1 Problemstellung

Corporate Volunteering greift sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der wissenschaftlichen Diskussion immer mehr Raum und ist zu einem etablierten Bestandteil einer Vielzahl von Programmen und Ansätzen in den Bereichen „Corporate Social Responsibility“ (CSR) und „Corporate Citzenship“ (CC) avanciert. Dabei ist freiwilliges Engagement für soziale oder ökologische Zwecke durch Führungskräfte und Mitarbeitende kein neuartiges Phänomen, sondern eine über Generationen gepflegte Unternehmenstradition. Nicht allein deshalb steht das Konzept von Corporate Volunteering heute an einem Scheideweg. Handelt es sich bei Corporate Volunteering lediglich um eine schillernde und marktgängige Neuetikettierung, mit der „alter Wein in neuen Schläuchen“ verkauft werden soll? Oder entsteht zurzeit ein innovatives Konzept, welches zu einer Neuausrichtung von gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung und der Personalpolitik beitragen kann? Es lässt sich konstatieren, dass Corporate Volunteering in Deutschland noch „von Zufälligkeit, Spontanität und Semi-Professionalität gekennzeichnet“ (Schäfer2009) ist.

Welche Möglichkeiten und Potenziale, aber auch Grenzen das Corporate Volunteering auszeichnen und welche Pfade zukünftig eingeschlagen werden können, ist Gegenstand dieses Beitrages, der auf einer empirischen Expertenbefragung basiert. Aufbauend auf diesen Befunden wird die Entwicklungsperspektive für ein integratives Konzept diskutiert, welches die strategischen und philanthropischen Momente des Corporate Volunteering zusammenführt und auf die Lösung gesellschaftlicher Problemlagen ausrichtet. Dazu wird im nachfolgenden zweiten Kapitel einen Überblick über das methodische Vorgehen geleistet, nach dem in Kapitel drei die Motivlage der Unternehmen für ihr Engagement im Bereich „Corporate Volunteering“ beleuchtet wird. Daran anschließend werden in Kapitel vier die Vorteile eines gelungenen Freiwilligenengagements dargelegt. Das fünfte Kapital benennt Erfolgsfaktoren für ein zukunftsfähiges und zielführendes Konzept, deren Betrachtung in Kapital sechs, das den Weg zu einem integrativen Konzept ausführt, fortgesetzt wird. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick in Kapitel sieben.

2 Methodisches Vorgehen

Die zur Datengewinnung herangezogene Forschungsmethode war die Expertenbefragung. Die Näherung an den Begriff des Experten für Corporate Volunteering beeinflusste dabei die Selektion und Ansprache potenzieller Teilnehmer. Als Experte wurde verstanden, wer „über den privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt“ oder aber „wer in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung“ (Meuser und Nagel1991). Während ersteres für Angehörige des Wissenschaftssystems, aber mitunter auch der Fachpresse, besonders charakteristisch ist, werden mit dem zweiten Definitionsteil besonders Funktionsträger von sogenannten Mittlerorganisationen angesprochen, die an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und mit diesen kooperierenden Organisationen der Zivilgesellschaft aktiv werden und die Austauschprozesse, die für das Corporate Volunteering zentral sind, vorbereiten, mitgestalten oder begleiten.Footnote 1

Die hierbei durchgeführte Expertenbefragung (Online-Befragung mit personalisiertem Zugang) ist zwischen einem explorativen und einem systematisierenden Vorgehen einzuordnen (Bogner und Menz2005). Explorativ ist es deshalb, da mit möglichst gering expliziertem Vorwissen subjektive Meinungen und Erfahrungen gewonnen werden sollten, die durch die Fachliteratur nicht vollumfänglich beantwortet werden können. Systematisierend hingegen ist es, da die Befragung allein aufgrund der onlinegestützten Form nicht frei von Vorwissen stattfinden konnte und sie eine Struktur aufwies, die schlussendlich dazu diente, verschiedene Aussagen vergleichbar zu machen.

