Den Schwerpunkt des vorliegenden Beitrages bilden ausgewählte Ergebnisse der Leistungsanalyse 2000/01 [1]. Bei der Leistungsanalyse selbst handelt es sich um ein Verfahren, dessen Ergebnisse seit Mitte der 1980er Jahre in einem regelmäßigen Turnus von 2 Jahren im Unfallbericht bzw. seit Anfang der 90er Jahre zusätzlich als Bericht von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht werden und einen qualifizierten Überblick über die Leistungsbilanz des öffentlichen Rettungsdienstes in der Bundesrepublik Deutschland vermitteln. Das Berichtswesen der Leistungsanalyse gliedert sich dabei neben den 2 einführenden Abschnitten „Methodik“ und „Datenerfassung“ in die 3 weiteren Ergebnisabschnitte „Realdaten“, „Hochrechnungsergebnisse“ und „Zeitreihenvergleich“.

Methodik

Im Rahmen der Leistungsanalyse zur Darstellung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes in der Bundesrepublik Deutschland werden seit 1996/97 für jede Einsatzfahrt insgesamt 13 Merkmale mit ihren Ausprägungen erfasst (Abb. 1). Die 13 Merkmale ermöglichen es, den Einsatzablauf in seiner zeitlichen und räumlichen Dimension sowie seiner jeweils spezifischen Einsatzstruktur zu beschreiben (z. B. Sonderrecht auf der Anfahrt oder Fehleinsatz). Die Erweiterung des ursprünglichen Datensatzes um die Zeitpunkte „Alarmierung“ und „Freimeldung“ erfolgte im Rahmen der Leistungsanalyse 1996/97 mit der Zielsetzung, eine genauere Untersuchung von elementaren zeitlichen Strukturen im Rettungsdienst, wie z. B. die Alarmierungs- oder Einsatzzeit, zu ermöglichen.

Abb. 1
figure 1

Die Datensäulen der Leistungsanalyse

Unter methodischen Gesichtspunkten steht die Leistungsanalyse vor dem grundsätzlichen Problem, eine empirisch geeignete Operationalisierung für das Gebiet der insgesamt 16 Länder vorzunehmen, die eine Repräsentanz der Ergebnisse auf Bundesebene gewährleistet. Die Methodik der Leistungsanalyse geht deshalb von den 2 Annahmen aus, dass die Leistungen im Rettungsdienst

  • von den landesgesetzlichen Vorgaben und

  • durch die räumlichen Siedlungsstrukturen

bestimmt werden.

In den Untersuchungen zur Leistungsanalyse wird bis 1998/99 eine A-priori-Klasseneinteilung der Rettungsdienstbereiche (RDB) in 3 Einwohnerdichteklassen (EWDK) vorgenommen. Ab der Leistungsanalyse 2000/01 erfolgt die Einteilung der Erfassungsgebiete sowie der Rettungsdienstbereiche bundesweit auf der räumlichen Basis der Kreise und kreisfreien Städte nach den siedlungsstrukturellen Regionsgrundtypen (RGT) des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), wobei im Hochrechnungsverfahren zusätzlich beim Korrekturfaktor zwischen den beiden Raumeinheiten der alten und der neuen Länder differenziert wird.

Die Hochrechnung der erfassten Einsatzfahrten auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eines Jahres nach den Regionsgrundtypen setzt sich wie folgt zusammen: Das Einsatzfahrtaufkommen (E) der Grundgesamtheit (Bundesrepublik Deutschland) eines Jahres errechnet sich mit Hilfe des erfassten Einsatzfahrtaufkommens (El) des Erfassungsgebietes l multipliziert mit dem dazugehörigen Zeitfaktor (Zl) und dem Gebietsfaktor (Gij) im Regionsgrundtyp i des Landes j sowie dem Korrekturfaktor (Kim) des Regionsgrundtyps i in der Raumeinheit m. Die allgemeine Hochrechnungsformel lautet:

$$ \underline{{E = {\sum\limits_{{\text{l}} = 1}^{60} {(E_{l} \cdot Z_{l} \cdot G_{{ij}} \cdot K_{{im}} )} }}} $$

E = hochgerechnetes Einsatzfahrtaufkommen eines Jahres für das Bundesgebiet,

El = erfasstes Einsatzfahrtaufkommen der Erfassungsstelle l mit l =1, ..., 60,

Zl = Zeitfaktor der Erfassungsstelle l mit l =1, ..., 60,

Gij = Gebietsfaktor im Regionsgrundtyp i mit i =1, 2, 3 des Landes j mit j =1, ..., 16,

Kim = Korrekturfaktor im Regionsgrundtyp i mit i =1, 2, 3 der Raumeinheit m mit m =1 alte Länder und m =2 neue Länder.

