Am 17./18. Juni 2005 fand in Nürnberg unter dem Motto „aktuelle notfallmedizinische Versorgungskonzepte in der Luftrettung“ die Jahrestagung der Leitenden Ärzte und Leitenden Rettungsassistenten der Deutschen Rettungsflugwacht und ihrer Teampartner (TeamDRF) statt.

Nach Einführung in die Veranstaltung durch den Ärztlichen Leiter des TeamDRF (Braun, Filderstadt), Grußworten und Informationen aus dem Vorstand (Demmer, Bonn) sowie der Geschäftsleitung (Lutz, Filderstadt) und einem historischem Rückblick zum Hubschrauberstandort Nürnberg (Leonhardt, Nürnberg) standen am ersten Veranstaltungstag Themen zur Fort- und Weiterbildung, zur medizinischen Datenerfassung und zum Akuten Koronarsyndrom auf dem Programm. Workshops in Kleingruppen zur Vertiefung der Themenschwerpunkte Ausbildung, akutes Koronarsyndrom und Gerätemanagement schlossen diesen Veranstaltungstag ab (Tab. 1).

Tab. 1 Programmübersicht vom 1. Veranstaltungstag der Jahrestagung der Deutschen Rettungsflugwacht 2005

In den 2. Veranstaltungstag führte Anding, München, mit aktuellen Informationen zur Luftrettung in Bayern ein. Schlaganfallmanagement, regionale innovative Konzepte einzelner Luftrettungszentren (LRZ) sowie medizinische Aspekte zur Wasserrettung und Nachtflug waren die weiteren Themen. Ein Themenblock Medizintechnik mit Vorstellung neuer Entwicklungen durch verschiedene Hersteller rundete das Programm ab (Tab. 2).

Tab. 2 Programmübersicht vom 2. Veranstaltungstag der Jahrestagung der Deutschen Rettungsflugwacht 2005

Fort- und Weiterbildung

Aktuelle Untersuchungen zur Einsatzrealität im Notarztdienst zeigen, dass mit durchschnittlich 16 Einsätzen monatlich selbst regelmäßig tätige Notärzte anspruchsvollen Einsatzsituationen z. T. nur selten begegnen und bestimmte lebensrettende Maßnahmen nur sehr selten durchführen. Dabei wurden Unterschiede zwischen bodengebundenen und luftgestützten Systemen gerade bei der Versorgung schwerverletzter Patienten und den dabei notwendigen Maßnahmen wie Intubation und Thoraxdrainage deutlich. Eine von anderen Autoren angegebene Einsatzfrequenz bodengebunden tätiger Notärzte von nur 9,2 Einsätzen monatlich bekräftigt diese Ergebnisse.

Allerdings bestätigt eine Analyse der Daten von 25 LRZ des TeamDRF mit insgesamt 6499 Patientenkontakten von Januar 2005 bis April 2005 diese Beobachtung teilweise auch für den Luftrettungsdienst: die eingesetzten Notärzte hatten in diesem Zeitraum durchschnittlich rund 3 Patientenkontakte monatlich. Eine genauere Analyse dieser Daten zeigt, dass insbesondere an LRZ mit einem hohen Anteil an Sekundäreinsätzen (ITH) und einem im Wesentlichen auf „Freelancer“ basierenden Beschäftigungsmodell die eingesetzten Notärzte teilweise eine sehr niedrige individuelle Einsatzfrequenz aufweisen. Bei der Interpretation dieser Ergebnisse müsse allerdings berücksichtigt werden, dass eine mögliche notärztliche Tätigkeit außerhalb der DRF nicht berücksichtigt werden konnte und die Daten in einer eher „einsatzärmeren“ Zeit erhoben wurden. Aus der absoluten Einsatzzahl könne darüber hinaus nicht direkt auf die Qualität der Versorgung geschlossen werden.

