1 Transformation des Mobilitätssystems durch Mobility as a Service

Eine reibungslose Integration der verschiedenen Verkehrsmodi ist schon seit Langem auf der politischen Agenda der EU, um eine bessere Nutzung der vorhandenen Transportkapazitäten, eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene und Wasserwege, die Erhöhung der Sicherheit, die Verringerung von Staus, und eine Verbesserung der Umweltbilanz zu bewirken. Mittels regulatorischer Rahmenbedingungen, wie z. B. der PSI-Direktive, werden Schritte gesetzt, um länderübergreifend gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig zeigen gesellschaftliche Trends, wie die Sharing Economy, Potenzial für eine Transformation des Mobilitätssystems auf.

Das Ziel, effiziente Mobilität durch Multimodalität zu erreichen, ist also nicht neu. Technologische Entwicklungen, insbesondere im Zuge der Digitalisierung eröffnen nun aber neue Möglichkeiten und bringen eine enorme Dynamik in den Sektor. Im Mittelpunkt steht dabei der Nutzer, der dadurch zu einem veränderten Mobilitätsverhalten motiviert werden soll. Während der Markt danach trachtet neue Ideen durch erfolgreiche Geschäftsmodelle als Produkte und Services umzusetzen, muss die öffentliche Hand dafür sorgen, dass Mobilität sicher, effizient, leistbar und nachhaltig ist. Daraus entstehen Spannungsfelder, doch für beide Seiten gilt der Grundsatz: Value for Money! Für die Gestaltung des Transformationsprozesses über den Markt hinaus braucht es daher neue Ansätze und Partnerschaftsformen. Die Vision ist ein kooperatives, vernetztes Mobilitätssystem zu schaffen, das durch IKT und neue Geschäftsmodelle die Nutzerbedürfnisse erfüllen und inklusive und nachhaltige Mobilität sicherstellen kann. Die Herausforderung ist, die Rahmenbedingungen für eine „Mobilität als Service“ intelligent zu gestalten und die Rolle der öffentlichen Hand zu definieren bzw. zu klären wieviel Steuerung man dem Markt überlässt.

2 Mobility as a Service – von der Systemintegration zum Servicedenken

Die traditionelle Funktion von Verkehrspolitik ist Infrastruktur und Verbindungen bereit zu stellen. Dieser Anspruch reicht jedoch nicht mehr aus, es braucht ein intelligentes Mobilitätssystem, und damit muss der Fokus von der Kapazität auf die Konnektivität gelegt werden, und der Ansatz einer Verkehrspolitik nicht mehr von Infrastruktur, sondern von Services geleitet werden. Dieser Ansatz muss gleichzeitig national als auch europäisch verfolgt werden. Eine solche Herangehensweise bedeutet ein anderes Design eines künftigen Mobilitätssystems (Abb. 1).

Abb. 1.
figure 1

Von der Systemintegration zum Servicedenken

Unsere gegenwärtigen „Designansätze“ beziehen sich in erster Linie auf die Planung von Infrastruktur bzw. die Gestaltung der infrastrukturellen Grundlagen. Die Weiterentwicklung von Fahrzeugen und Fahrzeugtechnologien wird dabei oft nicht integriert betrachtet, genauso wenig wie die möglichen und notwendigen Veränderungen hinsichtlich Verkehrsmanagement und dem Betrieb von Systemen. Serviceorientierung in der Mobilität orientiert sich an den heute gängigen Planungsparadigmen, auf die Vermittlung des vorhandenen Verkehrsangebots in Richtung Kundengruppen. Die einzelnen skizzierten Systemebenen werden Schicht für Schicht geplant, finanziert, gebaut und betrieben – oft einzeln für die unterschiedlichen Verkehrsträger. Für das Aufgreifen und Implementieren von Mobilität als Service als neuen, gesamthaften „Designansatz“ für unser Mobilitätssystem erscheint es notwendig unsere Planungsparadigmen und -ansätze in Richtung „Service-First“ weiterzuentwickeln. D.h. am Beginn von Mobilitätsplanungsprozessen steht das künftige Kundenbedürfnis und wie dieses mit gesellschaftlich erwünschten Wirkungen in Einklang gebracht werden kann – welche Serviceangebote sollten hierzu daher angeboten werden? Das Management und der Betrieb der dahinterliegenden Systeme, das notwendige Fahrzeug- und Produktangebot und auch die dafür erforderliche Infrastruktur sollte darauf aufbauend festgelegt und entwickelt werden. Zentraler Aspekt dabei – in einem künftigen Planungsansatz für öffentlich zugängliche Mobilität erfolgt die Finanzierung und die Festlegung von Zugangsmöglichkeiten und Eigentümerschaft integriert über die verschiedenen Systembestandteile bzw. Ebenen des Verkehrssystems.

