Nach der Gesundheitsberichtserstattung des Bundes aus dem Jahre 2006 gehören Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems zu den häufigsten und – wie in anderen Industrienationen auch – kostenträchtigsten Leiden in Deutschland [27]. Muskuloskelettale Krankheiten sind zudem mit erheblichen Konsequenzen für die Betroffenen verbunden – aus Sicht der Patientinnen und Patienten sind dabei Schmerzen und Behinderung bei Alltagsaktivitäten die wichtigsten Krankheitsfolgen [18]. Unter ökonomischer Perspektive rangieren muskuloskelettale Krankheiten bezogen auf die direkten Behandlungskosten unter allen Krankheitsgruppen an 3. Stelle [27], darüber hinaus führen sie zu hohen volkswirtschaftlichen Folgekosten. So verursachen Muskel- und Skeletterkrankungen die meisten Arbeitsunfähigkeitstage und sind bei Männern der häufigste, bei Frauen der zweithäufigste Grund für gesundheitlich bedingte Frühberentungen [27]. Auch bezogen auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen unter Trägerschaft der gesetzlichen Rentenversicherung dominieren „Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens“ die Leistungsstatistik [21]. In der stationären medizinischen Rehabilitation stellen dabei Rückenschmerzen, degenerative Gelenkerkrankungen, Unfallverletzungen und entzündlich-rheumatische Krankheiten die häufigsten Indikationen dar [18]. Insgesamt stehen für die Rehabilitation bei muskuloskelettalen Erkrankungen etwa 360 Rehabilitationskliniken bzw. orthopädische Fachabteilungen in Rehabilitationskliniken mit rund 46.000 Betten zur Verfügung [29].

Sowohl die Qualitätssicherungsprogramme der Rehabilitationsträger als auch Leitlinien sollen dazu beitragen, die Qualität in diesen Einrichtungen zu dokumentieren, wo nötig zu optimieren und ein bundesweit einheitliches Qualitätsniveau zu erreichen. In diesem Beitrag wird der aktuelle Stand im Hinblick auf diese Maßnahmen in der stationären medizinischen Rehabilitation bei muskuloskelettalen Krankheiten skizziert.

Qualitätssicherung

Qualitätssicherungs- und Qualitätsmanagementmaßnahmen stellen einen festen Bestandteil der rehabilitativen Versorgung dar. Im Folgenden werden die externen Qualitätssicherungsverfahren der beiden größten Träger der Rehabilitation, der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in der stationären medizinischen Rehabilitation beschriebenFootnote 1 , Footnote 2. Für die Kliniken ist das Verfahren des jeweiligen federführenden Belegers verpflichtend, wobei die Verfahren von den Rehabilitationsträgern gegenseitig anerkannt werden.

Gesetzliche Bestimmungen

Für den Bereich der GKV ist die Qualitätssicherung seit 1999 gesetzlich verankert: Demnach sind Leistungserbringer der medizinischen Rehabilitation verpflichtet, „sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen“ sowie „einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen und weiterzuentwickeln“ (§135a Abs. 2 SGB V). Die Maßnahmen der externen Qualitätssicherung sind auf der Grundlage der Empfehlungen nach §20 Abs. 1 SGB IX zwischen den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Leistungserbringer zu vereinbaren (§137d SGB V). Mit Inkrafttreten des SGB IX am 1. Juli 2001 wurde die Qualitätssicherung in der Rehabilitation außerdem träger- und bereichsübergreifend verankert (§20 SGB IX). So werden in §20 Abs. 1 SGB IX von den Leistungsträgern gemeinsame Empfehlungen für die Durchführung vergleichender Qualitätsanalysen gefordert und §20 Abs. 2 SGB IX verpflichtet die Leistungserbringer zur Sicherstellung eines Qualitätsmanagements.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) zum 1. April 2007 haben sich stationäre Rehabilitationseinrichtungen ferner an von den Rehabilitationsträgern auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) zu vereinbarenden Zertifizierungsverfahren für das interne Qualitätsmanagement zu beteiligen (§§20 Abs. 2 und 2a SGB IX).