Von zukünftig noch weiter steigenden Anforderungen an das eingesetzte Team müsse allerdings ausgegangen werden: Neben der Erweiterung des Einsatzspektrums mit auch präklinisch immer differenzierteren Behandlungsstrategien seien längere Transport- bzw. präklinische Behandlungszeiten und eine Zunahme von Intensivtransporten zu erwarten. Bei einer individuell möglicherweise sehr niedrigen Einsatzfrequenz und einer hohen Zahl eingesetzter Notärzte wird das Auftreten und die Interaktion des medizinischen Teams aber immer variabler. Daher sei die Frage, wie viel Notärzte pro LRZ zur Gewährleistung einer regelmäßigen Notarzttätigkeit zukünftig sinnvoll sind, durchaus berechtigt (Gries, Heidelberg/Mannheim).

Luftrettungsspezifische Fort- und Weiterbildung

In einem organisationsübergreifendes Treffen der Leitenden Hubschrauberärzte der LRZ Frankfurt, Kassel, Fulda und Göttingen wurde der Frage nachgegangen, welche Besonderheiten im Luftrettungsdienst bestehen und ausschließlich bodengebunden tätigen Kollegen möglicherweise nicht bekannt sein könnten. Neben der unterschiedlichen Häufigkeit bestimmter Krankheitsbilder und Einsatzsituationen wurden dabei die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, besondere Sicherheitsaspekte und logistische Besonderheiten als wesentliche Aspekte herausgearbeitet. Eine enge und verlässliche Zusammenarbeit der ganzen Besatzung hat große Bedeutung. Allerdings existierten gerade für im Luftrettungsdienst einzusetzendes ärztliches Personal bisher keine einheitlichen Aus- und Fortbildungskonzepte. In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Medizin der DRF sollte daher ein standardisiertes Ausbildungskonzept für alle Einsteiger, aber auch ein Fortbildungskonzept zum „crew resource management“ (CRM) für alle Teammitglieder auf den LRZ angeboten werden.

Das Programm des im April 2005 erstmalig für zukünftig im Luftrettungsdienst tätige ärztliche Mitarbeiter angebotenen 2-tägigen Einführungskurs Luftrettung sah dementsprechend Kommunikations- und Einsatztaktik, flugmedizinische Aspekte, Polytraumamanagement, dringliche Sekundärverlegungen aber auch flugsicherheitstechnische Aspekte und den Umgang mit dem Hubschrauber als wesentliche Themenschwerpunkte vor. Die Durchführung erfolgte ebenfalls organisations- und stationsübergreifend unter Einbindung von Referenten mit engem Bezug zur praktischen Arbeit in der Luftrettung. Die Zufriedenheit der Teilnehmer wurde als insgesamt hoch und die Themenauswahl als angemessen bewertet, so dass die Organisatoren in Zukunft weitere Kurse anbieten werden (Roessler, Göttingen; Stahl, Kassel).

In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bzw. klinischen Zentren bilden Kurse zur präklinischen Sonografie und Intensivtransportkurse Schwerpunkte des Fort- und Weiterbildungsangebotes im Team DRF. Besonders gute Erfahrungen und eine große Akzeptanz bei den Teilnehmern erbrachte darüber hinaus auch das angebotene Simulatortraining. Im Sinne der CRM-Philosophie sei daher das Ziel, entsprechende Seminare zukünftig direkt an den einzelnen Luftrettungszentren des TeamDRF für die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten (Conrad, Filderstadt).

Medizinische Datenerfassung

Der Abschlussbericht der RUN-Studie 2002 mit einer z. T. deutlich eingeschränkten Auswertbarkeit einzelner durch die LRZ erfassten Daten, war das Startsignal für die Entwicklung eines neuen einheitlichen Datenerfassungssystems im TeamDRF.

Vor diesem Hintergrund, mit dem bundeseinheitlichen Datensatz „Luftrettung“ als Grundlage und unter enger Mitwirkung einzelner LRZ erfolgte die Entwicklung des Systems „Medizinische Datenerfassung MEDAT®“ im Team DRF. Eine erste Version konnte bereits 2004 von 3 Luftrettungszentren der DRF und 2 weiteren des Bundesgrenzschutzes (BGS) evaluiert und weiter optimiert werden. Die Freischaltung für alle LRZ im TeamDRF und der beteiligten BGS-Stationen erfolgte schließlich bis Ende 2004. Ziel ist nun die Kommunikation zwischen dem Fachbereich Medizin und den einzelnen LRZ auch über das MEDAT®-System zu verbessern und das System durch halbjährliche Updates weiter zu optimieren. Regelmäßige strukturierte Auswertungen werden zukünftig den LRZ zur Verfügung gestellt und ermöglichen so auch ein internes Benchmarking (J. Braun, Filderstadt).