Im jetzigen System kann der Nutzer entweder ein Transportmittel (z. B. ein Auto, ein Fahrrad) oder ein Ticket für die Beförderung kaufen (z. B. eine Bus- oder Zugfahrkarte). Der Begriff Mobilität als Service (Maas) umschreibt, dass künftig Mobilitätsservices gekauft werden, die auf den individuellen Nutzerbedürfnissen beruhen, anstelle des Kaufs von Transportmitteln. Alle verfügbaren Transportservice können dabei integriert werden und so die individuelle Autonutzung reduzieren: öffentlicher und privater Verkehr, Bike-, Ride-, Carsharing, Pooling, Taxi, Anreize bzw. Bonifikationen, Parken, oder in Zukunft automatisierte Taxis. MaaS nutzt die jetzt verfügbaren technologischen Möglichkeiten, wie WLAN, Crowd-sourcing, Sharing-Systeme, modiübergreifende Reiseinformationen und integriertes Ticketing, damit die verschiedenen Verkehrsmodi nahtlos ineinander greifen und als ein Komplettservice für die NutzerInnen angeboten werden. Gleichzeitig wird dadurch die Effizienz des Gesamtverkehrssystems einer Stadt oder Region erhöht. Dafür müssen diese Technologien jedoch erst noch besser in ein Gesamtsystem integriert werden – es braucht einen (oder mehrere) Mobilitätsaggregatoren, die als Betreiber die Verantwortung für die Struktur eines solchen Ökosystem übernehmen und diese Kombinationen als Door-to-door-Service anbieten. Man bezahlt künftig nicht in Form einer Investition z. B. für einen Autokauf, sondern nur pro Nutzung. Das Mobilitätssystem wird bereits jetzt sehr stark vom Nutzer geprägt, dieser Umstand kann dahingehend für die Serviceorientierung genutzt werden, dass diese vom reinen Servicekonsumenten zu einem wertvollen und aktiven „Co-Creator“ in der Entwicklung dieser Services werden.

2.1 Vorreiter Nord-Europa

Der Aufbau von Mobilitätssystemen findet vorrangig auf regionaler und nationaler Ebene statt, der Erfolg hängt daher sehr von lokalen Gegebenheiten und Bestimmungen ab. In einem ersten Schritt müssen daher auch bei MaaS auf regionaler Ebene der bessere Informationsaustausch zwischen den beteiligten Akteuren, die Beseitigung von technischen Barrieren, die stärkere Integration der Managementsystemen und generell der Erfahrungsaustausch und Vertrauensaufbau gelöst werden; gleichzeitig sollen aber die Lösungen international am Markt reüssieren und nicht nur ausschließlich regional anwendbare Lösungen bieten. Nordeuropa, vor allem Finnland und Schweden, ist im Zuge der Digitalisierung des Mobilitätssystems Vorreiter bei der Konzeptionierung und Umsetzung von MaaS. In Finnland sind 23 große und kleine Unternehmen und Organisationen, darunter auch die Stadt TampereFootnote 1 und die HSL Helsinki Region Transport, eine Partnerschaft eingegangen, mit dem Ziel der erste Mobility-as-a-Service Betreiber zu werden. Das Ziel dieser neuen Plattform ist einen maßgeschneiderten, bedarfsorientierten Mobilitätsservice für NutzerInnen anzubieten. Dieser Betrieb will der erste Serviceprovider der Welt für MaaS sein und damit zwar lokal bzw. regional starten, aber das System am weltweiten Markt anbieten. Der Service wird als Open Market Model in einer breiten Kooperation entwickelt werden, wofür zuerst klare und eindeutige Regeln und Standards festgelegt werden. Helsinki arbeitet ebenfalls bereits an Anwendungen, die ein Teil eines zukünftigen MaaS-Systems sein könnten. In Helsinki ist das Verkehrssystem bereits an der Kapazitätsgrenze angelangt, bei gleichzeitig angespannter Budgetlage. Der Stadtraum bietet keinen weiteren Platz für zusätzlichen Autoverkehr oder Parkraum. Daher setzt auch dort die Stadtplanung auf „mobility as a service.“ Betreiber solcher Plattformen könnten Mobilfunkanbieter, Verkehrsbetreiber, neue Unternehmen oder kooperative Betreiberplattformen sein.

