Okuläre Traumen sind nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation eine der Hauptursachen vermeidbarer Blindheit [17]. Aus publizierten Daten der United States Eye Injury Registry (USEIR) ist bekannt, dass sich in den USA jährlich ca. 2,5 Mio Augenverletzungen ereignen, von denen etwa 50.000 in dauerhafter Blindheit resultieren [6]. Da 50–60% der betroffenen Patienten jünger als 30 Jahre sind, haben okuläre Traumen erhebliche psychosoziale und sozioökonomische Bedeutung [5].

Von den Augen mit schweren Verletzungen, die einer mindestens einmaligen chirurgischen Intervention bedürfen, weisen 31–45% eine Mitbeteiligung des Irisgewebes auf, die vom einfachen Sphinkterriss bis hin zur vollständigen traumatischen Aniridie reichen [6, 16]. Weitere Möglichkeiten für Störungen der Iris- und Pupillenmorphologie oder- funktion sind angeborene Veränderungen wie Iriskolobome oder Aniridie und in selteneren Fällen postoperative Zustände, wie die atonische, weite Pupille nach Kataraktoperation [4] oder das Urrets-Zavalia-Syndrom nach perforierender Keratoplastik [15].

Bei einem großen Teil der Augen mit schweren Verletzungsfolgen kann nach adäquater chirurgischer Versorgung eine brauchbare Sehschärfe wiederhergestellt werden (42%≥0,5) [6]. Bei der meist sekundären Versorgung von Patienten mit Iris- und Pupillenstörungen ist das operative Vorgehen aufgrund begleitender Traumafolgen häufig erschwert. Auch aus diesem Grunde wird bei einer sekundären Linsenchirurgie nach Trauma häufig auf eine Wiederherstellung der Iris- und Pupillenfunktion verzichtet, zumal sich die daraus resultierenden Vorteile oft nicht einfach messen und beurteilen lassen. Die Patienten erzielen unter den üblichen Prüfbedingungen nämlich häufig einen guten Visus. Der Verlust der Pupillenfunktion durch Kolobome, permanente Mydriasis, Polykorie oder Aniridie führt jedoch zur Verschlechterung des Seheindrucks durch sphärische und chromatische Aberration, Diplopie, Blendungsempfindlichkeit, verminderte Kontrastempfindlichkeit und Tiefenschärfe sowie Photophobie. Hinzu kommt, abhängig von der Konfiguration des Irisdefekts, ggf. eine kosmetische Beeinträchtigung [8].

Mit den heutigen mikrochirurgischen Techniken und den von der Industrie angebotenen Implantaten stehen Mittel zur Verfügung, um jedes mögliche Ausmaß von Irisdefekten zu versorgen. Die Möglichkeiten reichen dabei von der einfachen Sphinkternaht bei kleinen Kolobomen, über Iris-Prothetik-Implantate bis hin zur Aniridie-Intraokularlinse (IOL), die bei ausgedehnten Defekten und gleichzeitig bestehender Aphakie indiziert ist [10, 11, 12].

In der vorliegenden Arbeit berichten wir über unsere eigenen Erfahrungen mit der Implantation solcher Aniridie-IOLs, die einen zentralen optisch wirksamen Anteil mit einem peripheren eingefärbten irisprothetischen Anteil in einem Implantat vereinen, in 11 Augen mit ausgedehnten posttraumatischen Irisdefekten.

Patienten und Methoden

In einer retrospektiven Untersuchung wurden die Krankenunterlagen von Patienten ausgewertet, die im Zeitraum von 2001–2006 in der Universitäts-Augenklinik Magdeburg und zwischen 2006 und 2007 in der Universitäts-Augenklinik Essen eine Aniridie-Intraokularlinse erhielten. Bei den betroffenen Augen handelte es sich um schwer traumatisierte Augen mit ausgedehnten Irisdefekten und gleichzeitiger Aphakie. Augen mit kongenitaler Aniridie, die während des Untersuchungszeitraumes ebenfalls mit solchen Implantaten versorgt wurden, kamen nicht in die Auswertung.

Bei den verwendeten Implantaten handelte es sich um die Morcher Aniridie IOL Typ 67 nach Sundmacher mit ovalärer Blendengeometrie (7/10 mm) aus schwarzem Polymethylmetacrylat (PMMA) und einem 3,5 mm großen zentralen optischen Teil aus klarem PMMA bzw. um die Ophtec Aniridia Lens Model 311 nach Hermeking mit runder Blende mit 9 mm Durchmesser aus grün, blau oder braun eingefärbtem PMMA und einem 4 mm großen optischen Teil aus klarem PMMA. Das zuletzt genannte Modell weist an den C-förmigen Haptikschlaufen Ösen zur intraskleralen Nahtfixation des Implantats auf.