Die ursprünglichen Anforderungen an MEDAT® aus Sicht einer BGS-Station waren der Datentransfer nach MIND2 und eine einfache Abbildung des Notarztprotokolls mit dem Gedanken, hiermit auch eine Grundlage für die Einsatzabrechnung sowie für das Qualitätsmanagement zu schaffen. Auswertungsbeispiele im Rahmen des Qualitätsmanagements zeigen, dass diese Ziele auch realisiert werden konnten.

Regelmäßige strukturierte Auswertungen ermöglichen den Luftrettungszentren ein internes Benchmarking

Mögliche zukünftige Projekte seien nun die MEDAT®-basierte Erfassung der Polytraumaversorgung und der Vergleich mit dem DGU-Traumaregister, aber auch eine Steuerung der Ausbildung und Ausrüstungsbeschaffung anhand der Einsatzauswertung. Für die tägliche Praxis seien eine konsequente papierlose Dokumentation, die Möglichkeit zur personenbezogenen Zuordnung fehlender Daten und die Implementierung von „Top-10-Listen“ für Krankenhäuser, Leitstellen, Medikamente, Diagnosen und Krankenkassen wünschenswert (Schweigkofler, Frankfurt).

Auswertungsbeispiele aus MEDAT® zeigten die Funktion des Systems im Rahmen des notfallmedizinischen Qualitätsmanagements im TeamDRF. So machte eine Auswertung der Primäreinsätze des Zeitraums Januar 2005 bis April 2005 deutlich, dass nicht alle Datensätze vollständig waren und wirklich alle geforderten Informationen aufwiesen. Ein Vergleich mit aktuellen Daten anderer Autoren machte darüber hinaus klar, dass die Bewertung des NACA-Scores in mindestens 16% der Fälle zu niedrig war.

Bei der Betrachtung der Tracerdiagnosen fiel eine beim akuten Koronarsyndrom (ACS) keineswegs in jedem Fall durchgeführte Ableitung eines 12-Kanal-EKG an der Einsatzstelle auf. Ebenfalls uneinheitlich erfolgte die Gabe von Thrombozytenaggreagtionshemmern und von Analgetika bei Schmerzen. Beim schweren Schädel-Hirn-Trauma (GCS ≤8) waren sowohl eine nicht immer durchgeführte bzw. dokumentierte HWS-Immobilisation als auch ein nicht ganz seltener Verzicht auf eine Intubation bzw. Beatmung auffällig. Bei nur rund der Hälfte der beatmeten Patienten wurde das Monitoring durch die Kapnographie ergänzt.

Zukünftig könne die notfallmedizinische Versorgungsqualität der einzelnen LRZ untereinander aber auch des gesamten TeamDRF mit anderen boden- und luftgestützt agierenden Systemen bzw. Organisationen im Sinne eines Benchmarkings verglichen werden, wobei Fehlinterpretationen aber unbedingt entgegengewirkt werden müsse (Abb. 1). Durch den Fachbereich Medizin müsse die Datenerfassung weiter vereinfacht und optimiert werden, zukünftig weitere Tracerdiagnosen und auch Intensivtransporte analysiert werden. Eine regelmäßige Einzelauswertung zur Darstellung durch die ärztlichen Leiter auf den LRZ befinde sich in Planung. Auch sei es zur Motivation aller Mitarbeiter auf den LRZ Aufgabe der ärztlichen Leiter vor Ort darzustellen, dass eine gute Dokumentation Grundlage für eine Standortsicherung in Zukunft sein könne (Gries, Heidelberg/Mannheim).

