Sehr geehrter Herausgeber,

Studien aus jüngerer Zeit [1,4,7,8] und eigene Beobachtungen [2] weisen darauf hin, dass die in vielen Tropfpräparaten als Pufferbestandteile enthaltenen Phosphatanionen zu Hornhautverkalkungen Anlass geben können: Sie bilden mit im Gewebe vorhandenen Kalziumkationen ein schwerlösliches und deshalb auskristallisierendes Kalziumphosphathydroxylapatit, Ca5(PO4)3OH [2,4,6]. Klinisch lassen sich Hornhautverkalkungen unterschiedlicher Gestalt beobachten. Das Spektrum reicht von diskreten altersbedingten Veränderungen der peripheren Hornhaut bei 3 und 9 Uhr bis zu durchgreifenden Verkalkungen mit Visusverlust (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Durchgreifende Verkalkung der Hornhaut nach Behandlung einer epithelialen Keratopathie mit phosphatreichen Hyaluronattropfen. Das Tränenersatzmittel mit einer Phosphatkonzentration von 50,9 mmol/l wurde viertelstündlich, also über 50-mal pro Tag, zur Behandlung einer schweren Benetzungsproblematik getropft

Unsere Befunde veranlassten uns, die Phosphatkonzentrationen von Tränenersatzmitteln systematisch zu erfassen [3] und dazu noch diejenigen einiger spezieller (vielgebrauchter) ophthalmologischer Präparate [2]. Präparate mit Konzentrationen, welche die physiologischen Werte (<1,45 mmo/l) um das 25fache überschreiten, sind in der untenstehenden Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Präparate mit hohem Phosphatgehalt (>25 mmol/l)

Die gegenwärtige Datenlage erlaubt noch keine Festlegung einer kritischen Phosphatobergrenze, zumal der Kalzifizierungsvorgang noch von weiteren Faktoren abhängig ist:

  • pH-Wert im Konjunktivalsack;

  • Tonizität des Präparats bzw. des präkornealen Tränenfilms;

  • Umfang des kornealen Epitheldefekts;

  • Ausmaß der kornealen Barrierestörung.

Erste Hinweise mögen aber folgende Befunde geben: Im Tierversuch kam es zu einer raschen Hornhautverkalkung nach großem durch Alkaliverätzung ausgelösten Epitheldefekt und Spülung mit Isogutt (Fa. Dr. Winzer Pharma GmbH, Deutschland [7]). Diese Spüllösung weist eine Phosphatkonzentration von 148 mol/l auf. Ähnliche Beobachtungen wurden von Daly et al. auch klinisch gemacht [4]. In einer Serie mit 5 Fällen mit epithelialer Keratopathie führten Hyaluronattropfen mit einer Phosphatkonzentration von 50,9 mmol/l zur einer rasch progredienten Hornhautverkalkung [2].

Bei Patienten mit kompromittierter Augenoberfläche und epithelialer Keratopathie oder persitierenden Epitheldefekten empfehlen wir den Einsatz von phosphatarmen oder phosphatfreien Präparaten. Die pharmazeutische Industrie wird aufgefordert, den Phosphatgehalt ihrer Produkte zu deklarieren.