Lernziele

Nach Absolvieren dieser Fortbildungseinheit …

  • sollten Sie Ihre Patienten nicht nur als „Auge mit Krankheit“ ansehen, sondern als Menschen, die von psychischen und sozialen Faktoren beeinflusst werden, welche auch Einfluss haben auf die Augenerkrankung und den Umgang damit.

  • sollten Sie Wert legen auf eine gute, gelingende Kommunikation mit Ihren Patienten.

  • sollten Sie auf sich und Ihren Arbeitsalltag Acht geben, Ihre Ressourcen klug einsetzen und auffrischen, um viele Jahre mit Freude und ohne Burnout den augenärztlichen Alltag zu schaffen.

  • sollten Sie Interesse daran gewonnen haben, an einem Kurs in psychosomatischer Grundversorgung teilzunehmen.

Einleitung

Ende des 20. Jahrhunderts gab es an vielen Universitätskliniken das Fach Psychosomatik noch nicht, und es musste um seine Legitimität ringen. Seit 25 Jahre ist die Psychosomatik in Deutschland eine eigenständige Disziplin, seit 2003 gibt es den Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Für die Facharztprüfung u. a. der Allgemeinmedizin und der Gynäkologie ist eine Ausbildung in psychosomatischer Grundversorgung obligat. Doch nicht in allen Fachgebieten wird der psychosomatische Aspekt gleichermaßen als wichtig erachtet. In dem Standardlehrbuch „Psychosomatische Medizin“ von Thure von Uexküll, welches seine Erstauflage 1979 hatte, findet sich nach Aufnahme eines Augenkapitels in der 3. Auflage nun in der 5. und neuesten Auflage keine Erwähnung der Augenheilkunde mehr. Ebenso gibt es in dem 2020 erschienenen Buch „Psychosomatik – neurobiologisch fundiert und evidenzbasiert“ von U. T. Egle kein Kapitel über Augenheilkunde [1, 2]. Da stellt sich die Frage, ob es die Psychosomatik in der Augenheilkunde überhaupt gibt.

Zeitliche Entwicklung hin zu einem biopsychosozialen Modell

In der klassischen sog. Schulmedizin wird der menschliche Körper als eine hoch komplexe physikalisch-chemische Maschine interpretiert, bei der Krankheit eine lokalisierbare Störung darstellt, die mit gezielten Eingriffen medikamentöser und/oder chirurgischer Art repariert werden kann. Thure von Uexküll sprach von einer „Medizin der seelenlosen Körper“. Subjektives Erleben und das soziale Umfeld werden bei diesem Maschinenmodel ausgeklammert. Diese Herangehensweise ist uns Augenärzten vertraut: Das Auge wird mit Spaltlampe, direkter und indirekter Ophthalmoskopie oder optischer Kohärenztomographie (OCT) untersucht, eine Krankheit wird diagnostiziert und behandelt, gewöhnlich mit Augentropfen oder mit einer Operation.

Der Internist, Psychiater und Psychoanalytiker G. L. Engel erkannte im Verlauf seiner klinischen Erfahrung, dass das Maschinenmodell zu kurz greift und das individuelle Erleben, das soziale Umfeld des Patienten und die Kommunikation zwischen dem Kranken und dem Behandler vernachlässigt werden [3]. In unserem Fachbereich würden sich etwa solche Fragen stellen:

  • Wie kommt unser Glaukompatient mit seiner Erkrankung zurecht?

  • Warum nimmt er seine Augentropfen nicht regelmäßig?

  • Wieso ist der Patient mit der Katarakt entsetzt über die Diagnose? Er fühlt sich doch noch jung und kann alles noch prima sehen.

G. L. Engel entwickelte das biopsychosoziale Modell: Der Mensch ist zum einen Teil umfassender übergeordneter Systeme (Familie, Gesellschaft, Kultur, Staat, Biosphäre) und zum anderen selbst ein System aus mehreren Subsystemen (Nervensystem, Organsystem, Gewebe, Zellen, Gene). Umwelt und Organismus bilden so ein sich dynamisch entwickelndes und beeinflussendes Gesamtsystem, das maßgeblich durch die individuelle Sozialisation bzw. Biographie des Einzelnen geprägt wird [2, S. 39–48].