Im Rahmen der 4 Erfassungswellen der Leistungsanalyse 2000/01 haben die beteiligten Erfassungsstellen als Stichprobenumfang insgesamt 160.787 Einsatzfahrten dokumentiert und zur Verfügung gestellt. In den nachfolgenden Ausführungen wird begrifflich zwischen der

  • Anzahl der Einsatzfahrten (= Anzahl der Rettungsmittelalarmierungen) und der

  • Anzahl der zugrundeliegenden Einsätze (= Anzahl der Ereignisse)

unterschieden. So besteht z. B. ein Rendezvous-Einsatz aus mindestens 2 Einsatzfahrten (1 RTW + 1 NEF). Dem Stichprobenumfang von 160.787 Einsatzfahrten 2000/01 liegen insgesamt 138.762 Einsätze zugrunde.

Die Verteilung der Einwohnerzahl und des real erfassten Einsatzaufkommens nach Regionsgrundtypen (RGT) gibt Tabelle 1 wieder. Dabei zeigt sich, dass 34,8% der Bundesbevölkerung im verstädterten Raum (RGT 2) wohnen, während jedoch „nur“ 20,0% der im Rahmen der Leistungsanalyse 2000/01 dokumentierten Einsätze aus diesem Regionsgrundtyp stammen. Eine Überrepräsentanz der erfassten Einsätze zur zugehörigen Bevölkerung liegt im Regionsgrundtyp Agglomerationsraum (RGT 1) vor. So wohnen bundesweit 52,2% der Einwohner im RGT 1, wohingegen 67,7% der erfassten Einsätze aus diesem Regionsgrundtyp stammen. Die Über- bzw. Unterrepräsentanz der erfassten Einsätze im Vergleich zur Einwohnerzahl in den Regionsgrundtypen wird durch entsprechende Gebiets- und Korrekturfaktoren bei der Hochrechnung kompensiert.

Tabelle 1 Beschreibung und Abgrenzung der Regionsgrundtypen (RGT) des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR)

Grundsätzlich ist bei der Interpretation der erzielten Hochrechnungsergebnisse zu beachten, dass das Erhebungsverfahren keine systematische Berücksichtigung von so genannten privaten Leistungserbringern vorsieht, sodass hierzu auch keine repräsentativen Aussagen möglich sind.

Leistungsbilanz

Die Hochrechnung der Erfassungsdaten aus den 4 Erfassungswellen von jeweils einer Woche ergibt für den öffentlichen Rettungsdienst in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum 2000/01 jährlich 11,9 Mio. Einsatzfahrten. Bundesweit weisen dabei die mit Notarzt besetzten Rettungsmittel NAW bzw. NEF erwartungsgemäß mit 94,1% bzw. 96,5% im Vergleich zu den nicht notarztbesetzten Rettungsmitteln die höchsten Anteile an Sonderrechtsfahrten zum Einsatzort auf. Dies entspricht 1,74 Mio. Alarmierungen des Notarztes unter Sonderrechten auf der Anfahrt.

Beispielhaft lässt sich am Einsatzfahrtaufkommen mit RTW zeigen, dass die Einsatzarten „Notarzteinsatz“ und „Notfalleinsatz“ entgegen der üblichen rettungsdienstgesetzlichen Definition des Notfallpatienten nicht immer mit Sonderrechten angefahren werden. So ergibt sich, dass bundesweit rund 3,27 Mio. RTW-Einsatzfahrten mit Sonderrechten auf der Anfahrt vorliegen, denen nach Klassifizierung der Leitstellenmitarbeiter rund 3,95 Mio. RTW-Einsatzfahrten zu Notfällen (mit/ohne Notarztbeteiligung) gegenüberstehen. Daraus folgt, dass zu Notfällen (mit/ohne Notarztbeteiligung) nach Klassifizierung der Leitstellenmitarbeiter bundesweit über 680.000 RTW-Einsatzfahrten ohne Sonderrechte auf der Anfahrt erfolgen. Ihr Anteil beträgt rund 21% der für die Notfallvorhaltung bemessungsrelevanten Notfallfahrten und hat sich gegenüber den Ergebnissen für den Zeitraum 1994/95 mit rund 7% praktisch verdreifacht.

