Methotrexat (MTX) ist das wichtigste „First-line“-, krankheitsmodifizierende Basistherapeutikum („disease modifying anti-rheumatic drug“, DMARD) für die rheumatoide Arthritis (RA). Für diese Indikation wird MTX als „Low-dose“-Applikation einmal wöchentlich in einer Dosis von 7,5 – maximal 30 mg s.c. oder oral (selten i.v. oder i.m.) – verabreicht. Im Gegensatz dazu kommen in der Onkologie wesentlich höhere Dosen (Hochdosistherapie) von bis zu 12 g wöchentlich zur Anwendung. Nebenwirkungen des MTX werden in aller Regel dosisabhängig beobachtet, darunter auch eine potenzielle Nephrotoxizität. Als behandelnder Arzt möchte man Patienten mit erhöhtem Risiko für Nephrotoxizität identifizieren und überwachen können. Die vorliegende Zusammenfassung legt Fakten dar, die den Zusammenhang von MTX und Nephrotoxizität erklären und bei der Therapieentscheidung eine Hilfe sein können.

Fakt 1

Als Analogon der Folsäure inhibiert MTX verschiedene folsäureabhängige Enzyme, darunter die Dihydrofolatreduktase (DHFR) kompetitiv und reversibel. Damit wird die Synthese von Tetrahydrofolsäure verhindert und der von ihr normalerweise bewirkte Transfer von C1-Einheiten auf Pyrimidin- und Purinbasen blockiert. Für die immunmodulierende Wirkung in der Therapie der RA scheint ein anderer Mechanismus eine Rolle zu spielen, nämlich die Induktion von Adenosin durch Hemmung einer folsäureabhängigen Transformilase. Die dadurch bedingte extrazelluläre Akkumulation von Adenosin hemmt über spezifische Rezeptoren die Rekrutierung von neutrophilen Granulozyten und die Produktion proinflammatorischer Zytokine. Weitere Mechanismen, die u. a. die Aktivierung von B- und T-Zellen beinhalten, werden ebenso diskutiert.

Fakt 2

Toxische Nebenwirkungen von MTX sind von der Höhe der Dosis und der gleichzeitigen Gabe anderer, v. a. um denselben Ausscheidungsmechanismus konkurrierender Medikamente wie z. B. nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) abhängig. Eine potenziell lebensbedrohliche Schädigung der Nieren, Leber oder Lungen und eine Knochenmarksuppression können insbesondere bei hohen Dosierungen der MTX-Gabe auftreten. Patienten mit RA, die mit MTX behandelt werden, brachen in 10–18% der Fälle die Therapie wegen Nebenwirkungen ab [1], in der zitierten Studie allerdings nicht wegen renaler Ereignisse.

Fakt 3

Methotrexat wird bis zu 80–90% unverändert und hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Jede Verschlechterung der glomerulären Filtrationsrate (GFR), also der Nierenfunktion, kann zu erhöhten MTX-Serum-Spiegeln führen und damit die Toxizität steigern. Methotrexat wird glomerulär filtriert und dann sowohl durch Sekretions- als auch Absorptionsprozesse im Tubulussystem weiter verarbeitet. Pharmakokinetische Untersuchungen sind interessanterweise selbst bei Patienten mit normaler Nieren- und Leberfunktion variabel und schwer einschätzbar. Allerdings wurde auch eine positive Korrelation zwischen der Clearance von Methotrexat und der Kreatinin-Clearance gefunden [2].

