Adipositas bezeichnet die übermäßige Ansammlung von Fettgewebe im Körper und wird als chronische Erkrankung verstanden, die mit negativen Gesundheitsauswirkungen einhergeht. Definiert wird Adipositas anhand des Body Mass Index (BMI), dem Quotienten aus Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat (kg/m2). Von Adipositas wird ab einem BMI-Wert ≥30 kg/m2 gesprochen, als Übergewicht wird ein BMI zwischen 25 und 30 kg/m2 bezeichnet [46]. Insbesondere Geriater empfehlen, im höheren Lebensalter auch BMI-Werte im Bereich des Übergewichts als Normalgewicht zu kategorisieren, da sich für diesen Bereich protektive Effekte hinsichtlich der körperlichen Funktionalität und der Sterblichkeit nachweisen ließen [23, 30, 44].

Prävalenz

Alternative Methoden zur Bestimmung von Adipositas sind die Messung der Fettmasse mithilfe der dualen Röntgenabsorptiometrie (dual energy X‑ray absorptiometry, DEXA) oder der bioelektrischen Impedanzanalyse (BIA) sowie die Bestimmung des Taillenumfangs und des Quotienten aus Taillen- und Hüftumfang. Aufgrund limitierter Daten über die Beziehung dieser Methoden zur körperlichen Funktionalität und zu Frailty wird im Folgenden der Fokus auf den BMI gelegt. Wie die Zahlen der repräsentativen Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) zeigen, steigt die Prävalenz von Adipositas mit zunehmendem Lebensalter an und ist im höheren Lebensalter (ab einem Alter von 60 Jahren) weit verbreitet. Über ein Drittel der über 60-Jährigen (33,1 und 31,3 % der Männer sowie 34,8 und 38,8 % der Frauen in den Altersgruppen der 60- bis 69-Jährigen resp. der 70- bis 79-Jährigen) ist von Adipositas betroffen. In den letzten 2 Dekaden war der Adipositasanteil auf einem hohen Niveau konstant [25]. Aufgrund des demografischen Wandels und der gesteigerten Lebenserwartung wird allerdings mit einem Anstieg der absoluten Zahlen in der Bevölkerungsgruppe der über 60-Jährigen gerechnet.

Körperliche Funktionalität

Der Alterungsprozess des Menschen geht mit Veränderungen der Körperzusammensetzung einher. Der Anteil der Muskelmasse nimmt ab, während der Anteil der Fettmasse zunimmt. In der Health-ABC-Studie konnte beispielsweise ein Verlust der fettfreien Masse von 1 % pro Jahr bei 70- bis 79-jährigen Männern und Frauen beobachtet werden, wohingegen der Fettanteil pro Jahr um 0,76 % bei Männern und um 0,42 % bei Frauen anstieg [14]. Diese Veränderungen beginnen bereits ab dem 30. Lebensjahr, schreiten mit zunehmendem Alter voran und wirken sich per se auf die körperliche Funktionalität aus. Bereits in jüngeren Jahren sind darüber hinaus starkes Übergewicht und Adipositas häufig mit Einschränkungen der Mobilität sowie mit einer Beeinträchtigung der körperlichen Funktionalität assoziiert. Senioren sind von diesen negativen Auswirkungen jedoch deutlich stärker betroffen [1618, 23, 31, 36], da hier Adipositas den altersbedingten Verlust von körperlicher Funktionalität verstärkt, wie dies z. B. im Rahmen degenerativer Gelenkerkrankungen der Fall ist. In einem Circulus vitiosus führen körperliche Einschränkungen zu einer geringeren körperlichen Aktivität, die aufgrund eines geringeren Energieumsatzes eine weitere Gewichtszunahme mit Erhöhung der Fettmasse und eine Verringerung der Skelettmuskelmasse begünstigt. Dieser Umbau der Körperzusammensetzung führt zu einer anwachsenden Beeinträchtigung der körperlichen Aktivität.

