Die Behandlung und Versorgung einer stetig wachsenden Zahl Demenzkranker wird als eine der drängendsten sozial- und gesundheitspolitischen Aufgaben diskutiert. Während von einer Verdoppelung der Krankenzahl bis zum Jahr 2050 ausgegangen werden kann [2], schwinden nicht nur die Pflegekapazitäten in den Familien, sondern es zeichnet sich parallel dazu ein Fachkräftemangel in den ärztlichen und pflegerischen Berufen ab. Bereits im Jahr 2025 sollen, nach einer aktuellen Modellrechnung, rund 152.000 Beschäftigte in Pflegeberufen fehlen [27].

Der Handlungsbedarf, der aus diesen Zahlen abgeleitet werden kann, verstärkt sich durch die Qualitätsprobleme, die in der Versorgung demenzkranker Menschen quer durch alle Segmente immer noch bestehen [16]. Dies bestätigt z. B. das aktuelle Pflegegutachten des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung sowohl für die häusliche Versorgung Demenzkranker als auch für die Heimversorgung [20]. Die Kombination aus einem mangelnden Wissen über geeignete Deeskalationsstrategien und einem erheblichen Arbeitsdruck führt insbesondere bei der Versorgung verhaltensauffälliger Demenzkranker in Heimen häufig zu Überforderungssituationen. Diesen wird offenbar immer noch häufig mit ungeeigneten Maßnahmen wie Fixierungen oder Sedierungen begegnet [20]. Leben die Demenzkranken zu Hause, sind die Angehörigen oft in einem Ausmaß überfordert, das dieses sie selbst in eine Erkrankung oder in einen Zustand psychophysischer Erschöpfung treibt [32]. Sowohl für das Personal in Heimen als auch für die pflegenden Angehörigen fehlt es an fachspezifischen Unterstützungsformen, insbesondere für den Umgang mit schwer verhaltensauffälligen Demenzkranken.

Auch in der ärztlichen Behandlung Demenzkranker besteht noch Entwicklungsbedarf. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Patient noch zu Hause oder im Pflegeheim wohnt. Beklagt wird unter anderem, dass weder die von den Fachgesellschaften empfohlenen Testverfahren zur diagnostischen Einordnung zum Einsatz kommen, noch eine Orientierung an den bestehenden Leitlinien zur Behandlung stattfindet [24, 28]. Neben den beschriebenen Qualitätsproblemen entstehen Versorgungsdefizite durch eine mangelnde Vernetzung der unterschiedlichen Hilfeformen [17] und durch eine mangelnde interdisziplinäre Arbeitsweise [7].

Ein weiteres Handlungsfeld besteht in der Versorgung Demenzkranker, die aufgrund somatischer Erkrankungen oder wegen Unfällen in Akutkliniken behandelt werden. Krankenhäuser sind gefährliche Orte für Demenzkranke – diese Einschätzung setzt sich in Fachkreisen, aber auch in den Medien zunehmend durch. Denn das Krankenhaus stellt mit einem für die Demenzkrankenversorgung nicht ausreichend geschulten Personal unter ständigem Zeitdruck, mit einer unübersichtlichen Architektur, mit fehlender Tagesstrukturierung und mit starren, an der Krankenhausroutine ausgerichteten Abläufen ein geradezu demenzförderndes Milieu dar [13]. Zudem sind Demenzkranke in Akutkrankenhäusern häufiger von Delirien betroffen, die aufgrund einer mangelnden Sensibilisierung des Personals meist unerkannt bleiben und dann schwerwiegende Konsequenzen auf Morbidität und Mortalität haben können [21, 30].

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Erfordernisse muss das Versorgungssystem ressourcenschonend weiterentwickelt werden, ohne die wachsenden Ansprüche nach guter Qualität und ethischer Fundierung zu vernachlässigen. Es stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen gerontopsychiatrische Konsiliar- und Liaisondienste (KL-Dienste) hierbei ein Lösungsmodell darstellen könnten.

Forschungsstand

Studien zur Konsiliar-/Liaisonpsychiatrie wurden bislang v. a. in Großbritannien, in den Niederlanden und in den USA durchgeführt, wobei diese vorwiegend keine Liaison-, sondern reine Konsilformen und seltener rein gerontopsychiatrische, sondern meistens allgemeinpsychiatrische Dienste umfassen [3]. Die Studien beschäftigen sich v. a. [4]

  • mit Fragen der Häufigkeit von somatopsychischer Komorbidität und daraus resultierendem Behandlungsbedarf der Patienten,

  • mit der Entwicklung der Inanspruchnahme von Konsilien und

  • mit dem Einfluss von Konsilen auf die Verweildauern von Krankenhauspatienten.

Eine umfassende Arbeit über Wirkungen von KL-Diensten bei Alterspatienten haben Holmes et al. [8] vorgelegt. Es handelt sich um eine Metaanalyse englischsprachiger Artikel, um eine Bestandsaufnahme in Großbritannien vorhandener KL-Dienste sowie um die Evaluation einer Stichprobe dieser Dienste. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass KL-Dienste in Allgemeinkrankenhäusern das Potenzial bieten, Kosten zu sparen, indem durch ihre Interventionen z. B. die Dauer der Aufenthalte verkürzt oder der Entlassungszustand der Patienten verbessert werden. Jedoch formulieren sie deutliche Zweifel an der Reliabilität und Validität vieler Studien. Die allgemeine Beweislage für die Effektivität von KL-Diensten wird als begrenzt eingeschätzt, weil die Mehrzahl der Studien eher deskriptiv ausgerichtet ist und die betrachteten Projekte zudem eine sehr heterogene Struktur haben. Eine unabhängige ökonomische Evaluation eines allgemeinpsychiatrischen KL-Dienstes am City Hospital Birmingham hat unterdessen einen deutlichen Benefit aufgezeigt. Die hochgerechneten Einsparungen, die insbesondere aus einer Verkürzung der Liegezeiten älterer Patienten resultieren, bewegen sich in einer Marge zwischen 3,4 und 9,5 Mio. Pfund pro Jahr [23]. Strain et al. [29] gehen von Kosteneinsparungen nicht nur im Bereich der krankenhausbezogenen Kosten, sondern auch durch Vermeidung frühzeitiger Heimunterbringungen bei Frakturpatienten aus, die von einem psychiatrischen KL-Dienst begleitet werden. Kathol et al.[9] beschreiben in einem Aufsatz positive Wirkungen von KL-Diensten v. a. für solche Formen, die proaktiv an der Fallidentifikation arbeiten. Die von solchen KL-Diensten behandelten Patienten gelangen nach den Erfahrungen der Autoren