Abb. 1
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Dokumentationssystem MEDAT: Bei der Auswertung dürfen nicht „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden (Foto: A. Gries, DRF)

Reanimationsregister der DGAI

Die Realisierung eines umfassenden Qualitätsmanagements im deutschsprachigen Raum mit klaren Aussagen über Ressourceneinsatz und zum Überleben nach prähospital durchgeführten Reanimationen ist das Ziel des Reanimationsregisters der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). Durch konsequenten Datenrückfluss an die beteiligten Systeme könnten Motivation und Leistung der Notärzte und Rettungsassistenten gesteigert, aber auch gegenüber den Kostenträgern die Notwendigkeit des Einsatzes und damit die Vorhaltung entsprechender Systeme untermauert werden.

Aktuell geben bereits 19 Zentren Daten in das Register ein, weitere Zentren sowie die großen Luftrettungsorganisationen in Deutschland planen eine Beteiligung. Die Erfassung der auf dem Utstein-Style basierenden Datensätze soll zukünftig webbasiert über geeignete Schnittstellen und nicht mehr papierbasiert erfolgen. Die Ergänzung bestehender Erfassungsprogramme und der anschließende Datenexport sind beispielsweise für das NADOK-System in Baden-Württemberg aber unter Beteiligung des TeamDRF auch für das MEDAT®-System bundesweit geplant. Im MEDAT®-System sollen daher zukünftig bei Kreislaufstillständen bestimmte zusätzliche Datenfelder ergänzend bearbeitet werden. Nach interner Analyse erfolgt dann auch hier der Export in das bundesweite Reanimationsregister.

Im Zentrum aller Bemühungen stehen allerdings Analysen zum Outcome, um so zu überprüfen, ob durch Verbesserung der Wiederbelebungsmaßnahmen und der begleitenden Therapien selbst aber auch durch organisatorische Maßnahmen noch mehr Leben gerettet werden können (Gräsner, Kiel).

Akutes Koronarsyndrom in der Luftrettung

Als Baustein eines umfassenden Versorgungskonzepts für die präklinische Versorgung beim akuten Koronarsyndrom (ACS) wird in Kaiserslautern die prähospitale Lyse insbesondere für Patienten mit kurzer Anamnese, (großem) Vorderwandinfarkt und bei voraussichtlich langen Transportzeiten vorgehalten. Eine umfassende Schulung des eingesetzten Personals und ein konsequentes und kontinuierliches Qualitätsmanagement sind hierfür allerdings Voraussetzung. Wesentliche technische Voraussetzungen sind das präklinische 12-Kanal-EKG, ein einfach als Bolus zu applizierendes Fibrinolytikum und ein Mobiltelefon zur telefonischen Rücksprache mit dem aufnehmenden Zentrum zur Voranmeldung der Patienten.

Im Zeitraum Juli 2001 bis Januar 2005 wurden in Kaiserslautern mit einem überwiegend städtischen Einsatzgebiet 162 Patienten und davon 29 im Rahmen einer Reanimation präklinisch lysiert. Komplikationen und hier im wesentlichen Rhythmusstörungen traten bei rund 16% der Patienten auf, wobei alle Komplikationen beherrschbar waren und es nur in einem Fall zu einer transfusionspflichtigen (gastrointestinalen) Blutung gekommen war. Das gesamte präklinische Intervall zwischen Symptombeginn und Klinikübergabe liegt in Kaiserslautern bei rund 2 h. Wesentlich sei, dass eine präklinische Lyse einer anschließenden perkutanen Koronarintervention (PCI) keineswegs im Wege stehe, nach erfolgreicher präklinischer Lyse allerdings eine PCI nicht in jedem Falle notwendig sei und in Kaiserslautern bei knapp 20% der Patienten nicht durchgeführt wird (Madler, Kaiserslautern).

Thrombolyse bei Reanimation

Die Entlassungsraten nach präklinischer aber auch klinischer Reanimation liegen in den letzten 20 Jahren nur bei 5–14% bzw. 15–37%. In 50–70% der Fälle liegt einem Herz-Kreislauf-Stillstand ein akuter Myokardinfarkt bzw. eine Lungenembolie zu Grunde.

Bisher verfügbare Daten weisen auf eine deutliche Verbesserung der Überlebensrate, aber auch des neurologischen Ergebnisses bei unter Reanimation thrombolytisch behandelten Patienten hin.

