Die präklinische Intubation bei einem Traumapatienten unterliegt besonderen Bedingungen. Mit Hilfe einer systematischen Literaturanalyse werden in dem vorliegenden Beitrag die Indikationsfindung und Risiko-Nutzen-Abwägung der Intubation untersucht, der Evidenzgrad für einzelne Indikationen bestimmt sowie Komplikationen und Risiken dargelegt.

Präklinische Besonderheiten

Im Rahmen des präklinischen Atemwegsmanagements schwer verletzter Patienten sind der Zugang zum Patienten und dessen Atemwegen häufig behindert, die Narkoseeinleitung schwer kontrollierbar und das mögliche Vorliegen einer Halswirbelsäulenverletzung setzt eine sichere Intubationstechnik unter „In-line-Stabilisierung“ voraus.

Folgende weitere Besonderheiten der präklinischen Situation können Indikationsstellung und Planung der Atemwegsversorgung beeinflussen:

  • Rettungsaufwand,

  • Erfahrung und Kenntnisse des Notarztes bezüglich des Atemwegsmanagements,

  • potenzielle negative Wirkungen des Zeitaufwands und der Narkoseeinleitung auf ein gleichzeitig ablaufendes Schockgeschehen oder ein vorliegendes Schädel-Hirn-Trauma (stumpfes vs. penetrierendes Trauma – „scoop and run“ vs. „stay and play“),

  • Begleitverletzungen im Bereich der Atemwege und (abschätzbare) Intubationshindernisse,

  • Entfernung von der Zielklinik und Transportmodalitäten (bodengebunden vs. Luftrettung).

Um die zahlreichen Expertenmeinungen und Erfahrungen durch wissenschaftliche Daten zu unterstützten wurde eine Medline-Recherche mit den Schlagwörtern „Respiratory insufficiency/diagnosis“, „wounds and injuries“, „thoracic injuries“, „multiple Trauma“, „emergency medical services“, „pre-hospital“, „preclinical“, „intubation“, „tracheostomy“, „aspiration“, „complication“, „thoracic injuries“, „craniocerebral trauma“, „spinal injuries“, „multiple trauma“, „airway management“, „neuromuscular blocking agents“, zuletzt im Mai 2007 aktualisiert, durchgeführt.

Indikation und Nutzen der Intubation

Die Studienlage zur Indikationsfindung und Nutzen-Risiko-Abwägung der präklinischen Intubation beim schwer verletzten Patienten ist schlecht. Prospektiv randomisierte Studien zur Intubation bei Polytrauma des Erwachsenen konnten nicht gefunden werden. Die vorhandenen prospektiven und retrospektiven Kohortenstudien sind zudem methodisch heterogen. Hinzu kommt, dass es leider nur sehr wenige originäre Untersuchungen zu dieser Thematik aus notarztbesetzten Rettungssystemen gibt.

So finden sich in der Literatur widersprüchliche Ergebnisse zum Nutzen einer präklinischen Intubation beim schwer verletzten Patienten. Während sich beispielsweise in Deutschland aufgrund der technischen Kompetenz im Notarztsystem und zahlreicher Expertenmeinungen eine großzügige Indikation zur Intubation bis hin zur prophylaktischen oder sog. Schutzintubation entwickelt hat, wird anderen Orts der Nutzen einer präklinischen Intubation von Traumapatienten kritisch hinterfragt.

Da also viele Daten in Rettungssystemen gewonnen wurden, in denen nicht-ärztliches Personal die Intubation durchführte, stellt sich die Frage, in wie weit diese Ergebnisse auf die Verhältnisse in Deutschland zu übertragen sind. Dies ist sicherlich nicht unreflektiert erlaubt, insbesondere nicht dann, wenn die Qualität der Intubation sehr schlecht war und zur Intubation von Traumapatienten keine Medikamente verwendet wurden, wie dies in einigen amerikanischen Studien der Fall war.

Allerdings werden durch entsprechend geschultes Rettungsdienstpersonal (z. B. Paramedics) und der Verwendung von Medikamenten inklusive Muskelrelaxantien („rapid sequence induction“, RSI) auch dort hohe Erfolgsraten der Intubation im Bereich von 95 bis 99% erreicht (u. a. [31, 38, 46]).

