Nicht nur die Behandlung, sondern auch die Begutachtung von Schäden des Gelenkknorpels setzen voraus, dass deren Ursache bekannt ist sowie Art und Ausmaß der Schäden zuverlässig erfasst und genau beschrieben sind. In der Literatur findet man weder eine exakte Definition des „posttraumatischen Knorpelschadens“ noch eindeutige Kriterien zur Abgrenzung vom nichttraumatischen Knorpelschaden.

Definitionen

Für das Verständnis der Knorpelbegutachtung ist die Klärung bestimmter Begriffe unerlässlich. Dazu kann auf den Duden zurückgegriffen werden.

Den Oberbegriff für alle pathologischen Knorpelveränderungen bildet der Schaden. Der Begriff „unfallbedingt“ ist klar auf den gesetzlich definierten Unfallbegriff zurückzuführen. Ein unfallbedingter Knorpelschaden ist eine Knorpelverletzung. Das Wort „Verschleiß“ weist auf eine durch häufigen Gebrauch verursachte starke „Abnutzung“ hin.

Wenn das Wort „Unfall“ verwendet wird, ist damit immer ein einmaliges Ereignis gemeint, das zu einer Verletzung bzw. einem Unfallschaden geführt hat. Die Verletzung ist der primäre Unfallschaden, der sekundäre Unfallschaden wäre dann eine Verletzungsfolge, Letztere ist am Knorpel nach längerer Zeit nur schwer von einer unfallunabhängigen Arthrose abgrenzbar.

Kennt man den Verlauf der Arthrose [62], wird klar, dass „degenerativ“ kein Synonym für „arthrotisch“ sein kann. Der Begriff Degeneration ist problematisch [3] und zudem für andere Überlegungen in der Pathologie reserviert [24] (s. unten).

Arthrose

Sie verläuft phasenhaft. Was in der Arthroskopie makroskopisch gesehen und gefühlt wird (Glanzverlust, Erweichung), was in der MRT zu erkennen ist (Signal-, Kontur-, Dickenveränderung) und was sich im Röntgenbild abbildet (Osteophyten, Sklerose, Verschmälerung der Gelenkspalten) sind alles Erscheinungsformen der Arthrose in den einzelnen Stadien, vereinfacht lassen sich 4 unterscheiden:

  1. 1.

    Initialstadium (Zelle und Matrix)

  2. 2.

    Stadium der Knorpelerweichung (Malazie)

  3. 3.

    Stadium der Knochenreaktion

  4. 4.

    Gelenkkollaps

Dieser Verlauf der Arthrose ist im Schema von Mohr u. Hesse [62] gut repräsentiert (Abb. 1). Die Stadien B–D entsprechen der Chondromalazie, die Stadien E–G der Arthrose im herkömmlichen Sprachgebrauch und das Stadium A dem gesunden Knorpel.

In Tab. 1 sind strukturelle, histologische Veränderungen der Makroskopie, der „Sprachgebrauch“ und auch Fähigkeiten der bildgebenden Diagnostik (s. unten) einander gegenübergestellt.

Abb. 1
figure 1

Ablauf der Arthrose mit strukturellen Veränderungen an Knorpel und Knochen (innerer Kreis) und Synovialmembran (äußerer Kreis), A normale Situation, B Fibrillierung des Knorpels und Chondrozytennekrosen sowie begleitende leichte lymphozytäre Synovialitis, C fortgeschrittene Fissurierung des Knorpels mit Brutkapselbildung der Chondrozyten und begleitender Knorpeldetritussynovialitis, D Freilegung der Zone des verkalkten Knorpels und begleitende Knorpeldetritussynovialitis, E Freilegung der knöchernen Deckplatte und begleitende Knorpeldetritussynovialitis, F Zerstörung des Knochens mit Deckplatteneinbrüchen und begleitender Knochendetritussynovialitis, G Ausbildung von „Regeneratherden“ aus Narbengewebe und chondroidem Gewebe in Zonen von Deckplatteneinbrüchen und begleitender Knochendetritussynovialitis. (Aus [62])

Tab. 1 Histologie, Sprachgebrauch, Erkennbarkeit durch diagnostische Verfahren und Makroskopie der Knorpelschädigung bei Arthrose

In Anlehnung an die Aussagen des Workshops „New Horizons in Osteoarthritis“ [51] wird die Arthrose als Gelenkfehlfunktion aufgrund von strukturellen Schäden, die letztlich zum Versagen des „Organs“ Gelenk führen können, angesehen. Der Knorpelschaden ist ein Teil, wenn auch ein zentraler, des Gesamtschadens am Gelenk. Subchondraler Knochen, Ligamente, Kapsel, Synovialmembran und periartikuläre Muskeln sind im Verlauf in unterschiedlichem Maß mitbetroffen.

Arthrose ist eine vom Lebensalter abhängige Antwort eines Gelenks auf verschiedene Formen der Beeinträchtigung. Eine feste Bindung dieses Begriffs an Belastung, Überlastung oder akutes Trauma greift zu kurz, da andere „mechanische“ Faktoren wie Übergewicht oder „systemische“ Faktoren wie Alter, hormoneller Status oder genetische Disposition nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Es handelt sich also bei der Arthrose eher um ein Syndrom mit vielen komplexen Ätiologien als um eine singuläre Krankheitsentität [34].

Es ist zu fordern, dass sich die Klassifikationen der Knorpelschäden mittels diagnostischer Methoden (Röntgen, MRT, Arthroskopie) so nah wie möglich an die Stadien der pathologischen Anatomie anlehnen, um das pathomorphologische Substrat der Gelenkveränderungen zu beschreiben. Leider kann aber kein diagnostisches Verfahren die Gesamtsituation umfassend erkennen, nur die Zusammenschau erlaubt einen Überblick (synergistische Gelenkdiagnostik).

