Die obere Extremität des Menschen stellt ein hocheffektives Instrument dar. Besonders die Entwicklung der Rotationsfähigkeit des Unterarmes war ein wichtiger Schritt in der Evolution des Menschen. Die gelenkige Verbindung von Unter- und Oberarm durch den Ellenbogen ermöglicht es dem Menschen, die Hand mit einem Aktionsradius von annähernd 360° im Raum zu positionieren. Die Ellenbogensteife als häufigste Komplikation nach Ellenbogenverletzungen gefährdet damit die Funktionalität der gesamten oberen Extremität.

Während die normale Beweglichkeit des Ellenbogens zwischen den Maximalwerten 10–0–150° für die Extension/Flexion liegt und 90–0–90° für die Pronation/Supination beträgt, reicht laut Morrey [1] eine Beweglichkeit zwischen 30 und 130° Extension/Flexion und von je 50° für Pronation/Supination aus, um die wichtigsten Alltagstätigkeiten suffizient verrichten zu können. Diese Grenzwerte werden oft zur Indikationsstellung herangezogen. Es muss jedoch bedacht werden, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Ansprüche an ihren Ellenbogen stellen. Für den Einzelnen können daher durchaus auch geringere Bewegungsdefizite inakzeptabel sein. Neuere Untersuchungen zeigen, dass eine wesentlich bessere Ellenbogenbeweglichkeit erforderlich ist, um wichtige Aktivitäten des täglichen Lebens erfüllen zu können. So erfordert z. B. das Telefonieren mit dem Handy eine Flexion von bis zu 142°, das Tippen auf der Tastatur eine Pronation von 65° [2].

Ätiologie und Klassifikation

Nach einem entsprechenden Ellenbogentrauma behalten ca. 12 % der Patienten eine Bewegungseinschränkung zurück, die eine Arthrolyse erforderlich macht [3]. Häufigste Ursache sind Luxationen und Luxationsfrakturen [4]. Die Gründe für eine Ellenbogensteife können unterschiedlichster Natur sein. Morrey [5] klassifizierte die Ellenbogensteife nach intrinsischen, extrinsischen und gemischten Ursachen. Zu den intrinsischen Ursachen zählen intraartikuläre Faktoren wie artikuläre Fehlstellungen, Osteophyten, freie Gelenkkörper, Arthrose, Osteochondrosis dissecans, Briden und intraartikuläre Adhäsionen. Als extrinsisch werden die Ursachen bezeichnet, die die Gelenkkapsel oder extraartikuläre Strukturen betreffen wie die kapsuläre Fibrose, heterotope Ossifikationen und Muskelkontrakturen. Meist liegen jedoch Mischbilder aus in- und extrinsischen Ursachen vor.

Jupiter teilte die Ellenbogensteife in einfache und komplexe Formen ein (Tab. 1; [6]):

Tab. 1 Einteilung der Ellenbogensteife nach Jupiter

Mansat [7] teilte die Ellenbogensteife nach der Beweglichkeit ein:

  • gering: Bewegungsumfang > 90°,

  • moderat: Bewegungsumfang 61–90°,

  • schwer: Bewegungsumfang 31–60°,

  • sehr schwer: Bewegungsumfang 0–30°.

Klinik und Diagnostik

Die Patienten stellen sich mit unterschiedlichen Ausprägungen der Ellenbogensteife vor. Neben der genauen Anamneseerhebung (Trauma, Beginn der Symptome, Voroperationen, Beruf, Alter, Händigkeit etc.) ist die klinische Untersuchung sorgfältig durchzuführen [8]. Die Bewegungsradien sollten passiv und aktiv geprüft werden. Die Bewegungseinschränkung kann die Extension/Flexion und Pronation/Supination isoliert oder auch kombiniert betreffen. Auch der Schmerz ist unterschiedlich ausgeprägt. Nicht immer ist die Ellenbogensteife schmerzhaft. Schmerzen bei endgradiger Beugung oder Streckung sprechen für das Vorliegen impingender Osteophyten. Schmerzen in den mittleren Bewegungssegmenten sprechen für das Vorliegen von Knorpelschäden [9]. Ein positiver Osteochondral-Shear-Test spricht für Knorpelschäden im Bereich des Radiocapitellargelenks [10]. Narben müssen inspiziert und Infektionen ggf. ausgeschlossen werden. Durchblutung, Motorik und Sensibilität sind genauestens zu prüfen. Von besonderer Bedeutung ist der N. ulnaris. Dieser ist auf ein positives Tinel-Zeichen zu prüfen. Weiterhin muss bei der Untersuchung evaluiert werden, ob der N. ulnaris stabil im Sulcus verläuft oder ob es sich ggf. um einen instabilen oder anterior transponierten N. ulnaris handelt. Des Weiteren ist die Prüfung der Ellenbogenstabilität wichtig. Nicht selten verbirgt sich hinter einem steifen Ellenbogen eine Instabilität.

