1 Motivation

Experten nehmen an, dass autonomes Fahren die Schlüsseltechnologie für unser zukünftiges Transportsystem ist. Ein großer Vorteil beim autonomen Fahren ist, dass die Fahrgäste während der Fahrt anderen Tätigkeiten nachgehen können. Allerdings haben Studien gezeigt, dass das Auftreten von Kinetose (Bewegungskrankheit) beim autonomen Fahren signifikant höher ist als beim konventionellen Fahren und dass jeder zehnte Fahrgast oft bis immer unter leichter bis starker Kinetosen leiden wird [15]. Dies kann dazu führen, dass die neue Technologie nur langsam akzeptiert oder sogar abgelehnt wird. Folglich ist es wichtig, dass Maßnahmen ergriffen werden, um das Auftreten von Bewegungskrankheit beim autonomen Fahren zu minimieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass zukünftig auch längere Fahrten in Kauf genommen werden, da Fahren nicht mehr länger als Zeitverlust wahrgenommen wird [8]. Die zunehmende Einwirkungsdauer der Schwingungen führt zu einer höheren Belastung der Fahrgäste [17].

Da vor allem vertikaldynamische Schwingungen, also Huben, in einem niedrigen Frequenzbereich von 0,1 Hz bis ca. 1 Hz als besonders störend wahrgenommen werden und Kinetose verursachen, können geregelte semi-aktive oder aktive Feder-Dämpfer-Systeme eine Abhilfe schaffen [18]. Dies könnte zu einer Renaissance von aktiven Systemen führen und Möglichkeiten für neue Technologien bieten. Im Gegensatz zu passiven oder semi-aktiven Systemen haben aktive Systeme einen flexiblen Arbeitsbereich und können daher auf Unsicherheit, beispielsweise eine plötzlich veränderte Anregung oder variierende Systemparameter, reagieren. Des Weiteren können aktive Systeme einfederungsunabhängig Zug- und Druckkräfte stellen und somit Schwingungen mindern [9]. Dieser Ansatz könnte zu einer Diversifizierung des Fahrzeugmarkts führen. Zum einen wird es teure, komfort-orientierte und hochtechnisierte Fahrzeuge, die als rollende Büros oder Wohnzimmer dienen und maximalen Fahrkomfort bieten, geben. Zum anderen werden preiswerte Zweckfahrzeuge, die den Anforderungen für den Transportdienst gerecht werden, aber eher wie kleine Stadtbusse sind und weder emotionale Anziehungskraft besitzen noch hohen Komfortansprüchen genügen, eingesetzt werden [18]. Stand der Technik bei aktiven Systemen ist das Magic Body Control von Daimler [3]. Bei diesem System wird ein Hydraulikzylinder, der mit einer Stahlfeder in Reihe geschaltet ist, als Aktor genutzt. Die verhältnismäßig harte Stahlfeder wirkt sich bei höherfrequenten Anregungen und beim passiven Betrieb negativ auf den Fahrkomfort auf. Ein weiterer Nachteil ist, dass die bei Zugbelastung abgegebene Energie ungenutzt als Wärmeenergie in den Tank fließt.

2 Die aktive Luftfeder der TU Darmstadt

Die aktive Luftfeder ist ein aktives Federelement auf Basis einer Luftfeder, das die oben angeführten Vorteile eines aktiven Systems mit denen einer Luftfeder vereint. Die Axialkraft einer Luftfeder ergibt sich aus dem Produkt der tragenden (druckeffektiven) Fläche \(A_{\text{T}}\) und der Druckdifferenz zwischen dem Innendruck der Luftfeder \(p\) und dem Umgebungsdruck \(p_{\text{u}}\) zu

$$F=(p-p_{\text{u}})A_{\text{T}}\;.$$
(1)

Um unterschiedliche Ansätze zur Anpassung der Axialkraft der Luftfeder zu zeigen, wird Gl. (1) abgeleitet [2, 4]. Dies führt zu

$${\text{d}}F=A_{\text{T}}\mathrm{d}p+(p-p_{\text{u}})\mathrm{d}A_{\text{T}}$$
$$\approx\bigg(\frac{n_{\text{P}}p_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{V_{\text{0}}}\frac{\partial V}{\partial z}+p_{\text{0}}\frac{\partial A_{\text{T,0}}}{\partial z}\bigg)\mathrm{d}z$$
$$+\bigg(\frac{-n_{\text{P}}p_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{V_{\text{0}}}\frac{\partial V}{\partial t}+p_{\text{0}}\frac{\partial A_{\text{T}}}{\partial t}\bigg)\mathrm{d}t$$
$$+\frac{p_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{T_{\text{0}}}\mathrm{d}T+\frac{p_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{m_{\text{0}}}\mathrm{d}m$$
(2)

mit dem Polytropenexponent \(n_{\text{P}}\), dem Volumen der Luftfeder \(V\), der Einfederung \(z\), der Masse der Luft in der Luftfeder \(m\) und deren Temperatur \(T\), wobei alle Größe im Arbeitspunkt mit dem Index 0 gekennzeichnet sind. Der erste Summand auf der rechten Seite von Gl. (2) beschreibt die Kraftänderung aufgrund der Einfederung der Luftfeder, der zweite aufgrund der zeitlichen Veränderung des Volumens und der Tragfläche, der dritte den Einfluss der Temperaturänderung und der letzte den der Änderung der Luftmasse. Eine Linearisierung von Gl. (2) für die Konstruktionslage der Luftfeder (Einfederung \(z_{\text{0}}=0\)) und die Annahme einer adiabaten Zustandsänderung (\(n_{\text{P}}=\gamma\), mit dem Isentropenexponent \(\gamma\)) führt zu der resultierenden Axialkraft

$$F=F_{\text{0}}+c_{\text{0}}z+\Delta F$$
$$=F_{\text{0}}+c_{\text{0}}z+\frac{p_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{m_{\text{0}}}\Delta m-\frac{np_{\text{0}}A_{\text{T,0}}}{V_{\text{0}}}\Delta V+p_{\text{0}}\Delta A_{T}\;,$$
(3)

mit der Luftfedersteifigkeit \(c=\gamma p_{\text{0}}A_{\text{V0}}A_{\text{T0}}/V_{\text{0}}\) für den Fall eines Abrollkolbens ohne Konturierung und der Verdrängerfläche der Luftfeder \(A_{\text{V0}}=-\mathrm{d}V/\mathrm{d}z\bigr|_{0}\). Folglich handelt es sich bei der aktiven Luftfeder um ein teiltragendes System. Gl. (3) zeigt drei Möglichkeiten zur Verstellung der Axialkraft unabhängig von der Einfederung auf: (i) eine Anpassung der Luftmasse \(m\), (ii) eine Anpassung des Luftfedervolumens \(V\) oder (iii) eine Anpassung der Tragfläche \(A_{\text{T}}\). Die typischen Stellfrequenzen zur Beeinflussung des Aufbaus betragen bis zu ca. 5 Hz, für die Beeinflussung des Rads sind sogar Stellfrequenzen von bis zu 30 Hz notwendig, [3, 9]. Aufgrund der Kompressibilität der Luft ist eine Adaption der Luftmasse oder eine Anpassung des Volumens in diesen Frequenzbereichen technisch schwierig realisierbar und der einzig technisch sinnvolle Ansatz ist die Verstellung der Tragfläche der Luftfeder. Die Tragfläche einer Luftfeder mit Außenführung ist

$$A_{\text{T}}\approx\frac{\mathrm{\pi}}{4}(r_{\text{K}}+r_{\text{A}})^{2}\;,$$
(4)

wobei \(r_{\text{K}}\) der Abrollkolbenradius und \(r_{\text{A}}\) der Außenradius der Luftfeder ist. Die Änderung der Tragfläche kann über eine Verstellung des Abrollkolbenradius der Luftfeder erfolgen [2]. Hierfür wurde ein Luftfederabrollkolben entwickelt, dessen Radius mit vier über den Umfang verteilten Segmenten hydraulisch verstellt werden kann [5, 6], Abb. 1. Eine Verstellung des Abrollradius hat direkt eine Veränderung der tragenden Fläche der Luftfeder zur Folge.

