Lernziele

Nach Lektüre dieses Beitrags ist Ihnen bekannt,

  • dass die LAE eine häufige kardiopulmonale Erkrankung ist,

  • dass sich fulminante Embolien hämodynamisch mit Schock manifestieren, wohingegen kleine LAE oft unerkannt bleiben oder sich mit unspezifischen Symptomen präsentieren,

  • dass diagnostisch heutzutage statt der invasiven bildgebenden Verfahren nichtinvasive Techniken, ergänzt durch Biomarker, zum Einsatz kommen,

  • welche Maßnahmen zur Stellung der Diagnose einer LAE erforderlich sind,

  • dass Antikoagulation und Thrombolyse das Rückgrad der Therapie bilden und interventionelle Verfahren zunehmend in den Fokus rücken,

  • welche Therapiemaßnahmen im individuellen Fall angebracht sind.

Epidemiologie

Die LAE ist oft Folge einer TBVT [1]. In etwa 50% der Patienten, die an einer proximalen TBVT erkrankt sind, kann eine begleitende LAE diagnostiziert werden [2]. Umgekehrt findet sich bei 70% der LAE-Fälle eine TBVT [3].

Die Prävalenz der LAE beträgt unter stationären Patienten 40–53 pro 100.000/Jahr [1]. Das durchschnittliche Alter der Patienten liegt bei 62 Jahren. Im Gegensatz zu Patienten unter 50 Jahren steigt das Risiko für über 80-Jährige um das 8-Fache [1]. Bei 5–10% der Betroffenen manifestiert sich eine LAE mit Schock , und weitere 10% versterben innerhalb 1 h nach Symptombeginn [1]. Hieraus ergibt sich eine Gesamtletalität von 7–11%. Mehr als 90% aller Todesfälle treten bei unbehandelten Patienten auf. Unter Antikoagulation sind die Perfusionsdefizite in 2/3 aller Patienten komplett rückläufig.

Diagnostik

Klinik

Eine akute LAE wird durch ihre hämodynamischen Auswirkungen relevant, wenn etwa 50% der Lungenstrombahn verschlossen sind. Durch Anstieg des pulmonalvaskulären Widerstandes kommt es zur Rechtsherzinsuffizienz mit plötzlichem Herztod, elektromechanischer Entkoppelung und Synkope. Kompensatorisch steigen Herzfrequenz, Kontraktilität und systemischer Gefäßwiderstand, woraus ein erhöhter myokardialer Sauerstoffverbrauch mit Abnahme der Koronarperfusion resultiert. In 1/3 der Patienten kommt es durch eine Druckumkehr bei persistierendem Foramen ovale zu einem Rechts-links-Shunt mit Hypoxie und paradoxen Embolien [1]. Oft jedoch präsentieren sich die Patienten mit unspezifischen Beschwerden ohne wegweisendes Leitsymptom, die Spielraum für zahlreiche Differenzialdiagnosen, wie ACS, Pneumothorax, kardiale Dekompensation, muskuloskelettale Beschwerden, Pneumonie, Pleuritis usw., lassen (Tab. 1).

Tab. 1 Prävalenz (%) der Symptome und klinischen Befunde bei Verdacht auf LAE. (Adaptiert nach [4, 5])

In Abhängigkeit von Risikomarkern und Prognose ist eine Klassifikation möglich, die Grundlage für diagnostische und therapeutische Entscheidungen ist. Die Hochrisiko-LAE ist ein akuter Notfall mit einer Kurzzeitmortalität von >15% [1]. Bei stabilen Patienten, aber positiven Risikomarkern liegt eine LAE mit mittlerem Risiko vor. Bei einer Niedrigrisiko-LAE fehlen die Risikomarker. Ihre Kurzzeitmortalität beträgt < 1% [1]. Klinische Scores wie der Wells- [6] oder der revidierte Geneva-Score [7] helfen, die Diagnose zu stellen (Tab. 2). Die Prävalenz einer LAE beträgt in der Gruppe mit niedrigem Risiko etwa 10%, in der mit mittlerem Risiko etwa 30% und in der Hochrisikogruppe etwa 65% [1]. Den ersten beiden Gruppen gehören 90% aller Patienten an [8].