Ein Vergleich zu den Ergebnissen 1998/99 belegt bei einem Anteil von 14% eine deutlich zunehmende Tendenz von in der Leitstelle als Notfall eingestuften Einsätzen, die ohne Sonderrechte angefahren werden. Die Dynamik in der aufgezeigten zeitlichen Entwicklung unterstreicht damit die hohe Bedeutung einer bedarfsgerechten Einsatzentscheidung im Rahmen der Notfallrettung, um so einer überdimensionierten Notfallvorhaltung vorzubeugen.

Analyse der Fehlfahrten

Als Fehlfahrt gelten im Rahmen der Leistungsanalyse alle Einsatzfahrten, bei denen das eingesetzte Personal keine rettungsdienstlichen Leistungen vor Ort durchgeführt hat (keine Maßnahmen und kein Transport bzw. Anfahrtabbruch). Eine „überqualifizierte“ Bedienung wird nicht als Fehlfahrt gewertet. Die Analyse des Fehlfahrtaufkommens nach der Einsatzart zeigt, dass bundesweit bei Notfällen mit Notarztbeteiligung die Fehlfahrtquote 8,9% beträgt, während bei Notfällen ohne Notarztbeteiligung die Fehlfahrtquote mit 13,7% deutlich höher liegt.

Da bei Fehlfahrten in nicht unerheblichem Maße rettungsdienstliche Kapazitäten zeitlich und räumlich gebunden werden, gilt es durch eine qualifizierte Erstabfrage und „intelligente“ Dispositionsentscheidung in den Leitstellen einen Beitrag zur Verbesserung der Effizienz im Rettungsdienst durch Reduzierung der Fehlfahrten zu erreichen. Dies gilt in noch stärkerem Maße bei Krankentransporten, wo die Fehlfahrtquoten bundesweit allein im öffentlichen Rettungsdienst jährlich rund 318.000 vergebliche Anfahrten zu Krankentransportpatienten ausmachen. Hierfür könnte auch der untereinander bestehende „Wettbewerb um den Patienten“ zwischen öffentlichen und privaten Krankentransportdiensten in zunehmendem Umfang mitverantwortlich sein. Die festgestellten Fehlfahrtquoten insbesondere im Krankentransport dokumentieren noch bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienstsystem.

Tageszeitliche Nachfrage

Die Gesamthochrechnung zur Ermittlung des bundesweiten Einsatzaufkommens im Zeitraum 2000/01 ergibt, dass im öffentlichen Rettungsdienst den jährlich rund 11,9 Mio. Einsatzfahrten ca. 10,3 Mio. Einsätze und damit Meldungen zugrunde liegen. Die Verteilung der mittleren stündlichen Meldehäufigkeit nach den normierten Tageskategorien

  • Werktag (Montag bis Freitag),

  • Samstag und

  • Sonn-/Feiertag

ergibt, dass die Rettungsleitstellen bundesweit an einem mittleren Werktag rund 31.800 rettungsdienstrelevante Hilfeersuchen zu bearbeiten haben (ohne Mehrfachmeldungen; Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Mittlere stündliche Meldehäufigkeit im Bundesgebiet 2000/01 nach normierten Tageskategorien (ohne Mehrfachmeldungen)

Bekanntlich ist die Nachfrage nach Leistungen des Rettungsdienstes starken tageszeitlichen Schwankungen unterworfen: montags bis freitags ist tagsüber eine Nachfragespitze zwischen 9 und 11 Uhr, während in den Nachtstunden, vor allem zwischen 2 und 6 Uhr, „fast nichts los ist“. So beträgt der mittlere Umfang an rettungsdienstrelevanten Hilfeersuchen, die stündlich zu Zeiten der Vormittagsspitze zwischen 9 und 11 Uhr von den Leitstellenmitarbeitern bearbeitet werden, mehr als das 10fache der Einsatznachfrage während der Nachtstunden montags bis freitags.

Am Wochenende sinkt die Zahl der eingehenden rettungsdienstrelevanten Hilfeersuchen bundesweit auf rund 20.400 an einem mittleren Samstag bzw. rund 18.300 Hilfeersuchen an einem mittleren Sonntag bzw. Feiertag ab. Auch ist die Vormittagsspitze der Meldungseingänge am Wochenende um etwa ein Drittel geringer ausgeprägt als während der Woche. Demgegenüber ist die Nachfrage nach rettungsdienstlichen Leistungen in den Nachtstunden von Samstag auf Sonntag sowie von Sonntag auf Montag nahezu doppelt so hoch wie in den restlichen Nächten der Woche.

