Wachstumsfaktoren wie PDGF, VEGF, oder TGF-β spielen eine zentrale Rolle für die Regulation der Proliferation und die Differenzierung verschiedener Zelltypen des Bindegewebes wie Fibroblasten oder Endothelzellen, aber auch der verschiedenen Zellen des Immunsystems.

Ein Wachstumsfaktor ist eine natürlich vorkommende, lösliche Substanz, die das Wachstum und die Teilung von Zellen beeinflussen kann, indem sie spezifisch an bestimmte zelluläre Rezeptoren bindet und dadurch Signale in das Zellinnere überträgt. Wachstumsfaktoren wie „platelet derived growth factor“ (PDGF), „vascular endothelial growth factor“ (VEGF), „transforming growth factor“ (TGF-β), „insulin like growth factor“ (IGF) u. a. spielen eine zentrale Rolle für die Regulation der Proliferation und die Differenzierung verschiedener Zelltypen des Bindegewebes wie z. B. Chondrozyten, Fibroblasten, Osteoblasten oder Endothelzellen, aber auch für die an entzündlichen Prozessen beteiligten Zellen des Immunsystems. Über die Steuerung der Zelldifferenzierung sind diese Faktoren möglicherweise von wesentlicher Bedeutung für fibrotische Prozesse, die z. B. im Rahmen einer Lungen- oder Nierenbeteiligung bei rheumatischen Erkrankungen auftreten können. Diese Organfibrose kann nach neueren Vorstellungen auch als Folge einer Transdifferenzierung (im Falle einer Lungenfibrose) z. B. von epithelialen Zellen mit einem Lungenphänotyp zu einem Knochen-Knorpel-Phänotyp verstanden werden.

Bisher wurde diesen Wachstumsfaktoren eine zentrale Rolle vor allem in der Pathophysiologie des Tumorwachstums zugeschrieben. Hier hat insbesondere der Einsatz von Tyrosinkinaseinhibitoren, die wichtige Signaltransduktionswege der Wachstumsfaktoren blockieren, zu wesentlichen Fortschritten in einzelnen Bereichen der Tumortherapie geführt. Neuere Untersuchungen sprechen nun für eine wesentliche Rolle dieser Faktoren auch in der Pathophysiologie rheumatologischer Erkrankungen und erste Erfahrungsberichte erscheinen zum Einsatz von z. B. Tyrosinkinaseinhibitoren bei rheumatoider Arthritis.

Im folgenden sollen neue Entwicklungen zum Verständnis und einer möglichen Rolle einzelner besonders wichtiger Faktoren – TGF-β, VEGF und PDGF – in der Pathogenese entzündlicher rheumatologischer Erkrankungen dargestellt werden und therapeutische Ansatzpunkte (s. Infobox 1) diskutiert werden.

„Transforming growth factor“ (TGF-β) und „connective tissue growth factor“ (CTGF)

TGF-β ist ein pluripotenter Wachstumsfaktor mit einer Fülle von inhibierenden oder stimulierenden Aktivitäten hinsichtlich Proliferation, Apoptose und auch Synthese unterschiedlichster Proteine auf Zellen des Epithels, Mesenchyms und Immunsystems [27].

TGF-β ist ein wichtiger Faktor in der Pathogenese der systemischen Sklerose

So ist TGF-β z. B. der stärkste bekannte Stimulus für die Kollagensynthese und konnte als wichtiger Faktor in der Pathogenese der systemischen Sklerose identifiziert werden [16]. TGF-β fördert darüber hinaus die Transformation von Fibroblasten zu Myofibroblasten, die als wesentliche Indikatorzellen fibrotischer Prozesse in der Niere oder Lunge gelten, erkennbar an der Expression von „α-smooth muscle actin“. Dabei wird zunehmend diskutiert, inwieweit Wachstumsfaktoren wie TGF-β wesentlich zu Phänotypveränderungen eines Zelltyps beitragen können – selbst in Epithelzellen, die als terminal differenziert gelten [25]. Andererseits wird in diesem Zusammenhang auch die Beteiligung aus dem Blut eingewanderter mesenchymaler Vorläufer-/Stammzellen, die vor Ort unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren differenzieren, in die Diskussion eingebracht.

