Einleitung

Als Idomeneus, König von Kreta, bei seiner Rückkehr aus der Schlacht um Troja mit seiner Armada in einen schweren Sturm geriet, der nur eines seiner 80 Schiffe verschonte, gelobte er, dem Meeresgott Poseidon ein Menschenopfer zu bringen. Die erste Person, der er an Land begegnen würde, versprach er zu opfern. Zu seinem Unheil traf er auf seinen eigenen Sohn Idamantes. Die gleichnamige Oper von Wolfgang Amadeus Mozart in ihrer Uraufführung von 1781 handelte von diesem Zwiespalt zwischen dem göttlichen Versprechen und der Verantwortung gegenüber den Menschen.

Auch die interdisziplinäre Gefäßmedizin bietet viele Interessenkonflikte, die Parallelen zu dieser antiken griechischen Sage aufweisen. Der Arzt als altruistisch denkender Heiler steht dem Arzt als budgetverantwortlichem Leistungserbringer gegenüber. Der eindringliche Wunsch des Patienten mit Claudicatio intermittens nach einer invasiven Behandlung widerspricht nicht selten der evidenzbasierten Empfehlung, primär zunächst auf Nikotin zu verzichten und einer Gefäßsportgruppe beizutreten. Dass nationale Abrechnungssysteme einen relevanten Einfluss auf Behandlungsergebnisse haben können, legen internationale Registervergleiche des International Consortium of Vascular Registries (ICVR) nahe. So zeigten sich signifikante Unterschiede bei der Behandlung des abdominellen Aortenaneurysmas zwischen Ländern mit einem DRG-Abrechnungssystem versus einem populationsbasierten Versorgungsbudget [2]. Während in Ländern mit DRG-Abrechnungssystem (z. B. Deutschland, Schweiz, USA) jeder Fall separat mit einer individuellen Pauschale vergütet wird, erfolgt die Vergütung in Ländern mit populationsbasiertem Budget (z. B. Schweden, Dänemark, Norwegen) unabhängig von der Anzahl tatsächlich durchgeführter Leistungen.

Mit weltweit über 200 Mio. Patienten [9] und einer altersspezifischen zunehmenden Prävalenz von ca. 18 % in deutschen Haus- und Facharztpraxen [8] stellt die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) eine bedeutende Erkrankung für das Gesundheitssystem dar. In Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) lassen sich mehr als 1 Mio. Versicherte mit dieser Diagnose identifizieren, allein mehr als 100.000 Versicherte bei der BARMER (Zahlen der BARMER 2016). Die durchschnittlichen jährlichen Behandlungskosten belaufen sich dabei auf ca. 6250 € pro Versichertem. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes haben die abgerechneten stationären Behandlungsfälle zwischen 2005 und 2012 um mehr als 21 % zugenommen: Im Jahr 2013 wurden etwa 232.000 invasive Behandlungen der PAVK in Deutschland abgerechnet [7]. In einer deutschlandweiten Erhebung zur Behandlung der PAVK zwischen 2005 und 2009 zeigte sich eine Zunahme endovaskulärer Verfahren um 46 % und ein Anstieg der stationären Behandlungskosten um 21 %. Die durchschnittlichen Behandlungskosten betrugen in 2009 pro Fall 4506 € für die Behandlung der intermittierenden Claudicatio (IC) und 6791 € für die Behandlung der kritischen Extremitätenischämie (CLI) [13]. Ob diese Expansion an Leistungen, insbesondere bei den endovaskulären Verfahren, auch durch einen Benefit für die Patienten gerechtfertigt ist, lässt sich aufgrund einer allgemein schwachen und teilweise lückenhaften Evidenzbasis sowie fehlender Instrumente zur flächendeckenden Erhebung der Behandlungsergebnisse nicht ohne weiteres beantworten. Für viele Behandlungsfälle oder Verfahren stehen bisher keine randomisierten kontrollierten Studien oder Ergebnisse aus Metaanalysen zur Verfügung. Die Therapieentscheidung und Wahl des Verfahrens bleibt daher nicht selten der persönlichen Expertise des Behandlers überlassen. Register ermöglichen eine Versorgungsevaluation unter Alltagsbedingungen. Dieses Instrument bietet sich besonders in Situationen an, die aufgrund ihrer Komplexität und Heterogenität der Studienpopulation in kontrollierten Studien nur eingeschränkt abbildbar sind, wie es bei der PAVK der Fall ist. Mit Registern können Aussagen über Versorgungsstrukturen und -prozesse sowie Wirksamkeit, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz therapeutischer Maßnahmen gemacht werden. Die nicht selektive Registrierung des Versorgungsgeschehens ermöglicht es auch, Erkenntnisse über Patientengruppen zu gewinnen, die üblicherweise nicht an randomisierten kontrollierten Studien teilnehmen. Neben Patientencharakteristika kann der langfristige Verlauf der eingesetzten Therapien, deren Dosierungen, Anwendungen und Therapiekontrollen untersucht und so Aussagen über die Prognose von Erkrankungen gemacht werden. Dem Arzt ist im Register – anders als bei klassischen kontrollierten Studien – die Wahl der Therapie freigestellt. Das Register spiegelt somit in der Regel das aktuelle medizinische Wissen wieder. Register ermöglichen daher eine Abschätzung der Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen unter Alltagsbedingungen.