Diese sind vergleichbar mit Ergebnissen aus notarztbesetzten Systemen. So fand sich in einer französischen Studie mit arztbesetztem Rettungswagen eine Rate an ösophagealen Fehlintubationen von 7% und der Notwendigkeit zu mehr als 2 Intubationsversuchen von 11%, wobei die Intubation letztendlich nur bei knapp 1% der Patienten nicht gelang [1]. In einem deutschen Rettungsdienstbereich lag die ösophageale Fehlintubationsrate für Traumapatienten bei 7,1% [42].

Es erscheint also nicht nur legitim, sondern sogar zwingend erforderlich die vorhandenen wissenschaftlichen Daten aufzuzeigen und sie (bei aller Vorsicht in der Übertragbarkeit) zur Grundlage von Empfehlungen zu machen. Diese müssen dann durch Expertenmeinung auf die deutschen Verhältnisse angepasst werden, wo dies erforderlich ist.

Während in einem Report der Cochrane Injuries Group [6] gefolgert wird, dass „in the absence of evidence of the effectiveness of advanced life support, strong argument could be made that it should not be promoted outside the context of a properly concealed and otherwise rigorously conducted randomised controlled trial“, hat andererseits die Notwendigkeit zur Sicherung der Atemwege und der Atmung bzw. der Oxygenierung im Rahmen der klinischen Traumaversorgung höchste Priorität („treat first what kills first“; [2]).

Die Sicherung der Atemwege bzw. der Oxygenierung hat im Rahmen der Traumaversorgung höchste Priorität

Eine Reihe von Studien untersuchte den möglichen generellen Nutzen einer präklinischen Intubation im Vergleich zu einer Maskenbeatmung bei Traumapatienten. So wurde nach Korrektur für Verletzungsschwere und Unfallmechanismus eine erhöhte Mortalität in der Intubationsgruppe verglichen mit der Maskenbeatmung berichtet [40]. In einer prospektiven, pseudorandomisierten Studie (gerade vs. ungerade Tage) konnten Gausche et al. ebenfalls keinen Vorteil für die Gruppe der Intubierten innerhalb der Subgruppenenanalyse für die Trauma- und Schädel-Hirn-Trauma-Patienten feststellen [22]. In einer retrospektiven Untersuchung von Eckstein et al. fand sich sogar eine ca. 5-fach erhöhte Überlebenswahrscheinlichkeit, wenn Patienten mit Maskenbeatmung statt endotrachealer Intubation behandelt wurden [19]. Die Verletzungsschwere, gemessen am ISS, war jedoch in der Intubationsgruppe erhöht. Diesen Studien ist allerdings gemeinsam, dass die Intubation ohne Zuhilfenahme von Narkotika und Muskelrelaxantien durchgeführt wurde. Außerdem fehlen entweder Angaben zur Erfolgsquote für die Intubation oder die Rate erfolgreicher Intubationen lag sehr niedrig (nur 57% bis 63%). Die hieraus gezogenen Folgerungen können deshalb nicht einfach auf unser notarztbesetztes Rettungssystem übertragen werden, da hier die Erfolgsrate der Intubation wesentlich höher liegt.

Dem gegenüber konnten Rivara et al. mittels retrospektiver Analyse einer Serie von tödlichen Verkehrsunfällen sowie der jeweiligen Autopsieberichte zeigen, dass neben einer verlängerten Versorgungszeit in der Präklinik und in der Notaufnahme die fehlende präklinische Sicherung der Atemwege (Intubation) der kritische Faktor in Bezug auf potenziell vermeidbare Todesfälle war [34]. In einer prospektiv, nicht-randomisierten Studie zeigte sich in der Gruppe der früh Intubierten (innerhalb 2 h nach Tauma) eine erniedrigte Inzidenz von Organversagen und eine geringere Letalität, obwohl diese Patienten eine signifikant höhere Verletzungsschwere aufwiesen als diejenigen, die später intubiert worden waren [43]. In einer Analyse aus einer Trauma-Datenbank führte die präklinische orotracheale Intubation, gemessen durch das mit der TRISS-Methode vorhergesagte Outcome, zu verbesserten Ergebnissen bezüglich Überleben und neurologischer Funktion [21].

Angesichts der schlechten und teilweise widersprüchlichen Datenlage erscheint eine allgemeine Forderung nach einer präklinischen Intubation von traumatisierten Patienten zu undifferenziert. Dementsprechend wurden von verschiedenen Experten und Fachgesellschaften (Tab. 1 und in [17, 18]) eine Reihe von Kriterien genannt, die eine Indikation zur Intubation darstellen:

  • Verlegung oder drohende Verlegung der Atemwege,

  • Apnoe,

  • respiratorisches Versagen: Hypoventilation, persistierender Hypoxie trotz High-flow-Sauerstoffzufuhr,

  • Thoraxtrauma,

  • Herz-Kreislauf-Stillstand,

  • Schockzustand/gravierende hämodynamischer Instabilität,

  • schweres Schädel-Hirn-Trauma (GCS ≤8).