Basisdiagnostik stellt das Röntgen des Ellenbogens in 2 Ebenen dar. Meist ist eine CT-Untersuchung zur Operationsplanung hilfreich. Hier können die Gelenkstellung, Osteophyten und freie Gelenkkörper bezüglich Lage und Größe deutlich besser eingeschätzt werden. Auch im MRT können Osteophyten gut beurteilt werden. Zusätzlich erlaubt das MRT die Beurteilung des Knorpelstatus und der Weichteile, wobei hier meist die Ligamente von besonderem Interesse sind (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

a, b Darstellung von Osteophyten des Olekranon, Coronoid und der Fossae olecrani, radii und coronoidea in der MRT. c Darstellung von freien Gelenkkörpern in der 3-D-CT

Bei sensomotorischen Defiziten sollte eine neurophysiologische Untersuchung mittels Elektromyographie (EMG)/Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) eingefordert werden, um den Nervenstatus zu dokumentieren und genauer beurteilen zu können.

Therapeutische Optionen

Als Therapieoptionen stehen die konservative und operative Therapie zur Auswahl. Operativ kann die Arthrolyse offen, arthroskopisch oder mittels Fixateur externe als Distraktionsarthrolyse durchgeführt werden.

Am Beginn der konservativen Therapie steht eine adäquate Schmerztherapie kombiniert mit Physio- und Ergotherapie. Gegebenenfalls können spezielle Schienen zusätzlich eingesetzt werden. Diese sind am ehesten hilfreich, wenn Kontrakturen noch nicht lange bestehen und keine wesentlichen intraartikulären Fehlstellungen vorliegen [11]. Wenn konservative Maßnahmen scheitern und kein funktionell zufriedenstellendes Ergebnis erreicht wird, kann eine operative Intervention in Betracht gezogen werden. Wie lange abgewartet werden sollte, bevor dem Patienten eine operative Arthrolyse angeboten wird, ist Bestandteil kontroverser Diskussionen. Traditionell wird für die Indikation zur Arthrolyse gefordert, dass mindestens 6 Monate seit dem Trauma bzw. der Operation vergangen sein sollten, weil im Rahmen des natürlichen Verlaufes mindestens innerhalb der ersten 6 Monate – teilweise sogar bis zu 1 Jahr – spontane Besserungen auftreten [12]. Neuere Studien belegen, dass ein früheres operatives Eingreifen durchaus berechtigt ist. Wenn durch die konservativen Maßnahmen nach 3 Monaten keine spürbaren Besserungen mehr erreicht werden können, ist dies ein negativer prognostischer Faktor für die weitere konservative Therapie [3]. Bezüglich des Bewegungsdefizites wurde gefordert, dass mindestens ein Bewegungsdefizit von mindestens 30° für die Extension und/oder Flexion besteht. Je nach Anspruch des Patienten kann die Indikation zur Arthrolyse jedoch auch schon bei deutlich geringeren Bewegungsausmaßen gestellt werden. Abhängig von Beruf oder Hobby können dem Patienten auch geringere Bewegungseinschränkungen deutliche Probleme bereiten. Umgekehrt können größere Bewegungsdefizite für den Patienten mit geringem Funktionsanspruch durchaus akzeptabel sein. Entscheidend für die Indikationsstellung zur Arthrolyse sind daher eher patientenspezifische Faktoren. Der Chirurg muss diese Wünsche und Ansprüche entsprechend den operativen Möglichkeiten kanalisieren und dem Patienten einen realistischen Behandlungsplan und ein realistisches Ziel aufweisen.

Offene Arthrolyse

Die offene Arthrolyse stellt den Behandlungsstandard bei Ellenbogensteife dar. Mit ihr können sowohl intra- als auch extraartikuläre Ursachen der Ellenbogensteife adressiert werden. Letztere können dabei beispielsweise durch die Ausbildung von heterotopen Ossifikationen bedingt sein [13]. Sorgfältiges Vorgehen bei der Präparation und dezidierte Kenntnisse der anatomischen Verhältnisse sind nötig, um neurovaskuläre Komplikationen zu vermeiden. Korrekt durchgeführt, kann die offene Ellenbogenarthrolyse so zu einer beträchtlichen Zunahme des Bewegungsumfangs führen.