Das Interesse an der Arthrose fokussierte sich lange Zeit primär auf den Knorpel und seine makroskopisch sichtbaren Veränderungen im Verlauf der Erkrankung. Es liegen mehrere Klassifikationen bzw. Einteilungen von Schweregraden des Knorpelschadens vor. Sie entstanden meist bei der Beurteilung der Knorpelerweichung an der Kniescheibenrückseite, sind aber generell für Gelenkknorpel einsetzbar. Meist handelt es sich um arthroskopisch anwendbare Einteilungen, deren Schweregrade nur in Spätstadien ein röntgenologisches Korrelat finden.

In allen Klassifikationsvorschlägen kann im Prinzip die Einteilung nach Fründ [35] als einfaches und nachvollziehbares Schema erkannt werden (Abb. 2). Darin ist die makroskopische und histologische Knorpelbeurteilung enthalten. Um den Knorpelschaden möglichst präzise zu benennen, müssen seine Lokalisation im Gelenk und seine Flächenausdehnung angegeben werden.

Ergänzt man die Einteilung nach Fründ [35] gemäß dem Vorschlag von Hille [43] mit den röntgenologischen Kriterien [25, 47, 50], resultiert ein einfaches, überschaubares Schema zur Beurteilung eines Knorpelschadens, jedoch ohne Bezug zu einer traumatischen Schädigung. Unklarheiten bestehen im Initialstadium, das weder arthroskopisch noch (zumindest derzeit) magnetresonanztomographisch unter Routinebedingungen erfasst werden kann. Zur umfassenden Diskussion der histopathologischen Veränderungen des Initialstadiums der Erkrankung (nicht nur) am Knorpel sei auf Pritzker [72] verwiesen.

Abb. 2
figure 2

Schematische Darstellung der Chondromalaziegrade 1–3 und entsprechendem histologischem Bild. (Nach Fründ [35] in Bandi [5]): Grad 1 Gelenkknorpel im umschriebenen Gebiet etwas über seine Umgebung erhaben, gelblich bis bräunlich-grau verfärbt, Verlust seines Glanzes, bei Sondenbetastung verminderte Elastizität feststellbar; Grad 2 spalt- und lappenförmig eröffnete und mehr oder weniger lamellär aufgeteilte Knorpeloberfläche, senkrecht oder schräg zur Oberfläche laufende Spalten, dadurch Überlappung einzelner Lamellen (teilweise gequollen) möglich, Spalten noch nicht bis auf den subchondralen Knochen reichend, teilweise in der Tiefe zystenartig erweitert, z. T. kolbig aufgetriebene oder aufgefranste Lamellenenden; Grad 3 Fissuren auf Knochen reichend, Knochen in kleineren und größeren Bezirken frei liegend, dort Verdickung oder Verdoppelung der Verkalkungszone, neben sklerosierenden Partien im subchondralen Knochen auch lakunäre Defekte vorhanden, durch welche gefäßreiches Bindegewebe aus den subkortikalen Markräumen gegen den Knorpel vordringt und diesen abbaut, Vorstoß eines gefäßreichen Pannus von der Tunica synovialis gegen bloßgelegte subchondrale Knochenpartien möglich, physikalisch eindrückliche Einbuße der Elastizität, parallel dazu Reduktion des Gehalts an Chondroitinschwefelsäure in der Tangential- und Übergangs- sowie der Perpendikulär- oder Druckzone

Knorpelverletzungen

Gibt es Hinweise auf ein oder mehrere Unfallereignisse, bedarf es der Klärung, ob eine direkte oder indirekte Krafteinwirkung vorlag. Diskutiert werden müssen auch Mikrotraumen. Ein Mikrotrauma ist eine geringfügige, klinisch nicht relevante Verletzung, die bei vielfacher Wiederholung zum Knorpelschaden führen kann, aber keine eigentliche Knorpelverletzung darstellt.

Direktes Trauma

Hierunter versteht man eine unmittelbare Krafteinwirkung auf eine Gelenkfläche, die in aller Regel nicht freiliegt, sondern von Weichteilgewebe umgeben ist. Somit ist davon auszugehen, dass bei einer direkten Krafteinwirkung, wenn es zu einer Knorpelschädigung kommen soll, auch eine Weichteilschädigung am Schädigungsort zu erwarten ist. Von Bedeutung ist das Elastizitätsmodul der betroffenen Gewebe. Der Knorpel besitzt eine wesentlich höhere Elastizität als der darunter liegende Knochen [11, 81]. Er kann einer Krafteinwirkung teilweise ausweichen, während dies dem Knochen in aller Regel nicht möglich ist – aufgrund des Elastizitätsmoduls. Zwischen Knorpelschicht und subchondralem, spongiösem Knochen ist histologisch eine Grenzlamelle feststellbar, deren Elastizität bisher nicht definiert, aber zwischen den Knorpel- und Knochenwerten zu vermuten ist. Es handelt sich um eine basale Verkalkungszone. Aus dem anatomischen Aufbau resultiert ein physikalisches Modell mit 2 verschiedenen Elastizitäten (Knorpel/subchondraler Knochen). Wirkt auf dieses System eine Kraft ein, resultieren je nach Kraftstärke verschiedene physikalische Verformungen:

  • elastische Verformung,

  • plastische Verformung,

  • irreversibler Bruch.

Stoßversuche am jugendlichen Schweineknorpel ergaben, dass aufgrund der verschiedenen, mit Abstand von der Oberfläche abnehmenden Elastizitätskoeffizienten die Verletzungswahrscheinlichkeit von unten nach oben abnimmt, d. h. die Verletzung entsteht subchondral und weitet sich mit zunehmender Krafteinwirkung von unten nach oben aus (trotz Kraft von oben) (Hempfling, unveröffentlichte Ergebnisse). Der elastischen folgt eine plastische Verformung, und schließlich kommt es zum Knorpelbruch. Die Bruchspannung, die beim Knorpelbruch angenommen wird, liegt bei einer Krafteinwirkung, die in etwa einem freien Fall aus ungefähr 4 m Höhe entspricht [81].