Für diese Indikationen sollen im Folgenden die Datenlage und die Argumentationen dargestellt werden.

Tab. 1 Empfehlungen einiger Fachgesellschaften zur Intubation nach Trauma

Indikationen zur Intubation

Verlegung der Atemwege, Apnoe und Hypoventilation

Patienten mit Apnoe oder Hypoventilation sollten präklinisch intubiert werden (Evidenzgrad C).

Bei Apnoe, bei aufgehobenen Schutzreflexen, bei Verlust der Atemwege und bevorstehendem Verlust der Atemwege muss ein unmittelbares Atemwegsmanagement durchgeführt werden („Alles-Oder-Nichts-Evidenz“). Auch drohende Atemwegsprobleme bei Mittelgesichts- oder Halstrauma, Inhalationstrauma oder im Rahmen eines geplanten Lufttransports müssen in die Evaluation einbezogen werden. Hier wäre grundsätzlich eine manuelle Beatmung per Maske oder die Einbringung einer Larynxmaske oder eines endotrachealen Tubus möglich. Die orotracheale Intubation ist dabei aktuell das am häufigsten (85,4%) eingesetzte Verfahren [18]. Vergleichende Studien zwischen diesen 3 Alternativen liegen praktisch nicht vor.

Die Leitliniengruppe der Eastern Association for Surgery of Trauma (EAST) stellt in ihren „Guidelines for Emergency Intubation immediately following traumatic injury“ fest, dass es keinerlei kontrollierte, randomisierte Studien zu dieser Fragestellung gibt. Zusammenfassend schätzen sie die Intubation als insgesamt so etabliertes Verfahren bei Hypoxie/Apnoe ein, dass trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz eine entsprechende Level-A-Empfehlung formuliert wurde [17].

Butler et al. unterstützen dies in einer Übersichtsarbeit von 2003 mit der Schlussfolgerung, dass die Intubation bei Hypoventilation/Apnoe weiterhin als Standardmethode gilt [7]. Bei der Unmöglichkeit einer endotrachealen Intubation muss die Sicherung der Atemwege über eine Alternativmethode (Larynxmaske/Kombitubus, chirurgischer Atemweg) erfolgen.

Respiratorische Insuffizienz

Bei Vorliegen einer respiratorischen Insuffizienz, die sich durch weniger invasive Maßnahmen (z. B. Sauerstoffgabe) nicht beseitigen lässt, sollte eine Intubation erfolgen.

Die korrekte Einschätzung einer respiratorischen Insuffizienz mit Hypoxämie und Hyperkapnie basiert zunächst auf der Patientenbeobachtung durch den Notarzt (Dyspnoe, Atemmechanik, Bewusstseinseinschränkung). Indikatoren einer respiratorischen Insuffizienz sind darüber hinaus:

  • Atemfrequenz <10 oder >30/min,

  • arterielle Sauerstoffsättigung SaO2<90% trotz Sauerstoffzufuhr.

Diese Kriterien werden in den vorhandenen Studien als Einschlusskriterien eingesetzt. Zusätzlich wird (z. B. in [40]) die Indikation zur Intubation auch auf dem Boden der „klinischen Beurteilung“ gestellt. Dies spiegelt die Diagnoseunsicherheit bei der Einschätzung einer prognostisch relevanten respiratorischen Insuffizienz, die eine Intubation notwendig machen könnte wider.

Thoraxtrauma

Patienten mit schwerem Thoraxtrauma und respiratorischer Insuffizienz sollten präklinisch intubiert werden (Evidenzgrad C).

Hypoxie und respiratorisches Versagen gehören zu den typischen und vital bedrohlichen Folgen von schweren Thoraxtraumen. Ist die Hypoxie durch Sauerstoffgabe und Basismaßnahmen des Atemwegsmanagements nicht zu beheben, wird die Intubation empfohlen [17].