Etwa 50 % der endovaskulären Revaskularisationen erfolgen im Stadium der Claudicatio intermittens, was scheinbar den Leitlinienempfehlungen widerspricht, die für dieses Krankengut nur eine zurückhaltende Indikation zur Revaskularisation sehen.

Register ermöglichen eine Versorgungsevaluation unter Alltagsbedingungen

Dabei sollte die invasive stationäre Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) evidenzbasiert erfolgen, indem aktuell verfügbare Studien und Leitlinienempfehlungen in die Behandlungsentscheidungen einbezogen werden. Neben der konservativen Therapie stehen endovaskuläre Revaskularisationen (ER) und offen-chirurgische Verfahren (OR) zur Verfügung, die stadiengerecht angewandt werden sollten. Aktuelle Registererhebungen zur ER bei PAVK (PSI-Studie) legen nahe, dass die Leitlinienempfehlungen nicht immer eingehalten werden. So wurden fast 50 % der ER im Stadium der belastungsabhängigen Ischämieschmerzen (IC, intermittierende Claudicatio) durchgeführt [3], obwohl die deutsche S3-Leitlinie [12] und ein aktuelles systematisches Review [10] hier ein konservatives Vorgehen mit begleitetem Gehtraining und einer Optimierung der Risikofaktoren als gleichwertig ansehen. Bestätigt wird diese Diskrepanz zwischen Evidenz und Praxis auch bei Auswertungen der populationsbasierten Daten zur externen Qualitätssicherung (EQS-Hamburg Landesgeschäftsstelle Qualitätssicherung), zu der Behandler in Hamburg zwischen 2004 und 2015 verpflichtend beitragen mussten: knapp 61 % der invasiven Prozeduren erfolgte bei diesem Kollektiv zur Behandlung der IC [5]. Anders stellt sich die Lage dagegen bei der Behandlung von PAVK-bedingten Ruheschmerzen oder Wundheilungsstörungen (CLI, kritische Extremitätenischämie) dar, wo die ER das favorisierte First-Line-Verfahren darstellt. Offen-chirurgische Revaskularisationen (OR) haben dagegen einen relevanten Stellenwert bei fortgeschrittener Erkrankung mit komplexen oder besonders langstreckigen Läsionen [1]. Auch bei Detailfragen, etwa zur Wahl des spezifischen endovaskulären Vorgehens, lassen sich jedoch Hinweise auf noch ungenutzte Verbesserungspotenziale finden. Obwohl in einem Cochrane-Review zu elf randomisierten Studien [6] kein anhaltender Vorteil der primären Stentimplantation gegenüber der alleinigen Aufdehnung der Läsion mit einem Ballon nachgewiesen wurde, wurden zwischen 2004 und 2015 in Hamburg etwa 30 % der Behandlungen auf diese Weise durchgeführt. Auch die Daten der bereits erwähnten PSI-Studie legen ein mögliches Defizit bei der Wahl der Devices nahe. Neben der stent- und ballongestützten Behandlung von Läsionen gibt es mittlerweile eine große Anzahl weiterer Kathetertechniken. Zahlreiche Devices wurden von den Teilnehmern der PSI-Studie häufig genutzt, zu deren Bedeutung für die PAVK-Behandlung in mehreren systematischen Reviews und Metaanalysen aufgrund der ungenügenden Evidenzlage noch keine eindeutige Aussage getroffen werden konnte [11]. Darüber hinaus können auch zur Kosteneffektivität einzelner Verfahren bisher keine validen Angaben gemacht werden [14]. Für eine repräsentative Darstellung der Versorgungsrealität an deutschen Gefäßzentren und die Überprüfung der Effektivität und Effizienz der Verfahren unter Alltagsbedingungen ist die Entwicklung von Qualitätsindikatoren inkl. patientenrelevanter Ergebnisse erforderlich. Es sollte zudem überprüft werden, ob eine valide Messung dieser Parameter über Routine- und Primärdaten möglich ist. Insbesondere zum Thema der Routinedatennutzung erfolgte bisher keine wissenschaftlich geprägte Auseinandersetzung mit dem Thema, obwohl es Anhalte dafür gibt, dass diese eine wertvolle Ergänzung zu Registerdaten darstellen können [4]. Behandlern sollten zudem die in ihren klinischen Einrichtungen erzielten Ergebnisse zurückgemeldet werden, um Potenziale für eine Verbesserung der eigenen Versorgung identifizieren zu können.

