Einleitung

Im Oktober 2016 wurden die Empfehlungen der Sektion Lehrende im Bereich der Pflegeausbildung und der Pflegestudiengänge in der Akademie für Ethik in der Medizin e. V. erstmals publiziert, die Printversion erschien im Juni 2017 (Riedel et al. 2017). Die Fülle an Rückmeldungen, die die Autorinnen und Autoren erreicht haben, zeigt, dass die Empfehlungen vielfach rezipiert und diskutiert werden, auch vor dem Hintergrund anstehender curricularer Veränderungsprozesse, die für die Pflegeausbildung mit dem im Juni 2017 beschlossenen neuen Pflegeberufegesetz einhergehen. So wird im Ausbildungsziel des Gesetzes (vom 17.07.2017) in § 5 Abs. 2 (Ausbildungsziel) formuliert: „Sie (die Pflege) erfolgt entsprechend dem allgemein anerkannten Stand pflegewissenschaftlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse auf Grundlage einer professionellen Ethik.“ (BGBl. 2581). Deutlich wird in der Formulierung, dass die Ethik zukünftig als genuiner Gegenstand professionellen Pflegehandelns konturiert und im professionellen Pflegehandeln eingefordert wird. In Abs. 4 unter dem § 5 (Ausbildungsziel) wird dieser Anspruch unterstrichen, indem dort explizit ein „… professionelles, ethisch fundiertes Pflegeverständnis und ein berufliches Selbstverständnis“ postuliert wird, das im Ausbildungsverlauf sukzessive „entwickelt und gestärkt“ werden soll. Entsprechend werden in der nun zum neuen PflegeberufegesetzFootnote 1 vorliegenden Ausbildungs- und PrüfungsverordnungFootnote 2 in den darin vorgesehenen fünf Kompetenzbereichen an verschiedenen Stellen ethische Kompetenzen ausgeführt, über die Pflegefachkräfte nach der Pflegeausbildung verfügen sollen. In den prüfungsrelevanten Kompetenzbereichen I–V (Anlage 2 zu § 9 Absatz 1 Satz 2, S. 1596–1600) werden sie sowohl in den Überschriften als auch in den Unterpunkten verschiedentlich zugeordnet, so beispielsweise im Themenbereich II/1/3 die Kompetenz „Ethisch reflektiert handeln“ (S. 1598), sowie unter I/1/6 „Entwicklung und Autonomie in der Lebensspanne fördern“ (S. 1597). Die Titel der Themenbereiche IV und V nehmen explizit ethische Inhalte auf, so in IV: „Das eigene Handeln auf der Grundlage von Gesetzen, Verordnungen und ethischen Leitlinien reflektieren und begründen“ (S. 1599), und in V: „Das eigene Handeln auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und berufsethischen Werthaltungen und Einstellungen reflektieren und begründen“ (S. 1600). Eine ansatzweise Explikation erfolgt in den einzelnen Unterpunkten der Anlage 2 (S. 1596–1600).

Die Neuordnung der Pflegeausbildung bietet damit bei allen Vorbehalten, die gegenüber dem Gesetz und der PflAPrV im Detail vorgebracht werden könnenFootnote 3,Footnote 4, gerade hinsichtlich der dringend nötigen Professionalisierung der Pflegeberufe und damit aufs Engste verbunden mit der Bildung im Bereich der Professionsethik eine wichtige Chance der Neujustierung.

Die im Vorfeld der Gesetzgebung heftig kritisierte Generalistik stellt eine große Chance für die Pflegeberufe dar: die der Ausbildung einer sektorenübergreifenden gemeinsamen beruflichen Identität als Pflegefachpersonen, mit aktiver Annahme des gesellschaftlichen Mandats der Pflege auf der Basis einer reflektierten und verinnerlichten professionellen Haltung, die auf einem professionsethischen Verständnis gemeinsamer ethischer Mindeststandards beruht.

Die eingangs genannten Empfehlungen beinhalten den Kernbestand dessen, was die Ethikbildung in der Pflege im Bereich der Primärqualifikation umfassen sollte (Riedel et al. 2017). Dabei wurden Mindestanforderungen an Inhalte und Kompetenzen grundlegend abgesteckt und ausgehend von der Verantwortung und dem Aufgabenprofil aller Pflegekräfte ohne Ausdifferenzierung etwa entlang der jeweiligen Qualifikationsniveaus im Überblick beschrieben. Die Autorinnen orientieren sich im Folgenden an den bereits erfolgten Determinationen in dem Beitrag, insbesondere erfolgt der Rückbezug auf die definitorische Grundlegung der Eckpunkte einer Ethikkompetenz (Riedel et al. 2017, S. 164–165), die sich nicht auf „Fähigkeiten, Wissen und Können beschränkt, sondern alle Facetten des pflegeprofessionellen Handelns, der Erfahrung, der Motivation sowie der Einstellungen und Werte einbezieht“ (Riedel et al. 2017, S. 164).