Abb. 1
figure 1

Der Luftfederabrollkolben mit hydraulisch verstellbarem Kolbendradius \(r_{\text{K}}\), (1) ist der hydraulische Anschluss, (2) die verfahrbaren Segmente, (3) der Luftfederrollbalg und (4) die Luftfederaußenführung

Abb. 2
figure 2

Die aktive Luftfeder mit zwei hydraulisch verstellbaren Abrollkolben, mit (1) und (2) beschriftet

Tab. 1 Kenndaten der aktiven Luftfeder, alle den oberen Abrollkolben betreffenden Größen sind mit dem Index 1 bezeichnet, die für den unteren mit 2

Durch die Verwendung einer Doppelbalgluftfeder mit einer kreisringförmigen Tragfläche

$$A_{\text{T}}=A_{\text{T1}}-A_{\text{T2}}$$
(5)

können bereits mit kleinen Änderungen der Abrollkolbenradien große relative Flächenänderungen erreicht werden, wenn beide Abrollkolben aktiv verstellbar ausgeführt werden. Hierfür werden die Aktoren im oberen und im unteren Kolben gegenläufig verfahren. Durch dieses gegenläufige Verfahren können die Stellkraft vergrößert und die benötigte Stellleistung für die Aktoren verkleinert werden, da nur Differenzkräfte gestellt werden müssen. Bisher sind keine ähnlichen Technologien bekannt. Die Luftfeder von Meritor [12] beispielsweise kann keine definierten Axialkräfte stellen.

Um die Funktionsfähigkeit der aktiven Luftfeder zu zeigen und diese experimentell zu untersuchen, wurde ein Demonstrator, bestehend aus der Luftfeder mit zwei hydraulisch verstellbaren Abrollkolben (Abb. 2), der hydraulischen Ansteuerung der Aktoren, der hydraulischen Leistungsversorgung und der Regelung aufgebaut. Die wichtigsten Kenndaten des Demonstrators sind in Tab. 1 aufgelistet.

3 Modellbasierter Fahrwerksreglerentwurf

Die verbleibenden Abschnitte befassen sich mit der Frage der Auslegung des vorgestellten Aktors, damit dieser sinnvoll als Bestandteil eines aktiven Fahrwerksystems verwendet werden kann, bzw. ob der reale Prototyp für diese Aufgabe geeignet ist.

Um den Aktor in einem aktiven Fahrwerk zu verwenden, ist eine entsprechende Regelung erforderlich. Eine gute Übersicht zu der Regelung eines aktiven Fahrwerks ist beispielsweise in [16, 9] zu finden. Der Schwerpunkt der folgenden Betrachtungen liegt auf der grundsätzlichen Bewertung des vorgestellten Aktorkonzepts in Hinblick auf den Einsatz in einer Fahrwerksregelung. Dazu wird sich auf die Betrachtung linearer Regelungen beschränkt, da es in diesem Fall möglich ist, die erreichbaren Regelgüten zu berechnen bzw. numerisch zu bestimmen, ohne dass dazu Simulationen notwendig sind. Auch wird auf die Berücksichtigung von Sensoreigenschaften wie Rauschen verzichtet.

Modell Abb. 3 zeigt exemplarisch vier gemessene Kraft–Einfederungs-Kurven der Luftfeder bei Vorgabe einer harmonischen Solleinfederung mit der Frequenz \(f\) und der Amplitude \(z_{\text{max}}\), wobei die Frequenzen über 50 Hz durch eine Filterung im Frequenzbereich aus den Daten entfernt wurden.

Abb. 3
figure 3

Gemessene \(F\)\(z\)-Kurven (gefiltert)

Die Verläufe zeigen, dass die mittlere Federsteifigkeit, die ungefähr der Steigung der „Hauptachse“ der jeweiligen Kurven entspricht, im geringen Maße von der Frequenz und in etwas größerem Maße von der Amplitude der Bewegung abhängt. Für die Amplituden von 10 mm ergibt sich eine Steifigkeit von ca. 10 000 N/m, bei 3 mm von etwa 14 000 N/m. In den Versuchen zur Regelung hat sich gezeigt, dass die Annahme einer linearen Federsteifigkeit von 10 000 N/m das Systemverhalten insgesamt gut beschreibt, d. h. dass die Steifigkeit von der Gesamtbewegungsamplitude dominiert wird.

Zum anderen zeigt sich in der Ähnlichkeit der Kurven zu gleicher Amplitude, dass die Reibungskräfte kaum einen Einfluss von der Frequenz und damit der Geschwindigkeit aufweisen. Dies deckt sich mit anderen Ergebnissen aus der Literatur, nach denen die vorhandene innere Reibung der Luftfeder, die aufgrund der Verformung des Rollbalgs beim Abrollen entsteht, nicht von geschwindigkeitsabhängigen Anteilen dominiert wird [10]. Von einer aufwändigen Modellierung dieser Effekte, wie z. B. in der genannten Quelle angegeben, wird hier abgesehen, da die Reglerauslegung ohnehin an einem linearen Modell erfolgen soll. Die Überprüfung der Annahme, dass eine lineare Betrachtung für den Zweck der Reglerauslegung zulässig ist, erfolgt später anhand Messungen am realen System. Die viskose Dämpfung der Luftfeder wird gegenüber des zusätzlichen modellierten Dämpfers im HiL-System vernachlässigt.

Für den Reglerentwurf wird die Luftfeder somit über

$$F=F_{\text{0}}+cz+\Delta F_{\text{Akt}}$$
(6)

beschrieben.

Das in Abb. 4 gezeigte Modell eines Viertelfahrzeuges mit den in Tab. 2 aufgeführten Parametern bildet die Grundlage der Betrachtungen zur Regelung. Für die Raddämpfung wurde in Anlehnung an Puff [13] ein Lehr’sches Dämpfungsmaß von ungefähr \(0{,}1\) angenommen. Die Aufbaueigenfrequenz des Systems liegt im Arbeitspunkt etwas niedriger als 1 Hz, kann aber für den passiven Betrieb über eine Vergrößerung der Tragfläche der Luftfeder auf über 1,1 Hz erhöht werden. Die Eingangsgröße zur Regelung ist \(u_{\text{Akt}}\), was über \(G_{\text{Akt}}\) die eigentliche Stellkraft \(\Delta F_{\text{Akt}}\) ergibt. Die Übertragungsfunktion des mit einem unterlagerten PD-Regler betrieben Hydraulikaktors wurde wie in [4, 7] beschrieben experimentell identifiziert und ist

$$G_{\text{Akt}}(s)=\frac{6151s+5{,}272\cdot 10^{5}}{s^{3}+209{,}1s^{2}+2{,}391\cdot 10^{4}s+5{,}272\cdot 10^{5}}.$$
(7)

Störeingang ist der Straßenverlauf \(z_{\text{S}}\). Ausgangsgrößen können alle aus diesem Modell berechenbaren Größen sein. Hervorzuheben dabei sind die Radlastschwankung \(F_{\text{R}}=c_{\text{R}}\cdot(z_{\text{S}}-z_{\text{R}})+d_{\text{R}}\cdot(\dot{z}_{\text{S}}-\dot{z}_{\text{R}})\) (alle Größen sind Größen des linearisierten Systems, also Abweichungen um einen Arbeitspunkt) und die Einfederung \(z=z_{\text{R}}-z_{\text{A}}\). Die wesentlichen Größen des Systems sind in Tab. 3 zusammengefasst.