Wird die Knorpelelastizität überschritten, kommt es auch zum Chondrozytenuntergang (Apoptose) [16, 56, 66].

Indirektes Trauma

Bei ihm entstehen oberflächlich auf den Knorpel einwirkende Scherkräfte, die zu Verletzungen allein im Knorpel führen, ohne dass die subchondrale gefäßführende Schicht betroffen sein muss. Allerdings sind dann ligamentäre Begleitverletzungen vorhanden. In Abhängigkeit von der Kraftgröße entstehen auch bei Scherkräften subchondrale Verletzungszeichen („bone bruise“). Dies wird durch das Kräfteparallelogramm verständlich. Durch Scherkräfte, die auf den in der kalzifizierten Knorpelschicht am Knochen fixierten hyalinen Knorpel einwirken, entsteht eine Verschiebezugkraft am subchondralen Knochenbereich [13] (Abb. 3). Die aus dem Kräfteparallelogramm resultierende direkte Kraftkomponente ist für den subchondralen Schaden verantwortlich, die tangentiale Komponente für den Abschermechanismus.

Abb. 3
figure 3

Einwirkungen von Kräften auf den hyalinen Knorpel. (Nach [13])

Bezüglich der Kraftstärke muss die Problematik der Begleitverletzungen mit einbezogen werden. Sollen Scherkräfte zwischen Patella und Femurkondylus zu einem Knorpelschaden führen (z. B. lateraler Femurkondylus), müssen Begleitverletzungen, wie bei einer Patellaluxation, vorhanden sein. Kommt es zu Scherkräften zwischen Tibia und Femur, zeigen sich Knorpel-Knochen-Schäden wie bei der vorderen Kreuzbandruptur. Der Knorpelschaden ist dann unfallmechanisch sekundärer Art.

Entsteht durch ein Trauma eine Eröffnung der Knorpeloberfläche, ist der Beginn der Arthrose (posttraumatische Arthrose) in aller Regel programmiert. Ist aufgrund der höheren Elastizität der Knorpel trotz subchondraler Schädigung erhalten, kann es dennoch zu einem posttraumatischen Knorpelschaden kommen, wenn die Knorpelernährung von subchondral her nicht mehr möglich ist. Durch Einblutung zwischen Knorpel und subchondralem Knochen entsteht eine Blutblase, die zur Ernährungsstörung des Knorpels führt. Die Folge ist eine traumatisch bedingte Knorpelerweichung bis hin zum Knorpeldefekt. Dies benötigt Zeit, in aller Regel mindestens 2–3 Monate [48]. Auch bei einer isolierten direkten Krafteinwirkung auf den Knorpel gibt es die Möglichkeit der Knorpelnekrose durch Kontusion, und aus dieser Nekrose der Chondrozyten resultiert eine Malazie (Knorpelerweichung) [5].

Schon Bandi [5] beobachtete 1977 bei traumatischen Knorpelschäden klinisch ein so genanntes „schmerzfreies Intervall“ von etwa 2–4 Monaten nach dem Unfallereignis. Seine Erklärung hierfür waren primär vom subchondralen Knochen ausgehende Schmerzen, die nach ihrem Abklingen durch den sekundären Knorpelschaden reaktiviert werden würden.

Resümee

Knorpelverletzungen als Begleitschaden werden durch direkte und indirekte Krafteinwirkung ausgelöst. Isolierte Knorpelverletzungen durch direkte Krafteinwirkung sind selten.

Diagnostik

Klinische Untersuchung

Die Anamnese und die klinische Untersuchung können Knorpelschäden vermuten lassen. Diese führen in aller Regel zu einer Gelenkreaktion. Je nach dem Ausmaß der Knorpelverletzung ist der subchondrale Knochen tangiert, erreicht oder/und eröffnet, in letzterem Fall ist eine Blutung ins Gelenk die Folge. Liegt eine Eröffnung des Knorpels nicht vor und kommt es zu einer Abscherung oberflächlicher Knorpelpartikel mit Chondrolyse, verursacht diese meist eine reaktive Synovialitis mit Gelenkerguss. „Gelenkknorpelkontusionsschäden“ sollen sofort nach der Verletzung starke Schmerzen verursachen und innerhalb von Stunden zu einem Gelenkerguss führen [88, 89],bei leichteren Schäden sollen diese Symptome nach wenigen Tagen abklingen.

Ob es auch einen traumatischen Erguss ohne jede (sichtbare) Knorpelverletzung gibt, ist unklar. Eine mechanische Überlastung der Synovialmembran im Sinn einer Zerrung wäre denkbar, was zumindest bei einer vorbestehenden Synovialitis chondrodetritica zur Aktivierung und damit zur Ergussbildung führt.

Der dem Knorpelschaden zugeordnete Schmerz wird durch die begleitende Synovialitis erklärt [7]. Da aber selbst erhebliche Knorpelschäden ohne Synovialitis vorkommen [27, 28, 29, 30, 31] und trotzdem Schmerzen bestehen, nimmt man den Hauptherd der Schmerzentstehung im subchondralen Knochen an, und zwar in den Nervenbündeln, welche die für die Ernährung der knochennahen Knorpelpartien verantwortlichen Gefäße begleiten. Daher sind Knochenödeme im Magnetresonanztomogramm häufig mit Schmerzen vergesellschaftet [26].

Eine besondere Bedeutung hat der klinisch nachweisbare Gelenkerguss, der nur durch eine Punktion genauer definiert werden kann (serös, blutig, mit und ohne Fettaugen, klar oder trüb). Eine iatrogene Blutbeimengung durch die Punktion sollte bedacht werden. Die klinische Untersuchung ergibt erste Hinweise auf einen Knorpelschaden, sie kann diesen jedoch nicht nachweisen. Hierzu bedarf es der Röntgenuntersuchung, MRT oder auch Arthroskopie, evtl. mit histologischer Untersuchung.

