Unbehandelt weisen Makulaforamina (MF) eine ungünstige funktionelle Prognose auf [4]. Nach der Entwicklung eines schlüssigen Pathogenesekonzepts für idiopathische Makulaforamina (MF) von Gass [9, 10] und dem darauf aufbauenden ersten anatomischen Lochverschluss nach Vitrektomie durch Kelly und Wendel [15] ist die Visusprognose heute mittels vitreoretinaler Chirurgie insgesamt günstig. In zahlreichen publizierten Fallserien erreichen die Verschlussraten bis zu 93%, wobei für die Rolle von Adjuvantien wie autologem Serum, autologem Thrombozytenkonzentrat und Transforming Growth Factor Beta 2 (TGF-β2) sowie bzgl. des Peelings der Membrana limitans interna noch inkonsistente Daten vorliegen [2, 5, 8, 11, 18].

Tendenziell ist die postoperative Visusprognose günstiger bei Augen mit relativ kurzer Anamnesedauer, gutem Ausgangsvisus, kleinen Foramina und bei guter Compliance hinsichtlich der postoperativen Lagerung [22]. Auch bei hohen anatomischen Verschlussraten ist der postoperative funktionelle Verlauf allerdings interindividuell sehr variabel, und die prognostischen Determinanten sind noch unzureichend geklärt [1, 17].

Jeder intraokulare Eingriff kann ein Makulaödem induzieren, das gerade bei dem häufigsten Eingriff, der Kataraktoperation, zumeist spontan rückläufig ist. Über Störungen der Blut-Netzhaut-Schranke mit Akkumulation extrazellulärer Flüssigkeit nach operativem MF-Verschluss und Auswirkungen auf den funktionellen Verlauf gibt es bislang noch keine Daten.

Wir untersuchten in dieser Studie Auftreten und Ausprägung eines angiographischen Makulaödems nach anatomisch erfolgreicher MF-Operation und dessen mögliche Bedeutung für den postoperativen Visusverlauf. Weiterhin verglichen wir Prävalenz und Ausprägung des MÖ bei kombiniert durchgeführter Kataraktoperation mit Augen ohne diesen zusätzlichen Eingriff [16, 23], auch da bei anderen zugrunde liegenden Pathologien, wie beispielsweise der diabetischen Retinopathie Hinweise bestehen, dass sich die Kombination von vitreoretinalem Eingriff und Kataraktoperation ungünstig auf die Entwicklung eines postoperatives MÖ und damit auf den Visuserfolg auswirken kann [6].

Methode

Zwischen Oktober 1997 und März 2001 wurde in unserer Abteilung bei insgesamt 125 Augen von 116 Patienten eine MF-Operation einschließlich Pars-plana-Vitrektomie, Membrane Peeling und Luft/Gas-Tamponade (C2F6) durchgeführt. Die Patienten wurden angehalten, postoperativ über 10 Tage tagsüber Kopftieflagerung einzunehmen. Die Operationen erfolgten alle durch denselben Operateur (FGH). Die anatomische Verschlussrate in dieser Serie betrug insgesamt 88,8%.

Bei insgesamt 60 Patienten mit postoperativ verschlossenem MF führten wir neben ophthalmologischen Routinekontrollen und standardisierten Visusbestimmungen (ETDRS-Visustafeln nach Protokoll [7]) eine digitale Fluoreszeinangiographie mittels konfokalem Scanning-Laser-Ophthalmoskop (Heidelberg Retina Angiograph, HRA, Heidelberg Engineering) im Schnitt 4,2 Monate nach Operation durch [13]. Bei 59 Augen von 55 Patienten war die Bildqualität der Fluoreszeinangiogramme für eine Auswertung ausreichend.

Zur Bestimmung der Ausprägung des Makulaödems wurden Angiogramme der Spätphase herangezogen (15 min nach Fluoreszeininjektion). Die Verwendung einer Schablone mit Unterteilung in 12 Segmente gestattet eine quantitative Auswertung hinsichtlich des Flächenausmaßes der Leckage von Fluoreszeinfarbstoff (Abb. 1). Dabei erfolgte die Auswertung jeweils durch 2 unabhängige Untersucher. Bei fehlender Übereinstimmung wurde ein 3. Auswerter hinzugezogen.

