Veranstaltung und Anforderung

Im August 2006 fand auf dem Gelände des Verkehrslandeplatzes Bonn-Hangelar die Flugschau Internationaler Großflugtag mit Ausstellungen historischer Fluggeräte und Kunstflugdarstellungen statt. Bei diesem Verkehrslandeplatz, einem der ältesten Flughäfen weltweit, handelt sich es um ein 76 Hektar großes Gelände mit je einer Asphalt- und Gras-Startlandebahn. Genutzt wird der Flughafen von der Allgemeinen Luftfahrt sowie als Stützpunkt der Bundespolizei.

Die zweitägige Veranstaltung fand anlässlich des 100-jährigen Bestehens eines privaten Luftsportvereins in Kooperation mit einem eingetragenen Luftfahrtunternehmen statt. Da mit einem Besucherzustrom von 20.000–30.000 Zuschauern pro Tag zu rechnen war, wurde schon Monate vor der Veranstaltung das Deutsche Rote Kreuz (DRK) des Rhein-Sieg-Kreises mit der rettungsdienstlichen Versorgung beauftragt.

Planung und Vorhaltung

Die Einsatzplanung durch das DRK war, mit fast zweimonatiger Vorbereitungszeit, der planungsaufwändigste Einsatz des Jahres 2006 für die Organisation im Rhein-Sieg-Kreis. Die notwendigen Vorhaltungen bezüglich der Rettungsmittel und Helferstärke für die Größe der Veranstaltung wurden mit Hilfe des Maurer-Papiers [11] unter Einbeziehung aller beteiligten Einsatzkräfte in engem Kontakt mit dem Träger des Rettungsdienstes des Rhein-Sieg-Kreises geplant.

Demnach sollte die medizinische Individualversorgung auf der Veranstaltung durch eine mit zwei Notärzten besetzte Unfallhilfsstelle (UHSt) und einen Rettungsmittelhalteplatz (RettMittHP) mit fünf Rettungswagen (RTW), vier Krankenwagen (KTW) sowie einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) gewährleistet sein. Um den Erfahrungen aus vergangenen Unfällen bei Schauflugveranstaltungen mit zahlreichen Verletzten Rechnung zu tragen, wurde auch der mögliche Massenanfall von Verletzten (MANV) in die Vorplanung mit einbezogen [8, 16]. Dazu wurde ein Bereitstellungsraum für einen Behandlungsplatz (BHP) zur Versorgung von 50 Patienten festgesetzt. Vorkehrend wurde für den BHP-Teilbereich der Sichtung und der Sichtungskategorie I für Patienten mit vitaler Gefährdung, ein Gerätewagen Sanitäts- und Rettungsdienst sowie ein Abrollbehälter MANV abgesetzt und aufgebaut (Abb. 1; [6, 14, 15]). Der Einsatzabschnitt Sanitäts-/Rettungsdienst (EA San/RD) setzte sich so aus insgesamt drei Untereinsatzabschnitten (UEA: UHSt, RettMittHP, BHP) zusammen, für die jeweils ein Untereinsatzabschnittsleiter (UEAL) verantwortlich war. Die Technische Einsatzleitung (TEL) wurde durch den Stadtbrandinspektor (Gesamteinsatzleiter) der ortsansässigen Freiwilligen Feuerwehr (FF) mit seiner Einsatzleitung, dem Veranstalter selbst und einzelnen Fachberatern gebildet. Die Polizei entsandte einen Verbindungsbeamten in die TEL, um eine Koordination mit den Ordnungskräften zu erleichtern. Der EA San/RD wurde durch das DRK mit einem reduzierten Stab nach Dienstvorschrift 100 (DV 100) geführt, dabei wurden für den eventuell anfallenden MANV die Funktionen des Organisatorischen Leiters Rettungsdienst (OrgL RD) ständig besetzt [2, 6]. Für die TEL sowie für die Leitung des EA San/RD wurden vor dem Tower des Flughafens jeweils ein Einsatzleitwagen 2 (ELW 2) aufgestellt, die technische Unterstützung von einem Gerätewagen Technik sowie Information und Kommunikation erhielten. Insgesamt waren 119 Helfer des DRK im Einsatz (Tab. 1). Dazu kamen noch Einsatzkräfte der FF für die Einsatzabschnitte Brandbekämpfung und Gefährliche Stoffe und Güter (GSG). Für die Sicherheit und Ordnung waren Polizei, Ordnungskräfte der Stadt sowie des Veranstalters vor Ort überwachend tätig, um beispielsweise die andauernde Freihaltung der Rettungswege zu gewährleisten.

