Die niedrige Inzidenz des Zervixkarzinoms in den meisten Industrienationen ist die größte Erfolgsgeschichte eines Krebsscreeningprogramms. Nach Einführung des Pap-Abstrichs in vielen Ländern in den 1960er und 70er Jahren ist die Zervixkarzinominzidenz dort stark zurückgegangen [1].

Die Erfolge wurden ohne Verständnis der Karzinogenese und ohne randomisierte Studien erreicht

Erstaunlicherweise wurden diese Erfolge erreicht, ohne die Karzinogenese des Zervixkarzinoms zu verstehen und ohne eine einzige randomisierte Screeningstudie durchgeführt zu haben.

Seitdem in den 1980er und 90er Jahren die kausale Rolle von humanen Papillomaviren (HPV) beim Zervixkarzinomen etabliert wurde [2], haben sich zahlreiche neue Möglichkeiten der Prävention ergeben, die jetzt in die Praxis umgesetzt werden [3]. Die erfolgreiche Entwicklung von HPV-Impfstoffen führt schon jetzt zu einer Reduktion von HPV-assoziierten Erkrankungen in Ländern mit hohen Impfraten [4, 5]. HPV-Testverfahren ermöglichen es, das Screening effizienter zu gestalten, insbesondere in geimpften Populationen. Eine neue S3-Leitlinie zur Prävention des Zervixkarzinoms, in der diese Entwicklungen eine wichtige Rolle spielen, wird derzeit fertiggestellt. Diese Übersichtsarbeit fasst die aktuellen Entwicklungen zusammen, mit einem besonderen Fokus [1] auf risikobasierten Screening- und Managementansätzen im Rahmen der „precision prevention“ und [2] auf der Integration von HPV-Impfung und Screening.

Epidemiologie des Zervixkarzinoms

Weltweit verursachen Hochrisiko-HPV-Typen etwa 600.000 invasive Karzinome und 300.000 Todesfälle pro Jahr [6]. Davon machen Zervixkarzinome mit 500.000 Karzinomen den Großteil aus. Die Inzidenz des Zervixkarzinoms variiert sehr stark geographisch, von 2 pro 100.000 Frauen pro Jahr in Palästina bis zu 76 pro 100.000 Frauen pro Jahr in Malawi [6, 7]. Die Zervixkarzinominzidenz korreliert invers mit dem Index für humane Entwicklung (Human Development Index, HDI), einem Wohlstandsindikator, der auf durchschnittlichen Einkommen, Bildung und Lebenserwartung der Bevölkerung eines Landes beruht.

In Entwicklungsländern ist das Zervixkarzinom das häufigste Malignom bei Frauen

In Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika südlich der Sahara, ist das Zervixkarzinom immer noch das häufigste Malignom bei Frauen. Im Gegensatz dazu ist die Inzidenz in Industrienationen in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Zervixkarzinomscreenings stark zurückgegangen [1]. In Deutschland erkrankten im Jahre 2010 4660 Frauen an einem Zervixkarzinom (altersstandardisierte Inzidenz: 9 pro 100.000 Frauen) und 1524 starben an den Folgen eines Zervixkarzinoms (altersstandardisierte Sterberate 2,5 pro 100.000) [8]. Das mittlere Erkrankungsalter des Zervixkarzinoms in Deutschland ist 53 Jahre, deutlich jünger als das der meisten anderen Krebserkrankungen.

Die zwei wichtigsten Subtypen des Zervixkarzinoms sind das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom

Die zwei wichtigsten Subtypen des Zervixkarzinoms sind das häufig vorkommende Plattenepithelkarzinom (80–90 % aller Karzinome) und das seltenere Adenokarzinom (5–10 % aller Karzinome). Beide Typen werden von Papillomaviren verursacht, mit dem Unterschied, dass HPV 18 im Vergleich zu Plattenepithelkarzinomen einen größeren Anteil der Adenokarzinome verursacht. Adenokarzinome entstehen weiter oben im Zervikalkanal als Plattenepithelkarzinome und sind deshalb schwieriger zu diagnostizieren.