Die Regulation der Aktivität von TGF-β (Abb. 1) ist außerordentlich kompliziert, und es dauerte fast ein Jahrzehnt bis nach der Entdeckung von TGF-β auch erstmals der entsprechende Rezeptor beschrieben wurde. Fast alle Zellen, die in der Pathogenese der systemischen Sklerose involviert sind, wie Endothelzellen, Fibroblasten, Thrombozyten und Entzündungszellen, können TGF-β synthetisieren und zu der vermehrt im Gewebe nachweisbaren Menge an TGF-β beitragen. Hinzu kommt, dass Fibroblasten von Patienten mit systemischer Sklerose offensichtlich vermehrt Rezeptoren für TGF-β an der Zelloberfläche tragen [13]. Umgekehrt konnte gezeigt werden, dass durch die Inaktivierung von Smad 3, einem wesentlichen intrazellulären Mediator der TGF-β-Signalkette, die Proliferation und Fibroseinduktion durch TGF-β deutllich gehemmt werden kann (Abb. 1). Spezifische Antagonisten, Bindungskandidaten wie Decorin [14] oder Inhibitoren einzelner Bestandteile der Signalkette könnten daher ideale Kandidaten für neue pharmakologische Substanzen sein.

Abb. 1
figure 1

Schema des Signalwegs von TGF-β und sich daraus ergebender möglicher therapeutischer Ansatzpunkte

So waren z. B. in einem Mäusemodel der Fibrose Antikörper gegen TGF-β in der Lage, die Kollagensynthese signifikant zu hemmen [18]. Ähnliche Ergebnisse wurden für andere Moleküle beschrieben, die mit TGF-β interagieren, wie Decorin oder lösliche TGF-β-Rezeptoren. Unerwartet führte der systemische Einsatz von inhibierenden TGF-β-Antikörpern bei der systemischen Sklerose, anders als der lokale Einsatz am Auge, in einer kürzlich veröffentlichten Studie nicht zum Erfolg, sondern war mit dem gehäuften Nachweis von schweren Nebenwirkungen verbunden [6].

Dieses unerwartete Ergebnis unterstreicht die komplexe Rolle eines pluripotenten Wachstumsfaktors wie TGF-β in vivo und die letztlich immer noch nicht ausreichend verstandene Pathophysiologie der systemischen Sklerose. Aktuelle Daten von Dister et al. [7] zeigen, dass durch den Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib mesylat die Synthese von Kollagen in vitro deutlich gehemmt werden kann, ein Mechanismus der über die Inhibition von Bcr-Abl geht und damit die Signaltransduktion von TGF-β hemmt. Erste klinische Beobachtungen berichten über den erfolgreichen Einsatz bei Patienten mit pulmonaler Hypertension (s. auch Abschn. zu PDGF).

CTGF induziert unter anderem die Synthese von Typ-I-Kollagen

Der CTGF wird selektiv und schnell durch TGF-β in Fibroblasten induziert [16] und induziert selbst die Synthese verschiedener Bindegewebsproteine wie Kollagen Typ I. Erste Untersuchungen im Tiermodell konnten hier zeigen, dass ein monoklonaler gegen CTGF gerichteter Antikörper in der Lage ist, z. B. die fibrotischen Umbauvorgänge im Tiermodell der diabetischen Nephropathie zu inhibieren. Ähnliche Ergebnisse werden für ein mit dem TGF-β-Rezeptor interagierenden Protein berichtet [23]. Hier konnte im Modell der Bleomycin-induzierten Hautfibrose eine signifikante Minderung der Fibrose durch die Applikation des in einem Lipogel topisch applizierten Inhibitors erzielt werden.

