Einleitung: Metropolregionen als Symbol des Paradigmenwechsels von der Raumordnungs- zur Raumentwicklungspolitik

Im Unterschied zu anderen Ländern (Wiechmann 2009) waren Metropolregionen in der raumordnungspolitischen Diskussion in Deutschland bis Mitte der 1990er-Jahre kein Thema. Dies änderte sich mit dem von der Bund-Länder-Raumordnung 1995 im Zuge des raumordnungspolitischen Handlungsrahmens eingeleiteten Diskurs (Growe 2018). Der Ansatz der deutschen Metropolregionen ist vor allem durch das Ziel ihrer besseren ökonomischen Positionierung im dynamisierten Prozess der Globalisierung geprägt. Mit dem Leitbild 1 Wachstum (Lutter 2006) wurden die Metropolregionen in der Raumentwicklungspolitik dann programmatisch weiter akzentuiert. Das Ergebnis der Regionsbildungsprozesse waren überwiegend vergleichsweise groß geschnittene Regionen (Abb. 1, vgl. auch IKM 2021), die international sichtbar sein sollen (Lackowska und Zimmermann 2010).

Abb. 1
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Flächengröße und Einwohnerzahl der nichtstaatsgrenzenübergreifenden deutschen Metropolregionen (Stand: 01.01.2018)

Nach über 25 Jahren lässt sich bilanzieren: Der Metropolregionsdiskurs kann zumindest in Deutschland als einer der wirkmächtigsten der deutschen Raumordnungspolitik überhaupt bezeichnet werden (Schmitt 2007, S. 14ff). Er mag zwar in der akademischen Debatte verglichen mit den frühen 2000er-Jahren etwas an Bedeutung verloren haben (Diller 2016), ist jedoch in der praktischen Raumordnungspolitik nach wie vor zentral, wie auch der aktuelle Raumordnungsbericht (BBSR 2021) zeigt. Die meisten deutschen Metropolregionen haben eine erkennbare und mehrheitlich überwiegend stabile Governance-Struktur, in die neben öffentlichen auch Akteur*innen aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft eingebunden sind. Aber es wurde von Anfang an auch Kritik am Konzept der Metropolregionen formuliert, stärker aus der Wissenschaft als in der Praxis. Die Hauptkritik richtet sich gegen den mit dem Metropolregionskonzept verbundenen politischen Paradigmenwechsel in Richtung Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Austerität (Zimmermann und Feiertag 2019). Damit sei die Gefahr der Peripherisierung der nichtmetropolitanen Räume verbunden (Waterhout et al. 2013, S. 10; Danielzyk 2012).

Ein anderer Kritikpunkt wurde von Preising (2013) formuliert: Demnach lenke die Fokussierung auf die Metropolregionen und Themen der internationalen Ausrichtung vom regionalen Handlungsbedarf in klassischen raumordnerischen Themenfeldern wie Siedlungsflächensteuerung, Freiraumschutz, Zentralörtliche Struktur (Priebs 2013) ab. Das Ziel dieses Beitrags ist die Beantwortung der Frage, ob diese These für alle deutschen Metropolregionsräume gerechtfertigt ist. Dazu wird nachfolgend eine explorative vergleichende Analyse der Governance-Strukturen der Metropolregionen und die Einordnung der Metropolregionen vorgestellt.

Explorative Einordnung der Governance-Struktur der deutschen Metropolregionen

Nachfolgend wird eine erste Einordnung aller nichtstaatsgrenzenübergreifenden deutschen Metropolregionen hinsichtlich der Merkmale ihrer Governance-Struktur vorgenommen. Sie basiert ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Informationen (Publikationen, Internetseiten). Die Typisierung orientiert sich an jenen von Blatter und Kinieling (2009) und Gualini (2004). Sie fasst jedoch nicht die Stärke der Institutionalisierung als wichtigsten Unterschied der beiden Grundtypen, sondern unterscheidet vor allem zwischen den Formen der Institutionalisierung: öffentlich-rechtliche vs. privatrechtliche Formen (Diller 2002). Zudem werden, soweit aus den Informationsquellen erkennbar, die Akteur*innenstruktur und die Themenpalette bei der Einordnung berücksichtigt.

