Hintergrund und Fragestellung

Bei etwa 90% der Patienten mit chronischem Rückenschmerz kann keine spezifische organische Ursache der Beschwerden festgestellt werden, die weiterführende Evaluation sollte multifaktoriell bestimmt sein (Abb. 1). Sobald organische Ursachen und v. a. akut und spezifisch zu therapierende Warnsignale („red flags“) dieser chronischen Rückenschmerzen ausgeschlossen wurden, hat sich als Therapieform besonders des chronischen lumbalen Rückenschmerzes die multimodale Schmerztherapie, die biopsychosoziale Komponenten in das Behandlungskonzept integriert, bewährt.

Abb. 1
figure 1

Evaluation multifaktorieller Ursachen chronischer Rückenschmerzen nach erfolgtem Ausschluss (!) spezifischer, organischer Ursachen

Übersichtsartikel schreiben dieser Therapieform bessere Ergebnisse hinsichtlich Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung im Vergleich zur „normalen“ biomedizinischen Therapie zu [7]. Auch beim Patienten mit chronischem Nacken(HWS)-Schmerz scheinen, wie beim chronischen LWS-Patienten, psychosoziale Faktoren in der Ätiologie eine große Rolle zu spielen [5, 18, 19, 25, 28]. Allerdings sind Studien in der Literatur, die diesen Therapieansatz auch bei Patienten mit chronischem HWS-Schmerz untersuchen, sehr rar [2, 14, 16, 26] im Vergleich zu Studien mit Outcomeberichten bei chronischem LWS-Schmerz [20, 27, 29]. Ergebnisse in einem neueren Übersichtsartikel über die biopsychosoziale Therapie bei chronischen HWS-Schmerzen sind uneinheitlich [15].

Diese prospektive klinische Studie wurde konzipiert, um die Therapieergebnisse einer standardisierten multimodalen Schmerztherapie bei Patienten mit chronischem HWS- und LWS-Schmerz zu untersuchen und miteinander zu vergleichen. Studienziel war, herauszufinden, inwieweit auch Patienten mit chronischen HWS-Beschwerden von einer solchen Therapieform profitieren, wie es in der Literatur bereits ausführlich für Patienten mit chronischem LWS-Schmerz berichtet wurde.

Patienten und Methode

Patienten

328 Patienten im arbeitsfähigen Alter mit chronischen, mindestens 3 Monate bestehenden HWS- oder LWS-Beschwerden mit einer korrespondierenden schmerzbedingten Arbeitsunfähigkeit von länger als 6 Wochen wurden in diese Studie aufgenommen. Alle Patienten hatten bereits eine erfolglose „normale“ biomedizinische Standardtherapie hinter sich und wurden in unsere Klinik zur multimodalen Schmerztherapie überwiesen. Alle Patienten wurden vom Leiter der Schmerztherapie (MS) zu Beginn untersucht und auf ihre Ein- und Ausschlusskriterien überprüft.

Ein-/ Ausschlusskriterien

Einschlusskriterien in diese Studie waren Patienten mit chronischem HWS- oder LWS-Schmerz als Hauptschmerz, Alter zwischen 18 und 55 Jahr sowie ausreichende Deutschkenntnisse.

Ausschlusskriterien waren zusätzliche Schmerzlokalisationen als Hauptschmerz, spezifische Ursachen für Rückenschmerzen (wie z. B. Tumoren, entzündliche Veränderungen, Frakturen, Spinalkanalstenose), neurologische (sensomotorische) Ausfälle sowie schwere kardiovaskuläre Erkrankungen, die Kontraindikationen für die entsprechende Therapie darstellten.

Multimodale Schmerztherapie

Die in die Studie eingeschlossenen Patienten wurden einer 3-wöchigen multimodalen stationären Schmerztherapie von insgesamt 120 h unterzogen. Diese Behandlung ist eine biopsychosoziale Therapie, die auf biologischen, sozialen und psychologischen Aspekten beruht, auf dem Fear-avoidance-Konzept [30] basiert und partielle Synergien mit dem bekannten GRIP-Konzept [11] aufweist. In der in dieser Studie angewandten Therapieform wird allerdings weniger auf der Basis des Work-hardening-Konzepts gearbeitet als versucht, die Bewegungsvermeidung und Bewegungsangst durch Auftrainieren und Rekonditionieren sowie durch ein Distanzieren schmerzabhängigen Verhaltens zu überwinden. Maßnahmen der körperlichen Rekonditionierung werden mit Maßnahmen der psychologischen Schmerztherapie kombiniert.

