Zusammenfassung
Hintergrund
Körperliche Aktivität könnte die gesundheitsbezogene Lebensqualität stationär Pflegebedürftiger erhalten, da eine Verringerung hier insbesondere auf Einbußen der körperlichen Funktionsfähigkeit beruht. Ziel ist die Evaluation der Wirksamkeit von universell präventiven Angeboten zur Förderung von körperlicher Aktivität auf die Durchführbarkeit der Aktivitäten des täglichen Lebens bei Pflegebedürftigen in der stationären Pflege.
Material und Methode
Relevante Literatur wurde über eine systematische Recherche in den Datenbanken MEDLINE, The Cochrane Library, EMBASE, CINAHL, PsycINFO und PEDro identifiziert. Datenextraktion und Prüfung des Verzerrungsrisikos wurden durch 2 Autoren unabhängig voneinander vorgenommen. Die Ergebnissynthesen beruhen auf Metaanalysen mit „Random-effects“-Modellen.
Ergebnisse
Unter Einbezug von 14 Primärstudien weisen stationär Pflegebedürftige nach Teilnahme an körperlichen Aktivitäten im Vergleich zu verschiedenen Kontrollbedingungen eine statistisch signifikant bessere körperliche Funktionsfähigkeit auf (Standardisierte Mittelwertdifferenz [SMD] = 0,48, 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,26–0,71, p < 0,0001). Subgruppenanalysen lassen vermuten, dass insbesondere stationär Pflegebedürftige mit vermehrten körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen von körperlicher Aktivität profitieren können. Ergebnisse nach einem trainingsfreien Zeitraum begründen die Notwendigkeit einer dauerhaften Implementierung. Aufgrund des insgesamt hohen Verzerrungsrisikos der Studien ist die Aussagekraft der Ergebnisse allerdings limitiert.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse deuten auf eine Effektivität von körperlicher Aktivität in der stationären Pflege hin. Angesichts einer niedrigen Evidenzgüte sind qualitativ hochwertige Studien für eine Überprüfung der Robustheit der statistischen Ergebnisse notwendig.
Abstract
Background
Among residents of nursing homes, physical activity might be beneficial in maintaining health-related quality of life because impairment is caused in particular by functional decline. The aim is the evaluation of the effectiveness of universal preventive interventions directed at increasing physical activity on activities of daily living in nursing home residents.
Material and methods
Relevant studies were identified through database searching in MEDLINE, the Cochrane library, EMBASE, CINAHL, PsycINFO and PEDro. Two review authors independently selected articles, assessed the risk of bias and extracted data. Results were combined in random effects meta-analyses.
Results
By including 14 primary studies, nursing home residents participating in physical activities showed a statistically significant greater physical functioning compared to controls (standardized mean difference [SMD] = 0.48, 95% confidence interval [95% CI] 0.26–0.71, p < 0.0001). Subgroup analyses suggest that especially nursing home residents with severe physical and cognitive impairment might benefit from participation in physical activities. Results after non-training periods substantiate the necessity of a sustained implementation. Due to the high risk of bias in included studies, the results must be interpreted with caution.
Conclusion
Physical activity for nursing home residents can be effective. Considering the low-quality evidence, performance of high-quality studies is essential in order to verify the statistical results.
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Mit dem Inkrafttreten des Präventionsgesetzes im Jahr 2015 haben Pflegekassen im § 5 (1) SGB XI die Aufgabe bekommen, in der stationären Pflege Leistungen zur Prävention bei versicherten Pflegebedürftigen zu erbringen. Diese Leistungen müssen sich von den Aufgaben aktivierender Pflege (§ 11 Abs. 1 SGB XI) unterscheiden und wie bei allen Leistungen der sozialen Pflegeversicherung den Kriterien der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen (§ 4 Abs. 3 SGB XI). Eines der im Leitfaden des GKV-Spitzenverbandes dafür ausgewiesenen Handlungsfelder ist körperliche Aktivität.