Hierbei werden 2 Grundtypen unterschieden:

  • Für Typ I sind, sofern er überhaupt rechtlich formalisiert ist, privatrechtliche Organisationsformen (vor allem Verein, e. V.) prägend, in denen sowohl die Gebietskörperschaften schwerpunktmäßig aber Interessenverbände und z. T. auch Unternehmen direkt eingebunden sind. Dieser Typ agiert vor allem mit Projekten und informellen Instrumenten. Die Themenpalette umfasst zwar die gesamte Regionalentwicklung, die Perspektive ist dabei doch relativ wirtschaftsorientiert. Die klassischen flächenbezogenen Raumordnungsinstrumente (insbesondere Regionalpläne) und Organisationen spielen im Kontext der Regional-Governance-Struktur kaum eine Rolle, die Regionalplanung ist nicht direkt eingebunden.

  • Typ II ist öffentlich-rechtlich institutionalisiert, im Kern steht meist ein mehr oder minder etablierter Regionalverband. Es gibt damit einen direkten Zusammenhang zu den rechtlichen Instrumenten der Raumordnung. Das Vorgehen ist dennoch überwiegend projektorientiert, aber es besteht ein Bezug zu den Themen des Regionalplans. Akteur*innen der Wirtschaft sind allenfalls in einzelnen Projekten eingebunden; in der institutionellen Grundstruktur der Metropolregion spielen sie keine Rolle.

Für diese beiden Typen wurden Achsen angelegt. Diese sind bewusst nicht skaliert und haben keine mathematische Exaktheit. Die Metropolregionen wurden entlang dieser Achsen auf Basis der verarbeiteten Informationen relational eingeordnet. Diese Einordnung ist insofern intuitiv, als es keine klaren Gewichtungskriterien und Grenzwerte gibt. Die Metropolregionen wurden vielmehr in mehreren Durchläufen miteinander verglichen und solange in der Grafik verschoben bis sich ein stimmiges Gesamtbild ergab. Das Ergebnis der Einordnung ist in Abb. 2 dargestellt. Entlang der x- oder y‑Achse erhalten die Regionen dann eine hohe Einordnung, wenn eine klare Institutionalisierung in öffentlich-rechtlicher Form (RG-Typ II) oder privatrechtlicher Form (RG-Typ I) erkennbar ist. Bezogen auf RG-Typ I steigt die Höhe der Anordnung mit der Zahl der Einbindung von Akteur*innen aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, also der Diversität der Akteur*innenstruktur. Bezogen auf RG-Typ II steigt die Höhe der Anordnung zum einen mit der Einbindung der formellen Regionalplanung in diesen Räumen. Zum anderen kann in diesem Typ auch eine relativ hohe Anordnung entlang der Skala erreicht werden, sofern in den Kernräumen der Regionen eine leistungsfähige gemeinsame Regionalplanung existiert, auch wenn sie nicht explizit in die Governance-Struktur der Metropolregion eingebunden ist. Die Metropolregionen lassen sich 4 Gruppen zuordnen:

Abb. 2
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Einordnung der Governance-Struktur der nichtstaatsgrenzenübergreifenden deutschen Metropolregionen. RG Region, H Hannover, BS Braunschweig,  Göttingen, WOB Wolfsburg

Gruppe 1: Nordwest, Hamburg, Mitteldeutschland

Die Metropolregionen in dieser Gruppe weisen relativ stark die Merkmale des RG-Typ I auf. Auf der anderen Seite ist die formelle Regionalplanung nur wenig in die Regional-Governance-Struktur eingebunden. Zudem ist in diesen Räumen die Regionalplanung auch in den Kernräumen stark fragmentiert.

Hamburg

Die Metropolregion Hamburg (Metropolregion Hamburg.de 2021) weist insofern eine hohe administrative Komplexität auf, als sie sich mittlerweile als einzige Metropolregion über die Grenzen von 4 Bundesländern erstreckt. Das zweite typische Merkmal ist ihre sukzessive räumliche Ausdehnung zur inzwischen flächenmäßig zweitgrößten Metropolregion. Als länderübergreifende und projektorientiert arbeitende Plattform mit Geschäftsführung (Wacker 2016) ist sie institutionell vergleichsweise schwach verankert. Sie richtete sich seit Beginn der 2000er-Jahre verstärkt an Themen der internationalen Wettbewerbsprofilierung aus, die in teilräumlichen Clustern bearbeitet werden. Auf der anderen Seite ist bezogen auf die Merkmale des RG-Typ II, die historisch immer wieder thematisierte und von der Wissenschaft geforderte Schaffung (zuletzt OECD 2019) eines Regionalverbands im Kern der Region bislang ausgeblieben. Insofern trifft die Einschätzung von Preising (2013), im Zuge der Ausrichtung auf Fragen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sei die gemeinsame raumordnerische Steuerung in der Metropolregion vernachlässigt worden, für diese Region durchaus zu.