Die aktuellen Studienergebnisse zur Bedeutung von Adipositas für die körperliche Funktionalität und für Frailty, die im Folgenden beschrieben werden, fasst Tab. 1 zusammen.

Tab. 1 Bedeutung von Übergewicht und Adipositas für die körperliche Funktionalität, Frailty und Mortalität beim älteren Menschen

Eine große kanadische Studie aus dem Jahr 2009 an über 900 Senioren im Alter zwischen 68 und 82 Jahren erbrachte bei adipösen Studienteilnehmern signifikant schlechtere Werte für funktionelle Tests wie den Timed up and go Test, den Chair-Rise-Test und den Einbeinstand. Ausnahme war die Gehgeschwindigkeit. Hier erreichten die adipösen Senioren bessere Werte als die nichtadipösen Teilnehmenden [6]. In einer französischen Untersuchung mit etwa 1400 Seniorinnen ab 75 Jahren war Adipositas mit einem 44–79 % höheren Risiko für eine körperliche Beeinträchtigung verbunden. In dieser Studie wurden bevorzugt alltagsrelevante Fähigkeiten getestet, wie das Gehen, Treppensteigen, Aufstehen von Stuhl oder Bett und Aufheben von Dingen vom Fußboden [32]. Kürzlich wies eine große epidemiologische Studie an US-Amerikanern einen U‑förmigen Zusammenhang zwischen dem BMI und dem Vorliegen einer körperlichen Beeinträchtigung nach. Es fanden sich im Vergleich zu Normalgewichtigen bei mehreren Funktionstests und für die Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) signifikant schlechtere Werte sowohl bei Adipösen als auch bei Untergewichtigen [2].

In einer großen Untersuchung im lateinamerikanischen Raum konnten die geringsten ADL-Einschränkungen bei BMI-Werten zwischen 25–<30 kg/m2 identifiziert werden. Im Gegensatz dazu zeigten sich die stärksten Beeinträchtigungen in der BMI-Gruppe ≥35 kg/m2 [1].

Mit Hinblick auf das Verhältnis der Muskelkraft zur Adipositas ist die Interpretation der Studienergebnisse weniger eindeutig. Dabei gilt es grundsätzlich zu berücksichtigen, ob der gemessene Kraftparameter das Gewicht der Person einbezieht, oder ob es sich um einen Absolutwert handelt. So zeigte eine Studie mit 83 Schwedinnen im Alter von 88 Jahren – davon 24 adipös – einen Zusammenhang zwischen Adipositas und geringer Handkraft. Der Zusammenhang blieb auch nach Adjustierung der Handkraft für das Gewicht und den BMI erhalten [9]. Dieses Ergebnis wurde in einer weiteren Studie an 65- bis 80-Jährigen nicht bestätigt. Hier zeigte sich zwar ein negativer Zusammenhang zwischen dem Grad der Adipositas und dem 6-Minuten-Gehtest, die Absolutwerte der Handkraft und der Knieextensionskraft waren hingegen nicht mit dem BMI assoziiert. In dieser Studie wurde auch die Körperzusammensetzung mithilfe der DEXA gemessen. Nach Adjustierung der Kraftparameter für die fettfreie Körpermasse war eine Adipositas mit einer reduzierten Knieextensionskraft, nicht jedoch mit einer geringen Handkraft assoziiert. Die Autoren folgerten, dass die bei Adipösen meist höhere Muskelmasse den negativen Effekt der Fettmasse nicht ausgleichen kann [42]. Der Mini-Finland Health Survey analysierte Daten von über 3500 über 50-Jährigen über einen Zeitraum von 33 Jahren und fand heraus, dass bei den über 70-Jährigen Übergewicht und Adipositas insgesamt protektiv bezüglich der Mortalität wirkten. Darüber hinaus zeigte sich jedoch eine erhöhte Mortalität bei Adipösen mit geringer Handkraft im Vergleich zu Normalgewichtigen mit hoher Handkraft (Hazard Ratio 1,23, 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 1,04–1,46). In der Gruppe der ältesten Probanden (70+) zeigten jedoch die Übergewichtigen und Adipösen mit hoher Handkraft ein signifikant geringeres Mortalitätsrisiko als Normalgewichtige mit hoher Handkraft [37]. Dahingegen war in einer jüngst erschienenen Metaanalyse mit insgesamt 3951.455 untersuchten Individuen aus 189 Studien bereits ein BMI über 25 kg/m2 mit einer erhöhten Sterblichkeit sowohl bei jüngeren Erwachsenen als auch bei Senioren zwischen 50 und 69 sowie 70 und 89 Jahren im Vergleich zu Individuen mit einem BMI zwischen 22,5–25 kg/m2 assoziiert. Das Sterblichkeitsrisiko nahm jedoch mit steigendem Lebensalter ab. Da den untersuchten Altersgruppen eine sehr breite Spannweite (20 Jahre) zugrunde liegt, ist eine detaillierte Betrachtung der Gruppe der Senioren nur eingeschränkt möglich. Bei allen untersuchten Probanden lag zu Beginn der Untersuchung keine chronische Erkrankung vor. Da in der deutschen Bevölkerung Senioren zu einem großen Anteil von mindestens einer chronischen Erkrankung wie beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Gelenkerkrankungen betroffen sind, sind die Studienergebnisse noch nicht uneingeschränkt auf diese Bevölkerungsgruppe übertragbar [40].