Die Klientel der stationären Pflege ist durch Multimorbidität und Manifestation gerontopsychiatrischer Erkrankungen gekennzeichnet. Dennoch verfügt sie über gesundheitliche Potenziale, die gefördert werden können [28]. Ziel ist ein möglichst langfristiger Erhalt eines Höchstmaßes an Selbstbestimmung bei bestmöglicher Lebensqualität. Ein Ansatz stellt regelmäßige körperliche Aktivität dar [4]. Aktuelle Befunde legen nahe, dass Einbußen der körperlichen Funktionsfähigkeit bei stationär Pflegebedürftigen mit einer herabgesetzten gesundheitsbezogenen Lebensqualität einhergehen [18]. Für das Setting der stationären Pflege liegen bislang allerdings keine evidenzbasierten Empfehlungen für die Durchführung körperlicher Aktivitäten vor. Eine systematische Übersichtsarbeit [5] konstatiert auf Grundlage von Primärstudien bis einschließlich Dezember 2009 die Wirksamkeit rehabilitativer Interventionen auf die körperliche Funktionsfähigkeit älterer Personen in Einrichtungen der stationären Langzeitversorgung. Unter rehabilitativen Interventionen sind hier sämtliche aktive Interventionsformen zu verstehen, die eine Aufrechterhaltung oder Verbesserung der individuellen körperlichen Funktionsfähigkeit anstreben. Es wurde eine insuffiziente Evidenzlage für die Wirksamkeit rehabilitativer Interventionen dargelegt und es fand keine isolierte Bewertung der Wirksamkeit universell präventiver Interventionen statt.
Präventive Leistungen nach § 5 SGB XI umfassen universelle Strategien im vorgegebenen Setting ohne eine darüber hinausgehende risikobezogene Zielgruppenauswahl [13]. Zu solchen Strategien in der stationären Pflege liegen bislang keine systematischen Erkenntnisse vor. Aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht ist bei universell präventiven Strategien zu erwarten, dass sie eine nachhaltige Wirkung entfalten können, die Wirksamkeit allerdings gemessen an der Höhe des statistischen Effekts schwieriger nachzuweisen ist [25]. Strategien universeller, selektiver sowie indizierter Prävention sollten sich systematisch ergänzen.
Das Ziel dieser systematischen Übersichtsarbeit ist daher die Bewertung der Wirksamkeit universell präventiver Angebote zur Förderung von körperlicher Aktivität auf die Durchführbarkeit der Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) bei Pflegebedürftigen in der stationären Pflege. Die ATL sollten mit dem in der Geriatrie etablierten Barthel-Index [22] oder einem weitgehend vergleichbaren Index erfasst sein.
Methode
Systematische Literaturrecherche
Eine systematische Literaturrecherche wurde am 01. April 2016 in den elektronischen Datenbanken MEDLINE (PubMed), The Cochrane Library (seit 1996), EMBASE, CINAHL, PsycINFO sowie PEDro durchgeführt. Die Suchstrategie schloss Schlag- und Textwörter für das Setting (stationäre Pflege), die Intervention (körperliche Aktivität) und den Endpunkt (Durchführbarkeit der ATL) ein. Aufbauend auf die zugrunde liegende systematische Übersichtsarbeit [5] wurden eine Eingrenzung des Publikationszeitraumes ab Januar 2010 bis einschließlich März 2016 sowie eine Limitierung auf Veröffentlichungen in deutscher und englischer Sprache vorgenommen. Aus der systematischen Übersichtsarbeit [5] wurden jene Primärstudien ergänzt, die den Selektionskriterien entsprachen. Zuzüglich fanden eine webbasierte Handsuche und eine Sichtung von Referenzlisten relevanter Publikationen statt. Die vollständigen Suchverläufe der sehr sensitiven Suche und eine Tabelle der ausgeschlossenen Volltexte können bei der korrespondierenden Autorin angefragt werden.