Abb. 1
figure 1

Übersicht des Veranstaltungsgeländes. (Mit freundl. Genehmigung: ©2006Google EarthTM) EA 1 Einsatzabschnitt 1; UHSt Unfallhilfsstelle; ELW 2 Einsatzleitwagen; RettMittHP Rettungsmittelhalteplatz; BHP Behandlungsplatz; EA 2 Einsatzabschnitt 2

Tab. 1 Helferstärke

Einsatzablauf und Vorbereitungen nach Wetterwarnung

Bei unbeständigem Wetter blieb das Zuschaueraufkommen mit etwa 10.000–15.000 Besuchern unter den Erwartungen des Veranstalters. Das rettungsdienstliche Einsatzaufkommen begrenzte sich bis zum Nachmittag auf wenige Hilfeleistungen. Um 13:49 Uhr fand, aufgrund einer amtlichen Wetterwarnung von 13:30 Uhr vor Gewitter mit Sturmböen und Starkregen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), eine außerplanmäßige große Lagebesprechung der TEL, EA San/RD sowie dem Kreisbrandmeister statt (für zeitliche Abläufe s. auch Tab. 2). In dieser Einsatzbesprechung wurden vorbereitende Maßnahmen für ein mögliches Unwetter festgelegt. So wurden u. a. Lautsprecherdurchsagen ausgearbeitet, Unterstellmöglichkeiten für die Besucher festgelegt und der Notbetrieb Funk bei Gewitter (z. B. Einfahren von Hochantennen der ELW 2, Benutzung von Handfunkgeräten) initiiert. Es erfolgte eine zeitnahe Information der Einsatzkräfte über die mögliche Wetterentwicklung durch die jeweiligen UEAL. Weiterhin wurde der abgesetzte BHP-Teilbereich mit seinen luftgestützten Zelten (Schnelleinsatzzelte) vorsorglich abgebaut. Die Zelte der UHSt wurden zusätzlich gesichert.

Tab. 2 Zeitlicher Ablauf

Zwischen 15:15 Uhr und 15:45 Uhr wurde das Publikum bei stark zunehmender Bewölkung mittels mehrerer Lautsprecherdurchsagen vor einem möglichen Unwetter gewarnt und die Veranstaltung vorsichtshalber frühzeitig beendet. Gleichzeitig wurde dringend das Aufsuchen von Unterstellmöglichkeiten, wie vorbereitete Hangars oder eines der zahlreichen Veranstaltungszelte empfohlen. Der Großteil der Zuschauer reagierte schnell, befolgte die Anweisungen des Veranstalters oder verließ das Gelände ganz, so dass sich kurze Zeit später nur wenig Besucher unter freiem Himmel befanden.

Blitzeinschlag und Chaosphase

Um 15:48 Uhr bekam die TEL Informationen über ein starkes Gewitter mit einem Dachstuhlbrand nach Blitzeinschlag in einem Ort nahe dem Veranstaltungsgelände. Wenig später kam es bei leichtem Regen auch zu Blitzeinschlägen in geringer Entfernung des inzwischen fast geräumten Zuschauerbereiches. Um 15:55 Uhr schlug ein Blitz unter Erzeugung eines ohrenbetäubenden Knalls und deutlich sichtbarer Blitzwolke im Zuschauerbereich ein. Bei vielen Helfern wurde aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zum Schadensort eine merkliche Schreckwirkung ausgelöst. Mit dem Blitzscheinschlag kam es zu massivem Starkregen mit stürmischen Windböen und stark eingeschränkter Sicht. Trotz der sehr geringen Entfernung zur UHSt (etwa 100 m Luftlinie) war von dort nicht zu erkennen, wo genau der Blitz eingeschlagen hatte und ob es Personenschaden gab.