Aktuell liegen insbesondere übergreifende Definitionen und Darlegungen zu ethischen Kompetenzen in der Pflege vor (z. B.: Rabe 2017, S. 207; Riedel et al. 2017; Lechasseur et al. 2018; Olbrich 2018; Kulju et al. 2016; Gallagher 2006) deren Verdienst es ist, das Spezifische der Pflegeethik zu konturieren und erstmals ethische Kompetenzen zu konkretisieren. In methodischer und didaktischer Hinsicht ist indes eine Differenzierung gemäß unterschiedlicher Bildungsniveaus relevant. Lehrende werden ihre Lehre nicht mehr nur im Sinne einer allgemeinen Förderung ethischer Kompetenz entwickeln können, sondern müssen dabei den jeweiligen Verantwortungsbereich und das angezielte Qualifikationsniveau der Lernenden berücksichtigen. Demgemäß werden im Folgenden konkrete Kompetenzniveaus auch für die Anbahnung professionsethischer Kompetenzen vorgeschlagen. Denn: Für eine Integration der Ethikbildung in die konkreten beruflichen und hochschulischen Primärqualifikationen ist jetzt eine ausdifferenzierte Perspektive nötig, die die unterschiedlichen Qualifikationsniveaus (Pflegeassistenz bzw. Pflegefachhilfe, Pflegefachmann/Pflegefachfrau und Pflegefachmann BA/Pflegefachfrau BA) und die je unterschiedliche resultierende Verantwortung im Prozess der pflegerischen Versorgung berücksichtigt. Zunehmend rücken auch Masterabschlüsse im Bereich der Pflege in den Blick, die nicht mehr nur Management oder Bildung der Pflege adressieren, sondern für Aufgaben in der direkten Patientenversorgung und deren Weiterentwicklung qualifizieren sollen (z. B. forschungsorientierte Masterstudiengänge oder ANP-Masterangebote).

Die Autorinnen legen nachfolgend somit einen Rahmen für den Erwerb einer Ethikkompetenz vor, der sich nach Ausbildungsabschluss in einer gelebten Professionsethik ausweist. Ethikkompetenz wird nachfolgend bewusst im Singular verwendet. Ethikkompetenz repräsentiert für die Autorinnen das gesamte Repertoire der im Rahmen der pflegerischen Qualifikationsverläufe zu entwickelnden und zu verdichtenden ethischen Kompetenzen, die in einer tabellarischen Darstellung in ihren verschiedenen Dimensionen als Teilkompetenzen operationalisiert und konkretisiert werden. Diesem Verständnis folgend bildet die Summe der erworbenen ethischen Kompetenzen die pflegeprofessionelle Ethikkompetenz (vgl. Cannaerts et al. 2014; vgl. Gallagher 2006).

Kompetenzniveaus und Qualifikationsrahmen

Bildungswege sollen gemäß den Zielen des EQR (Europäischer Qualifikationsrahmen) Kompetenzen in vergleichbaren Niveaus vermitteln und zwar sowohl hinsichtlich der Anerkennung der Abschlüsse im In- und Ausland (Regelungsebene EQR, DQR) als auch hinsichtlich ihrer Erwartbarkeit und Verlässlichkeit für potentielle Arbeitgeber und Kunden. Dabei fungiert der EQR nach Auffassung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Kultusministerkonferenz (KMK) „… als Übersetzungsinstrument, das nationale Qualifikationen europaweit verständlich macht und so die Mobilität von Beschäftigten und Lernenden und deren lebenslanges Lernen fördert“. Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) beschreibt wie der EQR Outcome-orientiert zu erreichende Kompetenzen in acht Qualifikationsniveaus, dabei weist der DQR laut BMBF und KMK „… vier (statt drei ‚Säulen‘) aus (Wissen – Fertigkeiten – Sozialkompetenz – Selbstständigkeit), um die im deutschen Bildungssystem angestrebten Lernergebnisse angemessen darzustellen“ (BMBF 2018).

