Die Haut ist das Organ, an dem Vaskulitiden nicht nur häufig zum ersten Mal sichtbar oder klinisch manifest werden, sondern das am häufigsten von Vaskulitiden betroffen wird. Art und Verteilung der Effloreszenzen können viel über die Form der Vaskulitis verraten.

Im Verlauf dieses Beitrages wird deutlich werden, dass

  • subkutane und erythematöse Knoten, die teilweise ulzerieren und von einer sog. Livedo racemosa umgeben sind, einen dringenden Hinweis auf eine (kutane) Polyarteritis nodosa (PAN) liefern (Abb. 1);

  • eine palpable Purpura mit Prädilektion für die Unterschenkel, die in schweren Fällen zu hämorrhagischen Blasen oder Nekrosen fortschreitet, aber sonst keine weiteren Effloreszenzen (Knoten, Livedo) zeitigt, nahezu pathognomonisch für eine Immunkomplexvaskulitis ist (Abb. 2);

  • hämorrhagische Papeln an den Unterschenkeln und Nekrosen, die an den Akren nach Abkühlung auftreten, Ausdruck einer kryoglobulinämischen Vaskulitis sind;

  • hämorrhagische flache Papeln und Makulae, die bei auffiebernden Patienten bei beeinträchtigtem Allgemeinzustand erscheinen, hochverdächtig auf eine septische Vaskulitis sind;

  • subkutane, teilweise ulzerierende Knoten an den dorsalen Unterschenkeln auf eine noduläre Vaskulitis hindeuten und

  • die gleichzeitige Anwesenheit von ulzerierten Knoten und hämorrhagischen Papeln ohne klare Bevorzugung der Unterschenkel dringend den Verdacht auf eine ANCA-assoziierte Vaskulitis lenken muss (Abb. 3, [16]).

Abb. 1
figure 1

Kutane Panarteritis nodosa mit Livedo racemosa

Abb. 2
figure 2

Palpable Purpura bei Immunkomplexvaskulitis

Abb. 3
figure 3

Papeln und Noduli mit z. T. hämorrhagischen Blasen bei granulomatöser Polyangiitis

Die genannten kutanen Manifestationen der verschiedenen Vaskulitiden erklären sich maßgeblich aus Kaliber oder Größe und Lokalisation der hauptsächlich betroffenen Gefäße:

  • Eine Vaskulitis der postkapillaren Venolen zerstört leicht die dünnen Wände und zieht Einblutungen in die durch das Infiltrat hervorgerufenen Papeln nach sich; daraus ergibt sich das Bild der palpablen Purpura (Abb. 2).

  • Bei der Vaskulitis im Rahmen einer Sepsis sind vor allem Kapillare befallen. Sie thrombosieren schnell im Rahmen der Entzündung und begleitenden intravasalen Gerinnung, sodass es zu hämorrhagischen Nekrosen in flachen Papeln oder Makulae kommt.

  • Bei Vaskulitiden der Arteriolen und vor allem der kleinkalibrigen Arterien und Venen im subkutanen Gefäßplexus erscheint das intramurale und perivaskuläre Infiltrat eher als Knoten denn als Papel. Ab dieser Gefäßgröße führt das Infiltrat in der Gefäßwand nicht zu deren vollkommener Zerstörung mit Blutaustritt, sondern zu einer Störung der antikoagulatorischen Funktion am Endothel, damit zu intravasalen Thrombosen mit Einengung oder gar Okklusion des Lumens und in deren Folge zu ischämischen Gewebenekrosen (Abb. 1).

  • Bei mittelgroßen viszeralen Arterien entstehen durch die entzündungsbedingte Schwächung der Gefäßwand Aneurysmen (z. B. die Aneurysmen an den Nierenarterien im Rahmen einer systemischen PAN), aber dies ist an den Gefäßen der Haut selten der Fall.