Tab. 2 Klinische Wahrscheinlichkeit einer LAE

Elektrokardiogramm

Bei größeren Embolien können sich im EKG Zeichen einer akuten Rechtsherzbelastung wie Sinustachykardie, Rechtslagetyp, SIQIII-Lagetyp, T-Negativierungen in V1–V4 und Rechtsschenkelblock zeigen. Diese sind jedoch unspezifisch und unabhängig von der Genese [1].

Labordiagnostik

Für keinen Biomarker existiert ein anerkannter Schwellenwert, der diagnostische oder therapeutische Konsequenz besitzt.

D-Dimere

Sie sind nicht spezifisch für eine LAE und auch bei Tumoren, Entzündungen, Schwangerschaft usw. erhöht [1]. Ihre Spezifität sinkt bei Patienten über 80 Jahre auf ≤ 10% [1]. Deshalb muss ihre Bestimmung immer im klinischen Kontext erfolgen. Bei nicht hohem Risiko für eine LAE kann das Fehlen von D-Dimeren diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen (Abb. 1, [6]).

Abb. 1
figure 1

Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf Nichthochrisiko-LAE, 2- oder 3-stufiges Schema, auf klinischen Scores basierend (Tab. 2), Bestimmung der D-Dimere mittels hochsensitivem Assay, CT Computertomographie, LAE Lungenarterienembolie, #bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit und negativem CT ggf. Durchführung weiterer Untersuchungen. (Adaptiert nach [1])

Kardiale Troponine

Durch die Rechtsherzbelastung kann es zu einem Anstieg von kardialen Troponinen im Plasma kommen. Die Mortalität liegt bei Patienten mit positivem Wert für Troponin T bei 44% im Gegensatz zu 3% bei negativem Troponinwert [9]. Bei 14% aller Patienten mit mittlerem Risiko können erhöhte Troponin-I-Werte gemessen werden, die mit einer 3,5-fach erhöhten Mortalität assoziiert sind [1].

„Brain natriuretic peptid“

Die rechtsventrikuläre Dysfunktion geht mit einer Produktion von BNP einher. Bei akuter LAE korrelieren die Plasmaspiegel des BNP bzw. NT-proBNP mit der Schwere der Embolie und der Prognose [10]. Obwohl ihr positiver prädiktiver Wert mit 12–26% gering ist, können Patienten mit guter Prognose anhand niedriger BNP- bzw. NT-proBNP-Spiegel identifiziert werden [1].

Venöse Kompressionssonographie

Aufgrund des häufigen kausalpathogenetischen Zusammenhangs von TBVT und LAE kann die VCS hilfreich sein [2, 3]. Sie besitzt eine Sensitivität von > 90% für TBVT der proximalen Extremität bei einer Spezifität von 95% [1]. Da mit Hilfe der VCS bei LAE in 70% eine TBVT nachgewiesen werden kann, ist die Indikation zur therapeutischen Antikoagulation in diesen Fällen bereits gestellt.

Echokardiographie

Unter echokardiographischen Parametern der Rechtsherzdysfunktion erwiesen sich der Druckgradient über der Trikuspidalklappe und die rechtsventrikuläre Dilatation als relevant [1]. Aufgrund einer Sensitivität von nur 60–70% kann die LAE bei negativem Befund nicht sicher ausgeschlossen werden. Da diese Veränderungen auch bei COPD, Vitien, Myokardinfarkt usw. gefunden werden, sind sie unspezifisch. Darüber hinaus existiert keine einheitliche Definition der rechtsventrikulären Dysfunktion, sodass die Echokardiographie nicht als elektive Untersuchung bei hämodynamisch stabilen Patienten empfohlen wird (Abb. 1, [1]). Sie ist jedoch bei Patienten mit Hochrisiko-LAE, bei denen aufgrund der Schocksymptomatik nur eine Diagnostik am Bett erfolgen kann, von Bedeutung. Bei positivem Befund ist die unmittelbare Thrombolyse gerechtfertigt (Abb. 2, [1]). Zudem lassen sich relevante Differenzialdiagnosen wie Vitien usw. stellen.