Radiologische Untersuchungstechniken

Abb. 4
figure 4

Osteochondrale Frakturen am Talus (a) und im Kniegelenk (b), freies Fragment (Pfeil) oft einziger Hinweis auf eine osteochondrale Fraktur; Fragment“bett“ nicht regelhaft erkennbar

Röntgen

Die indirekte Beurteilung des Knorpelschadens mittels Nativröntgenbild ist weiterhin ein wesentliches Element klinischer Praxis. Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten, subchondrale Erosionen und Sklerosen, Fehlstellungen und Verformungen der Gelenksockel sowie Vakuumphänome können Folgen eines Knorpelschadens sein und röntgenologisch sichtbar gemacht werden. Die Diagnose einer Aussprengung eines Knorpel-Knochen-Stücks, der osteochondralen Fraktur, gelingt mittels Röntgenbild in einer Vielzahl der Fälle (Abb. 4).

Computertomographie

Sie benutzt ebenfalls den Röntgenstrahl zur Bilderzeugung. Die heute übliche Volumenaquisition (Mehrschichttechnik) erlaubt die Berechnung der Schichten in allen Ebenen. Knochen können zudem dreidimensional dargestellt werden.

Die Computertomographie hat als Schnittbildverfahren (mit einer Schichtdicke bis 0,4 mm) große Vorteile gegenüber dem röntgenologischen Summationsbild bei der Aufdeckung der oben beschriebenen Röntgenzeichen. Die Wertung der CT-Befunde basiert auf den gleichen Prinzipien, wie sie für die Röntgenologie entwickelt wurden. Neu ist die Kombination der hoch auflösenden Computertomographie mit der Arthrographie, die exzellente Resultate zur Beurteilung des Knorpels nicht nur am Kniegelenk liefert [80, 86] (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

CT-Arthrographie des Handgelenks bei Ulnaminusvariante, Beispiel einer hoch auflösenden Darstellung der Knorpeldicke in koronarer (a) und sagittaler (b) Ebene, Knorpel zwischen Radius und Os scaphoideum harmonisch verdünnt, leicht sklerosierter subchondraler Knochen

Tab. 2 Stadieneinteilung der Arthrose im Röntgenbild. (Nach [50])
Tab. 3 Röntgenologische Bestimmung des Schweregrads der Arthrose. (Nach [25])

Röntgenologische Klassifikationen

Zur Beurteilung des Schweregrads von arthrotischen Knorpelschäden und seiner Folgen am Knochen liegt eine Vielzahl von röntgenologischen Klassifikationen vor. Sie basieren grundsätzlich auf der Einteilung von Kellgren u. Lawrence (Tab. 2, [50]). Mit zunehmenden Erfahrungen wurden leichte Modifikationen nötig (Tab. 3, [25]). Einzelnen Gelenken wurden eigene Klassifikationen zugeordnet (im deutschsprachigen Raum u. a. von Jäger u. Wirth [47], Sperner et al. [82]). Einen wertvollen Referenzatlas für einzelne Gelenke legten Altman et al. [2] vor. Vergleichsstudien mit der Arthroskopie ergaben, dass röntgenologisch sichtbare Arthrosezeichen den Knorpelschaden nur unzureichend erfassen, da die Diagnose auf den knöchernen Spätfolgen basiert [79]. Auch die röntgenologisch fassbare Gelenkspaltweite, selbst bei Aufnahmen im Stehen, ist ein unsicheres Zeichen und unterschätzt den Knorpelschaden [1].

Resümee

Die Bedeutung der Projektionsradiographie oder der Computertomographie im Rahmen der Begutachtung des Knorpelschadens liegt insbesondere in der Feststellung des Arthrosestadiums zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens. Veränderungen der Arthrose im zeitlichen Verlauf oder eine Arthroseentwicklung bei unauffälligem Primärbild sind ebenfalls wichtige Hinweise auf einen traumatischen Knorpelschaden.

Magnetresonanztomographie (MRT)

Sie beinhaltet eine neue Qualität der nichtinvasiven direkten Beurteilung des Knorpels. Mit keiner anderen Methode können zudem Knorpel, subchondrale Grenzlamelle und der angrenzende Knochenmarkraum gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Der subchondrale Knochenmarkraum steht in enger anatomischer Beziehung zum Knorpel und kann für die Bewertung von traumatischen Knorpelschäden herangezogen werden [8].

Die enormen Fortschritte bei der Quantifizierung von Knorpelschäden in den letzten Jahren sind beeindruckend [23, 36, 74]. Die MRT ist inzwischen ein anerkanntes Instrument der Arthroseforschung. Sie löst zunehmend die Röntgenaufnahme zur Bewertung Arthrose modifizierender Medikamente ab, da sie alle Strukturen eines Gelenks, einschließlich der Synovialis, erfassen kann [71].

Neuere Studien zur MRT bei Arthrose des Kniegelenkes belegten:

  • Eine semiquantitative Bewertung des Knorpels zeigt eine für die klinische Forschung ausreichende Verlässlichkeit, Spezifität und Sensitivität.

  • Das Fortschreiten von Knorpelläsionen lässt sich in einer akzeptablen Beobachtungszeit (1–2 Jahre) detektieren.

  • Auch eine quantitative Beurteilung der Knorpelmorphologie (z. B. des Knorpelvolumens) ist mit moderner MR-Technologie und Bildverarbeitungstechniken mit hoher Genauigkeit möglich (Übersicht bei [22]).

Es ist jedoch festzuhalten, dass die guten Ergebnisse bei der Beurteilung des Knorpels von einer optimalen Technik abhängig sind [21, 22, 36, 75]. Der zunehmende Einsatz von Hochfeldscannern mit 3,0 T lässt weitere Verbesserungen, speziell beim Signal-Rausch-Verhältnis, erwarten [22].