3 Wege ins Corporate Volunteering: Motive der Unternehmen

Corporate Volunteering als ein weiträumig etabliertes Phänomen und gelebte Tradition ist auf verschiedene Ursprünge zurückzuführen. Um die Motivlage zur Beschäftigung und Umsetzung von Freiwilligenengagement in Unternehmen zu analysieren, steht eine aktuelle Erhebung (AmCham und Roland Berger2011) zur Verfügung. Darin heben Unternehmen die Bedeutung des Instruments im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmen und ihrer Positionierung als guter Unternehmensbürger hervor. Diesem mit Abstand gewichtigsten Argument folgen Beweggründe, die auf eine Verbesserung der Unternehmenskultur, den Imagegewinn sowie die gepflegte Tradition verweisen. Von den personalpolitisch ausgerichteten Motiven dominiert der Aufbau von Social Skills beziehungsweise der Teamfähigkeit, während die allgemeine Personalentwicklung und der Erwerb berufsfachlicher Kompetenzen eher von geringerer Bedeutung sind. Die Autoren der Studie heben dabei hervor, dass Freiwilligenengagement „offensichtlich noch nicht systematisch für die Entwicklung von Beschäftigten genutzt wird“ (AmCham und Roland Berger2011: 8).

Gegenüber diesen aus Unternehmenssicht vorgetragenen Motiven, die sich durchaus an einer sozialen Erwartungshaltung an Unternehmen orientieren können, nehmen die Experten eine Perspektive ein, die sie überwiegend in ihrer Funktion als Agenten der Vermittlung und Kooperationsbegleitung, aber auch der wissenschaftlichen Auseinandersetzung gewonnen haben. Die von ihnen erkannten Gründe sind in Tab. 1 dargestellt.

Tab. 1 Motive für Corporate Volunteering (Expertensicht)

Im Vergleich zu den Unternehmen selbst betonen die Experten die Entwicklungsmotive im Personalbereich nachdrücklich und weisen darauf hin, dass vor allem in Großunternehmen die entscheidenden Impulse für ein Freiwilligenengagement häufig aus den Personalabteilungen stammen.

Auch darüber hinaus erkennen die Experten grundsätzliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße: Während in kleinen und mittleren Unternehmen die Beschäftigung mit Corporate Volunteering als reaktiv bezeichnet werden kann, ist sie bei Großunternehmen eher proaktiv-strategisch ausgerichtet. Die Befragten verweisen gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen darauf, dass hier oftmals bestehendes Engagement von Unternehmensmitgliedern aufgegriffen und fortgeführt wird. Ein Experte spitzt dies weiter zu: Vor allem kleine und mittlere Unternehmen hätten nicht die Möglichkeiten, lange Abwesenheiten ihrer Mitarbeitenden zu kompensieren. Daher neigen sie dazu, ohnehin bestehendes Engagement zu integrieren und im Rahmen von Corporate Volunteering zu kommunizieren, zu fördern und zu strukturieren. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass kleine und mittlere Unternehmen Freiwilligenengagement eher aus bestehenden, von einzelnen Unternehmensmitgliedern gepflegten Netzwerken und persönlichen Motiven heraus betreiben. Weiterhin, so stellt ein Experte fest, ist die Bedarfsorientierung sehr hoch. Konkrete, gesellschaftspolitische Probleme müssen vorliegen und durch regionale Akteure aus der Zivilgesellschaft auch artikuliert werden. Die bereits angeführte quantitative Erhebung thematisiert solche „Anfragen gemeinnütziger Einrichtungen“ zwar ebenfalls, kann sie aber nur bedingt als Treiber identifizieren (AmCham und Roland Berger2011: 8).