Abb. 1
figure 1

Messung der Ausdehnung des Makulaödems in der Spätphase des Fluoreszeinangiogramms mit einer Schablone, die in 12 Uhrzeiten entsprechende Abschnitte unterteilt ist

Das Durchschnittsalter der 55 untersuchten Patienten, wovon 38 (69,1%) weiblich und 17 (30,9%) männlich waren, betrug 69,3±7,1 Jahre. Von den 59 in die Studie mit einbezogenen Augen wurde bei 23 Augen (39%) eine gleichzeitige Kataraktoperation mittels Standardtechniken einschließlich korneoskleralem Tunnel, Phakoemulsifikation und Implantation einer Faltlinse in den Kapselsack durchgeführt.

Vergleiche zwischen den Gruppen wurden statistisch mittels Student-t-Test und Wilcoxon-Mann-Whitney-Test ausgewertet.

Ergebnisse

Ein angiographisches Makulaödem fand sich 4,2 Monate postoperativ bei insgesamt 47 von 59 (79,7%) der Augen (Abb. 2). Die Ausprägung reichte von 1–12 Uhrzeiten. Dabei zeigte sich nur bei 2 Augen ein ausgeprägtes polyzystisches Makulaödem (Abb. 3).

Abb. 2a–c
figure 2

Funduskopie eines Patienten mit Makulaforamen präoperativ (a) und postoperativ nach Verschluss (b). Fluoreszeinangiographie 8 Monate nach Operation mit postoperativem diffusen Makulaödem (c)

Abb. 3a–c
figure 3

Funduskopie eines Patienten mit Makulaforamen präoperativ (a) und postoperativ nach Verschluss (b). Fluoreszeinangiographie 5 Monate nach Operation mit postoperativem zystoidem Makulaödem (c)

Das MÖ war mit Abstand der häufigste pathologische Befund bei den postoperativen Angiogrammen (Abb. 4). Ein völlig unauffälliges Angiogramm fand sich bei nur 10 (16,9 %) von 59 Augen (Abb. 5). Weitere Befunde neben einem MÖ beinhalteten Fensterdefekte (13,6%) sowie umschriebene Hypofluoreszenzen, korrespondierend zu fokalen Hyperpigmentationen mit umgebendem hyperfluoreszenten Halo (11,9%).

Abb. 4
figure 4

Angiographische Befunde nach Makulaforamenoperation

Abb. 5a–c
figure 5

Funduskopie eines Patienten mit Makulaforamen präoperativ (a) und postoperativ nach Verschluss (b). Fluoreszeinangiographie 5 Monate nach Operation ohne Pathologie (c)

Bei der weiteren Auswertung wurden 2 Untergruppen gebildet: Augen mit gleichzeitiger Kataraktoperation (Gruppe I) und solche ohne kombinierte Kataraktoperation (Gruppe II). Bezüglich der Altersverteilung bestand kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne kombinierter Kataraktoperation (69,3 vs. 68,2 Jahre). Auch zeigte die postoperative Prävalenz eines MÖ keinen Zusammenhang mit dem Alter der Patienten: mit Makulaödem im Mittel 68,3 Jahre, ohne Makulaödem im Mittel 66,3 Jahre.

Gruppe I zeigte gegenüber Gruppe II eine tendenziell höhere Prävalenz eines angiographischen MÖ (Abb. 6). Während es bei 87% aller Augen mit gleichzeitiger Kataraktoperation auftrat, wurde es bei 66,7% der Augen ohne Kataraktoperation beobachtet. Dieser Unterschied war allerdings nicht statistisch signifikant (p=0,735).

Abb. 6
figure 6

Prävalenz von Makulaödem im Schnitt etwa 4,2 Monate postoperativ

Das Ausmaß des Makulaödems (Abb. 7) betrug in Gruppe I 7,6±3,1 gegenüber 7,5±2,8 in Gruppe II (p=0,572).

Abb. 7
figure 7

Ausprägung des Makulaödem in den 2 Untergruppen

Bei 26 der 47 Augen mit postoperativem MÖ lagen darüber hinaus serielle Angiographien über einen Zeitraum von 1–35 Monaten vor. Dabei zeigte sich bei 14 Augen (53,8 %) ein spontaner Rückgang, bei 10 Augen (38,5%) ein Gleichbleiben und bei 2 Augen (7,7%) eine Zunahme des MÖ. Der Umfang der longitudinalen Daten ist allerdings gegenwärtig zu gering, um aussagekräftige Schlüsse zu ziehen.

