Einleitung

Nach DIN EN 1997-1 (2014-03) kann der Sicherheitsnachweis gegen hydraulischen Grundbruch mit zwei unterschiedlichen Grenzgleichgewichtsbedingungen geführt werden:

  • Der Bemessungswert des destabilisierenden totalen Porenwasserdrucks an der Unterseite des Prismas udst;d ist nicht größer als der Bemessungswert der stabilisierenden totalen Vertikalspannung an der Unterseite des Prismas σstb;d:

    $$u_\mathrm{dst;d}\leq \sigma_\mathrm{stb;d}$$
    (1)
  • Der Bemessungswert der destabilisierenden Strömungskraft an der Unterseite des Prismas Sdst;d ist nicht größer als der Bemessungswert des stabilisierenden Gewichtes des Prismas unter Auftrieb G‘stb;d:

    $$S_\mathrm{dst;d}\leq G'_\mathrm{stb;d}$$
    (2)

Das oben angegebene Prisma geht auf die zweidimensionalen Modellversuche von Terzaghi (1925; Terzaghi und Peck 1961) zurück. Aufbauend auf den Ergebnissen der Modellversuche schlug er die Überprüfung der Stabilität eines quaderförmigen Bruchkörpers beim Nachweis gegen hydraulischen Grundbruch vor. Die Höhe des Bruchkörpers entspricht der Einbindetiefe der Verbauwand, während seine Breite der Hälfte der Einbindetiefe unter dem Grundwasserspiegel entspricht.

Jedoch führt ein Nachweis gegen hydraulischen Grundbruch in Abhängigkeit von den herangezogenen Grenzgleichgewichtsbedingungen nach Gln. 1 und 2 zu unterschiedlichen Bewertungen der Sicherheit. Nach DIN 1054 (2010-12) hingegen ist der Sicherheitsnachweis mit Gl. 2 zu führen.

Koltuk et al. (2016) zeigten, dass sich dieses Problem lösen lässt, wenn Gl. 1 in Form von hydraulischem Gefälle angegeben wird:

$$i_\mathrm{vorhanden;d}\leq i_\mathrm{kritisch;d}$$
(3)

Somit wird der Ausnutzungsgrad µ unter Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte mittels Gl. 4 ermittelt:

$$\mu =\frac{\left(\frac{\Delta h_{M}}{t}\right)\cdot \gamma _{H}}{\left(\frac{t\cdot \gamma '+d\cdot \gamma }{t\cdot \gamma _{w}}\right)\cdot \gamma _{\mathrm{G, stb}}}$$
(4)

wobei γw die Wichte des Wassers, γ die Feuchtwichte des Bodens und γ′ die Wichte des Bodens unter Auftrieb sind. Das Symbol ∆hM entspricht der mittleren Wasserdruckhöhe an der Unterkante des Bruchkörpers von Terzaghi bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite. Die Symbole d und t stellen die Einbindetiefen oberhalb bzw. unterhalb des Grundwasserspiegels dar (Abb. 1). Die Teilsicherheitsbeiwerte sind mit γH und γG, stb dargestellt. Somit entspricht das Verhältnis ∆hM/t dem vorhandenen mittleren hydraulischen Gefälle im Bruchkörper von Terzaghi ivorhanden, während das Verhältnis \(\left(t\cdot \gamma '+d\cdot \gamma \right)/(t\cdot \gamma _{w})\)dem kritischen hydraulischen Gefälle des Bodens ikritisch entspricht.

Abb. 1
figure 1

Nachweis gegen hydraulischen Grundbruch nach Gl. 3 bzw. Gl. 4 (modifiziert von Koltuk et al. 2016)

In der Literatur finden sich auch weitere Nachweisverfahren gegen hydraulischen Grundbruch in nichtbindigen homogenen Böden. Diese Nachweisverfahren unterscheiden sich voneinander durch die Form des betrachteten Bruchkörpers und die am Bruchkörper angreifenden Kräfte (Harza 1935; Bazant 1953; Knaupe 1968; Baumgart und Davidenkoff 1970; Tanaka und Verruijt 1999; Aulbach 2013).

Das Verfahren von Baumgart und Davidenkoff (1970) findet in deutschen Regelwerken wie EAU (2012) und EAB (2012) Erwähnung. Bei diesem Verfahren wird die Stabilität eines unendlich schmalen Stromfadens überprüft, der unmittelbar entlang der Einbindetiefe verläuft. Die Höhe des Stromfadens entspricht der Einbindetiefe der Verbauwand. Der Sicherheitsnachweis gegen hydraulischen Grundbruch wird rechnerisch erbracht, indem für ∆hM in Gl. 4 die Wasserdruckhöhe am Wandfußpunkt ∆hK bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite eingesetzt wird (Abb. 1).