4 Potenziale und Möglichkeiten

Das von den Beteiligten wahrgenommene Potenzial des Freiwilligenengagements als personalpolitisches Instrument und Dimension einer bürgerschaftlichen Verantwortung für das Gemeinwesen begründet die bereits dargelegten Motive, die zur Beschäftigung und Umsetzung führen. Dies gilt, sofern das Unternehmen mit dem Einsatz von Corporate Volunteering ein strategisches Interesse verbindet und es nicht allein als philanthropischen Dienst am Gemeinwesen versteht oder es aus traditionellen Gründen verfolgt. Daher wurden die Experten um eine Einschätzung zu den Wirkungspotenzialen von Aktivitäten eines (effektiven) Corporate Volunteerings befragt. Die Ergebnisse schlagen sich in der nachfolgenden Abb. 1 nieder.

Abb. 1
figure 1

Effekte des Corporate Volunteerings (Expertensicht)

In ihrer Einschätzung exponieren die Experten jene Nutzendimensionen, die sich über „klassische“ Arbeitsfelder der Personalpolitik erstrecken, wie die Gewinnung, Bindung und Motivation von Fachkräften – nicht jedoch eine berufs- oder arbeitsplatzbezogene Personalentwicklung. Dies sind Befunde, die durch verschiedene Vergleichsarbeiten untermauert werden können (etwa Tuffrey2003; Points of Light Foundation2005).

Demgegenüber wird das Potenzial von Corporate Volunteering als Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung noch verhalten bewertet. Damit gilt es, sich insofern auseinanderzusetzen, da Freiwilligenengagement regelmäßig im Rahmen von CSR/CC-Maßnahmen als Bestandteil des Corporate-Citizenship-Mixes thematisiert wird (etwa Dresewski et al.2004; Backhaus-Maul et al.2011). Die Experten messen zwar der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung eine präsente Rolle innerhalb der Motivdimensionen bei, sehen das Instrument dafür aber nur als bedingt geeignet an. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die als nur sehr gering eingeschätzte Möglichkeit zu interpretieren, über die in fremden Lebenswelten erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen unternehmerische Innovations- und Verbesserungsprozesse anzustoßen. Dabei ist es gerade jenes Feld, in das aus wirtschaftsethischer Perspektive große Hoffnungen gesetzt werden: Corporate Volunteering soll durch den gewährten Einblick in andere Handlungslogiken und Sinnwelten dazu beitragen, die Mitarbeitenden das eigene Kerngeschäft reflektieren zu lassen und es auch aus anderen gesellschaftlichen Perspektiven zu betrachten. Damit diese Forderung eingelöst werden kann, bedarf es jedoch eines anspruchsvollen Designs, das Freiwilligenengagement nicht beliebig, sondern in enger Anbindung an das eigene Kerngeschäft konzipiert. Hier ist das volle Potenzial in den Augen der Experten offensichtlich noch nicht ausgeschöpft; das Corporate Volunteering bleibt in seiner unternehmerischen Nachhaltigkeit gegenwärtig noch von begrenzter Wirkung.

5 Kriterien des Erfolges

5.1 Organisationale Verankerung

Akzeptanz und Umsetzungserfolg von Corporate Volunteering sind maßgeblich von einer gelungenen Integration in die Arbeitsabläufe abhängig. Dies geht noch deutlich über die Forderung hinaus, sich einer systematischen Reflexion mit Vor- und Nachbereitung durch und mit den Mitarbeitenden zu bedienen (Bartsch2008: 329). Besondere Beachtung muss den organisationalen Rahmenbedingungen gewidmet werden, wenn Corporate Volunteering als personalpolitisches Instrument Geltung erlangen und substantiell zu einem Kompetenzerwerb und zu einer Förderung des Betriebsklimas beitragen soll. Die befragten Experten sprechen hierbei eine Reihe von Empfehlungen aus:

  1. 1.

    Integration in die Arbeitsabläufe bedeutet, dass durch die Partizipation am Corporate Volunteering keine Überforderung im operativen Tagesgeschäft ausgelöst werden darf. Das gilt insbesondere dann, wenn andere Lern- und Ausbildungsprozesse, wie dies bei einem Freiwilligenengagement durch Auszubildende der Fall sein kann, unter einer Absenz aus der gewohnten Lernwelt zum Aufbau berufsfachlicher Kompetenz zu leiden drohen.