Neben der Verpflichtung zur Zertifizierung ergaben sich mit dem GKV-WSG für die Qualitätssicherung im Bereich der Rehabilitation und Vorsorge weitere grundlegende Änderungen. So ist z. B. nach §299 Abs. 3 SGB V von den Vereinbarungspartnern nach §137d SGB V (Spitzenverbände der Krankenkassen und die auf Bundesebene maßgeblichen Interessenvertreter der Leistungserbringer) eine unabhängige Stelle für die Auswertung der Daten zu bestimmen. Des Weiteren werden zentrale Inhalte der Vereinbarungen nach §137d SGB V geändert; u. a. sind nun die Auswertungskosten der Maßnahmen der einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung von den Krankenkassen zu tragen (Quelle: www.qs-reha.de).

Qualitätssicherungsverfahren der GKV

Seit Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung nach §137d Abs. 1 und 1a SGB V zwischen den Spitzenverbänden der GKV und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Leistungserbringer ist das Qualitätssicherungsverfahren der GKV in der stationären medizinischen Rehabilitation (QS-Reha®-Verfahren) für alle stationären Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die von der GKV hauptbelegt werden, verpflichtend. Basierend auf den oben skizzierten Entwicklungen bereiten die Spitzenverbände der Krankenkassen derzeit neue Regelungen zur Umsetzung des QS-Reha®-Verfahrens vor, um es an die neuen gesetzlichen Anforderungen anzupassen. Für Einrichtungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-WSG bereits am QS-Reha®-Verfahren teilnahmen, wird das Verfahren unverändert weitergeführt und abgeschlossen, allerdings tragen die Krankenkassen seit dem 01.04.2007 die Kosten für die Auswertung der Qualitätssicherung. Einrichtungen, die bisher noch nicht am QS-Reha®-Verfahren teilnehmen, können derzeit nicht in das Verfahren eingebunden werden, da zuvor die o. g. Neuregelungen erfolgen müssen (Quelle: http://www.qs-reha.de).

Seit 2005 befindet sich das QS-Reha®-Verfahren für die Indikationen muskuloskelettale Erkrankungen, Kardiologie, Neurologie, Onkologie, Gastroenterologie/Stoffwechselerkrankungen/Nephrologie, Pneumologie, Dermatologie und Psychosomatik/psychische Erkrankungen/Abhängigkeitserkrankungen in der Routine. Derzeit nehmen insgesamt 240 Kliniken mit 283 Fachabteilungen am QS-Reha®-Verfahren teil, wobei die Indikation „Muskuloskelettale Erkrankungen“ mit 113 Fachabteilungen am stärksten vertreten ist (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Anzahl der am QS-Reha®-Verfahren teilnehmenden Einrichtungen, nach Indikationen (Stand 15.12.2007). (Aus [1])

Die konzeptionelle Grundlage des QS-Reha®-Verfahrens wird durch das sog. „Qualitätsprofilkonzept“ gebildet, das eine umfassende Messung von Qualitätsindikatoren auf den Ebenen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität inklusive der Patientenzufriedenheit, die Kombination von generischen und krankheitsspezifischen Messinstrumenten zur Erfassung der Ergebnisqualität und klinikbezogene sowie klinikvergleichende Ergebnisrückmeldungen vorsieht. Die Programmroutine stellt dabei im Sinne der gesetzlichen Forderung nach vergleichenden Analysen die Einrichtungsvergleiche in den Mittelpunkt. Methodisch basieren die Klinikvergleiche auf einem Risikoadjustierungsmodell, bei dem mittels regressionsanalytischem Ansatz patientenseitige Einflussvariablen (sog. „confounder“) wie z.B. Eingangsbelastung, Komorbidität, Alter, Geschlecht usw. kontrolliert werden. Die Verfahrensprinzipien und die methodischen Grundlagen der Risikoadjustierung sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben [12, 11].

Je nach Indikation liegen 117–133 basale Qualitätsanforderungen vor

Für die Messung der Strukturqualität wurden im April 2003 rehabilitationsträgerübergreifende Bewertungskriterien für stationäre Rehabilitationskliniken mit somatischen Indikationsbereichen verabschiedet [19]. Die Kriterien wurden in Expertengruppen, die sich aus Chefärzten und Verwaltungsleitern aus Rehabilitationskliniken sowie Vertretern der Renten- und Krankenversicherung zusammensetzten, in einem mehrstufigen formalen Konsensusprozess festgelegt. Dies erfolgte unter indikationsbezogener Perspektive, viele Anforderungen haben jedoch einen indikationsübergreifenden Anspruch. Je nach Indikation liegen 117–133 basale Qualitätsanforderungen – sog. „Basiskriterien“ – zu 7 Subdimensionen vor:

  • allgemeine Merkmale und räumliche Ausstattung,

  • medizinisch-technische Ausstattung,

  • therapeutische Behandlungen, Schulungen und Patientenbetreuung,

  • personelle Ausstattung,

  • konzeptionelle Grundlagen,

  • internes Qualitätsmanagement,

  • interne Kommunikation und Personalentwicklung.