Ein wichtiges Symptom bei Vaskulitiden der Gefäße im tiefen Gefäßplexus ist die oben genannte Livedo racemosa, die von einer Livedo reticularis klinisch unterschieden wird [diese Unterscheidung spiegelt sich nicht in der angloamerikanischen Fachsprache wider, da es dort nur den Begriff „livedo (reticularis)“ gibt]. Während die Livedo reticularis (auch Marmorhaut genannt) regelmäßige, geschlossene Kreissegmente (wie die Maschen eines Netzes) auf einem größeren Hautareal (Extremitäten) bezeichnet, meint man mit Livedo racemosa ein Muster aus schmalen, ranken- oder blitzfigurenartig verlaufenden, rot-lividen Erythemen, die keine geschlossenen Segmente ergeben. Sie ist oft nur auf ein kleines Areal um den vaskulitischen Prozess begrenzt. Die rot-livide Farbe ergibt sich aus der niedrigen Sauerstoffsättigung des Hämoglobins, da sauerstoffarmes Blut durch die Haut bläulich erscheint. Die Livedo reticularis ist Folge einer eher harmlosen, vegetativen Störung, durch die es zu einer gleichmäßig verteilten Dilatation der betroffenen Gefäße an beiden Armen oder Beinen kommt. Die Gefäßerweiterung wird durch Kälteexposition verstärkt und durch Wärme besser. Bei der konstant vorliegenden Livedo racemosa hingegen ereignen sich in den betroffenen, meist kleineren Gefäßabschnitten Abbrüche des Blutstromes als Folge von Gefäßverschlüssen, die unregelmäßig über das Gefäßbett verteilt sind. Mögliche Ursachen sind eine Vaskulitis der kleinen Arterien (PAN; Abb. 1), aber auch eine subendotheliale Intimaproliferation (Sneddon-Syndrom) oder prokoagulatorische Gerinnungsstörungen in kutanen Gefäßen (Livedovaskulopathie).

Klassifikation und ergänzende dermatologische Aspekte

In ihrer revidierten Nomenklatur hat die Chapel Hill Consensus Conference (CHCC 2012; [5]) die Fortschritte im Verständnis der Vaskulitiden berücksichtigt und den Mängeln der bisherigen Definitionen Rechnung getragen [18]. Letztere sind im Rahmen einer gemeinsamen Arbeit von EULAR und ACR aufgezeigt worden sind [1]. Der Schwerpunkt der CHCC 2012 liegt auf den systemischen Vaskulitiden, und sie hat mehrere Aspekte berücksichtigt, die auch für die sich an der Haut abspielenden Vaskulitiden wichtig sind. So ist darin die Erfahrung eingeflossen, dass das typische klinische Bild der Immunkomplexvaskulitis (s. oben) sowohl bei einer schweren Vaskulitis mit Nierenbeteiligung auftritt (d. h. einer IgA1-Vaskulitis oder Purpura Schönlein-Henoch) als auch bei einer nur auf die Haut beschränkten Vaskulitis, in der die Immunkomplexe kein IgA1 enthalten.

Allerdings sind in der CHCC 2012 einige systemische Vaskulitiden unerwähnt geblieben (septische Vaskulitis, Erythema nodosum leprosum), und auch einige auf die Haut beschränkte, aber immerhin mit rheumatologischen oder internistischen Erkrankungen verknüpfte Vaskulitiden sind entweder nicht genannt (Erythema elevatum et diutinum) oder gar gestrichen worden (urtikarielle Vaskulitis ohne C1q-Antikörper). Ein Versuch, zwischen den Aspekten der Dermatologie und den Standpunkten der CHCC 2012 zu vermitteln, wird zurzeit von der EADV Task Force Vaskulitis und der amerikanischen Rheumatology Dermatology Society unternommen.

Wichtige Festlegungen der CHCC 2012, die auch Bedeutung für die sich an der Haut abspielenden Vaskulitiden haben, sind:

  • die Unterscheidung zwischen einer Vaskulitis, die durch direkte Infektion der Gefäßwand verursacht wird (an der Haut z. B. hämorrhagischer Herpes zoster oder Rickettsiosen), und einer Vaskulitis, die durch Reaktionen auf Infektionen bedingt ist, aber keine Infektion der Gefäßwand darstellt (z. B. eine kryoglobulinämische Vaskulitis im Rahmen der durch Hepatitis-C-Virus verursachten Immunkomplexe [5]);

  • die neue Kategorie „Single-organ vasculitis (SOV)“, welche die interdisziplinäre Verständigung erleichtern mag, auch wenn diese Kategorie cum grano salis zu sehen sein wird und fürs Erste meist einer Ausschlussdiagnostik bedarf; zu dieser Kategorie werden die kutane PAN und die kutane leukozytoklastische Angiitis (so die Bezeichnung der CHCC 2012) gezählt.

Vaskulitis der kleinen Gefäße

Immunkomplexvaskulitiden

Hierzu zählen

  • die IgA-Vaskulitis (ehemals Purpura Schönlein-Henoch),

  • die kutane leukozytoklastische Vaskulitis durch (Non-IgA-)Immunkomplexe (kein Begriff der CHCC 2012, aber enthalten in deren Begriff kutane leukozytoklastische Angiitis, Vorschlag aus der zurzeit diskutierten Ergänzung zur CHCC 2012).

Die häufigste Form der Vaskulitis ist die Immunkomplexvaskulitis. Der hierfür oft synonym gebrauchte, histologische Begriff leukozytoklastische Vaskulitis (LcV) ist deskriptiv und nicht eindeutig genug, da die histologischen Zeichen einer LcV auch bei allen anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße zu sehen sind (z. B. bei urtikarieller Vaskulitis, ANCA-assoziierten Vaskulitiden).