Fakt 4

Im Rahmen einer RA kann es zu verschiedenen Nierenerkrankungen kommen. Eine chronische Nierenfunktionseinschränkung wird bei 5–50% der Patienten mit RA in verschiedenen Serien beschrieben [3]. In der „Methotrexate and Renal Insufficiency Study (MATRIX)“ von 2008 hatten von 129 Patienten 20% eine errechnete glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) von 60–89 ml/min und 15% eine eGFR von 30–59 ml/min [4]. Eine chronische Nierenfunktionseinschränkung kann auf Nierenerkrankungen zurückgeführt werden, die mit der RA assoziiert sind (z. B. mesangioproliferative Glomerulonephritis) oder anderen Ätiologien und Komorbiditäten wie z. B. diabetischer oder hypertensiver Nephropathie zuzuordnen sind. Vor Beginn der Therapie mit MTX und anderen Basistherapeutika sollte die Nierenfunktion des Patienten bekannt sein. Die Vorgeschichte eines Patienten einschließlich der Medikamentenanamnese und des Ausmaßes der Komorbiditäten kann helfen, die unterschiedlichen Ursachen einer Nierenfunktionsstörung zu identifizieren. Proteinurie und Hämaturie deuten auf eine glomeruläre Erkrankung hin. Gegebenenfalls sollte ein Nephrologe konsultiert werden, um zu entscheiden, ob eine Nierenbiopsie zur genaueren histopathologischen Einordnung der Diagnose notwendig ist. Die Liste der möglichen Differenzialdiagnosen ist relativ lang. Sie reicht von membranöser Glomerulopathie, sekundärer AA-Amyloidose über fokal proliferative oder nekrotisierende Glomerulonephritis bis hin zur Analgetikanephropathie. Auch Nebenwirkungen von zur Therapie der RA applizierten Pharmaka (z. B. interstitielle Nephritis nach NSAR, membranöse Glomerulonephritis nach Gold- oder D-Penicillamin-Gabe) müssen berücksichtigt werden.

Nephrotoxizität bei hohen MTX-Dosen kann durch den Ausfall von MTX-Kristallen in den Nieren und direkten Tubulusschaden entstehen. Die konsekutive akute Tubulusnekrose führt zum akuten Nierenversagen. Das Ausmaß der Nierenschädigung ist bei dehydrierten Patienten, die einen „sauren Urin“ (Urin-pH-Wert <7) haben, erhöht, da MTX in saurem Urin schlecht löslich ist. Daher werden Patienten, denen hohe MTX-Dosen verabreicht werden, vorher gut hydriert, und der Urin wird alkalisiert. Dieses durch MTX induzierte akute Nierenversagen (AVN) ist typischerweise nichtoligurisch und kann konsekutiv zu erhöhten MTX-Serum-Spiegeln führen. Die Effektivität der Alkalisierung nach Auftreten eines AVN ist nicht belegt. Einsatz von Dialyse, Hämoperfusion oder Plasmaaustausch ist nicht immer hilfreich, da MTX an Proteine gebunden ist und ein relativ großes extravaskuläres Verteilungsvolumen aufweist, was die Effektivität der genannten Verfahren einschränkt. In den meisten Fällen ist das ANV reversibel. Die Nierenfunktion hat das Ausgangsniveau oft nach einer bis 3 Wochen wieder erreicht.

Kann Methotrexat bei niedrigen Dosen nephrotoxisch wirken?

Einzelne Fallbeschreibungen und auch systematische Untersuchungen in kleinen Kohorten beschreiben das nephrotoxische Potenzial von niedrig dosiertem MTX im Rahmen von Assoziationsstudien [5, 6, 7]. Der Mechanismus der Nephrotoxizität durch MTX wird allerdings nicht eindeutig beschrieben. Die Hersteller von MTX empfehlen aber eine Dosisanpassung entsprechend der GFR. Liegt die eGFR [z. B. nach der Modification-of-Diet-in-Renal-Disease(MDRD)-Formel] zwischen 30 und 60 ml/min, wird eine MTX-Dosisreduktion auf 30–50% empfohlen; von einer MTX-Gabe bei einer eGFR <30 ml/min wird abgeraten.