Für die Nutzung von Register- und Routinedaten in der gefäßmedizinischen Versorgungsforschung und Qualitätssicherung ist eine gewissenhafte Validierung dieser Datenquellen erforderlich!

Verbesserung der Versorgung

Das multimethodale Projekt IDOMENEO (Tab. 1) verfolgt einerseits das Ziel, die Evidenzbasis zur Behandlung der PAVK zu erweitern (Versorgungsforschung) und andererseits Instrumente zu identifizieren, um die Versorgung der Patienten zu verbessern (Qualitätsentwicklung). Es sollen bereits existierende Qualitätsindikatoren der PAVK-Behandlung systematisch gesammelt und anschließend zusammen mit neu zu entwickelnden Qualitätsindikatoren an Routine- und Primärdaten getestet werden. Dabei werden patientenrelevante Ergebnisse (z. B. Lebensqualität) explizit einbezogen. Ziel ist darüber hinaus die Entwicklung und Erprobung eines innovativen Benchmarking-Konzepts mit Qualitätsberichten und Verbesserungspotenzial für Behandler bzw. Behandlungseinrichtungen. Die erhobenen Registerdaten sollen dadurch direkt in den Routinebetrieb zurückgeführt werden und zu einer Qualitätsentwicklung und Optimierung der Versorgung beitragen. Mit der Beantwortung der Frage, ob und in welcher Form bestehende Routinedatensätze zur validen Messung von Qualitätsindikatoren bei PAVK-Behandlungen geeignet sind, stellt dieses Projekt zudem eine wichtige Grundlage für die Etablierung einer gezielten Qualitätsverbesserung in der Gefäßmedizin dar. Es wird zudem angestrebt, das Gesamtkonzept sowie die datenschutzkonformen und datensicheren Techniklösungen so zu gestalten, dass sie auch in anderen medizinischen Fachbereichen außerhalb der interdisziplinären Gefäßmedizin eine potenzielle Nutzung ermöglichen. Zur Umsetzung der in diesem Artikel beschriebenen Projektziele wurde ein Konsortium aus klinischen Gefäßmedizinern, der unabhängigen Arbeitsgruppe GermanVasc, Experten auf den Gebieten Lebensqualität, Methodik und Versorgungsforschung, Informationstechnologie sowie Vertretern der BARMER gegründet.

Tab. 1 Projektziele und Methodik der IDOMENEO-Studie

Innovationsgehalt des Projekts

Aufgrund des inhomogenen Erkrankungsmusters von PAVK-Patienten (Lokalisation einzelner oder mehrerer Gefäße, ein- oder beidseitiger Befall, deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede, große Anzahl an Komorbiditäten) und deren vielseitigen Behandlungsmöglichkeiten im klinischen Alltag (konservative, endovaskuläre und offen-chirurgische Verfahren, mind. 15 unterschiedliche Typen von Devices und deren Kombination) stellen wissenschaftlich hochwertige Studienprojekte eine Herausforderung für die gefäßmedizinische Versorgungsforschung dar. Das Konsortium partizipiert in Netzwerken vaskulärer Registererhebungen und beschäftigt sich seit Jahren mit der Aufgabe, internationale Erhebungen vergleichbar zu gestalten. Mehr als 150 verschiedene Parameter sind derzeit Gegenstand von zwei Projekten des International Consortium of Vascular Registries (ICVR) und des Medical Device Epidemiology Network (MDEpiNet) zur Harmonisierung der existierenden Datensätze und Registererhebungen zur PAVK.