Nordwest (Bremen/Oldenburg)

Ähnlich der Metropolregion Hamburg entwickelte sich die Metropolregion Nordwest (Bremen/Oldenburg) aus Gemeinsamen Landesplanungen, wurde aber bereits zu Beginn der 2000er-Jahre stärker in die Verantwortung der Kommunen und der Interessenverbände der Wirtschaft gegeben. Zentrales Element ist ein Verein mit einer eigenen Geschäftsstelle (Meincke und Ahn 2016). Die Themenpalette besteht sowohl aus Elementen der wirtschaftlichen Profilierung als auch der Raum- und Infrastruktur. Das Metropolregionslabel fungiert als Dach für eine breite Projektpalette (Metropolregion Bremen im Nordwesten e. V. 2021). Einen gemeinsamen Regionalplan gibt es jedoch auch hier nicht. Durch die Beteiligung des Kommunalverbunds sind die lokale Verankerung und die Bedeutung raumordnerischer Themen etwas größer als im Falle der Metropolregion Hamburg, dennoch trifft die o. g. Kritik auch hier in der Tendenz zu.

Mitteldeutschland

Nachdem Initiativen der Landesraumordnung (Sachsendreieck, Strauß und Weidner 2008) letztlich nicht zum Tragen kamen (Berger 2013) und vor noch nicht allzu langer Zeit als „Phantomregion“ (Baar und Schlottmann 2015) bezeichnet wurden, führten Impulse aus der Wirtschaft 2014 zu tragfähigeren Strukturen mit einem Verein als Rechtsform (Egermann et al. 2016). Obwohl damit ein deutlicher Aktivitätsschub zu verzeichnen war (Opitz 2016), muss die Stabilität der Struktur noch abgewartet werden (Metropolregion Mitteldeutschland Management GmbH 2021.de). Die Regionalplanung ist institutionell nicht eingebunden. Auch wenn die 3 Länder als Unterstützer eingebunden sind, gibt es in der Region keine gemeinsame Raumordnung; immerhin ist die größte Stadt Leipzig nur von einer Planungsregion umgeben.

Gruppe 2: Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg, Rheinland, Nürnberg, München

Die Metropolregionen in dieser Gruppe weisen ebenfalls stark die Merkmale des RG-Typ I auf. Zwar ist auch hier die formelle Regionalplanung nur wenig in die Regional-Governance-Struktur eingebunden. Anders als bei den Regionen aus Gruppe 1 kann jedoch hier nicht von einer regionalplanerischen Fragmentierung gesprochen werden, da in den Kernräumen einheitliche und zum Teil sehr leistungsstarke Regionalplanungen bestehen.

Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg

Diese Metropolregion (Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg 2021.de) fällt durch ihre sehr diverse Governance-Struktur auf: Sie ist in einer Doppelstruktur als GmbH und Verein organisiert, in der neben Land und Kommunen auch die Wirtschaft und – was selten ist – zudem die Wissenschaft eingebunden sind. Die Themenpalette umfasst die meisten Aspekte wissensbasierter Regionalentwicklung, besondere Aufmerksamkeit erhält das Mobilitätsthema (Nowak 2016). In der Region befinden sich in den Kernräumen der Metropolregion Hannover und Braunschweig starke Institutionen für die regionalplanerische Steuerung. Diese sind institutionell zwar nicht mehr in das Konstrukt der Metropolregion eingebunden. Gleichwohl ist in der Region keine raumordnerische Fragmentierung zu beobachten, da in den Kernräumen – insbesondere in Hannover und Braunschweig – stabile oder sogar starke Regionalplanungen bestehen.