Wissenschaftliche Studien der letzten 20 Jahre belegen ein permanentes Interagieren zwischen genetischer Ausstattung und Umweltbedingungen (Epigenetik). Ein Patient, dem sein Leben lang Selbstständigkeit und Unabhängigkeit das höchste Gut waren, kann die Diagnose eines Glaukoms mit dauerhafter Tropfengabe und regelmäßigen Arztbesuchen sowie die drohende Gefahr einer Sehverschlechterung kaum annehmen. Ein Patient, für den in einer ländlichen Umgebung das Autofahren lebensnotwendig erscheint, empfindet die Diagnose einer trockenen Makuladegeneration und einer damit einhergehenden irreparablen Sehverschlechterung mit Fahrverbot als schwere persönliche Kränkung und zu große persönliche Lebensveränderung.

Obwohl in den neuesten, genannten Lehrbüchern (v. Uexküll, Egle) die Augenheilkunde keine Erwähnung findet, ist der Einfluss der Psyche bei Augenpatienten uns Augenärzten seit den Arbeiten von Wolfgang Schultz-Zehden [4] möglicherweise nicht unbekannt. Von den psychosomatisch interessierten Augenärzten wurde lange unterschieden zwischen somatoformen oder funktionellen Störungen (körperliche Beschwerden ohne ursächlichen organischen Befund), psychosomatischen Krankheiten (körperliche Erkrankungen, an deren Genese oder Verlauf psychische Faktoren beteiligt sind) und somatopsychische Störungen (organische Erkrankungen, die psychische Probleme verursachen oder auslösen; [5]). Jedoch sind der Mensch und das Krankheitsgeschehen nicht so gradlinig zu betrachten. Die verschiedenen Faktoren und ihre gegenseitige Beeinflussung finden im biopsychosozialen Modell [1, 2] Berücksichtigung (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Darstellung des biopsychosozialen Modells. (Graphisch erstellt von Wiek in Anlehnung an [2], S. 40, 46)

Merke

Jeder Mensch ist geprägt durch seine genetische Prädisposition, seine Sozialisation, seine Lebenserfahrung und seine Umwelt. Diese Faktoren beeinflussen das Verhalten des Menschen und seine Möglichkeiten zur Krankheitsbewältigung.

Fallbeispiel

Frau M. (72 J.) stellte sich wegen brennender Augen, Fremdkörpergefühl, Juckreiz und Schmerzen in der Praxis vor. Sie gab an, schon bei mehreren Augenärzten gewesen zu sein, Tränenersatzmittel, antibiotische Augentropfen und Kortisontropfen bekommen zu haben, aber nichts hätte geholfen. Die Spaltlampenuntersuchung zeigte einen unauffälligen Befund, die Bindehaut war reizfrei mit leichten Stauchungsfalten am Unterlid, die Hornhaut war glatt und klar ohne Stippung. Der sonstige Augenbefund war ebenfalls unauffällig. Der Schirmer-Test zeigte eine leicht erniedrigte Tränenproduktion. Der Patientin wurden Tränenersatzmittel verschrieben, die sie bisher noch nicht hatte, mit der Ermahnung, sie häufig anzuwenden und nicht an den Augen zu reiben. Beim nächsten Besuch klagte die Patientin über unveränderte Symptome, der Befund war ebenfalls unverändert. Auf die Frage, wie denn ihre private Situation sei, wie es ihr sonst so gehe, brach sie in Tränen aus und berichtete, dass ihr Mann vor 1 Jahr verstorben sei, sie stünde nun mit dem großen Haus in einsamer Lage ganz allein da. Sie sei auf ihr Auto angewiesen, aber sie habe so große Angst vor einer Sehverschlechterung, da ihre Mutter an einer Makuladegeneration erblindet sei.

Bei der Patientin Frau M. spielen alle 3 Aspekte des biopsychosozialen Modells eine Rolle. Genetisch kann eine Prädisposition (bio) für eine Makuladegeneration vorliegen, davor hat die Patientin eine große Angst (psycho) entwickelt, ausgelöst durch den Tod ihres Mannes (sozial). Ein Verlust des Partners kann zu einer Depression führen, die Trauer kann nicht bearbeitet werden und wird auf körperliche Symptome verlagert. Das Alleinsein seit dem Verlusttrauma, die Angst, nicht mehr Autofahren zu dürfen und damit abhängig zu werden sowie die Belastung durch das Haus, der sie nun allein gegenübersteht, haben das innere Gleichgewicht von Frau M. durcheinandergebracht. Da ist es für Frau M. unbewusst einfacher, sich mit ihrer Aufmerksamkeit ständig um die Befindlichkeit ihrer Augen zu drehen und sich vom Augenarzt betreuen zu lassen, als die wirklich großen Probleme (Hausverkauf, Aufbau eines neuen sozialen Umfelds) in ihrem Leben anzugehen.