Im eigenen Vorgehen erfolgt die Operation in Rückenlage sowie in Vollnarkose mit Blutleere (ca. 250 mmHg) und Plexuskatheter. Klassischerweise wird dabei die von Mansat und Morrey [7] beschriebene „column procedure“ über einen nach proximal erweiterten lateralen Zugang nach Kocher [14] durchgeführt (Abb. 2). Nach Inzision der Unterarmfaszie in Längsrichtung wird der Extensorenursprung („common extensor origin“, CEO) am Epicondylus humeri radialis aufgesucht. Ventral davon können die Muskelfasern des M. extensor carpi radialis longus (ECRL) und des M. brachioradialis (BR) identifiziert werden, die – anders als die am CEO entspringenden Muskeln – weiter proximal an der Crista supracondylaris lateralis und dem Septum intermusculare laterale ihren Ursprung nehmen (Abb. 1). Durch subperiostale Mobilisation des ECRL und des BR nach ventral kann die ventrale Kapsel dargestellt werden. Dabei ist auf den N. radialis zu achten, der entlang und bedeckt vom BR verläuft. Der Großteil des lateralen Kollateralbandkomplexes bleibt vom CEO bedeckt und sollte während der Operation nicht verletzt werden, um eine mögliche Gelenkinstabilität zu vermeiden. Um die ventrale Kapsel besser zu exponieren, wird der M. brachialis stumpf von derselben abgelöst und mit einem Retraktor zusammen mit dem N. radialis und dem auf dem M. brachialis verlaufenden N. medianus und der A. brachialis nach ventral weggehalten. Die Kapsel kann so, von lateral beginnend, bis zum Processus coronoideus exzidiert werden. Die weit medial gelegenen Kapselanteile sind in der Regel schwer darzustellen, können jedoch ertastet und in der Folge vorsichtig inzidiert werden, um das ventrale Kapselrelease zu vervollständigen. Zusätzlich zur Kapsulektomie können ggf. vorhandene Osteophyten in der Fossa radii bzw. am Radiuskopf oder an der Coronoidspitze abgetragen werden.

Abb. 2
figure 2

Illustration der „column procedures“: Nach Darstellung des Extensorenursprungs (CEO) kann ventral davon ins anteriore Intervall zugegangen werden. Dazu müssen der M. brachioradialis und extensor radialis longus – in dieser Abbildung von der Unterarmfaszie bedeckt – nach ventral mobilisiert werden. ECU M. extensor carpi ulnaris, MA M. anconeus

Sofern nötig, kann im Anschluss dorsal des CEO ins posteriore Intervall zugegangen werden, um die dorsalen Kapselanteile darzustellen. Für eine bessere Exposition nicht nur der Gelenkkapsel, sondern vor allem auch der Olekranonspitze und der Fossa olecrani wird der M. triceps brachii stumpf vom dorsalen Aspekt des Gelenks mobilisiert. So gelingt einerseits das dorsale Kapselrelease und andererseits die Abtragung von Osteophyten an der Olekranonspitze und in der Fossa olecrani, die sonst ein unüberwindliches Extensionshindernis darstellen können. Am Ende der Operation müssen die Weichteilstrukturen wieder regelrecht verschlossen und vor allem der abgelöste ECRL und BR transossär oder mittels Fadenanker refixiert werden.

Bei weiterhin bestehenden Bewegungseinschränkungen oder bei vorbekannter Ulnarisneuropathie kann zusätzlich ein medialer Zugang angelegt werden. Dabei wird zunächst der N. ulnaris im Sulcus ulnaris identifiziert (Abb. 3a) und ggf. bereits für eine anteriore Transposition vorbereitet. Durch einen Hotchkiss-Zugang [15] wird anschließend der Ursprung der Flexorengruppe („common flexor origin“, CFO) am medialen Epikondylus dargestellt, und die ventral des M. flexor carpi ulnaris gelegenen Muskeln (M. flexor carpi radialis, palmaris longus, pronator teres) werden subperiostal vom Epicondylus humeri ulnaris ausgehend nach ventral mobilisiert, um das mediale Kollateralband und die ventrale Kapsel darzustellen (Abb. 3). Verbliebene ventrale Kapselreste können nun exzidiert und Osteophyten am Coronoid oder der Fossa coronoidea abgetragen werden. Das mediale Kollateralband, insbesondere das für die Valgusstabilität wichtige anteromediale Bündel [1618], sollte dabei geschont werden. Auch medial kann – sofern nötig – der Trizeps mobilisiert werden, um die medialen Anteile der dorsalen Gelenkkapsel und der Fossa olecrani einzusehen. Ähnlich wie beim Zugang von lateral ist im Anschluss auf einen sorgfältigen, schichtweisen Wundverschluss mit regelrechter Refixation der abgelösten Flexoren am CFO zu achten.