Rheinland

Die 2017 konstituierte Metropolregion Rheinland (Metropolregion Rheinland e. V. 2021) entwickelte sich aus der Metropolregion Rhein-Ruhr, die im Nachhinein als eine lange Zeit kontrovers diskutierte (Blotevogel und Schulze 2010) Übergangslösung zu sehen ist. Sie basiert auf bereits Anfang der 1990er-Jahre verstärkten regionalen Kooperationen, wurde aber erst vor einigen Jahren vom Land als Metropolregion anerkannt (Masin 2016). Neben den Gebietskörperschaften sind die Interessenverbände und der Landschaftsverband Rheinland als e. V. organisiert. In der operativen Konkretisierung der Arbeit, die an den Themen Verkehr/Infrastruktur, Standortmarketing, Bildung/Forschung, Kultur/Tourismus orientiert ist, befindet sich die Metropolregion verglichen mit anderen Metropolregionen noch am Anfang. Die Verzahnung mit der Regionalplanung ist zwar gering. Die Fragmentierung der Regionalplanung hält sich in diesem Raum jedoch im Rahmen; sie ist auf 2 Planungsregionen (Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf) verteilt, weswegen die Region gerade noch zu dieser und nicht zu Gruppe 1 zugeordnet wurde.

München

In den für die Metropolregionen vorgelegten Rankings bezogen auf Indikatoren von Wirtschafts- und Innovationskraft stellt die Metropolregion München sich als die insgesamt stärkste in Deutschland überhaupt dar. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Metropolregion München vergleichsweise schwach institutionalisiert ist und diese losen Governance-Strukturen lange Zeit eine große Beharrlichkeit aufwiesen (Miosga 2007). Im Jahr 2008 wurde allerdings der EMM e. V. gegründet und damit der „Wirtschaftsraum Südbayern. Greater Munich Area e. V.“ und die „Initiative Europäische Metropolregion München“ (EMM) zusammengeführt (Wittmann 2016). Die Themenpalette umfasst die Gruppen Wissen, Wirtschaft, Umwelt und Mobilität (Metropolregion München GmbH 2021). Die Raumordnung ist in die Konstruktion Metropolregion München nicht direkt eingebunden. Da immerhin der Kernraum um München einem Raum zugehörig ist, nämlich der Planungsregion 14 laut LEP Bayern (BSWLE 2021), kann nicht von einer Fragmentierung der Regionalplanung gesprochen werden.

Nürnberg

Die Metropolregion Nürnberg (Verein EMN Europäische Metropolregion Nürnberg e. V. 2021) wurde vonseiten des Landes als Gegenstück zur südbayerischen Metropolregion München forciert (Standecker 2016). Bei ihrer Gründung 2005 waren zunächst vor allem die Gebietskörperschaften in einem Verein organisiert. Bemerkenswert ist auch ihre länderübergreifende Ausrichtung nach Thüringen. Mit der Strukturreform 2012 wurde die Wirtschaft durch einen eigenen Verein eingebunden, wodurch die Metropolregion mittlerweile stärker in Richtung des RG-Typ I institutionalisiert ist als ihr südlicher Gegenpol München. Zwar gilt die bayerische Regionalplanung im Bundesvergleich nicht als sehr leistungsstark. Aber immerhin ist der Kernraum der Metropolregion einem Regionalplan, und zwar der Planungsregion 7 laut LEP Bayern (BSWLE 2021) zugehörig.

Gruppe 3: Berlin-Brandenburg, Ruhr, Frankfurt/Rhein-Main, Stuttgart

Für diese Metropolregionen ist kennzeichnend, dass in ihrem institutionellen Kern Planungsverbände bzw. Landesplanungen stehen, die auch die operativen Kapazitäten der Metropolregion bereitstellen. Entsprechend ist die Themenpalette zwar breit, aber relativ eng mit raumordnerischen Instrumenten verzahnt. Dieser Kern bildet auch die operative Basis für Aktivitäten in den großräumigeren Metropolregionen. Verglichen mit den Metropolregionen aus den ersten beiden Gruppen sind bei diesen Regionen noch keine fester institutionalisierten Formen des RG-Typ I vorzufinden.

Berlin-Brandenburg

Die Metropolregion Berlin-Brandenburg (Berlin-Brandenburg.de 2021) ist die flächenmäßig größte und zugleich jene mit dem stärksten Stadt-Land-Gefälle. Sie ist letztlich das Ergebnis der Mitte der 1990er-Jahre gescheiterten Länderfusion und wird von der unmittelbar eingerichteten Gemeinsamen Landesplanung betrieben. Sie ist entsprechend eng mit der Raumplanung verbunden, weswegen sie – obwohl kein kommunalisierter Regionalverband vorliegt – dennoch in die Gruppe 3 eingeordnet wird. Unter ihrem Dach findet sich vor allem eine Fülle von Kooperationen von Landesverwaltungen (Assig 2016), mit dem Namen geht es sehr stark um ein Branding ohnehin weitgehend vorhandener Kooperationsstrukturen. Dies kommt auch in der relativ geringen Einbindung der Wirtschaft in die Struktur der Metropolregion zum Ausdruck.