Bei den von Koltuk et al. (2016) durchgeführten zweidimensionalen Modellversuchen an gleichförmigen Fein- bis Mittelsanden wurden in der Regel vier typische Bruchstadien festgestellt:

  1. 1.

    geringe Hebungen auf der Unterwasserseite,

  2. 2.

    vulkanartige Durchbrüche im Eckbereich des Versuchskastens: Dieser Zustand wurde als Fließsand-Zustand (engl. „quicksand condition“) bezeichnet. Die vulkanartigen Durchbrüche verursachten die Entstehung eines verflüssigten bzw. nicht tragfähigen Bereichs im Eckbereich des Versuchskastens (Abb. 2a). Bei den lockeren Lagerungen der Versuchsböden führten sie weiterhin zu Setzungen auf der Oberwasserseite,

  3. 3.

    erhebliche Hebungen auf der Unterwasserseite und ihr begleitenden Setzungen auf der Oberwasserseite: Das System behielt jedoch seine Stabilität, wenn keine weitere Absenkung des Wassers vorgenommen wurde,

  4. 4.

    unter konstantem Potenzialunterschied fortschreitende Deformationen und letztendlich ein totaler Kollaps (Abb. 2b).

Abb. 2
figure 2

Entwicklung des hydraulischen Grundbruchs in Fein- bis Mittelsanden: a Fließsand-Zustand, b Totaler Kollaps (modifiziert von Koltuk et al. 2016)

In den Laborversuchen tritt ein hydraulischer Bruch bei den vertikal von unten nach oben durchströmten homogenen nichtbindigen Bodenproben dann auf, wenn die vertikalen effektiven Spannungen über die ganze Bodenprobe gegen null tendieren bzw. wenn das vorhandene hydraulische Gefälle im Boden ivorhanden das kritische hydraulische Gefälle des Bodens ikritisch überschreitet (Fließsand-Zustand). Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der von verschiedenen Forschern durchgeführten eindimensionalen Durchströmungsversuche ist in Koltuk et al. (2016) zu finden.

Theoretisch kann ein Fließsand-Zustand ebenfalls in Baugruben in homogenen nichtbindigen Böden auftreten, wenn die vertikalen effektiven Spannungen über einen unendlich schmalen Stromfaden, der unmittelbar entlang der gesamten Einbindetiefe verläuft, gegen null tendieren. D. h., mit einem Fließsand-Zustand in einer Baugrube ist erst dann zu rechnen, wenn die vorhandenen hydraulischen Gefälle über den unendlich schmalen Stromfaden größer gleich dem kritischen hydraulischen Gefälle des Bodens werden (ivorhanden ≥ ikritisch). Die näheren Erklärungen zur Ausbildung des Fließsand-Zustandes in Baugruben sind in Koltuk et al. (2016) zu finden.

Der Vorteil der Verwendung des auf dem Fließsand-Zustand basierenden Bruchkriteriums in Baugruben ist folgendes: Im Vergleich zu zweidimensionalen Baugrubenmodellen ergeben die dreidimensionalen Baugrubenmodelle höhere Porenwasserdrücke (Davidenkoff und Franke 1965; Cai und Ugai 2004; Tanaka et al. 2012; Aulbach 2013). Infolgedessen entstehen hydraulische Grundbrüche meistens in den Eckbereichen von Baugruben, da hier relativ große hydraulische Gefälle auftreten. Jedoch ist die Form des in den Baugrubenecken entstehenden dreidimensionalen Bruchkörpers versuchsmäßig nicht bekannt. Hier bietet sich das Bruchkriterium von Baumgart und Davidenkoff an, welches je nach Baugrubenverhältnissen sehr unwirtschaftliche Entwürfe zur Folge haben kann. Das auf dem Fließsand-Zustand basierende Bruchkriterum ist hingegen relativ wirtschaftlich und erfordert ebenfalls keinen dreidimensionalen Bruchkörper (Koltuk et al. 2016).

Die vorliegende Arbeit ist eine Erweiterung der experimentellen Untersuchungen von Koltuk et al. (2016), sodass die Korngrößenverteilungen der Versuchsböden im Bereich zwischen Feinsand und Feinkies liegen. Die Arbeit ermöglicht es, den Einfluss der Korngrößenverteilungen von homogenen Sand- und Kiesgemischen auf den Mechanismus des hydraulischen Grundbruchs zu identifizieren.

Experimentelle Untersuchungen

Zur Beobachtung des Bruchvorgangs bei der Umströmung einer Verbauwand wurde ein Versuchskasten mit einer Höhe von 68 cm, einer Länge von 53 cm und einer Breite von 20 cm unter Ausnutzung der Symmetrie konstruiert, wie bereits in Koltuk et al. (2016) beschrieben (Abb. 3a). Die Verbauwand wurde durch eine undurchlässige Zwischenplatte mit einer Einbindetiefe von 5 cm und einer Dicke von 2,7 cm nachgebildet. Zur Gewährleistung eines annähernd homogenen Wasseranstiegs in der Sättigungsphase des Versuchsbodens wurde auf der Sohle des Versuchskastens eine Kiesschicht mit einer Dicke von 3 cm und einem Durchlässigkeitsbeiwert von 2,3 · 10−2 m/s eingebaut. Der Versuchsboden wurde durch ein dünnes, durchlässiges Vlies von der Kiesschicht getrennt.