  • zu einem früheren Zeitpunkt in psychiatrische Behandlung,

  • die Interventionen können besser auf ihre Bedürfnisse abgestimmt werden und

  • es findet eine aktivere Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen dem KL-Dienst und dem Krankenhauspersonal statt.

Zudem wurde festgestellt, dass Programme zur Delirprävention

  • Liegezeiten verkürzen,

  • Komplikationen verringern und

  • Arbeitszeit des Personals einsparen.

In Deutschland ist für geriatrische Problemlagen kürzlich der Nachweis geführt worden, dass spezifische Fachdienste für Pflegeheime zu einer Reduktion von Krankenhauseinweisungen führen [25]. Analysen komplexerer Wirkzusammenhänge von gerontopsychiatrisch ausgerichteten KL-Diensten auf die Versorgung demenzkranker Patienten quer durch alle Versorgungssegmente wurden bisher hierzulande aber nicht durchgeführt.

Ein sektorübergreifender Vergleich der Wirkungen gerontopsychiatrischer KL-Dienste stößt auf die Schwierigkeit, dass es derzeit kaum solche Dienste gibt. Wenn gerontopsychiatrische KL-Dienste tätig sind, begleiten sie die Patienten in aller Regel nicht durchgängig in allen drei Segmenten (ambulant, Pflegeheim, Akutkrankenhaus). Eine erste Einschätzung von Wirkungen und Wirkfaktoren muss sich deshalb auf Daten unterschiedlicher Projektvorhaben beziehen. Im Folgenden sollen Daten einer Studie über einen gerontopsychiatrischen KL-Dienst für ambulante Patienten sowie für Pflegeheimbewohner der gerontopsychiatrischen Abteilung eines großen öffentlich-rechtlichen Krankenhausträgers erstmals vergleichend betrachtet werden [14, 15]. Zudem werden Zwischenergebnisse einer aktuellen Studie über einen Verbund gerontopsychiatrischer KL-Dienste in katholischen Allgemeinkrankenhäusern in den Vergleich einbezogen [12]. Beide Vorhaben sind im Saarland angesiedelt, womit auszuschließen ist, dass unterschiedliche lokale Gegebenheiten auf die Wirkungsweise der Projekte Einfluss genommen haben. Folgende Fragen stehen im Vordergrund der vergleichenden Betrachtung:

  • Inwiefern gelingt es, durch gerontopsychiatrische KL-Dienste die Behandlungs- und Versorgungsqualität von Demenzkranken in der eigenen Häuslichkeit, in Heimen und im Krankenhaus zu verbessern? Stellen sich diese Verbesserungen unabhängig vom Versorgungssegment ein?

  • Können durch die Interventionen von gerontopsychiatrischen KL-Diensten das Versorgungssetting stabilisiert und Versorgungsbrüche durch Einweisungen in Krankenhäuser oder kriseninduzierte Umsiedlungen in Pflegeheime reduziert werden?

Das Konzept gerontopsychiatrischer Konsiliar- und Liaisondienste

Das Leistungsspektrum gerontopsychiatrischer KL-Dienste umfasst medizinische Beratungsleistungen wie Empfehlungen zur Diagnostik und Behandlung sowie sozialpflegerische Interventionen wie Beratung der Angehörigen zum Umgang mit den Kranken sowie Unterstützung bei der Organisation von Hilfen. Die Leistungen des Liaisondienstes beziehen in einer ganzheitlichen Betrachtungsweise neben dem persönlichen Umfeld des Patienten mit seinen Angehörigen auch die professionell tätigen Personen ein. Damit erweitert sich je nach Konstellation die Zielgruppe der Interventionen um behandelnde Haus-, Fach- oder Krankenhausärzte, Pflegepersonal aus ambulanten Diensten, Heimen oder Krankenhäusern usw.

Neben der Erweiterung des gerontopsychiatrischen Fachwissens im informellen und professionellen Umfeld des Patienten besteht eine wichtige Aufgabe darin, die durchgeführten Hilfestellungen der unterschiedlichen Personen und Institutionen besser zu vernetzen, um Versorgungsbrüche zu vermeiden. Damit die Interventionen von KL-Diensten wirksam sein können, stellen sich eine Reihe von Anforderungen an deren Ausgestaltung und Arbeitsweise [11], von denen hier die wesentlichsten genannt werden sollen.

  • Um die vielschichtigen Probleme Demenzkranker zu erfassen, wird im interdisziplinären Team gearbeitet, das in der Regel aus Psychiatern und psychiatrisch geschultem Pflegepersonal besteht, ggf. aber auch durch Psychologen, Sozialarbeiter und/oder Ergo- und Physiotherapeuten ergänzt werden kann.