Neben den Basiskriterien wurden sog. „Zuweisungssteuerungskriterien“ definiert, die eine zielgerichtete Zuweisung von bestimmten Patientengruppen in eine Klinik ermöglichen sollen. In der Programmroutine des QS-Reha®-Verfahrens wird die Erfüllung dieser Anforderungen durch eine schriftliche Erhebung mit nachfolgenden Telefoninterviews mit jeder Einrichtung überprüft. Mit dem Ziel einer qualitativen Vertiefung und Validierung der schriftlichen Angaben und im Sinne eines kollegialen Feedbacks werden außerdem in einer Zufallsstichprobe von 20% der Einrichtungen eintägige Visitationen durch einen klinischen und einen Qualitätsmanagementexperten durchgeführt. Die Ergebnisse der Visitation fließen in die Auswertung der Strukturqualität ein. Die Ergebnisrückmeldung stellt für alle Subdimensionen den prozentualen Anteil erfüllter Basiskriterien im Vergleich zum durchschnittlichen Erfüllungsgrad in den übrigen am Verfahren teilnehmenden Einrichtungen dar.

Das Peer-Review wird zur klinikspezifischen und klinikvergleichenden Bewertung der Prozessqualität genutzt

Die Messung der Prozessqualität erfolgt mittels des Peer-Review-Verfahrens, das 1997 im Rahmen des Qualitätssicherungsprogramms der GRV in der stationären Rehabilitation entwickelt [17] und 2002 für die somatischen Indikationsgebiete gemeinsam von GRV und GKV überarbeitet wurde [10]. In dieser Form wird das Peer-Review seither verbindlich in den QS-Verfahren beider Leistungsträger eingesetzt. Grundlage des Peer-Reviews ist die Beurteilung der Prozessqualität auf Basis anonymisierter Entlassberichte und Therapiepläne durch geschulte leitende Ärzte aus Rehabilitationseinrichtungen der entsprechenden Indikation („Peers“). Die Bewertung erfolgt anhand einer „Checkliste qualitätsrelevanter Prozessmerkmale“ mit 52 zu überprüfenden Qualitätsmerkmalen. Die indikationsspezifischen Bewertungskriterien sind in einem Manual hinterlegt. Durch die Bewertung der Qualitätsmerkmale anhand so genannter „Mängelkategorien“ und durch die Vergabe von Qualitätspunkten kann das Peer-Review sowohl zur klinikspezifischen und klinikvergleichenden Bewertung der Prozessqualität im Kontext der externen QS-Verfahren als auch zur Identifikation von Problemstellen in der Rehabilitationspraxis genutzt werden (vgl. auch [13]).

Zur Erfassung der Patientenzufriedenheit werden im QS-Reha®-Verfahren über einen Zeitraum von ca. 6 Monaten alle konsekutiv aufgenommenen Patienten bei Rehabilitationsende befragt, wobei eine Fallzahl von 150–200 Patienten angestrebt wird. Der dabei zum Einsatz kommende Fragebogen basiert auf dem im Rahmen des Qualitätssicherungsprogramms der GRV entwickelten Instrument [26] und bildet die Zufriedenheit der Patienten mit verschiedenen Aspekten der Betreuung und Behandlung ab. Zusätzlich umfasst der Bogen sog. „ereignisorientierte Items“, welche eng mit Prozessen des Rehabilitationsverlaufs verknüpft sind und von der subjektiven Bewertung unabhängigere Informationen liefern. So werden die Rehabilitanden z. B. danach gefragt, wie viel Zeit zwischen der Ankunft und der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung verging (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Ergebnisse der Frage an rund 3000 Patienten des Indikationsbereichs muskuloskelettale Erkrankungen „Wie viel Zeit verging zwischen Ihrer Ankunft in der Klinik und der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung?“. (Aus [28])