Abb. 3
figure 3

Zweidimensionale Modellversuche: a Versuchskasten (modifiziert von Koltuk et al. 2016); b Schematische Darstellung des Versuchskastens und Potenzialabbau; c Theoretisch ermittelte Druckhöhen für ∆Hmax = 40 cm

Die Deformationen auf den Ober- und Unterwasserseiten wurden visuell mithilfe von 6 Messskalen ermittelt, die in den Eckbereichen des Versuchskastens und in den Mitten der Zwischenwand angebracht wurden. Die Porenwasserdrücke, die unmittelbar entlang der Einbindetiefe der Zwischenwand entstanden, wurden mithilfe von 6 Standrohren (S1 bis S6) mit einem Innendurchmesser von 5 mm gemessen.

Abb. 3b zeigt die schematische Darstellung der Versuchsanlage und den theoretisch berechneten Potenzialabbau, der anhand einer numerischen Analyse von stationären Strömungen ermittelt wurde. Die Analyse erfolgte durch die Software Abaqus 6.12, deren Ergebnisse auf der Finite-Elemente-Lösung der Laplace’schen partiellen Differentialgleichung 2. Ordnung basieren.

Für die in Abb. 3b dargestellten Abmessungen des Versuchskastens und Versuchsbodens sowie eine Einbindetiefe von 5 cm führte ein Potenzialunterschied von ∆H = 1 cm zwischen den Ober- und Unterwasserseiten zu einer theoretisch berechneten mittleren Wasserdruckhöhe von ∆hξ = 0,28 cm an der Unterkante des Bruchkörpers von Terzaghi und zu einer theoretisch berechneten Wasserdruckhöhe von ∆hξ = 0,345 cm am unteren Knoten des Stromfadens von Baumgart und Davidenkoff, bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite. Im konstruierten Versuchskasten war der maximal erreichbare Potenzialunterschied zwischen den Ober- und Unterwasserseiten 40 cm (Abb. 3b). Für diesen Wert betrugen die theoretisch ermittelten Wasserdruckhöhen 11,2 cm (= 0,28 · 40) am Punkt M und 13,8 cm (= 0,345 · 40) am Punkt K, bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite (Abb. 3c). Für eine Einbindetiefe von 5 cm ergaben sich daraus die maximal erreichbaren hydraulischen Gefälle als 2,24 im Bruchkörper von Terzaghi (iTerzaghi = 11,2/5) und 2,76 am Stromfaden von Baumgart und Davidenkoff (iDavidenkoff = 13,8/5).

Um den theoretisch zum Fließsand-Zustand führenden Potenzialunterschied zu ermitteln, wurde ein unendlich schmaler Stromfaden mit einer Länge von 0,625 cm zwischen dem Punkt A und der Baugrubensohle berücksichtigt (Abb. 3c). Die Länge des Stromfadens entsprach der Kantenlänge des finiten Elementes im Austrittsbereich der Baugrubensohle. Ein Potenzialunterschied von ∆H = 1 cm zwischen den Ober- und Unterwasserseiten führte zu einer theoretisch berechneten Wasserdruckhöhe von ∆hξ = 0,033 cm am Punkt A, bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite. Somit betrug das maximal erreichbare hydraulische Gefälle an diesem Stromfaden 2,10 (iFließsand = 1,32/0,625).

Bei der Auswahl der Länge des Stromfadens muss darauf geachtet werden, dass sich der betrachtete Stromfaden dort befindet, wo sich ein linearer Potenzialabbau unmittelbar entlang der Einbindetiefe einstellt. So ein Stromfaden befindet sich immer in der Nähe von Austrittsbereichen von Strömungen, solange die Netzdichte des FE-Modells ausreichend fein gewählt wird.

Bei den durchgeführten Versuchen wurden zwölf unterschiedliche nichtbindige Quarzsand- und Quarzkiesgemische aus Frechen und dem Rhein-Main-Gebiet verwendet. Ihre Kornformen wurden visuell als überwiegend kantengerundet eingestuft.

Die Körnungslinien der Versuchsböden sind in Abb. 4 dargestellt. Ihre Ungleichförmigkeitszahlen CU, Krümmungszahlen CC, Mediandurchmesser d50, Korndichten ρs\(,\) maximale und minimale Porenzahlen emax und emin, Durchlässigkeitsbeiwerte k, Reibungswinkel φ, die Porenzahlen e und die bezogenen Lagerungsdichten ID der im Versuchskasten eingebauten Versuchsböden wurden gemäß DIN 18123 (2011), 18124 (1997), 18126 (1996), 18130-1 (1998), 18137-3 (2002) und DIN EN ISO 14688-2 (2013) ermittelt und in Tab. 1 aufgelistet. Hier ist anzumerken, dass die Ergebnisse der Modellversuche an den Böden Nr. 1, 2 und 3 bereits in Koltuk et al. (2016) angegeben wurden.

