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Standard Operating Procedure (SOP) aus der monatlich erscheinenden Reihe „SOPs zur palliativen Versorgung von Patienten im Netzwerk der deutschen Comprehensive Cancer Center (CCCs)“, erstellt von der Arbeitsgruppe (AG) Palliativmedizin der von der Deutschen Krebshilfe geförderten CCCs.

Umgang und Versorgung Verstorbener I

(Abb. 1)

Abb. 1
figure 1

Umgang und Versorgung Verstorbener I

Stationsübliche Rituale

Individuelle Durchführung je nach Stationsvorgaben

Pflegerische Tätigkeiten:

  • Ggf. Waschen des Verstorbenen, ggf. unter Einbeziehung der Angehörigen

  • Haare kämmen, Gebiss einsetzen, schmutzige Wäsche entfernen

  • Entfernen aller medizinischen Gegenstände aus dem Zimmer und Aufräumen desselben

  • Ggf. Aufbahrung in Gedenkraum

  • Dekoration mit Blumen, elektronischen Kerzen, Engeln usw.

  • Durchführung glaubensbedingter Rituale

  • Auslegen eines Gedenkbuchs

  • Aushändigen von Informationsmaterial

  • Information der Angehörigen über Möglichkeit der Aufbahrung zuhause

  • Information der Angehörigen über weitere interne Angebote, wie Trauergruppen oder Gedenkfeiern

Ärztliche Tätigkeiten:

  • Zustimmung oder Ablehnung der Angehörigen zur Frage der Obduktion und Hornhautspende einholen

  • Information der Zuweisenden und der Hausärzte über Versterben

Glaubensbedingte Besonderheiten

Christentum [4]

Nach dem Tod:

  • Hinterbliebenen so viel Zeit wie möglich zur Verabschiedung mit dem Verstorbenen geben

  • Hinterbliebene sollten auf die Möglichkeit hingewiesen werden, nach stattgefundener Leichenschau den Verstorbenen selber waschen bzw. ihm gern getragene Kleidung anziehen zu können.

  • Unterschiedliche Verabschiedungsrituale für alle christlichen Glaubensrichtungen sollten berücksichtigt werden.

  • Eventuell wünschen Angehörige, mit einem Geistlichen der Glaubensrichtung ein Aussegnungsritual zu feiern.

Herrichten des Verabschiedungszimmers (Aufbahrungsraum):

  • Es sollten ein Kreuz und elektrische Kerzen vorhanden sein.

Obduktion:

  • Es gibt unterschiedliche Ansichten in den einzelnen Glaubenstraditionen.

Organspende:

  • Es gibt unterschiedliche Einstellungen.

  • Manche Christen haben einen Organspendeausweis.

  • Eventuell liegt eine Patientenverfügung vor, in welcher Angaben zur Organspende zu finden sein können.

Islam [4]

Nach dem Tod:

  • Tote werden mit großer Umsicht und Respekt behandelt. Das gilt auch für Totgeburten, die Anspruch auf ein Begräbnis haben, sobald sie ausgebildete Gliedmaße haben.

  • Dem Toten sollten die Augen geschlossen und er sollte möglichst auf der rechten Seite liegend, mit dem Gesicht nach Mekka, gelagert werden.

  • Der Verstorbene sollte lediglich in ein weißes Tuch gehüllt werden.

Ein muslimischer Leichnam darf ausschließlich durch erfahrene muslimische Personen des gleichen Geschlechts gewaschen und in ein dreiteiliges, weißes Tuch gehüllt werden.

Herrichten des Verabschiedungszimmers (Aufbahrungsraum):

  • Das Kreuz sollte entfernt werden. Darüber hinaus gibt es keine besonderen Regeln.

  • Es ist wünschenswert, dass das Gesicht des Toten nach Mekka ausgerichtet wird.

  • Nach Verrichtung des rituellen Totengebets wird der Leichnam auf einem islamischen Friedhof oder Gräberfeld begraben.

Obduktion:

  • Es gibt keine religiösen Gründe gegen eine vom Untersuchungsrichter angeordnete Autopsie.

Organspende:

  • Nach islamischem Recht müssen Tote so schnell wie möglich beerdigt werden.

  • Organspende und Transplantation sind nach jüngsten Rechtsgutachten möglich und werden vom Zentralrat der Muslime in Deutschland und vom Islamrat unterstützt, wenn sie zur Lebensrettung oder -erhaltung von Menschen dienen.

  • Ggf. haben Muslime einen Organspendeausweis.

  • Bei unklarer Situation kann der nächste Angehörige die Erlaubnis zur Organentnahme geben.

Judentum [4]

Nach dem Tod:

  • Eventuell möchten der Sohn oder der nächste Angehörige dem Toten die Augen und den Mund schließen.

  • Manche orthodoxe Juden wünschen einen Verbleib des Toten am Sterbeort, bis ihr Bestattungsunternehmen kommt und ihn abholt.

  • Bei Versterben an einem Sabbat ist eine Abholung des Leichnams nicht möglich.

  • Unsicheren Trauernden sollte geraten werden, in ihrer Synagoge Bescheid zu geben, ihren Rabbiner anzurufen, um nach einem zuständigen Bestattungsinstitut zu fragen.

Herrichten des Verabschiedungszimmers (Aufbahrungsraum):

  • Das Kreuz sollte entfernt werden.

Obduktion:

  • Eine Obduktion ist im orthodoxen Judentum untersagt und kann nur durch richterliche Anordnung erlaubt werden.