  • Die Arbeit der KL-Dienste erfolgt primär aufsuchend an den Orten (häusliche Umgebung, Heim, Krankenhaus), an denen sich der Patient befindet. Dies ist nicht nur deshalb erforderlich, weil die Patienten in der Regel weniger mobil und/oder nicht wartezimmerfähig sind, sondern ermöglicht zudem den Bezug zur Lebenssituation und zu biographisch wichtigen Aspekten.

  • Im Hinblick auf die Diagnostik und Behandlung orientiert sich der Liaisondienst an den Empfehlungen der zuständigen Fachgesellschaften. Im Zentrum der nichtmedikamentösen Therapie steht die Beziehungsarbeit. Beziehungsarbeit setzt an einer akzeptierenden Grundhaltung an, die sich in einer Wertschätzung des Patienten, unabhängig von seiner Krankheit und seinem Verhalten, äußert.

Methodik

Die vergleichende Analyse bezieht sich auf Daten zu medizinischen, sozial-pflegerischen und ökonomischen Wirkungszusammenhängen. Der Vergleich basiert vorwiegend auf den in den Projekten durchgeführten prospektiven Längsschnittstudien an Patienten der unterschiedlichen Versorgungssegmente. Beim Erstkontakt und zum Abschluss der Intervention wurden verschiedene Testungen durchgeführt und Daten erhoben, die einen Prä-Post-Vergleich ermöglichen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Intervalle zwischen Erst- und Abschlussbefund stark variieren (Durchschnitt: 12,3 Tage im Krankenhaus, 7,3 Monate im ambulanten Bereich, 10,7 Monate im Heim).

Je nach Fragestellung der Primärstudien kamen teilweise unterschiedliche Instrumente zum Einsatz.Footnote 1 Darüber hinaus wurden schriftliche Befragungen von Personal und Angehörigen durchgeführt und qualitative Interviews mit den Mitarbeitern der KL-Dienste und mit Angehörigen geführt. Diese Ergebnisse werden hier einbezogen, wenn sie zur Unterstützung der Argumentation dienen können. Der Vergleich versteht sich aufgrund der beschriebenen methodischen Disparitäten als erster Versuch, Hinweise auf übergreifende Wirkungsfaktoren zu identifizieren. Fundierte Wirkungsanalysen setzen voraus, dass der Ausbau sektorübergreifender KL-Dienste vorangetrieben wird. Die vergleichende Analyse ist Bestandteil eines Promotionsvorhabens an der medizinischen Fakultät der Charité zu Berlin.

Der KL-Dienst für Patienten in der eigenen Häuslichkeit und für Bewohner von Pflegeheimen besteht aus

  • drei Fachärzten für Psychiatrie (je 0,33 einer Vollzeitstelle),

  • einem Psychologen (0,5),

  • einem Sozialarbeiter (0,5) und

  • einem Fachpfleger für Psychiatrie (0,75).

Das methodische Vorgehen dieses KL-Dienstes ist andernorts detailliert beschrieben [14, 15]. Bei dem dargestellten Krankenhaus- KL-Dienst handelt es sich um ein Verbundprojekt mit vier Allgemeinkrankenhäusern und einer Fachklinik für Psychiatrie und Geriatrie. Während die pflegerischen Aufgaben des KL-Dienstes von einer Fachaltenpflegerin für Psychiatrie für alle Häuser zentral übernommen werden, sind die ärztlichen Aufgaben auf vier Fachärzte (Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychiatrie, Facharzt für innere Medizin mit Zusatzbezeichnung Geriatrie, Facharzt für Neurologie mit Zusatzbezeichnung Geriatrie) aufgeteilt. In Diagnostik und Therapie orientieren sich die Ärzte an gemeinsamen Leitlinien. Die Rekrutierung der Patienten erfolgt über Konsilanforderungen der für das Projekt festgelegten Abteilungen (zwei Abteilungen für Gefäßchirurgie, je eine für Kardiologie, innere Medizin, Neurologie, Gastroenterologie und Unfallchirurgie) oder über eigene Identifizierung durch die Konsiliarärzte. Eingeschlossen werden Patienten über 70 Jahre, bei denen Verhaltens- und/oder kognitive Störungen auftreten. Bei der eigenen Identifizierung nach Aktenlage steht zudem im Vordergrund, ob die Patienten mit einer bestehenden Neuroleptikaverordnung eingewiesen wurden.

Bei den ärztlichen Leistungen des Krankenhaus-KL-Dienstes dominieren neben der Fortbildung der somatischen Ärzte die klassischen Arbeitsbereiche Diagnostik und Behandlungsempfehlung, während die Fachaltenpflegekraft für Psychiatrie vorwiegend mitarbeiterbezogene Aufgaben erfüllt, wie die Schulung des pflegerischen Personals, die Fallbegleitung, die Konzeptberatung sowie die Unterstützung bei der Angehörigenberatung. Die Fallbegleitung des Pflegepersonals in den beteiligten Abteilungen umfasst einen Zeitumfang von 2 bis 4 Stunden pro Intervention.

Aus einer Leistungs- und Arbeitszeiterfassung bei den vier Konsiliarärzten geht hervor, dass das ärztliche Konsil im Durchschnitt 55 Minuten dauert, wobei hier Vorbereitungszeiten (Studium der Patientenakte, Vorgespräch mit Pflegepersonal) ebenso einberechnet sind wie Nachbereitungszeiten (Erstellung des Konsilberichts, Rückkopplung mit Stationspersonal). Beim eigentlichen Konsil versucht der Konsiliarius, im Patientengespräch eine Einschätzung der bestehenden Probleme zu erhalten. Zur Einordnung demenzieller Störungen wird der Mini-Mental-Status-Test nach Folstein eingesetzt und – wenn der Patient kooperativ ist – durch einen Uhrentest ergänzt. Weniger aus diagnostischen Gründen, sondern eher im Hinblick auf die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit von Verhaltensproblemen werden zudem Verhaltens- und Bewusstseinsstörungen in den folgenden Dimensionen ermittelt:

  • zeitliche Orientierung,

  • örtliche Orientierung,

  • Orientierung zur Person und

  • situative Orientierung.