Abb. 2
figure 2

Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf Hochrisiko-LAE, c/p kardial/pulmonal, CT Computertomographie, LAE Lungenarterienembolie, #Thrombusnachweis mittels transösophagealer Echokardiographie. (Adaptiert nach [1])

CT-Angiographie

Durch Einführung von Mehrzeilen-CT konnten die zeitliche und örtliche Auflösung derart verbessert werden, dass sich die CT-Angiographie zum diagnostischen Goldstandard einer LAE entwickelte [1]. Eine sichere Beurteilung der Lungengefäße bis in die Segmentebene ist möglich. Die Sensitivität von 83% und die Spezifität von 96% können durch Berücksichtigung der klinischen Prätestwahrscheinlichkeit weiter gesteigert werden [11].

Ventilations-/Perfusionsszintigraphie

Sie ist eine sichere Untersuchung, die über eine Diskrepanz von Perfusion und Ventilation der Lunge mit hoher Wahrscheinlichkeit eine LAE ausschließt bzw. bestätigt [1, 12]. Bei Patienten, die aufgrund einer Kontrastmittelallergie oder Niereninsuffizienz nicht mittels CT untersucht werden sollen, bietet die Szintigraphie eine praktikable Alternative. Die Strahlenbelastung beträgt 1,1 mSv im Vergleich zu 2–6 mSv bei der Spiral-CT [1].

Pulmonalisangiographie

Die Angiographie der Pulmonalarterien stellte viele Jahre den diagnostischen Goldstandard dar. Mit ihr können 1–2 mm große Thromben auf Subsegmentebene dargestellt werden [8]. Durch Druckmessung kann die hämodynamische Relevanz direkt quantifiziert werden.

Jedoch geht diese Methode als invasives Verfahren bei instabilen Patienten mit einer Letalität von 0,2% einher [13]. Ein weiterer Nachteil sind Blutungen im Bereich der Punktionsstelle, wenn eine Lyse erfolgt. Schließlich finden sich in 4–18% der Patienten rechtsventrikuläre Thromben, die im Rahmen der Untersuchung mobilisiert werden können. Deshalb stellt die Pulmonalisangiographie heute keine Diagnostik der ersten Wahl mehr dar und wurde durch die CT-Angiographie ersetzt [1].

Diagnostische Algorithmen

Um effizient und zuverlässig die Diagnose einer LAE stellen bzw. ausschließen zu können, bieten sich Standards an. Entsprechend der klinischen Präsentation empfiehlt sich ein Algorithmus für eine Nichthochrisiko-LAE (Abb. 1) und für eine Hochrisiko LAE (Abb. 2). Diese Algorithmen gelten grundsätzlich auch für Schwangerschaft und Präklinik. Abschließend kommen in diesen Fällen auch innerklinische diagnostische Verfahren wie Ultraschall und Troponinschnelltest zum Einsatz.

Therapie

Supportive Maßnahmen

Bei insuffizienter Oxygenierung sollen Sauerstoff gegeben und ggf. eine Beatmung begonnen werden (Tab. 3). Die Applikation eines PEEP muss mit Sorgfalt erfolgen, da der venöse Rückstrom reduziert wird. Tidalvolumina von 6 ml/kgKG und ein Beatmungsspitzendruck < 30 cmH2O sollen angestrebt werden [1].

Im kardiogenen Schock sollen Katecholamine eingesetzt werden (Tab. 3). Noradrenalin erhöht über den Anstieg des systemischen Blutdrucks die Koronarperfusion. Bei niedrigem Herzindex konnten Dobutamin bzw. Dopamin positive Effekte zeigen. Epinephrin vereint die Vorteile beider Präparate [1].

In Untersuchungen mit kleinen Fallzahlen konnte durch die Inhalation von Nitraten über die selektive Vasodilatation im Lungenkreislauf die Perfusion verbessert werden [1]. Experimentell werden Prostaglandine, Levosimendan, Endothelinrezeptorantagonisten und Phosphodiesterase-5-Inhibitoren verabreicht. Eine moderate Volumengabe kann hilfreich sein (z. B. 500 ml Dextranlösung), wobei eine aggressive Plusbilanz vermieden werden soll, da durch mechanische Überdehnung des rechten Ventrikels dessen Kontraktilität reduziert wird [1, 14].