Es gibt 2 Formen der genuinen Immunkomplexvaskulitis:

  • die IgA-Vaskulitis mit systemischer Beteiligung (bisheriger Begriff: Purpura Schönlein-Henoch) und

  • die offenbar auf die Haut beschränkte, kutane leukozytoklastische Vaskulitis (meist eine Immunkomplexvaskulitis ohne IgA-haltige Immunkomplexe; früher u. a. auch Hypersensitivitätsvaskulitis genannt).

An der Haut unterscheiden sich beide Formen klinisch kaum voneinander. Beiden ist als nahezu pathognomonisches Zeichen die palpable Purpura mit Betonung der Unterschenkel eigen (Abb. 2). Eine Ausdehnung auf Oberschenkel, Stamm und Arme ist möglich. Die klinischen Zeichen werden verursacht durch das perivaskuläre Infiltrat (Papel) und den Austritt von Erythrozyten aus den zerstörten dünnen Wänden der kleinen Gefäße (Einblutung → Purpura). In schweren Fällen entwickeln sich im Zentrum der Papeln hämorrhagische Blasen oder Nekrosen. Speziell bei der IgA-Vaskulitis sieht man oft auch netzartig konfluierende Purpurapapeln.

Das relativ gleichförmige Bild rührt daher, dass die Immunkomplexvaskulitiden sich in der Haut nahezu ausschließlich an den postkapillären Venolen abspielen. Sie werden ausgelöst, wenn Granulozyten am Ort ihrer Diapedese (d. h. an den postkapillären Venolen) auf Immunkomplexe treffen [14]. Große, sich an der Gefäßwand ablagernde Immunkomplexe kommen zustande, wenn Antigene (z. B. Infektionserreger, Medikamente) und entsprechende Antikörper in hohen und nahezu äquimolaren Konzentrationen aufeinandertreffen. Da die Ablagerung der Komplexe an den Gefäßwänden leichter geschieht, wenn der Blutstrom sich infolge erweiterter Gefäße verlangsamt, werden die Unterschenkel wegen der dort vorliegenden Stasis und Gefäßerweiterung bevorzugt befallen. Mit der Methode der direkten Immunfluoreszenz (DIF) lassen sich Immunglobulinablagerungen und aktiviertes Komplement in Gewebeproben nachweisen.

Immunkomplexvaskulitiden spielen sich in der Haut fast nur an den postkapillären Venolen ab

Es entspricht der klinischen Erfahrung und deutete sich in einer älteren Studie [10] an, dass die Anwesenheit von IgA in den perivaskulären Immunkomplexen eine systemische Beteiligung wahrscheinlicher macht als die Anwesenheit anderer Immunglobulinklassen. Vermutlich haben auch die Fälle mit negativer Immunfluoreszenz ein geringeres Risiko einer Systembeteiligung, weil IgA in der Regel länger an den Gefäßen persistiert als IgG oder IgM und eine negative Immunfluoreszenz somit eher zu erwarten wäre, wenn zuvor Immunkomplexe ohne IgA an den Gefäßen abgelagert waren.

Gute Verfahren, um den Nachweis der auslösenden Immunkomplexe – und somit auch der beteiligten Immunglobulinklassen – bei Patienten mit einer Immunkomplexvaskulitis zu erhöhen, sind

  • die Entnahme einer Biopsie für die Immunfluoreszenz nur aus frischen, neu entstandenen Effloreszenzen, also aus hellroten Makulae, statt aus livid roten oder gar bräunlichen Papeln, oder

  • die Entnahme einer Biopsie aus einer sog. Histaminquaddel; d. h., bei Patienten im akuten Schub einer Immunkomplexvaskulitis wird Histamin intrakutan injiziert (wie bei einer Intrakutantestung) und die vorher markierte Injektionsstelle binnen 1 h, also noch vor Erscheinen einer Effloreszenz, biopsiert: Infolge der durch Histamin verursachten Weitstellung lagern sich zirkulierende Immunkomplexe schnell an der Gefäßwand an [2].

Der Grund für die Nierenbeteiligung bei der IgA-Vaskulitis ist offenbar eine abnorme Glykolisierung im IgA1-Molekül (Gal-Nac-IgA), durch die wahrscheinlich Glykan-spezifische IgG-Antikörper induziert werden. Die daraus entstehenden Gal-Nac-IgA-haltigen Immunkomplexe können leichter an das renale Mesangium binden [3, 20, 21].