Psychosomatische Aspekte in der augenärztlichen Praxis

In eine Hausarztpraxis kommen bis zu drei Viertel der Patienten mit medizinisch nicht hinreichend erklärbaren, belastenden Beschwerden. In einer augenärztlichen Praxis stellt sich schätzungsweise ein Drittel der Patienten mit Augensymptomen vor, für die kein organisches Korrelat gefunden werden kann [6].

Eine Untersuchung von Nepp [7] bei 110 therapieresistenten Patienten einer Sicca-Ambulanz zeigte anhand einer fragebogenbasierten Untersuchung bei 52 % der Patienten eine Angststörung oder eine Depression.

In einem Übersichtsartikel führt Erb [8] aus, dass die Menge und die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit neuronal und humoral gesteuert werden. Es handelt sich beim trockenen Auge um funktionelle Wechselwirkungen immunologischer und hormoneller Prozesse sowie periphere und zentrale neuronale Aktivitäten (Psychoneuroimmunologie). Bei Belastungsstörungen kommt es zu Störungen der autonomen Kontrollfunktionen [9]. Interessanterweise zeigt eine Studie von Szakats [10], dass die Sicca-Patienten, die signifikant an Angst und depressiven Beschwerden litten, auch Symptome zeigten, während die Patienten mit trockenem Auge ohne Angst- oder Depressionsbeschwerden symptomlos waren. Diese Studien belegen, dass psychische (Angst, Depression) und neuronale Faktoren (hormonell, immunologisch) Einfluss auf Tränenproduktion und -qualität haben und die psychische Verarbeitung der Störung und die Schmerzempfindung variieren. Deshalb sollte ein manchmal psychisch stark mit Angst und Schmerz überlagerter Sicca-Patient mit seinen Beschwerden ernst genommen sowie mit Respekt und Höflichkeit angenommen werden, und es sollte an einen möglichen psychosomatischen Hintergrund gedacht werden.

Aber wir haben natürlich nicht nur Patienten mit trockenem Auge in der Ambulanz oder der Praxis. Wir haben den aktiven jungen Mann, der beruflich oder privat eine belastende Zeit durchmacht und eine Chorioretinopathia centralis serosa (CCS) entwickelt. Wir haben die junge Frau mit Doppelbelastung, die schon wieder eine korneale Herpesentzündung bekommt. Und wir haben in diesen Coronazeiten Patienten mit massiven Ängsten, die diese Angst auf ihre Glaskörpertrübungen oder eine unklare Sehverschlechterung projizieren.

Merke

Angst erschwert den Umgang und die Bewältigung von Symptomen und Erkrankungen.

Kommunikation

Wenn uns nun klar geworden ist oder wir immer schon wussten, dass der Patient nicht nur mit seinem Auge kommt, sondern als biopsychosozialer Mensch, und wir den psychosomatischen Ansatz in unsere Arbeit integrieren möchten, was sollten wir dann tun, und wie können wir das umsetzen?

Ein wichtiger Aspekt ist die Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Der erste Schritt ist die umfassende Wahrnehmung des Patienten:

  • Wie ist sein Auftreten?

  • Wie sind seine Mimik und seine Gestik?

  • Welche Wirkung hat er auf mich?

Schon in den ersten 10 Sekunden einer Begegnung machen wir uns ein Bild von unserem Gegenüber, allerdings meist unbewusst. Danach entwickelt sich die verbale Kommunikation zwischen Patient und Arzt. Und da müssen wir uns klarmachen, dass Kommunikation wie ein Eisberg ist: Ein Siebtel ist verbal und damit sichtbar/hörbar, und der Rest ist nonverbal und für uns oft unsichtbar. In diesem Teil verbergen sich die Gewohnheiten, Eigenarten, Emotionen, Erwartungen des Patienten (psychosozialer Anteil). Das Eisbergmodell basiert auf der allgemeinen Persönlichkeitstheorie Sigmund Freuds und ist eine der Säulen der Kommunikationstheorie (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Sichtbare und verborgene Anteile der Kommunikation, vergleichbar mit einem Eisberg. (Nach der allgemeinen Persönlichkeitstheorie nach Sigmund Freud, erstellt von Wiek)