Der präoperative Visus lag im Durchschnitt bei 6,5±2,3 (min. 1, max. 12) gelesenen Zeilen auf der ETDRS-Visustafel. Der postoperative Visus betrug im Mittel 10,5±2,1 (min. 1, max. 15). Sechs gelesene Zeilen auf der ETDRS-Tafel entsprechen einem Visus von 20/125 oder 0,16, während 12 Zeilen 20/32 oder 0,6 entsprechen.

Die Gruppen mit und ohne angiographisches MÖ unterschieden sich nur geringfügig hinsichtlich des postoperativen Visusanstiegs, der im Mittel bei 4,1 (mit MÖ) bzw. 3,5 (ohne MÖ) gelesener Zeilendifferenz auf der ETDRS-Visustafel lag.

Es zeigte sich weiterhin keine Korrelation zwischen der Ausprägung des MÖ und dem erreichten postoperativen Visus (Abb. 8) (p=0,453). Dies galt auch für das Ausmaß des Visusanstiegs in Abhängigkeit zum Ausmaß des MÖ.

Abb. 8
figure 8

Postoperativer Visus in Korrelation zur Ausprägung des postoperativen Makulaödem

Das Ausmaß des Visusanstiegs zeigte in Gruppe I gegenüber Gruppe II während des Beobachtungszeitraums keinen statistisch signifikanten Unterschied: 3,9 gegenüber 4,1 Zeilen.

Diskussion

Die Ergebnisse dieser Studie weisen auf eine hohe Inzidenz von postoperativen Störungen im Bereich der Blut-Netzhaut-Schranke mit konsekutivem angiographischen MÖ nach MF-Operation mit anatomischem Lochverschluss hin. Verschiedene Faktoren könnten für die Induktion des MÖ eine Rolle spielen. Unspezifische operative Traumata werden für die Akkumulation extrazellulärer Flüssigkeit in der makulären neurosensorischen Netzhaut allgemein nach intraokularen Eingriffen verantwortlich gemacht [10]. Dabei wird die Freisetzung von Signalmolekülen diskutiert, die auf die Permeabilität der retinalen perifovealen Kapillaren und das retinale Pigmentepithel Einfluss nehmen. Bezüglich der molekularen Mechanismen bestehen hier allerdings noch erhebliche Wissenslücken. Als zusätzliche Faktoren kommen bei der MF-Operation eine höhere Vulnerabilität des vor der Operation dehiszenten fovealen Netzhautgewebes sowie mechanische Effekte der Gas-/Luftblase auf die Makula in Frage. Interessanterweise zeigt jedoch ein Teil der Augen auch bei identischer operativer Intervention nach 3 Monaten keinerlei angiographisches MÖ. Dies weist auf weitere, noch unbekannte Einflussfaktoren hin.

Weiterhin legen die Daten den Schluss nahe, dass ein kombinierter Eingriff (MF-Operation plus Kataraktoperation) bzgl. der Entwicklung eines Makulaödems und der postoperativen Funktion gegenüber einem konsekutiven Vorgehen keine Nachteile besitzt. Auch wenn die Linse bei Patienten, die sich einer MF-Operation unterziehen, oft noch relativ klar ist, ist nach Vitrektomie gerade in der betroffenen Altersgruppe in praktisch allen Fällen mit einer raschen Entwicklung einer operationsbedürftigen Katarakt, die dann einen Zweiteingriff erforderlich macht [14], zu rechnen. In der Praxis erfolgen darüber hinaus gerade bei der zunächst typischen Kerntrübung mit Myopisierung nicht selten zunächst mehrere Brillenneuverschreibungen, bevor schließlich eine Kataraktoperation durchgeführt wird. Die Vorteile eines kombinierten Eingriffes umfassen eine raschere visuelle Rehabilitation, das Ausbleiben temporärer Gasfiederungen der Linse, ein geringeres Risiko einer postoperativen Drucksteigerung in Gegenwart der Luft-/Gastamponade bei phakem Auge, die fehlende Notwendigkeit eines 2. operativen Eingriffes für den betreffenden Patienten sowie die geringeren Gesamtkosten im Vergleich zum 2-zeitigen Vorgehen.