Auch zur Messung der Ergebnisqualität werden im Wesentlichen Patientenangaben bezüglich zentraler Erfolgsdimensionen einer rehabilitativen Maßnahme – wie Schmerz- und Symptomreduktion, Verbesserung der Funktionsfähigkeit in Alltag und Beruf, Verbesserung des psychischen Befindens, der Krankheitsverarbeitung oder des Gesundheitsverhaltens – herangezogen. Zur Erfassung dieser Outcome-Parameter werden wiederum über einen 6-Monats-Zeitraum 150–200 Patienten mittels generischer und krankheitsspezifischer Fragebögen befragt. Durch die Realisierung dreier Messzeitpunkte (Reha-Beginn, Reha-Ende und 6 Monate nach Reha-Ende) sind Aussagen zum kurz- und mittelfristigen Outcome möglich. Als Messinstrument kommt indikationsübergreifend der generische und rehabilitationsspezifische IRES-Fragebogen (Indikatoren des Reha-Status; [7]) zum Einsatz, der im Indikationsbereich „Muskuloskelettale Erkrankungen“ durch das krankheitsspezifische Erhebungsinstrument SMFA-D (Short Musculoskeletal Function Assessment Questionnaire — deutsche Version; [22]) ergänzt wird. Die klinikvergleichenden Ergebnisqualitätsanalysen erfolgen mittels der o. g. regressionsanalytischen Risikoadjustierungsverfahren (Beispiel s. Abb. 3). Ferner werden den Einrichtungen bezüglich aller genannten generischen und indikationsspezifischen Indikatoren die kurz- und mittelfristigen Effektstärken der Veränderung zurückgemeldet.

Abb. 3
figure 3

Risikoadjustierter Klinikvergleich bezüglich kurzfristiger Effekte auf der Ebene des funktionalen Status (für 16 orthopädisch-rheumtalogische Rehabilitationskliniken; Fehlerbalkendiagramm der standardisierten Residualwerte Differenz tatsächliche – regressionsanalytisch vorhergesagte Werte) mit Darstellung des Gesamtmittelwerts und des entsprechenden 95%-Konfidenzintervalls. (Aus [12])

Reha-Qualitätssicherung der GRV

Das Qualitätssicherungsprogramm der GRV für die stationäre medizinische Rehabilitation wurde 1994 begonnen und bildete damit den Ausgangspunkt für die Entwicklungen im Bereich der externen Qualitätssicherung in der Rehabilitation. Seit Ende der 90er Jahre befindet sich die Reha-Qualitätssicherung der GRV in der Routine und ist für alle von der GRV hauptbelegten Einrichtungen verpflichtend. Somit sind alle rentenversicherungseigenen sowie die von der GRV federführend belegten rund 950 stationären Rehabilitationseinrichtungen oder Fachabteilungen an der externen Reha-Qualitätssicherung der Rentenversicherung beteiligt [3]. Die Datenerhebungen zur Qualitätssicherung werden von den jeweils zuständigen Rentenversicherungsträgern durchgeführt, die Datenauswertung erfolgt zentral. Der aktuelle Stand des Verfahrens wird bei [8] beschrieben. Mit dem übergeordneten Gesamtziel der Optimierung der Rehabilitation, die durch Anregung eines qualitätsorientierten Wettbewerbs mittels systematischer Einrichtungsvergleiche erreicht werden soll [4, 8], verfolgt das Programm demnach folgende Ziele:

  • eine am Patienten orientierte Qualitätsverbesserung der medizinischen Rehabilitation,

  • die Erhöhung der Transparenz des Leistungsgeschehens,

  • die Erschließung von Leistungsreserven,

  • mehr Ergebnisorientierung,

  • die Förderung des klinikinternen Qualitätsmanagements und

  • die Sicherstellung eines bundesweit vergleichbaren Qualitätsstandards in allen Rehabilitationseinrichtungen der Rentenversicherung.

Um dies zu erreichen, wird den Rehabilitationskliniken und den Verantwortlichen beim Leistungsträger eine regelmäßige Berichterstattung zur Qualitätssicherung zur Verfügung gestellt. Die Rückmeldung umfasst einrichtungsspezifische Auswertungen sowie Ergebnisse einer Vergleichsgruppe, die aus strukturähnlichen Einrichtungen gebildet wird.