Das mehrstufige Karzinogenesemodell des Zervixkarzinoms basiert auf der Integration von molekularen, pathologischen und epidemiologischen Daten [9]. Der erste Schritt ist die Infektion des Zervixepithels im Bereich der Transformationszone mit HPV. Die meisten HPV-Infektionen sind nach 1–2 Jahren nicht mehr nachweisbar. Wenn HPV-Infektionen über einen längeren Zeitraum persistieren, erhöht sich das Risiko einer hochgradigen Dysplasie. Nur eine Minderheit der unbehandelten hochgradigen Dysplasien entwickelt sich über die nächsten 30 Jahre zu einem invasiven Karzinom [10].

Die etablierten Risikofaktoren sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der Karzinogenese bedeutend

Die etablierten Risikofaktoren für das Zervixkarzinom spielen dabei an unterschiedlichen Zeitpunkten in der Karzinogenese eine Rolle ([11], Abb. 1). Das Alter des ersten sexuellen Kontakts, die Anzahl der Partner und das Sexualverhalten sind alles Faktoren, die die HPV-Akquisition beeinflussen. Rauchen ist mit der Progression einer HPV-Infektion zu einer Krebsvorstufe assoziiert. Orale Kontrazeptiva sind mit dem Zervixkarzinom assoziiert, weil sie zum einen mit dem Sexualverhalten korrelieren und weil zum anderen direkte Effekte der Hormone auf die Karzinogenese vermutet werden. Es gibt Hinweise darauf, dass genetische Faktoren, z.B. der HLA-Status, eine Rolle bei der HPV-Persistenz und Progression zur Dysplasie spielen, aber die detaillierten Mechanismen und die Stärke der Assoziation sind derzeit nicht bekannt.

Abb. 1
figure 1

Zervixkarzinom-Progressionsmodell und Risikofaktoren

Im klinischen Management spielen diese Risikofaktoren keine oder nur eine geringe Rolle, da sie entweder Surrogate für die HPV-Infektion sind, die direkt gemessen werden kann, oder weil die Assoziationen nicht stark genug sind, um das klinische Management zu beeinflussen.

Prävention des Zervixkarzinoms

Das Zervixkarzinom wird durch persistierende Infektionen mit einem von 13 bis 15 verschiedenen karzinogenen HPV-Typen verursacht [3]. Allerdings variiert das Risiko stark zwischen den unterschiedlichen Typen: HPV 16 verursacht etwa 50–60 % aller Karzinome weltweit, gefolgt von HPV18, das etwa 10–15 % der Karzinome verursacht [12]. Die anderen Typen spielen eine deutlich geringere Rolle (Abb. 2). Aufgrund der Bedeutung von HPV 16 und HPV 18 wurden die ersten HPV-Impfstoffe für diese zwei Typen entwickelt. Zwei Impfstoffe kamen in den 2000er Jahren auf den Markt: Cervarix, ein bivalenter Impfstoff gegen HPV 16 und HPV 18, und Gardasil, ein quadrivalenter Impstoff der zusätzlich noch die Typen HPV 6 und HPV 11 beinhaltet, die mit Genitalwarzen assoziiert sind [13]. Die Impfungen induzieren hohe Antikörpertiter, die gegen die spezifischen Virustypen gerichtet sind. Zum Teil können diese Antikörper durch Kreuzreaktionen auch gegen nah verwandte HPV-Typen wirksam sein. Beide Impfstoffe wurden außerordentlich erfolgreich in großen randomisierten Studien untersucht [13].

Der Impfschutz gegen Neuinfektionen mit HPV 16 oder HPV 18 ist höher als 90 % bei Frauen, die zum Zeitpunkt der Impfung keine HPV16/18-Infektion haben. Die HPV-Impfung wird in der Regel sehr gut toleriert und hat kaum Nebenwirkungen [14]. Gegen bestehende Infektionen oder Krebsvorstufen konnte keine überzeugende Wirksamkeit der Impfstoffe gezeigt werden [15]. In langjährigen Nachbeobachtungsstudien wurde weiterhin ein sehr hoher Impfschutz beobachtet [13]. Generell sollte die Impfung am besten vor Beginn der sexuellen Aktivität erfolgen. Studien haben gezeigt, dass in jüngerem Impfalter höhere Antikörpertiter erreicht werden können. Während sich Impfempfehlungen in Details international unterscheiden, gibt es wichtige Gemeinsamkeiten, z. B. die Empfehlung, die Impfung im Alter von 11 bis 12 Jahren durchzuführen. Aufgrund des beobachteten langfristigen Impfschutzes gibt es derzeit keine Empfehlungen für Boosterimpfungen.