Insbesondere die Aspekte der Erwartbarkeit und Verlässlichkeit im Sinne der Professionalität und Verantwortungsübernahme in der Interaktion mit den jeweiligen Kund(innen), für die Pflege mit ihren Klient(inn)en bzw. Patient(inn)en, sind für den Heilberuf Pflege essentiell. In der Professionalität der unterschiedlichen Heilberufe ist die Verlässlichkeit der Verantwortungsübernahme – als Merkmal professionellen Handelns – durch die professionellen Akteure, jenseits persönlicher Präferenzen und privater weltanschaulicher Vorentscheidungen aus Patientensicht unabdingbar, um das nötige Vertrauen in die Akteure aufbringen zu können (Heubel 2015, S. 29–30; Behrens und Langer 2016, S. 31–32, S. 94–95). Bislang wurde der Aspekt der ethischen Bildung im DQR wenig ausdifferenziert und tendenziell in den Bereich persönlicher Moral und Wertorientierung verwiesen, es dominiert eine Perspektive „(berufsbezogener) Handlungsorientierung in Lern- und Arbeitsbereichen“ (Hülsken-Giesler 2011, S. 3), primär im Sinne technischer Fertigkeiten und dafür nötigem Fachwissen. Die Kategorie „Selbstständigkeit“, die der DQR vorsieht (BMBF 2018), ist nicht mit beruflicher Autonomie zu verwechseln, da Letztere professionsethische Kompetenz auch im Sinne der Urteilsfähigkeit erfordert, Selbstständigkeit hingegen die Handlungskompetenz fokussiert. Dies wurde an anderer Stelle bereits problematisiert (Odenwald 2012, S. 204–206). Mit Hülsken-Giesler sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass „entsprechende Steuerungsinstrumente den jeweiligen Gegenstand in fachlicher Angemessenheit abzubilden haben“ (Hülsken-Giesler 2011, S. 6). Spezifisch für die Pflegeberufe sind in einem möglichen Fachqualifikationsrahmen (FQR) alle relevanten Kompetenzbereiche aufzunehmen, hierunter fallen insbesondere auch die des Urteilsvermögens und der Haltung. Der in diesem Beitrag vorgeschlagene Erstentwurf einer Zuordnung ethischer Kompetenzen zu den in der Pflegebildung wichtigsten Qualifikationsebenen beruht auf einem Kompetenzverständnis, das Michael Brater für die Pflege wie folgt beschreibt: „Unter ‚Kompetenz‘ ist also die ganzheitliche Zusammenfassung aller persönlichen Kräfte – von Wissen über Fertigkeiten und Fähigkeiten bis zu Motiven, Bereitschaften und Werthaltungen – zu verstehen, die zum Bewältigen einer Situation zusammenwirken müssen“ (Brater 2016, S. 200). Für die folgende, auf Qualifikationsebenen bezogene Zuordnung ethischer Kompetenzen, ist die Erkenntnis zentral, dass mit der Kompetenzorientierung eine Fokussierung der „Learning Outcomes“ unweigerlich verbunden ist. Mit Brater umfasst das „… Konstrukt ‚Kompetenz‘:

  • komplex zusammengesetzte subjektbezogene Handlungsressourcen, die sich auf bestimmte Handlungsaufgaben beziehen und Werthaltungen ebenso wie die Motivation zum Handeln einschließen: Wissen allein ist keine Kompetenz!

  • Dispositionen des Subjekts, die direkten Beobachtungen nicht zugänglich (nur über ‚Performanz‘ erschließbar), aber auf Situationen anwendbar sind;

  • Das funktional auf Situationen bezogene und damit kontextspezifische Vermögen von Personen, ihre Kräfte und Fähigkeiten selbstorganisiert zu entwickeln und zur Bewältigung neuer Aufgaben selbst zu mobilisieren (Voraussetzung für Mündigkeit und Autonomie)“ (Brater 2016, S. 204).

Die Beschreibung des „Konstrukts der Kompetenz“ die Brater vorschlägt, ist deshalb für die Pflege gut geeignet, weil er damit Kompetenzen nicht auf abprüfbare Fähigkeiten beschränkt. Aspekte der Haltung und eigenständigen Problemlösung als Aushandlung mit dem Klienten oder der Klientin im Prozess der Auftragsklärung (Behrens und Langer 2016, S. 91–92) lassen sich so als für die erwünschte Performanz unabdingbar notwendig beschreiben.

Zuordnung ethischer und ethisch relevanter Kompetenzen zu den Qualifikationsniveaus

Für die anstehende curriculare Entwicklung in der pflegeberuflichen Bildung bedarf es zunächst einer Zuordnung ethischer und ethisch relevanter Kompetenzen zu den bereits existierenden Qualifikationsniveaus. Diese Zuordnung erfolgt unter Bezugnahme auf bestehende Publikationen und basiert auf dem Verständnis, dass sich eine Abgrenzung der ethischen Kompetenzen (im Sinne von Teilkompetenzen) aus den jeweils definierten Verantwortungsbereichen ableitet, die zu einer unterschiedlichen Ethikkompetenz nach Abschluss der jeweiligen Qualifizierung führt. Die Bezugspunkte für die tabellarische Darstellung werden nachfolgend expliziert.