Literaturselektion und Datenextraktion
Es wurden randomisierte kontrollierte (RCT), clusterrandomisierte kontrollierte (cRCT) und kontrollierte klinische Primärstudien (CCT) eingeschlossen, die die Wirksamkeit universell präventiver Maßnahmen zur Förderung von körperlicher Aktivität auf die Durchführbarkeit der ATL bei stationär Pflegebedürftigen evaluierten. Unter körperlicher Aktivität sind sämtliche organisierte und geplante körperliche Tätigkeiten zu verstehen, die über das normale Maß alltäglicher Verrichtungen hinausgehen. Als Kontrollbedingung wurden Primärstudien mit jeglichen Vergleichsinterventionen in den Selektionsprozess integriert. Unberücksichtigt blieben Primärstudien mit einer selektiven Erhebung der ATL oder multimodalen Interventionsformen.
Zwei Autoren führten unabhängig voneinander eine Literaturselektion in 2 Schritten durch: 1) Screening von Titel und Abstract und 2) Prüfung potenziell relevanter Volltexte. Die Datenextraktion wurde durch eine Autorin vorgenommen und durch einen zweiten Autor überprüft.
Bewertung des Verzerrungsrisikos
Eine Beurteilung der methodischen Güte der Primärstudien erfolgte durch 2 Personen unabhängig voneinander mithilfe des international etablierten Instruments der Cochrane Collaboration [16]. Dieses umfasst die folgenden Kriterien:
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Generierung der Randomisierungssequenz,
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verdeckte Gruppenzuteilung,
-
Verblindung der Studienteilnehmenden und des Studienpersonals,
-
Verblindung der Endpunkterhebenden,
-
unvollständige Ergebnisdaten,
-
selektives Berichten von Ergebnisdaten,
-
andere Ursachen systematischer Fehler.
Sämtliche während der Literaturselektion, der Datenextraktion und der Bewertung des Verzerrungsrisikos aufgetretenen Diskrepanzen konnten durch Diskussion und bei Bedarf unter Hinzuziehen einer dritten Autorin aufgelöst werden.
Statistische Ergebnissynthese
Die Ergebnisse von 14 Primärstudien wurden im Rahmen von Metaanalysen statistisch zusammengefasst. In Anbetracht der durch differente Studienpopulationen und Interventionen erwarteten hohen statistischen Heterogenität wurde das „Random-effects“-Modell von DerSimonian und Laird [8] verwendet. Die Primärstudie von Gallon et al. konnte aufgrund der in der Publikation zur Verfügung stehenden Daten nicht berücksichtigt werden [12]. Infolge der verschiedenen in den Studien verwandten Erhebungsinstrumente wurden standardisierte Mittelwertdifferenzen (SMD) mit 95 %-Konfidenzintervall (95 %-KI) als Effektmaß berechnet. Hierbei fand eine Adjustierung der SMD für kleine Fallzahlen statt [3]. Für die Berechnungen wurde, sofern verfügbar, auf die Ergebnisse von „Intention-to-treat“-Analysen zurückgegriffen. Die Gewichtung der einzelnen Effektschätzer folgte der Methode der inversen Varianz [3]. Relevante Subgruppenanalysen (Interventionsdauer, funktioneller und kognitiver Status) wurden a priori festgelegt. Die Robustheit der Effektschätzer wurde durch eine Sensitivitätsanalyse unter Ausschluss von CCT überprüft. Darüber hinaus wurden Metaanalysen unter Differenzierung nach den verwandten Erhebungsinstrumenten durchgeführt. Die Präsenz und das Ausmaß von statistischer Heterogenität wurden mithilfe des χ2-Tests (α = 0,1) und der I2-Statistik [15] detektiert und in Anlehnung an das Cochrane-Handbuch bewertet [7]. Sämtliche Analysen erfolgten mit dem Statistikprogramm R (Version 3.2.4.).