Abb. 2
figure 2

Karzinogene HPV-Typen in Zervixkarzinomen weltweit

Die ursprünglichen Impfzyklen umfassten 3 Dosen innerhalb von 6 Monaten. Zunehmend gibt es Daten von Frauen, die nur 2 der 3 Dosen erhalten haben, die aber einen vergleichbaren Impfschutz haben [16]. Die WHO hat deshalb ihre Empfehlungen geändert und bewertet eine 2‑Dosen-Impfung als ausreichend [13].

Vor kurzem wurde eine Weiterentwicklung der quadrivalenten Vakzine zugelassen, eine Neunfachimpfung, die die Hochrisikotypen 16, 18, 31, 33, 45, 52, 58 beinhaltet, zusätzlich zu HPV 6 und HPV 11 (Abb. 2). Diese Kombination deckt über 90 % aller Karzinome ab und erweitert damit den Impfschutz beträchtlich. Es wird erwartet, dass dieser Impfstoff zunehmend die quadrivalente Impfung ersetzt. Inzwischen wurde gezeigt, dass die Impfung auch gegen HPV-Infektionen im Analbereich und im Kopf-Hals-Bereich schützt, was den Effekt der Impfung auf andere, seltenere Tumorentitäten ausdehnt [17, 18].

Die HPV-Impfung ist sehr unterschiedlich organisiert. In einigen Ländern, wie z. B. Australien, gibt es organisierte Impfprogramme mit einer sehr hohen Bevölkerungsabdeckung. In anderen Ländern, wie in Deutschland und den USA, ist die Impfung nicht organisiert und die Teilnahme an der HPV-Impfung deutlich geringer. In einigen Ländern wird die Impfung auch für Jungen empfohlen, zum einen aufgrund der Prävention von Genitalwarzen, Analkarzinomen, Kopf-Hals-Tumoren, zum anderen weil dadurch eine bessere Herdenimmunität erreicht werden kann.

Früherkennung des Zervixkarzinoms

Trotz der erfolgreichen Einführung der HPV-Impfung wird es für einige Jahrzehnte notwendig sein, ein Zervixkarzinomscreening anzubieten: Die Impfung wird derzeit bei jungen Mädchen durchgeführt, die erst 10–20 Jahre nach Impfung das Screeningalter erreichen. Die bisherigen Impfungen schützen nur gegen HPV 16 und HPV 18, aber nicht gegen andere Hochrisikotypen. Außerdem ist die Abdeckung der Bevölkerung in den meisten Ländern derzeit nicht hoch genug, um das Screening aufzugeben. Das Screening sollte aber effizienter gestaltet werden und an die veränderten Bedingungen in geimpften Bevölkerungen angepasst werden.

Wichtige Parameter für die Entwicklung eines Screeningprogramms sind die Auswahl des primären Screeningverfahrens (Zytologie, HPV-Test), das Alter bei der ersten Früherkennungsuntersuchung, das Screeningintervall, das Alter der letzten Früherkennungsuntersuchung, das Management von im Screening positv-befundeten Frauen und die Therapie.

Es gibt derzeit 3 verschiedene Ansätze für das Zervixkarzinomscreening [19]: Die Zervixzytologie, basierend auf dem Pap-Abstrich, ist noch immer der am weitesten verbreitete Screeningtest. Die verschiedenen Varianten der Zytologie beinhalten den konventionellen Abstrich und flüssigkeitsbasierte Verfahren, die entweder komplett manuell oder computerassistiert ausgewertet werden können.

Die HPV-Testung als primärer Screeningtest wurde in den letzten 10 Jahren in vielen randomisierten Studien erfolgreich untersucht [20]. In diesen Studien konnte die Überlegenheit der HPV-Testung gezeigt werden: mit einer früheren Detektion von Krebsvorstufen in den HPV-Armen und einer langfristigen Reduktion des Zervixkarzinoms durch die HPV-Testung [21].