Den innerhalb weniger Sekunden nach dem Ereignis am Schadensort zur Erkundung eintreffenden Helfern bot sich eine sehr unübersichtliche Lage: Zwischen den in Panik nach Schutz suchenden Zuschauern, umgestürzten Gerüstteilen der Lautsprecheranlage und Absperrgittern fielen zwei bewusstlose Personen ohne erkennbare Kreislaufzeichen auf, von denen eine bereits laienreanimiert wurde. Nach Augenzeugenberichten sei der Blitz unter Bildung eines grellen Lichtes mitten in die Zuschauergruppe eingeschlagen, wobei eine männliche Person mehrere Meter durch die Luft geschleudert worden sei. Dieser Patient war zu großen Teilen unbekleidet, da die Kleidung blitzbedingt zerrissen war, und wies oberflächliche Verbrennungen der Haut auf. Im Verlauf der Behandlung zeigte sich im Elektrokardiogramm (EKG) eine pulslose elektrische Aktivität (Tab. 3; [13]). Die zweite reanimationspflichtige weibliche Person zeigte im ventralen Thoraxbereich eine typische farnkrautartige Hautveränderung, die als Lichtenberg-Blitzfigur zu deuten war [1, 9, 12]. Bei beiden Patienten wurde unverzüglich mit Basic Life Support durch die Rettungsdienstmitarbeiter begonnen [3, 9, 18]. An die EA San/RD konnte noch in der gleichen Minute über 2-Meterfunk die Meldung „Reanimation nach Blitzeinschlag” abgesetzt werden. Durch die EA San/RD wurde die Besetzung des NEF veranlasst und versucht, weitere Rettungsmittel über 2-Meterfunk zu erreichen. Dieser funktionierte aber nach dem Blitzeinschlag zumindest nicht durchweg einwandfrei, das Handynetz sogar gar nicht. Aufgrund direkter Informationen der ersteintreffenden Helfer und der Nähe zum Schadensort schalteten sich Rettungsfahrzeuge des RettMittHP eigenständig in den Einsatz ein. Die Fahrzeugbesatzungen fanden die zwei oben genannten laufenden Reanimationen und etwa fünf zusätzliche Betroffene mit einer deutlichen Schreckwirkung vor. Weitere Personen waren in nahe gelegene Zelte oder in Hangars geflüchtet. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch keine genaue Angabe über die Anzahl der Verletzten und betroffenen Personen gemacht werden. Weniger als 5 min nach dem Ereignis waren vier RTW, ein KTW, ein NEF, ein NA von der UHSt und der Leitende Notarzt (LNA), welcher sich zu dieser Zeit zufällig privat auf dem Veranstaltungsgelände befand, am Schadensort. Die beiden Patienten ohne Kreislaufzeichen wurden unter Reanimation zügig in RTW verbracht, weil unter den herrschenden Wetterbedingungen nicht an erweiterte Maßnahmen unter freiem Himmel zu denken war (z. B. Defibrillation). Außerdem war unter dem Aspekt des Eigenschutzes wegen weiterer Blitzeinschläge nur ein zeitnaher Rückzug der Helfer zu verantworten.

Tab. 3 Typische Verletzungsfolgen eines Blitzunfalls

Parallel zu diesem Schadensort wurden bei der EA San/RD 2 min nach dem ersten Blitzeinschlag ein RTW und ein NA nach Blitzeinschlag im Bereich des Helferzeltes angefordert. Da man nun einen zusätzlichen Einsatzabschnitt bilden musste, entschied der Stab, bei noch unübersichtlicher Lage, die Auslösung MANV für den gesamten Rhein-Sieg-Kreis, um die vorhandenen Rettungskräfte zu unterstützen.

Während die Versorgung der Patienten in den vorhandenen Rettungsmitteln lief und sich weitere Betroffene zu den RTW begaben, musste die UHSt aufgrund des extremen Regens und starken Windes aufgegeben werden. Alternativ wurde entschieden, die unteren Räume des Flughafen-Towers zu nutzen und hier den BHP einzurichten. Zeitgleich musste auch ein neuer RettMittHP festgelegt werden, da der ursprünglich auf einer Wiese gelegene, wegen des enormen Niederschlages, nicht mehr geeignet war. Die vorgehaltenen Strukturen mussten also unter den neuen Bedingungen aufgegeben bzw. verlagert werden.

Kommunikation und Führung

Da es unmittelbar nach dem Blitzeinschlag einen kompletten Stromausfall bei den ELW 2 gab, war die Inbetriebnahme von der unabhängigen Stromversorgung (Stromaggregate) durch das Personal der Schnelleinsatzgruppe (SEG) Technik notwendig. Als Rückfallebene für die nicht durchgehend funktionierende Funkkommunikation wurden Fußmelder eingesetzt, die regelmäßig die TEL und die EA San/RD mit Informationen über die Lage und Umsetzung von Anordnungen versorgten. Dokumentiert wurde der gesamte Einsatzverlauf mittels Einsatztagebuch mit über 90 Einträgen.