Vaskulitiden ohne IgA-haltige Immunkomplexe sind im Erwachsenenalter häufiger als die IgA Vaskulitis. Sie bleiben auch meist auf die Haut beschränkt, aber es kann nicht als gesichert gelten, dass sie nie eine Systembeteiligung auslösen. Vor allem bei SLE-Patienten mit kutaner Vaskulitis (und perivaskulärem IgG in der DIF) findet man bisweilen auch eine Lupus-Nephritis (mit renalen IgG-Ablagerungen), wobei nicht sicher ist, ob beide Organmanifestationen durch die gleichen Immunkomplexe ausgelöst wurden.

Das weitere diagnostische Vorgehen bei Immunkomplexvaskulitiden erfüllt 3 Aufgaben:

  • die Sicherung der Art und des Ausmaßes der Immunkomplexvaskulitis,

  • die Suche nach möglichen Ursachen und

  • den Ausschluss einer anderen Form der Vaskulitis kleiner Gefäße.

Aus klinischen Gründen gilt es zunächst, eine ANCA-assoziierte Vaskulitis und eine septische Vaskulitis auszuschließen (oft liegt dann eine merkliche Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes vor, übrige Symptome s. unten Tab. 1). Über eine Biopsie und die direkte Immunfluoreszenz sollte dann der Typ der Immunkomplexvaskulitis bestimmt werden (bei Kindern optional, da in der Regel eine IgA-Vaskulitis vorliegt, die aber meist ausheilt).

Tab. 1 Vorgehen bei Vaskulitis der kleinen Gefäße

Wenn perivaskuläre IgA-Ablagerungen entdeckt werden, dann sollten zur ersten Überprüfung eines systemischen Befalls z. B. 3-mal ein Urinstatus mit Sediment (Suche nach Erythrozytenzylindern oder dysmorphen Erythrozyten) und ein Hämokkult durchgeführt und bei Auffälligkeiten entsprechende weitere Maßnahmen eingeleitet werden. Bei Bauchschmerzen sollte eine Sonographie des Abdomens erfolgen. Außerdem sollte den Patienten eine altersentsprechende onkologische Vorsorgeuntersuchung empfohlen werden, da bei IgA-positiven Vaskulitiden bösartige Tumore etwas häufiger zu sein scheinen als bei altersentsprechenden Kontrollgruppen [11]. In den folgenden 6 Monaten sollten in größeren Abständen Kontrolluntersuchungen im Hinblick auf eine Systembeteiligung durchgeführt werden.

Wenn keine perivaskulären IgA-Ablagerungen entdeckt werden, dann sollte zwar ebenfalls ein systemischer Befall ausgeschlossen werden, oft reichen hierfür aber Anamnese, körperliche Untersuchung und ein Urinstatus mit Analyse des Sedimentes. Wenn kein pathologischer Befund vorliegt und die Vaskulitis an der Haut ausheilt, scheinen weitere Kontrolluntersuchungen nicht notwendig.

Die Eruierung möglicher Ursachen umfasst die anamnestische und diagnostische Erfassung von

  • Infektionen, vor allem Infekte der oberen Atemwege (einschließlich kolonisierender hämolytischer Streptokokken), Hepatitis B oder C, Infektion mit Parvovirus B19, Enteroviren;

  • Medikamenten [nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), Sulfonamide, Penizilline, Cephaclor, Diuretika wie Hydrochlorothiazid oder Furosemid, Allopurinol, Chinolone, Hydralazin, Methotrexat und Ovulationshemmer].

Die Therapien werden in diesem Beitrag nicht besprochen, wir verweisen auf entsprechende Übersichtsartikel (z. B. [15]).

Kryoglobulinämische Vaskulitis

Kryoglobuline Typ II und III sind Immunkomplexe und können daher Vaskulitiden auslösen. Ihnen ist zusätzlich eigen, dass sie bei Kälte gelieren und dadurch Gefäße verschließen. Dieser Effekt überwiegt und bestimmt die klinische Symptomatik. Bei länger andauernder Kälteexposition können daher schwere Nekrosen entstehen.

Urtikarielle Vaskulitis

Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, bei der histologisch eine leukozytoklastische Vaskulitis vorliegt, während klinisch vor allem Quaddeln auffallen. Man unterscheidet bislang die häufigere, aber prognostisch günstigere normokomplementämische urtikarielle Vaskulitis (NUV) von der selteneren, aber in den meisten Fällen mit Systembeteiligung einhergehenden hypokomplementämischen urtikariellen Vaskulitis (HUV). Viele Patienten mit HUV erfüllen die Kriterien eines systemischen Lupus erythematodes (SLE) bei Auftreten der Vaskulitis oder im weiteren Verlauf [23]. In der CHCC 2012 wird indes nur noch eine Sonderform anerkannt, die auf Deutsch Syndrom der hypokomplementämischen urtikariellen Vaskulitis (HUVS) genannt wird [23] und von der CHCC 2012 „hypocomplementemic urticarial vasculitis (leider auch mit der Abkürzung HUV) oder „anti-C1q vasculitis“ [5]. Sie besteht, wenn zusätzlich Antikörper gegen C1q vorliegen und wenn eine schwere Symptomatik mit Angioödemen, Entzündungen an den Augen wie Uveitis und schwerer, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung auftritt (nach unserer Erfahrung erleidet nicht jeder Patient mit einer HUV und mit Antikörpern gegen C1q die Komplikationen eines hypokomplementämischen Urtikaria-Vaskulitis-Syndroms).