Die strenge Immobilisierung aller Patienten ist nicht mehr notwendig [1]. Bei niedrigem Risiko ist eine ambulante Therapie möglich (Abb. 3).

Tab. 3 Präklinische Therapie der LAE
Abb. 3
figure 3

Therapeutischer Algorithmus, CPR kardiopulmonale Reanimation, c/p kardial/pulmonal, LAE Lungenarterienembolie, S p O 2 pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung, u/o und/oder. (Adaptiert nach [15])

Antikoagulation

Initial

Mortalität und Morbidität können durch Antikoagulation signifikant gesenkt werden. Diese soll bei klinischer Wahrscheinlichkeit für eine LAE bereits vor Beginn der Diagnostik erfolgen [1, 15]. Eine effiziente Antikoagulation kann durch die i.v. Gabe von UFH, der subkutanen Applikation von LMWH oder des selektiven Faktor-Xa-Inhibitors Fondaparinux erfolgen. Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz (GFR< 30 ml/min) sollen UFH mit einer Ziel-aPTT von 1,5–2,5 des Normwerts erhalten [1]. Die Wirkungen von UFH, LMWH bzw. Fondaparinux unterscheiden sich nicht signifikant [1, 15]. Während bis zu 3% der Patienten unter UFH und bis zu 1% unter LMWH eine HIT II entwickeln, wurde diese unter Fondaparinux noch nicht beobachtet [1].

Langzeitantikoagulation

Bisher wurden meist orale Vitamin-K-Antagonisten mit einer Ziel-INR von 2,0–3,0 eingesetzt. Die Therapiedauer bei Erstereignis und reversiblem Risikofaktor liegt bei 3 Monaten [1, 15]. Bei Rezidiv oder persistierendem Risikofaktor, wie aktive Tumorerkrankung, werden die Antikoagulanzien über einen längeren Zeitraum appliziert, vorausgesetzt, das Blutungsrisiko bleibt überschaubar. Bei Tumorpatienten zeichnet sich ein Vorteil von LMWH gegenüber oralen Antikoagulanzien ab [1, 15]. Neue Antikoagulanzien wie Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban befinden sich in der Zulassung bzw. stehen vor der klinischen Einführung und werden ohne Monitoring eingesetzt. Bei guter Verträglichkeit zeichnet sich der Trend zu einer lebenslangen Antikoagulation ab.

Rekanalisierende Maßnahmen

Thrombolyse

In zahlreichen Studien konnte die Effektivität einer Lyse durch Verbesserung der hämodynamischen Parameter, der Mortalität und der Morbidität bei Hochrisiko-LAE belegt werden [1, 15]. Ein signifikanter Unterschied zeigte sich weder für Urokinase noch für Streptokinase noch für rtPA. Die lokale Gabe von rtPA via Katheter in die Pulmonalarterien ist obsolet, da bei fehlendem Vorteil relevante Blutungen an der Punktionsstelle auftraten [15].

Nach einer Lyse zeigen 92% der Patienten klinisch oder echokardiographisch Verbesserungen [1, 15]. Der größte Nutzen zeichnet sich bei einem Therapiebeginn innerhalb von 48 h ab, wobei auch bis zu 2 Wochen nach Symptombeginn noch ein Benefit beschrieben wurde [16]. Im direkten Vergleich mit Heparin ist der Vorteil der Lyse innerhalb der ersten Woche anzusetzen [1]. Die Rate relevanter Blutungen unter einer Lyse beträgt kumulativ 13%, wobei 1,8% auf intrakraniale oder tödliche Blutungen entfallen [1].