In Götheburg/Schweden, wurde eine multimodale „urban mobility platform“ von einem Schwedischen Startup entwickelt und getestet. UbiGOFootnote 2 ist Teil der ‘Go:smart’ initiative, gefördert von der Schwedischen Innovationsagentur Vinnova, mit Partnern wie Volvo, Chalmers University, Götheburg, Viktoria Institute, Västtrafik and Trafikverket (Swedish Transport Administration). Die Plattform kombiniert verschiedene Verkehrsmodi im Raum Götheburg zu einem einzigen Angebot für die Alltagsmobilität von Personen und Unternehmen. UbiGo bietet seinen Kunden ÖV, Car-Sharing, Mietwagen, Taxi und Bike-Sharing mit einer Abrechnung über alle Modi in einer einzigen Rechnung über eine App an, und schafft so durch die Verbindung dieser Schnittstellen für den Nutzer einen verknüpften ”Reisemodus“. Dahinter beschafft UbiGo in großen Mengen von Verkehrsbetreibern ein und packt diese auf seiner Plattform neu zusammen zu kombinierten Mobilitätsservices. Die Nutzer werden mit Einheiten für die Nutzung von Services belastet, ähnlich wie bei SMS, Internetnutzung oder Telefonie bei flexiblen Mobilfunktarifen verrechnet werden. UbiGo erarbeitet derzeit ein Franchisekonzept für andere Städte und kooperiert mit Ericsson für die Weiterentwicklung zu einer skalierbaren IT-Plattform. Auch bei diesem Ansatz wird sowohl ein gewinnträchtiges Geschäftsmodell, als auch die Erreichung eines verkehrspolitischen Ziels anvisiert. Auch in de USA setzt man auf MaaS: Im Februar 2015 haben die Städte Palo Alto, San Jose und die Santa Clara Valley Transportation Authority (VTA) im Zuge des Joint Venture’s Climate Prosperity Program in Silicon Valley eine Kooperation für MaaS gestartet.Footnote 3 In dieser Region, der Bay Area, ist die Verkehrssituation besonders angespannt, Maßnahmen die zu Verkehrsentlastung und Reduktion von CO2-Emissionen führen, haben daher klare regionale Priorität. Ein Softwareunternehmen wird im Sinne eines Mobilitätsaggregators als Pilot eine entsprechende App für Silicon Valley entwickeln. Die Kooperationspartner stehen dazu im engen Austausch mit den finnischen Transport- und Innovationsagenturen und konnten mittlerweile zahlreiche Unternehmen der Region sowie Mobility Service Provider an Bord holen. Geplant sind u.a. Analysen und Alpha bzw. Beta Tests, sowie die Publikation eines gemeinsamen MaaS White Papers.

2.2 Notwendige Transformation auf Mikro- und Makroebene

Der Markt für solche Services wächst also rapide und bietet nicht nur Chancen für Profit, sondern auch für die Verbesserung des Mobilitätssystems im gesellschaftlichen Sinne. Wie bei jedem technologischen Übergang ist es auch in diesem Prozess notwendig das sozio-technische System zu verstehen, um das Begreifen neuer Technologien zu beschleunigen und zu leiten. Derzeit wird das MaaS-System überwiegend durch Entwicklungen auf dem Mikro-Level, wie z. B. durch Start-up’s dominiert, während der Meso- und Makro Level, d.h. Institutionen und Organisationen nicht entsprechend dafür gerüstet sind. Daher muss ein entsprechendes Innovationsökosystem geschaffen werden, dass Optionen für gemeinsame öffentlich-private Aktivitäten eröffnet. Anlässlich des 10. ITS World Congress 2014 in Helsinki haben VerkehrsministerInnen zahlreicher Staaten bei einem Ministerial Roundtable die notwendigen Schritte für diesen Paradigmenwechsel zu Mobility as a Service (MaaS) diskutiert und ein gemeinsames StatementFootnote 4 herausgegeben. Ein wichtiger Eckpfeiler dafür sind Public-Private-People Partnerships. In ihrem politischen Commitment haben die MinisterInnen daher erklärt folgende Maßnahmen zu unterstützen:

  • Public-Private-People-Partnerships für innovative Mobilitätslösungen, mit der Verwaltung als Enabler und dem Nutzer als weiterem wichtigen Element