Als wesentliche Wirkmechanismen seien einerseits eine spezifische thrombolytische Wirkung auf den pulmonalen Embolus bzw. den koronaren Thrombus, aber auch eine Verbesserung der zerebralen Mikrozirkulation zu nennen. In ersten präklinischen Studien in Heidelberg und Innsbruck konnte gezeigt werden, dass es bei den mit dem Thrombolytikum rt-PA behandelten Patienten häufiger zu einem Spontankreislauf kam, diese häufiger die Klinik erreichten bzw. auch die Krankenhausentlassrate besser war. Obwohl eine Reanimation früher noch eine Kontraindikation für eine thrombolytische Therapie darstellte, weisen bisher vorliegende Daten nicht auf eine höhere Rate an Blutungskomplikationen hin. Vor diesem Hintergrund hat die aktuelle europaweite Troica-Studie (!thrombolysis in cardiac arrest“) nun zum Ziel, erstmalig den Effekt einer thrombolytischen Therapie als neue Therapieoption unter präklinischer Reanimation randomisiert und placebokontrolliert an einem großen Patientenkollektiv zu untersuchen (Spöhr, Heidelberg).

Leitliniengerechte Therapie

In einer Zusammenfassung der aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften zur Diagnostik und Therapie des akuten Herzinfarkts in der Prähospitalphase wurde der Stellenwert eines präklinischen 12-Kanal-EKG als obligate notärztliche Maßnahme nochmals unterstrichen. Eine Übertragung des Befundes in die Klinik zur Diagnosesicherung sei dabei denkbar, aber nicht unbedingt notwendig. Die Ausstattung aller notarztbesetzten Rettungsmittel mit solchen Geräten aber auch EKG-Kenntnisse seitens der eingesetzten Notärzte sind daher erforderlich.

Grundsätzlich ist eine perkutane koronare Intervention als kausale Therapieoption anzustreben. Kann aber innerhalb von 90 min keine Reperfusion durch eine PCI erfolgen, ist eine prähospitale Lyse insbesondere bei frischen Infarkten innerhalb der ersten 3 h nach Symptombeginn sinnvoll. Zwar sollte auch bei lysierten Patienten eine Aufnahme in einem PCI-Zentrum angestrebt werden, nach erfolgreicher Lyse sei grundsätzlich aber auch der Transport in ein anderes geeignetes Krankenhaus möglich. In einem Positionspapier der DIVI und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie wird darüber hinaus die Vorhaltung eines Thrombolytikums auf jedem arztbesetzten Rettungsmittel nicht zuletzt zur Ultima-ratio-Lyse bei Lungenembolie gefordert.

Neben der Lyse darf beim präklinischen Management des ACS dabei allerdings nicht die pharmakologische Basistherapie mit Nitroglyzerin, Acetylsalicylsäure, Heparin und Morphin vergessen werden (Bandemer, Bremen).

Luftrettung im Versorgungskonzept „Stroke“

Der Schlaganfall steht bundesweit an 3. Stelle der Todesursachenstatistik und an 1. Stelle als Ursache für schwere Langzeitbehinderungen und hat daher auch eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. Eine kausale, nach entsprechender Diagnostik allerdings geeigneten Kliniken vorbehaltene Therapie stellt die thrombolytische Therapie innerhalb der ersten 3 h nach Symptombeginn dar. Im Rahmen des Telemedizinischen Pilotprojektes zur integrierten Schlaganfallversorgung (TEMPIS) in der Region Südostbayern sollten nun nach Aufnahme in kleineren Kliniken und telemedizinischer Diagnostik und Indikationsstellung die Patienten rund um die Uhr einer geeigneten Behandlungseinrichtung mit spezieller „Stroke-Station“, spezialisiertem „Stroke-Team“ sowie der Möglichkeit eine Akutlyse durchführen zu können, per Interhospitaltransport zeitnah zugeführt werden.