Kontraindikationen sind relativ und vor der aktuellen Situation und dem Ausmaß der vitalen Bedrohung zu diskutieren (Tab. 4; [17]). Bei dringendem Verdacht auf eine LAE kann eine Lyse auch ohne definitive Diagnostik als Ultima Ratio durchgeführt werden (Abb. 2). Für Patienten mit Niedrigrisiko-LAE zeigt sie keinen Vorteil [18]. Bei LAE mit intermediärer Prognose muss ihre Indikation individuell diskutiert werden. Hilfreich ist, das Blutungsrisiko abzuschätzen (z. B. HAS-BLED-Score) und individuellen Parametern wie Lebensqualität und Komorbidität gegenüberzustellen (Infobox 1).

Tab. 4 Kontraindikationen der Lysetherapie

Chirurgische pulmonale Embolektomie

Sie stellte lange Zeit eine Ultima Ratio dar. In der modernen Herz- und Thoraxchirurgie konnte dieser Eingriff mit befriedigendem Ergebnis auch auf Patienten mit intermediärem Risiko ausgeweitet werden. Die Indikation besteht bei Patienten mit Hochrisiko-LAE, bei denen eine Lyse kontraindiziert oder frustran verlaufen ist [1].

Perkutane Katheterembolektomie und -fragmentierung

Katheterbasierte Verfahren stehen zur Rekanalisation der proximalen Pulmonalisabschnitte zur Verfügung. Obwohl deren Nutzen nicht durch randomisierte Studien belegt ist, können sie bei einer Hochrisiko-LAE eingesetzt werden, wenn eine Lyse kontraindiziert oder frustran verlaufen ist und chirurgische Verfahren nicht verfügbar sind [1, 15].

Bei rechtsventrikulären Thromben sollen unverzüglich eine Lyse, eine operative oder interventionelle Therapie erfolgen, insbesondere wenn gleichzeitig ein persistierendes Foramen ovale vorliegt. Die alleinige Antikoagulation reicht in diesen Fällen nicht aus [15].

Vena-cava-Filter

Filter, die interventionell in die V. cava inferior implantiert werden (sog. Cava-Schirmchen), dienen der Sekundärprophylaxe thrombembolischer Ereignisse. Eine Indikation kann bei Patienten mit absoluter Kontraindikation zur Antikoagulation und hohem Rezidivrisiko z. B. nach neurochirurgischen Eingriffen, Malignomen, in der Schwangerschaft sowie mit rezidivierender LAE trotz suffizienter Antikoagulation bestehen [15]. Generell sollen die Filter entfernt werden, sobald eine sichere Antikoagulation möglich ist und auslösende Risikofaktoren beseitigt wurden [1]. Durch Implantation eines Cava-Schirmchens kann die Rate an LAE reduziert werden, wobei im Gegenzug die Inzidenz einer TBVT ansteigt [15]. Deshalb wird die prinzipielle Implantation eines V.-cava-Filters anstatt oder zusätzlich zur oralen Antikoagulation nicht empfohlen.

Auswahl der geeigneten Zielklinik

Sie hängt von der hämodynamischen Stabilität des Patienten ab. Allen Patienten mit Verdacht auf eine LAE müssen neben einer geeigneten Diagnostik inklusive CT-Angiographie eine intensivmedizinische Betreuung und die Möglichkeit zur Lyse offenstehen. Kreislaufinstabile Patienten profitieren ggf. von einer Operation oder mechanischen Embolektomie in einem Zentrum höherer Versorgungsstufe, z. B. wenn Kontraindikationen für die Lyse vorliegen. Bei Schwangeren sollen eine gynäkologische und neonatologische Betreuung gewährleistet sein.

Resümee

Ein therapeutischer Algorithmus ist in Abb. 3 dargestellt, notfallärztliche Sofortmaßnahmen in Infobox 2.

Prognose

Die Komorbidität beeinflusst die Prognose wesentlich. Relevante Kriterien wurden im PESI zusammengefasst (Tab. 5, [19]). Während sich hämodynamische Konsequenzen der LAE prognostisch auswirken, spielt die in der Bildgebung detektierte Thrombuslast keine Rolle [1, 15].