Abb. 3
figure 3

Medialer Zugang. a Darstellung des N. ulnaris (NU) dorsal des Flexorenursprungs (CFO) im Sulcus ulnaris. b Illustration des Hotchkiss-Zugangs: Während der vom N. ulnaris innervierte Flexor carpi ulnaris (FCU) nach dorsal retrahiert wurde, wurde die ventral davon gelegene Muskulatur vom CFO ausgehend nach ventral mobilisiert, um das darunter liegende mediale Kollateralband (MCL) und die ventrale Kapsel darzustellen

Alternativ kann über einen dorsalen Zugang mit Mobilisation von „full-thickness flaps“ über einen singulären Hautschnitt in das mediale und laterale Kompartiment zugegangen werden (Abb. 4). In seltenen Fällen, beispielsweise bei ausgeprägten ventral gelegenen heterotopen Ossifikationen, ist auch ein ventraler Zugang denkbar, der jedoch aufgrund der unmittelbaren Nähe zu den neurovaskulären Strukturen ein deutlich höheres Risikopotenzial birgt.

Abb. 4
figure 4

a Dorsaler Zugang bei tetrafokaler Arthrolyse. b Der N. ulnaris wird am medialen Trizepsrand dargestellt, releast und nach ventral transponiert. c Abtragung von Osteophyten dorsomedial. d Ventrale Kapsulektomie. e Exzision einer heterotopen Ossifikation (HO) (*) lateral. f Transossäre Refixation des medialen Kollateralbandes (MCL) und der Flexoren-/Pronatorengruppe

Arthroskopische Arthrolyse

Die arthroskopische Arthrolyse gilt als anspruchsvoller Eingriff mit hohem Komplikationspotenzial. Die Schwierigkeit der arthroskopischen Arthrolyse liegt zum einen in dem geringen Fassungsvolumen des Ellenbogens (maximal 30–40 ml). Der Gelenkraum ist sehr klein, was das arthroskopische Arbeiten im Ellenbogen deutlich erschwert. Steife Ellenbogen weisen häufig ein deutlich verringertes Kapselvolumen auf, was den Zugang zum Gelenk deutlich erschwert und das Risiko einer Nervenläsion erhöht. In der früheren Literatur wurden zum Teil desaströse Komplikationen beschrieben [19]. In der Zwischenzeit wurden jedoch deutliche Fortschritte in der arthroskopischen Technik erreicht, und die Komplikationsraten sind deutlich gesunken. In der Hand des Erfahrenen stellt die Ellenbogenarthroskopie mittlerweile ein effektives und sicheres Werkzeug zur Behandlung des steifen Ellenbogens dar ([20, 21]; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Arthroskopische Arthrolyse. a Landmarks und Zugänge sowie Status vor und nach Resektion eines Olekranonspitzenosteophyten. b Arthrofibrosegewebe in der Fossa olecrani. Nach Débridement fällt ein Osteophyt am Boden der Fossa auf, der reseziert wird. c Freier Gelenkkörper im anterioren Kompartiment und Resektion eines Coronoidosteophyten nach Anlage des anteroulnaren Portals. d Resektion eines Osteophyten (Pfeil) proximal der Fossa coronoidea (*). e Bei schwerer Arthrofibrose des anterioren Kompartiments muss vorsichtig das Fibrosegewebe abgetragen werden, um die Gelenkstrukturen darstellen zu können und eine Orientierung zu ermöglichen. Das Shaven sollte nur unter direkter Sicht bei sicherer intraartikulärer Lage erfolgen. Blick auf das Coronoid. Durchführen der Kapsulektomie nach Gelenkdébridement