  2. 2.

    Die gewinnbringende Integration der Mitarbeitenden ist von partizipativen Strukturen abhängig. Die Experten identifizieren mangelnde Motivation der Mitarbeitenden als einen zentralen Grund für das Versagen auch inhaltlich gut strukturierter und aussichtsreicher Kooperationen. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung sollte daher nicht top-down verordnet, sondern diskursiv mit der Motivlage der Mitarbeitenden abgestimmt werden.

  3. 3.

    Obwohl Corporate Volunteering zu einer Steigerung der Unternehmensreputation und einer positiven Außenwirkung beitragen kann, droht dann ein Akzeptanzverlust, wenn die Mitarbeitenden eine Instrumentalisierung fürchten und sich damit selbst als Mittel statt als Zweck begriffen wähnen.

  4. 4.

    Freiwilligenengagement wird zumeist begrenzt auf bestimmte Abteilungen, Hierarchieebenen oder Standorte. Unabhängig von eventuell inhaltlichen Überlegungen, die ein Corporate Volunteering nur für bestimmte Personengruppen sinnvoll erscheinen lassen, stellen die Experten die Einbeziehung der Geschäftsführung beziehungsweise des Vorstandes als ein bedeutendes Erfolgskriterium heraus.

  5. 5.

    Lernen und Wirken in fremden Lebenswelten ist eine Entwicklungs- und Bewährungsaufgabe, die Mitarbeitende Dilemma- oder Krisensituationen aussetzen kann. Dazu ist eine Unterstützungsstruktur notwendig, in deren Rahmen den Mitarbeitenden eine kompetente Ansprechperson zur Seite steht und die nötigen Reflexionsprozesse stattfinden können.

Als Fundament einer solchen Institutionalisierung verweisen die Experten auf eine Unternehmenskultur, in der Freiwilligenengagement wertgeschätzt und gefördert wird. Insbesondere Konzernunternehmen, die dem angelsächsischen Kulturkreis entstammen, werden als affin für die Thematik erachtet. Diese Einschätzung wird bedingt durch einen quantitativen Befund unterlegt, der Corporate Volunteering häufiger in US-Tochtergesellschaften als in Unternehmen mit deutschem Hauptsitz ausweist (AmCham und Roland Berger2011: 15).

5.2 Kooperation

Über das Freiwilligenengagement betreten Unternehmen zwangsläufig Kooperationssphären mit zumeist zivilgesellschaftlichen Organisationen des Non-Profit-Sektors. Dabei werden extraorganisationale Kooperationen eingegangen, die sich über verschiedene Handlungslogiken hinweg erstrecken und damit besonders voraussetzungsvoll sind. Während Unternehmen der ökonomischen Logik des erwerbswirtschaftlichen Prinzips folgen, rücken die kooperierenden Organisationen die Lösung gesellschaftlicher Probleme in den Vordergrund und sind durch eine gemeinwohlorientierte Handlungslogik zu charakterisieren. Das Verhältnis beider Kooperationspartner zueinander ist dabei im besten Fall ein komplementäres, in dem sich beider Logiken und der Organisationsressourcen bedient wird, um im Verbund solche Herausforderungen zu bewältigen, an denen ein Partner allein zwingend scheitern müsste. Diese dann „konjugate Kooperation“ (Astley und Fombrun1983) führt zu einem gemeinsamen Ertrag beziehungsweise zu einer Minderung von Risiken.