Auch das Konzept der Reha-Qualitätssicherung der GRV sieht eine umfassende Qualitätsmessung und -rückmeldung auf Ebene der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität inklusive der Patientenzufriedenheit vor. Dabei sind – auf der Basis entsprechender Vereinbarungen der Rehabilitationsträger – die Verfahren der GRV und GKV bezüglich des Vorgehens zur Erfassung von Struktur- und Prozessqualität weitgehend harmonisiert: Das Peer-Review wird in der Reha-Qualitätssicherung der GRV seit 1999 routinemäßig zur Prüfung der Prozessqualität eingesetzt und die o. g. Kriterien der Strukturqualität wurden trägerübergreifend verabschiedet. Während allerdings im QS-Reha®-Verfahren die Basiskriterien als von allen Einrichtungen zu erfüllende basale Qualitätsanforderungen gefordert werden, ist aus Sicht der GRV noch nicht eindeutig festgelegt, in welchem Ausmaß die Erfüllung der Kriterien gefordert werden kann. Vielmehr soll auf Basis einer erneuten Strukturerhebung geprüft werden, inwieweit sich die konsensuell abgestimmten Basiskriterien in der Rehabilitationspraxis bewähren (ebd).

Die Ergebnisqualität und die Patientenzufriedenheit werden in der Reha-Qualitätssicherung der GRV im Rahmen einer sog. „Einpunktmessung“ ca. 8 Wochen nach Ende der Rehabilitation mittels Patientenbefragung erfasst. Hierbei werden pro Klinik bzw. Fachabteilung und Entlassmonat i.d.R. 20 Rehabilitanden zufällig ausgewählt und angeschrieben [4]. Im Jahr 2004 wurden der Patientenfragebogen und das Rückmeldekonzept in inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Hinsicht überarbeitet [8]. Der aktuelle Fragebogen deckt folgende Bereiche ab:

  • erinnerter Gesundheitszustand vor der Rehabilitation,

  • einen Zufriedenheitsteil (z. B. mit erhaltenen Behandlungen),

  • Umfang definierter Behandlungsverfahren,

  • Rating-Fragen zur direkten Beurteilung verschiedener Bereiche wie z. B. der ärztlichen Betreuung,

  • Reporting-Fragen zu beobachtbaren Sachverhalten,

  • Items zur Rehabilitationsnachsorge und

  • Items zu wahrgenommenen Veränderungen der Eingangsbelastung durch die Rehabilitation und zu Gesamtbeurteilungen der Rehabilitation [25].

Zur Ergebnisbewertung werden aber auch Routinedaten der Rentenversicherung genutzt, so z. B. Informationen über den Erwerbsverlauf nach der Rehabilitation [3]. Insgesamt bestehen damit in der Operationalisierung der Ergebnisqualität derzeit die deutlichsten Diskrepanzen der beiden Programme der Rehabilitationsträger.

Als künftige Entwicklungsperspektiven des Verfahrens werden u.a. folgende Aspekte genannt: Mit dem Ziel erhöhter Transparenz sollen mittelfristig einrichtungsbezogene Ergebnisse des Qualitätssicherungsprogramms allen Interessierten und insbesondere den Versicherten zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus sollen aus den Ergebnissen der Qualitätssicherung „perspektivisch deutlichere Konsequenzen für die Belegung und Vergütung von Rehabilitationseinrichtungen“ gezogen werden ([8], S. 222), und ferner wird der Stellenwert des internen Qualitätsmanagements noch stärker betont.

Neben diesen skizzierten Perspektiven beziehen sich aktuelle Weiterentwicklungen des Verfahrens auch auf die Einbeziehung von Prozessleitlinien. Die Erstellung von Leitlinien ist eng mit der Reha-Qualitätssicherung der Rentenversicherung verknüpft. Ausgangspunkt ist dabei das Fehlen erschöpfender Indikatoren der Prozessqualität [20].

Leitlinien

Begriffsdefinition und Ziele

Leitlinien sind definiert als „systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen“. Sie sollen Orientierungshilfen für ärztliches und therapeutisches Handeln bieten, wobei „in begründeten Fällen abgewichen werden kann und muss“ [2].