„Platelet derived growth factor“ (PDGF)

PDGF ist ein peptidischer Wachstumsfaktor, der von zahlreichen Zelltypen inklusive Thrombozyten, Fibroblasten und glatten Gefäßmuskelzellen sezerniert wird und als Mitogen für Zellen mesenchymalen und neuroektodermalen Ursprungs fungiert [11]. PDGF ist ein dimeres Protein, das aus jeweils 2 der 4 bekannten homologen Ketten (A, B, C und D) besteht, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind und sowohl Homo- (PDGF-AA, PDGF-BB, PDGF-CC, PDGF-DD) als auch Heterodimere (PDGF-AB) bilden [22]. Alle PDGFs werden im endoplasmatischen Retikulum als inaktive Vorstufen synthetisiert und müssen durch proteolytische Spaltung in ihre aktive Form überführt werden. Die klassischen PDGFs, PDGF-A und PDGF-B, werden während des Exozytoseprozesses bereits intrazellulär aktiviert, während die erst kürzlich identifizierten PDGF-C und PDGF-D als latente Faktoren sezerniert werden, die durch extrazelluläre Proteasen (Plasmin, tPA), welche die so genannte „CUB-Domäne“ abspalten, erst außerhalb der Zelle aktiviert werden müssen [10].

Expressionsanalysen in multiplen Geweben zeigten, dass die 4 PDGF-Ketten ubiquitär exprimiert sind, jedoch weist jedes Gen ein spezifisches, z. T. überlappendes Expressionsmuster auf. Alle PDGF-Isoformen werden sowohl im Herzen als auch in der Gefäßwand exprimiert [10]. Die beiden PDGFR-Subtypen, α und β, weisen während der Embryogenese ein nichtüberlappendes Expressionsmuster auf, werden jedoch im Rahmen von Krankheitsprozessen drastisch reguliert.

PDGF induziert die Proliferation, Migration, Differenzierung und Transformation zahlreicher Zelltypen und ist an der Regulation der Genexpression und Apoptose sowie der O2-Radikal-Bildung beteiligt (Abb. 2; [22, 26]). Die Ligandenbindung der PDGF-Isoformen führt zur Dimerisierung von 2 Rezeptoruntereinheiten mit konsekutiver Erhöhung der intrinsischen Tyrosinkinaseaktivität und Autophosphorylierung des Rezeptors (Abb. 2). Die Bindung spezifischer Signaltransduktionsmoleküle an phosphorylierte Tyrosine führt zur Aktivierung von Signaltransduktionskaskaden, welche selektiv PDGF-induzierte zelluläre Reaktionen vermitteln.

PDGF spielt eine wichtige Rolle in der embryonalen Entwicklung, der Angiogenese und bei physiologischen Prozessen wie der Wundheilung.

Jedoch gewinnt dieser Wachstumsfaktor bei zahlreichen proliferativen Erkrankungen wie der Tumorgenese sowie bei fibrotischen und entzündlichen Erkrankungen pathophysiologische Bedeutung.

Abb. 2
figure 2

Zelluläre Effekte von PDGF

Signaltransduktion von PDGF-Rezeptoren

PDGF vermittelt seine biologischen Signale durch die Aktivierung von 2 spezifischen, transmembranären Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTK), α- und β-PDGFR [11, 22]. Die verschiedenen PDGF-Isoformen binden an die beiden Rezeptorsubtypen mit unterschiedlicher Affinität. Während die PDGF-B-Kette mit beiden Subtypen assoziiert, bindet die PDGF-A-Kette exklusiv an den α-PDGFR. Somit induziert PDGF-AA ausschließlich αα-Homodimere, während PDGF-AB zur Bildung von αα- sowie αβ-Dimeren und PDGF-BB zur Bildung aller möglichen Rezeptordimere führt. PDGF-C bindet bevorzugt an den α-Rezeptor und PDGF-D vorwiegend an den β-Rezeptor, jedoch scheint unter bestimmten Bedingungen eine Transaktivierung des jeweils anderen Subtyps in einem Rezeptorheterodimer (αβ) möglich. Die unterschiedliche Aktivierung einzelner Rezeptorsubtypen ist von Bedeutung, da sich die beiden PDGF-Rezeptoren sowohl hinsichtlich ihrer Signaltransduktionskaskaden als auch ihrer biologischen Eigenschaften unterscheiden.