In der Präambel ihres 2013 vorgelegten „Anforderungs- und Qualifikationsrahmens für den Beschäftigungsbereich der Pflege und persönlichen Assistenz älterer Menschen“ für den ebenfalls die acht Qualifikationsniveaus von EQR und DQR zugrunde gelegt wurden, nehmen Knigge-Demal, Eylmann und Hundenborn ethische Kompetenzen als „Grundlegende Fähigkeiten, Einstellungen und Haltung“ auf, sie ordnen insbesondere Einstellungen und Haltungen dem motivationalen Bereich zu. Die Autorinnen formulieren diese jedoch mit dem Hinweis auf ihre grundlegende Bedeutung für alle Pflegenden und nicht an Hand der Qualifikationsniveaus aus: „Für Personen aller Qualifikationsniveaus ist die Entwicklung eines ethisch begründeten Verständnisses vom Beschäftigungsbereich und der eigenen hierin eingenommenen Rolle (Hervorhebung C.G., A.R.) erforderlich. Auf der Grundlage hieraus selbst abgeleiteter übergeordneter Leitziele messen sie ihr eigenes Handeln grundsätzlich daran, inwieweit es einen Beitrag dazu leistet, die Lebens- und Versorgungsqualität von älteren Menschen zu sichern und zu fördern“ (Knigge-Demal et al. 2013, S. 9). In diesem Kontext verweisen sie darauf, dass die kognitive und die konative Komponente der erwünschten Einstellungen und der zu entwickelnden Haltung einer Person durchaus gestuft abgebildet und somit Qualifikationsniveaus zugeordnet werden können, wie dies hier im Folgenden für die ethische Kompetenzentwicklung im Rahmen der Pflegebildung vorgeschlagen wird. Für eine professionsethische Perspektive auf die Kompetenzentwicklungsziele in der Pflegebildung muss diese auf Qualitätsniveaus bezogene Differenzierung jedoch auch für motivationale Aspekte und professionelle Haltungen gelten, wenn die Überlegungen von Brater ernst genommen werden. Hier liegt im Begriff der eingenommenen beziehungsweise einzunehmenden Rolle der Schlüssel zur notwendigen Ausdifferenzierung nach Niveaus. So ist die Rolle der Pflegeassistenz eine andere, ihr kommen andere Aufgaben zu und es wird ihr auch ein anders umgrenzter Verantwortungsbereich zugeschrieben als einer Fachkraft mit oder ohne Hochschulabschluss. Wenn Verantwortung auch im beruflichen Setting ein „Sozialer Zuschreibungsbegriff“ ist (Giese 2012, S. 157; in Bezugnahme auf Lenk 1997, S. 90), der der übernommenen Aufgabe korrespondiert und zugleich die Haltung auch als Bereitschaft zur Performanz gefasst wird, wird unmittelbar evident, dass die Auseinandersetzung mit dem persönlichen Anspruch der Moralität und den persönlichen Werthaltungen ein auf jeder Stufe anders zu beschreibendes Kompetenzniveau erfordert. Die persönliche Haltung (zum Beispiel des Humanismus oder der christlichen Nächstenliebe) muss damit nicht nur der Reflexion, sondern auch der Modifikation zugänglich sein, soll sie zu einer dem jeweiligen Qualifikationsniveau angemessenen professionellen Haltung der Verantwortlichkeit im Kontext definierbarer Verantwortungszuschreibung werden.

Die pflegeberufliche Bildung und das pflegefachlich qualifizierende Studium (das künftig auch die Berufszulassung ermöglichen wird) setzen den mündigen und verantwortungsfähigen Bürger voraus und fördern ihn zugleich – sie vermitteln aber zuallererst aufgabenbezogene Kompetenzen, die für die Verantwortungsübernahme im Rahmen einer bestimmten, definierbaren und abgrenzbaren Tätigkeit im Rahmen eines bestimmten Heilberufes qualifizieren. So werden Werte, Prinzipien und Normen in ihrem unterschiedlichen Abstraktionsgrad Abwägungsprozessen zugänglich, die nicht mehr nur von individuellen Werthaltungen abhängig sind, sondern auf die konkrete berufliche Verantwortung zu beziehen sind. Im professionellen (Pflege‑)Handeln kann eine Abwägung im Prozess der Entscheidungsfindung nicht allein abhängig sein von den Präferenzen, Prioritäten und persönlichen Einstellungen der Akteure als privater Person. Sie finden sich in einem vorgegebenen Rahmen wieder, der neben den rechtlich verbindlichen grundgesetzlichen Vorgaben auch zuverlässig professionsethisch erwartbare und verlangbare Prioritäten beinhaltet. Das heißt am Beispiel des Erkennens eigener Grenzen und des Umgangs mit ihnen, dass hier für die Assistenzkräfte eine zentrale Kompetenz liegt, die primär die eigene Situation, Qualifikation und Aufgabe fokussiert und sich auf einem anderen reflexiven Niveau befindet als bei den Fachkräften. Von LetzterenFootnote 5 wäre durchaus eine systemisch ausgerichtete Reflexionsfähigkeit der eigenen Grenzen verlangbar, das heißt ihre Perspektive geht über die Dyade Patient – Pflegende deutlich weiter hinaus als bei den Hilfskräften. Von den hochschulisch gebildeten Fachkräften werden zudem Kompetenzen zur Entwicklung von Lösungsansätzen mindestens auf der Mikroebene, von den im Folgenden nicht weiter berücksichtigten Führungskräften mit hochschulischer ManagementqualifikationFootnote 6 auch mindestens auf der Mesoebene erwartet werden können. An diesem Beispiel wird ersichtlich, dass Kompetenzen im Umgang mit ethisch relevanten Affekten und eine auszubildende ethisch fundierte Haltung durchaus je nach Verantwortung und Qualifikation in den Qualifikationsstufen ausdifferenziert werden sollten. Sie können in zu erlangenden Kompetenzzielen ausdifferenziert werden, was noch nicht heißt, dass die Zielerreichung einfach in Prüfungen beurteilt werden kannFootnote 7. Unreflektierte moralische Gefühle sind keine ausreichende Basis für die Entwicklung einer professionellen Haltung und sie sind für Pflege-(fach-)kräfte auch keine gute Basis für die Entwicklung eines tragfähigen und verlässlichen beruflichen Ethos.