Ergebnisse
Identifizierte Studien
Im Rahmen der systematischen Literaturrecherche konnten nach Entfernung von Duplikaten insgesamt 2500 Referenzen identifiziert werden. Hiervon wurden 2473 Arbeiten nach Durchsicht der Titel und Abstracts als irrelevant ausgeschlossen. Von den übrigen 27 als Volltexte durchgesehenen Publikationen konnten, gemeinsam mit 5 bereits in der systematischen Übersichtsarbeit [5] enthaltenen Primärstudien, schließlich 15 Primärstudien in die systematische Übersichtsarbeit eingeschlossen werden (Tab. 1).
Methodische Qualität
Das Verzerrungsrisiko der Evidenzlage wurde insgesamt als hoch eingestuft. Diese Einschätzung beruht primär auf oftmals insuffizienter oder unklarer Verdeckung der Gruppenzuteilung sowie Verblindung von Studienteilnehmenden und -personal. Eine fehlende Verblindung ist zumeist auf die Beschaffenheit der Interventionen zurückzuführen und kann bei Durchführung von Interventionen und Kontrollbedingungen in einer einzelnen Einrichtung Verzerrungspotenzial hervorrufen. Die Gefahr von Verzerrung steigt zusätzlich, wenn keine Verblindung der endpunkterhebenden Personen, oftmals des Pflegepersonals, stattgefunden hat. Das Verzerrungspotenzial je Kriterium und eine Gesamtbewertung für jede eingeschlossene Primärstudie dokumentiert Tab. 2.
Ergebnisse zu den Interventionen
Die Ergebnisse aus 14 Primärstudien (12 RCT und 2 CCT) konnten in einer Metaanalyse statistisch zusammengefasst werden. Die Teilnahme an Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität kann im Vergleich zu einer üblichen Versorgung oder alternativen Interventionsformen die Durchführbarkeit der ATL begünstigen (SMD = 0,48, [95%-KI] 0,26–0,71, p < 0,0001). Die Heterogenität zwischen den Studien ist als substanziell einzustufen (I2 = 64 %, p = 0,0005; Abb. 1). In der Sensitivitätsanalyse erwies sich der Schätzer nach Ausschluss der CCT als robust (SMD = 0,50, 95 %-KI 0,24–0,76, p = 0,0002; I2 = 69 %, p = 0,0002).
Der Vorteil der Teilnahme an körperlichen Aktivitäten konnte im Vergleich zu verschiedenen Kontrollbedingungen über einen trainingsfreien Zeitraum (durchschnittlich 4 Monate) aufrechterhalten werden (SMD = 0,32, 95 %-KI 0,08–0,56, p = 0,0081). Eine statistisch signifikant bessere Funktionsfähigkeit konnte bei stationär Pflegebedürftigen nach Teilnahme an weniger als 3 Monate (SMD = 0,77, 95 %-KI 0,21–1,33, p = 0,0068) und mindestens 3 Monate dauernden (SMD = 0,40, 95 %-KI 0,15–0,65, p = 0,0015) Interventionen körperlicher Aktivität beobachtet werden. Zwischen den Subgruppen besteht kein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,23). In einer weiteren Subgruppenanalyse wurde die Wirksamkeit in Abhängigkeit des Funktionsstatus der Teilnehmenden zu Studienbeginn evaluiert. Hierfür wurden die ATL-Ausgangswerte auf eine gemeinsame Skala vereinheitlicht und der Median der Werte ermittelt. Bei stationär Pflegebedürftigen mit bei Studienbeginn über (SMD = 0,46, 95 %-KI 0,14–0,78, p = 0,005) und unter (SMD = 0,54, 95 %-KI 0,19–0,89, p = 0,0022) dem Median liegenden ATL-Ausgangswerten konnte ein statistisch signifikanter Vorteil gezeigt werden. Ein Vergleich beider Subgruppen lässt keinen statistisch signifikanten