Jede Kommunikation beinhaltet verschiedene Bedeutungsebenen. Nach dem 4‑Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun transportiert eine Äußerung 4 Aspekte, nach der diese interpretiert werden kann, sowohl von der Seite des Senders, also des Patienten, als auch von der Seite des Empfängers, also des Arztes (Abb. 3). Ein vom Patienten geäußerter Satz (blau) hat zunächst ein Sachebene (gelb), die eine rationale Information transportiert. Zusätzlich gibt es aber die Beziehungsebene (grün), auf der zum Ausdruck kommt, in welchem Verhältnis der Patient meint, zum Arzt zu stehen. Auf der Appellebene (grau) gibt der Patient zu erkennen, was er vom Arzt erwartet. Auf der Ebene der Selbstkundgabe (orange) zeigt sich, was der Patient von sich zu erkennen gibt. Wenn der Patienten einen „schlichten“ Satz sagt, wie in der Abb. 3 beispielhaft gezeigt, transportiert dieser Satz mehrere Bedeutungen, und beim Arzt ruft der Satz auf den verschiedenen Bedeutungsebenen spezifische Reaktionen hervor.

Abb. 3
figure 3

Verschiedene Ebenen der Kommunikation mit Sachebene, Appellebene, Beziehungsebene und Selbstkundgabe nach dem 4‑Seiten-Modell von Friedemann Schulz von Thun. (Erstellt von Wiek)

Die Untersuchungssituation beim Augenarzt ist häufig durch kurze Untersuchungsintervalle geprägt. Trotzdem hat man als Arzt die Möglichkeit, durch konkrete, also geschlossene Fragen, mehr über den Patienten zu erfahren. Zum Beispiel:

  • „Was machen Sie beruflich?“

  • „Sind Sie mit Ihrer Arbeit zufrieden?“

  • „Gab es ein besonderes Ereignis in der letzten Zeit?“

  • „Was hindert Sie daran, die drucksenkenden Augentropfen regelmäßig zu nehmen?“

  • „Wie ist Ihre familiäre Situation?“

Viele Patienten mit chronischen Erkrankungen oder therapieresistenten Symptomen sehen wir öfters, sodass man nach und nach mehr über den Patienten erfahren kann und sich damit ein ganzheitliches Bild verschafft.

Für eine gelungene Kommunikation ist es wesentlich, dass man den Patienten ausreden lässt, maximal etwa 3 Minuten ohne Unterbrechung, dass man ihn anschaut und aktiv zuhört („aha“, „mmh“, „und dann?“). Die Grundlage einer guten Kommunikation sind Wohlwollen und Respekt dem Patienten gegenüber. Schon in einem kurzen Gespräch können sich die Problemfelder zeigen. Der Augenarzt ist nicht der Psychotherapeut für den Patienten, aber der Blick von außen auf den Patienten und seine Problematik lässt uns möglicherweise Fähigkeiten beim Patienten erkennen, die er selbst nicht wertschätzt. Man sollte ressourcenorientiert den Blick des Patienten auf das lenken, was er noch kann, was seine Stärken und Fähigkeiten sind, um nicht in Angststarre nur auf das zu schauen, was er nicht mehr kann [11]. Der Patientin im Beispiel etwa könnte man vermitteln, dass sie noch gut sieht und somit Auto fahren darf sowie dass sie durch die Unterstützung ihrer Verwandten eine Veränderung ihrer Wohn- und Lebenssituation bewältigen kann. Man kann Empfehlungen geben für Verhaltensänderungen, Selbsthilfegruppen, für Hilfsmittel (z. B. vergrößernde Sehhilfen), für allgemeine Stressbewältigungsstrategien („work-life balance“, genügend Schlaf, gesunde Lebensführung, Hobbies) und spezielle Entspannungstechniken, wie z. B. das autogene Training ([12]; Abb. 4). Auch Lebensziele und Sinn des Lebens können ein Thema sein. Der Patient sollte hingeleitet werden zu Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit.

Abb. 4
figure 4

Autogenes Training ist auch im Arbeitsalltag, z. B. in der Pause, relativ unkompliziert durchführbar. (Persönliches Foto von Wiek)

Merke

Das Ziel einer guten Kommunikation ist eine vertrauensvolle Patienten-Arzt-Beziehung und die ressourcen-orientierte Hinleitung des Patienten zu Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit.