Die Bindung der dimeren Liganden führt zur Dimerisierung von 2 Rezeptoruntereinheiten mit konsekutiver Erhöhung der intrinsischen Tyrosinkinaseaktivität und Trans-/Autophosphorylierung der PDGF-Rezeptoren. Spezifische Signaltransduktionsmoleküle interagieren selektiv mit Phosphotyrosin-Bindungsstellen im intrazellulären Abschnitt des α- und β-PDGFR und vermitteln die Aktivierung selektiver Signalkaskaden und zellulärer Reaktionen wie Proteinsynthese, Proliferation, Migration, Induktion von „immediate early genes“ (IEGs) u. a. (Abb. 3 a, b).

Abb. 3
figure 3

Signaltransduktion von PDGF-Rezeptoren. Intrazelluläre Signaltransduktionsmoleküle, die mit spezifischen Phosphotyrosin-Bindungsstellen der aktivierten PDGF-Rezeptor-Subtypen interagieren. a α-PDGF-, b β-PDGF-Rezeptor

Aktivierte PDGF-Rezeptoren assoziieren im intrazellulären Abschnitt mit SH2- („Src homology 2-“)Domänen zytoplasmatischer Signaltransduktionsproteine, die spezifisch an phosphorylierte Tyrosinreste (Tyr) binden.

Für den α-PDGFR gilt: Src-Kinasen (Src) assoziieren mit Tyrosinresten im juxtamembranären Abschnitt des Rezeptors, die Phosphatase SHP-2 mit Tyr 720 und Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3 K) mit Tyr 731 und 742 im kinase insert, ein bisher nicht identifiziertes Protein mit Tyr 988 und Phospholipase Cγ1 (PLCγ) mit Tyr 1018 im C-terminalen Bereich des humanen Rezeptors (Abb. 3 a; die Zahlen entsprechen der Aminosäureposition im intakten humanen α-PDGFR).

Vergleichbares gilt für den β-PDGFR (Abb. 3 b; die Zahlen entsprechen der Aminosäureposition im intakten humanen β-PDGFR). Darüber hinaus interagieren auch SH2-SH3-Adaptorproteine wie Grb2, Grb7, Grb10, Nck und Shc mit aktivierten PDGF-Rezeptoren [22, 28]. Der α-PDGFR assoziiert nicht mit RasGAP, während der β-PDGFR nicht mit Crk interagiert. Die Bindung und Aktivierung der rezeptorassoziierten Signalmoleküle hat die Aktivierung weiterer nachfolgender Signaltransduktionskaskaden zur Folge. Hierzu gehört u. a. die Phosphorylierung von MAP-Kinasen (Erk 1/2, p38, JNK), die Ras-Aktivierung, die Regulation von Zellzyklusproteinen und die Induktion von IEGs wie Egr-1, c-fos, c-jun u. a. [11].

Die Aktivierung der genannten Signalwege führt in zahlreichen Zelltypen zur Induktion zellulärer Reaktionen, die für physiologische Prozesse (z. B. embryonale Entwicklung, Wundheilung, Integrität der Gefäße), jedoch auch für die Pathogenese zahlreicher Krankheiten – vor allem proliferativer, inflammatorischer und kardiovaskulärer Erkrankungen – bedeutsam sind. Insbesondere fungiert PDGF in Fibroblasten und glatten Gefäßmuskelzellen als äußerst potentes Mitogen, als Chemoattraktans und durch Protektion apoptotischer Prozesse als Überlebensfaktor.

