Einleitung

Südtirol ist das größte zusammenhängende Apfel-Anbaugebiet Europas, mit einer jährlichen Produktion von rund 1 Mio. t Äpfel, und damit stammt ca. jeder zehnte in der EU-28 produzierte Apfel aus Südtirol (Abb. 1). Grundsätz­lich ist Südtirols Obst- und Weinbau aber kleinstrukturiert. Im Apfelanbau bewirtschaften 7.275 Betriebe eine Anbaufläche von 18.538 ha. Demnach ist die durchschnittliche Betriebsgröße im Apfelanbau Südtirols 2,55 ha, im Weinbau 1,11 ha, bei Marillen (0,52 ha) und Birnen (0,45 ha) noch wesentlich kleiner (Astat 2011).

Abb. 1
figure 1

Produktionsdaten in Tonnen der Apfel-Gesamt-Produktion Südtirols über die Jahre 2000 bis 2013. (Quelle: Handelskammer, Bozen. Der Wert für das Jahr 2013 ist eine Schätzung durch das Amt für Obst- und Weinbau, Bozen)

Flächenmäßig werden in Südtirol auf 24.927 ha (= 10,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche) Gehölzkulturen angebaut: davon 18.538 ha Apfelanbau und 5.291 ha Weinbau. Der Rest wird als kleine, aber interessante Nischenproduktionen wahrgenommen: Kastanien (123 ha), Marillen (65 ha), Birnen (57 ha), Kiwi (13 ha), Oliven (10 ha), Pfirsiche (3 ha), Nektarinen (1 ha) (Dalla Via und Mantinger 2012; Astat 2011). Zusätzlich produzieren noch 47 Südtiroler Baum- und Rebschulbetriebe auf 307 ha vorwiegend Obstbäume und Reben (Astat 2011).

Die Wertschöpfung zu Herstellungspreisen der Landwirtschaft betrug im Jahr 2010 4,2 % (659,0 Mio. €; Astat 2013a) der gesamten Wertschöpfung Südtirols. Die Besonderheit liegt aber darin, dass innerhalb der Wertschöpfung des Landwirtschaftssektors der Apfel-Anbau allein 55,5 % ausmacht, gefolgt von der Milchproduktion mit 24,0 % (Astat 2013a). Damit ist der wirtschaftliche Stellenwert des Apfel-Anbaus innerhalb der Südtiroler Landwirtschaft klar dokumentiert, wobei nur 7,7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche für diese Kultur eingesetzt wird (Dalla Via und Mantinger 2012).

Italien weist eine Apfel-Anbaufläche von rund 57.000 ha auf (Daten 2011; Istat 2012). Südtirol produziert auf 32,5 % dieser Fläche rund die Hälfte der nationalen Apfel-Produktion (2010, 49,6 %; 2011: 51.7 %; 2012: 48,7 %), gefolgt vom Trentino (2010: 21,7 %; 2011: 22,1 %; 2012: 23,5 %) und den Regionen Venetien und Friaul-Julisch-Venetien mit zusammen 9,4–10,2 %, Piemont 7,2–9,2 %, Emilia-Romagna 6,3–6,9 %, Kampanien 1,5–1,8 % und Lombardei mit 1,3–1,5 % (Assomela 2012; WIFO 2012).

Der Export landwirtschaftlicher Produkte liegt mit 16,2 % des Gesamt-Exportvolumens Südtirols, nach dem Export von Nahrungsmitteln und Getränken (18,4 %) sowie Maschinen und Anlagen (16,7 %), an dritter Stelle. 2012 wurden in Südtirol landwirtschaftliche Produkte im Wert von 598,2 Mio. € exportiert, während die Importe nur 153,2 Mio. € betrugen (WIFO 2013; Astat 2013b). Der Apfel ist insgesamt gesehen die wichtigste Exportware Südtirols: Mit 387,2 Mio. € ist er das meistexportierte Gut Südtirols. 42,1 % aller exportierten Äpfel sind für Deutschland bestimmt, dann folgen Spanien (9,7 %), Norwegen (4,7 %), Schweden (4,5 %), Großbritannien (4,0 %), und andere Länder (Daten 2010, Astat 2013a). An zweiter Stelle der exportierten Güter liegen Bestandteile und Zubehör für Traktoren und Transportfahrzeuge, mit 249,4 Mio. €, und an dritter Stelle die Weine mit 118,5 Mio. € (Daten 2010, Astat 2013a).

Südtirols Exporterfahrung mit Obst beginnt schon sehr früh, und bereits im Jahr 1867, der Eröffnung der Brenner-Eisenbahn, werden 1.230 t Frischobst exportiert, 1870 waren es 3.000 t und 1893 bereits 6.000 t (Oberhofer 2007a).

Der Weg des Südtiroler Erwerbs-Obstbaues zum heutigen Erfolg war ein langer. Konnten in den guten Jahren große Kernobsternten eingefahren werden (1893: 10.000 t; 1920: 50.000 t; 1949: 170.000 t; 1958: 318.500 t), waren dies, in den nicht wenigen, schlechten Jahren bedeutend geringere Mengen (z.B.1919: 12.000 t, bzw. 1957 als absolutes Fehljahr durch Spätfrost) (Oberhofer 2007a). Alternanz, Spätfröste, Hagel, Nässe und Krankheiten forderten in den schlechten Jahren einen hohen Tribut.