Diese fortgeschrittene Form der Kooperation ist jedoch im Rahmen eines Freiwilligenengagements weder zwingend noch gegenwärtig die Regel. Eine Analyse unterschiedlich integrativer Kooperationsformen kann durch Bezug auf Austin (2000) geleistet werden, der die Austauschbeziehungen der Partner systematisiert. Die einfachste Form der Kooperation zwischen erwerbswirtschaftlichen und gemeinnützigen Organisationen bezeichnet er als philanthropische Kooperation, die einen einseitigen Transfer von Ressourcen, zumeist vom Unternehmen an die gemeinnützige Organisation, ohne strategische Ausrichtung beschreibt. Dieser Blickwinkel findet sich im Corporate Volunteering dann eingenommen, wenn es als „Zeitspende“ (Schrader2011) analog zur Geld- oder Sachspende betrachtet wird. Die Austauschbeziehungen sind hierbei sehr gering, die Rückwirkung in das Kerngeschäft des Unternehmens marginal. Einen Schritt weiter geht die transaktionale Kooperation, in der von beiden Partnern Ressourcen bereitgestellt werden. Übertragen auf das Corporate Volunteering bedeutet dies, dass Unternehmen Arbeitskraft und Know-how gegen Lern-, Motivations- und Entwicklungsleistungen tauschen, die durch die und in der Partnerorganisation erworben werden. Die am weitesten fortgeschrittene Form der Kooperation ist die integrative, der beide Partner ein hohes strategisches Interesse entgegenbringen und ihre Ressourcen systematisch und nachhaltig mit einer klar umrissenen Zielsetzung zusammenbringen. Das Komplexitätsniveau ist hoch, ebenso wie die Eignung zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Beide Partner sind hierbei mehr als die Summe ihrer Teile und generieren einen weitreichenden Benefit über ihr individuelles Vermögen hinaus. Diese Kooperationsform kann über selbstständige Organisationen wie Vereine, Initiativen oder auch Unternehmen institutionalisiert werden.

Anbahnung, operative Durchführung und Selbstevaluation einer solchen Kooperation werden von den Experten als ausgesprochen bedeutsam und herausfordernd erkannt. Das Ausbleiben des Kooperationserfolges ist einer der zentralen Gründe für das Scheitern beziehungsweise der nur einseitigen Nutzenziehung aus Aktivitäten des Freiwilligenengagements. Bereits in der Anbahnungsphase werden zentrale Überlegungen häufig vernachlässigt. Die Experten verweisen hierbei auf verschiedene Notwendigkeiten:

  1. 1.

    Ziele und Motive müssen offen formuliert und expliziert werden. Bleiben die Beweggründe und der erhoffte Organisationsnutzen unspezifisch, fehlen nicht zuletzt die Parameter zur Bewertung des Projekterfolges. Ein Corporate Volunteering benötigt ein eigenständiges Zielsystem, in dem die Erwartungshaltung von Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen, wie auch die Befriedigung des gesellschaftlichen Bedarfs offen thematisiert und präzisiert werden.

  2. 2.

    Eine verfehlte Auswahl an Projekten ist ursächlich für fehlende Akzeptanz und Motivation der Mitarbeitenden. Die dann ausbleibenden Erfolge mangels geeigneter Problemlösungshypothesen können zu Frustrationserfahrungen führen. Die Herbeiführung eines Fits aus strategischen Überlegungen, zur Problemlösung vorhandenen Ressourcen und innerorganisationaler Motivation für oder gegen bestimmte Themen ist daher besonders zu berücksichtigen.

  3. 3.

    Die Sinnhaftigkeit des gemeinsamen Vorhabens muss im Rahmen der Kooperation sichergestellt werden. Bei der Zusammenfindung der Partner ist darauf zu achten, dass die Unternehmenskulturen keine unüberbrückbaren Diskrepanzen aufweisen und ein gesellschaftliches Thema gewählt wird, zu dessen Lösung beide Parteien legitimiert und durch ihr Kerngeschäft befähigt sind. Ist diese Bedingung bei gemeinnützigen Organisationen aufgrund ihres Hauptbetätigungsfeldes zumeist noch problemlos sicherzustellen, stehen hier insbesondere die Unternehmen in der Pflicht aufzuzeigen, weshalb gerade die eigenen Mitarbeitenden einen maßgeblichen Beitrag zu leisten vermögen. Dies ist bei einer Bank, die sich in der Schuldnerberatung engagiert und dabei direkt ihre Beratungskompetenz im Finanzbereich zur Geltung bringen kann, ungleich stärker ausgeprägt als bei einer Bank, die ihre Mitarbeitenden in der Altenbetreuung einsetzt.