Die festgestellte mittlere stündliche Verteilung der Einsatznachfrage ist formal Ausgangspunkt für eine nachfragegerechte Bemessung sowohl der Besetztzeiten der Leitstelle als auch der Fahrzeugvorhaltung für die Aufgabenbereiche Notfallversorgung (risikoabhängige Bemessung) und Krankentransport (frequenzabhängige Bemessung).

Grundsätzlich ist zur Einsatznachfrage anzumerken: wenn aufgrund eines bestimmten Ereignisses Menschen lebensbedrohlich verletzt oder erkrankt sind (Notfallpatienten) oder sie als sonstige kranke, verletzte oder hilfsbedürftige Personen nach ärztlicher Beurteilung während der Fahrt eine fachliche Betreuung benötigen oder ein besonders ausgestattetes Rettungsmittel (keine Notfallpatienten), so resultiert daraus ein Bedarf nach Leistungen des Rettungsdienstes. Erst die Kenntnis der zur Verfügung stehenden Meldemöglichkeiten und das Tätigwerden bis zur Meldungsabgabe lassen in der Rettungsleitstelle mit dem Eingang der Meldung eine Nachfrage nach Leistungen des Rettungsdienstes entstehen.

Notarztbeteiligung im Rettungsdienst

Die erste Differenzierung der Nachfrageseite nach rettungsdienstlichen Leistungen zeigt die Verteilung des Einsatzaufkommens nach der Einsatzart (Abb. 3). Danach werden mit 43% (4,431 Mio. Einsätze) mehr als 2/5 aller Einsätze als Notfälle (mit/ohne NA-Beteiligung) durch das Leitstellenpersonal eingestuft, während 57% (5,887 Mio. Einsätze) des Einsatzaufkommens als Krankentransporte klassifiziert werden. Die Unterscheidung der Hilfeersuchen nach der vom Leitstellenmitarbeiter im Meldebild festgestellten Indikation führt zu dem Ergebnis, dass bei rund der Hälfte der gemeldeten „Notfälle“ der Notarzt parallel zum Rettungsfachpersonal alarmiert wird. Eine möglichst exakte Feststellung des „wahren“ Notfallanteils (vital gefährdete Patienten) an der Gesamtnachfrage der rettungsdienstlichen Leistungen durch eine qualifizierte Abfrage des Meldebildes ist Voraussetzung für einen effektiven Einsatz des Rettungsdienstes und damit auch des Notarztes.

Abb. 3
figure 3

Verteilung von Rendezvous-System und Stationssystem im Kontext des Einsatzaufkommens der Bundesrepublik Deutschland 2000/01

Untersuchungen über periodische Anteile im Einsatzfahrtaufkommen belegen einerseits eine Zunahme an planbaren „Notfällen“, die eigentlich, da der Notfall von seinem Charakter her eben nicht planbar ist, grundsätzlich dem Krankentransportaufkommen zuzuordnen wären, sowie andererseits einen eher geringen Zuwachs an periodischen Anteilen beim Krankentransport, als dies eigentlich vom insgesamt festgestellten Aufkommenszuwachs her zu erwarten wäre. Ursachen für die sich nicht ergänzende Entwicklung zwischen Krankentransportaufkommen und zugehörigem periodischem Anteil sind in weiteren Forschungsprojekten aufzuarbeiten. Insbesondere die ökonomische Wirkung zunehmender Anteile an Krankentransporten von privaten Rettungsdienstunternehmen, die eigenständig über Telefonzentralen abgewickelt werden und damit nicht mehr in der Einsatzsteuerung der Leitstellen stehen, gilt es zu ermitteln [2].

Die Analyse der beiden Erfassungsmerkmale Einsatzart und Rendezvous-Fahrt ermöglicht die Ermittlung, welchen Anteil die unterschiedlichen Organisationsformen der Notarztsysteme am bundesweiten Notarztaufkommen besitzen. Danach werden 15,8% des Gesamteinsatzaufkommens oder 78,2% des Notarztaufkommens im Rendezvous-System gefahren, während 4,4% des Gesamteinsatzaufkommens oder 21,8% des Notarztaufkommens im Stationssystem bedient werden. Somit wurde im Erfassungszeitraum 2000/01 nur jeder 5. Notarzteinsatz als kompakte Einheit mit Notarztwagen im Stationssystem gefahren, während in 8 von 10 Fällen mit dem Rendezvous-System die wesentlich flexiblere Organisationsform der bodengebundenen Notarztversorgung in der Fläche bereits praktiziert wird.