Abb. 4
figure 4

Körnungslinien der Versuchsböden: a Gleichförmige Böden (CU < 5), b Ungleichförmige Böden (CU > 5)

Tab. 1 Physikalische Eigenschaften der Versuchsböden

Die Versuchsböden wurden mit dem Ziel einer möglichst homogenen, reproduzierbaren und lockeren Lagerung im Versuchskasten eingebaut. Kam ein totaler Kollaps am Ende des Modellversuchs zustande, wurde der Versuchsboden auch mit dichter Lagerung eingebaut. Um eine lockere Lagerung zu erreichen, wurde der trockene Boden durch vorsichtiges Abkippen einer Handschaufel in den Versuchskasten eingebracht. Eine dichte Lagerung wurde hingegen dadurch erreicht, dass der trockene Boden mittels eines Fallrohres auf einen Streukegel unter konstanter Fallhöhe in den Versuchskasten eingerieselt wurde.

Zur Ermittlung der Trockendichte ρd des eingebauten Bodens wurde seine Masse vor dem Einbau gewogen und durch sein Volumen im Versuchskasten dividiert. Die Porenzahl des eingebauten Versuchsbodens wurde dann mittels Gl. 5 ausgerechnet:

$$e=\frac{\rho _{s}-\rho _{d}}{\rho _{d}}$$
(5)

Nach dem Einbau wurde der Boden von unten nach oben mit entlüftetem Wasser tropfenweise gesättigt. Anschließend wurde er zur Entfernung unvermeidlicher Lufteinschlüsse unter sehr geringen Potenzialunterschieden etwa 5 bis 7 h durchströmt. Unter Annahme, dass der Versuchsboden nach diesen Prozessen völlig wassergesättigt war, wurde das kritische hydraulische Gefälle des eingebauten Bodens mittels Gl. 6 ausgerechnet.

$$i_{\mathrm{kritisch}}=\frac{\left(\rho _{s}/\rho _{w}\right)-1}{e+1}=\frac{\gamma \mathrm{'}}{\gamma _{w}},$$
(6)

wobei e die Porenzahl des im Versuchskasten eingebauten Bodens, ρs die Korndichte, und ρw die Dichte des Wassers sind.

Im Zuge des Versuchsablaufs erfolgte eine stufenweise Absenkung des Wasserspiegels auf der linken Seite des Versuchskastens, während der Wasserspiegel auf der rechten Seite durch einen kontinuierlichen Wasserzutritt und einen Überlauf konstant gehalten wurde. Das Wasser auf der linken Seite wurde bis zum Erreichen eines Potenzialunterschiedes, der nach dem Verfahren von Baumgart und Davidenkoff theoretisch zum Bruch führte, jeweils um 2 cm abgesenkt. Danach wurde das Wasser jeweils um 0,5 cm abgesenkt. Hierbei wurde nach jeder Absenkung solange abgewartet, bis das System einen neuen stationären Zustand erreichte. Im Falle des Auftritts erster Quellbildungen bzw. Hebungen auf der Unterwasserseite oder bemerkenswerter Veränderungen der Wasserhöhen in den Standrohren wurde die Absenkung des Wasserspiegels gestoppt und bis zum Erreichen eines neuen stationären Zustandes abgewartet.

Versuchsergebnisse und Beobachtungen

Die Versuchskonfigurationen und die jeweiligen, theoretisch und experimentell ermittelten kritischen Potenzialunterschiede zwischen den Ober- und Unterwasserseiten sind in Tab. 2 zusammengefasst.

Tab. 2 Versuchskonfigurationen und die jeweiligen kritischen Potenzialunterschiede zwischen Ober- und Unterwasserseiten

Zur Ermittlung der experimentellen kritischen Potenzialunterschiede ∆Hexp wurde jeder Versuch zweimal durchgeführt, um die Reproduzierbarkeit der Versuche zu überprüfen. Im Fall eines festgestellten Unterschiedes zwischen den beiden Versuchsergebnissen wurden die Ergebnisse der zweiten Versuche in Klammern in Tab. 2 angegeben.

Zur Ermittlung der theoretischen kritischen Potenzialunterschiede nach den Bruchkriterien von Baumgart und Davidenkoff ∆Htheor(Davidenkoff), Terzaghi ∆Htheor(Terzaghi) und Fließsand-Zustand ∆Htheor(Fließsand) wurde Gl. 4 verwendet. Für µ = 1 wurde Gl. 4 ohne Berücksichtigung von Teilsicherheitsbeiwerten umgewandelt in:

$$\frac{\Delta h_{\mathrm{Bruch}}}{t}=\left(\frac{t\cdot \gamma \mathrm{'}+d\cdot \gamma }{t\cdot \gamma _{w}}\right)$$
(7)

Da bei den durchgeführten Modellversuchen die Baugrubensohle unter dem Wasser anstand, war d gleich null:

$$\frac{\Delta h_{\mathrm{Bruch}}}{t}=\frac{\gamma \mathrm{'}}{\gamma _{w}}=i_{\mathrm{kritisch}},$$
(8)

wobei ∆hBruch die zum Bruch führende Wasserdruckhöhe bezogen auf den Grundwasserspiegel auf der Unterwasserseite ist. Je nach verwendetem Bruchkriterium entspricht \(t\) der Höhe des Bruchkörpers von Terzaghi (t = 5 cm), der Länge des Stromfadens von Baumgart und Davidenkoff (t = 5 cm), oder der Länge des ausgewählten Stromfadens im Austrittsbereich der Baugrubensohle (t = 0,625 cm).