Sichtung und Erstversorgung

Bei langsamer Wetterbesserung versammelten sich immer mehr Personen, die sich zur Zeit des Blitzeinschlages in unmittelbarer Nähe zum Schadensort befanden, an den Rettungsmitteln. Die nach MANV zusätzlich alarmierten Rettungsmittel wurden zu großen Teilen über den RettMittHP direkt zum EA 1 beordert. Hier fand die erste ärztliche Sichtung durch zwei aus dem Regelrettungsdienst stammende NEF-Besatzungen statt [15]. Zum Zeitpunkt des Blitzeinschlages befanden sich am Helferzelt nur noch wenige Einsatzkräfte, so dass glücklicherweise nur eine Person verletzt wurde, die notärztlich behandelt werden musste. Die beiden primär erfolgreich reanimierten Patienten konnten etwa 30 min nach dem ersten Blitzeinschlag unter Spontankreislauf abtransportiert werden. Einzelne Patienten wurden, aufgrund der Dringlichkeit, direkt nach der Sichtung in Krankenhäuser transportiert. Der größere Teil der Patienten wurde entweder durch Rettungsmittel zum BHP im Tower transportiert oder begab sich, bei geringer klinischer Symptomatik, zur weiteren Versorgung selbstständig dorthin.

Behandlungsplatz und Versorgung der Patienten

Noch während des Aufbaus des BHP im Flughafen-Tower kamen die ersten Verletzten und Betroffenen. Hier konnte die erste zentrale Registrierung stattfinden. Die Ärztin der aufgegebenen UHSt sichtete hier erneut und versorgte mit einem Arzt aus dem Publikum, welcher spontan seine Hilfe angeboten hatte, die Patienten [15]. Die häufigsten Symptome waren Unwohlsein, Übelkeit, Parästhesien und Herzrhythmusstörungen. Weiterhin fanden hier die betreuungsdienstliche Versorgung und die zentrale Zusammenführung von getrennten Familien statt. Die alarmierten Kräfte der Psychosozialen Unterstützung (PSU) übernahmen die Betreuung der unter deutlicher Schreckwirkung stehenden Personen. Von dem BHP aus wurden die Patienten, je nach Dringlichkeit, in die umliegenden Krankenhäuser verteilt. Anderen wurde nach ambulanter Behandlung eine Hausarztkonsultation empfohlen.

Registrierung, Sichtung und Transport der Patienten

Insgesamt wurden 26 Patienten registriert, von denen 16 in Krankenhäuser transportiert wurden. Die Krankenhauszuweisungen erfolgten nach einer durch die EA San/RD durchgeführten Bettenabfrage bei der Feuer- und Rettungsleitstelle (RLSt) des Rhein-Sieg-Kreises, so dass die Patienten entsprechend der Verletzungs- und Erkrankungsmuster in Krankenhäuser des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Bonn verteilt werden konnten. Zwei weitere Patienten sind nach initialer Sichtung, aber ohne Registrierung, in Krankenhäuser verbracht worden (Tab. 4). Zehn registrierten Patienten wurde nach zweimaliger Sichtung eine hausärztliche Konsultation empfohlen. Zusätzlich wurden etwa 35 Betroffene betreuungsdienstlich versorgt, hierunter fielen z. B. Familienzusammenführungen und die Betreuung älterer Personen.

Tab. 4 Sichtungskategorien

Neben der medizinischen Versorgung wurde auch der Abtransport unverletzter Zuschauer organisiert. Von der SEG wurden dafür Transporteinheiten alarmiert und Shuttle-Busse des Veranstalters angefordert. Durch den so gewährleisteten zügigen Abfluss der Besucher konnte Übersichtlichkeit auf dem gesamten Gelände hergestellt und so eine effektive Raumordnung geschaffen werden (Abb. 2). Die Möglichkeit zur Einholung von Informationen über den Verbleib von Angehörigen gab es in der Personenauskunftsstelle des Rhein-Sieg-Kreises im DRK-Zentrum Niederkassel [7].