Zeitstruktur im rettungsdienstlichen Ablauf

Grundsätzlich umfasst die Einsatzzeit den Zeitabschnitt zwischen dem Zeitpunkt der Alarmierung des Einsatzpersonals und dem Freimeldezeitpunkt des Rettungsmittels. Die Einsatzzeit bezieht sich auf die Einsatzfahrt und setzt sich damit aus der Ausrückzeit, der Anfahrzeit, der Verweilzeit am Einsatzort, der Transportzeit, der Verweilzeit am Transportziel sowie der Zeit, die zur Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft des Rettungsmittels benötigt wird, zusammen.

Die Einsatzzeit ist definiert als derjenige Zeitabschnitt im organisatorischen Rettungsablauf, während dem das Rettungsmittel mit der Durchführung eines Einsatzes „belegt“ ist.

Sofern es sich hierbei jedoch um einen Krankentransport handelt, ist das Fahrzeug (RTW im Sinne des Mehrzweck-Fahrzeugsystems) generell bis zur Ankunft beim Patienten gegenüber der Leitstelle in der „disponiblen Fahrzeugmenge“ zugunsten eines Notfalls.

Die ermittelte Zeitstruktur im rettungsdienstlichen Ablauf zeigt (Abb. 4), dass die Einsatzzeit bei Einsatzfahrten mit Sonderrechten bundesweit mit im Mittel 50,1 min um rund 11 min kürzer ist als die mittlere Einsatzzeit als Einsatzfahrten ohne Sonderrechte mit im Mittel 61,0 min.

Abb. 4
figure 4

Mittelwerte der Einsatzzeit bei Einsatzfahrten in der Bundesrepublik Deutschland 2000/01 nach Zeitklassen und Sonderrechten auf der Anfahrt

Bei Einsatzfahrten mit einer Einsatzzeit von über 2 h ist in der Regel davon auszugehen, dass es sich dabei um so genannte Fernfahrten (ohne Sonderrechte auf der Anfahrt) bzw. Intensivverlegungen (mit Sonderrechten auf der Anfahrt) handelt. Die Einsatzzeit bei Einsatzfahrten mit Sonderrechten von unter 2 h liegt im Mittel bei 48,1 min, während der Vergleichswert für Intensivverlegungen 168,2 min beträgt. Einsatzfahrten ohne Sonderrechte mit einer Einsatzzeit von unter 2 h (qualifizierter Krankentransport) weisen eine Einsatzzeit von im Mittel 52,7 min auf, während der Ferntransport eine mittlere Einsatzzeit von 199,2 min besitzt.

Analyse der Hilfsfrist

Die Hilfsfrist stellt eine Leistungsvorgabe und den zentralen Parameter für die Bedarfsplanung im Rettungsdienst dar, aus der sich der Ausbaustandard der bedarfsgerechten rettungsdienstlichen Infrastruktur (Rettungswachen) ableitet. Die Einhaltung der Hilfsfrist muss planerisch und organisatorisch sichergestellt werden. In den Ländern gelten derzeit nicht nur unterschiedliche Hilfsfristvorgaben, sondern auch unterschiedliche zeitliche Definitionen (Tabelle 2).

Tabelle 2 Übersicht über die Hilfsdefinitionen der Länder

Die Hilfsfrist umfasst in der Regel den Zeitraum, der in der Notfallversorgung mit dem Eingang der Meldung beginnt und die Zeit für die Dispositionsentscheidung und die Einsatzvergabe durch die Leitstelle sowie die einsatzbereite Besetzung des alarmierten Rettungsmittels und die Fahrt bis zum Einsatzort an öffentlichen Straßen umfasst. Die Hilfsfrist endet mit dem Zeitpunkt des Eintreffens des ersten geeigneten Rettungsmittels am Einsatzort. Während jedes am Einsatz beteiligte Rettungsmittel seine eigene Eintreffzeit aufweist, ist die Hilfsfrist eine Eigenschaft des gemeinsamen Einsatzes, welche durch das Eintreffen des ersten geeigneten Rettungsmittels am Einsatzort bestimmt wird. Jeder Notfalleinsatz kann daher aufgrund mehrerer Einsatzfahrten auch mehrere Eintreffzeiten haben. Es gibt aber immer nur eine Hilfsfrist für den Einsatz.