Erstmals werden alle verfügbaren Datenquellen einbezogen und sinnvoll miteinander verglichen

Erstmals in der Versorgungsforschung und Qualitätssicherung zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit werden alle verfügbaren Datenquellen einbezogen und sinnvoll miteinander verglichen.

Das vorliegende Projekt verfügt über einen hohen Innovationsgehalt, da erstmals in Deutschland eine multimethodale und umfassende Evaluation von Indikatoren zur PAVK erfolgt, die eine Einbeziehung und einen sinnvollen Vergleich aller verfügbaren Datenquellen (Routine- und Primärdaten) vorsieht und zudem praktische Aspekte der Qualitätssicherung mit Kernfragen der gefäßmedizinischen Versorgungsforschung vereint. Die Fokussierung auf patientenrelevante Ergebnisse (z. B. Lebensqualität) bietet zudem die Möglichkeit, zu überprüfen, ob die von Leitlinien nicht empfohlenen Behandlungen der intermittierenden Claudicatio durch einen signifikanten Gewinn an Lebensqualität gerechtfertigt sind. Durch die umfassende Analyse von Routinedaten der BARMER stehen zudem erstmals umfassende sektorenübergreifende Versorgungsdaten zu mindestens 10 % der deutschen Bevölkerung zur Verfügung. Das Konsortium vereint die notwendige Expertise aus den Teilbereichen Medizin, Wissenschaft und Informatik und hat alle Aspekte des Konsortialprojekts gemeinsam entwickelt.

Wissenschaftliches und methodisches Vorgehen

Die Zielpopulation umfasst alle Patienten mit einer symptomatischen PAVK im Stadium IIA bis IV nach der Fontaine-Klassifikation (intermittierende Claudicatio und kritische Extremitätenischämie), die stationär in deutschen Gefäßzentren invasiv endovaskulär oder offen-chirurgisch behandelt werden.

Die Entwicklung und Prüfung von Qualitätsindikatoren wird im Rahmen eines dreistufigen multimethodalen Projekts realisiert. Da bisher noch keine allgemein akzeptierten und erprobten Qualitätsindikatoren für die Zielerkrankung existieren, ist eine interventionell-konfirmatorische Überprüfung dieser Indikatoren nicht möglich.

Das Projekt wird aus Mitteln des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Förderung von Versorgungsforschung (§§ 92a Abs. 2 SGB V und 92b SGB V) gefördert. Zuständiger Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Förderbeginn ist der 1. April 2017. Die Laufzeit des Projektes beträgt insgesamt 36 Monate.

Prüfung existierender Qualitätsindikatoren

Systematische Literaturanalyse zur Identifikation und Sammlung von potenziellen Qualitätsindikatoren und Ergebnisparametern

Für die Entwicklung von Qualitätsindikatoren bei der PAVK-Behandlung erfolgt eine systematische Analyse der verfügbaren Literatur auf der Grundlage von Metaanalysen, systematischen Reviews und Leitlinien.

Retrospektive Analyse von Routinedaten

Die retrospektive Analyse erfolgt anhand der verfügbaren Routinedaten der BARMER (2005 bis 2015) über das Wissenschafts-Data-Warehouse (W-DWH). Die geplanten sektorenübergreifenden Langzeitanalysen ermöglichen einen umfassenden Blick über die aktuelle Versorgungssituation.

Prüfung neuer Qualitätsindikatoren

Delphi-Verfahren mit Experten zur Festlegung der Qualitätsindikatoren und Ergebnisparameter

Im Rahmen eines mehrstufigen Delphi-Verfahrens mit Experten soll nach Sichtung der Literatur und der Routinedatenanalysen (siehe 1.1 und 1.2 in Tab. 1) eine Festlegung und systematische Prüfung erfolgen, welche der vorgeschlagenen Indikatoren mit den Routinedaten valide abbildbar sind. Parallel soll, ebenfalls im Rahmen eines Delphi-Prozesses, ein Indikatorensatz für patientenrelevante Ergebnisse (u. a. Gehstrecke, Lebensqualität, Komplikationen) definiert werden. Bei dem sogenannten Delphi-Verfahren handelt es sich um eine moderierte, strukturierte und mehrstufige Befragung unter Experten.

Prospektive Erhebungen

Prospektive Erhebung von Routinedaten der BARMER

Eine prospektive Erhebung der BARMER-Routinedaten erfasst 9 Monate lang jede dort routinemäßig abgerechnete invasive stationäre Behandlung der PAVK mit einer Nachbeobachtung (Follow-up) für weitere 12 Monate. Diese prospektive Erhebung erfolgt innerhalb der BARMER durch entsprechende Filter- und Analyseroutinen im Routinebetrieb.