Die operative Versorgung mit einer Aniridie-IOL erfolgte in allen Fällen sekundär nach der primären Wundversorgung und ggf. weiteren befundstabilisierenden (z. B. glaskörper-netzhautchirurgischen) Eingriffen. In Abhängigkeit vom begleitenden Netzhautbefund wurden Pars-Plana-Vitrektomien vor, gleichzeitig mit und nach der Aniridie-IOL-Implantation durchgeführt. In Abhängigkeit vom Hornhautbefund wurde die Implantation mit einer perforierenden Keratoplastik kombiniert.

Die Platzierung der Aniridie-IOLs erfolgte bei ausreichender Unterstützung durch den (teilweise) vorhandenen Kapselsack im Sulcus ciliaris, bei fehlendem Kapselsack durch transsklerale Nahtfixation. Dafür wurden in Anlehnung an die von Sundmacher beschriebene Technik [14] jeweils gegenüber am Limbus zwei dreieckige Sklerataschen in halber Dicke präpariert und 10.0-Prolene-Ankernähte in der tiefen Skleralamelle vorgelegt. Das Durchstechen der tiefen Skleralamelle erfolgte ebenfalls mit einer 10.0-Prolene-Naht jeweils von außen nach innen etwa 0,5 mm hinter dem Limbus, auf der einen Seite mit der Nadel des Nahtmaterials, auf der gegenüberliegenden Seite mit einer 27-G-Kanüle, die als Leitschiene für das Ausführen der Naht diente. Der dann von Sulkus zu Sulkus führende Faden wurde über einen Tunnelschnitt nach außen gezogen, durchtrennt und die Enden wurden an die Haptikösen der IOL geknotet. Unter Anziehen der Nähte nach außen erfolgte dann die sukzessive Implantation der Haptiken in den Sulkus mit anschließender Verknotung der Nähte mit den vorgelegten Ankernähten. Die Implantation erfolgte jeweils über einen 9 mm breiten, limbusparallelen skleralen Tunnelschnitt, der anschließend mit mehreren 10.0-Nylon-Nähten verschlossen wurde.

Bei Augen mit Zustand nach ausgiebiger vorderer oder auch vollständiger Vitrektomie wurde zu Beginn der Operation eine Pars-Plana-Infusion oder eine Vorderkammerinfusion eingenäht [1], um den Bulbus intraoperativ stets tonisiert und damit trotz der Traumafolgen stabil zu halten. Wurde der Eingriff mit einer perforierenden Keratoplastik kombiniert, wurden die 10.0-Prolene-Nähte bereits vor der Eröffnung des Bulbus an die Haptikösen geknotet. Hier erfolgte die sklerale Nahtfixation nach der Trepanation auf beiden Seiten über von außen nach innen durch die Sklerataschen eingestochene 27-G-Führungskanülen und die Implantation der IOL über die Trepanationsöffnung.

Ergebnisse

Patienten, Ausgangssituationen

Im Untersuchungszeitraum wurden 11 Patienten mit Zustand nach schwerem Bulbustrauma mit partiellem oder vollständigem Irisverlust erfasst (Tab. 1). Dabei handelte es sich in 3 Fällen um eine Bulbusruptur nach stumpfem Trauma und in 7 Fällen um eine perforierende Verletzung der Hornhaut und teilweise der Sklera. In einem Fall bestand ein Zustand nach En-Bloc-Resektion von Iris, Ziliarkörper und Hornhaut mit perforierender tektonischer Keratoplastik bei Epithelimplantationszyste nach einem 50 Jahre zurückliegenden perforierenden Trauma (Patient 10). Alle betroffenen Patienten waren männlich, das durchschnittliche Alter betrug 41,9 Jahre mit einer Spanne zwischen 15 und 68 Jahren.