Ruhr

Die Metropole Ruhr entwickelte sich aus der Metropolregion Rhein-Ruhr (Blotevogel und Schulze 2010). Sie wird getragen von dem Regionalverband Ruhr (Regionalverband Ruhr 2021); die Vertreter der Verbandsversammlung („Ruhrparlament“) wurden 2020 erstmals direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Entsprechend ist ihr Themenspektrum stark an regionalplanerischen regionsinternen Fragestellungen orientiert. Die Einbindung von regionalen Akteur*innen erfolgt über Arbeitskreise und Projekte, die Wirtschaft ist nur mittelbar eingebunden. In ihrem Tätigkeitsspektrum ist der Regionalplan zentral, im Bereich der Freiraumentwicklung der Emscher-Landschaftspark. Zwar werden auch Fragen der Regionalentwicklung durch Masterpläne behandelt; zudem ist ein differenziertes Regionalmonitoring etabliert. Gleichwohl ist die Metropolregion eher dem RG-Typ II zuzuordnen.

Frankfurt/Rhein-Main

Die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main umfasst mittlerweile das halbe Bundesland Hessen und reicht bis nach Bayern hinein. Über Jahre hinweg bildete der Regionalverband Frankfurt den Kern ihrer Governance-Struktur. Im Jahr 2020 erfolgte eine gewisse Neuaufstellung: Die Koordinierungsstelle ist jetzt bei der Staatskanzlei angesiedelt (Geschäftsstelle Metropolregion FrankfurtRheinMain 2021.de); es wurden ein Strategieforum etabliert und 3 Leuchtturmprojekte formuliert. Auch wenn unter dem Dach Metropolregion eine Reihe von regionalen Gesellschaften vernetzt sind, ist die Akteur*inneneinbindung gemäß RG-Typ I relativ lose. Durch den Planungsverband ist jedoch eine relativ starke Raumordnung (RG-Typ II) im Kern der Metropolregion gewährleistet.

Stuttgart

Die Metropolregion Stuttgart stellt eine Fortentwicklung der Region Stuttgart dar, ohne diese jedoch zu ersetzen. Die Region Stuttgart bildet den Kernraum der Metropolregion, der Verband Region Stuttgart die institutionelle Kerneinheit (Landeshauptstadt Stuttgart 2021). Sie war die erste in Deutschland mit einem direkt gewählten Regionalparlament. Dieser starke politisch legitimierte Kern verleiht auch der Metropolregion eine starke Basis. Da zudem noch alle regionalen Planungsverbände Mitglieder sind, erreicht sie bezogen auf den RG-Typ II sehr hohe Werte. Bezogen auf RG-Typ I sind die Werte deutlich geringer. Zwar ist sie im Marketing außenorientiert, ihre Themen (derzeit vor allem Mobilität und Freiraum) sind jedoch kaum entsprechend ausgerichtet. Insbesondere ist die aktive Einbindung der Wirtschaft nicht erkennbar. Insgesamt ist in der Metropolregion Stuttgart das Aktivitätsgefälle zwischen dem Kernraum Region Stuttgart und den anderen Teilen der Metropolregion am größten.

Gruppe 4: Rhein-Neckar

Die polyzentrische bundesländerübergreifende Rhein-Neckar-Region (Verband Region Neckar 2021) besitzt eine lange raumordnerische Tradition. Durch ihre auch in der Forschung vielbeachtete Reform 2005 war sie in Deutschland die erste Metropolregion, die gleichzeitig eine Verbindung mit der Raumplanung bildete (Schlusche/Böhringer 2016). Mit der Reform wurde die wirtschaftliche Orientierung verstärkt und es wurden Cluster definiert, ein Verein der Region und eine regionale Entwicklungsagentur GmbH gegründet. Die Rhein-Neckar-Region war die erste in Deutschland, in der sich auch wichtige Unternehmen (BASF und SAP) direkt für die strategische Regionalentwicklung unter dem Label Metropolregion dauerhafter engagierten. Auf der anderen Seite wurde mit der Reform aber auch der regionale Planungsverband gestärkt und in seinem räumlichen Kompetenzbereich innerhalb der Region ausgedehnt (Schlusche und Böhringer 2016). Der Raumzuschnitt der polyzentrischen Stadtregion blieb mit dem Übergang zur Metropolregion unverändert (Zimmermann 2012, S. 208ff), sie ist damit die kleinste räumlich geschlossene deutsche Metropolregion. Das dürfte einer der Gründe sein, warum in dieser Region Raumentwicklung und Raumordnung institutionell am besten ausbalanciert erscheinen und dies mit einem Abstand zu den anderen Regionen, der eine eigene „Gruppe“ für diese Region rechtfertigt.