Der körperliche Zustand wird anhand der somatischen Diagnosen und anhand des Barthel-Index erfasst. Darüber hinaus dient der CAM („confusion assessment method“) zur Erfassung von Delirien.Footnote 2 Zu wissenschaftlichen Zwecken werden alle Daten über die Patienten in eine Patientendokumentation eingetragen. Dazu zählen die Daten anlässlich des Erstkontakts sowie die Ergebnisse der Wiederholungstestungen, die zum Zeitpunkt der Entlassung nochmals vom gleichen Konsiliararzt erfasst werden.

Ergebnisse

In die Längsschnittstudien im ambulanten Bereich und im Pflegeheimbereich waren jeweils rund 180 Patienten involviert. Für die Krankenhausstudie liegen Daten von 146 Patienten vor. Während das Durchschnittsalter der Patienten kaum voneinander abweicht, schwankt der Frauenanteil zwischen 66 % im ambulanten Bereich und Krankenhausbereich sowie 76 % im Pflegeheim (Tab. 1).

Tab. 1 Grunddaten

Die gerontopsychiatrischen KL-Dienste behandeln in erster Linie Demenzkranke. Unabhängig vom Versorgungssegment handelt es sich überwiegend um Demenzen in einem mittelschweren Stadium, wobei in der ambulanten Versorgung mit 47 % auch ein erheblicher Anteil leicht Erkrankter erreicht wird. Besonders im Krankenhaus, wo akut erkrankte Patienten sowohl aus der häuslichen Versorgung als auch aus Pflegeheimen behandelt werden, spielen alle Demenzschweregrade eine Rolle Tab. 2.

Nahezu alle Patienten sind zudem körperlich eingeschränkt. Nach Einschätzung des KL-Dienstes sind im ambulanten Bereich immerhin fast 45 % der Bewohner körperlich nur leicht oder gar nicht eingeschränkt. Diese Gruppe macht bei den Heimbewohnern rund ein Viertel aus. Bei den Krankenhauspatienten gibt der erhobene Barthel-Index, der den Grad an Selbstständigkeit bei den alltäglichen Verrichtungen misst, auch Aufschluss über den körperlichen Zustand. Die schwer eingeschränkten Personen sind mit einem Anteil von 42 % in diesem Segment am stärksten vertreten. Aber auch körperlich leichte sowie mittlere Einschränkungen spielen in rund einem Viertel bzw. einem Drittel der Fälle eine Rolle (Tab. 2).

Über die haus- und fachärztliche Versorgung der Krankenhauspatienten liegen keine Daten vor. Die ambulant oder im Heim versorgten Patienten werden weit überwiegend von Hausärzten versorgt. Nur für die Heimbewohner sind regelhaft Nervenärzte eingebunden, die meist einmal im Quartal Besuche abstatten. Der Großteil der in die Analyse eingeschlossenen Patienten, darunter insbesondere die Heimbewohner, nimmt beim Erstkontakt mit dem KL-Dienst bereits Psychopharmaka ein, darunter zu einem höheren Anteil auch solche Medikamente, die z. B. aufgrund ihrer potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen von den Fachgesellschaften nicht empfohlen werden, z. B. hochpotente Neuroleptika (vgl. PRISCUS-Liste, Tab. 2).

Tab. 2 Medizinische Daten bei Erstkontakt

Im Hinblick auf die soziale und pflegerische Situation der Patienten sind deutliche Unterschiede zu erkennen. Während die Versorgung der Heimbewohner im institutionellen Setting als weitgehend abgesichert betrachtet werden kann, waren beim Erstkontakt zu den ambulanten Patienten in der überwiegenden Zahl der Fälle noch keine Pflegestufe beantragt gewesen, keine gesetzlichen Betreuungen eingerichtet oder Hilfen organisiert worden. Viele lebten zudem – trotz ihrer Einschränkungen – noch allein im eigenen Haushalt. In den Interviews gaben die Mitarbeiter des KL-Dienstes an, dass hier eine Unterversorgung besteht, die in aller Regel aus einer mangelnden Krankheitseinsicht der Betroffenen und einer Überforderung der Angehörigen resultiert. Unter den Patienten, die im Krankenhaus behandelt wurden, ist der Anteil alleinlebender und nicht eingestufter Personen deutlich geringer. Dieser Umstand basiert darauf, dass allein ein Viertel der Patienten Heimbewohner sind. Von den Krankenhauspatienten, die noch zu Hause wohnen, nimmt mit 31 % nur knapp ein Drittel die Hilfe eines ambulanten Dienstes in Anspruch. Zudem liegt beim Erstkontakt nur für 28 % dieser Patienten eine rechtliche Regelung vor. Aus den Daten lässt sich ableiten, dass es sich bei einem größeren Teil der Patienten des Krankenhaus- KL-Dienstes um hochaltrige, körperlich aber nicht so gravierend eingeschränkte Personen mit psychischen Veränderungen handelt, für die tendenziell noch wenig Unterstützung organisiert wurde (Tab. 3).