Abb. 4
figure 4

Viertelfahrzeugmodell

Tab. 2 Parameterwerte des Viertelfahrzeugmodells
Tab. 3 Größen des Viertelfahrzeugmodells

H\({}_{2}\)-optimaler Reglerentwurf zur Fahrwerksregelung Die \(\text{H}_{2}\)-Norm eines stabilen, durchgriffsfreien Systems mit den Eingängen \(\mathbf{w}\) und den Ausgängen \(\mathbf{z}\), hier kurz als „\(\mathbf{z}\leftarrow\mathbf{w}\)“ geschrieben, entspricht der Summe der quadratisch integrierten Einzelfrequenzgänge \((z_{i}\leftarrow w_{j})(\mathrm{j}\omega)\) [19],

$$\begin{aligned}\displaystyle\|\mathbf{z}\leftarrow\mathbf{w}\|_{2}=\textstyle\sqrt{\frac{1}{2\mathrm{\pi}}\sum_{i,j}\int_{-\infty}^{\infty}|(z_{i}\leftarrow w_{j})(\mathrm{j}\omega)|^{2}\mathrm{d}\omega}\;.\end{aligned}$$

Eine weitere, hier wesentliche Interpretation der \(\text{H}_{2}\)-Norm existiert für stochastische Signale. Stellt die Eingangsgröße \(\mathbf{w}\) normiertes weißes Rauschen dar, dann entspricht die \(\text{H}_{2}\)-Norm auch der quadratisch summierten Standardabweichungen \(\sigma_{\mathrm{z},i}\) der Ausgangssignale [19],

$$\begin{aligned}\displaystyle\|\mathbf{z}\leftarrow\mathbf{w}\|_{2}=\textstyle\sqrt{\sum_{i}\sigma_{\mathrm{z},i}^{2}}\;.\end{aligned}$$

Die Bewertungsgrößen für den Reglerentwurf sind die Aufbaubeschleunigung \(\ddot{z}_{\text{A}}\) (entspricht dem Fahrkomfort), die Radlastschwankungen \(F_{\text{R}}\) (entspricht der Fahrsicherheit) sowie die Einfederung \(z\) und die Stellgröße \(u_{\text{Akt}}\) (Sicherstellung der Funktion).

Eine in der Literatur verbreitete Möglichkeit, die Anregung der Straße zu beschreiben, ist die Modellierung als farbiges Rauschen, dessen Eigenschaften von der Straßenbeschaffenheit und der Fahrgeschwindigkeit abhängen [9]. Basierend hierauf wurde – um die grundsätzlichen Zusammenhänge und Grenzen einer Regelung aufzuzeigen – für das vorgestellte vereinfachte, linearisierte Modell der Regelstrecke der Ansatz einer \(\text{H}_{2}\)-optimalen Regelung gewählt.

Abb. 5
figure 5

System für den Reglerentwurf mit Preview

Dem Reglerentwurf liegt damit das in Abb. 5 gezeigte System zu Grunde. Dabei enthält

$$F_{\text{S,TP}}(s)=W_{\text{TP}}(s)\,F_{\text{S}}(s)\,\begin{bmatrix}1&s&s^{2}\end{bmatrix}^{\mathrm{T}}$$
(8)

sowohl das Straßenmodell

$$F_{\text{S}}(s)=\Omega_{\text{0}}\sqrt{v\phi_{\mathrm{z}_{\mathrm{S}},z_{\text{S}}}(\Omega_{\text{0}})}\frac{1}{s+2\mathrm{\pi}f_{\text{c}}}$$
(9)

mit der Knickfrequenz \(f_{\text{c}}=0{,}1\,\text{Hz}\), die verhindert, dass die spektrale Dichte für kleine Erregerfrequenzen gegen unendlich geht, als auch einen Tiefpassfilter zweiter Ordnung

$$W_{\text{TP}}(s)=\frac{1}{4{,}053\cdot 10^{-3}s^{2}+1{,}273\cdot 10^{-2}s+1}$$
(10)

mit der Grenzfrequenz \(f_{\text{max}}=25\,\text{Hz}\). Dieses sorgt dafür, dass sich die Betrachtung auf die Frequenzen innerhalb des Gültigkeitsbereichs des Viertelfahrzeugmodells beschränkt. Neben dem Straßenprofil \(z_{\text{S}}\) werden die beiden ersten Ableitungen ausgegeben. Zur Beschreibung einer typischen Bundesstraße ist das Unebenheitsmaß \(\phi_{\mathrm{z}_{\mathrm{S}},z_{\text{S}}}(\Omega_{\text{0}})=\mathrm{\pi}\cdot 2\cdot 10^{-6}\,\text{m}^{3}\) bei der Bezugswegkreisfrequenz \(\Omega_{\text{0}}=1\,\text{m}^{-1}\) angegeben [9]. Als Geschwindigkeit wird im Weiteren \(v=100\,\text{km/h}\) verwendet.

Die Mess- und Bewertungsgrößen variieren und werden im Weiteren genannt.

Wird die Funktion systune der Control System Toolbox von MATLAB zur numerischen Optimierung des Reglers verwendet, kann das Optimierungsproblem in der Form

$$\min_{\mathbf{K}\in\mathcal{K}}\left(\|\ddot{z}_{\text{A}}\leftarrow n\|_{2}^{2}+\alpha_{\text{F}}^{2}\cdot\|F_{\text{R}}\leftarrow n\|_{2}^{2}\right)$$
$$\quad{\text{u. d. Bedingungen}}$$
$$\quad\|z\leftarrow n\|_{2}<\sigma_{{\text{z}},{\text{max}}},\quad\|u_{\text{Akt}}\leftarrow n\|_{2}<\sigma_{\text{u}_{\text{Akt}},\text{max}}$$
(11)

formuliert werden. Über \(\mathcal{K}\) ist dabei eine geeignete Strukturbeschränkung des Reglers gegeben, wie z. B. Beschränkungen auf statische Rückführungen. Variiert man \(\alpha_{\text{F}}\), so kann man damit die Gewichtung zwischen Aufbaubeschleunigung und Radlastschwankungen verändern. Einfederung und Stellgröße werden bezüglich ihrer Standardabweichung beschränkt. Dabei ist hier \(\sigma_{{\text{z}},{\text{max}}}\) auf \(1/3\) der maximalen Einfederung und \(\sigma_{\text{u}_{\text{Akt}},\text{max}}\) auf \(1/3\) der maximalen Aktorkraft gesetzt.

Stellt man keine Strukturbeschränkungen an den Regler, so kann der optimale Regler analytisch berechnet werden, wenn das Gütekriterium

$$V^{2}=\|\ddot{z}_{\text{A}}\leftarrow n\|_{2}^{2}+\alpha_{\text{F}}^{2}\cdot\|F_{\text{R}}\leftarrow n\|_{2}^{2}$$
$$+\alpha_{{\text{z}}}^{2}\cdot\|z\leftarrow n\|_{2}^{2}+\alpha_{\text{u}_{\text{Akt}}}^{2}\cdot\|u_{\text{Akt}}\leftarrow n\|_{2}^{2}+V_{\text{ny}}^{2}$$
(12)

ohne Nebenbedingungen minimiert wird. Dabei muss mit \(V_{\text{ny}}^{2}\) zumindest ein sehr schwaches Messrauschen, wie in Abb. 5 angedeutet, ebenfalls berücksichtigt werden [19]. Die Einhaltung der Grenzen an die Einfederung und die Stellgröße wird hierbei über eine iterative Anpassung der Gewichte \(\alpha_{{\text{z}}}\) bzw. \(\alpha_{\text{u}_{\text{Akt}}}\) erreicht.