Im Folgenden soll versucht werden, gemäß der von Hülsken-Giesler und Korporal für den FQR Pflege vorgeschlagenen Kompetenzen in der Pflegebildung einen ersten Vorschlag zur Zuordnung ethischer und ethisch relevanter Kompetenzen vorzulegen. Dabei wird der Systematik der Autoren gefolgt, ebenso ihrer Grundannahme, dass „Kompetenzen als entsprechende Dispositionsbestimmungen (…) in erster Linie subjektzentriert (sind). Sie sind nicht direkt prüfbar, sondern nur durch die Realisierung der Disposition erschließbar und evaluierbar“ (Hülsken-Giesler und Korporal 2013, S. 14). Die Autoren weisen weitere Aspekte zur Kriteriologie der Zuordnung aus. Diese sind insbesondere für die Operationalisierung von ethischen Kompetenzen bedeutsam:

  • Persönlichkeitsbildung, die Aspekte der Subjektorientierung und Bildungsorientierung inkludiert

  • Professionsorientierung

  • Wissenschaftsorientierung: ein zentrales Merkmal der Hochschulbildung gegenüber der beruflichen Bildung

  • Fachspezifische Besonderheiten, (…) die auf Handlungsfelder der personenbezogenen, körper- und leibnahen Dienstleistung vorbereiten (Hülsken-Giesler und Korporal 2013, S. 16).

In der Tat ist das Proprium der Pflege, das sich in einem FQR wiederfinden muss, nicht auf allgemeine Soft Skills im ethischen und interaktionalen Bereich zu beschränken, vielmehr gewinnt der ethische und interaktionale Aspekt in der Pflege seine spezifische Profilierung durch die Körper- und Leibnähe der Dienstleistung Pflege. Die daraus abzuleitende ethische Relevanz muss in der Konsequenz genuiner Gegenstand pflegeberuflicher Bildung sein und sich in den Kompetenzbereichen ausweisen. Die jeweils geforderte ethische Kompetenz ist daher vom Auftrag, vom Handlungsfeld und von der Eigenheit der Pflegebeziehung her zu denken und nicht umgekehrt (vgl. Hülsken-Giesler und Korporal 2013, S. 18).

Folgt man den Kategorien von Hülsken-Giesler und Korporal (die ausschließlich hochschulische Kompetenzniveaus bearbeiten, Ergänzungen für den Bereich der beruflichen Pflegebildung wurden in Analogie dazu entwickelt), so finden sich explizit ethische Kompetenzen in der folgenden Systematik: A: Kenntnis – Verständnis – Erkenntnis; B: Analyse; C: Planung; D: Durchführung; E: Evaluation und F: Professionalität. Diese Systematik scheint uns für die Konturierung der Teilkompetenzen auf allen in der Pflege relevanten Kompetenzniveaus förderlich und konstitutiv.

Die nachfolgende Darstellung greift die in den vorausgehenden Empfehlungen (Riedel et al. 2017) dargelegten Kompetenzen wiederum auf und weist diese den Kategorien des FQR zu. Darauf basierend erfolgt die Operationalisierung entsprechender Kompetenzniveaus. Diese Darlegung soll – an allen Lernorten – der Identifikation von konstitutiven Lerngegenständen dienen und die konkrete Curriculumentwicklung fundieren. In der tabellarischen Darstellung erfolgt die Operationalisierung entsprechender Kompetenzniveaus orientiert an dem jeweiligen Level beruflicher oder hochschulischer Bildung. Dem Duktus des Pflegeberufegesetzes folgend, wurde für die Pflegefachkraft in der Primärqualifikation ein Aufgabenprofil inklusive Vorbehaltsaufgaben und resultierende Anforderungen zugrunde gelegt, das unabhängig von dem gewählten Ausbildungsweg (berufliche Ausbildung oder Studium) gilt (PflBRefG § 5, § 37(5)). Für diesen Bereich werden die Teilkompetenzen einer gemeinsamen Kategorie zugeordnet. Da aufgrund der spezifischen wissenschaftlichen Qualifikation der Hochschulabsolvent(inn)en weitergehende spezifische Aufgaben zugewiesen werden (PflBRefG § 37), ergeben sich auch unterschiedliche Verantwortungsbereiche, die in ethischer Perspektive relevant werden können. Die daraus resultierenden ethischen Kompetenzprofile werden demzufolge in getrennten Kategorien dargelegt. Die Vorschläge, die das Masterniveau betreffen, sind – anders als bei Hülsken-Giesler und Korporal – nicht ausschließlich auf das Pflegemanagement oder pflegepädagogische Studiengänge bezogen. Sie wurden ausschließlich mit Hinblick auf Studiengänge entwickelt, die die Pflegeexpertise in der direkten Patientenversorgung adressieren, in erster Linie ANP-Studiengänge. Weniger im Sinne der Zuordnung als im Sinne einer Vergewisserung finden sich in der letzten Zeile einer Kompetenzkategorie jeweils die zuweisbare Forderung aus der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung. Dadurch wird deutlich, dass die darin formulierten und geforderten Kompetenzen genuiner Gegenstand der vorgelegten Ausdifferenzierungen sind. Tab. 1 verdeutlicht exemplarisch, wie die ethischen Kompetenzen gemäß den unterschiedlichen Verantwortungsebenen und -bereichen den Qualifikationsniveaus zugeordnet werden. Die Gesamttabelle ist als elektronisches Zusatzmaterial online abrufbar.