Am obstbaulichen Erfolg Südtirols sind viele Akteure beteiligt. In erster Linie sind dies die Anbauer, die durch ihren Einsatz, ihre Innovationsfreudigkeit, die Neugierde, Begeisterung und Aufgeschlossenheit für Neues, sowie dem Pragmatismus für konkrete, praktische/praktikable und wirtschaftliche Lösungen – das Rad am Laufen halten.

Aber ohne Wissen und Erfahrung sind vor allem viele Neuerungen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Forschung und Innovation können den Erfolg und die Wett­bewerbsfähigkeit eines gesamten Anbaugebietes unterstützen, wie dies am Beispiel von Deutschland auch gezeigt werden konnte (Dalla Via und Baric 2012). In Südtirol hat man frühzeitig diese Notwendigkeit erkannt, und die Versuchstätigkeit und Forschung im Apfelanbau aufgebaut (siehe Review in Dalla Via und Mantinger 2012).

Dieses Wissen muss aber auch den Praktikern vermittelt werden. Hierzu braucht es eine professionell agierende, kapillar wirksame und unabhängige Beratung. Dadurch kann das Wissen entweder in direkten Beratungen, oder mit den entsprechenden Techniken und Medien den Anbauern kommuniziert, übermittelt und verständlich gemacht werden. Durch die entsprechende kapillare Durchdringung der Beratung kann auch eine kleinstrukturierte Produktions-Realität synchronisiert werden.

Im schnellen Turnover des landwirtschaftlichen Fachwissens muss dieses beim Landwirt ankommen und vor allem von diesem verstanden werden. Forschung und Beratung sind erfolglos, wenn die Neuerungen nicht mehr verstanden und nachvollzogen werden können. Die Professionalisierung der Anbauer kann deshalb nur durch eine gute Ausbildung der Jugend und durch eine kontinuierliche Weiterbildung der Erwachsenen erreicht werden, um zeitgemäß, nachhaltig und marktgerecht zu produzieren.

Aber auch die größte und qualitativ hochwertigste Produktion im Ertrags-Obstbau muss verkauft werden. Hierzu braucht es eine effizient arbeitende und auf dem internationalen Parkett operierende Vermarktung. Der einzelne Anbauer ist chancenlos, seine auf 2–3 ha Obsthain produzierten Äpfel zu vermarkten. Dies kann für einige wenige rührige Anbauer auf dem lokalen Markt möglich sein – aber der Weltmarkt bleibt ihnen verschlossen.

Und letztlich ist auch die Politik gefordert, durch geeignete Rahmenbedingungen und Maßnahmen optimale Entwicklungs-Möglichkeiten für einen Wirtschaftsbereich einer Region zu schaffen.

Somit ist es ein Netzwerk verschiedenster Akteure, die für den Erfolg eines Obstbaugebietes und des Erwerbsobst­baues verantwortlich zeichnen. In Südtirol ist der Aufbau der Forschung und Versuchstätigkeit im Erwerbsobstbau (Dalla Via und Mantinger 2012) sehr eng mit dem Aufbau eines landwirtschaftlichen Ausbildungsweges verbunden. Die über 100-jährige Geschichte der land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung in Südtirol umspannt heute Ausbildungswege, die von der praxisorientierten Aus- und Weiterbildung der Landwirte bis hin zum akademischen Abschluss reichen. Und genau diese Entwicklung in Südtirol soll in der Folge skizziert und analysiert werden.

Historisches Umfeld

Der Wunsch nach einer zeitgemäßen und besseren Ausbildung der bäuerlichen Bevölkerung Südtirols wird im 19. Jahrhundert laut, von landwirtschaftlichen Vereinen und Gesellschaften gefordert und vom Tiroler Landtag als dringende Notwendigkeit angemerkt (Lochmann 2010a). Die Revolution von 1848 war zwar gescheitert, brachte aber für die Bauern die Grundentlastung, die sie von den lehens­herrschaftlichen Bedingungen befreite und die Möglichkeit bot, nun tatsächliche Eigentümer ihrer bewirtschafteten Grundstücke zu werden (Leonardi 2009). Die Ablöse der vollen Eigentumsrechte ihrer Höfe führte jedoch viele Bauern in die Verschuldung, zur Abwanderung der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in andere Länder und zur Auswanderung nach Übersee (Forcher 1984). Zusätzlich stürzen zwei wichtige Bereiche der Landwirtschaft im südlichen Teil Tirols, der Weinbau und die Seidenraupenzucht, in eine tiefe Krise. Mitte der 30er Jahre ist ein verstärktes Auftreten des Traubenwicklers zu verzeichnen, 1851 hält der Mehltau in Tirol Einzug und 1855 tritt erstmals in der Seidenraupenzucht die Pébrine-Krankheit auf (Leonardi 2009).