Die Verteilung der berechneten Hilfsfrist (= Eingang der Meldung bis Ankunft des ersten Rettungsmittels am Einsatzort) für die Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum 2000/01 zeigt, dass unter Verwendung von Sonderrechten auf der Anfahrt das erste Rettungsmittel im Durchschnitt nach 7,8 min am Einsatzort eintrifft; 95% der Notfälle sind innerhalb von 15,9 min bedient (Abb. 5). Das bedeutet:

Abb. 5
figure 5

Verteilung der realen Hilfsfrist in der Bundesrepublik Deutschland 2000/01

  • bundesweit weisen 5% der Notfalleinsätze (absolut rund 180.000 Notfalleinsätze) eine Hilfsfrist von über 15,9 min auf,

  • innerhalb von 10 min nach Eingang des Notrufs in der Leitstelle sind im Bundesgebiet rund 4 von 5 Notfällen (79,1%) mit dem ersten Rettungsmittel bedient,

  • 15 min nach Eingang des Notrufs hat in 93,8% der Fälle ein Rettungsmittel den Einsatzort erreicht.

Die Hilfsfristanalyse bei Verkehrsunfällen nach Tageszeit und Ortslage ergibt, dass tagsüber innerorts die Zeit bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels unter Verwendung von Sonderrechten auf der Anfahrt im Mittel 6,9 min und in der Nacht 7,1 min beträgt. Verkehrsunfälle an Straßen außerorts sind am Tag im Mittel innerhalb von 8,6 min bedient, in der Nacht dagegen erst nach 8,9 min.

Zeitreihenvergleich

Nach einem Zeitreihenvergleich der Hochrechnungsergebnisse auf die bundesweite Einwohnerzahl (Tabelle 3) hat sich das normierte Einsatzaufkommen 2000/01 von 125,6 Einsätzen pro 1000 Einwohner und Jahr im Vergleich zu den Kennzahlen der vorangegangenen Leistungsanalyse 1998/99 um 4,9 Einsätze pro 1000 Einwohner und Jahr oder 4,1% erhöht. Die prozentuale Steigerung im Aufkommen gegenüber der Leistungsanalyse 1996/97 beträgt 9,2%.

Tabelle 3 Einsatzrate, Notfallrate, Krankentransportrate und Notarztrate in der Bundesrepublik Deutschland nach Einwohnerdichteklassen (EWDK) bzw. Regionsgrundtypen (RGT) sowie Gesamt

Für den Zeitraum 2000/01 liegt bundesweit ein einwohnerbezogenes Notfallaufkommen in Höhe von 43,4 Notfällen pro 1000 Einwohner und Jahr vor, was sich damit gegenüber dem Vergleichszeitraum 1998/99 um 1,0 Notfälle pro 1000 Einwohner und Jahr oder 2,4% erhöht hat. Dagegen ist im Zeitraum zwischen 1996/97 und 1998/99 das normierte Notfallaufkommen mit 38,3 bzw. 42,4 Notfällen pro 1000 Einwohner und Jahr noch um 4,1 Notfälle pro 1000 Einwohner und Jahr oder um 10% gestiegen.

Die bundesweite Krankentransportrate im Zeitraum 2000/01 beträgt 82,1 Krankentransporte pro 1000 Einwohner und Jahr. Die Krankentransportrate ist damit im Vergleich zur Leistungsanalyse 1998/99 um 3,7 Krankentransporte pro 1000 Einwohner und Jahr oder 4,7% angestiegen. Bereits im Zeitraum von 1996/97 bis 1998/99 hat die bundesweite Krankentransportrate um 6,2 Einsätze pro 1000 Einwohner und Jahr oder um 8,5% zugenommen.

Im Zeitraum 1998/99 beträgt die bundesweite Notarztrate 21,9 Notarztalarmierungen pro 1000 Einwohner und Jahr. Die aktuelle Notarztrate hat sich gegenüber dem Vergleichszeitraum 1998/99 nur um 0,1 Notarztalarmierungen pro 1000 Einwohner und Jahr oder 0,5% erhöht und kann damit als konstant bezeichnet werden. Der Vergleichswert für den Zeitraum von 1996/97 bis 1998/99 dokumentiert noch eine Zunahme von 1,6 Notarztalarmierungen pro 1000 Einwohner und Jahr oder 8,3%.