Bei prolongierten Intubationsversuchen und damit verbundener Hypoventilation und Gefahr der Hypoxie kann die Intubation jedoch auch sekundäre Schäden nach sich ziehen. Eine Datenbankanalyse des deutschen Traumaregisters zeigte keinen Vorteil der präklinischen Intubation bei Patienten mit schwerem Thoraxtrauma ohne respiratorische Insuffizienz [35]. Ein weiteres Problem der Indikation zur Intubation ist die Unsicherheit der Diagnosestellung durch den Notarzt. In einer Untersuchung aus Deutschland wurde bei knapp 20% der Patienten ein schweres Thoraxtrauma vermutet, obwohl dieses tatsächlich nicht vorlag [3]. Fast ebenso häufig lag eine gravierende Verletzung des Brustkorbs und seiner Organe vor, die jedoch vom Notarzt nicht vermutet worden war.

Diese Diskrepanz in der präklinischen erhobenen Diagnose führt zu der Schlussfolgerung, dass die Entscheidung zur präklinischen Intubation eher auf der Grundlage des Vorliegens einer respiratorischen Insuffizienz als auf der (Verdachts)diagnose eines schweren Thoraxtraumas erfolgen sollte.

Hämodynamische Instabilität

Patienten mit hämodynamischer Instabilität können präklinisch intubiert werden (Evidenzgrad C).

Bezüglich der präklinischen Intubation bei Patienten mit hämodynamischer Instabilität finden sich in der Literatur keine prospektiv randomisierten Studien, die eine Empfehlung auf Evidenzniveau A erlauben. Als hämodynamisch instabil gelten dabei in praktisch allen Studien Patienten mit einem systolischen Blutdruck <90 mmHg.

Dunham et al. [17] postulierten in den „Guidelines for Emergency Tracheal Intubation after Traumatic Injury“ als Level-I-Aussage, dass eine Notfallintubation bei Traumapatienten im schweren hämorrhagischen Schock durchgeführt werden muss, wenn eine Notfallthorakotomie oder eine Notfalllaparotomie erforderlich ist. Die Autoren der EAST-Gruppe empfehlen, dass, Patienten mit hämodynamischer Instabilität nach Trauma intubiert werden sollten [18]. Diese Folgerung stützt sich auf 10 Studien, in denen insgesamt 5633 Patienten im hämorrhagischen Schock notfallmäßig intubiert worden waren. Allerdings erfolgte hier jeweils kein Vergleich mit adäquaten Kontrollgruppen. Vielmehr war der schwere hämorrhagische Schock ein expertenbasiertes Kriterium zur Intubation. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kam das American College of Surgeons [2], ohne dass hier andere Studiendaten zitiert wurden.

Angestoßen durch die schlechte Datenlage zur präklinischen Intubation sowie durch die These, dass die Überdruckbeatmung einen negativen Effekt auf die Hämodynamik der Patienten im hämodynamischen Schock hat, zeigten Shafi et al. 2005 mittels Analyse der nationalen US-Traumadatenbank [36], dass bei erwachsenen Traumapatienten mit einem ISS ≥16 und einem GCS ≤8 die präklinische Intubation und die damit verbundene Überdruckbeatmung mit einer frühen Hypotension und somit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko – verglichen mit Patienten, die erst im Schockraum intubiert wurden – verbunden war. Dieser Effekt, so die Autoren, wird höchstwahrscheinlich durch den negativen hämodynamischen Effekt des positiven intrathorakalen Drucks im Rahmen einer Hypovolämie hervorgerufen.

Schädel-Hirn-Trauma

Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und gestörten Atemwegen, die anders nicht zu sichern sind, sollten präklinisch intubiert werden (Evidenzgrad C).

Präklinische Hypoxie und Hypotonie führen zu einer sekundären Hirnschädigung und verschlechtern unabhängig voneinander die Prognose von Patienten mit schwerem Schädelhirntrauma [8, 9, 39]. Diese Erkenntnisse stützen die Ansicht, dass Patienten mit schwerem SHT von einem aggressiven Atemwegsmanagement und einer aggressiven Kreislauftherapie profitieren sollten.

Patienten mit schwerem SHT sollten von aggressivem Atemwegsmanagement und aggressiver Kreislauftherapie profitieren

Manley et al. [28] untersuchten prospektiv das Auftreten, die Frequenz und Dauer von Phasen der Hypotonie (RR syst. ≤90 mmHg) und Hypoxie (SaO2≤92%) während der Erstversorgung von Patienten mit SHT (GCS≤12 und intrakranielle Traumafolgen im CT). Dabei zeigte sich eine signifikante Assoziation hypotoner Phasen mit erhöhter Mortalität, jedoch kein statistischer Zusammenhang von Hypoxie und schlechterem Outcome. Jerimitsky et al. kamen zu den gleichen Ergebnissen [24]. Diese Untersuchungen weisen darauf hin, dass während des Atemwegsmanagements von Patienten mit SHT insbesondere hypotensive Ereignisse eine negative Auswirkung haben können.