  • Smarte Regulierung und smarter administrativer Support um neue Kooperations- und Geschäftsmodelle und Ökosysteme für MaaS zu ermöglichen

  • Starke Märkte für MaaS und ITS schaffen durch

    1. o

      die Sicherstellung von Interoperabilität und Kontinuität von Services

    2. o

      die aktive Unterstützung des offenen Zugangs zu Daten und Services

    3. o

      entsprechende Adaptierung des Rahmenwerks für öffentliche Beschaffung

    4. o

      die aktive Einbindung von NutzerInnen in die Entwicklung neuer Services

2.3 Europäische Vorgaben: Marktaufbau für MaaS

Bisher waren trotz aller Initiativen, Förderungen und Projekte die bestehenden Betreibermodelle nicht in der Lage, den Service Markt für Maas zu schaffen. Es muss daher dort angesetzt werden, wo ein signifikanter Hebel bewirkt werden kann. Dazu müssen administrative und rechtliche Hürden entfernt werden, und der Zugang zu Daten in Europa geöffnet werden. Europäische Direktiven und Initiativen zeigen für öffentliche wie private Akteure verschiedene Handlungsoptionen und Regelungsnotwendigkeiten auf. Allen voran gibt die EU-IVS-Richtlinie in den prioritären Maßnahmen die Richtung für die Gewährleistung des Datenzugangs vor, wie die Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reise-Informationsdienste und die Bereitstellung EU-weiter Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste. Durch sogenannte benannte nationale Stellen („Nominated Body“) soll künftig die Qualitätssicherung von Services gewährleistet werden. Die Rahmenbedingungen innerhalb Österreichs dafür werden bis Ende 2015 festgelegt werden. Gemäß den delegierten Verordnungen zur IVS-Richtlinie ist zudem in allen EU-Mitgliedsstaaten ein National Access Point (NAP) einzurichten. Dieser wird nationale AkteurInnen bei der Veröffentlichung von Informationen zu den in der IVS-RL definierten Daten und Diensten unterstützen, sowie den Austausch mit NAPs anderer EU-Mitgliedsstaaten sowie der EC pflegen, um die einheitliche Verfügbarkeit und Qualität von Daten und Diensten zu unterstützen und eine gemeinsame inhaltliche und technische Weiterentwicklung zu verfolgen.

3 Voraussetzung für MaaS in Österreich

3.1 Schaffen digitaler Basisinfrastrukturen

Damit sich ein Markt entwickeln kann und Mobilitätsaggregatoren entstehen können, braucht es einen soweit als möglichen kostenlosen Zugang zu Daten, die von der öffentlichen Hand erzeugt werden. Open Data ist die Voraussetzung für datengestützte Services, die sich an den tatsächlichen Mobilitätsbedürfnissen der NutzerInnen orientieren und global anwendbar werden. Darüber hinaus werden Daten aus verschiedenen Quellen genutzt, generiert von den NutzerInnen selbst, Unternehmen, der Infrastruktur, aus Fahrzeugen u.a. Dafür muss der Nutzer Vertrauen in die Datensicherheit haben. Einerseits erlangen VerkehrsteilnehmerInnen dadurch leichten Zugang zu Informationen hinsichtlich alternativer Verkehrsmodi und ihren Auswirkungen. Andererseits wird dadurch Verkehrsmanagement wesentlich erleichtert und kostengünstiger, weshalb künftig Investitionen in die Generierung von Information aus unterschiedlichen Daten einen großen Teil von traditioneller Infrastruktur für Verkehrssystemmanagement ersetzen werden. Nutzung und Zugang zu Daten müssen von öffentlicher Seite durch proaktive Regulierung unterstützt werden. Für MaaS braucht es jedoch mehr als Daten, nämlich eine digitale Basisinfrastruktur hoher Qualität. Der Zugang zu Mobilitätsdaten für die Etablierung neuer nutzerorientierter Mobilitätsservices steht im Zentrum der zunehmenden Digitalisierung unseres Verkehrssystems. Künftige Aktivitäten müssen den Auf- und Ausbau digitaler Basisinfrastrukturen beinhalten, das Synchronisieren der digitalen Services mit realen Infrastrukturen und Angeboten und öffentlich-private Partnerschaften im Interesse von NutzerInnen. Damit sich neue Mobilitätsdienste im Sinne von MaaS entwickeln und durchsetzen können, muss in der Bereitstellung und dem Betrieb einer Digitalen Infrastruktur sichergestellt werden, dass ein diskriminierungsfreier Zugang zu Daten und Diensten, die den relevanten EU-Vorgaben entsprechen, für Testzwecke im Rahmen von regionalen wie auch internationalen Kooperationen oder für interessierte Dritte bereitgestellt wird.