Aufkommensprognose

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Leistungsanalyse von 1994/95 bis einschließlich 2000/01 erfolgt für das festgestellte Einsatzaufkommen mit Hilfe ausgewählter Fortschreibungsmodelle, getrennt nach Notfallaufkommen mit und ohne Notarzt sowie Krankentransport, ein prognostischer Ausblick auf die erwartete Aufkommensentwicklung für den Zeitraum 2002/03. Danach ist bundesweit für den Zeitraum 2003/04 ein Aufkommenszuwachs von insgesamt fast 4% auf rund 10,7 Mio. Einsätze zu erwarten. Der größte Zuwachs ist prozentual betrachtet dabei beim Krankentransportaufkommen mit plus 5,4% festzustellen. Für das Notfallaufkommen mit Notarztbeteiligung ist im Gegensatz zum Notfallaufkommen ohne Notarztbeteiligung, das geringfügig abnimmt, ein deutlicher Zuwachs von rund 2,4% zu erwarten.

Abbildung 6 gibt abschließend die Entwicklung des Einsatzaufkommens in der Bundesrepublik Deutschland auf der Basis der Ergebnisse der Leistungsanalyse 1994/95 (100%) bis einschließlich der Prognose für den Zeitraum 2002/03 wieder.

Abb. 6
figure 6

Entwicklung des Einsatzaufkommens in der Bundesrepublik Deutschland auf der Basis der Ergebnisse der Leistungsanalyse 1994/95 (Bezugsgröße 100%) bis 2000/01 und einer Prognose für den Zeitraum 2002/03

Kennzahlen des öffentlichen Rettungsdienstes

Die nachfolgend dargestellten Kennzahlen (Tabelle 4) des öffentlichen Rettungsdienstes der Bundesrepublik Deutschland basieren auf einer Kombination von

Tabelle 4 Kennzahlen zur rettungsdienstlichen Infrastruktur im Bundesgebiet
  • rettungsdienstlichen Infrastrukturdaten und

  • rettungsdienstlichen Leistungsdaten.

In einer mittleren Rettungsleitstelle der Bundesrepublik Deutschland gehen im Zeitraum 2000/01 durchschnittlich rund 35.000 rettungsdienstliche Hilfeersuchen pro Jahr ein, woraus sich rund 40.000 Fahrzeugalarmierungen ergeben. Gegenüber den Ergebnissen 1994/95 liegt damit eine Zunahme von Hilfeersuchen und zu bearbeitenden Einsätzen pro Rettungsleitstelle von über 50% vor, was im Wesentlichen durch eine Vergrößerung der Rettungsdienstbereiche sowie eine Einsatzzunahme um 22% hervorgerufen wird.

Bundesweit liegt einer mittleren Einsatzfahrt im Zeitraum 2000/01 eine durchschnittliche Personalleistung von 4,0 Vollzeitjahresstunden zugrunde. Gegenüber dem Vergleichswert 1994/95 von 5,7 Vollzeitjahresstunden je mittlerer Einsatzfahrt ergibt sich im Vergleichszeitraum eine Effizienzsteigerung um rund 1/3.

Von einer mittleren Rettungswache werden im Zeitraum 2000/01 jährlich durchschnittlich über 4900 Einsatzfahrten von RTW/KTW durchgeführt, während ein mittlerer Notarztstandort rund 1600 Einsatzfahrten von NAW/NEF aufweist. Gegenüber 1994/95 ergibt sich eine prozentuale Einsatzfahrtsteigerung pro Rettungswache von 12% und pro Notarztstandort von 19%.

Ein Fahrzeug des öffentlichen Rettungsdienstes der Bundesrepublik Deutschland führt im Zeitraum 2000/01 durchschnittlich fast 1400 Einsatzfahrten pro Jahr durch, wobei ein NAW/NEF durchschnittlich 1100 Einsatzfahrten pro Jahr, ein KTW durchschnittlich 1300 Einsatzfahrten pro Jahr und ein RTW durchschnittlich 1700 Einsatzfahrten pro Jahr leistet. Im Vergleich zu den Ergebnissen 1994/95 ist beim KTW mit einem Aufkommensplus von rund 1/5 die höchste Zunahme festzustellen.

Pro mittlerer Einsatzfahrt sind im Bundesgebiet 2000/01 durchschnittlich 2,9 Fahrzeugvorhaltestunden notwendig. Differenziert nach Rettungsmitteln entfallen durchschnittlich 5,2 NAW/NEF-Vorhaltestunden je NAW/NEF-Einsatzfahrt, durchschnittlich 3,0 RTW-Vorhaltestunden je RTW-Einsatzfahrt sowie durchschnittlich 1,7 KTW-Vorhaltestunden je KTW-Einsatzfahrt. Unter Berücksichtigung der mittleren Einsatzzeit eines Fahrzeugs ergibt sich bundesweit die nachfolgende mittlere Auslastungsquote durch Einsätze für den Zeitraum 2000/01:

  • 35% Einsatzauslastung insgesamt,

  • 19% Einsatzauslastung NAW/NEF,

  • 34% Einsatzauslastung RTW,

  • 60% Einsatzauslastung KTW.