Tab. 3 Sozial-pflegerische Daten

So stellt sich die Situation zu Beginn der Intervention wie folgt dar: Es handelt sich im Hinblick auf die Alters- und Geschlechtsverteilung sowie auf die gerontopsychiatrischen Erkrankungen um eine vergleichbare Patientengruppe. Unterschiede zeigen sich in der Ausprägung des demenziellen Syndroms und den körperlichen Einschränkungen. Im Krankenhaus hat der KL-Dienst, vergleichbar mit dem ambulanten Bereich, häufig mit noch nicht diagnostizierten Demenzen zu tun. Für die KL-Dienste, die Pflegeheime betreuen, scheint v. a. die Kombination aus mittelschweren bis schweren Demenzformen mit Verhaltensstörungen und erheblichen körperlichen Einschränkungen eine Herausforderung darzustellen. Im ambulanten Bereich trifft der KL-Dienst beim Erstkontakt häufig auf Hilfearrangements, die durch Unterversorgung geprägt und am Rande ihrer Belastbarkeit sind. Solche Probleme bestätigen sich bei den demenzkranken Krankenhauspatienten, die noch zu Hause wohnen. Zudem ist im Hinblick auf die Versorgungslage zu ergänzen, dass quer durch alle Segmente ein Großteil der Patienten – teilweise ungeeignete – Psychopharmaka einnimmt. Aus den geschilderten Punkten lässt sich ein Handlungsbedarf ableiten, an den die Interventionen des KL-Dienstes anknüpfen können. Nachfolgend wird dargelegt, wie sich diese Interventionen ausgewirkt haben.

Wirkungen auf medizinischer Seite

Die Wirkungen auf der medizinischen Ebene können anhand der Längsschnittdaten nachvollzogen werden. Sowohl die Heimbewohner als auch die ambulanten Patienten konnten sich hinsichtlich der vorgenommenen psychometrischen Testungen in aller Regel verbessern, wobei die Verbesserungen im Heimbereich deutlicher ausfallen. Dies betrifft z. B. die Clinical Global Impression (CGI), bei der sich rund 70 % der Heimbewohner und 56 % der ambulanten Patienten verbessert haben. Diese Tendenz zeigt sich auch beim psychopathologischen Status, bei dem durchschnittlich etwa 73 % der Bewohner und 61 % der ambulanten Patienten bessere Werte zeigten. Die Fortschritte betreffen v. a. nicht kognitive Dimensionen wie

  • Affektivität (55 % der Bewohner bzw. 39 % der ambulanten Patienten verbessert),

  • Selbst-/Fremdgefährdung (50 bzw. 40 %),

  • produktiv-psychotische Symptomatik (47 bzw. 31 %),

  • Antrieb/Psychomotorik (45 bzw. 32 %).

Der körperliche Status blieb bei der Mehrheit (60 % der Bewohner und 57 % der ambulanten Patienten) unverändert. Jeweils rund ein Fünftel der Kranken hat sich verbessert.

Vom Krankenhaus-KL-Dienst wurden teilweise andere Testverfahren eingesetzt. Vor dem Hintergrund, dass für demenzkranke Patienten mit den Krankenhausaufenthalten Risiken verbunden sind, ist es bereits als Erfolg zu bewerten, wenn sich während des Aufenthalts keine Verschlechterungen ergeben, sondern der zum Zeitpunkt der Einweisung festgestellte Zustand erhalten werden kann. Dieses Ziel wurde bei den Krankenhauspatienten häufig erreicht. Bei einem Teil der Patienten ist es sogar gelungen, Verbesserungen zu erzielen. So konnte z. B. der Barthel-Index bei 63 % der Patienten stabil gehalten werden und über ein Fünftel der Patienten hat sich verbessert (22 %).

Ein relevanter Teil der vom KL-Dienst behandelten Krankenhauspatienten leidet unter Verhaltens- und Bewusstseinsstörungen, darunter v. a. unter einer mangelnden Orientierung zur Person (74,1 %) und zur Situation (47,6 %). Weniger verbreitet sind hingegen zeitliche Desorientierung (19,6 %) und örtliche Desorientierung (42,0 %). Diese Verhaltens- und Bewusstseinsstörungen können sowohl im Rahmen einer Demenz als auch veranlasst durch ein Delir auftreten. Dabei sind aus Sicht des Krankenhauspersonals insbesondere Störungen der situativen Orientierung brisant, weil eine Verkennung der Situation zu massiven Verweigerungen und aggressivem Verhalten führen kann. Verhaltens- und Bewusstseinsstörungen haben sich bei 64 % nicht verändert und damit auch nicht verschlechtert. Bei über einem Viertel der Patienten (26 %) haben sich (in der Regel leichte) Verbesserungen ergeben. Diese betreffen insbesondere die örtliche Orientierung (bei 29 % verbessert) und die situative Orientierung (bei 22 % verbessert). Diese Werte sind positiv zu interpretieren, liegt einer Krankenhauseinweisung doch in der Regel eine hohe Akuität der Situation zugrunde.

Insbesondere im Krankenhausbereich ist zudem ein Fortschritt hinsichtlich der Identifizierung unerkannter Demenzen und Delirien zu verzeichnen. Vom KL-Dienst wurde dort bei 43 % der Patienten die Erstdiagnose Demenz gestellt. Darüber hinaus wurde bei 45 der 146 konsiliarisch behandelten Patienten ein Delir diagnostiziert. Auch der Ausschluss einer Demenz, der bei 13,3 % der Patienten erfolgt ist, erfüllt eine wichtige Funktion, weil er die Möglichkeit eröffnet, andere psychische Störungen, etwa eine Depression, gezielt zu behandeln.