Österreich hat mit der GIP und der VAO bereits die wichtigsten digitalen Basisinfrastrukturen geschaffen und so im Kontext ITS Dienste eine gemeinsame Referenzierungsgrundlage und Informationsebene als international herausragende Best-Practice Modelle erarbeitet. Als wesentliche digitale Infrastruktur wird die GIP, ein routingfähiger digitaler Verkehrsgraph für Österreich, den Bundesinstitutionen in Form von Daten oder Diensten bereitgestellt. Die GIP soll in möglichst vielen Anwendungen in den Bundesinstitutionen als Datengrundlage dienen um die Synergien die das bundesweit einheitliche Referenzsystem für Verkehr bietet zu nutzen. Um die Leistungsfähigkeit der GIP hinsichtlich Daten und Software auch langfristig zu sichern wird die Evolution der GIP-Software laufend forciert werden. Die GIP ist eine hochqualitative, sehr genaue Lösung, die schneller und zuverlässiger ist als andere internationale Lösungen und damit in Europa einzigartig. Erreicht wird das durch sogenannte Layer und Berechtigungssysteme: jede zuständige Stelle muss jeweils nur einen kleinen Teil aktualisieren und aktuell halten, damit haben aber die darauf zugreifen zu jeder Zeit eine gesamte aktuelle Karte.

Die VAO ist ein weiteres gelungenes Beispiel aus Österreich für notwendige digitale Basisinfrastruktur, die durch offene Daten und öffentlich forcierte Services geschaffen werden kann. Durch ein mandantenfähiges System werden VAO-Services ermöglicht, wie diskriminierungsfreies Tür-zu-Tür-Routing, Echtzeitverkehrsinformation und Prognose, intermodale Verkehrslage inkl. Verkehrsmeldungen, oder dem Ermöglichen eines Reisezeit- und Umweltbelastungsvergleichs. Diese Services sollen intermodal angeboten werden und dabei MIV, NMV, sowie ÖV abdecken, und durch ein MicroPortal eine einfache Einbindung des VAO-EndUser-Service in andere Portale erleichtern. Zu den Daten und Diensten von GIP und VAO werden Zugangsmöglichkeiten für Dritte organisatorisch und technisch bereitgestellt, insbesondere wird die Möglichkeit einer Bereitstellung für Tests und Aufzeigen von Anforderungen im Rahmen von F&E und Pilotprojekten geprüft werden.

3.2 Wandel der Betreiberkultur

Neben der Erhöhung der Nutzbarkeit von Daten, sind der Wandel der Betreiberkultur hin zu Kooperation und gemeinsamer Nutzung von Netzwerken die wesentlichen Voraussetzungen. Aus NutzerInnen-Sicht bilden Verkehrsinformation, Ticketing, Buchungs- und Bezahlmöglichkeiten die wesentlichen Bestandteile im Rahmen der Planung ihrer Mobilität. Multimodale Informations-, Management- und Paymentsysteme zu implementieren ist daher eine zentrale Zielsetzung im Kontext der Gewährleistung nahtloser Mobilitätsangebote. Über die letzten Jahre gab bzw. gibt es dazu in Österreich zahlreiche, mehr, oder weniger aufeinander abgestimmte Aktivitäten auf Bundes-, Landes- und städtischer Ebene. Im Maßnahmenkatalog des nationalen IVS Aktionsplans ist das ”Schaffen und Vernetzen von intelligenten Buchungs- und Bezahlsystemen im Verkehr” als wichtiger Eckpunkt für ein integriertes und intelligentes Mobilitätssystem eine prioritäre Maßnahme. Ziel bis 2016 ist die Formulierung einer österreichweiten Strategie zur Gewährleistung des Zugangs zu flächendeckenden Buchungs- und Bezahldiensten im Mobilitätsbereich. Aktuell existieren in Österreich mehrere unterschiedliche Zugangssysteme zur öffentlichen Mobilität sowie darüber hinaus verschiedenste private Car- und Bike-Sharingsysteme, lokal getragene Micro-ÖV Angebote und dergleichen. Um in Zukunft den Kundenfokus zu stärken erscheint es notwendig, durch die Integration von öffentlich zugänglichen Mobilitätsangeboten ”nahtlose“ Mobilitätsangebote zu ermöglichen. Wo heute oft technologische und organisatorische Barrieren bestehen sind künftig Kooperationen zwischen den einzelnen Mobilitätsdienstleistern (öffentlich und privat)- besonders im Hinblick auf die Integration der ersten bzw. letzten Meile in die multimodale Wegekette notwendig. Transparente, aufeinander abgestimmte Tarifstrukturen und aktuelle sowie innovative Technologien vereinfachen den Zugang zum öffentlich verfügbaren Mobilitätsangebot steigern damit die Attraktivität alternativer Mobilitätsformen. Gemeinsam festgelegte Datenformate und Schnittstellen erlauben die Zusammenfassung regionaler Lösungen auf nationaler und langfristig auf europäischer Ebene durch verschiedenste Serviceanbieter und Mobilitäts-Integratoren. Um Bedarfsgesteuerte Verkehre nachhaltig und konsistent in die VAO einzubinden, müssen künftig Buchungsmöglichkeiten und auch konsistente Preisfindungsmechanismen vorgehalten werden. Vor diesem Hintergrund sollte u.a. auch geprüft werden, in welcher Form die VAO als ”Integrationsplattform“ bzw. Basis für das gesamthafte Zugänglichmachen des öffentlich verfügbaren Mobilitätsangebotes genutzt bzw. ausgebaut werden kann. Aus Kundensicht geht es darüber hinaus nicht nur um ein Vernetzen und Zugänglichmachen des ”Öffentlichen Angebotes“, sondern vielmehr auch um die Integration von privaten Service-Anbieter. Aktuell werden unterschiedliche Projekte bzw. Services von ÖV-Anbietern, Länder und Verkehrsverbünden verfolgt als Rückgrat eines interoperablen Angebotes.