Eine dritte Variante ist die HPV-Zytologie-Kotestung, bei der beide Verfahren bei allen Frauen gleichzeitig angewendet werden. Dieser Ansatz hat die höchste Sensitivität, allerdings ist die zusätzliche Detektion, die durch die Kombination erreicht wird, nur marginal, während bei allen Frauen 2 Tests durchgeführt werden müssen [22]. Derzeit wird die Kotestung nur in den USA empfohlen [23].

Aufgrund der hohen Sensitivität des HPV-Tests können die Screeningintervalle bei HPV-negativen Frauen gegenüber zytologienegativen Frauen verlängert werden. Ein optimales Screeningintervall ist der Zeitpunkt, an dem die meisten Krebsvorstufen detektiert werden, ohne dass ein Karzinom auftritt. Wenn die Screeningintervalle zu kurz sind, dann sinkt die Prävalenz der Krebsvorstufen in der nächsten Runde.

Für HPV-basierte, organisierte Screeningprogramme ist ein Fünfjahresabstand in der Regel ausreichend

Für HPV-basierte Screeningprogramme ist ein Fünfjahresabstand in der Regel ausreichend, und bei Frauen, die wiederholt HPV-negativ waren, können die Abstände sogar noch verlängert werden. Allerdings setzt dies voraus, dass Frauen nach diesem Intervall auch tatsächlich wieder zum Screening kommen. In organisierten, einladungsbasierten Screeningprogrammen können die Screeningintervalle am besten optimiert werden. In opportunistischen Programmen besteht die Gefahr, dass Frauen entweder zu häufig oder zu selten zur Vorsorge kommen.

Die meisten derzeit erhältlichen kommerziellen HPV-Testverfahren haben ähnliche Sensitivität und Spezifität für Krebsvorstufen und können fürs primäre Screening eingesetzt werden. Ein wichtiger Vorteil eines HPV-basierten Screenings besteht darin, dass Frauen, die nicht an der Vorsorge beim Gynäkologen teilnehmen, eine Selbstkollektion für einen HPV-Test durchführen können. In den Niederlanden wird „self-sampling“ derzeit in klinischen Studien untersucht, um die Teilnahme am organisierten Zervixkarzinomscreening zu erhöhen [24]. In Entwicklungsländern können mit „self-sampling“ Frauen erreicht werden, die sonst keinen Zugang zu einer gynäkologischen Einrichtung haben. Natürlich muss in diesen Situationen gewährleistet sein, dass im Screening positiv-befundete Frauen Zugang zu adäquatem Management und Therapie haben.

Management von im Screening positiv-befundeten Frauen

Bei allen Screeningansätzen sind zusätzliche Verfahren notwendig, um zu entscheiden, wer unter den im Screening positiv-befundeten Frauen eine Therapie benötigt. Eine Diagnose, die für die Therapieindikationsstellung notwendig ist, wird in der Regel aufgrund der histologischen Untersuchung der kolposkopischen Biopsie gestellt.

Es werden zusätzliche Triage-Verfahren eingesetzt

Da nicht alle im Screening positiv-befundeten Frauen zur Kolposkopie überwiesen werden können, werden zusätzliche Triage-Verfahren eingesetzt. Im zytologischen Screening wird der HPV-Test zur Triage von niedriggradigen zytologischen Veränderungen verwendet [25]. Im Gegensatz dazu benötigen in einem HPV-basierten Screeningansatz alle HPV-positiven Frauen einen Triage-Test, um die Frauen zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko haben und eine Kolposkopie benötigen [19].

Biomarker für die Triage von im Screening positiv-befundeten Frauen

Zahlreiche Testverfahren für Zervixkarzinomvorstufen werden derzeit als mögliche Triage-Marker untersucht ([26, 27]; Abb. 3). Die meisten primären HPV-Screening-Ansätze empfehlen die Zytologie für die Triage. Aufgrund der erhöhten Prävalenz von Krebsvorstufen bei HPV-positiven Frauen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung und weil viele niedriggradige zytologische Veränderungen bei HPV-negativen Frauen nicht vorkommen, wird erwartet, dass die Zytologie in der Triage bessere Ergebnisse zeigt als im primären Screening. Dementsprechend haben mehrere Studien gezeigt, dass die Sensitivität der Zytologie höher ist, wenn die histologische Beurteilung mit Kenntnis des HPV-Status erfolgt [28, 29].