Zuletzt ist noch anzumerken, dass die Einfederung \(z\) zusätzlich über einen Integrator zurückzuführen ist. Dies ist nötig, damit das Fahrzeug prinzipiell dem Verlauf der Straße folgt, da die Regler für sinkende Aufbaubeschleunigungen zunehmend entkoppelnd wirken (vgl. [16]). Für die hier gezeigten Entwürfe konnte der I‑Anteil nachträglich hinzugefügt werden, wobei sich nur sehr geringe Abweichungen der Frequenzgänge im niedrigen Frequenzbereich ergeben haben. Prinzipiell wäre auch ein integrierter Entwurf denkbar.

Zunächst werden anhand der in den sogenannten Konfliktdiagrammen (Abb. 6) dargestellten Ergebnisse in Form von Paretolinien einige prinzipielle Betrachtungen, insbesondere zum Einfluss eines Aktors, diskutiert. Die Paretolinien sind Grenzlinien und visualisieren das Optimum der jeweiligen Konfiguration. Im Anschluss werden die im HiL-Versuch angewandten Regler in Abb. 7 vorgestellt. Bei diesen Darstellungen ist auf der horizontalen Achse die Standardabweichung \(\sigma_{\mathrm{F}_{\mathrm{R}}}\) der Radlastschwankungen, bezogen auf die statische Radlast \(F_{\text{R,0}}\), und auf der vertikalen Achse die Standardabweichung \(\sigma_{\ddot{{\text{z}}}_{\text{A}}}\) der Aufbaubeschleunigung aufgetragen. Zur Berechnung ist dabei immer von einer durchschnittlichen Bundesstraße bei 100 km/h ausgegangen.

Einfluss des Aktors Die graue Volllinie in den Plots in Abb. 6 stellt die optimale Paretolinie dar, die bei Mitschke [9] analytisch hergeleitet und numerisch berechnet wird. Diese basiert auf einer frequenzpunktweisen Betrachtung, bei der für jede Frequenz in Abhängigkeit von \(\alpha_{\text{F}}\) die ideale „Aufteilung“ der Anregung auf Radlast und Aufbaubeschleunigung vorgenommen wird, wobei auch immer davon ausgegangen wird, dabei die Phasen der entsprechenden Schwingungen ideal einstellen zu können. Es handelt sich also um das Optimum, welches von keiner Regelung oder Steuerung unterschritten werden kann. Andersherum ist aber nicht gesagt, dass eine Regelung gefunden werden kann, die diese Grenze erreicht.

Abb. 6
figure 6

Grenzkurven für die optimale vertikaldynamische Abstimmung eines aktiven Fahrwerks in Abhängigkeit ausgewählter Aktoreigenschaften und Regelungskonzepte im Konfliktdiagramm, bei dem die Standardabweichung der Aufbaubeschleunigung über der bezogenen Radlastschwankung dargestellt ist. (a) Einfluss der Aktordynamik, (b) Einfluss der Aktorstellkraft, (c) Einfluss der Preview-Regelung

Die graue Strichlinie in Abb. 6a zeigt das Optimum, das mit einem passiven, linearen Feder-Dämpfer-System mit Niveauregulierung erreicht werden kann. Die Paretolinie besteht dabei aus den Optimalpunkten bei Variierung von \(c_{\text{A}}\) und \(d_{\text{A}}\), wobei nur positive Werte zugelassen sind und die maximale Standardabweichung des Einfederweges, wie auch später für die aktiven Systeme, auf 20 mm beschränkt ist. Der schwarze Kreis markiert einen typischen Auslegungspunkt einer passiven Federung ohne Niveauregulierung. Dieser kann wie hier, bei einer Auslegung auf geringe Radlastschwankungen, dicht an der Paretolinie einer passiven Federung mit Niveauregulierung liegen, da dies einer harten Auslegung entspricht, bei der keine großen Einfederwege auftreten. Bei Auslegungen, die mehr Gewicht auf die Aufbaubeschleunigungen legen, d. h. diese verringern, würde sich der Abstand zwischen einem passiven System und einem passiven System mit Niveauregulierung vergrößern. Dies liegt daran, da dies einer weicheren Auslegung entspricht, bei der im Fall ohne Niveauregulierung die größer werdenden statischen Einfederungswege kritisch werden.

Die durchgezogene schwarze Kurve in Abb. 6a stellt die optimale Lösung des freien Optimierungsproblems mit der Gütefunktion (12) dar, wobei die Größen \(z_{\text{A}}\), \(\dot{z}_{\text{A}}\), \(z_{\text{R}}\) und \(\dot{z}_{\text{R}}\), die für diese prinzipielle Betrachtung als messbar angenommen werden, zurückgeführt werden und ein idealer Aktor, d. h. \(G_{\text{Akt}}(s)=1\), angenommen ist. Da alle mechanischen Zustände zurückgeführt werden, ist dies die Paretolinie, die von keinem (linearen) Regler unterschritten werden kann.

Um den prinzipiellen Einfluss einer Aktordynamik zu betrachten, sind in Abb. 6a noch zwei Paretolinien eingezeichnet, die jeweils für ein PT\({}_{1}\)-Aktormodell berechnet wurden. Dabei sind die Eckfrequenzen 30 Hz (Strichlinie) und 5 Hz (Punktlinie) betrachtet. Man sieht, dass im dargestellten Ausschnitt ein schnell-aktiver Aktor mit einer Eckfrequenz von 30 Hz keine signifikante Verschlechterung im Vergleich zum idealen Aktor zur Folge hat. Mit einem langsam-aktiven Aktor mit einer Eckfrequenz von 5 Hz ergibt sich zwar eine deutliche Reduktion in der erreichbaren minimalen Radlastschwankung, dagegen ist die Reduktion der Aufbaubeschleunigung uneingeschränkt möglich. Dies ist auch plausibel, da zur Reduktion der Radlastschwankung der Aktor im Wesentlichen im Bereich der Radeigenfrequenz arbeiten muss.

In Abb. 6b ist der Einfluss der zur Verfügung stehenden Stellgröße untersucht. Dabei ist ausgehend vom 5 Hz-Aktor mit einer maximalen Standardabweichung der Aktorkraft von 300 N diese auf 1000 N erhöht. Die erreichbare Paretofront nähert sich in diesem Fall der des idealen Aktors an. Auch dies ist plausibel, da mit der Erhöhung der Stellgröße der sinkenden Aktorverstärkung entgegengewirkt werden kann. Eine Erhöhung der zulässigen Stellgröße im Falle des idealen Aktors bewirkt dagegen keine sichtbare Verbesserung und ist hier nicht gezeigt.

Wesentlich an Abb. 6a und Abb. 6b ist die Feststellung, dass weder durch die begrenzte Aktordynamik noch durch die Begrenzung der Stellkraft eine Einschränkung bezüglich der Paretolinie im Bereich niedriger und mittlerer Aufbaubeschleunigungen erfolgt.

Einfluss des Previews Für die Untersuchungen wurde das von Schindler [14] vorgestellte Preview-Konzept verwendet. Bei dem Konzept werden aus entsprechenden Sensordaten der aktuelle Wert \(z_{\text{S}}(t)\) für die Position der Straßenoberfläche sowie deren ersten beiden Ableitungen \(\dot{z}_{\text{S}}(t)\) und \(\ddot{z}_{\text{S}}(t)\) berechnet. Diese Größen werden für die folgenden Untersuchungen als bekannt angenommen.