  4. 4.

    Zielvereinbarungen sowie geeignete Instrumente zu deren Evaluation leisten einen klaren Beitrag zur Wirkungsmessung und bedingen damit die Akzeptanz und die Weiterentwicklung des gemeinsamen Vorhabens.

Damit diese voraussetzungsvollen vier Punkte erfüllt werden können, verweisen die Experten auf Mittlerorganisationen, die bei der Auswahl geeigneter Organisationspartner, der Formulierung von Zielsystemen und Meilensteinen, der Prozessbegleitung und auch der Kommunikation unterstützen. Sie reduzieren damit Transaktionskosten, minimieren das Risiko und bringen frühzeitig eine Expertise zur Gestaltung und operativen Umsetzung der Kooperation ein.

5.3 Personalpolitik

Über Gewinnung, Bindung und Motivation hinaus wird Corporate Volunteering in der Entwicklung von sozialen und beruflichen Fähigkeiten eingesetzt. Festgestellt werden hierbei vor allem positive Einflüsse auf die Team- und Kommunikationsfähigkeit. Darüber hinaus muss die Frage, ob Corporate Volunteering bevorzugt zum Aufbau von Sozialkapital, der sozialen und emotionalen Kompetenz oder zum direkt berufs- und arbeitsplatzbezogenen Humankapital beitragen soll, differenziert beantwortet werden. Das Verständnis vom Corporate Volunteering als Aufbau von auch im Kerngeschäft verwertbarem Humankapital bedingt eine Lernsituation, die einen starken Bezug zum operativen Tagesgeschäft aufweist und es den Mitarbeitenden ermöglicht, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen, zu reflektieren und zu vertiefen. Eine ebenfalls vertretene, jedoch gegensätzliche Betrachtung definiert Corporate Volunteering hingegen gerade über „die Setzung einer Differenz und die Durchbrechung dessen, was die Mitarbeiter sowieso schon beruflich tun“ (Sprengel2005, zitiert nach Fifka2011: 111).

Die befragten Experten erkennen das skills-based-Corporate Volunteering, das über eine reine Zeitspende hinausgeht und auf spezielle Fähigkeiten zurückgreift, als zukunftsfähige Ausprägung, die zudem aufgrund ihrer ökonomischen Nutzenaspekte eine hohe Akzeptanz innerhalb des Unternehmens erlangen kann. Kritisch wird dabei jedoch angemerkt, dass der Interessenlage der Mitarbeitenden hier eine zentrale Rolle zukommt und keine primär oder einzig der Personalentwicklung dienenden Programme oktroyiert werden können, die von den Mitarbeitenden als inhaltlich nicht ansprechend erkannt werden. Mitunter ist es genau der Abstand vom Tagesgeschäft, von dem spürbare Motivationseffekte ausgehen.

Den höchsten Grand an professionalisiertem Lernen stellen strukturierte Programme dar, bei denen eine Mittleragentur im Rahmen eines organisierten Austauschs die Weiterbildung der Teilnehmenden konzeptualisiert und begleitet. Ein solches Beispiel für ein Austauschprogramm, das freiwilliges Mitarbeitendenengagement gezielt mit einem Kompetenztransfer verbindet, ist das in der Schweiz entwickelte SeitenWechsel® (Wrede2010; Drexler und Endres2007), das auch unter dem Begriff Secondment diskutiert wird (Ettlin2008). Beispiele „guter Unternehmenspraxis“ verdeutlichen zudem die Erfahrungen mit unternehmenseigenen Ansätzen hoher Strukturierung (Fischer und Büchler2008; Pinter2006,2008).