In allen Segmenten wirkte sich die KL-Arbeit auf eine Justierung der medikamentösen Einstellung aus. Allerdings sind deutliche Unterschiede in der Reichweite der Veränderungen erkennbar. Mit 53 % der eingeschlossenen Patienten hat am häufigsten der Krankenhaus-KL-Dienst in die Medikation eingegriffen. Bei 74 % dieser Patienten wurde ein Medikament, meist ein Antidementivum, neu verordnet. Zudem hat der KL-Arzt bei der Hälfte der Patienten ein ungeeignetes Medikament – in der Regel ein hochpotentes Neuroleptikum, ein internistisches Medikament oder ein Antidepressivum – abgesetzt. In den Heimen und bei den ambulanten Fällen konnte der KL-Dienst den niedergelassenen Ärzten aus rechtlichen Gründen lediglich Empfehlungen für eine Veränderung der Medikation aussprechen. Solche Empfehlungen wurden für 40 % der Heimbewohner und für 32 % der ambulanten Patienten formuliert und von den Haus- oder Fachärzten in jeweils 89 bzw. 83 % der Fälle umgesetzt. Die Empfehlungen im Heimbereich bezogen sind meist auf eine Neuverordnung oder Dosiserhöhung für

  • Antidementiva (26 %),

  • Antidepressiva (30 %) sowie

  • atypische Neuroleptika (26 %).

Empfehlungen für das Absetzen eines Medikaments oder für eine Dosisreduzierung bezogen sich auf

  • hoch- und niedrigpotente Neuroleptika (18 %) und

  • Benzodiazepine (16 %).

Im ambulanten Bereich bezogen sich die Vorschläge v. a. auf Neuverordnungen von

  • Antidementiva (33 %),

  • Antidepressiva (26 %) oder

  • atypischen Neuroleptika (31 %).

Um Kompetenzkonflikte mit den niedergelassenen Ärzten zu umgehen, wurde eher selten empfohlen, Medikamente abzusetzen, auch wenn diese als ungeeignet eingeschätzt wurden.

Wirkungen auf sozial-pflegerischer Seite

Im Hinblick auf die Wirkungen sozial-pflegerischer Interventionen sind in erster Linie Aspekte der Versorgungssicherheit zu beleuchten, wie der Abbau von Unterversorgung oder die Stabilisierung der informellen und/oder professionellen Betreuungspersonen.

Bei den ambulanten Patienten waren die Beratung der Angehörigen und die Vermittlung von entlastenden Hilfen oder von Schulungsmaßnahmen zentrale Leistungen des KL-Dienstes. In der Hälfte der Fälle wurde ein ambulanter Dienst neu einbezogen. Ein Viertel der Kranken bezog nach der Intervention (zusätzlich) Essen auf Rädern und jeder Zehnte nahm die Leistung einer Tagespflege in Anspruch. Wenn beim Erstbesuch aufgefallen war, dass trotz Bedarf noch keine Pflegeeinstufung erfolgt war, wurde diese vom KL-Dienst veranlasst, was rund ein Drittel der Patienten betraf. Dies galt auch für die Regelung der Rechtsvertretung, die in 38 % der Fälle in die Wege geleitet wurde. Insgesamt konnte die Akzeptanz unterstützender Hilfen erheblich gesteigert werden. In einer schriftlichen Angehörigenbefragung (n=48) äußerten sich über 90 % der Befragten als (sehr) zufrieden mit der Beratung. Dabei resultierte die Zufriedenheit insbesondere aus den Leistungsbereichen „Tipps zum Umgang“, „Informationen zum Krankheitsbild“ und „entlastende Gespräche“.

Weniger intensiv als im ambulanten Bereich verlief das Hilfemanagement bei den Krankenhauspatienten. Immerhin konnte bei 10 % derjenigen, die nach Hause entlassen wurden, ein ambulanter Dienst vermittelt werden. In über einem Viertel der Fälle wurden zudem Schritte zur Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung eingeleitet. Ein Aufgabenschwerpunkt des Krankenhaus-KL-Dienstes bestand hingegen in der demenzbezogenen Qualifizierung des Personals durch Fortbildungen und Fallbegleitungen. Eine schriftliche Befragung der Teilnehmer (n=40) ergab eine ausnahmslos hohe Zufriedenheit mit dem Angebot. Alle äußerten zudem, durch die Qualifizierung Anregungen für die Praxis erhalten zu haben.

Bei den Heimpatienten bestand kein Bedarf, weitere Hilfen zu organisieren. Dafür stand analog zum Krankenhaus die Qualifizierung des Pflegepersonals für den Umgang mit demenzkranken Patienten im Fokus. In einer schriftlichen Befragung des Heimpersonals (n=70) gaben über die Hälfte der Pflegekräfte an, durch die Leistungen des KL-Dienstes habe es positive Effekte auf die Vermeidung von Fixierung gegeben, was auf eine sensiblere Haltung zu diesem Thema und auf einen Lernfortschritt in Richtung alternativer Umgangsstrategien schließen lässt. Die Mehrheit (60 %) stellte eine höhere Zufriedenheit der Angehörigen fest und rund die Hälfte sah auch die eigene Arbeitszufriedenheit positiv beeinflusst. Von Entlastungseffekten durch die Arbeit des KL-Dienstes berichteten immerhin noch über 40 % der Pflegekräfte. Im Hinblick auf die Bedeutung der vom KL-Dienst erbrachten mitarbeiterbezogenen Leistungen wurden v. a. als sehr wichtig oder wichtig bewertet

  • die Fortbildungen (94 %),

  • die Tipps zum Umgang (94 %) und

  • die Fallbesprechungen (93 %).