Die Werte von ∆Htheor wurden mittels Gl. 9 bzw. Gl. 10 ermittelt:

$$\frac{\Delta H_{\mathrm{theor}}\left(\text{cm}\right)}{1\left(\text{cm}\right)}=\frac{\Delta h_{\mathrm{Bruch}}\left(\text{cm}\right)}{\Delta h_{\xi }\left(\text{cm}\right)}$$
(9)
$$\Delta H_{\mathrm{theor}} (\text{cm})=\frac{t\cdot i_{\mathrm{kritisch}}}{\Delta h_{\xi }},$$
(10)

wobei ∆hξ gleich 0,345 cm bei der Verwendung des Bruchkriteriums von Baumgart und Davidenkoff, 0,28 cm bei der Verwendung des Bruchkriteriums von Terzaghi und 0,033 cm bei der Verwendung des auf dem Fließsand-Zustand basierenden Bruchkriteriums ist. Die kritischen hydraulischen Gefälle der Versuchsböden ikritisch sind mittels Gl. 6 ausgerechnet und in Tab. 2 aufgelistet.

Bei den durchgeführten Modellversuchen an den Böden (Nr. 4, 5, 7 und 11) mit Ungleichförmigkeitszahlen CU < 4,6 wurden in der Regel vier typische Bruchstadien festgestellt, die schon ebenfalls bei den Versuchen an den Böden Nr. 1, 2 und 3 festgestellt wurden (Koltuk et al. 2016).

Bei den Böden Nr. 4, 7 und 11 verursachten Potenzialunterschiede, die nach den Verfahren von Baumgart und Davidenkoff oder Terzaghi theoretisch zum Bruch führten, Hebungen der Baugrubensohle. Die Hebungen waren in der Größenordnung von 2 bis 6 mm und bewirkten keine Setzungen auf der Oberwasserseite. Im Gegensatz zu den Böden Nr. 1, 2 und 3 trat der Fließsand-Zustand für lockere Lagerungen der Böden Nr. 4, 7 und 11 bei den Potenzialunterschieden auf, die höher als die theoretisch zum Fließsand-Zustand führenden Potenzialunterschiede waren (Tab. 3). Die Entstehung des Fließsand-Zustandes führte zu keinen Setzungen auf der Oberwasserseite, sodass erste Setzungen kurz vor dem totalen Kollaps aufgetreten sind. Bei Boden Nr. 5 hingegen entstand der Fließsand-Zustand sowohl für mitteldichte als auch sehr dichte Lagerung bei den Potenzialunterschieden, die geringer als die theoretisch zum Fließsand-Zustand führenden Potenzialunterschiede waren. Bei mitteldichter Lagerung stellte sich eine Setzung von 4 mm infolge einer Potenzialdifferenz ein, die zwischen ∆Htheor(Davidenkoff) und ∆Htheor(Terzaghi) lag. Bei dichter Lagerung hingegen traten erste Setzungen kurz vor dem totalen Kollaps auf.

Tab. 3 Normierte Potenzialdifferenzen ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) in Abhängigkeit der physikalischen Eigenschaften der Versuchsböden

Die vorgenommenen Beobachtungen des hydraulischen Grundbruchs in nichtbindigen Böden mit Ungleichförmigkeitszahlen CU ≥ 4,6 werden im Folgenden beschrieben.

Boden Nr. 6 mit CU = 5,7 und Boden Nr. 12 mit CU = 16 waren die stabilsten aller untersuchten Böden gegen hydraulischen Grundbruch. Die Potenzialunterschiede, die nach Baumgart und Davidenkoff und Terzaghi zum Bruch führten, führten zu Hebungen von etwa 3 mm auf der Unterwasserseite und keinen Setzungen auf der Oberwasserseite. Ein Fließsand-Zustand trat bei einem deutlich höheren Wert von ∆H als ∆Htheor(Fließsand) auf (Tab. 3). Er war ganz schwach und bewirkte keine Setzungen auf der Oberwasserseite. Für den maximal erreichbaren Potenzialunterschied im Versuchskasten (∆Hmax = 40 cm) ist kein totaler Kollaps entstanden.