Abb. 6
figure 6

Stand der MRT-Knorpeldarstellung am Kniegelenk, Normalbefund unter Routinebedingungen in 3 Ebenen (a–c), protonengewichtete, fettgesättigte Spinechosequenz mit „grauer“ Knorpelschicht, minimaler Erguss (hell) führt zu arthrographischem Effekt

Abb. 7
figure 7

Arthro-MRT am Hüftgelenk, verschmälerter Knorpel bei Chondropathie femoral und azetabulär in der Druckbelastungszone (a), breitflächige Verdünnung, femoral besonders in sagittaler Ebene (b) abgebildet, Kontrastmittel: verdünnte Gadoliniumlösung (weiß)

2 Dinge sind bei der Bewertung der MRT zu beachten:

  1. 1.

    Die meisten Studien, die zu einer zu Recht optimistischen Bewertung der MRT bei der Beurteilung des Knorpels geführt haben, beziehen sich auf das Kniegelenk mit einer im Normalzustand kräftigen Knorpeldicke (Abb. 6). Andere Gelenke, speziell Handgelenk, Ellenbogen, Hüftgelenk und OSG lassen sich wesentlich schlechter darstellen. Um in den Letztgenannten Treffsicherheiten der Knorpelbeurteilung zwischen 80% und 90% zu erzielen, ist die Zusammenführung der MRT mit einer Arthrographie notwendig (Abb. 7).

  2. 2.

    Die inzwischen exzellenten Ergebnisse der Knorpelbeurteilung im Rahmen epidemiologischer und pharmakologischer Langzeitstudien sind ohne eine auf den Knorpel fokussierte, teilweise langwierige Untersuchung nicht denkbar. Diese Ergebnisse im Rahmen der klinischen Routine zu erwarten, wäre realitätsfern. In der klinischen Routine wird bei MRT-Anforderungen selten spezifisch nach dem Knorpelstatus gefragt, stattdessen stehen allgemeine Schmerzabklärung, Traumafolgen an Menisken, Ligamenten, Bändern oder die Beurteilung rheumatoider Krankheitsbilder im Vordergrund. Der Knorpel wird dabei zwar „mit“ dargestellt und beurteilt, kann aber – aus Zeitgründen – nicht umfassend untersucht werden. Daraus erklärt sich, dass es meist bei der Diagnose schwerer Knorpelschäden (Stadium 3 und 4) bleibt. Manche Diskrepanz zu Arthroskopiebefunden lässt sich damit erklären.

Wenn heute im Zusammenhang mit Knorpelschäden allgemein, insbesondere jedoch bei den traumatischen Knorpelschäden (Abb. 8), die Sinnhaftigkeit einer MRT diskutiert wird, fällt der Begriff des Knochenmarködems im Allgemeinen, und speziell des traumatischen Knochenmarködems. Letzterer ist mit dem amerikanischen/englischen Ausdruck „bone bruise“ (bruise: „Abschürfung“) gleichzusetzen. Im deutschen und englischen Sprachraum findet sich auch der Begriff „Knochenkontusion“ („bone contusion“), der dem traumatischen Knochenödem vorbehalten ist und mit diesem äquivalent gebraucht wird. Gesichertes Wissen zu dieser Veränderung ist:

  • Das Knochen(mark)ödem kann nur mittels MRT nichtinvasiv diagnostiziert werden (Abb. 9).

  • Das Knochenödem ist ein unspezifischer Befund. Er ist eine generelle Antwort des Körpers. Es kommt u. a. peritumoral, im Rahmen von Entzündungen, als Begleitphänomen einer lang bestehenden Arthrose [91] und als Antwort auf ein Trauma des Knochens und/oder der Gelenke vor.

  • Knochenkontusionen bzw. traumatische Knochenödeme in der MRT sind histologisch der Mischung aus trabukulärer Mikrofraktur, Ödem, Blutung und kleinen Nekrosezonen zuzuordnen [73].

  • Knochenödeme, die einem Trauma sicher zugeordnet werden können, persistieren nur in ganz seltenen Fällen. Sie zeigen unter (Entlastungs-)Therapie mit der Zeit eine Regredienz. Traumatische Knochenödeme verschwinden, in Abhängigkeit von der Ausgangsgröße, dem Ausmaß des Traumas und der Konsequenz der Therapie in der Mehrzahl der Fälle nach 1–6 Monaten. Nur in ganz wenigen Fällen beantsprucht dieser Prozess Jahre [10, 17, 20, 37, 57, 60].

  • Von einer Tendenz zur Verkleinerung kann bei posttraumatischen Ödemen in einem Zeitraum von 1–6 Monaten auf jeden Fall ausgegangen werden. Ausnahmen bilden vorbestehende arthrotische Knorpelschäden, die ein sehr variables Bild zeigen und die Befundung sowie die Bewertung erschweren.

  • Subchondrale Knochenödeme entwickeln sich nur in Ausnahmefällen zu einer Osteonekrose. Dies wurde nur vereinzelt bei Sportlern mit insuffizienter Therapie beobachtet [76].

  • Der Nachweis eines traumatischen Knochenödems ist bei jüngeren Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose mehrheitlich nicht mit einem makroskopisch (MRT bzw. Arthroskopie) sichtbaren Knorpelschaden vergesellschaftet [87].