Zur primär körperlichen Therapie zählen Krankengymnastik, medizinische Trainingstherapie, Arbeits(Ergo)-therapie und Wassertherapie. Zur primär psychologischen Therapie zählen Schmerzbewältigungstraining, Training gesunden Verhaltens, Partnertherapie und Biofeedback. Zwischen körperlicher und psychologischer Intention stehen Module wie Entspannungstraining oder Tanz- und Musiktherapie.

Unter Anleitung von Ärzten (Orthopäden), Psychologen, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten werden diese Module in Gruppen von 12 Patienten und in Einzeltherapie durchgeführt und der Patient zum aktiven Umgang mit chronischen Schmerzen und zur individuellen Schmerzbewältigung angeleitet. Ein exemplarischer Wochenplan ist in Tabelle 1 angefügt.

Tabelle 1 Wochenplan multimodale Schmerztherapie (Gruppentherapiemodule)

Ausgangsdaten

Alle Patienten erhielten zu Beginn eine klinische und radiologische (MRT) Untersuchung der HWS oder LWS. Die klinische Untersuchung bestand neben Inspektion, Palpation und Bestimmung des Bewegungsausmaßes der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte aus der Evaluierung radikulärer sensomotorischer und neurologischer Ausfälle, dem Reflexstatus der oberen und unteren Extremität und aus dem Lasegue-Test bei Patienten mit LWS-Schmerzen.

Um eine ähnliche Ausgangssituation in beiden Gruppen zu gewährleisten, wurden diese zu Beginn der Studie auf verschiedene soziodemografische, klinische, psychologische und Arbeitsplatzfaktoren untersucht.

Die Funktionskapazität wurde anhand des Funktionsfragebogens Hannover-Rücken (FFbH-R) gemessen [17], das Depressionsausmaß der Patienten anhand der allgemeinen Depressionsskala (ADS [10]), der deutschen Form des CES-D.

Outcomeparameter

Die Patienten wurden prospektiv evaluiert, nach 6 Monaten wurden folgende Outcomevariablen bei den Patienten untersucht und in den beiden Gruppen miteinander verglichen:

  • Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit,

  • Schmerzausmaß (visuelle Analogskala, 0: kein Schmerz — 10: höchster Schmerz) sowie

  • Funktionsausmaß (FFbH-R in %).

Statistik

Die statistische Auswertung wurde mit SPSS statistical application für Windows (Version 11.0) durchgeführt. Bei Aufnahme in die Studie wurden alle zu analysierenden Faktoren in den beiden Vergleichsgruppen miteinander verglichen und auf Unterschiede überprüft, nach 6 Monaten die 3 Outcomevariablen Arbeitsfähigkeit, Funktions- und Schmerzausmaß in den Gruppen mit chronischem LWS- und HWS-Schmerz untersucht. Für quantitative Variablen wurde der T-Test für unabhängige Stichproben, für kategorische Variablen der χ2-Test angewandt. Beide Gruppen wurden gesondert auf Veränderungen innerhalb der Gruppe zu den Zeitpunkten T0 (Beginn der Studie) und T1 (6 Monate) anhand des gepaarten T-Tests (kontinuierliche Variablen) oder des Wilcoxon-Rangzeichen-Tests (nichtkontinuierliche Variablen) untersucht. Als Signifikanzniveau wurde p<0,05 angenommen.

Ergebnisse

Patienten

In den Jahren von 2001–2003 wurden 402 Patienten mit chronischen Schmerzen einer multimodalen Schmerztherapie unterzogen. 74 litten unter mehreren Hauptschmerzlokalisationen und wurden somit aus der Studie ausgeschlossen. Hierunter waren 62 Patienten mit HWS-Schmerzen, die eine zusätzliche Hauptschmerzlokalisation (55 Patienten Kopfschmerzen, 7 Patienten Schulterschmerzen) angegeben hatten sowie 12 Patienten, die als Hauptschmerz gleichzeitige HWS- und LWS-Schmerzen angegeben hatten. Die restlichen 328 Patienten, die die Ein- und Ausschlusskriterien erfüllten, wurden in diese Studie aufgenommen und für 6 Monate prospektiv erfasst. Es handelte sich um 136 Frauen und 192 Männer mit einem Durchschnittsalter von 44,1 Jahren. 97 Patienten hatten ihren Hauptschmerz im HWS-Bereich, 231 im LWS-Bereich.