Unterschied erkennen (p = 0,72). In Anlehnung an die S3-Leitlinie Demenz [9] wurde für eine weitere Subgruppenanalyse ein Wert von 20 Punkten im Mini-Mental-Status-Test (MMST) als Kriterium zur Definition der Subgruppen gewählt. Eine Teilnahme an Interventionen körperlicher Aktivität konnte bei stationär Pflegebedürftigen mit MMST-Ausgangswerten unter 20 Punkten im Vergleich zu verschiedenen Kontrollbedingungen eine statistisch signifikant bessere Funktionsfähigkeit erzielen (SMD = 0,52, 95 %-KI 0,12–0,92, p = 0,0105). Bei Betrachtung von Studienteilnehmenden mit MMST-Ausgangswerten von mindestens 20 Punkten wurde keine statistisch signifikant bessere Durchführbarkeit alltäglicher Verrichtungen identifiziert (SMD = 0,50, 95 %-KI −0,20–1,21, p = 0,1586). Wenngleich die Ergebnisse auf einen größeren Unterschied bei stationär Pflegebedürftigen mit moderaten bis schweren kognitiven Einbußen hindeuten, fällt der Vergleich beider Subgruppen statistisch nichtsignifikant aus (p = 0,96; Tab. 3).
Zusätzliche Metaanalysen wurden differenziert nach in den Primärstudien verwandten Erhebungsinstrumenten berechnet. Die Ergebnisse weisen hierbei unabhängig vom Erhebungsinstrument konsistent auf statistisch signifikante Vorteile zugunsten der Interventionsgruppen hin (Tab. 4).
„Publication bias“
Im Funnel-Plot (Abb. 2) ist eine deutliche Asymmetrie erkennbar, die auf das Fehlen von Ergebnissen kleinerer statistisch nichtsignifikanter Studien hindeutet. Eine formale Prüfung auf das Vorliegen von „publication bias“ zeigte ein statistisch signifikantes Ergebnis (p < 0,001) [11].
Diskussion
Die vorliegende systematische Übersichtsarbeit gibt Hinweise auf eine Überlegenheit universell präventiver Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität im Vergleich zu einer üblichen Versorgung oder alternativen Interventionsformen. Hierbei weisen die in einer gemeinsamen Metaanalyse eingeschlossenen Primärstudien allerdings eine substanzielle Heterogenität auf. Möglicherweise kommt als Ursache die Vielgestaltigkeit der in den Primärstudien evaluierten Interventionen in Betracht. Gleichermaßen blieb in durchgeführten Subgruppenanalysen nach potenziell Heterogenität verursachenden Studiencharakteristika ein vergleichbares Ausmaß an Heterogenität erhalten.
Die Ergebnisse weisen ferner darauf hin, dass stationär Pflegebedürftige eher von kürzeren als von länger andauernden Angeboten profitieren. Eine Ursache für diesen Befund könnte das in einigen Primärstudien thematisierte Nachlassen der Teilnahmebereitschaft sein [6, 26]. Eine Aufrechterhaltung der Motivation setzt offenbar eine hinreichende Berücksichtigung körperlicher und kognitiver Beeinträchtigungen sowie unterschiedlicher Interessenlagen voraus [17]. Die Notwendigkeit einer langfristigen Implementierung universell präventiver Angebotsstrukturen wird durch Nachbeobachtungen nach Abschluss der Interventionen begründet. Obgleich die Interventionen durchaus nachhaltig wirksam sind, nimmt die körperliche Funktionsfähigkeit stationär Pflegebedürftiger über einen trainingsfreien Zeitraum ab. Das Fehlen fortlaufender Trainingsreize hat eine Verminderung erworbener Trainingseffekte zur Folge [14].
