Die ankylosierende Spondylitis (AS) ist eine chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung, die sich durch Rückenschmerzen infolge Sakroiliitis und Spondylitis und die Bildung von Syndesmophyten kennzeichnet, in Spätstadien zu spinaler Ankylose führt und vielfach mit peripherer Arthritis und Enthesitis einhergeht [1, 2]. Die Krankheit kann einen leichten bis schweren Verlauf nehmen, zu funktionellen und psychologischen Beeinträchtigungen führen und die Lebensqualität des Patienten erheblich mindern [3, 4]. Die Prävalenz wird je nach Population auf zwischen 0,1 und 2% geschätzt, in Mitteleuropa sind etwa 0,9% der Bevölkerung betroffen [3]. Aufgrund ihres schleichenden Verlaufs wird die AS selten frühzeitig diagnostiziert. Zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung können 4–9 Jahre vergehen [5, 6]. Von der Krankheit betroffen sind vor allem junge Menschen, die bei Auftreten der ersten Symptome ein mittleres Alter von etwa 26 Jahren aufweisen [3]. AS ist bei Männern etwa 2-mal häufiger als bei Frauen [1, 6].

Bis vor kurzem waren die therapeutischen Möglichkeiten bei AS auf die Gabe nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) beschränkt, die durch Heilgymnastik und andere Formen der Physiotherapie ergänzt wird. Diese Behandlungsmodalitäten sind auch heute noch die Eckpfeiler der AS-Behandlung. Krankheitsmodifizierende Antirheumatika („disease-modifying antirheumatic drugs“, DMARD) wie etwa Methotrexat haben sich in der Behandlung axialer Verlaufsformen als nicht oder kaum wirksam erwiesen, und Sulfasalazin wird ausschließlich für Patienten mit zusätzlicher peripherer Arthritis bzw. enteritischer Beteiligung empfohlen [7, 8].

Die Einführung von TNF-α-Hemmern hat die Behandlung der AS grundlegend verändert

Die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit der Biologika in der symptomatischen Behandlung der AS ist durch zahlreiche Studien überzeugend belegt [9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19]. Die nachgewiesene Wirksamkeit der Anti-Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-Therapie basiert auf der Rolle, die TNF-α in der Pathogenese der AS zukommt und die durch hohe TNF-α-Werte in entzündeten Iliosakralgelenken von Patienten mit AS belegt wurde [1, 20].

Die internationale Arbeitsgruppe „Assessment in Ankylosing Spondylitis“ (ASAS) und die „European League Against Rheumatism“ (EULAR) haben vor kurzem evidenzbasierte Empfehlungen für den Einsatz der Anti-TNF-Therapie bei AS erarbeitet [8, 21]. Danach sollten Anti-TNF-Medikamente insbesondere in der Behandlung von Patienten in Betracht gezogen werden, die trotz adäquaten Therapieversuchs mit mindestens 2 NSAR in optimaler Dosierung über einen Zeitraum von mindestens 3 Monaten auf der 10-teiligen BASDAI („Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index“)-Skala einen Wert von mindestens 4 aufweisen. Zusätzlich sollte die Entscheidung für eine Anti-TNF-Therapie dem Spezialisten, in der Regel also einem Rheumatologen mit Erfahrung auf dem Gebiet der inflammatorischen Rückenschmerzen und im Einsatz von Biologika, vorbehalten bleiben [8, 21].

Im Jahr 2006 wurde die erste Überarbeitung der ASAS-Empfehlungen veröffentlicht [22], die die gute Akzeptanz der ursprünglichen Konsenserklärung belegt [8, 21]. Für den deutschsprachigen Raum führten Braun et al. [23] eine Evaluierung der ASAS-Kriterien durch und zeigten anhand eines Mittelwerts von 9,13 Punkten auf einer 10-teiligen Bewertungsskala den weitgehenden Konsens zwischen den deutschsprachigen Experten und den internationalen Empfehlungen.