Vergleich der Ausgangswerte

Tabelle 2 zeigt die Ausgangsdaten der Patienten in den beiden Gruppen. Patienten mit HWS-Schmerzen hatten einen geringeren BMI und einen besseren Funktionsstatus im FFbH-R zu Beginn als die LWS-Patienten. Alle anderen Werte zeigten keinen Unterschied zu Beginn in beiden Gruppen.

Tabelle 2 Ausgangsdaten bei Beginn der Studie in beiden

Therapieergebnisse nach 6 Monaten

67,4% waren nach initialer Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der Studie nach 6 Monaten wieder an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Im Vergleich zum Status zu Beginn der Studie war in allen 3 Outcomevariablen in beiden Gruppen nach 6 Monaten eine signifikante Verbesserung aufgetreten.

Tabelle 3 zeigt die Veränderungen in beiden Gruppen zu den beiden evaluierten Zeitpunkten, Tabelle 4 den Vergleich der Therapieergebnisse nach 6 Monaten. In den Kategorien Arbeitsfähigkeit und Funktionsausmaß waren in den Vergleichsgruppen keine signifikanten Unterschiede festzustellen, während das Schmerzausmaß nach 6 Monaten in der LWS-Gruppe signifikant niedriger lag als in der HWS-Gruppe.

Tabelle 3 Outcomeparameter in beiden Gruppen zu Beginn (T0) und nach 6 Monaten (T1)
Tabelle 4 Vergleich der Outcomeparameter nach 6 Monaten

Diskussion

In dieser prospektiven klinischen Vergleichstudie zeigte sich 6 Monate nach multimodaler Schmerztherapie bei Patienten mit chronischem HWS- oder LWS-Schmerz eine signifikante Verbesserung in allen analysierten Outcomeparametern in beiden Gruppen. Während sich im direkten Vergleich hinsichtlich der Kriterien Arbeitsfähigkeit und klinische Funktion keine Unterschiede in beiden Gruppen ergaben, zeigte sich die LWS-Gruppe den Patienten mit HWS-Schmerz nach 6 Monaten hinsichtlich der Schmerzintensität überlegen.

Vergleich von HWS- und LWS-Patienten

Diese Studie wurde konzipiert, um herauszufinden, ob auch Patienten mit chronischen HWS-Schmerzen von einer multimodalen Therapie profitieren, wie es bereits beim chronischen LWS-Schmerz hinreichend in der Literatur beschrieben wurde [1, 7, 21, 22]. Die analysierten Ausgangswerte in dieser mit klaren Ein- und Ausschlusskriterien definierten Studie vor Beginn der standardisierten Therapie zeigten in den beiden Gruppen zumeist keine signifikanten Unterschiede und lassen somit den Vergleich der Ergebnisse der HWS- und LWS-Patienten zu. Die einzig signifikanten Unterschiede zu Beginn waren ein niedrigerer BMI und ein besserer funktioneller Status im FFbH in der HWS-Gruppe. Dass diese einzigen Unterschiede die letztendlichen Therapieergebnisse entscheidend beeinflusst haben, ist unserer Meinung nach eher nicht wahrscheinlich.

In allen 3 analysierten Outcomekriterien, Arbeitsfähigkeit, Schmerzausmaß und Funktionsstatus, zeigte sich in beiden Gruppen eine signifikante Verbesserung nach 6 Monaten im Vergleich zum Ausgangswert. Hinsichtlich der Parameter Arbeitsfähigkeit und Funktion ergaben sich nach 6 Monaten in den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede. Die Arbeitsfähigkeitsrate im Gesamtkollektiv lag bei 67,4% und war den in der Literatur dargestellten Resultaten [1, 7, 13, 21, 22, 24] ähnlich, wobei eine Vergleichbarkeit durch das oft unterschiedliche Patientenprofil und die unterschiedlichen Ein- und Ausschlusskriterien erschwert ist. Des Weiteren sollte die relativ lange Krankheitsdauer bei den Patienten dieser Studie von im Durchschnitt über 9 Wochen zu Beginn der multimodalen Schmerztherapie mit ins Kalkül gezogen werden. Bei der Beurteilung des Funktionsausmaßes muss berücksichtigt werden, dass der Ausgangswert in der HWS-Gruppe signifikant höher lag als in der LWS-Gruppe bei letztendlich gleichen Endergebnissen, sodass die LWS-Patienten hinsichtlich der Funktionsverbesserung mehr von der Therapie profitierten. Zusätzlich hatten die Patienten mit chronischem LWS-Schmerz bei gleichen Ausgangsbedingungen eine signifikant niedrigere Schmerzintensität nach 6 Monaten im Vergleich zur HWS-Gruppe, sodass trotz der signifikanten Verbesserung im Verlauf in allen Kriterien in beiden Gruppen die LWS-Gruppe diesbezüglich mehr von der multimodalen Schmerztherapie profitierte als die HWS-Gruppe.