Aufbau einer datenschutzkonformen und datensicheren Registerplattform (GermanVasc) zur prospektiven Erhebung von Primärdaten

Unter Supervision durch den Fachbereich Informatik der Universität Hamburg (UHH) erfolgt die Entwicklung einer Registerplattform zur umfassenden Erhebung, Speicherung und Weiterverarbeitung von Behandlungsdaten. Dabei wird insbesondere geprüft, wie existierende Techniken der Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung zum Schutz von Patientendaten verwendet werden können, ohne dass eine Verknüpfung von Datensätzen zur weiteren statistischen Analyse ausgeschlossen wird. Besonderer Fokus liegt dabei auf standardisierten oder geeigneten Datenformaten zum Abspeichern von medizinischen Metadaten. Die Herausforderung besteht darin, zusammen mit den Behandlern als Anwendern der Plattform ausdrucksstarke Selektionskriterien zu entwickeln, mit denen geeignete Ergebnisse erzielt werden können, bei gleichzeitigem zuverlässigen Schutz sensibler Datenfelder. Abschließend sollen Schnittstellen zur Integration bestehender Datensätze, beispielsweise der Daten aus dem Wissenschafts-Data-Warehouse des Projektpartners BARMER, zur nachhaltigen Verwertung umgesetzt und getestet werden.

Das Gesamtkonzept der Registerplattform soll im Rahmen einer umfassenden Rechtsberatung sowie durch Einholung eines externen Rechtsgutachtens hinsichtlich der Datenschutzkonformität und Datensicherheit überprüft werden. Die Ergebnisse des Rechtsgutachtens sollten im dritten Projektjahr in die Arbeiten einfließen.

Die Registerplattform soll im Laufe des Gesamtprojekts derart entwickelt und ausgebaut werden, dass eine Verwertung der Plattform nach Ende der Förderdauer ermöglicht wird.

Prospektive Erhebung von Primärdaten inkl. patientenrelevanter Ergebnisse zur invasiven Behandlung der PAVK

Geplant ist der konsekutive Einschluss aller stationären Behandlungsfälle mit einer symptomatischen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium IIA oder IIB (intermittierende Claudicatio, belastungsabhängige Ischämieschmerzen), im Stadium III (kritische Extremitätenischämie mit Ruheschmerzen) oder IV (kritische Extremitätenischämie mit Wundheilungsstörungen) nach der Fontaine-Klassifikation und invasiver endovaskulärer (ER) oder offen-chirurgischer (OR) Behandlung der Läsion. Der Einschluss soll über 9 Monate mit einem anschließenden Follow-up über 12 Monate erfolgen. Kalkuliert wird auf Basis der oben genannten Zentrumsbefragung mit bis zu 10.000 Patienten aus bis zu 30 Zentren. Es finden vier Patientenvisiten statt: beim Einschluss, nach 3 Monaten, nach 6 Monaten und nach 12 Monaten. In der Literatur vorgeschlagene Qualitätsindikatoren der PAVK-Behandlung (z. B. MACE: schwere kardiovaskuläre Komplikationen, MALE: schwere periphere Komplikationen, Offenheitsrate, Reinterventionen und Amputationen) werden um die im Delphi-Verfahren festgelegten Parameter inkl. patientenrelevanter Ergebnisse (z. B. Lebensqualität) ergänzt.

Die Lebensqualität soll durch vergleichende Verwendung eines generischen („short form“; SF-12) und eines spezifischen Fragebogens („walking impairment questionnaire“; WIQ) bei bis zu n = 10.000 neu dokumentierten Patienten in bis zu 30 Einrichtungen prospektiv gemessen werden. Je nach Responserate ist mit Angaben von etwa n = 3000 Personen zu rechnen. Die Akzeptanz, Gültigkeit und Zuverlässigkeit der Verfahren zur Messung der Lebensqualität sollen mithilfe von psychometrischen Methoden überprüft werden.

Validierung der Routine- und Registerdaten

Nach dem Ende der Follow-up-Dauer werden die Erhebungen von Routinedaten (BARMER) und Primärdaten (GermanVasc) miteinander verglichen, um Aussagen zur externen und internen Datenvalidität zu treffen. Die höchste wissenschaftliche Aussagekraft und Designstärke würde eine Verknüpfung beider Datenquellen mit einem Matching auf Personenebene erreichen, wobei aufgrund der Datenschutzvorgaben voraussichtlich auf einen Populations- oder Gruppenvergleich zurückgegriffen werden muss. Die Analyse erfolgt mittels inferenzstatistischer Prüfung von Zusammenhangshypothesen sowie mittels Methoden zur Evaluation diagnostischer Verfahren.