Hinweise auf ökonomische Wirkungen

Der Nachweis ökonomischer Wirkungen ist sowohl für den Krankenhaus-KL-Dienst als auch für den KL-Dienst, der ambulante Patienten und Heimbewohner betreut, ein wichtiges Ziel, weil beide Projekte noch keine Regelfinanzierung erreichen konnten. Um ökonomische Effekte abschätzen zu können, müssen zunächst die Kosten der KL-Arbeit beziffert werden. Für den Krankenhaus-KL-Dienst wurde eine exakte Berechnung des Aufwands der unterstützenden Leistungen für die vier beteiligten Allgemeinkrankenhäuser durchgeführt. Danach belaufen sich die Kosten pro Klinik auf rund 95.000 EUR pro Jahr, die im Wesentlichen durch Honorare für Konsile, Fortbildungen und Fallbegleitungen sowie aus nicht unerheblichen Aufwendungen für die notwendigen Freistellungen des Krankenhauspersonals für Fortbildungs- und Kooperationszeiten entstehen. Die Kosten des KL-Dienstes für Patienten in der eigenen Häuslichkeit und für Heimbewohner wurden anhand des erfolgten Personaleinsatzes geschätzt. Demnach fließen sowohl in den ambulanten Bereich als auch in die Begleitung von insgesamt fünf Pflegeheimen jeweils rund 100.000 EUR pro Jahr. Nach einer Berechnung der Projektbeteiligten werden pro vermiedener Einweisung in eine psychiatrische Klinik bei üblicher Verweildauer von 20 Tagen Kosten von rund 5560 EUR eingespart. Von vermiedenen Heimunterbringungen profitiert v. a. der Sozialhilfeträger. Wird im Saarland eine durchschnittliche Altersrente zugrunde gelegt, werden pro vermiedener Heimunterbringung – gemittelt über die drei Pflegestufen – Kosten von 15.350 EUR eingespart. Auf der Grundlage dieser Berechnungen kann nun beziffert werden, ab welcher ökonomischen Schwelle sich die Kosten für die KL-Tätigkeit amortisieren. Pro vom KL-Dienst betreutem Heim müsste es demnach gelingen, 3−4 Einweisungen in psychiatrische Kliniken pro Jahr zu verhindern. Für die ambulante KL-Tätigkeit müssten 18 stationäre psychiatrische Einweisungen oder 6−7 Heimunterbringungen pro Jahr vermieden werden. Der Krankenhaus-KL-Dienst müsste 17 Krankenhauseinweisungen oder 6 Heimunterbringungen im Jahr verhindern.

Der exakte Nachweis ökonomischer Effekte der KL-Arbeit ist auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene noch nicht gelungen. Auch aus den vorliegenden Studien lassen sich jeweils nur Hinweise auf solche Wirkungen ableiten: Aus der Dokumentation des KL-Dienstes für ambulante Patienten geht hervor, dass die häusliche Betreuungssituation in zwei Dritteln der Fälle stabilisiert werden konnte, während sich die Angehörigen bei einem Drittel der betreuten Patienten für einen vom KL-Dienst begleiteten Wechsel in ein Pflegeheim entschieden haben. Dabei handelte es sich meistens (etwa 60 %) um alleinlebende Demenzkranke, bei denen kein tragfähiges ambulantes Netz aufgebaut werden konnte. Im Krankenhaus wurden von den 108 bei Aufnahme noch zu Hause lebenden Patienten 12 in ein Pflegeheim entlassen. Insgesamt konnten rund 74 % der Patienten nach dem Krankenhausaufenthalt direkt in die häusliche Versorgung zurückkehren. Bei den hohen Kosten, die mit einer Heimunterbringung verbunden sind, ist davon auszugehen, dass durch die KL-Arbeit demzufolge erhebliche Mittel eingespart werden. Um das näher zu beziffern, sind kontrollierte Studien erforderlich.

In zwei der vom KL-Dienst betreuten Heime wurde eine Statistik über die Zahl der Krankenhauseinweisungen geführt. Die Daten sprechen dafür, dass die Amortisationsschwelle von 3−4 vermiedenen Einweisungen sogar überschritten wird [15]. Für ambulante Patienten ergeben sich weitere Hinweise auf eingesparte Kosten durch vermiedene Krankenhauseinweisungen aus der internen Aufnahmeliste der gerontopsychiatrischen Klinik, an die der KL-Dienst angegliedert ist. Dort ist dokumentiert, dass bei den 176 ambulanten Patienten in drei Modelljahren 36 Einweisungen durch niedergelassene Ärzte nicht beansprucht worden sind, weil die Patienten vom KL-Dienst ambulant behandelt werden konnten. Dazu kommen vermiedene Krankenhauseinweisungen im Vorfeld schriftlicher Einweisungen, die jedoch empirisch nicht belegt sind.

Diskussion

Die vergleichende Analyse von Wirkungen gerontopsychiatrischer Konsiliar- und Liaisondienste hat eine Vielzahl substanzieller Hinweise erbracht, dass demenzkranke Patienten unabhängig vom Versorgungssegment in verschiedener Hinsicht von den Interventionen profitieren. Im medizinischen Bereich wird dies durch die Ergebnisse der psychometrischen Testungen verdeutlicht. Zudem lassen sich in allen Segmenten, insbesondere aber für die Krankenhauspatienten, deutliche Wirkungen auf eine verbesserte Identifizierung von Demenzen und Delirien sowie auf eine leitlinienkonforme Medikation ableiten. Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit konnten v. a. die ambulanten Patienten durch den Aufbau zusätzlicher Unterstützung und durch die Beratung der Angehörigen profitieren. Sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim konnte das Setting in erster Linie durch die Qualifizierung und Begleitung des Pflegepersonals stabilisiert werden [21, 31]. Zudem lässt sich schlussfolgern, dass bei volkswirtschaftlicher Betrachtung durch die Interventionen Finanzmittel eingespart werden können. Dies betrifft die Vermeidung frühzeitiger Heimunterbringungen sowie die Verhinderung von Krankenhauseinweisungen.