Die Fahrzeugauslastung ist damit gegenüber den Vergleichswerten von 1994/95 insgesamt von 24% auf 35%, bei RTW von 21% auf 34% und bei KTW von 43% auf 60% gestiegen.

Die festgestellten Sachverhalte bestätigen eindrucksvoll die Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven im Rettungsdienst durch eine Verbesserung der Einsatzauslastung der Fahrzeugvorhaltung im Vergleichszeitraum.

Die Effizienz des Systems Rettungsdienst wird damit nachhaltig verbessert.

Ausblick

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorgestellten Ergebnisse nur einen kleinen Ausschnitt aus der Veröffentlichung „Leistung des Rettungsdienstes 2000/01“ bilden, die im Kontext von Leistungsmessung und Qualitätssicherung den Bundesmaßstab im Rettungsdienst wiederholt festlegt. Zielsetzung der Leistungsanalyse ist es, einen repräsentativen Überblick von Kenngrößen den Rettungsdienstes für die Bundesrepublik Deutschland zu erhalten, um so möglichst rechtzeitig auf wesentliche Veränderungen im System reagieren zu können. Die rettungsdienstlichen Kennzahlen der Leistungsanalyse sind aber nicht nur ein Frühwarnsystem für sich abzeichnende Entwicklungen im Rettungsdienst, sondern auch, wie die vorgestellten Zahlen belegen, ein ausgereiftes Instrumentarium zur Qualitätsüberprüfung. Ein Vergleich der Ist-Werte mit entsprechenden Soll-Werten zeigt, wo Ziele bereits erreicht sind bzw. wo noch Defizite vorliegen.

Perspektivisch gilt es im Hinblick auf eine vertiefte Qualitätsüberprüfung des Rettungsdienstes, eine zukünftige „Bundesstatistik Rettungsdienst“ insbesondere unter Berücksichtigung der komplexen Netzstrukturen und der heutigen Möglichkeiten der automatischen Datenverarbeitung zu entwickeln und zu installieren. Ausgangsbasis wäre eine zeitliche Teil- oder Totalerhebung auf der räumlichen Ebene der Rettungsdienstbereiche im Bundesgebiet. In einem ersten Aggregationsschritt wäre denkbar, auf der Grundlage geeigneter Informations- und Dokumentationssysteme die auf Rettungsdienstbereichsebene erhobenen Daten zu einer getrennten „Landesstatistik Rettungsdienst“ zusammenzufassen. Anhand der aggregierten Landeszahlen wäre damit erstmals eine eindeutige Überprüfung der jeweiligen landesgesetzlichen Qualitätsvorgaben wie z. B. der Hilfsfrist gewährleistet.

In einem weiteren Aggregationsschritt würde diese „Landesstatistik Rettungsdienst“ zu einer „Bundesstatistik Rettungsdienst“ zusammengeführt werden. Ergebnis einer solchen bundesweiten „Rettungsdienststatistik“ ist es, letztendlich für die Bevölkerung, für die rettungsdienstlichen Leistung- und Kostenträger sowie für die Träger des Rettungsdienstes einen auf allen relevanten Ebenen transparenten Rettungsdienst wiederzugeben, um die Effizienz des Systems besser noch als heute empirisch belegen zu können. Schwerpunkte müssen dabei sein: mehr Transparenz, besserer Informationsfluss und flexiblere Aktions- und Reaktionsmöglichkeiten.

Die Folge für zukünftiges Benchmarking im Rettungsdienst wäre: es wird produktiver und wettbewerbsorientierter gewirtschaftet. Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen führt hierzu in seinem aktuellen Gutachten „Finanzierung, Nutzerorientierung und Qualität“ aus, dass die Ansätze zur Evaluation und zum Qualitätsmanagement im Rettungsdienst weiterzuentwickeln sind. Hierzu zählt eine einheitliche Dokumentation der Leistungsdaten, auf deren Basis eine vergleichende Evaluation von Organisationsstrukturen und Prozessen sowie der Ergebnisqualität im Rettungsdienst möglich wird [3].