Tab. 1 Daten der 11 untersuchten Patienten mit Sekundärimplantation einer Aniridie-IOL

Die primäre Wundversorgung war in allen Fällen nach den anerkannten Regeln erfolgt mit Wundreinigung, Reposition von intaktem uvealem Gewebe und Abtragen von prolabiertem Glaskörper. Im Rahmen der Wundversorgung wurde bei 8 Patienten die Linse bereits mit entfernt bzw. sie ging durch das Trauma verloren (bei Patient 9 Verlust der Kunstlinse). Drei Patienten hatten ihre eigene Linse mit teilweise weit fortgeschrittener Katarakt zum Zeitpunkt der Sekundärimplantation noch. Bei den aphaken Patienten war auch mindestens eine umschriebene vordere Vitrektomie bereits durchgeführt, sodass die intraoperative Bulbusstabilität im Rahmen der Sekundärimplantation herabgesetzt war. Bei einem jugendlichen Patienten (Patient 5) war kurz nach der primären Wundversorgung eine Wundrevision der Hornhaut bei Glaskörperinkarzeration durchgeführt worden. Bei 2 Patienten (Patient 1 und 7) bestand bereits unmittelbar nach dem Trauma eine Netzhautablösung, die durch Pars-Plana-Vitrektomie versorgt wurde. Bei Patient 1 bestand neben Netzhautablösung und Glaskörpereinblutung auch eine hämorrhagische Aderhautabhebung, welche transskleral weitestgehend ausgeräumt werden konnte. Hier erfolgte eine Endotamponade mit Silikonöl, welches im Verlauf vor der Sekundärimplantation wieder entfernt wurde. Ein 15-jähriger Patient (Patient 6) entwickelte 8 Monate nach dem Trauma eine inferiore Netzhautablösung, die mittels Cerclage und Kryoretinopexie wieder angelegt werden konnte.

Die Ausdehnung des vor der Sekundärimplantation bestehenden Irisdefekts betrug im Mittel 7,2±4,1 Uhrzeiten (Minimum 1,5, Maximum 12 Uhrzeiten). Bei den weniger stark ausgeprägten Defekten bestand in der Regel im Bereich der verbliebenen Irisreste eine traumatische Mydriasis bzw. eine Unwirksamkeit des Pupillensphinkters, sodass auch hier die Implantation einer Aniridie-IOL indiziert war.

Das Intervall zwischen Trauma und der sekundären Versorgung mit einer Aniridie-IOL betrug im Mittel 1,0 Jahre (Minimum 0,4, Maximum 2,3 Jahre). Zu diesem Zeitpunkt waren in der Regel die bei der Wundversorgung gelegten Hornhautnähte bereits entfernt oder sie wurden im Rahmen des Eingriffs entfernt.

Operationen

Bei einem Patienten mit nur kleinem inferiorem Irisdefekt über 1,5 Uhrzeiten wurde eine ovaläre Aniridie-IOL (Morcher Modell 67 nach Sundmacher, Abb. 1) nach Phakoemulsifikation in den Sulcus ciliaris implantiert (Patient 2). Aufgrund ausgeprägter Verwachsungen der Defektschenkel mit der Wunde und der Linsenkapsel war hier ein adäquater Verschluss durch eine Irisnaht nicht möglich. Die ovaläre Geometrie mit einem Durchmesser der schwarzen Irisblende von 7×10 mm bietet den Vorteil, dass der für die Implantation erforderliche Schnitt relativ klein gehalten werden kann. Bei den anderen 10 Patienten kamen Aniridie-IOLs der Firma Ophtec zum Einsatz (Modell HMK ANI 2 nach Hermeking, Abb. 2). Hier erfolgte die Implantation bei erhaltenem Kapselapparat in 2 Fällen in den Sulkus, in den anderen 8 Fällen wurde eine sklerale Nahtfixation in der oben beschriebenen Technik durchgeführt. Die Implantation erfolgte in der Regel über einen 9–10 mm breiten skleralen Tunnelschnitt, der auch bei vorhandener Wasserdichtigkeit bei OP-Ende aufgrund der Breite mit mehreren Stütznähten gesichert wurde. Bei den 4 Patienten mit gleichzeitiger perforierender Keratoplastik erfolgte die Implantation über die zwischen 7 und 8 mm große Trepanationsöffnung, was für den IOL-Durchmesser von 9 mm ausreichend ist.

Abb. 1
figure 1

Morcher Aniridie-IOL Type 67 (PMMA, 3,5 mm zentraler optischer Anteil, ovalärer schwarzer Irisblendenanteil 7×10 mm, Gesamtdurchmesser 12,5 mm)

Abb. 2
figure 2

Ophtec Aniridie-IOL HMK ANI 2 in grün, blau und braun (PMMA, 4 mm zentraler optischer Anteil, 9 mm eingefärbter Irisblendenanteil, Gesamtdurchmesser 13,75 mm, Haptikösen für die sklerale Nahtfixation)

Die prä- und postoperativen Befunde der Patienten 3, 5 und 8 sind in den Abb. 3, Abb. 4 und Abb. 5 kasuistisch dargestellt