Andererseits mag eine urtikarielle Vaskulitis in den letzten Jahren zu häufig diagnostiziert worden sein, nämlich oft dann, wenn perivaskulär viele Neutrophile mit Leukozytoklasie zu sehen waren. Für diesen histologischen Befund bei Vorliegen von Urtikae hat man heute die Begriffe neutrophilenreiche Urtikaria oder neutrophile urtikarielle Dermatose geprägt [6].

Zu fordern wäre für die Diagnose einer urtikariellen Vaskulitis, dass histologisch nicht nur eine Leukozytoklasie zu sehen ist, sondern auch die Zeichen eines Gefäßschadens (fibrinoide Nekrose, deutliche Erythrozytenextravasate) sowie klinisch die Zeichen eines zumindest petechialen Blutaustrittes, wie z. B. feine punktförmige Hämorrhagien in den Urtikae (ggf. durch Glasspateldruck sichtbar gemacht) und nachfolgende bräunliche Hyperpigmentierungen. Ungeklärt ist bislang, warum bei einer solchen vermeintlichen Immunkomplexvaskulitis klinisch die urtikarielle Komponente dominiert.

Vaskulitis in Verbindung mit Systemerkrankungen

Nicht selten tritt eine leukozytoklastische Vaskulitis der kleinen Gefäße bei Systemerkrankungen wie SLE, Sjögren-Syndrom oder rheumatoider Arthritis auf. Pathophysiologisch sind wahrscheinlich auch Immunkomplexe bedeutsam, aber der Verlauf weicht in Abhängigkeit von den Grunderkrankungen vom Bild der einfachen Immunkomplexvaskulitis ab.

So sind für die leukozytoklastische Vaskulitis im Rahmen eines Sjögren-Syndroms kaum tastbare, petechiale Papeln oder Makulae charakteristisch, die vor allem an den Unterschenkeln auftreten, typischerweise nach Alkoholgenuss und längerem Stehen („Vaskulitis nach Feiern“).

Bei der leukozytoklastischen Vaskulitis, die bei Rheumafaktor-positiver rheumatoider Vaskulitis erscheint, ist die palpable Purpura in der Regel nicht nur ausgeprägter als bei der herkömmlichen Immunkomplexvaskulitis, sondern geht typischerweise oft mit Befall auch der Finger und der Nagelfalze einher.

Eigentümlich ist im akuten Schub eines SLE, aber auch eines subakuten kutanen Lupus erythematodes (SCLE) das Auftreten kleiner schmerzhafter hämorrhagischer Knötchen an den Fingerspitzen, gepaart mit palmarer livedoartiger Zeichnung und manchmal kleinen, Atrophie-blanche-ähnlichen Herden. Hier mögen histologisch Zeichen einer LcV und einer Livedovaskulopathie zusammenkommen.

Bei Patienten mit Sarkoidose kann ebenfalls eine leukozytoklastische Vaskulitis schweren Ausmaßes auftreten.

Welche zusätzlichen Faktoren bei der Sarkoidose und bei den genannten Autoimmunerkrankungen im Bindegewebe für die andersartigen Verläufe der prinzipiell Immunkomplex-bedingten Vaskulitiden sorgen, ist nicht bekannt.

ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Während die Immunkomplexvaskulitiden sich nahezu ausschließlich an den postkapillären Venolen abspielen, befallen die ANCA-assoziierten Vaskulitiden auch die kleinen Gefäße (z. B. Arteriolen) der übrigen Dermis und mitunter auch des subkutanen Gefäßplexus. Histologisch können sie als rein leukozytoklastische Vaskulitis imponieren und sind in manchen Fällen für den Pathologen nicht unterscheidbar von Immunkomplexvaskulitiden. Doch infolge des Befalls zusätzlicher kleiner Gefäße und manchmal granulomatöser Infiltrate zeigen sie klinisch neben hämorrhagischen Papeln zusätzlich Knoten, hämorrhagische Blasen und größere Nekrosen (Abb. 3).