Leitlinien in der Rehabilitation zielen insbesondere auf die Verbesserung der Prozessqualität, indem der wissenschaftliche Stand zu relevanten Versorgungsfragen zusammengefasst, bewertet und in Behandlungsempfehlungen umgesetzt wird. Darüber hinaus können sie durch die Operationalisierung von Schnittstellen zur Akutmedizin und Primärprävention zu einer besseren Vernetzung beitragen [23] und als Steuerungsinstrument für die Gestaltung des Gesundheitswesens herangezogen werden [24].

Besonderheiten der Leitlinienerstellung in der Rehabilitation

Vor dem Hintergrund des bio-psycho-sozialen Modells [30] werden in der Rehabilitation neben Körperfunktionen und -strukturen auch Einschränkungen der Aktivität und Partizipation adressiert und dabei personen- und umweltbezogene Kontextfaktoren beachtet. Dieser umfassende Behandlungsansatz, der sich in den multiprofessionellen und multimodalen Therapiekonzepten der Rehabilitation zeigt, sollte sich auch in den Leitlinien für die Rehabilitation widerspiegeln. Das bedeutet unter anderem, dass alle am Therapieprozess beteiligten Berufsgruppen in die Erarbeitung der Leitlinien einbezogen werden sollten und die Leitlinien für alle Beteiligten verständlich sein sollten [23, 6].

Die Erstellung der Leitlinien erfolgt nach dem „Prinzip der bestverfügbaren Evidenz“

Besondere Herausforderungen ergeben sich bei der Leitlinienerstellung in der Rehabilitation dadurch, dass sich häufig keine wissenschaftlichen Studien finden, die höherstufige Evidenz für die Wirksamkeit der in der Rehabilitation verwendeten Therapieverfahren bieten [16]. Zudem sind die Ergebnisse internationaler Studien oft nur eingeschränkt auf das deutsche Rehabilitationssystem übertragbar, da die untersuchten Therapieansätze in Therapiefrequenz und Therapieumfang in der in Deutschland praktizierten 3-wöchigen Rehabilitation nicht umsetzbar sind. Aufgrund dieser Problemlage gewinnt nach dem „Prinzip der bestverfügbaren Evidenz“ [24] bei der Erstellung von Leitlinien in der Rehabilitation der Expertenkonsens häufig eine besondere Bedeutung.

Im Bereich der Leitlinien, die sich spezifisch auf die Rehabilitation muskuloskelettaler Erkrankungen beziehen, engagieren sich Leistungsträger, Fachgesellschaften und Forschungsinstitute. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Leitlinien zu bestimmten Indikationen, die die Rehabilitation mehr oder weniger detailliert als eine Behandlungsoption aufgreifen. Im Folgenden werden nur Leitlinien aufgegriffen, die auf die Rehabilitation fokussieren.

Leitlinien der Leistungsträger

Für die Rehabilitation in Deutschland sind insbesondere die Prozessleitlinien der Deutschen Rentenversicherung von großer Relevanz. Sie werden von wissenschaftlichen Instituten im Auftrag der deutschen Rentenversicherung erstellt. Als Teil des Qualitätssicherungsprogramms der deutschen Rentenversicherung sollen durch diese Leitlinien die therapeutischen Abläufe verbessert werden, indem für häufige Indikationen Standards für die Ausgestaltung der Rehabilitation gesetzt und empirisch überprüft werden [5]. Im Bereich der muskuloskelettalen Erkrankungen befindet sich die Leitlinie für die Rehabilitation chronischer Rückenschmerzen [14] in der Pilotphase, das heißt sie wird in den Rehabilitationseinrichtungen eingeführt und die Einrichtungen haben Gelegenheit, die Inhalte zu kommentieren. Eine weitere Leitlinie zur Rehabilitation bei Patienten mit Hüft- und Kniegelenksendoprothesen wird aktuell erarbeitet.

Die Prozessleitlinien der deutschen Rentenversicherung weisen im Vergleich zu anderen Leitlinien im Gesundheitsbereich einige Besonderheiten auf: In der Regel steht im Mittelpunkt von Leitlinien der einzelne Patient und seine individuelle Problemkonstellation. Die Leitlinien enthalten Vorgaben zu Diagnostik und Therapie, wobei über verschiedene Therapieoptionen anhand von Indikationen und Kontraindikationen entschieden wird.