Abb. 2
figure 2

Raumordnung auf dem Veranstaltungsgelände nach Schadenseintritt. (Mit freundl. Genehmigung von R. Mrosek) EA 1 EA 1 Einsatzabschnitt 1; UHSt Unfallhilfsstelle; BHP Behandlungsplatz; RettMittHP Rettungsmittelhalteplatz

Von beiden primär erfolgreich reanimierten Personen verstarb der männliche Patient eine Woche nach dem Ereignis an einem Multiorganversagen, während die weibliche Patientin ohne neurologische Einschränkung entlassen werden konnte.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Diese Freiluftveranstaltung hatte schon im Vorfeld zu einer größeren Medienpräsenz geführt. Ausgelöst durch das Unwetter mit den beschriebenen Blitzeinschlägen kam es nun zusätzlich zu einem enormen Interesse der lokalen und überregionalen Presse. Hieraus entwickelte sich ein hoher Betreuungsbedarf einer nicht vorhersehbaren Anzahl von Journalisten und Pressemitarbeitern. Als der eigentliche Einsatz im Sinne der Versorgung und des Abtransportes aller Patienten beendet war, wurde eine Pressekonferenz veranstaltet, in der die Öffentlichkeit über den Ablauf der Ereignisse ausführlich informiert wurde. Während des Einsatzes wurde die Öffentlichkeitsarbeit durch eine Pressesprecherin gewährleistet, um die Vertreter der Medien zu bündeln und kanalisiert über den jeweiligen Wissenstand zu informieren.

Einsatznachsorge

Bereits während des Einsatzes wurden neben den Besuchern auch einige Helfer der UHSt ärztlich gesichtet, da sich nicht wenige von ihnen in unmittelbarer Nähe zu den Blitzeinschlägen befanden. Zeitnah nach dem Einsatzende erfolgte eine ärztliche Sichtung aller Helfer. Drei Helfer wurden registriert und mit Kribbelparästhesien sowie Unwohlsein in Krankenhäuser eingewiesen. Aufgrund der außergewöhnlichen Belastung durch dieses Naturereignis und die Nähe zum eigentlichen Schadensort wurde für die Einsatzkräfte eine psychosoziale Unterstützung angeboten. So konnte die Nachsorge, die schon am Einsatzort durch ein PSU-Team begann, fortgeführt werden.

Amtliche Blitzauskunft

Im Rahmen der Nachbetrachtung der Naturereignisse und des Einsatzablaufes wurde vom DWD eine amtliche Blitzauskunft erstellt. Es gab während des betreffenden Gewitters innerhalb von 13 min insgesamt 10 Blitzeinschläge in einem Radius von 1 km um den Bezugspunkt B im Schaubild (Abb. 3), von denen der Großteil direkt auf dem Flughafengelände niederging.

Abb. 3
figure 3

Amtliche Blitzauskunft (Mit freundl. Genehmigung des Deutschen Wetterdienstes und der Bezirksregierung Köln, Abt. 7 GEObasis.nrw)

Diskussion

Angeregt durch Ereignisse bei vergangenen Schauflugveranstaltungen wurde das Augenmerk bei der Einsatzplanung auf die MANV-Vorbereitung gelegt [8, 16]. So wurde eine entsprechende Infrastruktur geplant und vorgehalten. Dabei wurden alle Fach- und Hilfsdienste miteinbezogen. Grundlage für die Planung und den Einsatzablauf war die Einsatzführung nach Vorgaben der DV 100 und die regelmäßig stattfindenden Lagebesprechungen (sowohl im Routinegeschehen wie auch nach Schadenseintritt).

Trotz dieser guten Einsatzplanung kam es unmittelbar nach dem Schadenseintritt zu einer Chaosphase, nicht nur durch die zeitweise wetterbedingt beeinträchtigte Funkkommunikation und durch die äußerst schlechten Sichtverhältnisse, sondern auch bedingt durch den notwendigen Rückbau (BHP-Teilbereich) oder Verlagerung von Vorhaltungen (UHSt, RettMittHP). Diese Chaosphase konnte aber durch die vorherige gezielte Einsatzplanung und effektive Entscheidungsprozesse auf unter 10 min begrenzt werden, nachdem z. B. als Rückfallebene Fußmelder eingesetzt wurden und gemäß der DV 100 die vorhandenen UEA eigenständig geführt werden konnten (Tab. 2).

Die Entscheidung, bei noch unübersichtlicher Lage und steigender Patientenzahl frühzeitig für den Rhein-Sieg-Kreis MANV auszulösen, war die Grundlage für den zügigen Abfluss der Patienten von der Einsatzstelle. Dabei diente die mindestens zweimalige Sichtung der Patienten und Herstellung der Transportfähigkeit am BHP dem koordinierten Abtransport zur definitiven Versorgung der Patienten in umliegende Krankenhäuser [15]. Die Inanspruchnahme von Helfern der PSU für die Betreuung von unverletzten Betroffenen entlastete hierbei die rettungsdienstlichen Helfer und sorgte für eine effektivere und konzentrierte Behandlung der verletzten Patienten.