Organspende:

  • Gegen eine Organspende können sich Einwände erheben. Insbesondere für orthodoxe Juden ist eine Organentnahme nicht hinnehmbar.

Buddhismus [4]

Nach dem Tod:

  • Eventuell möchten Angehörige und Freunde einige Zeit mit dem Verstorbenen alleine sein.

  • Eventuell besteht der Wunsch, zu meditieren oder einfache Rituale abzuhalten.

Herrichten des Verabschiedungszimmers (Aufbahrungsraum):

  • Das Kreuz sollte entfernt werden.

Obduktion:

  • Es gibt keine glaubensbedingten Hinderungsgründe.

Organspende:

  • Es bestehen meistens keine Einwände gegen eine Organspende, da Helfen eine Grundtugend für Menschen buddhistischen Glaubens ist.

  • Eventuell lehnen Angehörige aus dem fernen Osten eine Organspende ab.

Zeugen Jehovas [4]

Nach dem Tod:

  • Der Leichnam kann auf die im Haus übliche Art versorgt werden.

Herrichten des Verabschiedungszimmers (Aufbahrungsraum):

  • Es gibt nichts Besonderes zu beachten.

Obduktion:

  • Es gibt keine glaubensmäßigen Hinderungsgründe.

Organspende:

  • Die Verwendung von Organen zur Transplantation oder zu Forschungszwecken ist eine persönliche Gewissensentscheidung jedes Einzelnen.

Leichenschau

Untersuchung des Verstorbenen

  • Die Leichenschau (Hauptquelle [1]) ist unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern – Durchführung dringender, nicht aufschiebbarer Maßnahmen erlaubt) durch einen approbierten Arzt vorzunehmen.

  • Die Leiche muss vollständig entkleidet sein (Kleidung an der Leiche belassen, falls Anhaltspunkte für unnatürlichen Tod).

  • Untersuchung sämtlicher Körperregionen einschließlich aller Körperöffnungen, der Augenbindehäute, des Rückens und der behaarten Kopfhaut

Todeszeichen

Sichere Todeszeichen:

  • Totenflecken (Livores), etwa 0,5–1 h post mortem zu erkennen (volle Ausbildung etwa 6–8 h post mortem)

  • Leichenstarre (Rigor mortis; Auftreten unabhängig von der Außentemperatur – etwa 0,5–7 h post mortem, Auflösung nach etwa 1–6 Tagen)

  • EEG-Kurve ohne Aktivitätszeichen über mindestens 30 min, Fehlen von Gehirnblutstrom oder -zellstoffwechsel

  • Verletzungen, die mit dem Leben nicht mehr vereinbar sind (z. B. Enthauptung)

  • Verwesung

Unsichere Todeszeichen:

  • Herzstillstand über längere Zeit (fehlender Herzschlag/Karotispuls), festzustellen mittels EKG

  • Atemstillstand über längere Zeit (fehlende Atmung)

  • Bewusstlosigkeit

  • Absinken der Körpertemperatur über längere Zeit (Unterkühlung)

  • Komplette Lähmung aller Muskeln

  • Fehlender Pupillenreflex

Umgang mit Verstorbenen II

(Abb. 2)

Abb. 2
figure 2

Umgang mit Verstorbenen II, Erläuterung der Abkürzungen s. Abkürzungsverzeichnis

Totenschein

Teile des Totenscheins

Vertraulicher Teil:

Selbstdurchschreibender Vordrucksatz mit insgesamt 4 Blättern für:

  • Arzt

  • Statistisches Landesamt (ohne Namen des Verstorbenen oder Information zur letzten Behandlung)

  • Gesundheitsamt

  • Ggf. durchzuführende Obduktion oder 2. Leichenschau

  • Nichtvertraulicher Teil:

  • Für die Hinterbliebenen, um die Sterbeurkunde beim zuständigen Standesamt zu beantragen

Weitergabe des Totenscheins

  • Totenschein muss verschlossen und sorgepflichtiger Person (Ehegatte oder Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, Kinder, Eltern, Großeltern, Enkel und Geschwister sowie Adoptiveltern und -kinder, bei Verstorbenen in einem Heim, Krankenhaus oder einer Sammelunterkunft ggf. Leiter der Einrichtung, in besonderen Fällen: örtlich zuständiger Gemeindevorstand) ausgehändigt werden.

  • In Fällen des § 159 der Strafprozessordnung wird Totenschein durch Polizei, Staatsanwaltschaft, Amtsrichter geöffnet [2].

Unterteilung der Todesarten

Natürlicher Tod:

  • Tod aus krankhafter Ursache, völlig unabhängig von rechtlich bedeutsamen Faktoren

Nichtnatürlicher Tod:

  • Verdacht ausreichend

  • Klassifikation ohne Berücksichtigung anderer, rechtlich relevanter Ursachen und Begleitumstände

  • Entscheidend: naturwissenschaftliche Definition eines von außen einwirkenden Ereignisses

Unklare Todesursache:

  • Eindeutige Todesursache fehlt bzw. natürlicher Tod kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher festgestellt werden.

Meldepflichten

  • Benachrichtigung der Polizei bei nichtnatürlichem Tod, unbekanntem Toten, unklarer Todesursache

  • Unverzügliche Benachrichtigung des Gesundheitsamtes bei Infektionserkrankung als Todesursache, übertragbarer Erkrankung oder Verdacht hierauf

  • Benachrichtigung der zuständigen Berufsgenossenschaft, v. a. bei Berufserkrankung als Todesursache oder -teilursache