Auch das psychologische Profil der beiden Patientengruppen könnte eine Rolle spielen. Bei Patienten mit chronischem LWS-Schmerz scheint das Angstvermeidungsverhalten von großer Bedeutung zu sein. Dies geht in der Literatur mit einem erhöhten Risiko einer verlängerten Arbeitsunfähigkeit einher [3, 30] und wurde auch schon bei anderen chronischen Krankheitsbildern wie dem chronischen regionalen Schmerzsyndrom [23] bestätigt. Für Patienten mit chronischem HWS-Schmerz gibt es diesbezüglich nur wenig Studien in der Literatur, Vergleichsstudien hinsichtlich des psychologischen Profils und unterschiedlicher Copingstrategien bei HWS- und LWS-Schmerz fehlen. In der einzig uns hierzu bekannten Arbeit ergab sich bei 144 Patienten mit chronischem LWS- oder HWS-Schmerz kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Angstvermeidungsverhalten in den beiden Gruppen [6]. Dennoch haben wir den Eindruck (ohne dies in der Studie explizit untersucht zu haben und statistisch beweisen zu können), dass bei Patienten mit chronischem LWS-Schmerz oft das „Vermeiderprofil“ („avoidance“ [30]) überwiegt, während bei den Patienten mit chronischem HWS-Schmerz häufiger „Durchhalter“ („endurance“ [9]) anzutreffen sind. Eine multimodale Schmerztherapie im Sinne des Aktivierens wäre infolgedessen zugänglicher als eine die Spannung reduzierende Therapie (Relaxation). Dies wäre ein Grund für die etwas bessere Schmerzreduktion in der LWS-Gruppe im Vergleich in dieser Studie. Dennoch bestätigte sich diese Hypothese in der vorliegenden Studie nicht eindeutig, da auch die Patienten mit chronischem HWS-Schmerz in allen 3 Outcomevariablen signifikant von der multimodalen Schmerztherapie profitierten. Diese Überlegungen sollten aber in zukünftigen Studien mitberücksichtigt werden und Gegenstand weiterer Untersuchung sein.

Effektivität der multimodalen Schmerztherapie

Die multimodale biopsychosoziale Schmerztherapie hat sich in der Behandlung von Patienten mit chronischen lumbalen Rückenschmerzen etabliert [7]. Generell stellt sie eine sehr kostspielige und aufwändige Behandlungsform dar. In der Literatur gibt es sehr wenig Kosten-Nutzen-Analysen darüber, ob eine Reduzierung des Arbeitsausfalls und dessen Folgekosten den finanziellen Aufwand dieser Therapieform ausgleicht. Des Weiteren existiert unseres Wissens keine Untersuchung, die belegt, in welchem Ausmaß und Aufwand eine multimodale Therapie betrieben werden muss, um letztendlich Effizienz zu erzielen. Auch die Gewichtung der einzelnen Module und ihre Bedeutung für den Behandlungserfolg ist noch nicht ausreichend untersucht. So ist auch die Bedeutung der konventionellen Physiotherapie bei chronischen Nacken- und Rückenschmerzen noch nicht intensiv genug und abschließend beurteilt [8].

Die multimodale Schmerztherapie bei chronischen HWS- und LWS-Patienten ist kann sowohl unter stationären Bedingungen als auch im ambulanten Setting, so z. B. im Rahmen einer ambulanten Tagesklinik, vorgenommen werden. Die Durchführbarkeit dieser Therapieform — stationär, teilstationär oder ambulant — ist sicherlich auch unter dem Hintergrund der finanziellen Realisierbarkeit dieser Konzepte zu sehen, da seitens der Kostenträger derzeit weiterhin keine einheitliche Linie sowie keine einheitliche Bereitschaft zur Kostenübernahme zu erkennen ist, obwohl die Effizienz dieser Therapieform mittlerweile unumstritten ist.