Daten des Zeitraums Februar 2003 bis Januar 2004 mit fast 4200 aufgenommenen Patienten zeigen, dass bei rund 2200 Patienten ein Telekonsil und bei über 10% dieser Patienten ein anschließender Interhospitaltransfer durchgeführt wurde. Deutlich wurden allerdings teilweise erhebliche zeitliche Verzögerungen zwischen Klinikaufnahme, Telekonsil, Transport und Aufnahme auf die „Stroke-Station“. Einerseits sei die Indikation zur Verlegung häufig erst verzögert gestellt, ein geeignetes Intensivbett nur verzögert gefunden, aber auch die Dringlichkeit des Transports sowohl bei der abgebenden Klinik, den Rettungsleitstellen und bei den Transportdiensten selbst unterschätzt worden. Zur Zeitoptimierung sei daher ein gestaffeltes Vorgehen notwendig:

  • Bei Transportstrecken unter 50 km und der Verfügbarkeit eines Klinikarztes solle dieser die Transportvorbereitungen selbst initiieren und den Transport im RTW anschließend selbst durchführen.

  • Ist kein Klinikarzt verfügbar und/oder die Transportstrecke über 50 km erfolgt die Vorbereitung und der Transport durch das medizinische Team eines RTH bzw. ITH.

Wichtig sei, kein „stay and play“ zu betreiben, sondern den Patienten zielgerichtet vorzubereiten und zeitnah zu transportieren (Metz, Freising).

Neues von den Luftrettungszentren

Erste Auswertungen nach Start des Interreg-III-Projekts Grenzüberschreitende Luftrettung – Christoph Europa 5 Niebüll am 01. April 2005 zeigen einen Anteil von über 10% von grenzüberschreitenden Einsätze (Abb. 2). Besonderheiten bei Primäreinsätzen in Dänemark sind allerdings zu berücksichtigen. Notarztsysteme stehen hier längst nicht flächendeckend zur Verfügung. Deutlich wird, dass sprachliche Barrieren und die allgemeine Akzeptanz des Systems zwar zurzeit noch Problemfelder darstellen, grenzüberschreitende Einsätze aber weiter zunehmen werden und sich das Team des LRZ Niebüll diesen zukünftigen Aufgaben engagiert und motiviert stellen wird (Müller-Ramcke; Piscol-Haritz, Niebüll).

Abb. 2
figure 2

Grenzüberschreitende Luftrettung am Luftrettungszentrum Niebüll (Abbildung von C. Piscol-Haritz, Niebüll)

Kindernotfälle machen 1,5% des Gesamteinsatzaufkommens des bundesdeutschen Rettungsdienstes und 5–7% des notärztlichen Einsatzaufkommens aus. Studien weisen jedoch darauf hin, dass 70% der aktiv tätigen Notärzte keine Sicherheit in kindlichen Notfallsituationen haben und 60% der Notärzte keine aktiven Maßnahmen bei Kindernotfällen ergreifen. Kindernotfälle sind dabei häufig zeitkritisch, die Versorgung muss also zeitnah erfolgen.

Aus diesem Grund haben sich die Mitarbeiter des LRZ in Regensburg entschlossen, den Notarzt für Kinder (NOKI) für Ostbayern zu etablieren. Am LRZ Regensburg machen Notfälle bei Kindern im Alter von 0–6 Jahren rund 17% der Einsätze aus, wobei 80% als NACA V und höher eingestuft werden. Ausschließlich Fachärzte aus einem intensivmedizinisch relevanten Fachgebiet mit Praxiserfahrung in der anästhesiologischen-intensivmedizinischen Versorgung von Kindern werden daher auf dem LRZ tätig. Darüber hinaus verfüge das LRZ Regensburg über speziell geschultes und sehr erfahrenes Rettungsdienstpersonal. Durch einen speziellen Praxisworkshop mit Themenschwerpunkten zu Notfällen im Kindesalter wurde das Wissen des gesamten medizinischen Teams darüber hinaus noch weiter vertieft.

Mitarbeiter des LRZ kommen nun als NOKI bei Nachforderung durch einen anwesenden Notarzt, bei lebensbedrohlich verletzten oder erkrankten Kindern und bei längeren Transporten dieser Patienten zum Einsatz. Erste Erfahrungen und die Akzeptanz bei den anderen im Rettungsdienst tätigen Institutionen und Kollegen seien ermutigend für die Durchführung ähnlicher Projekte in anderen Regionen (Zimmermann, Regensburg).