„Work-life balance“

Eine psychosomatische Grundeinstellung bezieht sich nicht nur auf eine den gesamten Menschen in den Blick nehmende Betrachtungsweise und eine gelungene Kommunikation mit dem Patienten, sondern auch auf einen Blick auf uns selbst. Nur wenn wir mit uns selbst wohlwollend und mit einer gewissen inneren Gelassenheit umgehen, können wir den augenärztlichen Alltag über viele Jahre bewältigen, unsere Ressourcen positiv einsetzten, ohne in eine Burnout-Situation zu geraten. Dazu ist eine realistische Selbsteinschätzung notwendig:

  • Was sind meine Fähigkeiten?

  • Was belastet mich?

  • Achte ich genügend auf meine Gesundheit?

  • Wie kann ich mich entspannen, meine Batterien wieder aufladen?

Es ist essenziell, sich im Praxisalltag nicht wie in einem Hamsterrad zu fühlen und sich nicht völlig zu verausgaben. Mit so einem Verhalten schadet man sich selbst und nützt seinen Patienten nicht. Eine gute Lebensführung mit ausreichend Schlaf, gesunder Ernährung, genügend Zeit für Familie und Sozialkontakte und einem oder mehreren Hobbies, die es einem ermöglichen, abzuschalten und neue Kraft für den Alltag zu erlangen, schützen vor einem Burnout. Auch Entspannungsverfahren wie das autogene Training (Abb. 4), Yoga oder progressive Muskelrelaxation können zu mehr innerer Gelassenheit und einem entspannteren Umgang mit den Praxisanforderungen führen.

Merke

Ein achtsamer Umgang mit sich selbst und den eigenen Kräften schützt vor Burnout und erhält langfristig Lebens- und Arbeitsfreude.

Ausbildung „Psychosomatische Grundversorgung“

Um die Fähigkeiten zu erlangen, unsere Patienten als ganzen Menschen und nicht nur als „Auge mit einer Krankheit“ wahrzunehmen und mit ihm umzugehen, empfiehlt sich die Ausbildung in psychosomatischer Grundversorgung. Diese gibt uns das Rüstzeug an die Hand für eine gelungene Gesprächsführung, für das Erkennen psychosomatischer Zusammenhänge und das Erarbeiten eines Arbeitsbündnisses zwischen Arzt und Patient.

Die Ausbildung umfasst nach dem Curriculum der Bundesärztekammer einen 80-Stunden-Kurs, in dem der Fokus auf einer patientenzentrierten Kommunikation, auf der Gestaltung einer positiven Patienten-Arzt-Beziehung sowie auf Grundlagen der Psychodiagnostik und Gesprächsführung liegt. Ein Kurs umfasst ein Theoriemodul, ein Modul ärztlicher Gesprächsführung und Balint-Gruppen-Arbeit (Tab. 1). Von Psychosomatikkliniken und Bezirksärztekammern werden entsprechende Kurse laufend angeboten.

Tab. 1 Curriculum der Bundesärztekammer für die psychosomatische Grundversorgung

Zudem ist jede Kollegin, jeder Kollege willkommen, in unserem BVA(Berufsverband der Augenärzte Deutschlands)-Arbeitskreis „Psychosomatik in der Augenheilkunde“ mitzumachen. Ein Kontakt ist über beide Autorinnen leicht möglich. Zudem bietet Frau Emmerich (Kontakt: post@lichtwiese.de) 2‑mal im Jahr einen „Psychosomatischen Samstag“ in Darmstadt mit dem Themenschwerpunkt „Psychosomatik in der Augenheilkunde“ an.

Fazit für die Praxis

  • Jeder Patient kommt nicht nur „mit seinem Auge“ in die Praxis, sondern mit all seinen psychischen und sozialen Eigenarten, die sowohl die Augenerkrankung als auch die Kommunikation mit ihm/ihr beeinflussen.

  • Durch Wahrnehmen des Patienten in seiner Gesamtheit kann die Kommunikation verbessert werden.

  • Durch eine gelungene Kommunikation können Probleme des Patienten mit der Augenerkrankung und den therapeutischen Maßnahmen herausgefunden werden sowie die vorhandenen Ressourcen erkannt und dadurch Lösungen angestrebt und die Eigenverantwortung der Patienten gestärkt werden.

  • Eine lösungsorientierte und positive Kommunikation erhöht die Arbeitszufriedenheit und schützt langfristig vor Frustration und Burnout.