Die Objektivierung bei der Bestimmung des Ausmaßes eines Makulaödems ist methodisch mit zahlreichen Problemen behaftet [20, 24]. Dabei kann das Ausmaß der Leckage von Fluoreszeinfarbstoff in der Angiographie oder mit 3-dimensionaler Auflösung eine Dickenmessung mittels OCT, HRT oder Retinal Thickness Analyzer herangezogen werden. Wir benutzten eine Schablone mit Unterteilung in 12 Segmente zur Messung des Flächenausmaßes der Leckage von Fluoreszeinfarbstoff. Limitationen hierbei umfassen die subjektive Einschätzung des Auswerters, das relativ grobe Raster von 12 Segmenten sowie die Nichtberücksichtigung der peripheren Ausdehnung der Leckage.

Wie bereits frühere Beobachtungen bei anderen Ausgangssituationen zeigten, besteht oft kein eindeutiger Zusammenhang zwischen angiographischem Ausmaß eines Makulaödems und dem Visus [12]. Dies zeigte sich auch hier mit einer fehlenden Korrelation zwischen MÖ-Ausdehnung und Funktion nach MF-Operation bzw. kombinierter Kataraktoperation. Gleiches gilt auch für den Zusammenhang zwischen der Gegenwart eines MÖ überhaupt und der Funktion—zumindest für den hier erfassten postoperativen Beobachtungszeitraum—, wobei Augen mit MÖ funktionell nicht schlechter als Augen ohne MÖ abschnitten. Basierend auf diesen vorläufigen Befunden, sind sicherlich weitere longitudinale Untersuchungen erforderlich, um den Einfluss auf die weitere Visusentwicklung genauer beurteilen zu können.

Bei einem Teil der Patienten mit initial operativ verschlossenem MF kann sich nach längerer Zeit erneut ein MF entwickeln (sog. "late reopening"-Phänomen). In verschiedenen multizentrischen Studien wurde dieses Phänomen bei bis zu 10% Prozent der Patienten beobachtet [3, 19, 25]. Hierfür könnte ein persistierendes Makulaödem möglicherweise einen Risikofaktor darstellen, da anzunehmen wäre, dass die Expansion des Extrazellulärraums mit einer Destabilisierung des fovealen Netzhautgewebes einhergeht, sodass tangentialen Zugmomenten geringere entgegengerichtete Kräfte gegenüberstünden und eine Dehiszenz begünstigt würde. Auch hierzu sind weitere Verlaufsuntersuchungen erforderlich, wobei ein solches Ereignis in unserer Patientenpopulation bei dem limitierten Beobachtungszeitraum bislang noch nicht aufgetreten ist.

Rahmani et al. haben in einer epidemiologischen Studie gefunden, dass entgegen bisherigen Annahmen Makulaforamina sehr häufig sind und deren altersabhängiges Auftreten durch die demographische Entwicklung begünstigt wird. Die Prävalenz liegt im Bereich der diabetischen Retinopathie und des Glaukoms [21]. Umso mehr ist es erforderlich, die therapeutischen Maßnahmen bei MF auf eine rationale Grundlage zu stellen und das Vorgehen sowohl hinsichtlich der medizinischen Effektivität als auch der verbundenen Kosten zu optimieren. Wenn beispielsweise ein kombinierter Eingriff nicht mit funktionellen Nachteilen verbunden ist, wäre er gegenüber einem konsekutivem Vorgehen zu bevorzugen, da ein Zweiteingriff entfiele.

Limitationen der hier vorgelegten Studie umfassen den relativ kleinen Umfang der einbezogenen Patienten, fehlende umfassendere Verlaufsdaten über einen längeren Zeitraum sowie die oben genannten methodischen Einschränkungen bei der Quantifizierung des angiographischen Makulaödems. Trotzdem weisen die Ergebnisse erstmals auf die hohe Prävalenz von MÖ nach anatomisch erfolgreicher MF-Operation, auf die fehlende Korrelation von MÖ-Ausprägung und Funktion in MF-operierten Augen und bezüglich des Auftretens eines MÖ auf die Unbedenklichkeit eines kombinierten Eingriffs hin. Auf der Grundlage dieser Querschnittsdaten planen wir eine prospektive Longitudinalstudie, um weitere Informationen gerade zum Funktionsverlauf in Abhängigkeit von den makulären Veränderungen zu erhalten.