Wir führten in 7 mittel- und osteuropäischen Ländern eine Erhebung zum demographischen und klinischen Profil von AS-Patienten, zu Aktivität und Schweregrad der Erkrankung sowie zu den von praktizierenden Rheumatologen derzeit eingesetzten Therapiestrategien durch. Darüber hinaus erhoben wir den Anteil und das Profil jener AS-Patienten, die gegenwärtig mit anderen Medikamenten behandelt werden, aber nach Auffassung ihrer Rheumatologen für eine Anti-TNF-Therapie infrage kommen. Schließlich untersuchten wir, inwieweit diese Entscheidungen mit den ASAS-Empfehlungen im Einklang standen.

Methoden

Zur Erhebung der Patientendaten wurde im 2. Halbjahr 2006 eine Querschnittsumfrage in Österreich, der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, der Slowakei und Slowenien durchgeführt. Die zur Teilnahme an der Umfrage ausgewählten Rheumatologen gelten als Experten in der Behandlung der AS. Die Daten wurden mittels eines Fragebogens erhoben, der anlässlich des Arztbesuchs sowohl vom Arzt als auch vom Patienten sowie anhand von Daten aus der Patientenakte ausgefüllt wurde. Jeder Rheumatologe sollte 3–5 AS-Patienten, die bislang noch keiner Anti-TNF-Therapie unterzogen worden waren, in die Studie einbringen. Die Fallzahl von 200 Rheumatologen bzw. 600–1000 Patienten wurde so gewählt, dass die Erhebung sowohl national als auch international repräsentative Ergebnisse erbrachte.

Einschlusskriterien

Um in die Studie aufgenommen zu werden, mussten die Patienten zum Zeitpunkt des Arztbesuchs mindestens 18 Jahre alt sein und an entzündlichen Rückenschmerzen leiden, die durch mindestens 4 der folgenden 5 Kriterien gekennzeichnet waren:

  • erstes Auftreten vor dem 45. Lebensjahr,

  • schleichender Beginn,

  • Linderung bei Bewegung, nicht aber im Ruhezustand,

  • Morgensteifigkeit,

  • Dauer mehr als 3 Monate.

Zudem musste radiologisch eine Sakroiliitis von mindestens Grad 1 vorliegen. AS-Patienten, die schon zuvor mit einem Anti-TNF-Medikament behandelt worden waren, wurden nicht eingeschlossen.

Ergebnisvariablen

Zur Beschreibung des demographischen und klinischen Profils der Patienten wurden folgende Daten erhoben:

  • Geschlecht,

  • Alter,

  • Alter bei Arztbesuch,

  • Alter bei Einsetzen der ersten Symptome,

  • Zeit bis zur Diagnose,

  • Vorliegen von früheren oder bestehenden Begleiterkrankungen,

  • frühere oder bestehende Enthesiopathien,

  • HLA-B27-Status,

  • Familiengeschichte,

  • frühere Krankenhausaufenthalte oder Operationen wegen AS.

Aktivität und Schweregrad der Erkrankung wurden anhand folgender Kriterien beurteilt:

  • Vorliegen einer akuten Enthesiopathie,

  • akute Hüftbeteiligung,

  • Ergebnis des modifizierten Schober-Tests,

  • Brustexpansion,

  • Hinterhaupt-Wand-Abstand,

  • Erythrozytensenkungsrate (ESR),

  • C-reaktives Protein (CRP).

Die radiologische Beurteilung erfolgte anhand des Stadiums und der Lokalisation der Sakroiliitis. Ferner wurden die Patienten gebeten, folgende 3 Selbstbeurteilungsfragebögen auszufüllen:

  • „Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index“ (BASDAI) mit 6 Fragen,

  • „Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index“ (BASFI) mit 10 Fragen sowie

  • „Ankylosing Spondylitis Quality of Life“ (ASQoL)-Fragebogen mit 18 Fragen.

Ein BASDAI-Wert von 0 steht für keine, ein Wert von 10 für sehr schwere Symptomatik. Ein BASFI-Wert von 0 gibt an, dass der Patient keine Schwierigkeiten bei der Ausführung bestimmter körperlicher Aktivitäten hat, während eine Punktezahl von 10 bedeutet, dass die Ausführung dieser körperlichen Aktivitäten nicht möglich ist. Der ASQoL-Fragebogen reicht von 0 bis 18, wobei eine höhere Punktezahl für eine schlechtere Lebensqualität steht.