Der Ausbau neuer Verkehrswege (Eröffnung der Brenner­bahn 1867; Pustertalbahn 1871; Bahnlinie Bozen-Meran 1881; Vinschgau-Bahn 1906) setzt die Tiroler Landwirtschaft dem Binnenmarkt der Monarchie aus. Billige Konkurrenzprodukte von auswärts werden importiert, aber andererseits bieten sich auch neue Vermarktungs- und Exportmöglichkeiten in die Monarchie an, so werden z. B. Südtiroler Winter-Calville an die Kaiserhöfe in Wien und Berlin, wie auch an den Zarenhof in St. Petersburg transportiert (Oberhofer 2007b). Dem verstärkten Wettbewerb konnte nur mit Rationalisierungen und vermitteltem Fachwissen begegnet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der lokalen Landwirtschaft zu verbessern.

Es sind die Wanderlehrer, die das Wissen verbreiten und als erster Wanderlehrer Tirols gilt Pfarrer Adolf Trientl (1817–1897). Auf seinen Reisen durch fast ganz Tirol sammelte er die Erfahrungen und verbreitete sie über Briefe, Berichte und landwirtschaftliche Fachartikel – in Kalendern, Zeitungen und Zeitschriften. Er beschäftigte sich auch mit Düngerfragen und dem dafür notwendigen „Mist“, was ihm dann auch den Spitznamen „Mistapostel“ einbrachte (Stern 1979). So ist eine Reihe von Pionieren in der Vermitt­lung des Wissens tätig, aber gerade die schulische Ausbildung wurde von vielen immer wieder gefordert.

Der Innsbrucker Landtag beschließt deshalb 1868 eine Landesanstalt für Landwirtschaft zu gründen, nach dem Vorbild der Obst- und Weinbauschule von Klosterneuburg bei Wien, als ‘Istituto Agrario e Stazione Sperimentale’ in Sankt Michael an der Etsch, auf den Flächen des ehemaligen Augustiner Chorherrenstiftes. Trotzdem vergehen noch viele Jahre, bis am 10. November 1874 die landwirtschaftliche Landesanstalt eröffnet und der Schulbetrieb aufgenommen wird (Bote 1874; Tiroler Volksblatt 1874). Dieser Landwirtschaftsschule in Welsch-Tirol, die sich schwerpunktmäßig mit Obst- und Weinbau sowie Seidenraupenzucht beschäftigt, wird im nordtiroler Raum die 1879 gegründete ‘Landwirtschaftliche Landeslehranstalt’ in Rotholz gegenübergestellt. Deren Schwerpunkte sind Viehzucht, Futteranbau und Weidewirtschaft (Leonardi 2009; Lochmann 2010b).

Die Bedeutung der landwirtschaftlichen Fortbildung wird allgemein erkannt; so wird in Tirol bereits 1871 an 102 Volksschulen ‘Obstbaumzucht’ unterrichtet (Stern 1979). Auf dem heutigen Gebiet Südtirols wird 1872 das ‘Institut der landwirtschaftlichen Wanderlehrer’ gegründet, die für eine kapillare Verbreitung des Fachwissens im Lande sorgten (Leonardi 2009), und sich damit bis in die Neuzeit große Verdienste an der praxisorientierten fachlichen Weiterbildung in der Landwirtschaft erwarben. Die erste landwirtschaftliche Fachschule Deutsch-Südtirols wird aber erst 1909 als „Winterschule“ in Sterzing gegründet und 1910 nach Schloss Moos in Wiesen bei Sterzing verlegt, wo sie bis 1925 angesiedelt blieb (Lochmann 2010d).

Die Zielsetzungen der landwirtschaftlichen Fachschulen wurden bereits 1908 vom Volkswirtschaftlichen Ausschuss der Tiroler Landesregierung festgelegt, ein Ansatz, der auch heute noch von den Fachschulen gelebt wird (siehe Leitbild 2010) und wesentlich zum Erfolg der Südtiroler Landwirtschaft beigetragen hat (Volkswirtschaftlicher Ausschuss 1908):

  1. 1.

    Die Schulen müssen jungen Bauersleuten einen theoretischen und praktischen Unterricht anbieten, der es ihnen ermöglicht, theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden.

  2. 2.

    Diese Schulen sind nicht nur für die Schüler zugänglich, sondern auch der ländlichen Bevölkerung der Umgebung sollte landwirtschaftliches Fachwissen vermittelt werden.

  3. 3.

    Über (Wander)Lehrer sollte der Kontakt zur ländlichen Bevölkerung gesucht werden und diese durch Vorträge und Beratungstätigkeit unterstützt werden.

Der Erste Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit

Der erste Weltkrieg bringt eine einschneidende Zäsur in die Geschichte Südtirols. Durch den Friedensschluss von Saint-Germain wird Deutsch-Südtirol und Welsch-Südtirol (das heutige Trentino) Italien zugeschlagen. Nicht nur die traditionellen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen werden gekappt, auch eine kulturelle Isolation wird eingeleitet und unter dem faschistischen Regime beginnt die Italianisie­rung bzw. die Majorisierung durch geförderte Zuwanderung aus den Provinzen Italiens. Nach der formellen Annexion (10.10.1920), und der Machtübernahme durch die Fa­schisten (28.10.1922), werden Südtirols Ortsnamen italianisiert, der Name ‘Tirol’ und seine Ableitungen verboten (8.8.1923), Deutsch als Unterrichtssprache in den Schulen untersagt und Italienisch eingeführt, die deutsche Volks­schule stufenweise abgeschafft, deutsche Kindergärten und höhere Schulen aufgelöst, die deutschen Lehrkräfte entlassen oder nach Süditalien zwangsversetzt, italienische Lehr­kräfte aus Süditalien angeworben, die deutschsprachige Presse vorzensiert und später völlig verboten, der Gebrauch der italienischen Sprache in der öffentlichen Verwaltung und vor Gericht als einzige Sprache zugelassen und die Gemeindeautonomie abgeschafft (Riedmann 1989; Seberich 2000; Steininger 2000; Steininger 2004). Ab 1927 mussten sogar alle Grabinschriften in italienischer Sprache abgefasst sein (Steininger 2000).

