desto besser können Stressfaktoren diskriminiert und statistisch verrechnet werden. Daher wird derzeit untersucht, welche zusätzlichen Informationen das Abklingverhalten von Fluoreszenzspektren für eine Identifizierung bzw. Differenzierung von Stressursachen liefert. Derzeit werden Verfahren erprobt, die laserinduzierte Chlorophyllfluoreszenz online, ähnlich wie den Yara N-Sensor® für die teilschlagspezifische Stickstoffdüngung, für die Erfassung von Pflanzenkrankheiten einzusetzen.

Radar

Flugzeug- oder shuttlegestützte Daten zeigen, das auch multifrequente, multipolarisierte SAR-Bilder (Synthetic Aperture Radar) Aussagen zu Biomasse, Bestandparametern (Höhe, Blattfläche) bzw. deren schlaginterner Heterogenität erlauben. Somit lassen sich neben dem Regenradar, wie es z. B. für die Prognose der Phytophthora-Entwicklung an Kartoffeln bzw. Claviceps africana an Sorghum getestet wird, auch weitere Anwendungen der SAR-Technologie für einen präzisierten Pflanzenschutz erwarten. Ein wichtiger Vorteil von Mikrowellensensoren ist, dass sie wetter- und beleuchtungsunabhängig Bilder mit komplementärer Information zu optischen Sensoren liefern können.

Mechanische Sensoren

Ein Ansatz für eine teilflächige Applikation von Fungiziden beruht auf der Berücksichtigung der Bestandsdichte, die über einen mechanischen Sensor erfasst werden kann (Dammer et al. 2000). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Aufwandmenge entsprechend der Bestandsdichte variiert werden kann und die breit wirksamen Präparate die auftretenden Krankheiten hinreichend erfassen. Durch dieses Verfahren soll die Aufwandmenge der Pflanzenmasse angepasst werden. Eine differenzierte Erfassung der verschiedenen und vermutlich heterogen im Bestand auftretenden Krankheitserreger erfolgt bei diesem Verfahren aber nicht.

Biochemische Sensoren

Neben den nicht-invasiven Sensoren im Fern- und Naherkundungsbereich stehen weitere moderne Diagnoseverfahren zur Verfügung, die auch in Kombination mit den oben beschriebenen physikalischen Sensoren eingesetzt werden können. So untersuchte Wolters (2004) die Möglichkeit einer immuno-gravimetrischen Erfassung des Ascosporenflugs von Venturia inaequalis, dem Erreger des Apfelschorfs. Dabei wird eine Sporenfalle mit dem serologischen Nachweis der Ascosporen mittels spezifischer Antikörper kombiniert. Windbürtige Pathogeneinheiten aus Sporenfallen können auch mittels qPCR erfasst werden, bei der auch die Fungizidsensitivität bzw. -resistenz der Pathogene als Entscheidungskriterium für die Wirkstoffauswahl überprüft werden kann. Dieses Verfahren könnte vor dem Auftreten erster Befallssymptome an den Pflanzen eingesetzt werden.

Für bodenbürtige Schaderreger wie Nematoden und einige Schadpilze ermöglicht die Nutzung von Geoinformationssystemen die Ableitung von Managementzonen, also Teilflächen, die sich aufgrund von bestimmten Charakteristika (z. B. Bodeneigenschaften, Wasserverfügbarkeit, Topografie) unterscheiden und die im Zusammenhang mit dem Auftreten und der Entwicklung von Schaderregern stehen. Heap u. McKay (2007 ) demonstrierten den Erfolg einer teilflächenspezifischen Beprobung von australischen Getreideflächen mit anschließendem qPCR-Nachweis von R. cerealis, Fusarium-Arten und Zystennematoden unter Beachtung von Managementzonen.