Davis et al. [14] führten eine Matched-pair-Analyse aus den Daten eines Traumaregisters durch und identifizierte Phasen der Hypoxie und Hyperventilation in Verbindung mit präklinischer respiratorischer Insuffizienz als mögliche Faktoren für einen negativen Effekt der Maßnahme. Zuvor hatte er schon beobachtet, dass die Verwendung von Midazolam mit einer dosisabhängigen Induktion hypotoner Phasen verknüpft ist [15]. In Fallserien konnte weiterhin gezeigt werden, dass während der präklinischen Beatmung von Patienten mit schwerem SHT, mit oder ohne Kapnometrie, Phasen der inadäquaten Ventilation (zumeist Hyperventilation) auftreten [12, 23].

Somit sollten beim Atemwegsmanagement von Patienten mit schwerem SHT Strategien zur Anwendung kommen, die es ermöglichen, die Atemwege und die Oxygenierung zu sichern, ohne dabei sekundäre Hirnschädigungen durch Hypotonie oder inadäquate Ventilation zu induzieren.

Aktuell finden sich in der Literatur keine prospektiv-randomisierten Studien zur Frage der präklinischen Intubation von Patienten mit schwerem SHT, die eine Empfehlung auf Evidenzniveau A rechtfertigen könnten.

Mehrere Studien [5, 10, 14, 22, 29] fanden keinen positiven Effekt einer Intubation auf die Mortalität oder das neurologische Outcome. Dabei wurde die präklinische Intubation mit einer Maskenbeatmung [10, 22] mit einer Intubation bei Aufnahme im Krankenhaus [5] und mit Nicht-Intubierten [14, 29] verglichen. Hingegen konnte in einer retrospektiven kontrollierten, nicht randomisierten Studie eine reduzierte Letalität bei SHT-Patienten (GCS ≤8), die bei der Ankunft im Krankenhaus intubiert waren, beobachtet werden [47]. Der Autor empfahl die Intubationsindikation auf alle Patienten mit einem GCS ≤8 auszudehnen. Die angegebene Intubationsrate betrug allerdings auch hier nur 51,7% und die Intubation wurde von Paramedics ohne medikamentöse Unterstützung durchgeführt. Eine weitere retrospektive Untersuchung zeigte eine reduzierte Mortalität für Kinder mit schwerem SHT, die präklinisch durch Notärzte intubiert wurden, verglichen mit denjenigen, die erst im Krankenhaus intubiert worden waren [41]. Andere Autoren [4] fanden zusätzlich eine Verbesserung des gemessenen systolischen Blutdruckes, der Sauerstoffsättigung sowie der end-tidalen CO2-Werte im Vergleich zu den Ausgangswerten vor präklinischer Intubation bei Patienten mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma.

Die Arbeitgruppe „Practice Managagement Guidelines“ der EAST empfiehlt anhand der vorliegenden Literatur die Notfallintubation für Traumapatienten mit schwerer Bewusstseinsstörung (GCS ≤8; [18]). Für Patienten mit GCS >8 und freien Atemwegen lässt sich eine generelle Empfehlung zur Intubation nicht ableiten. Letztendlich bleibt die Nutzen-Risiko-Abwägung offen.

Komplikationen und Risiken der präklinischen Intubation

Tubusfehllage

Die unentdeckte ösophageale Fehlintubation stellt unbestritten die gefährlichste Komplikation nach endotrachealer Intubation dar. Die berichteten Häufigkeiten von Fehlintubationen reichen von weniger als 1% [45, 46], über 2% [22] und 6% [33], bis zu fast 17% [25]. Sie gehen mit einer hohen Mortalität einher, die bei Tubusfehllage im Hypopharynx 33% und im Ösophagus 56% beträgt [25].

Daraus wurde gefolgert [20], dass die präklinische Bestätigung der korrekten Tubuslage mittels Kapnometrie durchgeführt werden sollte. Darüber hinaus soll ein kontinuierliches Monitoring durchgeführt werden, um sekundäre Dislokationen während des Transports rechtzeitig zu erkennen. Verschiedene Autoren [26] und insbesondere auch die Leitlinien des European Resuscitation Council (2005) zur Intubation bei Reanimation empfehlen die Verifizierung der Tubuslage mittels Kapnometrie sowie Maßnahmen zur Vermeidung einer Tubusdislokation.