Pharmakologische Beeinflussung von PDGF-Rezeptoren

Die Aktivierung von PDGF-Rezeptoren kann u. a. durch pharmakologische Wirkstoffe gehemmt werden, welche die intrinsische Tyrosinkinaseaktivität dieser Rezeptoren inhibieren. Zu solchen Tyrosinkinaseinhibitoren, die z. T. zur Behandlung onkologischer Erkrankungen bereits zugelassen sind, gehören Imatinib (Glivec®), Dasatinib (Sprycel®), Sorafenib (Nexavar®) und Nilotinib (Tasigna®). Diese Hemmstoffe, die nicht spezifisch für PDGF-Rezeptoren sind, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer inhibitorischen Potenz sowie des Spektrums der durch sie inhibierten Tyrosinkinasen (Tab. 1).

Die Inhibition der ligandeninduzierten Tyrosinphosphorylierung des PDGF-Rezeptors führt zur Verminderung bzw. Aufhebung PDGF-induzierter Zellantworten wie Proliferation und Migration. Die klinische Anwendung der o. g. Tyrosinkinaseinhibitoren im Rahmen onkologischer Erkrankungen wie z. B. der chronisch myeloischen Leukämie (CML) basiert vor allem auf ihrer Hemmung der Tyrosinkinasen bcr/abl und c-kit. Jedoch ist PDGF an der Pathogenese zahlreicher anderer Erkrankungen wie beispielsweise der Arteriosklerose, fibrotischer Prozesse (z. B. Lungenfibrose), der systemischen Sklerodermie und des Lungenhochdrucks (pulmonal arterielle Hypertonie) beteiligt [2, 24]. Somit stellt PDGF auch einen viel versprechenden therapeutischen Angriffspunkt bei diesen Erkrankungen dar, sodass sich das Anwendungsgebiet von Tyrosinkinaseinhibitoren, die PDGF-Rezeptoren inhibieren, zukünftig über onkologische Erkrankungen wie die chronische myeloische Leukämie (CML) oder gastrointestinale Stromatumoren (GIST) hinaus erweitern könnte.

Neben diesen potenziellen weiteren Anwendungsgebieten, die derzeit in experimentellen und klinischen Studien untersucht werden, sind jedoch auch unerwünschte Wirkungen wie Blutbildveränderungen, Hämorrhagien, gastrointestinale Symptome (Diarrhöen, Übelkeit, abdominelle Distension) und Pleuraergüsse zu beachten. Zudem wurden für Imatinib kürzlich auch kardiotoxische Effekte beschrieben [15], deren Relevanz aufgrund der umfangreichen klinischen Erfahrungen mit dieser Substanz jedoch fraglich erscheint.

Tab. 1 Übersicht über verschiedene Tyrosinkinaseinhibitoren

„Vascular endothelial growth factor“ (VEGF)

Seit seiner Identifizierung durch Senger und Ferrara, stellt der vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktor-A (VEGF-A), auch bekannt als vaskulärer Permeabilitätsfaktor (VPF), einen der meist studierten Regulatoren des vaskulären Systems dar [9]. Inzwischen sind neben VEGF-A weitere Wachstumsfaktoren beschrieben, die untereinander eine hohe strukturelle und funktionelle Homologie aufweisen und als Familie der VEGF-Moleküle mit VEGF-B, VEGF-C, VEGF-D, VEGF-E und plazentarer Wachstumsfaktor (PIGF) bezeichnet werden [20].

VEGF-A ist ein homodimeres Glykoprotein mit einem Molekulargewicht von 35–45 kDa. Bisher wurden in humanen Zellen mindestens 6 verschiedene Isoformen identifiziert (VEGF 121, 145, 165, 183, 189, 206), die durch alternatives Spleißen der Vorläufer-mRNA aus einem einzelnen Gen hervorgehen. In den meisten humanen Geweben liegt die Expression der Isoformen VEGF 121 und 165 vor. Ein wesentlicher biochemischer und letztlich funktioneller Unterschied der Isoformen besteht in ihrer Bindungseigenschaft an extrazelluläre Matrixmoleküle und ihre unterschiedliche Affinität zu den VEGF-Rezeptoren [20]. Diese Eigenschaften werden durch die Heparinbindungsdomäne, die in Exon 6 und 7 codiert wird, bestimmt.