Tab. 5 PESI

Chronische thrombembolische pulmonale Hypertonie

Eine solche entwickeln 0,5–5% aller Patienten mit LAE [1, 15]. Dabei wird das embolisierte Material durch Bindegewebe ersetzt, sodass es zu Lumenreduktion und zum Gefäßverschluss kommt. Eine pulmonale Hypertonie tritt meist erst auf, wenn mehr als 60% der Lungenstrombahn betroffen sind.

Die Mortalitätsrate hängt vom mittleren pulmonalarteriellen Blutdruck ab. Sie beträgt etwa 70%, wenn dieser > 40 mmHg, bzw. 90%, wenn dieser > 50 mmHg beträgt [15].

Diagnostisch werden die bildgebenden Verfahren durch die Rechtsherzkatheteruntersuchung ergänzt.

Medikamentös werden Prostazyklinanaloga, Endothelinrezeptorantagonisten und Phosphodiesterase-5-Inhibitoren eingesetzt [15]. Während diese Therapien noch experimentellen Status besitzen, gilt die operative Endarterektomie als therapeutischer Goldstandard und stellt die kausale Erstlinientherapie dar. Operationskriterium ist u. a. das Vorliegen einer NYHA-Klasse III–IV [1, 15]. Die Überlebensrate beträgt 6 Jahre postoperativ 75%, und die perioperative Letalität liegt bei 4–20% [15].

Fazit für die Praxis

  • Klinische Scores sind hilfreich, um die Wahrscheinlichkeit einer LAE abzuschätzen.

  • Biomarker, rechtsventrikuläre Dysfunktion und Hämodynamik sind Parameter zur Risikostratifizierung.

  • Bei Verdacht auf eine LAE soll eine Antikoagulation erfolgen.

  • Die Antikoagulation wird bei Sicherung der Diagnose für 3 bis 6 Monate, in begründeten Fällen auch lebenslang fortgeführt.

  • Patienten mit niedrigem Risiko erhalten keine Lyse; bei hohem Risiko wird eine solche empfohlen; bei mittlerem Risiko muss die Indikation individuell gestellt werden.

CME-Fragebogen

Welche Angabe ist richtig? Bei Patienten mit tiefer Becken-/Oberschenkelvenenthrombose beträgt die Rate an gleichzeitig vorliegenden – meist klinisch stummen – Lungenarterienembolien etwa …

10%.

25%.

50%.

75%.

90%.

Klinisch kann die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Lungenarterienembolie mit Hilfe des Wells- und revidierten Geneva-Scores ermittelt werden. Welcher Parameter spielt dabei keine Rolle?

Geschlecht

Hämoptysen

Herzfrequenz > 100/min

Aktive Tumorerkrankung

Zustand nach Operation mit Immobilisierung

Welches bildgebende Verfahren zur Diagnostik einer akuten Lungenarterienembolie kann aufgrund seiner Komplikationsrate am wenigsten empfohlen werden?

Transösophageale Echokardiographie

Ventilations-/Perfusionsszintigraphie

CT-Angiographie

Transthorakale Echokardiographie

Pulmonalisangiographie

Sie nehmen einen Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Lungenarterienembolie auf und dürfen 3 Laborparameter bestimmen. Welche Kombination erscheint Ihnen am geeignetsten, um die erwartete Diagnose zu bestätigen und die Prognose abzuschätzen?

D-Dimere, Blutbild, Transaminasen

Troponin T, NT-proBNP, arterielle BGA

CK, arterielle BGA, D-Dimere

Zentralvenöse Sauerstoffsättigung, NT-proBNP, Laktat

Fibrinogen, Troponin I, Thrombozyten

Sie betreuen präklinisch einen Patienten mit hochgradigem Verdacht auf eine Lungenarterienembolie und Schocksymptomatik. Welche Sofortmaßnahmen sollen durchgeführt werden?

≥ 2 l Plusbilanz, Isoproterenolbolusgabe, Inhalation von Prostazyklin

Gabe von Sauerstoff, Katecholaminen und 5000 IE Heparin i.v.

Bilanz nach ZVD, Levosimendan i.v. über 2 h, Hyperventilation

Sildenafil p.o., Minusbilanz, Schocklagerung

Endothelinantagonisten i.v., hoher PEEP, unblutiger Aderlass

Welche Aussage zur Thrombolyse trifft zu?