Im eigenen Vorgehen wird der Patient in Seitlagerung unter Vollnarkose mit additivem Plexuskatheter in Blutleere operiert. Es wird eine Standard-4 mm/30°-Optik verwendet. Um eine Nervenverletzung zu vermeiden, sollte das Ellenbogengelenk zu Beginn distendiert werden. Durch die intraartikuläre Injektion von Kochsalzlösung kann der Abstand der neurovaskulären Strukturen zum Gelenk deutlich vergrößert werden. Im eigenen Vorgehen wird zunächst ein anterolateraler Zugang mit einer Inflowkanüle gelegt. Anschließend wird zunächst das Gelenkdébridement des posterioren Kompartiments durchgeführt. Über das hohe dorsolaterale Portal wird mit der Kamera eingegangen. Das transtrizipitale und das tiefe dorsoradiale Portal werden als Arbeitsportale verwendet. Wichtig ist, zunächst alle intrinsischen Ursachen der Gelenksteife zu beheben, bevor die Kapsulotomie durchgeführt wird. Es werden also zunächst alle intraartikulären Briden und Adhäsionen gelöst. Oft ist dies essenziell, um überhaupt eine Übersicht über den Gelenkraum zu erhalten. Wenn die Orientierung im Gelenk erreicht wurde, kann damit begonnen werden, die knöchernen Landmarken freizulegen. Bei schweren Arthrofibrosen empfiehlt es sich, zunächst die Fossa olecrani zu bereinigen. Hier kann relativ sicher ohne Gefahr der iatrogenen Nervenläsion gearbeitet werden. Das Olekranon sollte dargestellt werden. Im Bereich des posteromedialen Recessus muss – wenn überhaupt – sehr vorsichtig gearbeitet werden, da der N. ulnaris unmittelbar auf der Gelenkkapsel liegt. Nachdem das Olekranon freigelegt wurde, kann begonnen werden, etwaige freie Gelenkkörper zu entfernen und Osteophyten abzutragen. Anschließend wird das posteroradiale Kompartiment debridiert. Dann kann die dorsale Kapsulektomie durchgeführt werden. Mit einem Meißel wird die Gelenkkapsel zirkulär um die Fossa olecrani vom Humerus abgeschoben. Anschließend werden Teile der Kapsel reseziert (Abb. 6).

Nachdem das dorsale Kompartiment bereinigt wurde, kann das ventrale Kompartiment angegangen werden. Hier wird nach den gleichen Prinzipien vorgegangen wie dorsal. Um eine Nervenverletzung zu vermeiden, wird das anteroulnare Portal in Inside-out-Technik angelegt. Dadurch kann in einer Shuttle-Technik gewährleistet werden, dass Kamera und Arbeitsinstrument intraartikulär liegen. Solange intraartikulär gearbeitet wird, ist sichergestellt, dass es zu keiner iatrogenen Nervenläsion kommt. Um eine Nervenläsion möglichst sicher zu vermeiden, wird im ulnaren Anteil des ventralen Kompartiments begonnen, da der N. medianus durch den M. brachialis relativ gut gesichert ist, während im radialen Abschnitt der N. radialis deutlich näher an der Kapsel liegt. Generell kann gesagt werden, dass die Nerven proximal weiter von der Kapsel entfernt liegen als distal. Daher sollte die Kapsulotomie/-ektomie möglichst proximal, aber auf jeden Fall proximal der Gelenklinie durchgeführt werden. Wichtig ist während der gesamten Arthroskopie, dass der Shaver nur unter Sicht verwendet wird. Nachdem ulnarseitig die Kapsel an einer Stelle bis auf den M. brachialis abgetragen wurde, kann die Dicke der Kapsel abgeschätzt und die Kapsulotomie (s. oben) selektiv ohne Verletzung extraartikulärer Strukturen durchgeführt werden. Die Kapsulotomie sollte über die gesamte Breite des Gelenks fortgesetzt werden, bis die Kapsel von medial bis lateral komplett durchtrennt ist. Ob eine Kapsulektomie erforderlich oder eine Kapsulotomie ausreichend ist, ist nicht sicher geklärt. Im eigenen Vorgehen wird ein ca. 1 cm breiter Streifen der Kapsel reseziert, nicht jedoch die gesamte Kapsel.

Ein Nachteil ist, dass Bewegungseinschränkungen der Umwendbewegungen mit der arthroskopischen Arthrolyse meist nur schlecht adressierbar sind.