In Abb. 6c sind die sich mit den zusätzlichen Messgrößen \(z_{\text{S}}(t)\), \(\dot{z}_{\text{S}}(t)\) und \(\ddot{z}_{\text{S}}(t)\) ergebenden Paretokurven für den idealen Aktor im Vergleich zu den Paretokurven ohne diese Messgrößen dargestellt. Es wird deutlich, dass durch die Rückführung dieser zusätzlichen Größen keine wesentliche Verbesserung in den Paretokurven erreicht wird, und insbesondere nicht die Lücke zwischen der Paretokurve bei Verwendung eines idealen Aktors zur Optimalline nach Mitschke verringert wird. Für den PT\({}_{1}\)-Aktor mit einer Grenzfrequenz von 5 Hz ist der Unterschied noch geringer, so dass hierfür nur die Paretokurve mit Preview gezeigt ist. Dennoch spielt dieses Preview-Konzept eine wesentliche Rolle, wenn wie im Folgenden, im Hinblick auf eine Implementierung, einfachere Regler betrachtet werden.

Ausgeführte Regelungen In Abb. 7 ist nochmals als Referenz das mit dem idealen Aktor und der Regelung mit Preview erreichte Ergebnis aus Abb. 6c als Strichlinie eingetragen. Mit der schwarzen Volllinie ist das Ergebnis des freien Entwurfs mit Preview unter Berücksichtigung des identifizierten Aktormodells 7 gezeigt. Im Vergleich zu der Punktlinie in Abb. 6c, welches dem gleichen Entwurf mit dem als PT\({}_{1}\)-Glied idealisierten Aktors entspricht, zeigen sich im Bereich niedriger Radlastschwankungen geringe Abweichungen. Diese erklären sich damit, dass der reale Aktor im Vergleich zu dem idealisierten PT\({}_{1}\)-Aktor für höhere Frequenzen einen etwas größeren Phasenabfall aufweist.

Bisher wurden ausschließlich freie \(\text{H}_{2}\)-optimale Regler betrachtet. Diese geben das für die jeweilige Wahl an Messgrößen erreichbare Optimum an, jedoch sind diese in der Regel nicht für eine praktische Implementierung geeignet. Zum einen haben sie eine relativ hohe Ordnung und zusätzlich keine guten Robustheitseigenschaften.

Daher zeigt die Strichpunktlinie in Abb. 7 das Ergebnis für den identifizierten Aktor, wenn sich auf eine statische Rückführung der Größen \(z_{\text{A}}\), \(\dot{z}_{\text{A}}\), \(z_{\text{R}}\) und \(\dot{z}_{\text{R}}\),

$$\begin{aligned}\displaystyle u_{\text{Akt}}=k_{{\text{z}}_{\text{A}}}z_{\text{A}}+k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}\dot{z}_{\text{A}}+k_{{\text{z}}_{\text{R}}}z_{\text{R}}+k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{R}}}\dot{z}_{\text{R}}\;,\end{aligned}$$

beschränkt wird. Dabei sind, wie auch für die folgenden Entwürfe, zusätzlich die Reglerkoeffizienten jeweils auf das Intervall \([-1,\,1]\), bezogen auf normierte Systemgrößen (Kräfte: 1000 N, Geschwindigkeiten: 0,1 m/s, Strecken: 0,01 m), beschränkt. (Für \(k_{{\text{z}}_{\text{A}}}\) ergibt sich damit beispielsweise ein Maximalwert von \(1\cdot\frac{1000\,\text{N}}{0{,}01\,\text{m}}\).) Hier zeigt sich im Vergleich zu den vorangehenden Betrachtungen eine deutliche Einschränkung der erreichbaren Güte bezogen auf die freien \(\text{H}_{2}\)-optimalen Regler.

Abb. 7
figure 7

Grenzkurven für die optimale vertikaldynamische Abstimmung eines aktiven Fahrwerks unter Berücksichtigung des identifizierten Aktors und ausgewählte Reglerkonfigurationen im Konfliktdiagramm

In Abb. 7 ist mit dem ausgefüllten Kreis das optimale Ergebnis für den sehr einfachen Regleransatz \(u_{\text{Aktor}}=k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}\cdot\dot{z}_{\text{A}}\) und \(\alpha_{\text{F}}=0\) dargestellt, wofür sich ungefähr \(k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}=-1750\,\text{Ns/m}\) ergibt. Man erreicht damit schon einen Wert, der Nahe der Paretolinie der statischen Rückführungen aller mechanischen Zustände liegt. Die erreichte Aufbaubeschleunigung liegt deutlich unterhalb der, die sich für eine typische Auslegung einer klassischen, passiven Federung ergibt, welche in Abb. 7 mit dem ungefüllten Kreis dargestellt ist.

Die gepunktete schwarze Paretolinie wurde mit dem Regleransatz

$$u_{\text{Akt}}=k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}\dot{z}_{\text{A}}+k_{\dot{{\text{z}}}}\dot{z}+k_{\mathrm{z}_{S}}z_{\text{S}}+k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{S}}}\dot{z}_{\text{S}}+k_{\ddot{{\text{z}}}_{\text{S}}}\ddot{z}_{\text{S}}\;.$$
(13)

erreicht, welcher einem einfachen, linearen Sky-Hook-Ansatz (statische Rückführung der Aufbau- und Einfederungsgeschwindigkeiten) mit Preview entspricht.

Diese liegt im relevanten Bereich schon sehr nahe an der Paretolinie, welches das mögliche Optimum unter Berücksichtigung des identifizierten Aktors angibt (schwarze Volllinie). Der wesentliche Nutzen dieses Preview-Konzeptes liegt hier also darin, eine hohe Güte mit einer sehr einfachen Reglerstruktur zu erreichen. Die Paretolinie, welche sich für eine statische Rückführung der Größen \(z_{\text{A}}\), \(\dot{z}_{\text{A}}\), \(z_{\text{R}}\) und \(\dot{z}_{\text{R}}\) sowie den Preview-Größen ergibt, deckt sich näherungsweise mit der des dynamischen Reglers (schwarze Volllinie) und ist hier nicht dargestellt.

Das Quadrat in Abb. 7 markiert den Regler, der in den HiL-Experimenten verwendet wird. Dieser besitzt die Parameter \(k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}=-1750\,\text{Ns/m}\), \(k_{\dot{{\text{z}}}}=0\), \(k_{\mathrm{z}_{S}}=-3860\,\text{N/m}\), \(k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{S}}}=-1016\,\text{Ns/m}\) and \(k_{\ddot{{\text{z}}}_{\text{S}}}=-18{,}29\,\text{Ns}^{2}\text{/m}\).

In Hinblick auf eine praktische Realisierung könnte die benötigte Aufbaugeschwindigkeit über einen Integrator mit einem einfachen Hochpassfilter erster Ordnung aus der über Sensoren gemessenen Aufbaubeschleunigung ermittelt werden. Schon mit einer Zeitkonstante von 1 s zeigen sich in den berechneten Frequenzgängen nur sehr geringe Abweichungen, ab einer Zeitkonstante von 10 s liegen die Kurven praktisch übereinander. In den HiL-Versuchen wurde, da ohnehin an dieser Stelle auf eine genauere Modellierung der Sensoreigenschaften verzichtet wurde, direkt die aus dem HiL-Modell berechnete Aufbaugeschwindigkeit verwendet.