Das landwirtschaftliche Ausbildungssystem in Südtirol zerbricht, das Istituto Agrario in S. Michele unterrichtet nur mehr in italienischer Sprache (entgegen der ursprünglichen Ausrichtung der zweisprachigen Ausbildung; siehe Tiroler Volksblatt 1874), die einzige landwirtschaftliche Fachschule Südtirols wird von Wiesen bei Sterzing nach Dietenheim bei Bruneck verlegt (1925), einem italienischen Konsortium und dem Ministerium für Nationalökonomie unterstellt, die Lehrkräfte und die Schulleitung durch einen italienischen Lehrkörper größtenteils ersetzt (Lochmann 2010d).

Für wenige Jahre wurden in Bozen noch kurze Winterkurse für den Weinbau abgehalten, von 1919 bis 1922 in der Bozner Rebstation, 1923 in einem Gasthof in Gries bei Bozen, und von 1924 bis 1927 im Klostergebäude des Klosters Muri Gries (Mantinger 2008; Lochmann 2010d).

Der Neuanfang

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erhält die Südtiroler Landesregierung die Zuständigkeiten im Bereich der Berufs­ausbildung (Hofmann 1979; Mantinger 2010) und es kann eine landwirtschaftliche Ausbildung in deutscher Sprache wieder aufgebaut werden, wenn auch vielfach unter einer autonomiefeindlichen Regierung und fehlenden Finanzmitteln (Lochmann 2010d). Die obstbauliche und weinbauliche Ausbildung wurde 1947 in Form von 4-monatigen Winterkursen am Benediktinerkloster Muri-Gries in Bozen wieder aufgenommen, die von 1953 bis 1962 auf 9 Monate erwei­tert wurden (Tschirner 1988; Lochmann 2010d; Dalla Via und Mantinger 2012; Mair und Sinn 2013a, b).

Mit 1949 werden vermehrt Abendkurse in der landwirtschaftlichen Ausbildung angeboten und ab 1950 wird das Angebot mit Vier-Monats-Kursen für Jugendliche ergänzt, die als (Wander)Kurse in den verschiedenen Landesteilen je nach Bedarf angeboten werden. Im Rahmen dieser Kurse werden ebenfalls Grundlagen des Obstbaus, Weinbaus und der Kellerwirtschaft unterrichtet. 1952 wurde eine zwei­klassige (zwei Winter übergreifende) landwirtschaftliche Ausbildung an der Fürstenburg in Burgeis bei Mals im Vinsch­gau angeboten. Dies ist somit die erste Neugründung einer landwirtschaftlichen Fachschule in Südtirol nach dem Zweiten Weltkrieg (Andergassen und Tschenett 1978; Stern 1979; Stecher 2003; Lochmann 2010d).

Die Landwirtschaftsschule in Dietenheim bestand nach Kriegsende auch weiterhin als Konsortialschule, einem Relikt der faschistischen Zeit. Obwohl der Südtiroler Landtag 1956 die Auflösung des Konsortiums beschloss, wurde ab 1959 ein staatlicher Kommissar für die Verwaltung ein­gesetzt und das Konsortium hatte bis 1976 weiter Bestand (Dietenheim 1949; Lochmann 2010c). Um den modernen Anforderungen gerecht zu werden, konnte 1958 ein landes­eigener Neubau für die Schule bezogen werden.

1962 wird die in Pfatten bei Auer (11 km südlich von Bozen) neuerrichtete Obst- und Weinbauschule Laimburg eröffnet (Mair und Sinn 2013a, b). Auf Grund der hohen Nachfrage an Ausbildungsstellen wurde am 2. November 1978 in Haslach bei Bozen ein ‘Landwirtschaftskurs’ als Provisorium, de facto aber die vierte Landwirtschaftliche Fachschule eröffnet. Diese übersiedelte 1987 an den heutigen Standort, in das um- und ausgebaute, 1911 errichtete Höhenhotel in Salern oberhalb von Vahrn bei Brixen (Salern 2009; Lochmann 2010d).

Die Nachkriegsjahre und die unmittelbar darauf folgenden Jahrzehnte waren durch eine Reihe von Schwierigkeiten gekennzeichnet. Fehlende Infrastrukturen an Schulen und Internaten, fehlende Lehrmaterialien und ein großer Mangel an Fach- und Lehrkräften kennzeichnen diese Zeit. Zusätzlich mussten die ersten Schüler, nachdem sie nur eine italienische Volksschule besucht hatten, erst einmal Deutsch lesen und schreiben lernen (Hofmann 1979).