Die Prozessleitlinien der Rentenversicherung dagegen stellen die Gesamtheit aller Patienten in den Mittelpunkt.

Dabei werden in der Leitlinie so genannte „evidenzbasierte Therapiemodule“ formuliert, die für jede in der Rehabilitation vorgesehene Therapie deren vorgesehene Dauer (pro Woche/Rehabilitation), Häufigkeit (pro Woche/Rehabilitation) und einen Mindestanteil entsprechend zu behandelnder Patienten enthalten [5]. Indikationen und Kontraindikationen der Therapieformen werden nicht beschrieben.

Die Erarbeitung der Prozessleitlinien folgt einem einheitlichen Schema [6]:

  1. 1.

    systematische Literaturrecherche und -bewertung (Evidenzbasierung),

  2. 2.

    Analyse des aktuellen Versorgungsgeschehens (Ist-Analyse und Soll-Ist-Abgleich),

  3. 3.

    Entwicklung der Prozessleitlinie unter Einbeziehung relevanter Berufsgruppen und Fachgesellschaften (Expertenworkshop und schriftliche Konsentierung),

  4. 4.

    Erprobung und Einführung in den Rehabilitationseinrichtungen (Implementierung).

Die Prozessleitlinien gehen dann in die Qualitätssicherungsroutine ein. Es erfolgt ein kontinuierlicher Vergleich der von den Einrichtungen dokumentierten therapeutischen Leistungen mit den Qualitätsindikatoren (Art und Umfang der Therapien, Mindestanteil entsprechend zu behandelnder Patienten) und die Einrichtungen erhalten regelmäßig Rückmeldung über die Erfüllung der Qualitätsstandards [5].

Leitlinien anderer Organisationen

Eine Reihe von Leitlinien zur muskuloskelettalen Rehabilitation wurde von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Ärzte für Orthopädie erstellt. Die Leitlinien sind in der Leitliniendatenbank der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. einsehbar (http://www.leitlinien.net/). Beispiele sind das „Spezielle Rehabilitationskonzept Wirbelsäulendeformitäten“ oder die Leitlinie „Rehabilitation nach Wirbelfrakturen“.

Des Weiteren hat der Lehrstuhl für Klinische Rehabilitationswissenschaften der Universität Witten/Herdecke in Zusammenarbeit mit der deutschen Rentenversicherung Bund und dem Verein zur Förderung der Rehabilitationsforschung Norderney e.V. eine Leitlinie zur medizinischen Rehabilitation für Patientinnen und Patienten nach lumbaler Bandscheibenoperation entwickelt, die im Internet abrufbar ist (http://wga.dmz.uni-wh.de/medizin/html/default/slir-5nvfmq.de.html).

Fazit

In Bezug auf die Leitlinienentwicklung kann insgesamt festgestellt werden, dass diese in der Rehabilitation im Vergleich zu anderen Versorgungssektoren relativ spät begonnen hat und durch die Anforderungen der Rehabilitationsträger wesentlich geprägt wird. Die Prozessleitlinien der deutschen Rentenversicherung unterscheiden sich wegen der unterschiedlichen Ausrichtung (nicht auf Einzelpersonen, sondern auf Indikationsgruppen) deutlich von den Leitlinien in anderen Bereichen. Durch die enge Verzahnung mit der externen Qualitätssicherung kann eine zügige Implementation der Prozessleitlinien in den Reha-Einrichtungen und eine Einhaltung der vorgegebenen Rahmenbedingungen erwartet werden.

Bezogen auf den Stand der Qualitätssicherungsverfahren wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte u. a. im Hinblick auf die Wissenschaftlichkeit, methodische Fundierung und flächendeckende Implementierung der Verfahren gemacht. Trägerübergreifende Entwicklungsperspektiven bestehen jedoch nach wie vor in der Verkürzung der Rückmeldezeiträume, um zeitnahe Reaktionen der Kliniken auf rückgemeldete Qualitätsprobleme zu ermöglichen (vgl. auch [15]), in der Verbesserung der praktischen Relevanz von Qualitätsdaten im Sinne einer qualitäts- oder leistungsorientierten Vergütung, in der Entwicklung eines Konzepts für die Kommunikation der Qualitätsdaten an potenzielle Patienten und in einer systematischen Evaluation der Qualitätssicherungsverfahren selbst.