Zusätzlich führten auch die getroffenen Absprachen zwischen der TEL und den Organisatoren in Vorbereitung auf ein Unwetter am Veranstaltungstag selbst (z. B. frühzeitiger Abbruch der Veranstaltung) vermutlich zur Reduktion des Schadenausmaßes (Anzahl der Verletzten). Dennoch demonstriert der vorliegende Fallbericht, dass es durch dynamische Lageveränderungen grundsätzlich schnell zu chaotischen Situationen kommen kann.

So stellen insbesondere Blitzunfälle mit Todesfolge ein seltenes Ereignis dar, welches sich in einem speziellen Szenario schlecht üben lässt [17]. Annähernd 8 Mio. Blitze ereignen sich täglich weltweit, nur sehr wenige Blitzschläge führen jedoch zu Verletzungen bzw. zum Tod eines Menschen. Existieren in der Literatur auch zahlreiche Einzelfallberichte zu Blitzunfällen, finden sich jedoch nur wenige Berichte über Blitzunfälle bei Massenveranstaltungen oder größeren Personengruppen [4, 10]. Nach unserem Wissen existiert kein derartiger Fallbericht zu einem Blitzeinschlag bei einer Flugschau. Die allgemeine Bedeutung einer umfassenden Einsatzvorbereitung, der regelmäßigen Übung von Ausnahmesituationen innerhalb eines geplanten Einsatzgeschehens und der Stabsarbeit, um auch bei eigentlich nicht planbaren Situationen zügig einen strukturierten Einsatzablauf zu ermöglichen, wird anhand dieses Fallbeispieles deutlich. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass auch Einsatzsituationen mit Abweichungen von grundsätzlichen Empfehlungen in Erwägung gezogen werden können.

Im Gegensatz zu dem klassischen MANV, bei dem man sich in erster Linie auf die Patienten mit Lebenszeichen konzentriert, sollte bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand, der durch einen Blitzschlag ausgelöst wurde, auch bei geringen Ressourcen sofort mit der kardiopulmonalen Reanimation (CPR) begonnen werden. Diese sollte unter Umständen lange fortgesetzt werden, da die Reanimation Blitzgeschädigter im Vergleich zum Herz-Kreislauf-Stillstand anderer Genese bessere Erfolgsaussichten hat [3, 9, 18]. Die Mortalität der durch Blitzeinschlag verletzten Personen wird in der internationalen Literatur mit etwa 20–30% [5, 19] beschrieben, vollständige Daten für Deutschland fehlen jedoch.

Im Sinne der Sicherheit der Einsatzkräfte sollte die Beachtung des Eigenschutzes hervorgehoben werden. Unter der noch bestehenden Gefahr von weiteren Blitzeinschlägen, ist hier nur eine schnelle Verbringung der Patienten in die RTW sinnvoll gewesen, um dort erweiterte Maßnahmen unter sicheren Umständen durchzuführen. Wie im vorliegenden Fallbericht sind Gewitter häufig von heftigen Regenfällen begleitet. Dabei sei daran erinnert, dass eventuelle Defibrillationsmaßnahmen unter sicheren Umständen nur in trockener Umgebung und unter Entfernung von feuchter Kleidung des Patienten erfolgen dürfen.

Deutlich wird anhand dieses Einsatzes nicht zuletzt die Bedeutung einer reibungslosen Zusammenarbeit aller beteiligten Fachdienste und Führungsstrukturen, um innerhalb geplanter Einsätze oder in außergewöhnlichen Situationen schnell und effektiv die zur Verfügung stehenden Ressourcen einsetzen zu können.

Fazit für die Praxis

Bei komplexen Schadenslagen bilden

  • taktische Planung,

  • Aufbau bewährter Führungsstrukturen,

  • Vorhaltungen sowie

  • Rückfallebenen

die Grundlagen für einen erfolgreichen Einsatzablauf.

Im Gegensatz zum klassischen MANV, bei dem man sich in erster Linie auf die Patienten mit Lebenszeichen konzentriert, sollte bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand nach Blitzschlag unverzüglich mit der Reanimation begonnen werden.