Die Landwirtschaftlichen Fachschulen heute

Heute bestehen in Südtirol drei Fachschulen für Landwirtschaft (Dietenheim 2013; Fürstenburg 2013; Salern 2013) und die Fachschule für Obst-, Wein- und Gartenbau Laimburg (2013). Das bisherige Ausbildungs-Konzept der zweijährigen Winterschule wurde mit dem Schuljahr 1992/93 in eine dreijährige Vollzeitschule umgewandelt (Lochmann 2010d). Dadurch wurde auch eine Gleichstellung des neuen dreijährigen Abschlusses mit jenem der staatlichen Schulen erreicht. Die Absolventen erwerben nach drei Jahren den Titel einer/s „Fachfrau/Fachmann für Landwirtschaft“ und haben auch die Möglichkeit, sich innerhalb dieser Ausbildung zu spezialisieren (Dietenheim: Pferdewirt; Fürstenburg: Artgerechte Tierhaltung, Obstbau, Forstwirtschaft; Salern: Gemüsebau und Sonderkulturen, Holzverarbeitung, Metallverarbeitung, Milchverarbeitung; Laimburg: Obstbau, Obstverarbeitung, Weinbau, Kellerwirtschaft) (Lochmann 2010d). Seit dem Schuljahr 2007/08 besteht für die Absolventen auch die Möglichkeit, ein viertes modular aufgebautes Spezialisierungs-Jahr zu absolvieren, und dadurch den Abschluss als „Landwirtschaftliche/r Betriebsleiter/in“ zu erhalten. Hierbei werden den Absolventen spezifische Kompetenzen zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes vermittelt (Walder 2010). Im Jahre 2012 wurden die Lehrprogramme der dreijährigen Fachschulen überarbeitet, an das nationale Berufsbild ausgerichtet und die Abschlüsse erhalten damit auch die nationale Gültigkeit. Mit dem Jahr 2013 werden die Lehrprogramme des vierten Jahres ebenfalls überarbeitet, und an der Fachschule Laimburg zu einer Spezialisierung in Obst- und Weinbau zusammengefasst (Mair und Sinn 2013b).

Die Erhöhung der Durchlässigkeit der Fachschulen zu anderen Ausbildungswegen und letztlich die Weiterführung der Fachschulen zur Matura/Abitur sind mittelfristige Ziele in der Weiterentwicklung der Schulen (Walder 2010). Da­durch soll den Absolventen auch eine Möglichkeit des Hochschul-Studiums eröffnet werden. Im Jahre 2013 wurde ein Einvernehmungsprotokoll mit dem Unterrichtsministerium in Rom unterzeichnet, demzufolge es ermöglicht werden soll, an den Fachschulen die Berufsmatura/Staatsprüfung ablegen zu können. An der Fachschule Laimburg sollten die Schüler/innen erstmals im Schuljahr 2014/15 die 5. Klasse besuchen, und somit im Sommer 2015 die Prüfung ablegen können (Mair und Sinn 2013b).

Die Rolle der Fachschulen in der landwirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung Südtirols, insbesondere im Obstbau, ist nicht zu unterschätzen. Die Gratwanderung zwischen fundierter theoretischer und praxisbezogener Ausbildung ist gelungen und stellt die Basis für die wirtschaftliche Produktion und die Innovation in allen Bereichen des Obstbaues dar (Walder 2010). So haben die Fachschulen die Umstellung von den großen Rundkronen zu kleinen Baumformen und die Entwicklungen im Pflanzenschutz bis hin zur Integrierten Produktion begleitet, aber auch die Problemlösungen der Düngung, Bewässerung, Bodenpflege und Behangregulierung in die Praxis hinausgetragen – und durch die Beispielwirkung der Absolventen in der Umsetzung der Kenntnisse in den eigenen Betrieben eine große Breitenwirkung erzielt (Mantinger 2010). Die kontinuierliche Weiterbildung und Begleitung junger Landwirte, auch außerhalb der Schulbank, ermöglicht eine zeitnahe Umsetzung neuer Kenntnisse und dadurch auch die Umsetzung einer nachhaltigen und qualitätsorientierten Produktion des Südtiroler Obstbaus (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Überblick über die an den Landwirtschaftlichen Fachschulen Südtirols insgesamt getätigte Erwachsenenbildung in geleisteten Weiterbildungsstunden und Anzahl der Teilnehmer. (Quelle: Abteilung 22‚ Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsbildung der Südtiroler Landesverwaltung)

Neben den klassischen Ausbildungswegen werden auch neue angeboten: So gibt es an der Fachschule Laimburg seit 1970 eine, die dreijährige Gärtnerlehre begleitende, Ausbildungsmöglichkeit für Junggärtner. Seit 1995 wurde ein Vollzeit-Biennium für Gärtner eingeführt und heute können hier sogar die Meister im Gartenbau ausgebildet werden. Seit 2009 ist auch die Ausbildung von Floristinnen und Floristen an der Fachschule Laimburg möglich (Mair und Sinn 2013b).