Abb. 3
figure 3

Patient 3, 27 Jahre, linkes Auge. a Initialbefund mit frischer Hornhaut-Sklera-Iris-Linsenverletzung mit Prolaps von uvealem Gewebe. 6 Monate nach der Wundversorgung betrug der Visus mit Aphakiekorrektur stenopäisch 0,63. Der Irisdefekt hatte eine Ausdehnung von 7 Uhrzeiten. b Befund 4 Wochen nach Implantation einer skleranahtfixierten Aniridie-IOL (Ophtec HMK ANI 2 grün) über einen superioren skleralen Tunnelschnitt. Der Visus war mit einer Korrektur von −0,5 dpt sph. –2,0 dpt cyl. A. 60° (ohne stenopäische Lücke) auf 0,8 angestiegen. Der frei flottierende untere Anteil der verbliebenen Iris wurde zusätzlich bei 6 Uhr transskleral fixiert. 3 Monate nach der Sekundärimplantation entwickelte der Patient eine Netzhautablösung, die mittels ppV und Gastamponade behandelt wurde. Danach wurde ein Visus von 0,63 erreicht. c Die Portraitaufnahme zeigt einen kosmetisch zufriedenstellenden Befund

Abb. 4
figure 4

Patient 5, 19 Jahre, rechtes Auge. a Ausgangsbefund vor der Sekundärimplantation 5 Monate nach penetrierender Hornhaut-Iris-Linsenverletzung mit Irisdefekt über 7–8 Uhrzeiten. Kurz nach der Wundversorgung war eine Wundrevision im Bereich der Hornhautnaht aufgrund von Glaskörperinkarzeration erfolgt. b Befund ca. 8 Wochen nach Sekundärimplantation einer skleranahtfixierten Aniridie-IOL (Ophtec HMK ANI 2 grün) über superiorem skleralem Tunnelschnitt. Der Visus betrug 0,4 mit Korrektur (+4,5 dpt sph −3,0 dpt cyl. A. 0°). c Zufriedenstellender kosmetischer Befund

Abb. 5
figure 5

Patient 8, 37 Jahre, linkes Auge. a Situation ca. 11/2 Jahre nach perforierender Hornhaut-Iris-Linsenverletzung. Die Funktion ist auf die Wahrnehmung von Handbewegungen reduziert und es besteht erhebliche Lichtempfindlichkeit. b Befund 6 Wochen nach perforierender Keratoplastik kombiniert mit skleraler Nahtfixation einer Aniridie-IOL (Ophtec HMK ANI 2 blau). Die Implantation erfolgte hier über die Trepanationsöffnung mit einem Durchmesser von 7,5 mm. Der Visus betrug zu diesem Zeitpunkt zwar nur 0,05, der Patient war aber aufgrund seiner deutlich reduzierten Blendungsempfindlichkeit sehr zufrieden, ebenso mit dem erzielten kosmetischen Ergebnis c

Komplikationen

Intraoperativ traten keine Komplikationen auf. Bei den (teilweise) vitrektomierten Patienten ohne vorhandenen Kapselapparat und ohne gleichzeitige Keratoplastik wurde die intraoperative Tonisierung und Stabilität des Bulbus durch eine zuvor eingenähte Pars-Plana- oder Vorderkammerinfusion gewährleistet. Dies bietet den Vorteil, dass nach Passage durch den recht breiten Tunnelzugang schnell wieder normotone Verhältnisse vorliegen und das gefürchtete Risiko einer intraoperativen Blutung reduziert ist. Von den Herstellern der mit Pigmenten eingefärbten Implantate aus PMMA wird immer wieder darauf hingewiesen, dass diese wesentlich brüchiger seien als Implantate aus klarem PMMA. Wir haben bei den von uns durchgeführten Eingriffen jedoch keine Defekte an den verwendeten Implantaten feststellen können. Wahrscheinlich ist es vorteilhaft, die Inzisionen nicht zu klein zu präparieren, um ein unnötiges „Quetschen“ während der Implantation zu vermeiden.

Der früh-postoperative Verlauf war ebenfalls in allen Fällen weitgehend unauffällig. Ein vermehrter intraokularer Reizzustand aufgrund des verhältnismäßig großen Operationstraumas wurde durch verstärkte postoperative Lokaltherapie abgefangen. Bei einem Patienten mit gleichzeitiger Keratoplastik mussten postoperativ zweifach Hornhautnähte nachgelegt werden. Hier war es in einem Bereich, wo die ursprüngliche Hornhautwunde über die Trepanation hinausging, zur Fadenlockerung gekommen.