Das Überleben von Traumapatienten ist ganz wesentlich von einer effizienten präklinischen Versorgung und dem zeitnahen Erreichen einer geeigneten Zielklinik abhängig. Untersuchungen zeigten, dass die präklinische Versorgung durch luftgestützte Systeme intensiver und umfangreicher ist und vor dem Hintergrund einer medizinisch belegten Effizienz der Luftrettung daher der Einsatz von Luftrettungsmitteln insbesondere bei Polytrauma, Hirnblutungen und interventionsfähigen Herz- und Hirninfarkten zu fordern sei. Am LRZ Dresden habe man daher eine Hotline „Christoph 38“ Dresden eingerichtet: bodengebunden bereits an der Einsatzstelle tätige Kollegen können so durch ein Arzt-Arzt-Gespräch die Möglichkeit einer Hubschraubernachforderung absprechen, aber auch medizinische Fragen vor Ort klären.

Obwohl mögliche Konflikte mit der Hausleitstelle eingeräumt werden müssten, könne durch die Hotline eine direkte Non-stopp-Erreichbarkeit auch während Abwesenheit im Rahmen anderer Einsätze gewährleistet werden und die Hubschrauberbesatzung könne bei Doppelalarmierungen eine Triage auf hohem Niveau durchführen (Biewener, Dresden).

Der Einsatz von Luftrettungsmitteln ist insbesondere bei Polytrauma, Hirnblutungen und Herz- und Hirninfarkten zu fordern

Das am LRZ Freiburg getestete GERATHERM® RettungsWärmeSystem sei einfach und zuverlässig und habe sich gerade bei langen Transporten von brandverletzten, polytraumatisierten oder unterkühlten Patienten als besonders sinnvoll erwiesen. Unter anderem könne das Schmerzempfinden reduziert und der Patientenkomfort deutlich gesteigert werden. Auch bei kurzen Transportzeiten könne der Patient vor weiterer Auskühlung geschützt werden und das System bereits bei Versorgung im RTW über Bordstrom eingesetzt werden. Gerade in der kalten Jahreszeit sei die Mitführung des Wärmesystems daher sinnvoll (Krapf, Freiburg).

Im Rahmen einer Kooperation zwischen der DRF und des DRK Stuttgart sei es gelungen, ein gemeinsames bodengebundenes Intensivtransportkonzept in Stuttgart zu entwickeln. Die DRF stelle das ärztliche Personal und die spezifische medizinische Ausstattung zur Verfügung, das DRK das nichtärztliche Personal und das Fahrzeug. Zunächst sei ein einjähriger Probebetrieb geplant, die Finanzierung erfolge durch die RTW- bzw. die Arztpauschalen. Die Disposition der Transporte und die Weiterleitung an die ITW-Besatzung übernehme die DRF-Alarmzentrale in Filderstadt, der darüber hinaus der ITW-Arzt als beratender Arzt für Rückfragen zur Verfügung stehe. Kehrberger unterstrich dabei die enge Verzahnung von ITW und ITH. 155 Einsätze im Zeitraum November 2004 bis Mai 2005 zeigen, dass das System von den Kliniken gut angenommen werde. Die ersten Erfahrungen seien gut, zeigten aber häufig auch mangelhafte Kenntnisse über den Intensivtransport in den abgebenden Kliniken. Die Auswahl des Transportmittels (Boden/Luft) sollte durch eine integrale Dispositionsstelle erfolgen, die auch die Auslastung der einzelnen Systeme optimiert. Die Einbindung eines beratenden Arztes habe sich dabei bewährt (Kehrberger, Ruit).