Aber nicht nur die landwirtschaftlichen oder obstbaulichen Fachkompetenzen werden in den Fachschulen vermittelt, sondern ein breites Spektrum handwerklicher Zusatzkompetenzen wird den Schülern mitgegeben. Ausgedehnter Praxisunterricht im Freiland, in den Anlagen und in den Werkstätten ermöglicht den Schülern in ihrem späteren Berufsleben, die täglichen Anforderungen kompetent zu meistern. Das Konzept ist erfolgreich, denn die landwirtschaftlichen Fachschulen Südtirols erleben neues Interesse und steigende Schülerzahlen – ein wichtiger Beitrag um die Jugend für die landwirtschaftliche Produktion von morgen zu begeistern (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Schülerzahlen der einzelnen Landwirtschaftlichen Fachschulen Südtirols über die letzten 10 Schuljahre. Die Daten beinhalten auch die Teilnehmer/innen der Vollzeit- und Lehrlingsausbildung. (Quelle: Abteilung 22, Land-, forst- und hauswirtschaftliche Berufsbildung der Südtiroler Landesverwaltung)

An der Fachschule für Obst-, Wein- und Gartenbau Laimburg waren im Schuljahr 2012/13 316 Schülerinnen und Schüler eingeschrieben, davon 85 Gärtner- und Floristen-Lehrlinge. Das angeschlossene Schülerheim ermöglicht den Schüler/innen aus allen Landesteilen Südtirols die Schule zu besuchen, wobei im letzten Schuljahr 180 Heimschüler von dieser Gelegenheit Gebrauch machten. Rückblickend kann die Fachschule für Obst-, Wein- und Gartenbau Laimburg während ihres 50jährigen Bestehens auf 1.709 Absolventen im Obst- und Weinbau, auf 702 Absolventen im Gartenbau und auf 507 Absolventen in der Kräuterausbildung zurückblicken. Aber auch in der Erwachsenen-Weiterbildung haben in den letzten zehn Jahren (seit 2003) 6.171 Teilneh­mer an den angebotenen Weiterbildungskursen teilgenommen (Mair und Sinn 2013b).

Die Landwirtschaftliche Oberschule

Konnte in der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges der Bereich der Fachschulen langsam aufgebaut werden, so fehlte in Südtirol weiterhin eine landwirtschaftliche Oberschule. Die interessierten Schüler mussten entweder nach Süden (S. Michele all’Adige mit italienischem Unterricht) oder nach Norden (Raumberg-Gumpenstein bzw. Klosterneuburg in Österreich) ausweichen (Tutzer 2006). Eine freiberufliche Tätigkeit, insbesondere die Gutachtertätigkeit, ist in Italien aber nur als Mitglied der seit 1929 mit könig­lichem Dekret eingeführten Berufskammern („ordini“) möglich. So war den diplomierten Agrartechnikern (Berufs­titel „perito agrario“) ein Zugang zur Kammer nur nach Abschluss einer Landwirtschaftlichen Oberschule („Istituto Agrario“), einem Praktikum und einer Staatsprüfung möglich. Abschlüsse an ausländischen Oberschulen wurden in der Regel nicht anerkannt.

1980 wurde deshalb die Oberschule für Landwirtschaft gegründet, für zwei Jahre provisorisch an der Oberschule für Geometer in Bozen untergebracht, aber bereits 1982 konnte sie nach Auer übersiedeln (Christoph et al. 2006; OFL 2013). Begann die Schule 1980 ihren Unterricht mit 58 Schüler/innen, so besuchen im Schuljahr 2013/14 554 Schüler/innen die Schule. Die ersten 36 Absolventen verließen die Schule im Jahr 1984/85, und in den letzten Jahren waren es über 100 Absolventen pro Jahr (2012/13: 103; Abb. 4). In der über dreißigjährigen Geschichte der Schule haben bis 2013 1.937 Absolventen die Hochschulreife erhalten (Dir. Franz Tutzer, persönliche Mitteilung). Der Erfolg dieser fünfjährigen Ausbildung mit Hochschulreife ist klar ersichtlich und heute sind in Südtirol mehr als 180 Personen im Berufsverzeichnis der „Dipl. Agrartechniker“ eingetragen und können auch rechtlich eine freiberufliche Tätigkeit bzw. Gutachtertätigkeit in der Landwirtschaft ausüben (Berufsverzeichnis 2013).

Abb. 4
figure 4

Anzahl der Absolventen der Oberschule für Landwirtschaft in Auer von 1984/85 bis 2011/12. (Quelle: Oberschule für Landwirtschaft Auer)

Die universitäre Ausbildung

Historisch war, und ist heute immer noch, die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck die ‚Landesuniversität‘ Südtirols. Von den im akademischen Jahr 2011/12 11.842 inskribierten Südtiroler Studenten waren 33,7 % an der Universität Innsbruck, 12,6 % an der Universität Wien und 4,9 % an anderen österreichischen Universitäten inskri­biert, 12,4 % an der Freien Universität Bozen, 10,7 % an der Universität Trient und 26,6 % an anderen italienischen Universitäten eingeschrieben (Astat 2013c). Nur 102 Südtiroler Studenten sind an einem italienischen Landwirtschaftsstudium inskribiert, 183 an einem österreichischen Studium der Agrar- oder Veterinärwissenschaften (Astat 2013c), d. h. nur 2,4 % der Südtiroler Studenten interessieren sich für ein landwirtschaftlich orientiertes Studium.