Boden Nr. 8 mit CU = 10,5 und Boden Nr. 10 mit CU = 8,6 zeigten ein ähnliches Verhalten. Nach den Kriterien von Kenney und Lau (1985) bzw. Kezdi (1976) waren sie gegen Suffosion instabil. Die feinsten Anteile dieser Böden wurden unter kleinen hydraulischen Gefällen entlang der Zwischenwand und besonders in den Eckbereichen des Versuchskastens an die Oberfläche hochgespült (Abb. 5a). Ein Fließsand-Zustand wurde ausschließlich in diesen hochgespülten relativ feinen Bodenanteilen beobachtet. Am Ende der Versuche waren die gesamten Hebungen auf der Unterwasserseite in der Größenordnung von 3 bis 4 mm. Auf der Oberwasserseite hingegen wurden keine Setzungen festgestellt.

Abb. 5
figure 5

Boden Nr. 8: a Aussehen unter einem hydraulischen Gefälle von 2, b Vergleich der gemessenen hydraulischen Gefälle mit den theoretisch ermittelten Gefällen am Stromfaden zwischen der Baugrubensohle und der Wandunterkante

Eine starke Abweichung zwischen den gemessenen und theoretisch berechneten hydraulischen Gefällen wurde sowohl auf der Oberwasserseite als auch auf der Unterwasserseite schon bei einem geringeren Wert von ∆H als ∆Htheor(Fließsand) ermittelt. In Abb. 5b ist dies für Boden Nr. 8 exemplarisch dargestellt. Hier stellt das Symbol i4 das hydraulische Gefälle am unendlich schmalen Stromfaden zwischen dem Standrohr S‑4 (bzw. der Wandunterkante) und der Bodenoberfläche auf der Unterwasserseite dar.

Es ist anzumerken, dass die maximale Abweichung zwischen den gemessenen und theoretisch ermittelten hydraulischen Gefällen bei den Böden mit CU < 4,6 bis zum ersten Anzeichen des Fließsand-Zustandes bzw. bis zum theoretisch zum Fließsand-Zustand führenden Potenzialunterschied geringer als 15 % war.

Bei Boden Nr. 9 mit CU = 4,6 trat bei einem geringeren Wert von ∆H als ∆Htheor (Fließsand) ein starker Fließsand-Zustand zwischen dem Standrohr 5 und der Baugrubensohle auf (Abb. 6a). Die ersten Anzeichen des Fließsand-Zustandes verursachten eine Setzung von etwa 1 mm auf der Oberwasserseite. Mit zunehmendem Potenzialunterschied bis zu 40 cm sind jedoch keine weiteren Setzungen und somit kein totaler Kollaps aufgetreten. Die Abweichung zwischen den gemessenen und theoretisch berechneten hydraulischen Gefällen wurde schon vor ∆Htheor(Fließsand) erheblich groß (Abb. 6b).

Abb. 6
figure 6

Boden Nr. 9: a Aussehen unter einem hydraulischen Gefälle von 2, b Vergleich der gemessenen hydraulischen Gefälle mit den theoretisch ermittelten Gefällen am Stromfaden zwischen der Baugrubensohle und der Wandunterkante

Auswertung der Versuchsergebnisse in Abhängigkeit der physikalischen Eigenschaften der Versuchsböden

Zum Vergleich der gewonnenen Versuchsergebnisse miteinander wurden die in Tab. 2 aufgelisteten Werte von ∆Hexp(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps) auf den Wert von ∆Htheor(Fließsand) normiert. Die normierten Werte sind in Abhängigkeit der physikalischen Eigenschaften der Versuchsböden in Tab. 3 angegeben.

Es ist erkennbar, dass das Verhältnis von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) dem Verhältnis des experimentell zum Fließsand führenden hydraulischen Gefälles zu dem theoretisch zum Fließsand führenden hydraulischen Gefälle iexp(Fließsand)/itheor(Fließsand) entspricht. Je nach verwendetem Bruchkriterium können ebenfalls die den Werten von ∆Hexp(Kollaps) entsprechenden hydraulischen Gefälle ausgerechnet werden.

Wie in Tab. 3 zu sehen ist, variiert das Verhältnis von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) für suffosionssichere Böden zwischen 0,70 und 1,44. Bei den Böden Nr. 8 und 10 war die Entstehung des Fließsand-Zustandes nicht ausgeprägt, da schon unter relativ geringen hydraulischen Gefällen die feinsten Anteile dieser Böden an die Oberfläche hochgespült wurden, ohne dass die Struktur der Böden zerstört wurde (Suffosion).

Bei allen Versuchen waren die zum totalen Kollaps führenden Potenzialunterschiede größer als die theoretisch zum Fließsand-Zustand führenden Potenzialunterschiede (∆Hexp (Kollaps) /∆Htheor (Fließsand) > 1). Bei den Böden Nr. 6, 8, 9, 10 und 12 fand weiterhin kein totaler Kollaps für den maximal erreichbaren Potenzialunterschied im Versuchskasten statt (Tab. 3).

Gemäß Gl. 6 ist die Größe des kritischen hydraulischen Gefälles eines nichtbindigen Bodens von seiner Korndichte und Porenzahl abhängig. Unter Berücksichtigung, dass die Korndichten von nichtbindigen Böden bei etwa 2,65 g/cm3 liegen, kann die Porenzahl eines nichtbindigen Bodens als maßgeblich für die Größe seines kritischen hydraulischen Gefälles angesehen werden.