6 Entwicklungsperspektiven zu einem integrativen Konzept

Die bisherigen Systematisierungsversuche im Corporate Volunteering konzentrieren sich bislang überwiegend auf Fragestellungen der konkreten Ausgestaltung und Umsetzung im Unternehmen, hinterfragen den zugrundegelegten normativen und strategischen Gehalt aber kaum. Eine erste Typologisierung leistet Mutz (2008: 248), indem zwischen dem Nutzentypus, Philanthropischen Typus und Imagetypus aufgrund ihrer Handlungsmuster und Zielsetzungen differenziert. Während der Nutzentypus von einer Kooperationslogik geprägt wird, die auf das Herstellen von Win-Win-Situationen abzielt, fokussieren die anderen beiden Logiken (weitgehend) auf die Nutzendimensionen allein eines Kooperationspartners.

Darüber hinausgehend lässt sich eine Klassifizierung treffen, die auf Entstehungsmotive, inhaltliche Ausrichtung, Kooperationsbeziehung zu den Partnern (vgl. 5.2) sowie zu einer Orientierung in der Lebenswelt abstellt (Abb. 2).

Abb. 2
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Ansätze im Corporate Volunteering

Im Sinne einer synergetischen Verfolgung von organisationalen und gesellschaftspolitischen Motiven stellt der integrative Ansatz die fortschrittlichste Entwicklung dar. Er zeichnet sich dabei durch eine planvolle und konsequente Ausrichtung am gesellschaftlichen Bedarf aus, ohne organisationseigene Zielsysteme personalpolitischer oder reputationsbildender Ausrichtung zu negieren oder normativ zu verwerfen. In eine solche Kooperation bringen beide Partner ihre im Kerngeschäft erworbenen Ressourcen ein und richten ihr Augenmerk auf einen kontinuierlichen Wissens- und Kompetenztransfer. Innerorganisational, sowohl im Unternehmen wie in der gemeinnützigen Organisation, prägt dieser Ansatz eine partizipative Einbindung der Mitarbeitenden in alle Projektphasen, von der Konzeption bis zur Reflexion.

7 Ausblick

Eine Einordnung der empirisch-qualitativ gewonnenen Befunde in den wissenschaftlichen Diskurs um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen verdeutlicht die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung hin zu einem integrativen Konzept, das ökonomische Nutzenmotive und verantwortungsvolles Wirtschaften zusammenführt. Obgleich Corporate Volunteering längst breiten Einzug in die Unternehmenspraxis gefunden hat, sind bislang nur wenige Ansätze erkennbar, die den hier skizzierten Anforderungen an ein integratives Konzept genügen. Dieser Umstand ist nicht allein der mangelnden konzeptionellen Reife der konkreten Aktivtäten geschuldet, sondern auch auf eine noch unzureichende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kategorisierung, Systematisierung und Evaluation des Phänomens zurückzuführen. Zukünftig wird die Frage an Bedeutung gewinnen, wodurch auf einen gesellschaftlichen Bedarf zielführend geantwortet, ein messbarer Ertrag in der Entwicklung, Bindung und Gewinnung von Mitarbeitenden geleistet und die kontinuierliche Reflexion und möglicherweise Legitimierung des unternehmerischen Engagements ermöglicht werden kann.

In einem wohlverstandenen Sinne ist Corporate Volunteering kein Ausdruck einer karitativen Spendenethik, die vom Kerngeschäft abstrahiert und eine ihm nachgelagerte Aktivität darstellt. Vielmehr wirbt es für ein gegenseitiges Verständnis und trägt dazu bei, vermeintliche Gräben in der gewinn- und der gemeinwohlorientierten Handlungslogik zu überbrücken. Durch diese neu gewonnene Kooperationsfähigkeit stellen Unternehmen bezüglich vieler gesellschaftlicher Herausforderungen nicht länger nur einen Teil des Problems, sondern möglicherweise auch einen Teil der Lösung dar. Corporate Volunteering öffnet Unternehmen damit eine Tür in die Gesellschaft, ohne das eigene, auch erwerbswirtschaftliche Interesse verneinen zu müssen (Schank und Beschorner2011).