Die Expression von VEGF-A wird sowohl auf Transkriptions- als auch auf Translationsebene reguliert. Als wichtige Regulationsfaktoren gelten der Sauerstoffpartialdruck, Wachstumsfaktoren, Hormone, Zytokine, proinflammatorische Mediatoren (TNF-α, IL-1, IL-6, Prostaglandine) und auch reaktive Sauerstoffspezies (ROS).

Die Wirkung der VEGF-Proteine wird durch membranständige Rezeptoren der Tyrosinkinasefamilie VEGFR-1, VEGFR-2 und VEGFR-3 vermittelt. Zusätzlich findet eine Regulation VEGF-vermittelter Effekte über die Korezeptoren Neuropilin-1/-2 (Nrp-1/-2) und Heparansulfatproteoglykane statt.

Die Proteine der VEGF-Familie binden mit unterschiedlicher Affinität an die VEGF-Rezeptoren. Während VEGFR-1 und VEGFR-2 im Wesentlichen die Vaskulogenese, Angiogenese, Rekrutierung hematopoietischer Vorläuferzellen und Monozyten regulieren, steuert VEGFR-3 Prozesse der Lymphangiogenese (Abb. 4). Die VEGF-Rezeptoren werden insbesondere auf proliferierenden Endothelzellen exprimiert, wurden aber auch auf inflammatorischen Zellen (Neutrophile, Makrophagen, T-Zellen), hämatopoietischen Vorläuferzellen und Perizyten nachgewiesen.

Abb. 4
figure 4

Schema der membranständigen VEGF-Rezeptoren (VEGFR-1, VEGFR-2, VEGFR-3) und des Korezeptors Neuropilin (Nrp-1). Eine Splice-Variante von VEGFR-1 liegt als löslicher VEGFR-1 vor (sVEGFR-1)

VEGF-A stellt ein zentrales Molekül in der Regulation der Vaskulogenese (Neubildung von Gefäßen) und Angiogenese (Aussprossung von Gefäßen aus bereits bestehenden Gefäßen) dar.

Zusätzlich gilt VEGF-A als ein Schlüsselmediator in der Regulation der Gefäßpermeabilität, inflammatorischer Prozesse und der Rekrutierung hämatopoetischer und vaskulärer Vorläuferzellen. In zahlreichen experimentellen Modellen konnte für VEGF-A eine essenzielle Rolle in physiologischen Prozessen wie der Wundheilung und Reproduktion, aber auch in pathologischen Prozessen insbesondere der Tumorgenese, kardiovaskulären Erkrankungen, diabetischer Retinopathie, Erkrankungen der weiblichen Reproduktionsorgane und chronisch-entzündlicher Erkrankungen, nachgewiesen werden [8, 12]. Zu letzteren zählen insbesondere die rheumatoide Arthritis (RA), der systemische Lupus erythematodes, die systemische Sklerodermie und die multiple Sklerose [4]. Einige klinische Studien konnten eine positive Korrelation zwischen Krankheitsaktivität und der VEGF-A-Plasmakonzentration herstellen. Weitgehend unklar ist bisher, über welche Mechanismen VEGF und seine Isoformen zur Krankheitsentwicklung rheumatologischer und anderer entzündlicher Erkrankungen beiträgt.

Gegenstand zahlreicher aktueller Studien ist derzeit die Aufklärung der Rolle von VEGF-A in der Pathogenese der RA. Der charakteristisch morphologische Befund für die RA ist eine ausgeprägte erosive Synovialitis. Frühe Veränderungen der erkrankten Synovialis zeichnen sich durch eine intensive Vaskularisation, Einwanderung inflammatorischer Zellen und Hyperplasie der Synoviozyten aus, ein Prozess der letztlich zu einer verdickten und entzündlich veränderten Synovialmembran (Pannus) führt. Die Pannusbildung resultiert in einer gesteigerten und hypoxischen Stoffwechsellage im erkrankten Gewebe, ein klassischer Stimulus für die Expression proangiogenetischer Faktoren und die Einsprossung neuer Blutgefäße. Die vermehrte Vaskularisation der Synovialis wird gegenwärtig als ein Schlüsselprozess in der Pathogenese der RA angesehen und bietet somit Zielstrukturen für die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze.