Die ANCA-assoziierten Vaskulitiden befallen auch die kleinen Gefäße

Da die ANCA-assoziierten Vaskulitiden nicht durch perivaskuläre Ablagerung von Immunkomplexen verursacht werden, fehlt die Prädilektion an den Unterschenkeln. Weitere kutane und z. T. mit kutaner Vaskulitis zusammenhängende Besonderheiten sind bei der granulomatösen Polyangiitis (GPA) die nekrotisierenden Ulzera an der Nasenschleimhaut und in der Mundhöhle oder bei der E-GPA eine allergische Rhinitis oder chronische Asthmaerkrankung, die der eosinophilenreichen, granulomatösen Entzündung und Vaskulitis der kleinen Gefäße vorausgehen.

In dieser Übersicht soll nicht auf Details der ANCA-assoziierten Vaskulitiden eingegangen werden, sondern auf die klinischen Erscheinungen der sich an der Haut abspielenden Vaskulitiden. Wichtig ist, dass der Allgemeinmediziner, der Dermatologe und natürlich auch der Rheumatologe bei Vorliegen einer kutanen Vaskulitis immer dann an eine ANCA-assoziierte Vaskulitis denken, wenn neben hämorrhagischen Papeln auch Knoten oder Ulzera auftreten und wenn zusätzliche weitere Symptomen vorliegen, wie z. B. ein schlechter Allgemeinzustand, Fieber, blutiges Nasensekret, Hämoptyse oder Eosinophilie im Blut und Gewebe.

Sekundäre, medikamenteninduzierte, ANCA-assoziierte Vaskulitiden

Im Gefolge einer Virusinfektion [meist mit Hepatitis C oder Zytomegalievirus (CMV)] oder von Medikamenteneinnahmen (Thyreostatika, Antirheumatika, Antibiotika, Antihypertensiva) können ANCA-positive Vaskulitiden auftreten, die klinisch ein MPA (mikroskopische Polyangiitis)-ähnliches Bild vorgeben, aber milder verlaufen und z. B. nach Absetzen des Medikamentes wieder zurückgehen.

Septische Vaskulitis

Während einer Bakteriämie oder Sepsis tritt an den Kapillaren eine Vaskulitis mit Leukozytoklasie auf, die zusätzlich mit intravasalen (Fibrin-)Thromben einhergeht und Teil einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) sein kann. Wahrscheinlich ist sie Folge der durch Bakterienprodukte (Lipopolysaccharide, Superantigene) und andere Faktoren unphysiologisch aktivierten, adhärierenden Leukozyten (im Tiermodell der Shwartzman-Reaktion entsprechend [17]).

Klinisch führen die Okklusion und Zerstörung der Kapillare zu akut auftretenden, hämorrhagischen Papeln und Ekchymosen sowie zu hämorrhagischen Nekrosen.

Der Verdacht auf septische Vaskulitis sollte auch aufkommen, wenn eine palpable Purpura mit schnell sich verschlechterndem Krankheitsverlauf auftritt, einhergehend mit Fieber, Blutdruckabfall, Tachykardie, allgemeinem Unwohlsein und Bewusstseinsveränderungen.

Die kutanen Symptome der bakteriellen Endokarditis, d. h. die schmerzhaften Osler-Knötchen an den Finger- oder Zehenendgliedern, die Janeway-Flecken an Palmae und Plantae, sowie Splitterblutungen und konjunktivale Petechien mögen histologisch als leukozytoklastische Vaskulitis erscheinen, gehen aber wohl eher auf bakterienhaltige Emboli zurück, die eine Entzündung am Gefäß entfachen.

Erythema elevatum et diutinum

Das Erythema elevatum et diutinum (EED) und das Granuloma eosinophilicum faciei stellen eine neutrophile Dermatose dar mit einer chronischen, rezidivierenden kutanen Vaskulitis (Abb. 4) und mit einer lokalen Fibrose. Sie sind oft mit Paraproteinämie [IgA > IgG; monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) oder gar Myelom] oder auch mit Autoimmunerkrankungen oder Infektionen (z. B. HIV) vergesellschaftet.

Abb. 4
figure 4

Erythema elevatum et diutinum

Erythema leprosum

Das sog. Erythema (nodosum) leprosum ist eine schwere Vaskulitis der kleinen Blutgefäße auf dem Boden einer multibazillären (lepromatösen) Lepra (der Begriff ist irreführend, da es kein Erythema nodosum ist). Es stellt eine sog. Leprareaktion dar und soll nach bisherigen Kenntnissen durch Immunkomplexe mit Bestandteilen von M. lepare [12], aber auch durch andere Faktoren (z. B. TNF-α; [19]) während und nach einer Lepratherapie hervorgerufen werden. Klinisch erscheinen rote, schmerzhafte, subkutane Papeln und Knoten, Fieber und eine systemische Mitbeteiligung der Nerven, Augen, Gelenke, Testes und Lymphknoten [8].