Distraktionsarthrolyse

Die Distraktionsarthrolyse stellt insgesamt eine selten verwendete Form der Ellenbogengelenkarthrolyse dar. Sie kann einerseits in Fällen verwendet werden, in denen durch eine alleinige offene Arthrolyse keine regelrechte Wiederherstellung der Gelenkbeweglichkeit bzw. -kongruenz erreicht wird. Hierzu gehören beispielsweise chronische Luxationen. Andererseits präferieren einzelne Autoren die alleinige Distraktionsarthrolyse gegenüber anderen Arthrolyseformen, da sie mit einem geringeren Weichteiltrauma einhergehe und so ein geringeres Risiko für ein Rezidiv der Ellenbogensteife infolge erneuter Fibrosierungsprozesse bestünde [22, 23].

Die Operation erfolgt in Rückenlage des Patienten. Im ersten Schritt wird anhand eines streng seitlichen Röntgenbilds das Drehzentrum des distalen Humerus bestimmt und ein Kirschner-Draht von streng lateral etwas kranial des Drehzentrums einige Zentimeter in den distalen Humerus gebohrt. Über diesen Kirschner-Draht wird nun der Bewegungsfixateur aufgebracht (Orthofix GmbH, Ottobrunn, Deutschland). Darüber können die humeralen und anschließend die ulnaren Fixateurpins eingebracht werden. Um bei Platzierung der humeralen Pins eine Läsion des N. radialis zu vermeiden, sollte offen vorgegangen und mindestens ein Abstand von 12–15 cm vom Drehzentrum des Ellenbogens eingehalten werden [24].

Der Bewegungsfixateur wird abgenommen und gegen den Distraktionsfixateur getauscht, um die Distraktionspins im Olekranon bzw. der Coronoidbasis zu platzieren (Abb. 7). Über einen Zeitraum von je 10–15 min erfolgt nun 2-malig eine Gelenkdistraktion von etwa 15 mm. Dabei sollte die regelrechte Distraktion röntgenologisch verifiziert werden.

Im nächsten Schritt wird der Distraktionsfixateur entfernt und wieder durch den Bewegungsfixateur ersetzt. Beim Wiederaufsetzen des Bewegungsfixateurs ist dringend darauf zu achten, dass der Kirschner-Draht weiterhin regelrecht einliegt und nicht verbogen wurde, da sonst das Drehzentrum des Fixateurs nicht korrekt zu liegen kommt. Nachdem die Lage des Fixateurs kontrolliert wurde, kann der Kirschner-Draht entfernt und das Gelenk entlang der humeralen Schiene erneut etwa 10–12 mm distrahiert werden (Abb. 7). Sollte dabei eine Gelenkinkongruenz auftreten, kann diese über die ulnare Führungsschiene behoben werden. Nach intraoperativer Mobilisation des Gelenks wird der Bewegungsfixateur am Ende der Operation in etwa 120° Flexion fixiert und verbleibt in dieser Stellung für etwa 1 Woche.

Abb. 6
figure 6

Prinzip der Arthrolyse. Maßnahmen zur Wiederherstellung a der Flexion und b der Extension. (Aus [34])

Im Anschluss erfolgt die ausgiebige Mobilisation des weiterhin distrahierten Gelenks unter physiotherapeutischer Anleitung, die einen unverzichtbaren Beitrag zum Behandlungserfolg leistet. Die Entfernung des Fixateurs erfolgt ambulant nach 6 bis 8 Wochen.

Nachbehandlung und Prognose

Schwerere Formen der Steife scheinen mehr von der Arthrolyse zu profitieren als leichtere. Das intraoperativ erreichte Ergebnis kann oft nicht vollständig gehalten werden. Mit einem Verlust von 10–20° muss im postoperativen Verlauf gerechnet werden. Im Langzeitverlauf bleiben diese Ergebnisse dann häufig stabil [25].

Unabhängig von der gewählten Methode ist eine gute Nachbehandlung entscheidend für ein gutes Ergebnis. Entscheidend ist die frühzeitige Einleitung einer krankengymnastischen Übungstherapie, was eine adäquate Schmerztherapie voraussetzt. Der Plexuskatheter hilft, diese direkt am ersten oder zweiten postoperativen Tag zu starten. Additiv können "continous passive motion" (CPM) oder Lagerungsschienen eingesetzt werden.