Weiterhin scheint eine dem Leistungsstand angemessene Ausrichtung der Trainingsmaßnahmen mit einem größeren Nutzen für stationär Pflegebedürftige mit anfänglich niedrigeren Alltagsfähigkeiten einherzugehen. Dies kann vermutlich durch niedrige Trainingsintensitäten mit progressiver Belastungssteigerung begründet werden, die bei Studienteilnehmenden mit vermehrten Funktionseinbußen verstärkte physiologische Anpassungsprozesse hervorrufen [19]. Einer überdurchschnittlichen Beeinträchtigung der Alltagskompetenz sind gewöhnlich stationär Pflegebedürftige mit demenziellen Erkrankungen in fortgeschrittenen Stadien ausgesetzt. Dementsprechend deuten die Ergebnisse darauf hin, dass stationär Pflegebedürftige mit moderaten bis starken kognitiven Leistungsstörungen stärker von einer Teilnahme an körperlichen Aktivitäten profitieren können.
In Anbetracht der methodischen Schwächen der eingeschlossenen Studien und einer substanziellen Heterogenität gründen die Ausführungen auf einer insgesamt niedrigen Evidenzgüte. Überdies kann auch die Möglichkeit des Vorliegens eines „publication bias“ eine Überschätzung der tatsächlichen Wirksamkeit begünstigt haben. Aufgrund dessen bleibt eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit universell präventiver Angebotsstrukturen erschwert. Dennoch weisen die Studien im Einzelnen vornehmlich auf einen für stationär Pflegebedürftige bedeutsamen Nutzen von Maßnahmen zur Förderung der körperlichen Aktivität hin.
Limitationen
Sprachliche Limitierungen im Rechercheprozess begünstigen u. U. eine systematische Verzerrung der Ergebnisse durch „publication bias“. Anlässlich international bedeutungsverwandter Begriffe für das Setting der stationären Pflege wurden im Selektionsprozess möglicherweise Fehleinschätzungen vorgenommen.
Fazit für die Praxis
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Obgleich die Evidenzlage ein insgesamt hohes Verzerrungspotenzial aufweist, kann im Rahmen des Präventionsgesetzes die Implementierung universell präventiver Angebote zur Förderung von körperlicher Aktivität in der stationären Pflege empfohlen werden. Eine wissenschaftliche Begleitung ist empfehlenswert.
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Körperliche Aktivität strebt eine Verbesserung der Durchführung der ATL an. Die Förderung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität durch eine Verzögerung körperlicher Beeinträchtigungen lässt sich daraus nicht unmittelbar erschließen.
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Inwieweit eine leistungsrechtlich notwendige Abgrenzung zur aktivierenden Pflege sinnvoll ist oder beides eng aufeinander bezogen sein muss, kann hier nicht bewertet werden.
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Unterschiede in der Wirksamkeit bei kognitiv weniger oder stärker beeinträchtigten Pflegebedürftigen sollten genauer untersucht werden. Daraus könnten Anregungen für Maßnahmen selektiver Prävention entstehen. Insbesondere bedarf die Wirksamkeit von Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität auf die kognitive Leistungsfähigkeit weiterer Forschung.
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Zukünftige Forschungsvorhaben sollten ihr Interesse auf die Identifikation der für Pflegebedürftige im Setting der stationären Pflege effektivsten Interventionen unter Berücksichtigung verschiedener Kombinationen von Trainingskomponenten richten und im Rahmen hinreichend großer und methodisch gut angelegter Studien evaluieren.
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C. Wöhl, H. Siebert und B. Blättner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Wöhl, C., Siebert, H. & Blättner, B. Interventionen zur Förderung der körperlichen Aktivität in Pflegeheimen. Z Gerontol Geriat 50, 475–482 (2017). https://doi.org/10.1007/s00391-016-1158-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00391-016-1158-2
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- Aktivitäten des täglichen Lebens
- Lebensqualität
- Selbstständigkeit
- Kontrollierte klinische Studien
- Gerontologie