Tab. 1 Ausschnitt/exemplarische Darlegungen aus der Gesamttabelle „Empfehlungen für ethische Kompetenzen auf den unterschiedlichen Qualifikationsebenen“

Effekte der Ethikkompetenzentwicklung

Bereits pointiert wurde, dass die Ethikkompetenzentwicklung in der pflegeberuflichen Qualifizierung bedeutsam ist, um den zunehmend komplexeren Anforderungen an professionelles Pflegehandeln gerecht werden zu können. Nachfolgend soll der Zusammenhang und die Wechselseitigkeit der Entwicklung ethischer Kompetenzen und die Bedeutsamkeit elementarer Rahmenbedingungen in der pflegeberuflichen Praxis entfaltet werden. Denn: Erworbene ethische Kompetenzen fordern in der Praxis entsprechende Räume der ethischen Reflexion, um sicherzustellen, dass erworbene ethische Kompetenzen sich positiv auf die zu Pflegenden, die Versorgungsqualität und die Pflegenden selbst, ihre Berufszufriedenheit und Verweildauer im Beruf auswirken.

So sind unseres Erachtens ethische Kompetenzen essentiell, um einerseits Wertekonflikte und andererseits Grenzen ethischen Handelns bewusst wahrnehmen, situativ konkretisieren und benennen zu können (vgl. auch Lechasseur et al. 2018; Holtz et al. 2017; Kulju et al. 2016). Denn: Kommt die Pflegekraft im Kontext pflegerischen Handelns wiederholt zu der Erkenntnis, dass die für sie ethisch gute bzw. moralisch richtige Handlung in spezifischen pflegerischen Kontexten bzw. Situationen nicht realisierbar ist, kann sich sukzessive „moral distress“ entwickeln. Es baut sich ein „Gefühl der Hilflosigkeit“ auf, wenn die Pflegekraft „ihre beruflichen und persönlichen Werte nicht mehr einhalten kann“ (SBK und ASI 2018, S. 2). „Moral distress“ charakterisiert eine (belastende) Erfahrung der Pflegenden, die die Orientierung an situativ bedeutsamen, (professionell-)ethischen Werten als gefährdet einordnet oder als unerfüllbar erfährt, was zusammenfassend auch als „disjuncture between moral choice and moral action“ beschrieben wird (Musto et al. 2015, S. 92). In den letzten Jahren lassen sich vermehrt Studien (z. B. Ko et al. 2018; Burston und Tucket 2012; Varcoe et al. 2012) und Reviews (z. B Morley et al. 2017; Lamiani et al. 2017; Schaefer et al. 2016; McCarthy und Gastmans 2015; Oh und Gastmans 2015) zu diesem komplexen Phänomen (Hamric 2012; Whitehead et al. 2015; Morley 2016; Campbell et al. 2018) finden, was auf die Bedeutsamkeit der Thematik verweist – nicht nur für Pflegefachkräfte (Roger et al. 2018). So formulieren Barlem und Ramos (2015, S. 608): „Nursing literature has characterized moral distress as one of the main ethical problems affecting nurses in all health systems“. Zugleich liegen zwischenzeitlich Erkenntnisse vor, dass moral distress langfristig zum Berufsausstieg führen kann und ferner Einfluss auf die Qualität der Versorgung nimmt (Abbasi et al. 2018; Heinze et al. 2017; Rathert et al. 2016; Oh und Gastmans 2015; McCarthy und Gastmans 2015). Demzufolge erscheint es obligat, das Phänomen im Rahmen der Ethikkompetenzentwicklung zu antizipieren.