Ergebnisse und Komplikationen

Im Rahmen eines systematischen Reviews analysierten Kodde et al. [26] alle relevanten Artikel von 1989 bis 2012, die über Ergebnisse nach operativer Arthrolyse bei posttraumatischer Ellenbogensteife berichten. Der Gewinn an Beweglichkeit sowie die Komplikationsraten für 4 Gruppen wurden erfasst:

  1. 1.

    offene Arthrolyse,

  2. 2.

    arthroskopische Arthrolyse,

  3. 3.

    offene Arthrolyse mit additivem Fixateur,

  4. 4.

    offene Arthrolyse mit Distraktionsarthrolyse.

Die arthroskopische Arthrolyse wurde in den leichteren Fällen eingesetzt. Die durchschnittliche präoperative Beweglichkeit lag bei 84°, während sie bei den offenen Arthrolysegruppen mit 52° (Gruppe 1), 35° (Gruppe 4) und 17° (Gruppe 3) deutlich geringer war. Gemäß der Analyse der Autoren konnte mit der offenen Arthrolyse mit additiver Fixateuranlage der größte Zugewinn an Beweglichkeit mit 88° erreicht werden. Allerdings konnten zu dieser Gruppe nur 2 Studien ausgewertet werden. Die Komplikationsrate lag bei durchschnittlich 73 %. Für Gruppe 4 lag der durchschnittliche Zugewinn an Beweglichkeit bei 56° bei einer Komplikationsrate von 58 %. Die offene Arthrolyse allein erreichte einen um 51° verbesserten Bewegungsumfang bei einer Komplikationsrate von 23 %. Die häufigsten Komplikationen umfassten Probleme des N. ulnaris, unzureichende Besserung der Beweglichkeit und postoperative Infekte. Die deutlich erhöhte Komplikationsrate nach Anlage eines Fixateurs erklärt sich gemäß dieser Studie durch Pininfekte, Fixateurlockerungen und Pinbrüche.

Mit der arthroskopischen Arthrolyse wurden 40° Zugewinn an Beweglichkeit erreicht bei einer Komplikationsrate von 5 %. Die häufigste Komplikation war eine unzureichende Besserung der Beweglichkeit. Zu signifikanten neurovaskulären Läsionen kam es in diesen Studien nicht mehr.

Die Autoren schlussfolgern, dass mit der Invasivität des Eingriffs die Komplikationsrate steigt, und empfehlen daher, so minimalinvasiv wie möglich zu bleiben. Die Autoren verweisen auf die geringe Evidenz in der aktuellen Literatur. Vergleichende, prospektive Studien liegen nicht vor.

Diskussion

Die offene Arthrolyse ist noch immer der Goldstandard in den meisten Kliniken Deutschlands. Sie gilt als sicheres und effektives Tool mit niedriger Komplikationsrate [27]. Vorteil der offenen Arthrolyse ist, dass alle Schweregrade der Ellenbogensteife sicher behandelt werden können. Weiterhin können im Rahmen der offenen Operation auch Metallentfernungen durchgeführt und Nerven releast werden. Einschränkungen der Pronation/Supination können meist nur im Rahmen einer offenen Arthrolyse verbessert werden. Die offene Arthrolyse gilt als Universalinstrument, mit dem alle Formen und Schweregrade der Ellenbogensteife therapiert werden können.

Die arthroskopische Arthrolyse galt lange Zeit nur als Option für geringgradige Bewegungseinschränkungen. Die Technik der Ellenbogengelenkarthroskopie wurde jedoch stetig weiterentwickelt. Standardisierte Operationsverfahren haben zu einer deutlich verbesserten Sicherheit und steigenden Beliebtheit der Prozedur beigetragen [28]. Vorteile der arthroskopischen Technik liegen in der geringen Invasivität und der niedrigen Komplikationsrate. Mit zunehmender Ausbreitung der Ellenbogenarthroskopie wurden auch die Grenzen für die Indikation zur arthroskopischen Arthrolyse immer weiter gesetzt.

Im eigenen Vorgehen stellt die arthroskopische Arthrolyse mittlerweile das Standardverfahren zur operativen Behandlung der Ellenbogensteife dar. Auch komplexe Fälle nach Jupiter oder schwere Bewegungseinschränkungen nach Mansat werden primär arthroskopisch angegangen. Mit der Ausweitung der Indikation auf die schwereren Fälle können nun auch größere Verbesserungen der Beweglichkeit dokumentiert werden. So berichten z. B. Krishnan et al. [29] über einen Zugewinn von 73° durch die ASK-Arthrolyse. Die Indikation zum offenen Vorgehen stellen wir nur noch bei ausgeprägten heterotopen Ossifikationen, Bewegungseinschränkung der Pronation/Supination und ggf. bei transponiertem N. ulnaris. Auch bei transponiertem N. ulnaris kann eine Ellenbogen-ASK durchgeführt werden. Dazu sollte dann ggf. der N. ulnaris vor Anlage des anteroulnaren Portals offen dargestellt werden. Sahajpal et al. [30] fanden in der retrospektiven Analyse von 59 Patienten mit instabilem oder anterior transponiertem Nerv keine Arthroskopie-assoziierten Ulnarisprobleme nach routinemäßiger Anlage des proximalen anteroulnaren Portals über eine Stichinzision der Haut und anschließender stumpfer Präparation auf die Kapsel.