VEGF-A könnte an der Pathogenese der RA beteiligt sein

Insbesondere tierexperimentelle Studien liefern schlüssige Hinweise darauf, dass VEGF wesentlich an den neoangiogenetischen Veränderung der Synovialis und Entstehung des Pannus beteiligt ist. Es ist denkbar, dass VEGF-A neben seiner proangiogenetischen Wirkung durch eine lokal gesteigerte Gefäßpermeabilität und eine erhöhte Expression von Endothelzelladhäsionsmolekülen (ICAM-1, VCAM-1) zur Pathogenese der RA beiträgt. Die erhöhte Expression von VEGF-A und -B und ihrer Rezeptoren VEGFR-2 und VEGFR-3 konnten in der pathologisch veränderten Synovialis nachgewiesen werden [21].

Bemerkenswerterweise konnte der gelenkzerstörende Prozess in einem Mausmodell für RA durch die systemische Gabe eines Anti-VEGFR-1-Antiserums aufgehalten werden, nicht jedoch durch einen Anti-VEGFR-2-Antikörper [17, 5]. Darüber hinaus konnte in einem RA-Modell in VEGFR-1-knockout-Mäusen ebenfalls eine reduzierte Ausprägung der für die RA typischen morphologischen Gelenkveränderungen nachgewiesen werden [19]. Dies unterstreicht die funktionelle Bedeutung des VEGFR-1-Signalweges in der Entstehung und Progression der RA. Zusätzlich deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass neben VEGF-A auch den VEGFR-1-Liganden, VEGF-B oder PlGF, eine Rolle in der Pathogenese der RA zukommt.

Die klinische Anwendung einer VEGF-blockierenden Therapie ist derzeit in der Tumortherapie am weitesten vorangeschritten, und klinische Phase-III-Studien belegen bereits die Wirksamkeit dieses Therapieansatzes bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen. Derzeit werden zahlreiche neue und spezifischere Substanzen zur Blockierung des VEGF-Signalwegs in präklinischen Studien untersucht [20]. Es ist denkbar, dass mit einem besseren Verständnis der molekularen Grundlagen der Pathogenese der RA und des VEGF-Signalwegs mittelfristig auch VEGF-inhibierende Substanzen zur Therapie der RA klinische Anwendung finden. Es ist gut vorstellbar, dass der Therapieerfolg der Anti-TNF-α-Therapie bei der RA zumindest partiell durch eine verminderte VEGF-Synthese zu erklären ist. TNF-α wurde in der Synovialflüssigkeit von RA-Patienten als einer der wesentlichen proinflammatorischen Mediatoren identifiziert, der VEGF in Monozyten von RA-Patienten induziert [3].

Es ist allerdings anzumerken, dass im Falle einer durch Hypoxie induzierten VEGF-Expression ein TNF-α inhibierender Ansatz keinen wesentlichen Einfluss auf VEGF-vermittelte Prozesse in der RA erwarten lässt und somit eine spezifische VEGF-Blockade notwendig machen würde.

Fazit für die Praxis

Die Rolle von Wachstumsfaktoren und möglicherweise auch die aktivierende Wirkung von stimulierenden Antikörpern gegen Wachstumsfaktorrezeptoren rückt in der Pathophysiologie rheumatischer Erkrankungen zunehmend in den Vordergrund. Erste positive klinische Beobachtungen zum therapeutischen Einsatz von Wachstumsfaktor-hemmenden Ansätzen unterstützen diese Sichtweise.