Die direkte Applikation von rtPA über einen Katheter in die okkludierte Pulmonalarterie ist einer systemischen Lyse vorzuziehen.

Das Zeitfenster zur Lyse beträgt 24 h („golden day of lysis“). Wird die Lyse zu einem späteren Zeitpunkt begonnen, überwiegen die negativen Effekte.

> 90% der Patienten sprechen auf eine Lysetherapie an, wenn klinische oder echokardiographische Parameter beurteilt werden.

Die Rate an schweren Blutungen beträgt < 10%, wobei die Hälfte davon intrakranial lokalisiert ist.

Die Lysetherapie bringt nur in den ersten 24 h hämodynamische Vorteile gegenüber der alleinigen Heparintherapie.

Welche Aussage zur Antikoagulation im Rahmen einer Lungenarterienembolie trifft zu?

Die Full-Dose-Heparinisierung muss mindestens 2 h vor einer Lysetherapie beendet werden, um schwere Blutungen zu reduzieren.

Aufgrund von Blutungskomplikationen soll die Antikoagulation erst dann begonnen werden, wenn die Lungenarterienembolie definitiv gesichert wurde.

Bei Patienten mit einer Niedrigrisikolungenarterienembolie ist eine Low-Dose-Antikoagulation ausreichend.

Die Dauer der Antikoagulation richtet sich nach der im CT-Angiogramm gemessenen Thrombuslast.

Grundsätzlich können in der Akutphase unfraktioniertes Heparin, LMWH und Fondaparinux eingesetzt werden.

Im Rahmen der Antikoagulation nach einer Lungenarterienembolie sind bestimmte Überlegungen sinnvoll. Welche Maßnahme ist falsch ?

Patienten, die ein Zweitereignis erleiden, erhalten üblicherweise eine lebenslange Antikoagulation.

Je länger die Antikoagulation nach einem Erstereignis fortgeführt wird, desto seltener tritt eine chronische thrombembolische pulmonale Hypertonie auf.

Bei Patienten mit maligner Grunderkrankung soll die Antikoagulation lebenslang oder bis zur Heilung des Tumors erfolgen.

Thromben, die sich echokardiographisch im rechten Ventrikel darstellen, sollen mittels Thrombolyse oder Embolektomie behandelt werden, da die alleinige Antikoagulation nicht ausreichend ist.

Bei Auftreten einer HIT II soll die Antikoagulation auf direkte Thrombininhibitoren wie Argatroban oder Lepirudin umgestellt werden.

Eine Patientin erleidet in der 30. Schwangerschaftswoche (SSW) eine Lungenarterienembolie. Es stellt sich eine tiefe Beinvenenthrombose im linken Oberschenkel dar. Trotz Gabe von LMWH tritt in der 34. SSW ein erneutes Ereignis auf. Sie ist dabei stets c/p stabil. Welches Vorgehen erscheint sinnvoll?

Umstellung der Antikoagulation auf Fondaparinux bis zur Geburt

Verdoppelung der LMWH-Dosis

Lysetherapie mit Streptokinase als Therapie der ersten Wahl

Implantation eines Schirmchens in die V. cava inferior mit Explantation postpartal

Umstellung der Antikoagulation auf Vitamin-K-Antagonisten bis 3 Monate nach der Geburt

Welche Aussage zur chronischen thrombembolischen pulmonalen Hypertonie trifft nicht zu?

Sie entsteht im Verlauf von Monaten bis Jahren und manifestiert sich mit Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz.

Die pulmonale Endarterektomie stellt den therapeutischen Goldstandard dar.

Vor einem operativen Vorgehen muss eine medikamentöse Therapie mit Prostazyklinen, Endothelinrezeptorantagonisten oder Phosphodiesterase-5-Inhibitoren gescheitert sein.

Bei einer NYHA Klasse III besteht die Indikation zur Endarterektomie.

Die 2-Jahres-Inzidenz für eine chronische thrombembolische pulmonale Hypertonie nach symptomatischer Lungenarterienembolie beträgt knapp 4%.