Sekundärglaukome nach schweren penetrierenden Verletzungen und Bulbusrupturen durch Narbenbildung im Bereich beteiligter Kammerwinkelstrukturen sind häufig. In dem hier vorgestellten Patientenkollektiv bestand ein Sekundärglaukom bereits vor der Implantation der Aniridie-IOL bei 4 von 11 Patienten entsprechend 36%. In allen Fällen war eine ausreichende Druckregulierung durch die Applikation drucksenkender Augentropfen gewährleistet. Nach der Sekundärimplantation kam es abgesehen von vorübergehenden früh-postoperativen Druckanstiegen zu keiner Zunahme der Patienten mit Sekundärglaukom. Die zuvor betroffenen Patienten waren auch postoperativ medikamentös ausreichend reguliert.

Ein Patient entwickelte 3 Monate nach Implantation einer skleranahtfixierten Aniridie-IOL eine Netzhautablösung. Präoperativ hatte hier keine bekannte retinale Problematik bestanden, im Rahmen der Wundversorgung nach Batterieexplosionsverletzung war zuvor eine ausgedehnte vordere Vitrektomie durchgeführt worden. Die Netzhautablösung war dem Patienten bei gutem postoperativem Visus von 0,8 selbst frühzeitig aufgefallen und sie konnte durch eine Pars-Plana-Vitrektomie mit Gasendotamponade adäquat behandelt werden. Der Patient erreichte danach auf dem betroffenen Auge einen Visus von 0,6.

Funktionelle Ergebnisse

Bei 10 von 11 Patienten führte die Sekundärimplantation der Aniridie-IOL zu einer Verbesserung des Visus. Der Anstieg der bestkorrigierten Sehschärfe betrug im Mittel 2,2±2,4 Visusstufen (Minimum −1, Maximum 7 Visusstufen). Bei dem Patienten mit einer Zeile Visusverlust wurde der präoperativ erhobene stenopäische Visus nach relativ kurzem Follow-up noch nicht wieder erreicht. Der durchschnittliche korrigierte Visus konnte von 0,25 (HBW-1,0) auf 0,48 (0,05–1,0) verbessert werden (Abb. 6). Trotz der für die Implantation erforderlichen großen Inzisionen konnte durch Verwendung skleraler Tunnelschnitte der postoperative Astigmatismus gering gehalten werden und überstieg in keinem Fall ohne simultane perforierende Keratoplastik 3,5 dpt. Bei einer Analyse der Untergruppen mit bzw. ohne simultane perforierende Keratoplastik zeigte sich bei den 7 Patienten ohne Keratoplastik ein noch stärkerer Visusanstieg.

Abb. 6
figure 6

Bestkorrigierter Visus vor und nach Sekundärimplantation einer Aniridie-IOL (gefüllte Rauten: Augen ohne simultane Keratoplastik, helle Rauten: Augen mit simultaner Keratoplastik)

Berücksichtigt man die Tatsache, dass die meisten Patienten präoperativ aphak und nicht mit einer adäquaten Aphakiekorrektur ausgestattet waren, ergibt sich noch eine deutlichere Steigerung des funktionellen Visus von durchschnittlichen 0,05 (HBW-0,3) auf 0,48 (0,05–1,0) (Abb. 7) bzw. um 5,4±2,4 Visusstufen (der Begriff Visusstufen bezieht sich auf die in den Abb. 6 und Abb. 7 aufgeführten Werte). Trotz teilweise brauchbarer korrigierter Sehschärfe vor der Sekundärimplantation war aufgrund der resultierenden Aniseikonie bei einseitiger Aphakie eine solche Korrektur in keinem Fall erfolgt.

Abb. 7
figure 7

Unkorrigierter Visus (funktioneller Visus) vor und bestkorrigierter Visus nach Sekundärimplantation einer Aniridie-IOL (gefüllte Rauten: Augen ohne simultane Keratoplastik, helle Rauten: Augen mit simultaner Keratoplastik)

Hinsichtlich der präoperativ teilweise erheblichen Blendungsempfindlichkeit durch den bestehenden Irisdefekt und teilweise ausgeprägter kornealer Narbenbildung gaben alle Patienten eine deutliche Besserung im postoperativen Verlauf an. Eine quantitative Analyse durch weitere psychophysische Untersuchungen erfolgte nicht.