Abb. 3
figure 3

Biomarker für Krebsvorstufen

Das Risiko für Krebsvorstufen und Karzinome ist sehr unterschiedlich für einzelne HPV-Typen, die in der Hochrisikogruppe von 13 bis 14 Typen zusammengefasst werden [12]. Daher kann die HPV-Genotypisierung zur Risikostratifizierung eingesetzt werden. Weltweit hat HPV 16 die stärkste Assoziation mit dem Zervixkarzinom, gefolgt von HPV 18 [12]. Da es klinisch nicht sinnvoll ist, eine vollständige Genotypisierung für alle individuellen HPV-Typen durchzuführen, wird diskutiert, welche Typen in einem Genotypisierungstest detektiert werden sollten. HPV 16 und HPV 18, und seltener HPV 45, sind in derzeit erhältlichen HPV-Tests mit Typisierung enthalten. Obwohl HPV 18 in Krebsvorstufen seltener vorkommt als mehrere andere HPV-Typen, wird es aufgrund seines hohen Anteils in Karzinomen, und insbesondere in Adenokarzinomen, in Genotypisierungstests eingeschlossen. Generell erhöht der Einschluss zusätzlicher Typen die Sensitivität, während die Spezifität sinkt, daher muss sich die Diskussion über den Umfang der Genotypisierung an der klinischen Anwendung orientieren [30, 31]. In den USA ist die HPV-Genotypisierung für HPV16 und HPV18 als Teil der HPV-Screeningstrategie zugelassen [32]. HPV16/18-positive Frauen werden direkt zur Kolposkopie überwiesen, während Frauen, die positiv für die anderen 12 HPV-Typen getestet wurden, zytologisch untersucht werden.

Einen anderen Ansatz zur Triage stellt die p16/Ki-67-dual-stain(DS)-Zytologie dar. Das zelluläre Protein p16 ist ein Surrogat für die Aktivität des HPV-Onkoproteins E7 und wird in HPV-transformierten Zellen stark exprimiert. Der DS-Test kombiniert die Färbung für p16 mit dem zusätzlichen Nachweis eines Proliferationsmarkers, Ki-67; bei Nachweis einer doppelt gefärbten Zelle gilt der Test als positiv. Der DS-Test wurde in großen Studien zum primären Screening [33] und zur Triage von HPV-positiven Frauen untersucht [29, 34]. Die Daten zur HPV-Triage zeigen, dass DS-positive Frauen zur Kolposkopie überwiesen werden sollten, während HPV-positive, DS-negative Frauen 1–2 Jahre beobachtet werden können.

Mehrere andere Triage-Marker werden derzeit untersucht, darunter zelluläre [3537] und virale Methylierungstests [3840], Testverfahren für chromosomale Veränderungen [41] und der Nachweis von HPV mRNA und HPV-Proteinen [27].

Kolposkopie, Biopsie und histologische Diagnose

In den meisten Screeningprogrammen ist die Kolposkopie mit Biopsie das zentrale Verfahren zur Diagnosestellung. Eine akkurate Diagnose setzt voraus, dass eine Biopsie an der richtigen Stelle durchgeführt und die Biopsie korrekt histologisch beurteilt wird. Die kolposkopische Beurteilung beinhaltet einen Gesamteindruck und die Identifizierung von optimalen Biopsiestellen. Die kolposkopische Beurteilung ist ein subjektives Verfahren mit teilweise limitierter Reproduzierbarkeit. Ein revidierte Kolposkopie-Terminologie wurde 2011 von der Internationalen Kolposkopie-Gesellschaft (IFCPC) eingeführt, die das Ziel verfolgt, die Reproduzierbarkeit zu verbessern, Terminologien weltweit zu vereinheitlichen und die kolposkopsche Beurteilung mit der Therapieplanung zu verbinden [42].

Mehrere Studien haben gezeigt, dass durch eine erhöhte Anzahl an kolposkopischen Biopsien die Detektion von Krebsvorstufen verbessert werden kann [43, 44]. Auf der anderen Seite gibt es prospektive Daten, die zeigen, dass bei einer negative Kolposkopie bei Frauen mit niedriggradigen zytologischen Veränderungen ein sehr geringes Risiko für eine Krebsvorstufe besteht [44, 45].