Auch der Nachweis von leicht flüchtigen Bestandteilen (VOCs), die von mit Schaderregern befallenem Pflanzengewebe abgegeben werden, eröffnet neue Möglichkeiten für einen gezielteren Pflanzenschutz. Für den Nachweis von mit Erwinia carotovora befallenen Kartoffelknollen (Schwärzfäule) wurden keramische Sensoren erfolgreich getestet, die im Lager die von den befallenen Knollen abgegebenen gasförmigen Stoffe selbst bei geringem Befall nachweisen konnten (De Lacy Costello et al. 2000). Eine hohe Empfindlichkeit erreichen auch Biosensoren, die zum Nachweis eines Befalls von Kartoffeln durch den Kartoffelkäfer Leptinotarsa decemlineata entwickelt worden sind (Schütz et  al. 2000). Dabei werden Antennen von L. decemlineata für den Nachweis bzw. das Auffinden von (Z)-3-Hexen-1-ol verwendet, einem Stoff, der von Kartoffelblättern spezifisch bei Fraßschäden durch den Käfer freigesetzt wird. Solche Biosensoren (BioFETs) bzw. elektronische Nasen könnten zum Aufspüren von primären Befallsnestern genutzt werden.

Monitoring von Schadinsekten an Nutzpflanzen

Auch das Auftreten bzw. die Schadwirkung von Schadtieren können mit optischen Sensoren fernerkundlich erfasst werden. Im Baumwollanbau werden Fernerkundungsdaten seit 1999 zur DGPS-gesteuerten teilschlagspezifischen Insektizidbehandlung gegen Lygus lineolaris (tarnished plant bug) genutzt. Das System soll in Zukunft auch zur Bekämpfung von Heliothis-Arten im Baumwollanbau verwendet werden (Willers 2005). Der Befall von Tomaten durch Blattminierer lässt sich im Nahinfrarotbereich, insbesondere bei Wellenlängen von 1.450 und 1.900 nm, quantitativ erfassen (Xu et al. 2007). Mit hyperspektralen Messungen konnte bei Weizen durch Befall mit der Blattlaus Schizaphis graminum Veränderungen in der Reflektion im sichtbaren und im NIR-Bereich nachgewiesen werden, die zur genauen Erfassung des Schadens genutzt werden sollen (Mirik et al. 2006).

Wanderungen der Nymphen der Australischen Wanderheuschrecke Chortoicetes terminifera sind bei einer Breite von 30 m der fortschreitenden Population aus 300 bis 500 m erkennbar. Luftaufnahmen werden daher zur Entwicklung effizienterer Luftüberwachungssysteme eingesetzt (Hunter et al. 2008).

Ausblick

Für eine präzisierte Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten müssen zukünftig technische Verfahren zur eindeutigen und automatischen Identifizierung und Quantifizierung des Befalls im Anfangsstadium entwickelt werden. Zur Onlinedurchführung von teilschlagspezifischen Bekämpfungsmaßnahmen muss auch eine entsprechende Applikationstechnik zur Verfügung stehen, z. B. Direkteinspeisungssysteme.

Durch eine zeitlich, räumlich und in der Dosierung optimierte Anwendung kann die Effizienz der Pflanzenschutzmaßnahmen gesteigert werden. Gleichzeitig werden negative Auswirkungen auf die Umwelt minimiert, was als ökologische Leistung des Anwenders dokumentiert und von der Gesellschaft honoriert werden kann. Precision Agriculture führt zu positiven Ergebnissen auch im Pflanzenschutz: Bei Herbiziden scheint eine Einsparung der Aufwandmengen im Durchschnitt um ca. 50% möglich, bei Fungiziden ließen sich mit dem Pendelsensor Einsparungen von 10 bis 20% realisieren (Rösch et  al. 2007). Eine teilschlagspezifische Bekämpfung von Unkräutern und Pilzbefall könnte auch zur Verbesserung der Wirksamkeit des Resistenzmanagements beitragen, da dadurch der Selektionsdruck auf die Schaderregerpopulationen geringer bleibt.

Geoinformationssysteme dienen der Aufbereitung, Verwaltung und Darstellung der räumlichen Informationen, die von Quellen – Karten, Sensoren – unterschiedlicher Skalenebenen akquiriert werden können und für die Ableitung einer teilschlagspezifischen Schaderregerbekämpfung zusammengeführt werden können (Abb. 6). Dadurch ermöglicht Information Präzision und fördert die Effizienz und Akzeptanz des Pflanzenschutzes.

Abb. 6
figure 6

Geoinformationssysteme ermöglichen die räumlich referenzierte Erfassung, Verwaltung und Darstellung von raumbezogenen Daten für den Pflanzenschutz