Robustheit und Einfluss der Straßenanregung Die bisherigen Betrachtungen zur Regelung gingen von bekannten Streckenparametern aus. Für die praktische Anwendung kann davon jedoch nicht ausgegangen werden. So kann z. B. die Aufbaumasse mit der Beladung des Fahrzeuges schwanken und die Radsteifigkeit wird vom Zustand (Luftdruck, Alter, Typ) des Reifens abhängen. Es stellt sich in diesem Kontext die Frage nach der Robustheit, d. h. ob der ausgelegte Regler für alle möglichen Systemparameter die Stabilität der Regelung sicherstellt und dabei eine ausreichende Güte erreicht. Das Ergebnis der entsprechenden Untersuchungen ist in Abb. 8a zusammenfassend dargestellt.

Abb. 8
figure 8

Untersuchung des Einflusses unsicherer Systemparameter und verschiedener Anregungen. (a) Einfluss der Aufbaumasse und Radsteifigkeit (Schwarz: \(m_{\text{A}}=290\,\text{kg}\), \(c_{\text{R}}=200\,000\,\text{N/m}\); Dunkelgrau: \(m_{\text{A}}=340\,\text{kg}\), \(c_{\text{R}}=150\,000\,\text{N/m}\); Hellgrau: \(m_{\text{A}}=240\,\text{kg}\), \(c_{\text{R}}=250\,000\,\text{N/m}\)), (b) Einfluss der Anregung (Schwarz: Bundesstraße @ 100 km/h; Dunkelgrau: Autobahn @ 130 km/h; Hellgrau: Landstraße @ 70 km/h)

Die Ergebnisse des vorangegangenen Abschnitts sind dabei in Schwarz eingezeichnet. In Dunkelgrau ist das Ergebnis für die Parameter \(m_{\text{A}}=340\,\text{kg}\) und \(c_{\text{R}}=150\,000\,\text{N/m}\) und in Hellgrau für \(m_{\text{A}}=240\,\text{kg}\) und \(c_{\text{R}}=250\,000\,\text{N/m}\) dargestellt. Diese Paarungen stellen die ungünstigsten Kombinationen dar. Der ausgelegte Regler ist dabei immer derselbe, der für die Nennparameter \(m_{\text{A}}=290\,\text{kg}\) und \(c_{\text{R}}=200\,000\,\text{N/m}\) ausgelegt ist. Dieser ist in allen Fällen stabil. Um die Güte zu beurteilen, sind für die genannten Parametervariationen auch wieder die Paretolinien neu berechnet worden. Es zeigt sich, dass in allen Fällen der ausgelegte Regler nahe der jeweiligen Paretolinie liegt. Damit kann der Regler als ausreichend robust angesehen werden.

Eine ähnliche Fragestellung stellt sich bezüglich der Auswirkung verschiedener Straßenanregungen. Da dies keine Unsicherheit in den Systemparametern ist, stellt sich zwar prinzipbedingt die Frage nach der Stabilität nicht, jedoch ist es von praktischem Interesse, wie gut ein für einen bestimmten Straßentypen ausgelegter Regler bei anderen Straßentypen arbeitet.

Bei der angewendeten Modellierung der Anregung ändert die Fahrgeschwindigkeit oder der Straßentyp letztlich nur einen Faktor im Formfilter, so dass der wesentliche zu beachtende Einfluss die Begrenzungen sind. In Abb. 8b sind dazu Ergebnisse für eine Bundesstraße bei 100 km/h (Schwarz), eine Autobahn bei 130 km/h (Dunkelgrau) und eine Landstraße bei 70 km/h (Hellgrau) dargestellt. Bezüglich der Stellgrößen- und Einfederungsbegrenzungen ist die stärkste Anregung am kritischsten, so dass der bisher ausgelegte Regler über einen konstanten Faktor soweit gedämpft wurde, dass die maximale Standardabweichung der Stellkraft auch für diesen Fall nicht überschritten wird. Die Paretolinien sind hingegen wieder speziell für jede Anregung berechnet.

Es zeigt sich, dass der für die Landstraße ausgelegte Regler in allen Fällen nahe der jeweiligen Paretolinie liegt. Es ist also möglich, einen festen Regler über einen relativ breiten Bereich möglicher Anregungen zu nutzen. Sollen die damit einhergehenden geringen Abstriche bei schwächeren Anregungen nicht in Kauf genommen werden bzw. der Bereich, für den die Regelung auszulegen ist, zu breit werden, so können einfache adaptive Ansätze zum Einsatz kommen.

Frequenzabhängige Bewertung Untersuchungen zeigen, dass die Empfindlichkeit des Menschen gegenüber Schwingungen vom Einwirkungsort sowie der Frequenz der Schwingungen abhängt. Diese Erkenntnis findet sich in der VDI-Richtlinie 2057 [17] wieder.

Die hier angewandte Methodik zur Reglerauslegung erlaubt es, diese Frequenzabhängigkeit direkt zu berücksichtigen. Hierzu wird von den in Abb. 9 durch Punkte dargestellten Verläufe der frequenzabhängigen Gewichtungen der Aufbaubeschleunigung bezüglich dessen Einfluss auf Kinetose und Komfortempfinden ausgegangen, die [17] entnommen sind. Dabei ist auf die Skalierung der Frequenzachse in Abb. 9a zu achten. Wie eingangs schon erläutert, wird Kinetose im Wesentlichen von sehr niedrigen Frequenzen unter 1 Hz hervorgerufen.

Abb. 9
figure 9

Frequenzabhängige Bewertungsgewichte der Aufbaubeschleunigung nach VDI-Richtlinie 2057. (Punkte: Aus [17] entnommenen Daten, nach zusätzlicher Skalierung. Volllinien: Approximation der Verläufe über minimalphasige Übertragungsfunktionen.) (a) Bewertungsgewicht Kinetose, (b) Bewertungsgewicht Komfort

Um diese Gewichtungen in den Reglerentwurf zu integrieren, werden die Punkte zunächst durch die in Schwarz dargestellten Frequenzgangsverläufe minimalphasiger Übertragungsfunktionen \(W_{\text{f}}(s)\) bzw. \(W_{\text{k}}(s)\) approximiert. Diese Übertragungsfunktionen können als frequenzabhängige Gewichte der Bewertungsgröße \(\ddot{z}_{\text{A}}\) verwendet werden, wie es in Abb. 10b dargestellt ist. Neben diesen beiden Gewichten tritt im Vergleich zur einfachen Bewertung der Aufbaubeschleunigung nach Abb. 10a noch der weitere Entwurfsparameter \(\alpha_{\text{f}}\in[0,\,1]\) auf, mit dem die relative Gewichtung zwischen Kinetose (\(\alpha_{\text{f}}=1\)) und Komfort (\(\alpha_{\text{f}}=0\)) festgelegt werden kann. Die Gewichte \(W_{\text{f}}(s)\) und \(W_{\text{k}}(s)\) sind jeweils so skaliert, dass die Fläche unterhalb des Frequenzgangs der Gewichte zwischen 0 und 25 Hz jeweils gerade \(2\mathrm{\pi}\cdot 25\,\text{/s}\) entspricht. Dadurch wird erreicht, dass die Gewichtung zwischen der (bewerteten) Aufbaubeschleunigung sowie der Radlastschwankungen über \(\alpha_{\text{F}}\) unabhängig von \(\alpha_{\text{f}}\) vergleichbare Ergebnisse liefert.

Abb. 10
figure 10

Bewertungsgrößen für Reglerentwurf. (a) Bewertungsgrößen ohne frequenzabhängige Bewertung, (b) Bewertungsgrößen bei Frequenzbewertung nach VDI-Richtlinie 2057

Der sich durch den Parameter \(\alpha_{\text{f}}\) ergebende Entwurfsfreiheitsgrad ist in Abb. 11 veranschaulicht. Dort sind die Frequenzgänge des Störeingangs \(n\) auf die Radlastschwankungen und die Aufbaubeschleunigung für verschiedene Regler gezeigt, d. h. das Formfilter \(F_{\text{S,TP}}\) ist hierbei enthalten, die Filter \(W_{\text{f}}\) und \(W_{\text{k}}\) hingegen nicht. Es zeigt sich deutlich, wie über \(\alpha_{\text{f}}\) Einfluss auf den Verlauf der gezeigten Größen genommen werden kann.