  • Die klinische Beobachtung belegt, dass sich ein Trauma an der Gelenkfläche primär als subchondrales Knochenödem manifestieren und sich erst sekundär – nach Monaten – ein Knorpelschaden entwickeln können. Dieser wird dann MR-tomographisch oder arthroskopisch diagnostiziert [87]. Diese Beobachtung ist inzwischen auch tierexperimentell untermauert [53, 64]. Von einer traumatischen Knorpelschädigung kann dann ausgegangen werden, wenn in der Akutsituation (0–6 Wochen nach dem Unfall) ein subchondrales Knochenödem ohne sichtbare Knorpelschädigung mittels MRT nachzuweisen ist und in der Folgeuntersuchung (frühestens 3 Monate nach der Erstuntersuchung) ein neuer Knorpelschaden unter oder in der Nähe des Ödems aufgetreten ist. Das vorbeschriebene Knochenödem wird häufig trotzdem kleiner. In der Begutachtungssituation ist leider selten davon auszugehen, dass 2 gut dokumentierte MRT-Untersuchungen (direkt nach dem Unfall und mindestens 3–6 Monate nach der Erst-MRT) vorliegen. Der Nachweis von Knorpelschäden und Knochenmarködemen gelingt jedoch auch Monate später. Ob der Knorpelschaden direkt während des Traumas oder Monate nach demselben entstanden ist, ist gutachterlich meist unerheblich. Der direkte Zusammenhang von Knorpelschäden, Knochenödem, fehlenden Arthrosezeichen und stattgehabtem Trauma belegt die unfallbedingten Knorpelschäden (Abb. 10).

  • Das Knochenödem kann manchmal bei akuten Knorpelverletzungen fehlen. Begründet ist dies möglicherweise in der Form der Krafteinwirkung, die zu scharfkantig ausgesprengten Knorpelstücken oder zu schräg oder horizontal verlaufenden Einrissen („flakes“) führen kann. Diese Knorpelverletzungen sind jedoch MR-tomographisch direkt sichtbar zu machen. Sie lassen sich von arthrotischen Knorpelschäden morphologisch gut unterscheiden [8] (Abb. 11).

Die Diagnostik akuter traumatischer Schädigungen der Gelenkfläche sollte den subchondralen Knochenraum verstärkt mit einbeziehen. Es ist inzwischen gesichertes Wissen, dass dieser funktionell und anatomisch mit der subchondralen Knochenlamelle und dem Knorpel eine Einheit bildet [72]. Die MRT ist in der Lage, diese Einheit diagnostisch zu bewerten. Die Klassifikation des akuten Gelenkflächentraumas sollte sich deswegen auf diese Einheit beziehen und sich nicht allein auf den Knorpel beschränken (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Einteilung der traumatischen Schäden der Gelenkfläche

Abb. 9
figure 9

Helles Knochenödem nach Trauma mit Weichteil- und Bandödemen

Abb. 10
figure 10

Arbeitsunfall vor 6 Monaten, Sturz vom Kran, seitdem persistierende Schmerzen im Sprunggelenk, posttraumatisches Röntgen unauffällig, jetzt MRT zur Begutachtung: Nachweis des kleinen Knochenödems mit kleinem Knorpelschaden (horizontaler weißer Strich) direkt über der medialen Talusrolle

Abb. 11
figure 11

Isolierte Knorpelverletzungen am Kniegelenk nach Trauma, Erguss (weiß) erlaubt arthrographische Darstellung des rein chondralen Schadens ohne begleitendes Knochenödem, a koronar, b sagittal

Arthroskopie

Sie ist die derzeit aussagekräftigste Methode zur Beurteilung eines Knorpelschadens, sofern schon primär die Knorpeloberfläche betroffen ist. Das heißt allerdings nicht, dass die Arthroskopie allein zeitneutral einen traumatisch von einem nichttraumatisch bedingten Knorpelschaden unterscheiden kann. Die Differenzierung des Knorpelschadens hinsichtlich traumatisch vs. nichttraumatisch ist an den Zeitpunkt der Arthroskopie geknüpft. In den ersten 6–12 Wochen ist sie in der Mehrzahl der Fälle als möglich anzusehen.

Es gibt verschiedene Klassifikationen bezüglich der arthroskopischen Einteilung von Knorpelschäden [6, 32, 34, 43, 59, 70]. Sie beziehen sich entweder auf die Ausdehnung (numerische Einteilung) oder das Aussehen des Knorpelschadens (deskriptive Einteilung). Eine ätiologische Unterteilung erfolgt nicht.

Die Einteilung traumatischer Knorpelschäden nahmen u. a. Kehr u. Hierholzer [49] und Morscher [63] vor. Diese Klassifikationen sind in der Aussage vergleichbar. Eine aktuellere Einteilung der Knorpelverletzungen findet sich bei Jakob u. Gautier [48] mit der Unterscheidung von isolierten und kombinierten Schäden. Weitere Einteilungen berücksichtigen klinische Gesichtspunkte [41] und kombinieren sowohl die optische Betrachtung der Knorpeloberfläche als auch die Befunde des Röntgenbilds bzw. der Magnetresonanztomographie (Abb. 12).

Abb. 12
figure 12

Klinische Einteilung der Knorpelverletzungen. (Aus [42]), Röntgenbild, CT Computertomographie (ohne Arthrographie), MRT Magnetresonanztomographie (unter diagnostischen Routinebedingungen), AS Arthroskopie

Die Arthroskopie ist die derzeit exakteste Methode zur Beurteilung der oberflächlichen Knorpelschichten. Wie bei anderen diagnostischen Methoden auch, behindert eine große Interobservervarianz bei der Knorpelbeurteilung die gutachterliche Verwendung von Arthroskopiebefunden und belegt die Notwendigkeit einer bildlichen Dokumentation.

Entscheidungskriterien akute vs. chronische Knorpelschäden

Die Unterscheidung des traumatischen vom nichttraumatischen Knorpelschaden ist an mehrere Faktoren gebunden. Nur wenn ein Unfallereignis vorliegt, kann eine Verletzung angenommen werden. Das Ereignis muss aber auch geeignet sein, eine solche zu verursachen. Trifft dies zu, bedarf es der Unterscheidung zwischen einer isolierten Knorpelverletzung und einer Knorpelverletzung als Begleitverletzung (s. „Knorpelverletzung“).