Nachtflugerfahrungen

In Berichten von den Luftrettungszentren Berlin, Halle, Rendsburg und Regensburg wurde der Stellenwert der Luftrettung bei Nacht unterstrichen. Bei Nachteinsätzen seien deutlich häufiger Traumapatienten und Patienten mit einer deutlich höheren Verletzungs- bzw. Erkrankungsschwere zu versorgen als am Tag (Beneker, Berlin). Ein funktionierendes, 24 h täglich vorgehaltenes Luftrettungsmittel sei auch für die auf den der bundesdeutschen Küste vorgelagerten Inseln lebende Bevölkerung von großer Bedeutung. Häufig seien bei schweren Erkrankungen oder Verletzungen für die Versorgung geeignete Kliniken sonst nur mit deutlichen Zeitverzögerungen oder gar nicht zu erreichen (Möller, Rendsburg).

Demgegenüber ist in Sachsen-Anhalt die nächtliche luftgestützte Primärrettung mit Landung auf unbekannten Landeplätzen verboten. Durch notwendige Zwischentransporte von der Einsatzstelle zum nächstgelegenen Krankenhauslandeplatz, aber auch durch die Notwendigkeit verschiedene Instanzen bei der Alarmierung einschalten zu müssen, entstünden teilweise große zeitliche Verzögerungen. Bei nächtlichen Sekundärverlegungen erfordere eine häufig nur marginale Primärversorgung in den erstversorgenden Krankenhäusern darüber einen erhöhten Aufwand bei der Transportvorbereitung. Unterstrichen wurde aber auch die Notwendigkeit, gerade kleineren Kliniken Kenntnisse über die Möglichkeiten nächtlicher Hubschraubertransporte zu vermitteln (Krechlock, Halle).

Am LRZ Regensburg liegen deutliche Einsatzschwerpunkte zwischen 18:00 und 24:00 Uhr, in der Zeit von 00:00 bis 06:00 Uhr demgegenüber nur rund 6% der Gesamteinsätze. Obwohl grundsätzlich kurze Alarmierungszeiten erreicht werden können, erfolgten Alarmierungen bei Nachteinsätzen häufig zu spät. Insgesamt könnten Nachteinsätze als sicher bewertet werden, Mappingverfahren seien allerdings nur bedingt geeignet, ein großer Schulungsbedarf bei den bodengebundenen Einsatzkräften vielmehr zu unterstreichen. Darüber hinaus könnten durch eine moderne apparativ-technische Ausstattung die Verfahren weiter optimieren werden. Insgesamt hoffe man für zukünftige Planungen auf die Ergebnisse der in Bayern zwischenzeitlich abgeschlossenen LUNA-Studie (Graf, Regensburg).

Medizinische Aspekte der Wasserrettung

Durch die Möglichkeit, einen Rettungsschwimmer der Berufsfeuerwehr zeitnah zur Notfallstelle zu bringen, sieht sich das LRZ Greifswald als „first responder“ in der Seenotrettung. An der Einsatzstelle werden die bei der Berufsfeuerwehr aufgenommene Rettungsinsel und der Rettungsschwimmer aus dem RTH abgesetzt und durch die Seenotrettungskräfte aufgenommen. Darüber hinaus kann eine notfallmedizinische Versorgung nach Absetzen des medizinischen Teams an Land erfolgen, der Patient vom RTH übernommen und in eine geeignete Klinik verbracht werden. Hierbei sind auch Landungen auf den Seenotrettungskreuzern möglich, für die das LRZ Greifswald auch als Notarztzubringer fungiert (Drüner, Greifswald).

Das Bayerische Wasserrettungskonzept mit Hubschraubern (BayWaH) hat zum Ziel, durch Nutzung vorhandener personeller und technischer Ressourcen und durch eine einheitliche Aus- und Fortbildung, Ausrüstung und Einsatztaktik der eingebundenen Organisationen die Zahl der Ertrinkungsopfer in Bayern zu reduzieren. Dabei kommen in Bayern zur Gewichts- und Platzeinsparung anstatt herkömmlicher Tauchgeräte spezielle Atemgeräte, zur Kommunikation wasser- und druckdichte Funkgeräte und eine aufblasbare Rettungsplattform zum Einsatz. Die für die Rettung aus stehenden und fließenden Gewässern sowie bei der Eisrettung notwendigen unterschiedlichen Einsatztaktiken werden berücksichtigt (Bartmann, Kelheim).