Gemäß Gl. 6 erhöht sich das kritische hydraulische Gefälle eines Bodens mit abnehmender Porenzahl. Infolgedessen wird der experimentell zum Bruch führende Potenzialunterschied größer. Dies wurde durch die Ergebnisse der durchgeführten Modellversuche bestätigt. Sowohl das Verhältnis von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) als auch ∆Hexp (Kollaps)/∆Htheor (Fließsand) nahmen mit der abnehmenden Porenzahl eines bestimmten Bodens zu, obwohl auch der Wert von ∆Htheor (Fließsand) mit der abnehmenden Porenzahl zunahm (Tab. 3).

Im Folgenden wird der Einfluss der Korngrößenverteilungen homogener nichtbindiger Böden auf den hydraulischen Grundbruch anhand der Ungleichförmigkeitszahlen, Krümmungszahlen und Mediandurchmesser der Versuchsböden untersucht.

Einfluss der Ungleichförmigkeitszahl C U

In Abb. 7 sind die Verhältnisse von ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) in Abhängigkeit der Porenzahlen der Versuchsböden dargestellt. Die Nummern an den Punkten entsprechen der Nummern der Versuchsböden, deren physikalische Eigenschaften in Tab. 1 und 3 bereits aufgelistet sind. Die gleichen Nummern bzw. die gleichen Farben an den Punkten beziehen sich auf die zwei unterschiedlichen Lagerungsdichten eines bestimmten Versuchsbodens.

Abb. 7
figure 7

Normierte Potenzialdifferenzen ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) in Abhängigkeit der Porenzahlen der Versuchsböden e

Die Böden Nr. 3, 4, 7 und 11 mit sehr dichten Lagerungen und die Böden Nr. 9, 10 und 12 hatten eine etwa gleich große Porenzahl (Abb. 7). Trotzdem ist bei den Böden Nr. 9 mit CU = 4,6, Nr. 10 mit CU = 8,6 und Nr. 12 mit CU = 16 kein totaler Kollaps für den maximal erreichbaren Potenzialunterschied im Versuchskasten eingetreten (∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) > 2), während bei den Böden Nr. 3 mit CU = 1,9, Nr. 4 mit CU = 2,8, Nr. 7 mit CU = 2,0 und Nr. 11 mit CU = 2,1 ein totaler Kollaps eingetreten ist. Dies traf auch auf den Boden Nr. 5 mit sehr dichter Lagerung und Boden Nr. 8 zu. Obwohl die beiden Böden eine etwa gleich große Porenzahl hatten, entstand bei Boden Nr. 8 mit CU = 10,5 kein totaler Kollaps für den maximal erreichbaren Potenzialunterschied im Versuchskasten. Bei Boden Nr. 5 mit CU = 3,6 hingegen entstand ein totaler Kollaps für ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) = 1,62. Bei Boden Nr. 6 mit CU = 5,7 ist ebenfalls kein totaler Kollaps eingetreten, obwohl bei den übrigen Böden mit etwa gleich großen Porenzahlen ein totaler Kollaps eingetreten ist (Abb. 7).

Die Böden Nr. 6, 8, 9, 10 und 12 unterscheiden sich von den übrigen Böden durch ihre relativ hohen Ungleichförmigkeitszahlen (CU ≥ 4,6). Offensichtlich erhöht sich das Verhältnis von ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) mit zunehmender Ungleichförmigkeitszahl. Hierbei kann der Wert CU ≥ 4,6 – auf der sicheren Seite liegend – mit 5 angenommen werden.

Die ähnlichen Ergebnisse wurden von Kokusho und Fujikura (2008) vorgelegt. Durch die eindimensionalen Strömungsversuche an Sand- und Kiesgemischen stellten sie fest, dass sich das Verhältnis des experimentell ermittelten kritischen hydraulischen Gefälles zum theoretisch berechneten kritischen Gefälle iexp/itheor mit den zunehmenden Ungleichförmigkeitszahlen der Versuchsböden erhöht. Bei ihren Versuchen an den Böden mit CU > 4 variierte das Verhaltnis von iexp/itheor zwischen 1 und 4.

Einfluss der Krümmungszahl C C

Ein Einfluss der Krümmungszahl auf die zum Fließsand-Zustand oder totalen Kollaps führenden Potenzialdifferenzen wurde nicht festgestellt.