Im Rahmen der Lehre nennt Gallagher (2006, S. 224–225) folgende Herausforderungen, die es im Rahmen der Entwicklung von ethischen Kompetenzen pädagogisch-didaktisch zu antizipieren und reflektierend aufzugreifen gilt: „moral blindness, moral complacency and moral distress“. Es wird deutlich: Ethische Kompetenzentwicklung greift einerseits den „moral distress“ der Lernenden auf, der z. B. im Ausbildungsverlauf/im Studium angesichts einzelner Erfahrungen am Lernort Praxis resultieren kann, zum anderen ist es die Intention der Ethikkompetenzentwicklung dem „moral distress“ etwas entgegenzusetzen, so dass dieser einerseits seitens der Pflegenden als solcher identifiziert wird und andererseits entsprechende Interventionen eingefordert werden können. Hier ist neben dem Lernort Schule auch der Lernort Praxis gefordert, entsprechend entlastende Angebote vorzuhalten (z. B. ethische Fallbesprechungen) (vgl. de Brito und de Rosa 2017). In einem Beitrag, der Ethikkompetenz für die pflegeberufliche Qualifizierung konturiert, erscheint uns demzufolge die Bezugnahme auf dieses Phänomen geboten.

Zwei für die Pflege und im Rahmen der pflegeberuflichen Bildung relevante Definitionen sollen an dieser Stelle exemplarisch ausgeführt werden. In den Pflegediagnosen der NANDA (2016) wird „moral distress“, als „Reaktion auf die Unfähigkeit, die gewählte ethisch-moralische Entscheidung/Handlung auszuführen“ definiert (NANDA 2016, S. 401). Diese Eckpunkte spiegelt auch die pflegeberuflich bedeutsame Definition der ANA wider, die „moral distress“ wie folgt pointiert: „Moral distress is defined as the pain or anguish in response to a situation in which a nurse (1) recognizes an ethical problem, (2) realizes the professional obligation to take action to address that problem, and (3) considers the ethically correct action to take. (…) While any healthcare professional can experience moral distress, nurses more commonly encounter it in the course of their clinical practice due to the amount of time spent at the bedside caring for patients and families“ (ANA 2015, S. 4–5; vgl. ANA 2017, S. 4). Deutlich wird in dieser Definition das prominente Potenzial bzw. die Vulnerabilität der Pflegenden für „moral distress“.

Bedeutsam sind ethische Kompetenzen demzufolge zunächst für ethisch fundiertes und ethisch begründetes Pflegehandeln im Sinne des pflegebedürftigen Menschen. Zugleich haben sie ihre Bedeutung für die Pflegenden selbst, die situativ und nachhaltig befähigt werden sollen, auch für sich persönlich Entlastung von moralischem Stress zu erwirken, indem sie Gestaltungskompetenzen für zufriedenstellende Konfliktlösungen erwerben. Das hat Konsequenzen bis hinein in den Bereich der Entwicklung von Kompetenzen, die einen Verbleib im Beruf fördern bzw. einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Beruf verhindern können. Obgleich das Konzept des „moral distress“/moralischen Stress kontrovers diskutiert wird, auch hinsichtlich seiner theoretischen Fundierung (Barlem und Ramos 2015), ermöglicht es, dennoch die Relevanz ethischer Kompetenz professionell Pflegender auch für deren eigene Bewältigung moralisch herausfordernder Situationen zu akzentuieren. Die Bedeutsamkeit des Phänomens im Kontext pflegeberuflicher Bildung und der Entwicklung einer Ethikkompetenz wird nachfolgend dargelegt.

Die erheblichen Auswirkungen von „moral distress“/moralischem Stress sowohl auf die Pflegenden (Davis et al. 2018; Musto und Rodney 2018; Austin et al. 2017; Tanner et al. 2014) wie auch auf die Pflegequalität (Davis et al. 2018; Grady et al. 2018; Rennó et al. 2016), unterstreicht indes die Bedeutsamkeit der Ethikkompetenzentwicklung in der pflegebezogenen Qualifikation, einerseits um den „moral distress“ als solchen zu identifizieren, auslösende Faktoren zu erkennen und eigene Grenzen wahrzunehmen und andererseits um unterstützende Maßnahmen zur Bewältigung gezielt einfordern zu können. Denn: Die Auswirkungen auf die Pflegenden sind vielfältig. Sie erleben eine starke emotionale Belastung und Erschöpfung, die bis hin zu Burn-out-Syndromen führen kann. Schuldgefühle, Machtlosigkeit, Verbitterung und Frustration werden in Verbindung mit „moral distress“ gebracht (Tanner et al. 2014; Rathert et al. 2016). Hinzu kommen physische und emotionale Distanz (Pauly et al. 2012; McCarthy und Gastmans 2015). So formulieren Pauly et al. in einem Übersichtsartikel: „Moral distress has implications for satisfaction, recruitment and retention of health care providers and implications for the delivery of safe and competent quality patient care“ (Pauly et al. 2012, S. 1). Sie pointieren die (situativ erfassbaren) Konsequenzen für die professionell Pflegenden und konstatieren mögliche (nachhaltige) Qualitätseinbußen in der direkten Versorgung. Bereits im Rahmen der pflegeberuflichen Qualifizierung kann „moral distress“ zum Abbruch der Ausbildung/des Studium führen und bedarf einer besonderen Aufmerksamkeit seitens der Lehrenden an allen Lernorten. Ferner erfordert die Ethikkompetenzentwicklung in ihrer Komplexität – sowohl hinsichtlich der zukünftigen Pflegenden, der Pflegequalität wie auch angesichts der pflegebedürftigen Menschen – eine ausgewogene Balance zwischen der Entwicklung einer „moral sensitivity“/„ethical sensitivity“ (vgl. Milliken 2018; vgl. Ohnishi et al. 2018; vgl. Milliken und Grace 2017, S. 521; vgl. Monteverde und Defilippis 2018; vgl. Amiri et al. 2018; vgl. Gallagher 2006) und der Stärkung der ethischen Reflexions- und Handlungsfähigkeit.