Darüber hinaus wurden frühere und aktuelle medikamentöse und nichtmedikamentöse Behandlungen über den Zeitraum des gesamten Krankheitsverlaufs hinweg – also etwa eine Behandlung mit NSAR, DMARD oder Kortikosteroiden sowie Kurbehandlungen, Physiotherapie und Heilgymnastik – dokumentiert. Schließlich wurden die Rheumatologen gebeten zu entscheiden, ob sie allein aufgrund ihrer klinischen Beurteilung der Auffassung waren, der jeweilige Patient sei für eine Anti-TNF-Therapie geeignet. Wenn dies nicht der Fall war, wurden die Ärzte konkret danach gefragt, welche Gründe gegen eine Anti-TNF-Therapie sprachen.

Datenanalyse

Alle Daten wurden deskriptiv ausgewertet. Für jede Variable wurde eine zusammenfassende Statistik mit Mittelwert, Standardabweichung, Median, Minimum und Maximum für kontinuierliche Variablen sowie mit Häufigkeit und Prozentanteilen für kategorische Variablen erstellt. Die statistischen Tests und entsprechenden p-Werte sind deskriptiv und nicht als Hypothesentests zu verstehen.

Um die Eignung für eine Anti-TNF-Therapie auszuwerten, wurden die Patienten in folgende 2 Gruppen unterteilt:

  • in „Kandidaten“, die nach Einschätzung der behandelnden Rheumatologen für eine Anti-TNF-Therapie infrage kommen, und

  • in „Nicht-Kandidaten“, bei denen eine derartige Behandlung nicht in Betracht gezogen wird.

Welche Variablen für die Entscheidungsfindung für oder gegen eine Anti-TNF-Therapie ausschlaggebend waren, wurde mittels Mann-Whitney-U-Tests oder Chi-Quadrat-Test erhoben.

Ergebnisse

Insgesamt rekrutierten 281 Rheumatologen aus 7 Ländern 1626 Patienten mit AS. Davon konnten 120 Patienten aus unterschiedlichen Gründen wie etwa Nichterfüllung der Einschlusskriterien oder fehlende Datenangaben nicht in die Auswertung einbezogen werden, sodass schließlich 1506 Patienten ausgewertet wurden.

Demographisches und klinisches Profil der Patienten

Die demographischen Merkmale der Patienten sowie Angaben zum Krankheitsverlauf sind in Tab. 1 zusammengefasst. Fast 80% der 1506 Patienten waren männlich. Das mittlere Alter zum Zeitpunkt des Arztbesuchs betrug 44 Jahre, das mittlere Alter bei Auftreten der ersten Symptome lag bei 27 Jahren. Die mediane Dauer zwischen Auftreten der ersten Symptome und Diagnosestellung betrug 4 Jahre. Die Daten stimmten in den einzelnen Ländern weitgehend überein.

Tab. 1 Demographie und Krankheitsverlauf der AS-Patienten nach Land

Bei 692 (46%) der 1506 auswertbaren Patienten lagen frühere oder aktuelle Begleiterkrankungen vor, am häufigsten Uveitis (24%) und Gastroduodenalulkus (11%). Insgesamt litten 863 Patienten (57%) früher oder aktuell an Enthesiopathien. Bei 985 Patienten (65%) wurde der HLA-B27-Status ermittelt, der bei 89% dieser Patienten positiv war.

1270 Patienten (84%) hatten bereits Spezialambulanzen aufgesucht, etwa in den Bereichen orthopädische Chirurgie, Ophthalmologie oder Kardiologie. 1097 Patienten (73%) hatten mindestens einen stationären Krankenhausaufenthalt wegen AS hinter sich, 38 dieser Patienten (3%) gaben mehr als 20 Krankenhausaufenthalte an. 110 Patienten (7%) waren wegen AS operiert worden.

Krankheitsaktivität und Schweregrad

Die Krankheitsaktivität, der Grad der funktionellen Einschränkung sowie die Lebensqualität der Studienteilnehmer sind in Tab. 2 zusammengefasst. Der mittlere BASDAI lag bei 4,1, der mittlere BASFI bei 5,1 und der ASQoL-Mittelwert bei 9,9.