Daher sollte die kolposkopische Praxis an das individuelle Risiko angepasst werden. Mit der zunehmenden Implementierung der HPV-Testung im primären Screening wird es neue Herausforderungen für die Kolposkopie geben, da kleinere Läsionen im Screening identifiziert werden, die in der Kolposkopie schwerer zu diagnostizieren sind.

Die kolposkopische Praxis sollte an das individuelle Risiko angepasst werden

Im Jahre 2013 wurde eine neue histologische Terminologie von Zervixläsionen vorgestellt, die auf einer Kombination von morphologischer Bewertung und p16-Färbung beruht [46]. Dabei werden die histologischen Veränderungen in 2 Gruppen unterteilt: niedriggradige Läsionen („low grade squamous intraepithelial lesions“, LSIL), die alle CIN1 (CIN zervikale intraepitheliale Neoplasie) einschließen, und hochgradige Läsionen („high grade squamous intraepithelial lesions“, HSIL), die alle CIN3-Läsionen einschließen. CIN2-Läsionen sind eine heterogene Gruppe, die sowohl harmlose Infektionen als auch Krebsvorstufen beinhalten. Basierend auf der p16-Färbung werden p16-positive CIN2 als HSIL und p16-negative CIN2 als LSIL klassifiziert. Der Nachteil dieser dichotomen Klassifizierung ist ein erschwertes konservativeres Management von CIN2, insbesondere bei jüngeren Frauen. Deshalb ist es weiterhin relevant, den CIN-Grad zusätzlich zur HSIL/LSIL-Terminologie zu berichten.

Integration von Impfung und Früherkennung

In den letzten 10 Jahren wurde die HPV-Impfung in den meisten Industrienationen eingeführt [13]. Die Impfprogramme sind auf junge Mädchen fokussiert, aber in vielen Ländern wurden bei der Implementierung initial auch Impfungen von Frauen bis zu einem Alter von 26 Jahren durchgeführt. Die ersten geimpften Kohorten erreichen daher jetzt das Alter, in dem die Früherkennung durchgeführt wird.

In Australien wurde 2007 ein nationales HPV-Impfprogramm eingeführt, das in kurzer Zeit eine hohe Bevölkerungsabdeckung erreicht hat. Das Programm hat bereits jetzt zu einer starken Reduktion von HPV-Infektionen, Genitalwarzen und Krebsvorstufen bei jungen Frauen geführt [4, 5, 13]. Ähnliche Effekte wurden in anderen Ländern beobachtet.

Eine große Herausforderung ist, dass in einer partiell geimpften Bevölkerung das Risiko eines Zervixkarzinoms individuell stark variiert. Das Risiko wird von einer Vielzahl von Faktoren:

  • Wurde eine Impfung durchgeführt?

  • Fand die Impfung vor dem ersten sexuellen Kontakt statt?

  • Wie viele Impfdosen wurden verabreicht?

  • Selbst wenn keine Impfung durchgeführt wurde, wie hoch ist die Herdenimmunität in der Bevölkerung?

Für eine individuelle Risikoeinschätzung müssten alle diese Faktoren zusammen mit Ergebnissen aus vorherigen Vorsorgeuntersuchungen beurteilt werden. Da es unrealistisch ist, solche detaillierten Informationen zur HPV-Impfung aus der Anamnese zu erhalten, wäre ein nationales, einfach zugängliches Impfregister notwendig, das derzeit in Deutschland nicht existiert. Ein alternativer Ansatz verwendet den gleichen Screeningansatz für vakzinierte und nichtvakzinierte Frauen, sodass individuelle Informationen zum Impfstatus nicht notwendig sind. In einem Screeningprogramm, das auf HPV-Testung mit partieller Genotypisierung beruht, ist der entscheidende Risikoindikator der HPV-Status zum Zeitpunkt der Testung. Mit zunehmender Impfabdeckung und Herdenimmunität wird es möglich sein, das Eintrittsalter in das Screening zu erhöhen und die Screeningintervalle zu verlängern.