Aspiration

Das Sichern eines „definitiven Atemwegs“ (geblockter Tubus, platziert in der Trachea) soll Schutz vor Aspiration bieten [2]. Im Vergleich von Maskenbeatmung mit endotrachealer Intubation fanden Gausche et al. [22] eine vergleichbare Aspirationswahrscheinlichkeit in den beiden Gruppen. Auch bezüglich des Auftretens von Erbrechen und Magenüberblähung konnte kein Vorteil der Intubation nachgewiesen werden. Andere Autoren [44] zeigten dagegen eine erhöhte Aspirationswahrscheinlichkeit nach präklinischer endotrachealer Intubation im Vergleich mit Patienten, die erst in der Notaufnahme intubiert wurden. Ob die erhöhte Inzidenz von Aspirationen auf die Maßnahme selbst oder auf eine erhöhte Verletzungsschwere der intubierten Patienten zurückgeführt werden kann bleibt hier offen.

Nicht berücksichtigt ist bei diesen Studien und deren Interpretation die Problematik einer der Intubation möglicherweise vorgeschalteten Maskenbeatmung. Diese könnte, zumindest bei einem Teil der Patienten, zu einer Magenüberblähung geführt und das Aspirationsrisiko während der anschließenden Intubation erhöht haben.

Weitere Komplikationen

Neben ösophagealen Tubusfehllagen und Aspiration werden Atemwegsverletzungen, unbemerkte sekundäre Dislokationen des Endotrachealtubus (6%) oder rechte Hauptstammintubation (18%) als Komplikationen der präklinischen Intubation beschrieben [22].

Weiterhin wurde eine signifikant erhöhte Pneumonierate nach präklinischer Intubation beobachtet [38]. Auf die 30-Tage-Mortalität und die Anzahl der Intensivbehandlungstage hatte dies jedoch keinen Einfluss. Die Gruppe der präklinisch Intubierten wies eine erhöhte Verletzungsschwere auf. Sing et al. [37] fanden einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit pulmonaler Komplikationen und der Verletzungsschwere.

Ein Zusammenhang der präklinischen Intubation mit dem Auftreten pulmonaler Komplikationen kann daher nicht bewiesen werden.

Bei erhöhter Inzidenz von Organversagen in der „spät“ intubierten Patientengruppe war die Rate der respiratorischen Insuffizienz in den „frühen“ und „späten“ Gruppen in der Untersuchung von Trupka et al. vergleichbar [43].

Ob Ereignisse wie wiederholte Intubationsversuche oder Medikamentengaben [37] einen negativen Einfluss auf das Outcome präklinisch intubierter Patienten haben, kann aus der vorhandenen Literatur nicht gezeigt werden.

Einfluss der präklinischen Verweilzeit

Unabhängig von der Diskussion über „scoop and run“ vs. „stay and play“ sollten Traumapatienten möglichst schnell einer adäquaten klinischen Versorgung zugeführt werden. Deswegen wird insbesondere für das penetrierende Trauma eine Minimierung der präklinischen Rettungszeit gefordert. Einige Untersuchungen berichten, dass die Durchführung der Intubation zu einer Verlängerung der präklinischen Verweilzeit führt [22, 35, 40]. Eckstein et al. [19] fanden dagegen nach präklinischer Intubation keine Verlängerung der präklinischen Verweilzeit. Die in diesem Zusammenhang aufgeführten Studien konnten insgesamt keinen Vorteil einer präklinischen Intubation zeigen. Ob der Einfluss der Intubation auf die präklinische Rettungszeit wiederum einen Einfluss auf das Outcome hat, bleibt ungeklärt.

Fazit für die Praxis

Aus den oben dargestellten Erwägungen und Daten lassen sich abschließend die folgenden Intubationskriterien beim Traumapatienten postulieren:

  • gestörte Atemwege,

  • Apnoe und Hypoventilation,

  • respiratorische Insuffizienz, die sich durch Sauerstoffgabe nicht beseitigen lässt,

  • schweres Thoraxtrauma in Verbindung mit einer respiratorischen Insuffizienz,

  • Bewusstlosigkeit (Glasgow-Coma-Scale ≤8 Punkte) oder mit gestörten Atemwegen,

  • hämodynamische Instabilität oder Herz-Kreislauf-Stillstand.