Wirkt die Kraft indirekt ein, ist die Knorpelverletzung Begleitphänomen. Verletzungen von Weichteilen, Bändern oder Kapseln müssen vorliegen, da sonst eine adäquate Beweglichkeit der Gelenkanteile gegeneinander nicht erklärt werden kann (Abb. 9). Diese sind mittels MRT oder klinisch zu erfassen. Die MRT diagnostiziert wie die Arthroskopie auch chondrale bzw. osteochondrale Impressionsfrakturen, Ab- und Aussprengungen (Abb. 8). Bei osteochondralen Frakturen gilt dies auch für das Röntgennativbild und die CT. Es ist zu beachten, dass bei alleinigen chondralen Frakturen das Knochenmarködem unterhalb dieser Verletzung gering ausgeprägt sein oder gar fehlen kann (Abb. 11).

Bei der direkten Krafteinwirkung ist die Annahme einer Knorpelschädigung an den Nachweis einer unter der Verletzung liegenden Knochenkontusion (Knochenödem) gebunden, der allein mittels MRT gelingt.

Das häufige Problem in der täglichen Begutachtungspraxis stellt die Abgrenzung akuter bei gleichzeitig bestehenden, chronischen Knorpelschäden (Arthrose) dar. Dazu gilt es, primär durch eine sorgfältige Anamnese, durch Einbeziehung aller vorliegenden Unterlagen, insbesondere durch Kontaktierung vorbehandelnder Ärzte und durch die klinische Untersuchung, Informationen zu gewinnen, die Hinweise auf vorbestehende Gelenkbelastungen und -schäden geben können. Von Bedeutung sind:

  • Instabilitäten [46]

  • Meniskusschäden [14]

  • Zustand nach Meniskektomie [67, 77, 78]

  • Immobilisation [19]

  • Übergewicht [15, 40, 54, 58, 69, 83, 84]

  • O- und X-Beine [38, 39]

  • Osteochondrosis dissecans [12]

  • Arthritiden [61]

  • Sport [18, 52, 54, 58, 65, 77]

Die Einbeziehung der bildgebenden Diagnostik (Röntgen, CT, MRT) und der direkten optischen Sicht mittels Arthroskopie sind die Standpfeiler einer Begutachtung, die dem wirklichen Ablauf des traumatischen Geschehens nach dem Trauma so nah wie möglich kommt. Die bildgebende Diagnostik hält den Zustand zum Zeitpunkt der Untersuchung fest. Sie erlaubt (semi)quantitative Aussagen und liefert, insbesondere durch die Verlaufsbeurteilung, essenzielle Hinweise. Der „Verlauf“ bezieht sich dabei nicht nur auf den Vergleich peritraumatischer mit späteren Aufnahmen. Essenziell sind auch Voraufnahmen, die mit Akribie herbeigeschafft werden müssen.

Radiologie

Röntgenaufnahmen der Gelenke und die CT erlauben den Nachweis von unfallbedingten „frischen“, aber auch stattgehabten Frakturen. Von besonderem Wert sind beide Methoden auch zum Nachweis arthrotischer Schäden zum Zeitpunkt des Traumas [90]. Auch die Entwicklung von Arthrosen bei in dieser Hinsicht unauffälligen Befunden zum Zeitpunkt des Traumas kann sehr hilfreich sein. Watt u. Doherty [90] wiesen allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die zeitliche Entwicklung einer Arthrose einer großen Schwankungsbreite in Abhängigkeit von der individuellen genetischen Disposition und dem betroffenen Gelenk unterliegt. Die Mehrzahl der Patienten mit Arthrose zeigt im Röntgenbild einen langsamen Verlauf über Jahre. Die Krankheitsaktivität kann sich allerdings auch episodisch mit einer Verschlechterung im Verlauf von Monaten, gefolgt von einer langen stabilen Phase, manifestieren. Kleinere Gelenke zeigen generell eine schnellere Progression der Erkrankung als große.

Magnetresonanztomographie

Sie hat sich zum zentralen, nichtinvasiven Diagnostikum bei der Begutachtung von Knorpelverletzungen und -schäden entwickelt (s. oben). Liegen zur Begutachtung kurz oder Wochen nach dem Trauma angefertigte MRT-Untersuchungen vor, gelingt es, den komplexen Binnenschaden (insbesondere am Kniegelenk), aber auch ligamentäre Verletzungen, chondrale und osteochondrale Frakturen sowie Labrumverletzungen in anderen Gelenken mit hoher Sicherheit zu diagnostizieren bzw. auszuschließen [85].

MRT-Untersuchungen Monate nach dem Trauma können ebenfalls noch Knochenveränderungen (alte chondrale, osteochondrale Frakturen), ligamentäre Verletzungen sowie Meniskus- und Labrumschäden entdecken. Allerdings wird ihre zeitliche Zuordnung immer schwieriger.

Die MRT ist eine ausgezeichnete Methode zur Darstellung von Arthrosen, da sie als Schnittbildverfahren die osteophytären Reaktionen, den Knorpelschaden selbst, die eventuelle Synovialitis exzellent und semiquantitativ dokumentiert [71]. Sie ist der Röntgenaufnahme bei der Bearbeitung der Arthrose eindeutig überlegen. Allerdings sollte bei der Begutachtung der zeitliche Abstand zum Trauma mit großer Sorgfalt individuell bewertet werden. Liegen z. B. 9 Monate nach dem Trauma in einer MRT-Untersuchung multiple Osteophyten, Knorpelschäden bis zum subchondralen Knochen, Geröllzysten und Ähnliches vor, muss bei dieser Ausprägung eine zum Zeitpunkt des Traumas bereits vorbestehende Arthrose angenommen werden. Dieselben Befunde sind z. B. 18 Monate nach dem Trauma schwieriger einzuordnen, sofern keine relevanten Voraufnahmen vorliegen, die eine Klärung durch den Verlauf bringen.