Eine Untersuchung an Pflegeheimbewohnern konnte zeigen, dass adipöse Probanden im Verlauf eines Jahres die stabilste körperliche Funktionalität aufwiesen, während Unter- als auch Normalgewichtige signifikante Funktionseinbußen im Messzeitraum hinnehmen mussten [20].

In der Vitality 90+ Study wurde zwar ein negativer Zusammenhang zwischen hohem BMI und Einschränkungen in den ADL nachgewiesen, dieser war jedoch nicht mehr signifikant, wenn der Taillenumfang in die Analyse einbezogen wurde [22].

Aus diesen Daten wird deutlich, dass nicht nur das Gewicht entscheidend für die Funktionalität zu sein scheint, sondern hier v. a. die individuelle Körperzusammensetzung mit dem Anteil an Fett- und Muskelmasse betrachtet werden sollte.

Schlussfolgernd liegt der im Alter hinsichtlich Mortalität und Funktionalität als optimal anzusehende BMI-Wert höher als in jüngeren Jahren. Für eine sorgfältige Bewertung des individuellen Risikos muss neben dem BMI auch die individuelle Komorbidität berücksichtigt werden. Jedoch bedingen deutlich erhöhte BMI-Werte ein erhöhtes Risiko für Funktionsverlust und Pflegebedürftigkeit.