Diskussion und Fazit

Die Betrachtung zeigte: Die von Preising (2013) geäußerte Kritik, die Orientierung der Metropolregionen an Themen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und die Einbeziehung von Akteur*innen aus der Wirtschaft habe dazu geführt, dass die Raumordnung „auf der Strecke“ geblieben sei, kann nur für einen kleinen Teil der Metropolregionen aufrechterhalten werden. Diese befinden sich in Gruppe 1. Dies sind die Metropolregionen, bei denen sich Netzwerkstrukturen zu Themen der Regionalentwicklung und regionalen Wirtschaftsentwicklung verdichtet haben. Gleichzeitig wurde es in diesen Metropolregionen aber versäumt, in ihren Kernen umgreifende und einheitliche Raumordnungsinstitutionen zu etablieren. In der Metropolregion Hamburg, aber auch in der Metropolregion Nordwest hat sich die Raumordnung in Form der Landesplanung im Laufe der Jahre institutionell eher zurückgezogen. Umgekehrt entspricht die Metropolregion Rhein-Neckar am ehesten dem Ideal einer Verbindung zwischen Raumordnung einerseits und einer auf die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ausgerichteten Regionalentwicklung andererseits. Es ist sicherlich kein Zufall, dass diese Region die kleinste deutsche Metropolregion ist (vgl. Abb. 1), dies erleichtert den Aufbau leistungsfähiger Strukturen. Das Gegenstück stellt die Metropolregion Hamburg dar. Sie erstreckt sich über 4 Bundesländer und ist insofern die von der Gebietsstruktur her komplizierteste. Dies könnte erklären, warum nicht nur bezogen auf den RG-Typ II ein Defizit gemeinsamer raumordnerischer Steuerung im Kernraum besteht, sondern auch die institutionelle Stabilisierung bezogen auf RG-Typ I vergleichsweise gering ist.

Im Hinblick auf Empfehlungen ist angesichts der Datengrundlage der Analyse Zurückhaltung geboten. Am besten lässt sich eine Empfehlung für die Gruppe 1 in Richtung einer Stärkung raumordnerischer Instrumente und Organisationen ihrer Kernräume begründen, sie wurde im Falle der Metropolregion Hamburg auch unlängst von anderer wissenschaftlicher Seite formuliert (OECD 2019, S. 16). Umgekehrt wäre es aber kurzschlüssig, insbesondere die Metropolregion Rhein-Neckar als Best Practice gelungener Integration im Sinne eines einfach zu kopierenden Vorbilds für andere Metropolregionen zu empfehlen. Dass hier Raumentwicklung und Raumordnung institutionell relativ gut integriert sind, hat zwar auch mit den Absichten der Akteur*innen zu tun. Es liegt aber sicherlich auch daran, dass diese Region dem Trend vieler Metropolregionen, begründet durch das Motiv des Ausgleichs in die Tiefe des Landes, aber auch dem Wunsch nach kritischer Masse, immer größer zu werden, nicht folgte. Das wiederum liegt nicht nur, aber sicherlich auch daran, dass sie sich in vielen Richtungen gar nicht mehr ausdehnen kann, da sie an Staatsgrenzen oder andere Metropolregionen stößt.

Betont werden muss abschließend nochmals: Die in der Untersuchung vorgenommene Einordnung hat explorativen Charakter. Sie basiert auf den einfach zugänglichen aktuellen Informationen, der Zusammenschau der Literatur. Dazu kam in einigen Fällen auch Hintergrundwissen des Verfassers. Weitere vertiefte vergleichende Untersuchungen sind erforderlich, um diese explorative Einordnung, für die auch Expertengruppendiskussionen hilfreich sein könnten, zu überprüfen; etwa was die Intensität der Akteur*inneneinbindung, die tatsächlichen Aktivitäten und auch die Ergebnisse und Wirkungen angeht.