Die kulturelle Vereinnahmung durch Italien fürchtend, lehnte Südtirol eine staatliche italienische Universität in der Vergangenheit immer ab (Peterlini und Obermair 2008). Erst die Möglichkeit, eine nichtstaatliche aber staatlich anerkannte, freie und dreisprachige Universität zu gründen, die auch bis zu 70 % der Universitäts-Professoren aus dem Ausland im Wege der direkten Nominierung berufen kann, führte am 31.10.1997 zur Gründung der Freien Universität Bozen, mit ihren drei Sitzen in Bozen, Brixen und Bruneck (FUB 2013a; Peterlini und Obermair 2008).

Gleich von Beginn an unterstützte Hermann Mantinger, der damalige Leiter des Land- und forstwirtschaftlichen Versuchszentrums Laimburg, den Aufbau eines Agrarstudienganges an der neugegründeten Universität. Mit Herbst 1999 wurde der dreijährige Bakkalaureats-Studiengang „Agrartechnik und Agrarwirtschaft“ gestartet, mit den spezialisierenden Studienzweigen ‘Obstbau’ und ‘Berglandwirtschaft’ im 3. Studienjahr. Dadurch wurde es erstmals möglich, in Südtirol eine akademische Ausbildung im Bereich der Landwirtschaft anzubieten, mit einem spezifischen Zuschnitt auf die lokalen wirtschaftlichen Bedürfnisse (Maurer 2007). Die hybride Ausbildung in landwirtschaftlichen Techniken bei gleichzeitiger Vermittlung profunder wirtschaftlicher Kenntnisse eröffnete den Absolventen gute Arbeitschancen in der Südtiroler Landwirtschaft, sodass die ersten Absolventen gleich in den Führungsetagen von landwirtschaftlichen Organisationen, Verbänden und Privatbetrieben ihre Anstellung fanden.

Der Agrar-Studiengang war in der Wirtschaftsfakultät der Freien Universität Bozen angesiedelt, hatte aber ge­ringe Aussicht auf Weiterentwicklung, zumal es nach der italienischen Gesetzeslage eine fixe Anzahl an Professorenstellen pro aktiviertem Studienjahr braucht und die Fakultät klarerweise die Schwerpunkte auf die eigenen Studiengänge der Wirtschaftswissenschaften setzte. Deshalb war es naheliegend, den Agrarstudiengang zusammen mit dem keiner Fakultät zugeordneten Studiengang der Logistik- und Produktionsingenieure in einer neu zu gründenden Fakultät für „Naturwissenschaft und Technik“ zusammenzubringen. Diesen Vorschlag unterbreitete Josef Dalla Via, Nachfolger von Hermann Mantinger in der Leitung des Versuchszentrums Laimburg und Universitätsrat der Freien Universität Bozen am 29.3.2003 dem Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder, der dies sofort befürwortete. Weitere Gespräche mit dem Landeshauptmann und dem Präsidenten der Freien Universität Bozen, Dr. Friedrich Schmidl, folgten (u. a. am 14.7.2004). Im Jahre 2005 wurden mehrere Expertentreffen eingeleitet. Am 12.4.2006 wird eine Arbeitsgruppe, bestehend aus der Führungsspitze der Universität und lokalen Vertretern (Präsident RA Dr. Hanns Egger, Alt-Präsident Dr. Friedrich Schmidl, Rektorin Prof. Dr. Rita Franceschini, Dekan Prof. Dr. Oswin Maurer, Dekan Prof. Dr. Michael Böhlen, Studiengangsleiter Prof. Dr.-Ing. Dominik Matt, Verwaltungsdirektor Dr. Guido Bocchio, Akademischer Direktor Dr. Günther Matthà, Direktor Dr. Josef Dalla Via, Direktor Dr. Walter Huber) unter der Koordination von Dr. Walter Müller, des ehemaligen Leiters der Eidgenössischen Landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Wädenswil (CH), gebildet. Ein Businessplan wurde erstellt, Entwicklungsmöglichkeiten und Schwerpunkte der neuen Fakultät wurden erarbeitet, die nächsten Ausbaustufen wurden durchdacht, die Konzepte entwickelt und die Verwaltungs­schritte eingeleitet. Der Universitätsrat der Freien Universität Bozen beschloss dann in seiner Sitzung vom 21.7.2006 die Gründung der 5. Fakultät, jener für „Naturwissenschaften und Technik“, und setzte den Gründungsrat (= Fakultätsrat) der neuen Fakultät ein.