Frailty

Die Prävalenz der Frailty steigt mit höherem Lebensalter. Sie ist unter Hochbetagten weit verbreitet. Frailty ist u. a. durch eine Abnahme der körpereigenen Funktionsreserven sowie den Verlust der individuellen Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren und inneren Stressoren charakterisiert. Ältere Personen mit Frailty weisen einen schlechteren Gesundheitsverlauf und ein hohes Risiko für Stürze, Mobilitätseinschränkungen, Einschränkungen der Aktivitäten des täglichen Lebens, Krankenhausaufenthalte und eine höhere Mortalität auf [10]. In der Literatur findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Frailty-Modelle. Die gegenwärtig am weitesten verbreitete Definition ist diejenige nach Fried aus dem Jahr 2001. Zu den Fried-Kriterien zählen ein ungewollter Gewichtsverlust, Schwäche der Handkraft, Erschöpfung, eine langsame Gehgeschwindigkeit und eine geringe körperliche Aktivität [10]. Aufgrund des Fried-Kriteriums der ungewollten Gewichtsabnahme lag es nahe, dass im Kontext der Frailty zunächst der Mangelernährung größere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Eine amerikanische Arbeitsgruppe konnte jedoch bereits 2005 in einer Querschnittsanalyse von Daten der Women’s Health and Aging Studies I und II zeigen, dass auch Adipositas wesentliche Bedeutung für die Entstehung von Frailty zukommt. In dieser Arbeit fand sich bei 599 zu Hause lebenden älteren Frauen zwischen 70 und 79 Jahren eine positive Assoziation zwischen dem Vorliegen von Adipositas und Frailty sowie „pre-frailty“ nach Fried. Unter den 5 Frailty-Kriterien der adipösen Studienteilnehmerinnen kommt den Kriterien Langsamkeit, Schwäche und niedrigen körperlichen Aktivität die weitaus größte Bedeutung für das Vorliegen von Frailty zu. Bei Übergewicht war in dieser Untersuchung die niedrigste Rate an Frailty zu beobachten. Die Autoren führten den Begriff der „obese frailty“ in die wissenschaftliche Literatur ein [5]. Eine große prospektiv angelegte Studie mit einem spanischen Kollektiv bestätigte unlängst diese Annahmen. Bei 3090 zu Hause lebenden Senioren über 65 Jahren wurde die Entwicklung von Frailty über einen Zeitraum von 2 Jahren beobachtet. Das Vorliegen von Adipositas war dabei deutlich häufiger mit dem Neuauftreten von Frailty assoziiert, als dies bei Normal- oder Übergewicht der Fall war. Darüber hinaus konnte beobachtet werden, dass auch das Fettverteilungsmuster für das Auftreten von Frailty Bedeutung hat [12]. Eine abdominelle Adipositas, gemessen am Taillenumfang (≥88 cm bei Frauen und ≥102 cm bei Männern), war signifikant mit dem Auftreten von Frailty assoziiert und muss daher als ein additiver Risikofaktor angesehen werden [3, 12, 19]. Das höchste Risiko für die Frailty-Diagnose bestand bei Vorliegen einer Adipositas mit bevorzugt abdomineller Fettverteilung [12]. Wichtige Informationen zur Beziehung zwischen BMI und Frailty lieferten ferner die Daten von 3055 zu Hause lebenden Senioren im Alter über 65 Jahren, die in der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA) analysiert werden konnten. Sie beschreiben eine U‑förmige Beziehung zwischen BMI und Frailty mit der niedrigsten Prävalenz von Frailty nach Fried im BMI-Bereich zwischen 25 und 35 kg/m2 [19]. Smit et al. fanden demgegenüber anhand von Daten des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) eine eher lineare Beziehung zwischen der steigenden Prävalenz von Frailty und dem zunehmendem BMI-Wert unter 4731 über 60-Jährigen nichtinstitutionalisierten Senioren [35].

Zwei finnische Studien lassen vermuten, dass ebenfalls das Gewicht der zurückliegenden Lebensspanne für die Entwicklung von Frailty von Bedeutung ist. Anhand der Helsinki Businessman Study und des Mini-Finland Health Surveys wurde an 1114 resp. 1119 Senioren aufgezeigt, dass neben einem Gewichtsverlust konstantes Übergewicht und Adipositas in der mittleren Lebensspanne mit einem erhöhten Risiko für die Frailty-Entwicklung einhergehen [39]. Bei Vorliegen von Übergewicht oder Adipositas war im Mini-Finland Health Survey das Risiko, Frailty über einen Zeitraum von 22 Jahren zu entwickeln, 5‑fach höher als bei Normalgewichtigen. Für die Entwicklung von „pre-frailty“ bestand ein 2‑fach erhöhtes Risiko [38].

In der aktuellen wissenschaftlichen Literatur werden mehrere ätiologische Mechanismen diskutiert, denen für die Entstehung von „obese frailty“ Bedeutung zukommen könnte. Zum einen ist dies eine bei adipösen älteren Personen häufig zu beobachtende Insulinresistenz; zum anderen sind dies inflammatorische Prozesse, die sich bei adipösen älteren Personen in stärkerer Ausprägung als bei solchen im Normal- oder Übergewichtsbereich finden. Sowohl Parameter der Insulinresistenz als inflammatorische Marker waren in einer prospektiven Untersuchung mit dem Auftreten von Frailty assoziiert [3]. In einer weiteren Untersuchung war diese Assoziation nur schwach ausgeprägt [12].