Tab. 2 Krankheitsaktivität, Grad der funktionellen Einschränkung und Lebensqualität der AS-Patienten nach Land

Vorherige und aktuelle Behandlungen

Frühere und aktuelle Behandlungen sind in Tab. 3 und Tab. 4 zusammengefasst. So waren 68 Patienten (5%) während des gesamten Verlaufs ihrer Erkrankung noch nie mit einem NSAR behandelt worden, 845 Patienten (56%) hatten ein, 363 Patienten (24%) hatten 2, 170 Patienten (11%) hatten 3 NSAR und 60 Patienten (4%) hatten 4 oder mehr NSAR erhalten. 1009 Patienten (67%) waren mit mindestens einem DMARD behandelt worden, wobei Sulfasalazin am häufigsten verabreicht worden war, gefolgt von Methotrexat und Leflunomid. Orale oder lokale Kortikosteroide waren 553 Patienten verordnet worden (37%).

Tab. 3 Frühere oder aktuelle medikamentöse Therapien wegen AS
Tab. 4 Frühere oder aktuelle nichtmedikamentöse Therapien wegen AS

Nur 214 Patienten (14%) hatten noch nie einen Kuraufenthalt konsumiert, 780 Patienten (52%) waren bereits zwischen ein- und 4-mal und 459 Patienten (30%) mehr als 4-mal zur Kur gewesen. 975 Patienten (65%) hatten sich einer physikalischen Therapie unterzogen, und 1018 Patienten (68%) war eine Heilgymnastik verordnet worden (Tab. 4).

Eignung der Patienten für eine Anti-TNF-Therapie

Insgesamt wurden 913 Patienten (61%) von ihren Rheumatologen als Kandidaten für eine Anti-TNF-Therapie eingestuft (Tab. 5). Zu den Gründen, weshalb die behandelnden Rheumatologen einzelnen Patienten keine Anti-TNF-Therapie verschreiben würden, zählten geringe Krankheitsaktivität (74%, Spanne 67–82%) gefolgt von hohen Arzneikosten oder fehlender Kostenübernahme durch die Krankenkasse (16%, Spanne 0–30%), mangelnde Verfügbarkeit von verschreibenden Spezialisten (6%, Spanne 0–12%) sowie das Nebenwirkungsrisiko (3%, Spanne 0–8%). Weitere Gründe waren AS im Endstadium, Tuberkulose in der Krankengeschichte, gute Wirksamkeit der aktuellen Therapie, eine überstandene oder aktuelle bestehende Tumorerkrankung oder Kinderwunsch.

Tab. 5 Alter, Krankheitsaktivität und funktionelle Einschränkung bei Kandidaten und Nicht-Kandidaten

Tab. 5 fasst den Vergleich zwischen Therapiekandidaten und Nicht-Kandidaten hinsichtlich Krankheitsaktivität, funktioneller Einschränkung und Lebensqualität zusammen. Die Kandidaten waren signifikant jünger als die Nicht-Kandidaten, hatten signifikant höhere Werte hinsichtlich Krankheitsaktivität und Schweregrad der Erkrankung einschließlich Akute-Phase-Proteine sowie eine höhere Rate an Enthesiopathien und akuter Hüftbeteiligung. Außerdem berichteten die Kandidaten über eine signifikant stärker beeinträchtigte Lebensqualität als die Nicht-Kandidaten.

Tab. 6 zeigt den Vergleich zwischen Kandidaten und Nicht-Kandidaten bezüglich des kombinierten ASAS-Kriteriums BASDAI-Wert und NSAR-Einnahme. So erfüllten nur 346 (38%) der 913 Kandidaten die ASAS-Empfehlungen hinsichtlich eines BASDAI-Werts von mindestens 4 und einer vorherigen Behandlung mit mindestens 2 NSAR. Dieser Anteil schwankte zwischen den einzelnen an der Studie teilnehmenden Ländern sehr stark und reichte von 18% in Polen bis 57% in Ungarn (Tab. 6). 392 Kandidaten (43%) mit einem BASDAI-Wert von mindestens 4 waren noch nicht mit 2 NSAR behandelt worden, und 175 Patienten (19%), die nach Auffassung ihres behandelnden Rheumatologen für eine Anti-TNF-Therapie geeignet wären, wiesen einen BASDAI unter 4 auf.