Implementierung und Prüfung eines Benchmarking-Konzepts

Fokusgruppe mit Experten

Im Rahmen eines mehrstufigen Delphi-Verfahrens mit 20–30 Experten (Kliniker, Wissenschaftler und Betroffene) soll nach Sichtung der Register- und Routinedatenanalysen (siehe 2.2.1 bis 2.2.4) eine Festlegung und systematische Prüfung, welche der erfassten Indikatoren hinreichend valide abbildbar sind, erfolgen. Parallel ist, ebenfalls im Rahmen eines Delphi-Prozesses, die Definition eines finalen Indikatorensatzes für die zukünftige Erhebung und das Benchmarking von Qualitätsindikatoren inklusive patientenrelevanter Ergebnisse geplant.

Registerbasiertes Benchmarking und Qualitätsrückmeldungen

Implementierung des Benchmarking-Systems.

Die Primärdatenerhebungen sollen zur Erprobung eines Benchmarking-Konzepts an die Behandler und Einrichtungen (auf Zentrumsebene) zurückgemeldet werden. Das Ergebnis der eigenen Behandlungen wird datenschutzkonform durch Qualitätsberichte mit Verbesserungspotenzial an die teilnehmenden Zentren zurückgemeldet.

Qualitative Befragung der Nutzer.

Die Nutzer (n = 30) des Benchmarking-Systems werden durch qualitative Interviews (und ggf. durch andere Verfahren) zu ihrer Meinung in Bezug auf das Benchmarking-Konzept und deren Praktikabilität für Anwender befragt.

Verwertungspotenzial des Projekts

Das hier beschriebene dreistufige und multimethodale Projekt soll zu einer Verbesserung der Versorgung von PAVK-Patienten führen. Dabei liegt ein Schwerpunkt auch in dem Verwertungspotenzial nach dem Ende der Förderungsdauer.

Geplant ist die systematische Identifikation und Sammlung von potenziellen Qualitätsindikatoren und Ergebnisparametern sowie patientenrelevanten Indikatoren und deren einheitliche Festlegung durch ein mehrstufiges Delphi-Verfahren mit Experten inklusive betroffenen Patienten. Die Ergebnisse werden für zukünftige Projekte der vaskulären Versorgungsforschung und Qualitätssicherung in Deutschland zur Verfügung gestellt. Das vorliegende IDOMENEO-Projekt schafft damit eine Referenzbasis für Folgeprojekte und evaluiert Möglichkeiten zur Nutzung von Routinedaten zur PAVK-Behandlung in Deutschland sowie deren Verknüpfung mit Primärdatenquellen. Aus einem wissenschaftlichen Verfahrensvergleich unter Berücksichtigung der Lebensqualität können voraussichtlich Behandlungsempfehlungen für eine Patientenpopulation abgeleitet werden, die derzeit über 40 % des gefäßmedizinischen Versorgungsspektrums ausmacht und für die bisher keine eindeutigen Empfehlungen verfügbar sind.

Für über 40 % des gefäßmedizinischen Versorgungsspektrums sind keine eindeutigen Empfehlungen verfügbar

Das Gesamtkonzept der Registerplattform, zum Datenschutz und zu Schnittstellen zur Integration bestehender Datensätze soll nach Fertigstellung des Rechtsgutachtens nach dem Ende der Förderdauer auch anderen medizinischen Fachbereichen zur Verfügung gestellt werden.

Die Erprobung und Evaluation eines Benchmarking-Konzepts und die Qualitätsberichte mit Verbesserungspotenzial zur Einhaltung von Qualitätsstandards in der Gefäßmedizin schaffen die Grundlage für die Einführung einer dauerhaften Qualitätsinitiative der Gefäßmedizin nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Vascular Quality Initiative“ (VQI, www.vascularqualityinitiative.org). Für den erfolgreichen Fortbetrieb der Registerplattform GermanVasc nach dem Ende der Förderdauer evaluiert die Arbeitsgruppe GermanVasc (www.germanvasc.de) finanzielle und infrastrukturelle Lösungen zum dauerhaften Weiterbetrieb.