Therapeutische Ansätze

Gewichtsverlust und Gewichtsschwankungen sind bei älteren Personen mit einem schlechteren Überleben verbunden. So war bei gesunden, zu Hause lebenden Senioren in der Chianti-Studie und in der Health-ABC-Studie eine erhöhte Sterblichkeit bei einer stattgehabten Gewichtsabnahme zu beobachten [7, 26]. In der Health-ABC-Studie war darüber hinaus die Entwicklung von Mobilitätsbeeinträchtigungen, so die Fähigkeiten Treppen zu steigen und zu gehen, bei Senioren zwischen 70 und 79 Jahren mit einer Gewichtsabnahme assoziiert. Bei den Frauen dieser Kohorte war zudem das „Gewichts-Cycling“, die Aufeinanderfolge von Perioden mit Gewichtsabnahme und -zunahme, mit der Entwicklung von Mobilitätseinschränkungen verbunden [26]. Weitere typische Folgen einer Gewichtsabnahme im Alter sind der Verlust von Skelettmuskelmasse und die Abnahme der Knochendichte [13, 24, 29]. Die Auswirkungen einer Gewichtsreduktion beim älteren Menschen stellt Abb. 1 zusammenfassend dar.

Abb. 1
figure 1

Risiken der Gewichtsreduktion beim adipösen älteren Menschen ausgelöst durch eine negative Energiebilanz. (Nach Mathus-Vliegen [23]); N-Bilanz: Stickstoffbilanz

Aufgrund der u. U. weitreichenden Folgen bei einer stattgehabten Gewichtsabnahme ist die Entscheidung für eine Gewichtsreduktion im Alter durch die alleinige Betrachtung von BMI-Referenzwerten nicht hinreichend zu begründen. Vielmehr sollten Effekte auf die Entwicklung der Körperzusammensetzung, Knochendichte und die Funktionalität in die Abwägung für eine Gewichtsreduktion einbezogen werden. Die Entscheidung muss daher immer individuell getroffen werden. Erfolgt eine Entscheidung für eine Gewichtsreduktion, muss die engmaschige Betreuung durch ein erfahrenes Team aus Medizinern, Bewegungstherapeuten und Ernährungsfachkräften gewährleistet sein [29, 43].

Die amerikanischen Altersmediziner Porter-Starr et al. fassten 2015 die Studienlage zur Gewichtsreduktion im Alter zusammen und sprachen sich für folgende Empfehlungen aus [29]:

  • Ein BMI unter 23 kg/m2 ist mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko verbunden. Senioren dieser Gewichtskategorie sollten, wenn möglich, Gewicht zunehmen und die Körpermuskelmasse durch Training, insbesondere in Form von Krafttraining, steigern.

  • BMI-Werte zwischen 23 und 30 kg/m2 sind bei Senioren wünschenswert. Es sollte keine Gewichtsveränderung erstrebt werden.

  • Für Senioren unter 80 Jahren mit einem BMI über 30 kg/m2 lassen sich aufgrund der kontroversen Datenlage keine eindeutigen Empfehlungen geben. Eine Gewichtsreduktion ist zu erwägen, falls bestehende Funktionseinschränkungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch eine Gewichtsabnahme verbessert oder adipositasbedingte Komplikationen durch diese behoben werden können.

  • Für eine Gewichtsreduktion von Senioren mit einem BMI über 30 kg/m2 und einem Alter über 80 Jahren gibt es bisher kaum Studiendaten. Die Empfehlungen für diese Seniorengruppe lauten, das Gewicht konstant zu halten, eine energie- und proteinoptimierte Diät einzuhalten und, wenn möglich, ein altersangepasstes Training aufzunehmen.