Parallel dazu beauftragte der Fakultätsrat der Wirtschaftsfakultät eine Entwicklungsgruppe (Dekan Prof. Dr. Oswin Maurer, Universitätsrat Dr. Josef Dalla Via, Leiter der Fakultätsverwaltung Dr. Wilhelm Sapelza), einen internationalen weiterführenden Masterstudiengang im Obstbau zu entwickeln. Das Konzept war neu: Die thematischen Stärken verschiedener mitteleuropäischer Universitäten und Anbauregionen sollten in diesem Studiengang gebündelt werden, die Schwerpunktbereiche der Partneruniversitäten sollten die Spezialisierung der Studenten fördern und die Studenten in engen Austausch untereinander bringen. Der internationale Masterstudiengang „Master in Fruit Science“ (Laureatsklasse LM-69) wurde von drei Partneruniversitäten umgesetzt: der Universität Ljubljana, Biotechnische Fakultät (Slowenien), der Mendel Universität für Forst- und Landwirtschaft Brno (Brünn), Fakultät für Gartenbau, Lednice (Tschechien) und der Freien Universität Bozen, Fakultät für Naturwissenschaften und Technik (Italien). Das Konzept sah vor, dass im 4-semestrigen Studiengang das erste Semester für die Studenten ein „Heim-Semester“ an ihrer Heimuniversität war, das zweite und dritte Semester „Wandersemester“ waren, in denen die Studenten aller drei Partneruniversitäten gemeinsam die Vorlesungsmo­dule zuerst in Ljubljana, dann in Lednice und letztlich in Bozen besuchten und dabei nicht nur die fachlichen Inhalte, sondern auch die obstbaulichen Realitäten vor Ort kennenlernen konnten/sollten. Im vierten Semester hatte jeder Student die Möglichkeit, seine Master-Thesis an einer Partneruniversität seiner Wahl durchzuführen, sich in den Schwerpunktsbereichen der Partneruniversitäten zu spezialisieren, sowie ein in allen Partnerländern anerkanntes Abschlussdiplom zu erlangen. Nach langen Verhandlungen hatte der Studiengang seine Premiere im akademischen Jahr 2010/11. Überraschenderweise wurden die „Wandersemester“ von den Studenten nicht gerne angenommen und nach drei Zyklen wird der Studiengang an der Freien Universität Bozen ab 2013 nicht mehr weitergeführt.

Auch der ursprüngliche Bachelor-Studiengang „Agrartechnik und Agrarwirtschaft“ wurde nach zehn Jahren umstrukturiert und in den Bachelor-Studiengang „Agrarwissenschaften und Agrartechnologie“ umbenannt (Start im akademischen Jahr 2009/10). Die Wirtschaftsfächer hatten jetzt nur mehr einen Anteil von 17 % im Studien­zweig Obst- und Weinbau und 13 % im Studienzweig Berglandwirtschaft. Mit dem akademischen Jahr 2011/12 wurde er nochmals umstrukturiert in den Bachelor-Studiengang „Agrarwissenschaften und Umweltmanagement“. Im Jahr 2010/11 startete das erste Forschungsdoktorat im Bereich Agrarwissenschaften an der Freien Universität Bozen, und damit das höchste Ausbildungsniveau auf universitärer Ebene.

Für das akademische Jahr 2013/14 umfasst das landwirtschaftliche Studienangebot der Freien Universität Bozen ein Bachelor-Studium „Agrarwissenschaften und Umweltmanagement“ und ein Doktoratstudium in „Mountain Environment and Agriculture“ (FUB 2013b). Für das akademische Jahr 2014/15 ist auch ein gemeinsamer Master-Studiengang „Environmental Management of Mountain Areas (EMMA)“, zusammen mit der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, geplant. Geplant ist ebenfalls ein Master in „International Horticultural Science“ in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bologna und einer Reihe internationaler Partner – vorbehaltlich der ministeriellen Genehmigungen.

Ausblick

In Südtirol ist es gelungen, einen durchgehenden landwirtschaftlichen/obstbaulichen Ausbildungsweg aufzubauen, von der Fachschule, über die Oberschule mit Abitur, bis zum Hochschulstudium bzw. dem Doktoratsstudium. Gerade den Fachschulen gelingt es, durch eine praxisbezogene Ausbildung, eine starke Verwurzelung im Territorium herzustellen. Durch viele engagierte Lehrer bewegen sich die Fachschulen an der Grenze zum Versuchswesen und an der Schnittstelle zur Beratung (viele Lehrer sind auch als Berater tätig) – mit einer wichtigen Netzwerkfunktion. Grundsätzlich wird an den Fachschulen und der Oberschule versucht, den Schülern Zusatzkompetenzen zu vermitteln, die im landwirtschaftlichen Umfeld konkrete Wettbewerbsvorteile erbringen. Steigende Schülerzahlen und großes Interesse an den Weiterbildungskursen belegen diesen Erfolg. Gerade im Obstbau kann in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht nur eine verstärkte Spezialisierung und Professionalisierung der Ausbildung beobachtet werden, sondern auch ein zunehmendes Selbstbewusstsein und der Stolz auf die eigene Ausbildung und den Bauernstand.

In den letzten Jahren wurde die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Ausbildungsformen verbessert (auch durch intensive Betreuung durch den Lehrkörper) und die ‘Berufsmatura’ kann in Zukunft für viele Lernbegeisterte einen Zugang zur universitären Ausbildung ermöglichen. Die Faszination der „Lebenswissenschaften“ hat die Jugend erfasst und ist auch daran zu erkennen, dass sich immer mehr ‘Quereinsteiger’ aus Familien ohne landwirtschaftlichen Hintergrund für Landwirtschaft und Obstbau/Weinbau interessieren. Versteigt sich die Ausbildung aber in akademische Elfenbeintürme, dann wird dieses Interesse zurückgehen. Nur über eine profunde Aus- und Weiterbildung wird es den Akteuren im Obstbau möglich sein, sich den ständig neuen Anforderungen und Gegebenheiten anzupassen.