Die Pathogenese der Nephrotoxizität von niedrig dosiertem MTX ist nicht völlig geklärt. Kristallbildungen von MTX in den Nieren können einen direkten tubulären Schaden verursachen. Die Infiltration von neutrophilen Granulozyten und oxidativer Stress werden zusätzlich in Tiermodellen bei niedriger MTX-Dosierung beschrieben [8, 9, 10]. Neben einer direkten Tubulusschädigung muss auch immer an die Potenzierung der Nephrotoxizität durch andere Medikamente gedacht werden, die die Exkretion von MTX beeinflussen. Beispiele sind Medikamente wie Probenecid, Salicylate, Penicilline und NSAR. Insbesondere NSAR beeinflussen die renale Ausscheidung von MTX bei Dosen von über 7,5 mg/Woche [11, 12]. In der Praxis zeigt sich, dass eine Nierenfunktionsverschlechterung unter MTX in der Regel nicht auf eine direkte MTX-Toxizität zurückzuführen ist, sondern v. a. die Begleitumstände in Augenschein genommen werden müssen. Eine gründliche Untersuchung sollte andere prärenale [Hypotension, Dehydrierung, NSAR, Angiotensinkonversionsenzym(ACE)-Hemmer], renale (andere toxische Medikamente wie Gentamicin, akute interstitielle Nephritis oder Glomerulonephritis) oder auch postrenale Ursachen (obstruktive Uropathie) einer Nierenfunktionsverschlechterung ausschließen. Nichtsdestotrotz muss das MTX bis zur Klärung und Normalisierung der Nierenfunktion auf Ausgangsniveau umgehend pausiert werden. Fakt ist, dass Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion die höchste Rate von MTX-assoziierter Toxizität aufweisen und ein höheres Risiko für respiratorische Probleme, verglichen mit Patienten mit normaler Nierenfunktion, haben. Das Risiko, eine toxische Schädigung zu entwickeln, ist vierfach erhöht bei Patienten mit Niereninsuffizienz [13]. Diese Daten stammen aus einer Metaanalyse von 11 Studien mit über 496 Patienten, die MTX zur Behandlung ihrer RA erhielten.

Zu bedenken ist weiterhin, dass eine Nierenfunktionsverschlechterung meist zunächst klinisch inapparent verläuft und nur durch regelmäßige Laborkontrollen detektierbar ist. Dies ist essenziell, um eine MTX-Kumulation aufgrund von zunehmend eingeschränkter renaler MTX-Elimination zu vermeiden.

Entsprechend der oben genannten Richtlinien zum nierenfunktionsadaptierten Einsatz von MTX gibt es nur wenige Untersuchungen von Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz. Fallberichte beschreiben schwere Nebenwirkungen unter MTX-Therapie [14, 15]. Daher verbietet sich der Einsatz von MTX bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz.

Fazit für die Praxis

Methotrexat kann auch in niedrigen Dosierungen potenziell nephrotoxische Nebenwirkungen haben. Ältere Patienten mit bereits bestehender Niereninsuffizienz weisen ein erhöhtes Risiko für MTX-bedingte Toxizität auf. Die Empfehlungen der Hersteller einer Dosisanpassung für GFR von 60–30 ml/min sollten eingehalten werden. Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz im Stadium 3 (eGFR 59–30 ml/min) sollten engmaschige, initial 2-, bei stabiler Situation 4-wöchentliche Kontrollen der Nierenfunktion erhalten, die mit den empfohlenen Kontrollen von Blutbild und Leberfunktion verbunden werden. Vom MTX-Einsatz bei Patienten mit höhergradiger Niereninsuffizienz (GFR <30 ml/min) wird abgeraten. Ob der therapeutische Nutzen das erhöhte Risiko von Nephrotoxizität bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz rechtfertigt, muss im Einzelfall entschieden werden. Die Potenzierung durch andere nephrotoxische Medikamente wie NSAR, die der Patient ggf. rezeptfrei in der Apotheke erhält, sollte bedacht und immer hinterfragt werden. Insgesamt muss festgehalten werden, dass die Gefahr extrarenaler Nebenwirkungen durch Kumulation von Low-dose-MTX bei abnehmender Nierenfunktion deutlich größer ist als eine nephrotoxische Wirkung durch das MTX selbst. Jeder Patient mit unerklärter progressiver Niereninsuffizienz oder Entwicklung einer Hämaturie und/oder Proteinurie sollte von einem Nephrologen untersucht werden, um die Ursache der Niereninsuffizienz festzustellen. Wenn indiziert, sollte eine Nierenbiopsie erfolgen.