Abb. 11
figure 11

Frequenzgänge des geregelten Systems in Abhängigkeit von \(\alpha_{\text{f}}\). (Der verbleibende Entwurfsparameter \(\alpha_{\text{F}}\) ist für alle gezeigten Fälle 1,75.)

Der sich ergebende Verlauf des Frequenzganges der Aufbaubeschleunigung für die Optimierung mit \(\alpha_{\text{f}}=0\) (Strichlinie) ist ähnlich dem, welchen man im Fall ohne frequenzabhängige Optimierung erhält (Volllinie), wobei die geringe Überhöhung mit \(\alpha_{\text{f}}=0\) im Bereich um 1 Hz noch etwas größer ist. Für größer werdende \(\alpha_{\text{f}}\) wird die Beschleunigung im niedrigen Frequenzbereich effektiv reduziert, womit jedoch eine entsprechende Erhöhung im mittleren Frequenzbereich auftritt.

Die wesentliche Nomenklatur zum Reglerentwurf ist in Tab. 4 zusammengefasst.

Tab. 4 Wesentliche Größen und Nomenklatur zum Reglerentwurf

Fazit Aufgrund der begrenzten Dynamik müssen mit dem Aktor gegenüber einer idealen Referenz bzw. schneller ausgelegten Aktoren gewisse Abstriche bezüglich der erreichbaren minimalen Radlastschwankungen in Kauf genommen werden. Bezüglich des Fahrkomforts gilt dies jedoch nicht. Es wurde gezeigt, dass mit dem Aktor ein wesentlicher Komfortgewinn erreicht und dieser damit prinzipiell zur aktiven Fahrwerksregelung eingesetzt werden kann. Da für die Erhöhung des Komforts bzw. insbesondere zur Vermeidung von Kinetose der unterste Frequenzbereich maßgeblich ist, bringt eine Auslegung des Aktors hin zu höherer Dynamik und/oder höheren Stellkräften keine Vorteile.

Für die Anwendung ohne Preview konnte zwar auch schon ein einfacher Regler angegeben werden, der zu einer deutlichen Verbesserung führt. Hier wäre aber noch eine systematische Untersuchung einfacher dynamischer Regler durchzuführen, um die Lücke zu der Paretolinie der dynamischen Zustandsrückführung zu minimieren. Des Weiteren sollte die verwendete Sensorik mit deren realen Rauscheigenschaften berücksichtigt werden, was sich in das Entwurfskonzept einfach integrieren lässt. Auch wären weitere Untersuchungen zu alternativen Preview-Konzepten interessant, um die Lücke zwischen den hier betrachteten Preview-Reglern und der Optimallinie nach Mitschke zu verringern.

In den Betrachtungen dieses Abschnitts wurden ausschließlich stochastische Straßenanregungen berücksichtigt, da diese im Hinblick auf den Komfort bei längeren Fahrten wesentlich sind. Durch eine geeignete Wahl von Formfiltern ließen sich aber auch impulsartige Anregungen einbeziehen.

Es konnte gezeigt werden, dass mit der aktiven Luftfeder Schwingungen, die Kinetose verursachen können, gemindert werden können und eine Steigerung des Fahrkomforts möglich ist.

4 Aktorvalidierung in Hardware-in-the-Loop-Experimenten

Um die aktive Luftfeder unter realistischeren Bedingungen untersuchen zu können, werden Hardware-in-the-Loop (HiL)-Versuche auf der Einachsprüfmaschine des Herstellers MTS durchgeführt. Bei diesen Versuchen wird die Luftfeder mit einem virtuellen Viertelfahrzeug, das parallel in einer Echtzeitsimulationsumgebung von dSPACE simuliert wird, gekoppelt. Der prinzipielle Aufbau und die Signal- und Leistungsflüsse bei den HiL-Versuchen sind in Abb. 12 in einer vereinfachten Form dargestellt. Die in der Echtzeitsimulation berechnete Einfederung der Luftfeder wird der Prüfmaschine übermittelt, welche sie über eine interne Regelung einstellt. Die gemessene Axialkraftantwort \(F\) wird in die Simulation zurückgeführt (closed loop simulation). Der Regler wird ebenfalls in dem Simulationsmodell abgebildet. HiL-Versuche bieten den Vorteil, dass bereits in einer frühen Phase der Entwicklung die Wechselwirkungen der aktiven Luftfeder mit dem Gesamtsystem untersucht werden können. Außerdem besteht die Möglichkeit, Parameter des virtuellen Systems einfach zu variieren und somit die aktive Luftfeder bei unterschiedlichen Testszenarien (unterschiedliche Beladungen, Anregungen, usw.) zu untersuchen.

Abb. 12
figure 12

Prinzipieller Aufbau bei den HiL-Versuchen mit der aktiven Luftfeder

Das softwareseitig simulierte System entspricht dem in Abb. 4 gezeigten Viertelfahrzeugmodell ohne die Steifigkeit \(c_{\text{A}}\) und die Stellkraft \(\Delta F_{\text{Akt}}\), die durch die reale Luftfeder erzeugt werden. Der viskose Dämpfer mit der Dämpfungskonstante \(d_{\text{A}}\) hingegen wird simuliert. Während der Versuche wird die aktuelle Einfederung aus der Systemdynamik, der gemessene Kraftantwort der aktiven Luftfeder (Glättung über ein Butterworthfilter zweiter Ordnung mit einer Grenzfrequenz von 170 Hz) sowie dem hinterlegten Straßenverlauf berechnet und an die Prüfmaschine (Hydropulser) übertragen, die diese dann einregelt. Für die genauere Betrachtung des HiL-Prüfstandes muss dessen Übertragungsverhalten berücksichtigt und zwischen der berechneten und der tatsächlichen Einfederung unterschieden werden. Es hat sich gezeigt, dass der positionsgeregelte Hydropulser im relevanten Frequenzbereich bis 25 Hz näherungsweise durch eine Totzeit von 10 ms beschrieben werden kann, was sich mit bekannten Ergebnissen deckt [1]. Die Abtastzeit beträgt 1 ms.

Der Einfluss des Übertragungsverhaltens der Prüfmaschine auf die Ergebnisse ist direkt an den berechneten Frequenzgängen des Gesamtsystems, die in Abb. 13 exemplarisch für den Fall ohne Regelung und für eine Regelung mit Preview dargestellt sind, zu erkennen. Dabei ist die Totzeit durch eine Padé-Approximation berücksichtigt. Es ist zu erkennen, dass der HiL-Prüfstand einen geringen Einfluss zeigt, der noch gut zu tolerieren ist. Um diesen weiter zu verringern, könnte, da eine periodische Anregung verwendet wird, beispielsweise eine iterativ lernende Regelung (ILR) für den Weg der Prüfmaschine verwendet werden. Aufgrund der geringen Auswirkung ist hier jedoch darauf verzichtet.

Abb. 13
figure 13

Berechnete Frequenzgänge des ungeregelten und geregelten Systems zur Betrachtung des Einflusses des HiL-Prüfstandes (Volllinie: Ohne HiL-Einfluss, Strichlinie: Mit HiL-Einfluss).