Der Vergleich hat darüber hinaus den Blick dafür geschärft, dass je nach Versorgungssegment durchaus unterschiedliche Erfolgs- bzw. Risikofaktoren für die Arbeit von KL-Diensten bestehen. So ist z. B. zu berücksichtigen, dass von den KL-Diensten differierende Zielgruppen erreicht werden, an die das Leistungsprofil anzupassen ist. Im ambulanten Sektor und im Krankenhaus bezieht sich die Intervention häufig auf erstmals diagnostizierte Fälle, bei denen ein hoher, multiprofessionell zu bearbeitender Beratungsbedarf besteht. Damit treten die Entlastung und Unterstützung der Angehörigen stärker in den Fokus der Interventionen. Solche komplexen und zeitaufwendigen Beratungsaufgaben, die in die ambulante Versorgung hineinreichen, sind von Krankenhaus-KL-Diensten in aller Regel aufgrund fehlender Zeitressourcen nicht leistbar und müssen über Kooperationen mit klinikexternen Instanzen abgedeckt werden. Für die ambulante KL-Arbeit gilt zudem, dass häusliche Hilfearrangements nur dann auf eine tragfähige Basis gestellt werden können, wenn alle professionellen und informellen Versorger an einem Strang ziehen. Der Aufbau solcher vernetzter Hilfesysteme ist mit einem hohen kommunikativen Aufwand verbunden. Zudem stellt sich die Frage, bei welcher Stelle die jeweilige Fallverantwortung angesiedelt werden soll. Hier müssen Lösungen gefunden werden, wie die Zusammenarbeit von KL-Diensten, Pflegestützpunkten und niedergelassenen Ärzten strukturiert werden kann. Für das Krankenhaus gilt, dass aufgrund der hohen Prävalenz präventive, diagnostische und therapeutische Strukturen für ein Delirmanagement aufgebaut werden müssen [5, 26].

Pflegeheime und Krankenhäuser versorgen zunehmend Demenzkranke mit schweren Verhaltensauffälligkeiten, bei denen eine fachliche Begleitung des Personals dringend geboten ist. Damit Interventionen wie Fortbildungen und Fallbegleitungen eine optimale Wirkung zeigen können, müssen die Leitungskräfte der Kliniken und Einrichtungen die Arbeit von KL-Diensten unterstützen. Dies betrifft z. B. die Schaffung von Strukturen für einen geregelten Informationsfluss oder das Einräumen von Zeitfenstern für die Kooperation.

Neben den genannten Aspekten hat der Vergleich v. a. folgende strukturelle Probleme von KL-Diensten verdeutlicht, die einer Lösung zugeführt werden sollten.

Öffnung der Behandlungsoption für KL-Dienste

Nur die im Krankenhaus tätigen KL-Dienste dürfen direkt in die medikamentöse Behandlung eines Patienten eingreifen. Damit ist jedoch nicht abgesichert, dass der niedergelassene Arzt die vorgeschlagene Therapie nach der Entlassung weiterführt. Bei ambulanten Patienten und Heimbewohnern liegt die Fallverantwortung beim jeweiligen niedergelassenen Arzt und die KL-Ärzte müssen sich als fachliche Berater verstehen, sofern hier auf regionaler Ebene keine gesonderten Vereinbarungen getroffen wurden. Da die KL-Dienste nicht behandeln dürfen, sind sie darauf angewiesen, dass die zuständigen Ärzte ihre Empfehlungen übernehmen. Auch für eine Behandlung in schnell zu organisierenden Hausbesuchen durch den KL-Dienst, die in Krisensituationen Krankenhauseinweisungen vermeiden könnten, gibt es keine rechtliche Grundlage. Während es in den Pflegeheimen offenbar besser gelingt, zu der vergleichsweise geringen Zahl an zuständigen Nervenärzten einen vertrauensvollen Kontakt aufzubauen, der eine abgestimmte Verbesserung der Medikation ermöglicht, ist dies im ambulanten Bereich mit der Vielzahl dort involvierter Ärzte schwer möglich. Dies hat im beschriebenen Projekt dazu geführt, dass sich die medikamentöse Empfehlung bereits an einer antizipierten Umsetzbarkeit orientieren musste. Wenn die Effektivität in diesem Bereich gesteigert werden soll, muss über geeignete Versorgungsverträge Rechtssicherheit über Behandlungsoptionen geschaffen werden.

Sektorübergreifender Ansatz

Es ist deutlich geworden, dass die Wirkungstiefe der KL-Arbeit durch die Begrenzung auf ein Versorgungssegment eingeschränkt ist. Damit z. B. eine im Krankenhaus begonnene Therapie oder ein Hilfemanagement auch nach der Entlassung kontinuierlich verfolgt werden kann, müssen Krankenhaus-KL-Dienste von ihrem Ansatz her in die ambulante Versorgung eingebunden sein und enger mit den dortigen Prozessverantwortlichen kooperieren. Es gilt, sektorübergreifende Ansätze zu entwickeln, in denen KL-Dienste unter konsequenter Einbeziehung der regionalen Beratungs- und Pflegeanbieter sowie der niedergelassenen Ärzte patientenorientierte und nachhaltig wirkende Hilfenetze aufbauen können. Die Bereitschaft von Hausärzten, Empfehlungen eines krankenhausbasierten psychiatrischen KL-Dienstes aufzugreifen, scheint grundsätzlich vorhanden zu sein, wie die Autoren in einer eigenen Studie feststellen konnten [18]. Diese Schnittstelle systematisch zu entwickeln, dürfte ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Arbeit zukünftiger KL-Dienste sein.

Fazit für die Praxis

  • Der vorliegende Artikel verdeutlicht, dass gerontopsychiatrische Konsiliar- und Liaisondienste einen potenzialreichen Versorgungsansatz darstellen.

  • Auf medizinischer, sozialpflegerischer und ökonomischer Seite konnten substanzielle Hinweise auf positive Wirkungen ermittelt werden. Diese müssten nun mit methodisch hochwertigen Studien präziser dargelegt werden.

  • Der Herausforderung Demenz können KL-Dienste jedoch nur dann begegnen, wenn die oben genannten strukturellen Probleme gelöst werden.