1 Was unterscheidet das Fachkonzept Mobilität der Stadt Wien von anderen Verkehrskonzepten?

Im aktuellen Wiener Mobilitätskonzept geht es um Mobilität und nicht nur um Verkehr. Die Planung einer Strecke von A nach B für einen bestimmten Verkehrsträger ist die klassische Aufgabe von Verkehrsplaner/innen. Verkehr ist Mittel zum Zweck und umfasst Infrastrukturen, Fahrzeuge, ein umfassendes Regelwerk und ist leicht messbar. Mobilität umfasst aber viel mehr. Es geht um die Bewegung von Menschen im Raum, zur Befriedigung von deren Bedürfnissen aufgrund der räumlichen Verteilung der verschiedenen Nutzungen, um Bedürfnisse also, die im Zusammenhang mit Ortsveränderung stehen, wie z. B. ein Restaurantbesuch mit Freunden, der das Bedürfnis Essen und soziale Kontakte kombiniert. Die Fähigkeit und Möglichkeit der Menschen, diese gewünschten Ziele zu erreichen, wird als Mobilität bezeichnet. Hier ist allerdings völlig offen, wie die jeweiligen Ziele erreicht werden.

Moderne Mobilitätskonzepte befassen sich nicht nur mit der klassischen Infrastrukturplanung, sondern auch mit Fragen der Mobilität, die Aspekte der menschlichen Bedürfnisse miteinbezieht, aber auch mit „weichen“ Maßnahmen, wie z. B. Förderung von Car-sharing oder Multimodalität. (Link zum Fachkonzept Mobilität: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008390b.pdf/)

2 Wieso gibt es im Mobilitätskonzept der Stadt Wien kein eigenes Kapitel mehr für den Radverkehr?

Die Welt der Mobilitätsplanung ist viel zu komplex, um sie einfach in Maßnahmen für die einzelnen Verkehrsmittel und das getrennt voneinander aufzuteilen. Im Wiener Mobilitätskonzept wird der Fokus deshalb auf Handlungsfelder und Maßnahmenbündel gelegt. Radfahren ist Teil des öffentlichen Raums, genauso wie zu Fußgehen oder Autofahren und kann nur als integrativer Ansatz in der Zusammenschau aller Verkehrsmittel oder Funktionen des öffentlichen Raums betrachtet werden.

3 Was steckt hinter dem Begriff Multimodalität?

Heute fährt kein Mensch mehr nur Auto oder nutzt ausschließlich den öffentlichen Verkehr, sondern kombiniert verschiedene Verkehrsmittel auf einer Wegstrecke. Man fährt mit dem Auto zum Bahnhof, steigt in den Zug ein und geht in der Stadt zu Fußzum Arbeitsplatz. Das heißt für die Mobilitätsplanung, dass es auch multimodale Angebote braucht, wie z. B. Mobility Points, wo verschiedene Mobilitätsangebote wie Car-sharing oder Bike-sharing an einem Ort angeboten werden, die auch gleich gebucht oder ausgeliehen werden können. Das umfasst auch bei einer Fahrplanauskunft nicht nur den öffentlichen Verkehr, sondern auch Informationen über Parkplatzsuchzeit, Staubereiche oder die Gehzeit von der Haltestelle weg.

4 Mobilität als Service

In Zukunft werden wir keine Autos mehr kaufen, sondern Mobilität. Die digitale Vernetzung von Fahrzeugen, Menschen und digitaler Infrastruktur (Smartphones, Breitbandnetze, open data…) führt zu neuen Serviceangeboten – Mobilität als Service. Wer hätte vor Jahren gedacht, dass man das Car-sharing-Auto per App von zu Hause aus gleich vor der Tür reservieren kann. Die Informationen werden maßgeschneidert geliefert. Die Wiener Linien bieten mit ihrer neuen App die Informationen über alle Verkehrsmittel in der Stadt. So müssen nicht mehr die Verkehrsangebote einzeln aufgerufen werden, sondern man sieht auf einen Blick, mit welchem Verkehrsmittel wie und wie schnell man zum Ziel kommt –maßgeschneidert.