Zusätzlich gibt es nur wenige Studien, die die Ergebnisse bei chronischem HWS-Schmerz untersuchen, da die Untersuchungen meist auf LWS-Patienten fokussiert sind. In einer neueren Übersichtsarbeit fanden Karjalainen et al. [15] nur 2 relevante Studien, die die evidenzbasierten Kriterien erfüllten, und folgerten daraus, dass diesbezüglich dringend hochqualitative Studien notwendig seien. In den zwei zitierten Studien mit jeweils 93 und 66 Patienten mit chronischen Nacken- und Schulterschmerzen fanden sich keine Unterschiede hinsichtlich der Ergebnisse bei multimodaler Schmerztherapie im Vergleich zur traditionell therapierten Gruppe [4, 13]. Die Probleme dieser zitierten Studien und anderer weniger Untersuchungen, die sich mit den Therapieergebnissen nach Behandlung chronischer HWS-Beschwerden beschäftigen, sind mannigfaltig und betreffen oft geringe Patientenzahlen, unterschiedliche Schmerzlokalisationen wie Kopf- oder Schulterschmerz sowie unklar definierte Ein- und Ausschlusskriterien.

Studien, die direkt das Outcome von Patienten mit LWS- und HWS-Schmerz vergleichen, sind äußerst selten. So fanden Wright et al. [31] in insgesamt 1198 Patienten mit HWS- und LWS-Beschwerden nach einem multidisziplinären Therapieansatz im Sinne einer „functional restoration“ keine Unterschiede in beiden Gruppen mit einer sehr hohen Arbeitsfähigkeit von über 90%. In der Studie von Horneij et al. [12] traten nach Anwendung zweier Präventionsprogramme in 282 Patienten nach 18 Monaten keine Unterschiede in den Gruppen mit Nacken-, Schulter- und LWS-Schmerzen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe auf, wobei hier allerdings zu Beginn der Studie nur 13% arbeitsunfähig waren. Taimela et al. [26] berichteten bei 76 Patienten über verschiedene Ansätze einer multimodalen Schmerztherapie bei chronischen Nackenschmerzen. Nach 3 und 12 Monaten war die Gruppe, die multimodal behandelt worden war, hinsichtlich der Kriterien Nackenschmerz, allgemeiner Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit signifikant besser als die Gruppe, die nur häusliche Übungen durchführen musste. Beide Gruppen erzielten bessere Ergebnisse als eine Gruppe, die nur allgemeine Verhaltensmaßregeln mitbekommen hatte, was wiederum zeigt, dass evtl. auch weniger intensive Programme einen Benefit für den Patienten haben.

Schlussfolgerungen

Auch Patienten mit chronischen HWS-Beschwerden profitieren von einer multimodalen Schmerztherapie, was bisher meist nur für Patienten mit chronischem LWS-Schmerz gezeigt wurde. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verbesserung hinsichtlich Arbeitsfähigkeit, Schmerz und Funktion in beiden Gruppen, chronischem HWS- und LWS-Schmerz, 6 Monate nach multimodaler Schmerztherapie im Vergleich zu den Ausgangswerten. Dennoch müssen weitere kontrollierte randomisierte Studien, wie sie bereits für Patienten mit chronischen lumbalen Schmerzen existieren, die Ergebnisse dieser Studie bestätigen.

Fazit für die Praxis

Diese prospektive klinische Studie vergleicht die Ergebnisse nach einer 3-wöchigen multimodalen Schmerztherapie bei insgesamt 328 Patienten mit chronischem HWS- oder LWS-Schmerz. Die Ergebnisse nach 6 Monaten zeigen in beiden Gruppen eine signifikante Verbesserung hinsichtlich der erhobenen Parameter Arbeitsfähigkeit, klinische Funktion und Schmerzausmaß im Vergleich zum Ausgangswert. Hinsichtlich der Outcomeparameter Funktionskapazität und Arbeitsfähigkeit ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in beiden Gruppen, die LWS-Gruppe wies nach 6 Monaten allerdings signifikant geringere Schmerzen als die HWS-Gruppe auf. Dennoch stellt nach den Ergebnissen dieser Studie die multimodale Schmerztherapie auch für Patienten mit chronischem HWS-Schmerz eine geeignete und effiziente Therapieform dar, wie es bis dato hauptsächlich nur für Patienten mit chronischem LWS-Schmerz gezeigt worden war.