Abgesehen von den aufgeführten funktionellen Ergebnissen hinsichtlich Visussteigerung und Reduzierung der Blendungsempfindlichkeit konnte bei der Mehrzahl der Patienten eine Verbesserung der kosmetischen Situation erzielt werden, die für die häufig betroffenen jungen Patienten von nicht zu vernachlässigender Bedeutung ist. Diese Beobachtung muss jedoch dahingehend eingeschränkt werden, dass die grün und blau pigmentierten Aniridie-Implantate der Firma Ophtec eine sehr helle Farbe aufweisen, die der natürlichen Irisfarbe nur in seltenen Fällen auch nur nahe kommt. So fühlten sich einige der Patienten durch die starke Auffälligkeit des Implantats in Abhängigkeit von der Umfeldbeleuchtung auch gestört.

Diskussion

Die chirurgische Therapie bei Iris- und Pupillendefekten unterschiedlicher Ätiologie wird in vielen operativen Einrichtungen auch heute noch zurückhaltend angegangen. Das liegt zum einen daran, dass komplexe Pathologien mit Einbeziehung von Iris und Linse früher schwierig zu behandeln waren, zum anderen an den vermeintlich schlechten funktionellen Ergebnissen. Denn sowohl Patienten mit angeborenen Pathologien wie der Aniridie wie auch solche mit schwer traumatisiertem vorderem Augenabschnitt erreichen in der Regel nicht die postoperative Funktion, die man von der Kataraktchirurgie gewohnt ist. Nicht zu unterschätzen sind aber die Vorteile für die häufig jungen Patienten, wenn die Sehschärfe mit akzeptabler Korrektur auf 0,3–0,6 angehoben und damit ein Binokularsehen aufrechterhalten oder wiedererlangt werden kann, ggf. ein sekundärer Strabismus divergens verhindert wird. Darüber hinaus werden andere psychophysische Funktionen außer der Sehschärfe durch die Wiederherstellung einer funktionellen Pupille günstig beeinflusst. Es kommt zu einer Steigerung der Kontrastempfindlichkeit und Reduzierung der Blendungsempfindlichkeit. Zusätzlich kann in vielen Fällen ein kosmetisch günstigeres Ergebnis erzielt werden.

Die Möglichkeiten zur chirurgischen Wiederherstellung von Irisdefekten beginnen bei der Irisnaht zur Korrektur kleinerer Defekte und von Iridodialysen. Bei ausgedehnteren Irisdefekten mit Verlust größerer Gewebeanteile bietet sich der Einsatz von Iris-Prothetik-Implantaten an, die üblicherweise bei simultaner Linsenchirurgie zusätzlich zur Intraokularlinse in den Kapselsack implantiert werden. Hier ist beispielsweise der von Rasch und der Firma Morcher entwickelte modifizierte Kapselspannring mit schwarzen Blendensegmenten zu nennen, der paarweise implantiert wird und so bei entsprechender Positionierung ein neues Irisdiaphragma schafft. Von der Firma Ophtec wird ein segmentaler Irisersatz aus verschiedenfarbigem PMMA (nach Hermeking) zur Implantation in den Kapselsack zusätzlich zu einer IOL angeboten. Ist ausreichend Irisgewebe erhalten, kann auch eine individuell angefertigte Artisan Iris Reconstruction IOL nach Worst zum Einsatz kommen, bei der der Haptikteil zur Fixation an der peripheren Iris und ein individuell gefertigter Blendenteil mit Pigmenten eingefärbt sind (Ophtec). Bei ausgedehnten oder vollständigen Irisdefekten und gleichzeitig ungenügender Unterstützung durch den Kapselapparat ist die Verwendung von Aniridie-IOLs indiziert, die ggf. skleranahtfixiert werden können [10, 11, 12].

In der vorliegenden Arbeit werden die Ergebnisse nach Sekundärimplantation solcher Aniridie-Intraokularlinsen nach schwerem Trauma vorgestellt. Eine Alternative zur chirurgischen Intervention wäre bei diesen Patienten die Anpassung von Iris-Print-Kontaktlinsen, die ebenfalls gleichzeitig das Refraktionsdefizit bei bestehender Aphakie und den Pupillendefekt kompensieren können. Diese Kontaktlinsen werden jedoch gerade von Patienten nach schwerem Trauma und möglicherweise mehrfachen vorausgegangenen operativen Eingriffen häufig schlecht oder nicht dauerhaft toleriert [13].