Energie- und Proteinzufuhr

Insbesondere im fortgeschrittenen Alter sollte eine Gewichtsreduktion immer moderat erfolgen. Das bedeutet eine Reduktion der Energiezufuhr um 200 bis maximal 400 kcal/Tag. Energierestriktionen, die über dieses Maß hinausgehen, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit mit negativen Folgen hinsichtlich der Skelettmuskelmasse und der Knochendichte assoziiert [13].

Aufgrund der vorhandenen Studienlage wurde von internationalen wissenschaftlichen Fachgesellschaften die Anhebung der Proteinzufuhr von 0,8 g/kgKG laut WHO auf 1,0–1,2 g/kgKG für gesunde Senioren empfohlen [4]. Bisher gibt es nur wenige Studien, die die Proteinzufuhr bei Senioren während einer Gewichtsreduktion untersuchten. Für Erwachsene ab einem Alter von 18 Jahren und für postmenopausale Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 53 Jahren konnte gezeigt werden, dass eine hohe tägliche Proteinzufuhr (1,0–1,6 und 1,2–1,5 g/kgKG) einer Standardproteinzufuhr (0,5–0,9 und 0,5–0,7 g/kgKG) hinsichtlich des Erhalts von fettfreier Masse sowie des Verlustes von Fettmasse und Gewicht während einer Gewichtsreduktion überlegen war [15, 47]. In einer jüngst erschienenen kontrollierten, doppelt verblindeten und randomisierten Interventionsstudie an 80 Senioren aus den Niederlanden war die Einnahme eines protein- und leucinreichen Trinksupplements (150 kcal, 21 g Protein, 2,8 g Leucin) während eines 13-wöchigen Gewichtsreduktionsprogramms (−600 kcal/Tag und 3‑mal/Woche 60 min Krafttraining) mit einem verbesserten Erhalt von Körpermuskelmasse assoziiert. Die Interventionsgruppe erlangte durch die Einnahme des Trinksupplements eine tägliche Proteinzufuhr von 1,11 g/kgKG im Vergleich zu 0,85 g/kgKG in der isokalorisch-ernährten Kontrollgruppe und konnte eine Steigerung der appendikulären Muskelmasse um 0,4 kg im Vergleich zu einer Abnahme um 0,5 kg in der Kontrollgruppe erzielen. Die Abnahme der Fettmasse und des Gewichts unterschieden sich in den beiden Gruppen nicht [41]. Zukünftige Studien zur optimalen Proteinzufuhr während einer Gewichtsreduktion im Alter sollten die gegenwärtig noch offenen Fragen nach der optimalen Proteinquelle, der Überlegenheit spezifischer Aminosäurezusammensetzungen und des optimalen Einnahmezeitpunkts beantworten.

Körperliches Training

In mehreren Studien konnte belegt werden, dass eine Gewichtsreduktion, bestehend aus einer Kombination aus diätetischer Intervention und Training, der alleinigen Diät und dem alleinigen Training überlegen ist. Es wurde gezeigt, dass körperliches Training nur in geringem Umfang zur Gewichtsreduktion beiträgt [13, 24], jedoch bei älteren Senioren mit Frailty mit geringeren Verlusten an fettfreier Masse (24 % vs. 11 %) und einer stärkeren Abnahme der Fettmasse (12 % vs. 25 %) während einer Gewichtsreduktion verbunden war [45]. Gleichfalls war in einer US-amerikanischen Untersuchung an 16 Senioren mit Frailty eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining mit einer Steigerung der fettfreien Masse um 2,7 % verbunden, im Vergleich zu einer Abnahme der fettfreien Masse von 4,8 % in der Gruppe mit einer alleinigen diätetischen Intervention [21].