Arthroskopie

Sie gilt als „Goldstandard“ zur Beurteilung des Knorpelschadens, insbesondere der Frühformen der Arthrose [68]. Unter Routinebedingungen ist sie auch heute noch der MRT überlegen, da sie andere Kriterien (Farbe, Konsistenz) einsetzt. Im Rahmen des Traumas sind ihre wesentlichen diagnostischen Indikationen heute der blutige Erguss, der mittels MRT nicht erklärt werden kann. Auch zweifelhafte, unklare Befunde [z. B. (osteo)chondrale Frakturen an gekrümmten Gelenkflächen] in der MRT und gleichzeitige Hämarthrosen sollten den unterstützenden Einsatz der Arthroskopie indizieren. Wie oben beschrieben, gelingt in den ersten 6–12 Wochen nach dem Trauma auch die Differenzierung akuter vs. chronischer Schäden in der Mehrzahl der Fälle.

Das isolierte Knorpelproblem

Die Komplexverletzungen bzw. typischen Verletzungen werden in aller Regel diagnostiziert und sind auch für die Begutachtung ohne Problem. Die Diskussionspunkte resultieren aus dem möglicherweise isolierten Knorpelschaden, d. h. der Prellung oder Kontusion mit/oder ohne Erguss. Zur Verfügung stehen an diagnostischen Maßnahmen neben Anamnese, Unfallmechanismus und klinischem Befund v. a. die Magnetresonanztomographie und die Arthroskopie. Der Einsatz dieser Maßnahmen sollte sobald wie möglich erfolgen, da nach 6–12 Wochen die frische Verletzung nicht mehr sicher als solche erkannt wird.

Wird nach einem Trauma ein Knochenödem mit oder ohne Knorpelschaden festgestellt, sollte eine MRT-Kontrolle etwa 6 Monate nach dem Ereignis vorgenommen werden, sofern die Primäruntersuchung keine eindeutigen Befunde ergeben hat. Der Verlauf erbringt meist den Beweis, da traumatische Knochenödeme („bone bruise“) sich nach diesem Zeitraum in Abheilung befinden. Liegen diese Signalveränderungen unverändert auch nach diesem Zeitraum noch vor, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bereits zum Unfallzeitpunkt aufgrund eines vorbestehenden Knorpelschadens eine subchondrale, magnetresonanztomographisch nachweisbare Veränderung, dann unfallunabhängig, bestanden hat. Problematisch im Einzelfall ist diese Bewertung, wenn eine nicht adäquate Behandlung eines Knorpelschadens zustande gekommen ist. Nach einem Trauma kann ein Knochenödem wesentlich länger bei fortwährender Belastung des Gelenks bestehen bleiben, da im Einzelfall, speziell bei Hochleistungssportlern, unter Belastung weitere Einbrüche die Folge sein können, bis hin zu einem irreversiblen Schaden [55, 87].

Zusammenhangsbegutachtung

Mit Abschluss des Längenwachstums ist von einem mechanischen Abbau des Knorpels auszugehen, d. h. chondrale Schäden werden mit zunehmendem Alter wahrscheinlicher. Kommt ein Unfall hinzu, überlagern sich verschleißbedingte mechanische Schäden mit den traumatisch bedingten Veränderungen. Knorpelschäden müssen von Knorpelverletzungen abgegrenzt werden. Dies gelingt nur durch Beurteilung des Knorpelschadens mit Zusammensetzen vieler Einzeldaten aus verschiedenen diagnostischen Verfahren (synergistische Gelenkdiagnostik). Entscheidend für die Unterscheidung des traumatischen vom nichttraumatischen Knorpelschaden sind mehrere Faktoren.

Die Voraussetzung für das Anerkennen eines Knorpelschadens als Verletzung bzw. Verletzungsfolge ist ein geeigneter Unfallmechanismus. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob eine isolierte Knorpelverletzung oder eine solche als Begleitverletzung gesucht wird.

Abb. 13
figure 13

Bewertung verschiedener diagnostischer Verfahren zur Beurteilung des Knorpels. (x aus [5], xx aus [6], xxx aus [8])

Generell setzen Verletzungen, die einen traumatischen Knorpelschaden verursachen können, eine bestimmte Einwirkkraft voraus, die dann, bevor der Knorpelschaden entsteht, auch zu einer Schädigung anderer periartikulärer Weichteile führt. Isolierte Knorpelverletzungen sind denkbar selten. Knorpelverletzungen enden nach einer bestimmten Zeit im gleichen Bild des Knorpelschadens wie nach nichtunfallbedingten Ursachen, daher ist der Zeitfaktor zu berücksichtigen.

Für die Knorpeldiagnostik (Abb. 13) eignen sich die Arthroskopie, die MRT und das herkömmliche Röntgenbild (im Einzelfall ergänzt durch die CT), wobei die Aussagekraft der genannten Methoden vom Schweregrad des Knorpelschadens abhängt. Derzeit steht fest, dass das Initialstadium von keiner Maßnahme sicher erfasst wird. Das Stadium der Erweichung kann arthroskopisch erkannt werden. Im fortgeschrittenen Stadium sind unter Routinebedingungen (s. oben) sowohl MRT als auch Arthroskopie diagnostisch verwertbar. Das Stadium der Knochenreaktion bei der Arthrose ist mit allen Verfahren feststellbar, auch mit dem Nativröntgenbild. Der fortgeschrittene Gelenkkollaps ist in aller Regel diagnostisch kein Problem. Zur Abgrenzung des traumatischen vom nichttraumatischen Knorpelschaden bedarf es einer magnetresonanztomographischen Untersuchung, da wegen der unterschiedlichen Elastizität der hyalinen Knorpelschicht und des subchondralen Knochens bei nahezu jeder Krafteinwirkung auf den Knorpel, bevor dieser geschädigt werden kann, ein subchondrales Knochenmarködem entsteht. Dies ist als trabekuläre Fraktur mit Einblutung und Ödembildung definiert. Traumatische Knochenödeme bilden sich zurück, wogegen Knochenödeme, die aufgrund des fortgeschrittenen nichttraumatischen Knorpelschadens (Arthrose) entstehen, eher eine generelle Tendenz – bei aller intraindividuellen Variabilität – zur Progredienz haben.