Die erste Beschreibung einer Aniridie-IOL für die Implantation in die Vorderkammer stammt von Choyce aus dem Jahr 1959 [3]. Sein Implantat hat aber damals keine Verbreitung gefunden. Gleiches gilt für die in den 80er Jahren von Worst vorgestellte Moustache-Linse mit farbiger Krempe. 1993 wurden von der Firma Morcher erstmals die von Sundmacher entwickelten Irisblenden-Intraokularlinsen angeboten [9]. Modelle mit unterschiedlichen Durchmessern der Haptiken, der schwarz eingefärbten Blendenteile und des klaren zentralen optischen Linsenanteils stehen zur Verfügung. Die meisten Modelle eignen sich für die Implantation in den Sulcus ciliaris und weisen an ihren Haptiken Ösen für die transsklerale Nahtfixation auf. Von unseren 11 Patienten wurde 1 mit einem solchen Morcher-Implantat versorgt. Vorteil des verwendeten Modells 67 mit einem ovalären Durchmesser des gefärbten Blendenteils von 7×10 mm ist, dass es über eine nur 7-mm-breite Inzision implantiert werden kann, während die kreisrunden Modelle eine entsprechend größere Öffnung benötigen. Etwas später als die Morcher Aniridie-IOLs kamen die von Hermeking und der Firma Ophtec entwickelten Implantate mit farbigen Irisblendenanteilen auf den Markt, deren Spezifikationen im Methodikteil beschrieben sind. Bei heller Irisfarbe am Partnerauge bieten diese blauen, grünen oder braunen Implantate gegenüber den schwarzen Morcher-Implantaten einen kosmetischen Vorteil. Eine weitere Steigerung dieses kosmetischen Vorteils kann durch die erst seit diesem Jahr verfügbaren, individuell der Iris des Partnerauges angepassten Blenden-IOLs der Firma Morcher („IrisMatch“) erzielt werden.

Bei unseren Patienten mit partiellen Irisdefekten wurden die Implantate immer hinter dem verbliebenen Irisanteil im Sulcus ciliaris implantiert. In 2 Fällen erfolgte die Implantation in den Sulkus bei vorhandenem Kapselsack, in den anderen Fällen erfolgte eine transsklerale Einnähung. In allen Fällen, sowohl bei Implantation über einen skleralen Tunnelschnitt als auch bei der Open-Sky-Implantation bei simultaner perforierender Keratoplastik, konnte ein zentrischer und verkippungsfreier Sitz im Sulkus erzielt werden. Durch die Implantation über einen skleralen Tunnelschnitt mit Inzision etwa 1 mm hinter dem Limbus konnte der induzierte Astigmatismus trotz der erforderlichen Inzisionsbreite von 9 mm gering gehalten werden. Der höchste postoperativ erhobene Astigmatismus in der Gruppe ohne Keratoplastik betrug 3,5 dpt, wobei nicht unterschieden werden kann, welcher Anteil davon aus der gleichzeitig bestehenden kornealen Wundnaht von der Verletzung resultiert. Ein wichtiger Aspekt für die guten erzielten Ergebnisse ist wahrscheinlich die konstante intraoperative Tonisierung des Bulbus durch einen Infusionszufluss über die Pars plana oder den Limbus. Dadurch ist auch das traumatisierte Auge nach Verlust des Iris-Linsen-Diaphragmas und stattgehabter vorderer oder vollständiger Vitrektomie während der gesamten Operation stabil. Das Risiko intraoperativer Blutungen oder chorioidaler Effusion ist geringer [1]. Wahrscheinlich besteht auch ein günstiger Einfluss auf den chirurgisch induzierten Astigmatismus.

Nach penetrierendem und kontusionellem Bulbustrauma ist die Inzidenz von Sekundärglaukomen durch Vernarbung im Bereich verletzter Kammerwinkelstrukturen hoch. In unserem Patientengut beobachteten wir bei knapp 40% vor der Sekundärimplantation ein medikamentös ausreichend reguliertes Sekundärglaukom. Im postoperativen Verlauf kam es zu keiner Zunahme der Häufigkeit, der Augeninnendruck der betroffenen Patienten konnte weiterhin mit Augentropfen ausreichend reguliert werden.

Ein Patient entwickelte 3 Monate nach der Sekundärimplantation einer Ophtec Aniridie-IOL eine fortschreitende Netzhautablösung, die er bei guter postoperativer Sehschärfe frühzeitig bemerkte. Die Netzhautablösung konnte bei liegendem Implantat durch eine Pars-Plana-Vitrektomie und Gastamponade ohne nennenswerte intraoperative visuelle Beeinträchtigung gut behandelt werden. Diese Beobachtung einer guten Visualisierbarkeit des hinteren Augenabschnitts deckt sich mit den Erfahrungen anderer Untersucher [2, 7] und ist unserer Einschätzung nach bei der Schwere und Komplexität der vorausgegangenen Traumen auch dringend erforderlich.