Wichtig erscheint uns, ergänzend darauf hinzuwiesen, dass ein hohes Maß an „ethical sensibility“ – bei fehlenden unterstützenden Rahmenbedingungen (ANA 2017) dazu führen kann, dass konflikthafte Situationen und (belastende) Wertekonflikte als solche zwar identifiziert aber nicht konstruktiv bearbeitet werden können. Das heißt in der Konsequenz: Ethikkompetenzentwicklung (an allen Lernorten) erfordert parallel jeweils eine Ethikkultur und Strukturen, um konstruktiv und systematisch auf die im Pflegehandeln auftretenden moralischen Ungewissheiten methodisch reagieren zu können und damit der belastenden psychologischen Reaktion des moralischen Stresses entgegenwirken zu können. Dieser Zusammenhang und die sich hieraus ableitende Anforderung an die Ethikkompetenzentwicklung bildet sich auf den Ebenen ethischer Kompetenz – vom Wahrnehmen über die Kognition, das Verstehen, Planen, Umsetzen, Reflektieren und Evaluieren – in der dem Beitrag hinterlegten Tabelle auf den unterschiedlichen Niveaus ab.

Für die pflegeberuflichen Bildungsprozesse lässt sich hinsichtlich der eingangs benannten Wechselseitigkeit zusammenfassend konstatieren, dass es substantiell ist, die systematische Ethikkompetenzentwicklung einerseits an der sukzessiven Vertiefung der grundlegenden moralischen Sensibilität auszurichten und parallel eine moralische Resilienz wie auch eine methodische Kompetenz ethischer Reflexions- und Handlungsfähigkeit anzubahnen (Lachmann 2016; Christen und Katsarov 2016; Monteverde 2014, 2016; Hylton Rushton et al. 2017; ANA 2017). Demnach wird Resilienz (erst) möglich, wenn dem potenziellen „moral distress“ aktiv begegnet und er auf verschiedenen Ebenen bearbeitet werden kann – im Sinne von: „Transforming Moral Distress into Moral Resiliency“ (ANA 2017, S. 4). Das heißt in der Folge für die Entwicklung ethischer Kompetenzen: Wer „moral/ethical sensitivity“ fördert und entwickelt, muss parallel auch die „moral resilience“ stärken, um dem „moral distress“ präventiv etwas entgegenzusetzen. Oder anders formuliert: Wer für moralische Mindestanforderungen im pflegeberuflichen Handeln sensibilisiert, ist zugleich aufgefordert, die Möglichkeiten einer systematischen ethischen Reflexion und Abwägung zu vermitteln. Damit kann die Handlungsfähigkeit im Sinne ethisch begründeten Pflegehandelns erhalten und gestützt werden, moralischem Stress in Situationen der Ungewissheit wird zugleich präventiv begegnet.

Ausblick

Im Rahmen der pflegeberuflichen Qualifizierung sind auch die zu entwickelnden ethischen Kompetenzen in einer Weise zu operationalisieren und zu präzisieren, die für die anstehenden Lehrplanentwicklungen wie auch für die ausstehenden curricularen Entwicklungsprozesse nutzbar sind. Die Autorinnen verstehen die an den verschiedenen Qualifikationsniveaus ausgerichtete Tabelle als einen ersten Vorschlag und Beitrag zu diesen Prozessen.

Ethikkompetenzentwicklung muss an allen Lernorten stattfinden, Anleitung, Begleitung und ethische Reflexion umfassen. In der Konsequenz ist die Förderung ethischer Kompetenzentwicklung zukünftig institutionell zu verorten (Poikkeus et al. 2018; Dehnbostel 2018; de Brito und de Rosa 2017). Evident ist ferner, dass Ethikkompetenzentwicklung als genuiner Gegenstand der Qualifizierung von Praxisanleiter/-innen und Praxisbegleiter/-innen signifikant und folglich in die Weiterbildungskonzeption zu integrieren ist. Nur so kann langfristig die professionell, politisch und gesellschaftlich geforderte Ethikkompetenzentwicklung sichergestellt werden, so dass pflegeprofessionelle Entscheidungen stets auch ethisch fundierte und ethisch gut begründete Entscheidungen sind (Riedel und Giese 2018; Remmers 2018; Giese 2018; Chinn und Kramer 2015, S. 91), die direkten Einfluss auf die Versorgungsqualität der Patient(inn)en hat, wie auch auf die Berufsbefähigung und Berufszufriedenheit der Pflegenden.