Es ist somit eine pathophysiologisch interessante Vaskulitis, die aber auf Patienten mit lepromatöser Lepra beschränkt bleibt.

Noduläre Vaskulitis

Die noduläre Vaskulitis umfasst eine Gruppe ätiologisch heterogener Vaskulitiden vor allem der kleinen Gefäße (postkapilläre Venolen) in den Lobuli des Fettgewebes. Sie ist somit verbunden mit einer lobulären Pannikulitis. Nur selten sind auch die kleinen oder mittelgroßen Gefäße in den Septen des Fettgewebes befallen [13]. Differenzialdiagnostisch stellt dagegen die PAN eine Vaskulitis der mittelgroßen Gefäße (Arterien) mit septaler Pannikulitis dar.

Klinisch erscheinen vor allem an den dorsalen Unterschenkeln Knoten im Fettgewebe, wegen der Entzündung oft von tiefroten Erythemen umgeben, und wegen der Vaskulitis oft nekrotisierend ulzerierend. Betroffen sind meist Frauen mittleren Alters, die neben chronisch venöser Insuffizienz auch an Lipödemen leiden und eine Livedo reticularis haben.

Es handelt sich wahrscheinlich um eine hypererge oder unbotmäßig ausgeprägte Entzündungsreaktion auf bakterielle Infektionserreger (im Falle von Mykobakterien wurde sie Erythema induratum Bazin genannt), Streptokokken, Candida oder M. leprae [9]. Eine direkte Infektion der Gefäßwände liegt nicht vor. Außerdem wird die noduläre Vaskulitis mit rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn, chronisch lymphatischer Leukämie, Hypothyreoidismus und Einnahme von Propylthiouracil in Verbindung gebracht [13]. Voraussetzung oder Auslöser scheint in vielen Fällen auch eine chronisch venöse Insuffizienz oder Kälte zu sein.

Vaskulitis der mittelgroßen Gefäße

Polyarteritis nodosa

Klassische, systemische Form

Die PAN ist die klassische nekrotisierende Vaskulitis der mittelgroßen Gefäße, d. h. der mittleren und kleinen Arterien, zu denen auch die Arterien in den Septen des Panniculus adiposus gezählt werden.

Sie geht im Gegensatz zu den Vaskulitiden der kleinen Gefäße – definitionsgemäß – nicht mit einer Glomerulonephritis einher. Außerdem fehlen ANCA. Dies ist ein wichtiges Kriterium, weil es offenbar vor allem an der Haut Gefäßabschnitte gibt, die sowohl bei ANCA-assoziierten Vaskulitiden als auch bei PAN betroffen sind. So sind bei systemischer PAN in Biopsien aus kutanen Läsionen auch befallene Gefäße aufgefallen, die kleiner als die septalen Arterien waren [4, 7]. Das mag auch der Grund sein, warum bei der systemischen PAN nicht nur die nahezu obligatorische Livedo racemosa und ulzerierte Knoten beschrieben wurden, sondern auch petechiale oder hämorrhagische Papeln oder Blasen, infarzierte Läsionen und sogar Urtikae [7]. Kutane Effloreszenzen erscheinen in ca. einem Drittel der Fälle einer systemischen PAN [4].

Die systemischen klinischen Manifestationen finden sich im Bereich des Abdomens (Abdominalkoliken, nekrotisierende Magen-Darm-Läsionen, Aneurysmata der Nierenarterie, Hypertonie), des zentralen und peripheren Nervensystems (Insulte als direkte Folge eines Gefäßverschlusses, Mononeuritis multiplex), an den Gelenken (Arthritis) und den Muskeln (Myositis). Weitere klinische Symptome sind eine dilatative Kardiomyopathie und Hodenschmerz (Epididymitis),

Kutane Polyarteritis nodosa

Die kutane Form der PAN weist die charakteristische Symptomatik auf aus Livedo racemosa und kleineren hellroten Knoten oder größeren livideren Knoten, die nicht selten ulzerieren (Abb. 1). Im Unterschied zur systemischen PAN treten Hämorrhagien und Blasen nicht auf. Indes können Arthralgien, Myalgien und mitunter auch eine sehr schmerzhafte Mononeuritis multiplex vorkommen, sie bleiben aber auf die von der PAN betroffenen Areale begrenzt.

Histologisch kennzeichnend ist hier der Befall einer einzelnen Arterie in der tiefen Dermis oder Subkutis, umgeben von einem akuten perivaskulären Infiltrat, aber ohne größeren Befall kleinerer Gefäße in der mittleren oder oberen Dermis [4].