Unabhängig von der gewählten Prozedur sollte der N. ulnaris immer dargestellt und releast werden, wenn die passive Flexion weniger als 90–100° beträgt oder präoperativ bereits eine entsprechende Symptomatik vorliegt.

Außerdem eröffnet die Arthroskopie neue Indikationsfelder. Die Minimalinvasivität erleichtert nun auch Arthrolysen bei Patienten mit geringen Bewegungseinschränkungen, bei denen die Indikation zur offenen oder Distraktionsarthrolyse aufgrund der Invasivität und des Komplikationspotenzials nicht gestellt worden wäre. Zu dieser Patientengruppe gibt es bislang nur wenige Informationen. Blonna et al. [31] berichteten über eine Gruppe von 24 Athleten mit einem Streckdefizit zwischen 10 und 35°, die einer ASK-Arthrolyse unterzogen wurden. Sie fanden eine Reduktion des Extensionsdefizites auf durchschnittlich 6° bei hoher subjektiver Zufriedenheit der Patienten: 22 von 24 konnten wieder ihr ursprüngliches sportliches Niveau erreichen.

Die Distraktionsarthrolyse (Abb. 7) spielt im eigenen Vorgehen wie auch in der internationalen Literatur eine untergeordnete Rolle. Gute Ergebnisse mit deutlich geringeren Komplikationsraten werden von Arbeitsgruppen mit großer Erfahrung mit Bewegungsfixateuren berichtet [23, 32]. Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei diesem Verfahren in der sicheren Anwendung des Bewegungsfixateurs mit Vermeidung von N.-radialis-Verletzungen und optimaler Einstellung des Rotationszentrums. Die neue Generation der Bewegungsfixateure mit röntgendurchlässigen Bewegungs-/Distraktionseinheiten stellen sicherlich eine bedeutende Weiterentwicklung dieser Technik dar.

Abb. 7
figure 7

Technik der Distraktionsarthrolyse [23]

Für Fälle, in denen eine Arthrolyse aufgrund fortgeschrittener Arthrose und/oder schwerwiegender intraartikulärer Fehlstellungen nicht mehr infrage kommt, stehen die Arthrodese, Interpositionsarthroplastik und Ellenbogenendoprothetik als Salvage-Prozeduren zur Verfügung [33].

Fazit für die Praxis

  • Die Ellenbogensteife kann schwerwiegende Einschränkungen für den Patienten bedeuten. Die Einschränkung ist dabei individuell sehr unterschiedlich und abhängig von Anspruch, Beruf und Hobbys des Patienten. Auch Bewegungseinschränkungen außerhalb des funktionellen Bogens zwischen 0–30–130° können dem Einzelnen deutliche Probleme bereiten.

  • Die offene Arthrolyse gilt als Goldstandard der Arthrolyse. Sie gilt als effektiver und sicherer Eingriff.

  • Die arthroskopische Arthrolyse nimmt jedoch einen immer höheren Stellenwert ein. Die Minimalinvasivität bei gleichzeitig geringer Komplikationsrate stellt die deutlichen Vorteile dar. Die arthroskopische Arthrolyse birgt jedoch ein hohes Komplikationspotenzial. Sie sollte daher dem erfahrenen Ellenbogenarthroskopeur vorbehalten sein.

  • Beim Umstieg von der offenen auf die arthroskopische Technik sollte mit leichteren Fällen begonnen werden. Mit zunehmender Erfahrung können auch schwerere Ellenbogensteifen arthroskopisch angegangen werden. Bei intraoperativen Schwierigkeiten sollte man in der Lage sein, auf die offene Operation umzuschwenken.

  • Ungeeignet ist die arthroskopische Arthrolyse bei schwerwiegenden heterotopen Ossifikationen, gravierenden artikulären Fehlstellungen und Einschränkungen der Pronation/Supination.