3.3 Pilotanwendungen starten

Um MaaS umzusetzen, müssen adäquate verkehrspolitischen Strategien und Werkzeugen vorbereitet und ausgewählt werden. Durch Regulierung, dem Zulassen von Pilotversuchen und der Unterstützung der Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet werden innovative und agile Lösungen ermöglicht. Damit künftig Entscheidungen für Investitionen zur Steuerung des Mobilitätssystems auf der Basis von Daten gefällt werden, müssen alle relevanten Stakeholdern in den Planungsprozess eingebunden und ein Bekenntnis für die Zusammenarbeit eingeholt werden, insbesondere auf politischer Ebene. Erster Schritt ist daher die Debatte über MaaS zu initiieren und systematisch Bewusstsein für die Vorteile von MaaS zu schaffen. Gleichzeitig muss die Entwicklung eines solchen Planungsprozesses und geeigneter Betreibermodelle für MaaS verfolgt werden. Dafür kann auf dem Potenzial bereits bestehenden Märkte im Verkehrssektor aufgebaut werden. Dazu gehört auch die Klärung der Rollen des privaten und öffentlichen Sektors, z. B. im Kontext Daten, Zahlung etc.. Rechtliche Hürden, die derzeit die Marktentwicklung künftiger Servicekonzepte limitieren, müssen identifiziert und adaptiert werden um MaaS Pilotanwendungen und deren Evaluierung zu ermöglichen. Wie die Beispiele aus Finnland zeigen, müssen daher auch in Österreich Testinfrastrukturen in realer Umgebung geschaffen werden.

Damit sich ein wettbewerbsstarker Service-Markt in der Mobilität rasch entwickeln kann, und damit europäische Unternehmen auch den internationalen Markt erreichen können, muss es gleichzeitig Initiativen auf europäischer Ebene geben. Hier können neue Modelle für die Finanzierung, Besteuerung und Preisgestaltung der Mobilität entwickelt werden. Reale Marktexperimente müssen so rasch als mögliche auf Mitgliedsstaatenebene initiiert werden, es braucht internationale Projekte im großen Maßstab. Für die erfolgreiche Weiterentwicklung muss daher auf den bereits vorhandenen Wissen aus Studien, Pilotprojekten etc. aufgebaut werden, und ein gemeinsamer Handlungsrahmen entwickelt werden, der nicht nur die vielfältigen internationalen Rahmenbedingungen interpretiert, sondern auch mögliche Interventionsnotwendigkeiten seitens Bund, Länder bzw. der EU definiert und festlegt. Die Themen darin reichen von der Sicherstellung der Kompatibilität der Systeme und entsprechenden Daten und Schnittstellen, über neue Pricing Modelle, adäquate Betreiberstrukturen, bis hin zu einem geeigneten Impact Assesment und der internationalen Vernetzung.