In einer weiteren US-amerikanischen randomisierten und kontrollierten Interventionsstudie an 93 adipösen Senioren war die Kombination aus Diät und Training mit einer Verbesserung der körperlichen Funktionalität über einen Zeitraum von 12 Monaten um 21 % im Vergleich zu den Senioren der alleinigen Trainings-, Diät- resp. der Kontrollgruppe mit jeweiligen Steigerungen von 15 %, 12 % und 1 % verbunden. Körperzusammensetzung und Knochendichte entwickelten sich ebenfalls in der Diät- und Trainingsgruppe am besten [43]. In einer anderen Untersuchung wurden die geringsten Verluste von fettfreier Masse und die größten Verluste von Fettmasse in der Diät- plus Trainingsgruppe erzielt. Zudem konnte die Diät- plus Trainingsgruppe die Kraft sowohl an der oberen als auch an der unteren Extremität steigern [11]. Durch das Einhalten einer kombinierten Diät- und Trainingsintervention wurde ferner eine Verbesserung des Frailty-Status erzielt [43]. Nach einer 30-monatigen Nachbeobachtung lagen die Werte der kombinierten Diät- und Trainingsintervention hinsichtlich der fettfreien Masse und des „physical performance test“ im Vergleich zu den Ausgangswerten weiterhin auf einem höheren Niveau [32]. Eine jüngst erschiene amerikanische Interventionsstudie an 36 übergewichtigen bis leicht adipösen Senioren (BMI-Werte 28,0–39,9 kg/m2) macht auf die Bedeutung des viszeralen und des intermuskulären Fettanteils aufmerksam. Die Senioren der kombinierten Diät- plus Trainingsgruppe konnten im Vergleich zu einer alleinigen Trainingsgruppe ihre Werte in der Short Physical Performance Battery (SPPB) steigern. Unabhängig von der Abnahme des Gesamtfettanteils wiesen insbesondere die Senioren verbesserte Funktionsparameter in der SPPB auf, die den Anteil an viszeralem oder intermuskulärem Fett reduzieren konnten [33].

Gewichtsreduktion bei chronischen Erkrankungen

Besteht in höherem Alter eine fortgeschrittene chronische Erkrankung, sollte nach allgemeiner Expertenmeinung von einer Gewichtsabnahme abgesehen werden. Bei Erkrankungen dieser Kategorie, wie z. B. einer chronischen Herzinsuffizienz im Stadium III oder IV der New-York-Heart-Association(NYHA)-Klassifikation, wird das Vorliegen von Adipositas als günstiger Prognosefaktor angesehen [28, 34]. Auch für Schlaganfallpatienten konnte anhand von dänischen Registerdaten eine um 27 % verminderte Sterblichkeit bei Vorliegen von Über- gegenüber Normalgewicht nachgewiesen werden [27]. Eine prospektive Beobachtungsstudie der Berliner Charité an 1512 Schlaganfallpatienten mit einer Nachbeobachtungszeit von 30 Monaten konnte diese Ergebnisse bestätigen und zeigte zudem eine bessere körperliche Funktionalität und eine niedrigere Rate an Pflegebedürftigkeit bei Adipositas [8].

Fazit für die Praxis

  • Adipositas ist im Alter mit einem erhöhten Risiko für eine Verschlechterung der Funktionalität und einer Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten (ADL) verbunden. Demgegenüber scheint der Übergewichtsbereich (25–30 kg/m2) unproblematisch zu sein.

  • Die Indikation zur Gewichtsreduktion mithilfe einer Kalorienreduktion sollte zurückhaltend und nur in Kombination mit einer professionell begleiteten Trainings- und Ernährungstherapie bei optimierter Proteinzufuhr gestellt werden.

  • Die tägliche Proteinzufuhr von mindestens 1,0 und 1,2 g/kgKG sollte während einer Gewichtsreduktion bei gesunden Senioren sichergestellt werden.

  • Körperliches Training schützt die Skelettmuskelmasse und sollte aus einer Kombination von Kraft- und Ausdauertraining mit Balance- sowie Flexibilitätsübungen bestehen.

  • Bei Vorliegen chronischer Erkrankungen, wie Herzinsuffizienz, oder nach Schlaganfall, sollte die Empfehlung für eine Gewichtsreduktion besonders kritisch reflektiert werden.