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SOP aus der monatlich erscheinenden Reihe „SOPs zur palliativen Versorgung von Patienten im Netzwerk der deutschen Comprehensive Cancer Center“, erstellt von der Arbeitsgemeinschaft (AG) Palliativmedizin der von der Deutschen Krebshilfe geförderten CCCs.

Risikobewertung der Fatigue

(Abb. 1)

Abb. 1
figure 1

Risikobewertung der Fatigue

Risikobewertung

  1. 1.

    Eine Risikobewertung kann nicht sinnvoll sein, wenn der Behandlungsschwerpunkt für den Patienten in einer kurativen Intention liegt, wenn der Patient bei fortgeschrittener Erkrankung unruhig oder agitiert ist oder wenn der Patient bereits in der Finalphase ist.

  2. 2.

    Als Screening ist ein einzelnes Item geeignet: „Ich fühle mich ungewöhnlich schwach/müde“.

  3. 3.

    Eine ausführliche Bewertung wird angeraten bei positiver Risikobewertung und mittlerer oder starker Intensität auf der Verbalen Ratingskala (VRS) oder >5 auf der Numerischen Ratingskala (NRS 0–10).

  4. 4.

    Bei positiver Risikobewertung und leichter Intensität (VRS) oder NRS < 5 sollte eine Beratung und Steigerung der körperlichen Aktivität erfolgen.

  5. 5.

    Die Beratung umfasst Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Aktivität, zu Energieplanung (z. B. Tagebuch) und energiekonservierenden Maßnahmen (Tagesplanung, Delegation von Aufgaben) sowie evtl. weitere psychosoziale Behandlungsansätze (psychoedukative Intervention, kognitive Verhaltenstherapie)

Diagnostik

  1. 1.

    Es stehen eine Reihe von validierten Fragebögen zur Erfassung von Fatigue zur Verfügung: Brief Pain Inventory, Fatigue Assessment Questionnaire, Functional Assessment of Cancer Therapy –Fatigue Scale, European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire – Fatigue und andere. Jedoch sind diese Instrumente für Patienten in der Palliativversorgung in der Regel zu umfangreich, sodass einfache Fragen nach der Intensität von Müdigkeit und Schwäche („wie müde sind Sie“, „wie schwach sind Sie“) in der Routinedokumentation ausreichen müssen.

  2. 2.

    Weitere Angaben zu Depression s. SOP Depression

  3. 3.

    Weitere Angaben zu Kachexie s. SOP Kachexie

Diagnostik − Anamnese

(Abb. 2)

Abb. 2
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Diagnostik – Anamnese

Diagnostik − Untersuchung (Abb. 3)

 

Abb. 3
figure 3

Diagnostik – Untersuchung

Diagnostik − Laboruntersuchung (Abb. 4 und 5)

 

Abb. 4
figure 4

Diagnostik – Laboruntersuchung

Abb. 5
figure 5

Therapie – kausal, symptomatisch

Therapie

In der Finalphase kann Fatigue eine Abschirmung des Patienten vor Leid bewirken, und eine Behandlung von Fatigue kann deshalb in diesem Stadium unerwünscht sein. Das Erkennen des Zeitpunkts, an dem eine Behandlung von Fatigue nicht länger indiziert ist, ist deshalb wichtig.

Kausal

Bei der Behandlung von potenziellen Ursachen von Fatigue sollten Krankheitsstadium und Lebenserwartung berücksichtigt werden. Der potenzielle Nutzen sollte in einem günstigen Verhältnis mit möglichen Belastungen und Komplikationen der kausalen Therapie stehen.

Symptomatisch

  1. 1.

    Die meisten Patienten mit Fatigue benötigen eine symptomatische Behandlung mit medikamentösen und nichtmedikamentösen Interventionen.

  2. 2.

    Die Studienlage zur Therapie mit Stimulanzien ist widersprüchlich. Die Behandlung sollte als Therapieversuch erfolgen, mit regelmäßiger Evaluation des Therapieerfolgs. Der Therapieversuch sollte beendet werden, wenn der Patient durch Nebenwirkungen (Unruhe) zu stark belastet wird oder keine ausreichende Wirkung erzielt werden kann.

  3. 3.

    Die Therapie mit Kortikosteroiden sollte mit einem initialen Therapiestoß erfolgen, danach sollte die Dosis schrittweise auf eine Erhaltungsdosis reduziert werden.

  4. 4.

    Nach mehreren Wochen Therapiedauer kann die Fatiguesymptomatik durch eine proximale Myopathie als Nebenwirkung der Steroide verstärkt werden. Die Kortikosteroidtherapie sollte deshalb zeitlich begrenzt geplant werden.

  5. 5.

    Die medikamentöse Therapie sollte bei allen Patienten durch nichtmedikamentöse Maßnahmen begleitet werden.

  6. 6.

    Einbindung der Physiotherapie für leichtes körperliches Training (oder zumindest Mobilisation) ist notwendig.

  7. 7.

    Energieplanung (z. B. Tagebuch) und energiekonservierende Maßnahmen (Tagesplanung, Delegation von Aufgaben) sind sinnvoll.

  8. 8.

    Verhaltenstherapie und achtsamkeitsbasierte Verfahren (z. B. Yoga) können hilfreich sein.

  9. 9.

    Ausführliche Empfehlungen werden gerade für die S3-Leitlinie Palliativversorgung für Patienten mit Tumorerkrankungen (Teil 2) und für die überarbeitete Version der S3 Leitlinie-Supportive Therapie erarbeitet.

Tagebuch-Beispiel

(Abb. 6)

Abb. 6
figure 6

Tagebuch-Beispiel