Für die Diagnostik bedarf es einer genügend tiefen, die Subkutis einschließenden und bis zur Faszie reichenden Biopsie aus einem Knoten und dem inneren, nichtlividen Anteil der Livedozeichnung.

Im nächsten Schritt muss unterschieden werden, ob eine lokal begrenzte, kutane PAN oder eine klassische systemische PAN vorliegt. Dies geschieht z. B. über den angiographischen Nachweis von Aneurysmen im abdominellen Gefäßbett oder über die digitale Subtraktionsangiographie und die Magnetresonanztomographie (MRT).

Kawaski-Syndrom

Hierbei handelt es sich um eine akute, hochfieberhafte Erkrankung des Kleinkindesalters mit Schleimhautläsionen, Exanthem und schmerzhafter zervikaler Lymphadenopathie. Die Vaskulitis betrifft aber nicht die Haut, sondern die Koronararterien. An der Haut treten andere, nicht direkt durch eine Vaskulitis verursachte Effloreszenzen auf wie polymorphe Exantheme, Palmar- sowie Plantarerytheme mit anschließender Abschuppung, Schleimhautläsionen (Konjunktivitis, Lippenfissuren, Erdbeerzunge und Pharyngitis) sowie eine schmerzhafte zervikale, nichteitrige Lymphadenopathie. Ein weiteres Hautsymptom sind Querrillen an den Fingernägeln.

Vaskulitis der großen Gefäße

Riesenzellarteriitis

Das häufigste an der Haut bemerkbare Symptom ist die oft harte, druckschmerzhafte A. temporalis superficialis, oftmals an beiden Kopfhälften. In schweren Fällen treten als Folge der Minderversorgung ischämische Nekrosen an der Kopfhaut oder der Zunge auf (Zungengeschwüre). Sie sind ein Warnzeichen für weitere Komplikationen [22].

Die Histologie ist der Goldstandard für die Sicherung der Diagnose und ergibt eine granulomatös infiltrierte Gefäßwand.

Die typischen mehrkernigen Riesenzellen sind unregelmäßig verteilt, sodass ihr Nachweis nicht zwingend ist. Eine Gewebeprobe ist aber nur dann gerechtfertigt und sinnvoll, wenn die Diagnose nicht im Ultraschall (über beiden Aa. temporales der charakteristische Befund des typischen „Halo-Zeichens“) oder im hochauflösenden „nuclear magnetic resonance“ (NMR; Entzündung in den Wänden der kranialen Arterien, Kaliberschwankungen) gestellt werden konnte.

Takayasu-Arteriitis

Die Takayasu-Arteriitis (TA) ist eine chronisch entzündliche, granulomatöse Erkrankung der Aorta und der großen, von ihr abgehenden Äste. Sie offenbart daher an der Haut keine direkten Zeichen einer Vaskulitis, aber verursacht bisweilen indirekt Symptome, wie z. B. ein Raynaud-Phänomen.

Vaskulitis unterschiedlicher Gefäßgrößen

Morbus Behçet

Beim Morbus Behçet treten Vaskulitiden an Gefäßen verschiedener Größe auf. Es können kleine, mittelgroße oder große Gefäße darunter sein. Dieser Umstand bestimmt das vielgestaltige klinische Erscheinungsbild, das von Papulopusteln (auch im Pathergie-Test) zu arteriellen Aneurysmen reicht, und zusammen mit anderen pathophysiologischen Faktoren das Entstehen von Thromboangiitiden, Thrombophlebitiden und im weiteren Sinn auch das Auftreten oraler und genitaler Aphthen.

Fazit für die Praxis

  • Die Haut ist das Organ, das am häufigsten von Vaskulitiden betroffen wird. Art und Verteilung der Effloreszenzen können viel über die Form der Vaskulitis verraten. Sie können mit etwas Übung unterschieden werden.

  • Die häufigste Gruppe ist die Vaskulitis der kleinen Gefäße. Hier ist eine palpable Purpura mit Prädilektion für die Unterschenkel typisch für eine Immunkomplexvaskulitis. Zur Sicherheit sollten zuvor eine septische und ANCA-assoziierte Vaskulitis anhand der entsprechenden Symptome ausgeschlossen werden. Für die wichtige Unterscheidung zwischen einer kutan begrenzten und einer systemischen Immunkomplexvaskulitis ist die DIF hilfreich; sie kann Hinweise auf eine IgA-Vaskulitis liefern. Der histologische Begriff leukozytoklastische Vaskulitis trifft hingegen auf alle Vaskulitiden der kleinen Gefäße zu.

  • Die Diagnostik muss den genauen Typ der Vaskulitis erfassen, ihre evtl. systemische Ausbreitung und die möglichen Ursachen.