5 Welche Alternativen zum Auto gibt es in der Stadt?

Viele. Zu Fußgehen, Rad fahren oder den öffentlichen Verkehr, mit dem eigenen Fahrzeug oder mit anderen geteilt. Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2025 20 % der Wege mit dem Auto zurückgelegt werden (heute 27 %, Tendenz fallend – Anfang der 1990iger Jahre waren es noch 40 %). 80 % der Wege werden also mit umweltfreundlichen und energieeffizienten Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Hier geht es nicht nur um die gerechte Verteilung des öffentlichen Raumes in der wachsenden Stadt – 65 % der Straßenfläche stehen in Wien dem Autoverkehr zur Verfügung, bei nur 27 % Anteil an den Wegen. (Video zum Fachkonzept Mobilität: https://www.youtube.com/embed/BevKmbN_qyo?rel=0/)

6 Was kann der öffentliche Raum in einer stark wachsenden Stadt beitragen?

Einerseits dienen Straßen natürlich der Ortsveränderung. Hier stellt sich nur die Frage, mit welchem Verkehrsmittel man sich in der Stadt fortbewegt. Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, die Verkehrsmittel des Umweltverbundes zu stärken. In den Städten ist die Renaissance des Zu-Fuß-Gehens und des Radfahrens zu beobachten. Weiters sind in Wien mehr und mehr Menschen bereit, auf ihr eigenes Auto zu verzichten, das muss aber nicht heißen, dass man generell auf das Autofahren verzichtet. Car-sharing-Angebote erlauben Autofahrten auch ohne eigenes Auto. Der öffentliche Raum dient aber nicht nur der Fortbewegung, sondern mehr und mehr dem Aufenthalt von Menschen. Demensprechend attraktiv muss er auch gestaltet werden. Verkehrsberuhigte Zonen, wie die Mariahilfer Straße dienen auch dem Flanieren, Rasten oder Sporteln. Die Parkraumbewirtschaftung hilft, dadurch gibt es mehr freie Parkplätze und weniger Parkplatzsuchverkehr. Der wertvolle frei werdende Platz kann für breitere Gehsteige, Schanigärten oder Parkletts (ein Garten in der Parkspur, siehe www.gratzloase.at) genutzt werden.

7 Ist die Zukunft der Mobilität elektrisch?

Elektro-PKW haben wesentliche Vorteile bei der Reduktion von klassischen lokalen Emissionen von Luftschadstoffen und Lärm sowie bei der Energieeffizienz. Keine Vorteile haben sie beim unverändert großen Platzbedarf – E-Autos benötigen genauso viel Platz wie ein „konventionelles“ Auto, und Platz im öffentlichen Raum in der Stadt ist rar. Bei Stauungen, Verkehrsbehinderungen, dem Abstellen im Straßenraum, aber auch bei der Verkehrssicherheit, der Behinderung und Gefährdung von Fußgänger/innen und Radfahrer/innen und öffentlichen Verkehrsmitteln besteht kein Unterschied. Die Stadt Wien bekennt sich zur Elektromobilität und sieht den Nutzen vor allem bei „Vielfahrern“, deshalb steht die Elektrifizierung von Flotten oder von Betriebsfahrzeugen im Vordergrund. Aber auch der gezielte Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur an strategisch bedeutsamen Stellen (Link zur Wiener Elektromobilitätsstrategie: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008435.pdf) wird vorangetrieben.

8 Was hat das alles mit Energie zu tun?

Der absolute Endenergieverbrauch im Wiener Verkehr soll bis zum Jahr 2025 von 9,1 TWh um 20 % auf 7,3 TWh sinken. Was kann aber die Planung dazu beitragen? Städtische Infrastrukturen, wie Straßen oder Anlagen des öffentlichen Verkehrs, sind besonders wertvolle Ressourcen, die möglichst effizient genutzt werden sollen. Im Durchschnitt kann mit der Energie, die für eine Autofahrt benötigt wird, ein sechsmal längerer Weg mit den Öffis zurückgelegt werden. Das Zu-Fuß-Gehen und Radfahren benötigt überhaupt keine Fremdenergie und ist zudem gesundheitsfördernd.