Tab. 6 Vergleich zwischen Kandidaten und Nicht-Kandidaten hinsichtlich BASDAI und früherer NSAR-Einnahme

Im Gegensatz dazu erfüllten 92 Patienten (16%), die als Nicht-Kandidaten eingestuft wurden, das kombinierte ASAS-Kriterium; hier lag der Anteil zwischen 3% in Österreich und 32% in Rumänien (Tab. 6). 178 Nicht-Kandidaten (30%) hatten einen BASDAI von mindestens 4, waren aber noch nicht mit 2 NSAR behandelt worden, und 317 Nicht-Kandidaten (54%) hatten einen BASDAI unter 4.

Diskussion

Dies ist die erste Studie, die eine repräsentative Stichprobe von AS-Patienten in rheumatologischen Praxen in Mittel- und Osteuropa daraufhin untersucht, ob die Patienten für eine Anti-TNF-Behandlung infrage kommen. Alle 1506 in die Studie aufgenommenen Patienten hatten eine lange Krankengeschichte einer schweren und aktiven AS mit beträchtlicher funktioneller Einschränkung und verminderter Lebensqualität hinter sich, wie ein mittlerer BASDAI von 4,1, ein mittlerer BASFI von 5,1 und ein mittlerer ASQoL-Wert von 9,9 zeigten.

Insgesamt kamen nach dem klinischen Urteil der behandelnden Rheumatologen 61% der mittel- und osteuropäischen AS-Patienten, die bis zum Zeitpunkt der Umfrage noch keine Anti-TNF-Therapie erhalten hatten, für eine derartige Therapie infrage. Allerdings schwankte dieser Wert stark und reichte von 40% in der Slowakei bis 84% in Rumänien (Tab. 6). Ähnliche Unterschiede zwischen einzelnen Ländern waren zuvor von Pham et al. [24] in deren internationaler Erhebung beschrieben worden, die vor Veröffentlichung der ASAS-Konsenserklärung in verschiedenen westeuropäischen Ländern sowie in Kanada, Mexiko und Australien durchgeführt worden war.

Zum Zeitpunkt unserer Studie waren die ASAS-Empfehlungen bereits veröffentlicht worden. Diesen Empfehlungen zufolge sind die wichtigen Kriterien für den Beginn einer Anti-TNF-Therapie ein BASDAI-Wert von mindestens 4, das Nichtansprechen auf mindestens 2 NSAR sowie die Therapieempfehlung eines Spezialisten, in die sämtliche klinischen Aspekte, Serumwerte der Akute-Phase-Proteine sowie die Ergebnisse der bildgebenden Diagnostik einfließen sollten. In unserer Studie hatten jene Patienten, die als Therapiekandidaten eingestuft wurden, eine stärkere Krankheitsaktivität, eine größere funktionelle Einschränkung und eine geringere Lebensqualität als Nicht-Kandidaten. Außerdem litten sie mit größerer Wahrscheinlichkeit an Enthesiopathien und akuter Hüftbeteiligung und hatten höhere ESR- und CRP-Werte (Tab. 5). Eine Einschränkung unserer Studie liegt darin, dass die teilnehmenden Rheumatologen zwar ausdrücklich danach befragt wurden, weshalb sie Nicht-Kandidaten keine Anti-TNF-Therapie verschreiben würden, nicht aber, welche Gründe dafür ausschlaggebend waren, Kandidaten für eine Anti-TNF-Therapie in Betracht zu ziehen. Pham et al. [24] berichteten, dass sämtliche objektive Variablen wie etwa erhöhte Akute-Phase-Proteine sowie die Ergebnisse der bildgebenden Diagnostik zur Entscheidung zugunsten einer Anti-TNF-Therapie beigetragen hatten, und dies könnte auch in unserer Studie der Fall gewesen sein.

Nur 38% der Kandidaten in unserer Studie erfüllten das kombinierte ASAS-Kriterium eines BASDAI-Werts von mindestens 4 und der vorherigen Einnahme von 2 NSAR, wobei dieser Anteil zwischen 18% in Polen und 57% in Ungarn lag (Tab. 6). Eine Erklärung für den verhältnismäßig niedrigen Prozentsatz von 38% könnte im retrospektiven Charakter unserer Umfrage liegen. Die mediane Krankheitsdauer in den einzelnen teilnehmenden Ländern lag zwischen 6 und 12 Jahren. Dies bedeutet, dass bei vielen Patienten die AS bereits zu einem Zeitpunkt diagnostiziert worden war, bevor die ASAS-Empfehlungen ausgearbeitet wurden.