Die funktionellen Ergebnisse mit den Aniridie-Implantaten sind als gut zu bewerten, zieht man die zugrundeliegende Pathologie bei den teilweise schwer traumatisierten Augen in Betracht. Es wurde ein Anstieg der korrigierten Sehschärfe um 2,2+/–2,4 Visusstufen erzielt. Betrachtet man den funktionellen Visus angesichts der Tatsache, dass vor der Sekundärimplantation keine Korrektur zum Einsatz kommen konnte, wurde sogar ein durchschnittlicher Anstieg um 5,4±2,4 Visusstufen erzielt. Sieben von 11 Augen ereichten einen Lesevisus ≥0,4, 5 Augen einen Visus ≥0,8. Alle Patienten gaben an, hinsichtlich ihrer Blendungsempfindlichkeit gegenüber präoperativ eine erhebliche Verbesserung verspürt zu haben. Hinsichtlich der erzielten kosmetischen Situation waren die Patienten mit brauner Iris am Partnerauge und einem daher braunen Implantat sehr zufrieden. Die blau und grün eingefärbten Implantate sind sehr hell und kommen der natürlichen Irisfarbe des gesunden Partnerauges nur selten nahe. Unter hellen Umfeldleuchtbedingungen können diese Implantate daher sehr auffällig sein und zu kosmetischer Beeinträchtigung führen. Dieses Defizit wurde mit den Herstellern/Vertreibern der IOL bereits mehrfach besprochen, eine Änderung der auf dem Markt erhältlichen Farbpalette ist aber nicht zu erwarten. Die Problematik besteht unter anderem darin, dass nur wenige Pigmente für die Beimischung zu den Werkstoffen von Implantaten zertifiziert und zugelassen sind.

Auch wenn die Ergebnisse mit den genannten Aniridie-Implantaten gut sind, wäre die Möglichkeit zur Implantation faltbarer Modelle über kleinere Inzisionen wünschenswert. Bei posttraumatischen Zuständen mit bereits bestehenden ausgedehnten narbigen Veränderungen im Bereich von Hornhaut und Sklera (z. B. wie in Abb. 3) ist die Präparation ausreichend großer Inzisionen von 9–10 mm Breite oft nicht einfach und führt zu weiterer Traumatisierung des Bulbus. Von einer russischen Arbeitsgruppe wurde 2005 ein solches faltbares Aniridie-IOL-Implantat erstmals vorgestellt [8]. Hierbei bestehen Optik, Blendenteil und Haptiken aus flexiblem Polymer. Der Blendenteil und die Haptiken sind mit unterschiedlichen anorganischen Pigmenten angefärbt und werden in 4 verschiedenen Farbtönen hergestellt. Die 5 zirkulär angeordneten Haptiken eignen sich sowohl für die Implantation in den Sulkus bei vorhandener Kapselsackunterstützung als auch zur skleralen Nahtfixation, wobei nicht alle Haptiken angenäht werden. Für die Implantation der gefalteten IOL soll eine 5–6 mm breite Inzision ausreichend sein. Bei den ersten ausgewerteten 20 Patienten, die ein solches Implantat erhielten, wurde ein gutes chirurgisches und funktionelles Ergebnis erzielt. Eine weitere Möglichkeit ist die Implantation eines flexiblen Irisersatzes zusätzlich zu einer IOL. Prototypen einer solchen jeweils individuell angefertigten Irisprothetik aus Silikon werden von der Firma HumanOptics hergestellt, die diese in Zusammenarbeit mit H.-R. Koch entwickelt haben. Das flexible Material kann intraoperativ entsprechend dem jeweils vorliegenden Defekt zugeschnitten werden und wird mit Nähten an den intakten Irisanteilen und/oder transskleral fixiert.

Ein nicht zu vernachlässigendes Problem bei der Versorgung von Patienten mit Iris-Prothetik-Implantaten und Aniridie-IOLs ist die fehlende Möglichkeit, für die teilweise kostenintensiven Implantate eine ausreichende Vergütung durch die Kostenträger zu erhalten. Will man den betroffenen Patienten eine adäquate individuelle Therapie ermöglichen, muss ein Weg gefunden werden, eine außerbudgetäre Vergütung neben der Fallpauschale im DRG-System zu gewährleisten.

Fazit für die Praxis

Die häufig jungen Patienten mit ausgedehnten posttraumatischen Iris- und Pupillendefekten profitieren in der Regel sehr von der erzielten Verbesserung der Sehqualität durch die Wiederherstellung einer funktionellen Pupille. Durch den Einsatz individuell ausgewählter Implantate ist in den meisten Fällen eine befriedigende kosmetische und funktionelle Rehabilitation möglich.