Risikobasierter Ansatz − „precision prevention“

Die Vielfalt an Testverfahren und prophylaktischen Impfstoffen zur Prävention des Zervixkarzinoms ist eine Folge der großen Fortschritte, die beim Verständnis der Biologie von Papillomaviren und der Karzinogenese des Zervixkarzinoms gemacht wurden. Mit verschiedenen Testverfahren ist es jetzt möglich, das Risiko einer Krebsvorstufe mit hoher Präzision vorherzusagen. Derzeit wird eine umfangreiche S3-Leitlinie zur Prävention des Zervixkarzinoms in Deutschland fertiggestellt, die einen starken Fokus auf HPV-basierte Präventionsansätze (HPV-Impfung und HPV-Testung) hat. Zur gleichen Zeit werden kontinuierlich neue Testverfahren entwickelt und in klinischen Studien evaluiert, die zu weiteren Verbesserungen des Screenings führen können. Einige neue Verfahren wie neue HPV-Tests mit Genotypisierung haben sehr ähnliche Charakteristika wie bereits etablierte Tests, während neue Triage-Tests wie p16/Ki-67 und Methylierung das Spektrum der etablierten Verfahren erweitern können. Es ist wünschenswert, neue, erfolgreich ausgewertete Testverfahren schnell in der klinischen Praxis einzuführen. Allerdings ist es nicht möglich, für jedes Testverfahren und für jede Testkombination neue Leitlinien zu entwickeln.

Ein neuer Ansatz zur Entwicklung von Leitlinien und klinischen Empfehlungen beruht auf dem Prinzip der „precision prevention“ oder Präzisionsprävention (Abb. 4). Dabei wird für ein bestimmtes Krankheitsrisiko ein einheitliches klinisches Management durchgeführt, unabhängig davon, durch welches Testverfahren das Erkrankungsrisiko bestimmt wird. Zentrale Aufgabe der klinischen Leitlinienentwicklung ist bei diesem Ansatz, die Höhe des Risikos festzulegen, bei der bestimmte klinische Interventionen notwendig sind. Diese Entscheidungen können z. T. durch das Alter der untersuchten Frau, die Compliance und die Art des Screeningprogramms (organisiert, opportunistisch) modifiziert werden. Unabhängig davon werden neue Testverfahren entwickelt und ausgewertet. Das absolute Risiko einer Erkrankung, das durch den neuen Test anzeigt wird, bestimmt dann die Einsatzbereiche des neuen Verfahrens.

Abb. 4
figure 4

Prinzip des risikobasierten Managements und der “precision prevention” beim Zervixkarzinom

Mit diesem Ansatz wird die Entwicklung von Richtlinien und Empfehlungen in zwei zentrale Bereiche unterteilt: die Festlegung eines standardisierten, risikobasierten klinischen Managements auf der einen Seite und die Evaluierung neuer Testverfahren im Kontext dieser Risikowerte auf der anderen Seite.

Es besteht die Gefahr, dass die vielen Optionen zum Zervixkarzinomscreening und die Komplexität der Verfahren zu starker Verunsicherung sowohl von Frauen, die am Screening teilnehmen, als auch von Ärzten, die das Screening durchführen, führen können. Daher muss die Präzision, die mit der Vielzahl an Testverfahren erreicht werden kann, gegen die Durchführbarkeit eines Vorsorgeprogramms abgewogen werden. Insgesamt ist die Integration von Impfung und Vorsorgeuntersuchung für das Zervixkarzinom ein Paradebeispiel für einen erfolgreichen Precision-Medicine- und Prevision-Prevention-Ansatz.

Fazit für die Praxis

  • Persistierende Infektionen mit HPV sind eine notwendige Ursache für die meisten Zervixkarzinome.

  • Die Entwicklung von HPV-basierten Präventionsverfahren führt zu großen Veränderungen von Vorsorgeprogrammen.

  • Die HPV-Impfung ist sehr effizient und führt bereits jetzt zur Reduktion von HPV-Infektionen und Krebsvorstufen in geimpften Bevölkerungen.

  • Die HPV-Testung hat eine hohe Sensitivität für Krebsvorstufen und erlaubt es, Screeningintervalle in HPV-negativen Frauen zu verlängern.

  • Zahlreiche Testverfahren zur Triage von HPV-positiven Frauen werden derzeit untersucht.

  • Die effiziente Integration von Impfung und neuen Screeningverfahren stellt eine Herausforderung für Präventionsprogramme dar.

  • Risikobasierte Screeningempfehlungen erleichtern die Integration von neuen Testverfahren in bestehenden Präventionsprogrammen.