Ein wichtiges Entscheidungskriterium für eine Anti-TNF-Therapie bei AS-Patienten ist eine aktive Erkrankung mit einem BASDAI von mindestens 4 – ein Schwellenwert, der Untersuchungen zufolge als robust gilt und einer höheren Krankheitsaktivität mit verminderter Lebensqualität entspricht [25]. Dies zeigte sich auch in unserer Studie, in der 81% der Kandidaten einen BASDAI von mindestens 4 hatten. Allerdings hatten 43% der Kandidaten einen BASDAI von mindestens 4, waren aber noch nicht mit 2 NSAR behandelt worden.

Besonders in Mittel- und Osteuropa nehmen nichtmedikamentöse Methoden wie Kurbehandlungen, physikalische Therapie und Heilgymnastik in der Behandlung der AS traditionell einen sehr hohen Stellenwert ein. So waren nur 14% unserer Patienten noch nie in den Genuss eines Kuraufenthalts gekommen, während 52% bereits zwischen ein- und 4-mal zur Kur waren und 31% sogar mehr als 4 Kurbehandlungen hinter sich hatten, wobei diese Prozentsätze in den einzelnen Ländern vergleichbar waren. Ein ähnliches Bild präsentierte sich in Bezug auf physikalische Therapie und Heilgymnastik, denen sich 65% bzw. 68% der Patienten unterzogen hatten.

Pham et al. [24] hatten vor Veröffentlichung der ASAS-Empfehlungen eine internationale Umfrage durchgeführt, um Anteil und Profil jener Patienten zu ermitteln, die von Rheumatologen als Kandidaten für eine Anti-TNF-Therapie eingestuft wurden. In der Folge untersuchten die Autoren auch, inwieweit die Ergebnisse ihrer Untersuchung mit den ASAS-Empfehlungen zur Anti-TNF-Therapie übereinstimmten. Insgesamt stuften die befragten Rheumatologen 49% der 1207 untersuchten Patienten als Kandidaten für eine Anti-TNF-Therapie ein. Ähnlich wie in unserer Studie wiesen deren Kandidaten eine höhere Krankheitsaktivität, eine stärker beeinträchtigte spinale Mobilität, höhere Werte der Akute-Phase-Proteine, eine stärkere funktionelle Beeinträchtigung sowie eine häufigere Hüftbeteiligung auf. Die Wichtigkeit des BASDAI zeigte sich erneut darin, dass 77% der Kandidaten einen Wert von mindestens 4 hatten. Insgesamt erfüllten 60% der Kandidaten das kombinierte ASAS-Kriterium eines BASDAI-Werts von mindestens 4 und der vorherigen Einnahme von 2 NSAR.

Insgesamt zeigt unsere Studie die grundsätzliche Bereitschaft von Rheumatologen, einem hohen Anteil ihrer Patienten eine Anti-TNF-Therapie zu verschreiben. Allerdings ergaben sich sowohl in unserer Studie als auch in der zitierten Literatur erhebliche landesspezifische Unterschiede in der Umsetzung einzelner Teilaspekte einer Anti-TNF-Therapie, etwa hinsichtlich der Therapievoraussetzungen oder der Verfügbarkeit des Medikaments. Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig allgemein gültige Leitlinien für die Durchführung einer Anti-TNF-Therapie sind, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich jenen Patienten zugute kommt, die sich ihrem Krankheitsprofil entsprechend dafür eignen. Zudem ergab unsere Studie, dass die Entscheidung der behandelnden Ärzte für oder gegen eine Anti-TNF-Therapie nicht immer zur Gänze den ASAS-Empfehlungen entsprach, was teilweise in der Berücksichtigung nationaler Richtlinien sowie in individuell und vor Ort durch den betreuenden Rheumatologen anders zu beurteilenden Faktoren begründet sein kann. Andererseits sollte es aber auch Anlass dafür sein, das Bewusstsein für die ASAS-Empfehlung innerhalb der Rheumatologie weiter zu schärfen.