Einfluss des Mediandurchmessers d 50

Mit zunehmendem Mediandurchmesser erhöhen sich die Verhältnisse von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) für Böden mit etwa gleichen Ungleichförmigkeits- und Porenzahlen (Tab. 3). Boden Nr. 3 (d50 = 0,21 mm) und Boden Nr. 7 (d50 = 0,80 mm) hatten etwa gleich große Porenzahlen und Ungleichförmigkeitszahlen. Trotzdem waren die Verhältnisse von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) für Boden Nr. 7 höher als bei Boden Nr. 3. Ähnliche Ergebnisse wurden für die sehr dichten Lagerungen der Böden Nr. 3, 7 und 11 erhalten. Aufgrund des relativ großen Mediandurchmessers des Bodens Nr. 11 (d50 = 1,45 mm) waren seine Verhältnisse ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) größer als bei den Böden Nr. 7 und Nr. 3. Der günstige Einfluss des Mediandurchmessers auf den kritischen Potenzialunterschied ist auch beim Vergleich der Böden Nr. 7 mit lockerer Lagerung und Nr. 2 (d50 = 0,16 mm) mit sehr dichter Lagerung zu sehen. Bei annähernd gleichen Ungleichförmigkeits- und Porenzahlen der beiden Böden war das Verhältnis von ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) für Boden Nr. 7 höher als bei Boden Nr. 2. Beim Vergleich der Böden Nr. 3 (d50 = 0,21 mm) mit lockerer Lagerung und Nr. 2 (d50 = 0,16 mm) mit dichter Lagerung konnte hingegen dieser günstige Einfluss nicht festgestellt werden.

Der Einfluss des Mediandurchmessers auf den hydraulischen Grundbruch kann durch die Reibungwinkel der Versuchsböden erklärt werden (Tab. 1). Bei etwa gleichen Ungleichförmigkeits- und Porenzahlen der Versuchsböden erhöhen sich die Verhältnisse von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) und ∆Hexp(Kollaps)/∆Htheor(Fließsand) offensichtlich mit zunehmendem Reibungswinkel (φBoden 11 > φBoden 7 > φBoden 3 und φBoden 2 (sehr dicht) > φBoden 3 (locker)).

Diskussion und Schlussfolgerungen

Anhand der durchgeführten zweidimensionalen Modellversuche an verschiedenen Sand- und Kiesgemischen wurde gezeigt, dass Potenzialunterschiede, die nach den Verfahren von Baumgart und Davidenkoff und Terzaghi theoretisch zum Bruch führen, geringe Hebungen der Baugrubensohle verursachen. In der Baupraxis ist jedoch die Ermittlung der Größe von strömungsbedingt entstehenden Deformationen ausgeschlossen, da die Deformationen in einer Baugrube nicht nur aus Grundwasserströmungen, sondern auch aus Bodenaushubvorgängen, Wandverformungen usw. resultieren.

Beim auf dem Fließsand-Zustand basierenden Verfahren hingegen handelt es sich um die Entstehung eines verflüssigten bzw. nicht tragfähigen Bereichs infolge der Lokalisierung der Strömung in der Baugrubensohle. Nach Ansicht der Verfasser soll zur Beurteilung des Bruchverhaltens zwischen Fließsand-Zustand und totalen Kollaps unterschieden werden.

Die durchgeführten Versuche verdeutlichten, dass bei den Versuchsböden mit CU ≤ 5 und lockeren bis mitteldichten Lagerungen die Entstehung des Fließsand-Zustandes zu Setzungen auf der Oberwasserseite führen kann. Bei diesen Böden variiert das Verhältnis von ∆Hexp(Fließsand)/∆Htheor(Fließsand) (bzw. iexp(Fließsand)/itheor(Fließsand)) zwischen 0,7 und 1,16.

Bei den Versuchsböden mit CU ≤ 5 und sehr dichten Lagerungen verursacht die Entstehung des Fließsand-Zustandes keine Setzungen auf der Oberwasserseite. Erste Setzungen treten kurz vor dem totalen Kollaps auf. Das Verhältnis von iexp (Fließsand)/itheor (Fließsand) variiert zwischen 0,88 und 1,34.

Bei den Versuchsböden mit CU > 5 und mitteldichten Lagerungen (58 % > ID > 47 %) ist die Entstehung des Fließsand-Zustandes nicht ausgeprägt. Bei den gegen Suffosion instabilen Böden ist es weiterhin schwierig, die ersten Anzeichen eines Fließsand-Zustandes und Suffosionserscheinungen voneinander zu unterscheiden. Für den maximal erreichbaren Potenzialunterschied im Versuchskasten, der einem maximal erreichbaren hydraulischen Gefälle von 2,08 nach dem Verfahren von Fließsand-Zustand, 2,24 nach Terzaghis Verfahren und 2,76 nach Baumgarts und Davidenkoffs Verfahren entsprach, sind keine bemerkenswerten Setzungen auf der Oberwasserseite und somit kein totaler Kollaps eingetreten. Dementsprechend sind Sand- und Kiesgemische mit CU > 5 und ID > 47 % als relativ sicher gegen hydraulischen Grundbruch anzusehen.

Besonders bei relativ schmalen Baugruben soll der Fließsand-Zustand hinsichtlich des hydraulischen Grundbruchs als maßgeblich angesehen werden, da sich hier der Potenzialabbau fast gleichmäßig über die gesamte Baugrubenbreite einstellt. Infolgedessen können ein Fließsand-Zustand und somit ein verflüssigter Bereich über die gesamte Baugrubensohle auftreten.