Zur Messung ist eine stochastische Straßenanregung über das beschriebene Formfilter \(F_{\text{S,TP}}\) für eine Zeit von 20 Sekunden berechnet. Diese wird periodisch im HiL-Modell auf das System gegeben. Es werden nach dem Einschwingen des Systems drei Perioden aufgezeichnet und mit diesen Daten eine Frequenzgangsschätzung durchgeführt. Die in Abb. 14 gezeigten Frequenzgänge sind die des Systems inklusive des Formfilters \(F_{\text{S,TP}}\), also dem Eingang \(n\), mit den Ausgängen Radlastschwankung \(F_{\text{R}}\) und Aufbaubeschleunigung \(\ddot{z}_{\text{A}}\).

Abb. 14
figure 14

Vergleich der gemessenen (HiL-Simulation) und simulierten Frequenzgänge (Volllinien: Messung, Strichlinien: Simulation). (a) Vergleich ungeregeltes mit geregeltem System (ohne Preview), (b) Vergleich der Regelung mit und ohne Preview, (c) Vergleich verschiedener Reglerauslegungen (mit Preview)

Zur Identifikation eines Frequenzganges wäre an sich ein breitbandiges Anregungssignal mit gleichmäßigerer Leistungsdichte, wie z. B. ein Gleitsinussignal, günstiger. Es wurde jedoch die beschriebene Anregung basierend auf der stochastischen Straßenanregung verwendet, um ein realitätsnäheres Signal zu erhalten. Da damit jedoch die Berechnung der Frequenzgänge zu Frequenzen, die relativ schwach gegenüber benachbarten Frequenzpunkten angeregt sind, problematisch ist, sind in den gezeigten Frequenzgängen diejenigen Frequenzpunkte nicht eingezeichnet, für die die Leistungsdichte der Anregung um mehr als den Faktor 100 kleiner ist als die eines benachbarten Frequenzpunktes.

In Abb. 14a sind die Ergebnisse dargestellt, die sich mit dem beschriebenen Verfahren und einer statischen Rückführung der Aufbaugeschwindigkeit, \(u_{\text{Akt}}=k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}\cdot\dot{z}_{\text{A}}\), für die Reglerparameter \(k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}=0\) und \(-1750\,\text{Ns/m}\) ergeben. Zusätzlich ist im zweiten Fall noch, wie bei allen Versuchen mit einer aktiven Regelung, das Integral der Einfederung über den Faktor \(6000\,\text{N/(m s)}\) zurückgeführt. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, dass das Fahrwerk im Mittel eine Einfederung von Null besitzt und beispielsweise nach einer Sprunganregung angemessen zügig in die Mittellage zurückkehrt. Bei den gezeigten Regelungen beeinflusst dieser I‑Anteil den Frequenzgang nur minimal bei niedrigen Frequenzen. Die Volllinien zeigen die gemessenen Frequenzgänge, während die Strichlinien die basierend auf der Modellierung berechneten Frequenzgänge darstellen. Bei dieser Berechnung sind auch die genannten Effekte (Totzeit, Filterung) des HiL-Prüfstandes berücksichtigt.

In Abb. 14b ist der Regler aus Abb. 14a mit dessen Preview-Variante verglichen. In Abb. 14c ist der Preview-Regler aus Abb. 14b, welcher ohne frequenzabhängige Bewertung ausgelegt wurde, mit einem nach Abb. 14c ausgelegten Regler mit \(\alpha_{\text{f}}=1\) verglichen.

Man kann erkennen, dass die Vereinfachungen der Modelle für den durchgeführten Reglerentwurf zulässig sind. So zeigt sich für jeden der drei Vergleiche qualtitativ eine gute bis sehr gute Übereinstimmung zwischen Modell und Messung.

Auch quantitativ liegt die Abweichung des einfachen Modells von den Messdaten im Rahmen. Die Aufbaueigenfrequenz wird tendenziell unterschätzt. Die Überhöhung im Bereich der Aufbaueigenfrequenz ist im Fall ohne Regelung etwas über- und im geregelten Fall etwas unterschätzt. Hier zeigt sich das eigentlich nichtlineare Verhalten der Luftfeder, d. h. die Abhängigkeit der Steifigkeit von Amplitude und Frequenz und der nichtlinearen Balgreibung. Am deutlichsten sind diese Effekte im Fall der Regelung mit Preview und der frequenzabhängigen Bewertung zu sehen, was darin begründet ist, dass die Einfederwege mit bis zu \(\pm 30\,\text{mm}\) in diesem Fall deutlich höher sind als in allen anderen Fällen (ca. \(\pm 10\) mm, der berechnete Regler lag in keinem der Fälle an der zugelassenen Grenze bezüglich der Standardabweichung der Einfederung). Um das Modell als Grundlage einer weiteren Optimierung der Regler zu verwenden, sollte insbesondere die Modellierung des Federbalges genauer erfolgen.

Die Messungen zeigen, dass die aktive Federung im Vergleich zur passiven Luftfeder (\(k_{\dot{{\text{z}}}_{\text{A}}}=0\)) – und damit auch deutlich gegenüber einer hier nicht dargestellten passiven, klassischen Federung – einen weiteren Komfortgewinn im niedrigen Frequenzbereich um die Aufbaueigenfrequenz erreicht.

5 Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag wurde die an der TU Darmstadt entwickelte Luftfeder vorgestellt und ihre Funktionsweise erläutert. Bei der aktiven Luftfeder handelt es sich um ein teiltragendes aktives System, das zur Schwingungsminderung in Fahrzeugen eingesetzt werden kann. Das Funktionsprinzip konnte mit einem Prototyp nachgewiesen werden.

Am Beispiel des Viertelfahrzeug-Modells konnte gezeigt werden, dass auch bei der Auslegung eines aktiven Systems ein Zielkonflikt zwischen minimaler Aufbaubeschleunigung (maximalem Fahrkomfort) und minimaler Radlastschwankung (maximaler Fahrsicherheit) besteht. Mithilfe eines im Sinn der \(\text{H}_{2}\)-Norm optimalen Reglerentwurfs wurden der Einfluss der Stellkraft des Aktors, der Aktordynamik und der Reglerstruktur auf die Paretokurve, die das erreichbare Optimum für die jeweilige Konfiguration repräsentiert, gezeigt. Es konnte dargelegt werden, dass mit einem (linearen) Skyhook-Regler in Kombination mit einem Preview-Ansatz gute Ergebnisse erzielt werden können. Exemplarisch konnte die Robustheit der Regelung für unterschiedliche Systemparameter wie Beladung und Radsteifigkeit als auch variierende stochastische Anregungen gezeigt werden. Des Weiteren wurde dargelegt, wie bei dem Reglerentwurf die frequenz-spezifische Empfindlichkeit des Menschen gegenüber Schwingungen mithilfe von Gewichtungsfiltern berücksichtigt werden kann. Die Ergebnisse konnten in HiL-Versuchen experimentell bestätigt werden. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass mit der aktiven Luftfeder sowohl der Fahrkomfort gesteigert als auch Schwingungen, die Kinetose verursachen, gemindert werden können.

Im nächsten Schritt soll auf die (simulierte) hydraulische Dämpfung verzichtet und eine pneumatische Dämpfung in die aktive Luftfeder integriert werden. Diese wird dann zum aktiven Luftfederdämpfer, der die Funktionen „Last tragen“, „Federn“, „Kraft stellen“ und „Dämpfen“ in einem Bauteil vereint. Die frequenz-spezifische pneumatische Dämpfung [11] bringt vor allem bei hochfrequenten Anregungen den Vorteil, dass der Aktor nicht gegen den hydraulischen Dämpfer, der dann „versteift“, arbeiten muss. Abschließend ist geplant, die Dauerfestigkeit des aktiven Systems in Versuchen experimentell nachzuweisen.