Vor der Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Denn der ärztliche Heileingriff ist eine Körperverletzung, die nur durch die Einwilligung des informierten Patienten gerechtfertigt wird. Damit der Behandelnde insoweit nicht in eine Falle läuft, bieten Fachverlage und auch die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) Formulare an, die den rechtssicheren Umgang mit Patienten unterstützen. Bei der Verwendung solcher Bögen ist allerdings einiges zu beachten.

Wesen der Risikoaufklärung

Der Begriff der Patientenaufklärung umfasst zahlreiche Informationspflichten von der Diagnose‑/Verlaufsaufklärung über die Sicherungsaufklärung („Bitte melden Sie sich umgehend, wenn Sie nach der Behandlung Beschwerden bekommen“) bis zur Risikoaufklärung. Dabei ist die Risikoaufklärung oftmals der neuralgische Punkt. Wenn der Arzt nicht beweisen kann, dass ein Patient in Kenntnis von Risiken in eine Maßnahme eingewilligt hat, fehlt es an der Behandlungslegitimation, und es drohen im Falle der Risikoverwirklichung Schadenersatzansprüche sowie eine strafrechtliche Verurteilung. Rechtliche Folgen etwaiger BehandlungsfehlerFootnote 1 sind hiervon nicht berührt, sie bestehen parallel.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Risikoaufklärung stehen im sog. Patientenrechtegesetz (Infobox 1).

Der Behandelnde trägt also die Verantwortung für den Inhalt der Aufklärung. Er kann sich nicht damit exkulpieren, dass der Aufklärungsbogen ein bestimmtes Risiko nicht erwähnt oder verharmlost (LG Köln 5 U 180/05) oder möglicherweise notwendige Folgeeingriffe nicht spezifiziert.

Der Behandelnde trägt auch die Verantwortung für die Beweisbarkeit der Aufklärung. Deshalb ist eine hieb- und stichfeste Dokumentation wichtig, auch wenn die Rechtsprechung in Einzelfällen „einigen Beweis“ für das Aufklärungsgespräch genügen lässt (BGH VI ZR 143/13 vom 28. Januar 2014).

Infobox 1 Was das Patientenrechtegesetz zur Risikoaufklärung sagt (Auszug aus §§ 630 ff BGB)

Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der Patient vor der Einwilligung aufgeklärt worden ist. Die Einwilligung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen werden.

Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

Die Aufklärung muss mündlich und so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann, und sie muss für den Patienten verständlich sein.

Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen.

Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung eingeholt und aufgeklärt hat.

Zum Aufklärungsbogen der DGMM

Aufklärungsbögen sind ein sinnvolles Instrument in der Arzt-Patienten-Beziehung. Sie ersetzen allerdings nicht das Gespräch mit dem Patienten, sondern sie können es lediglich vorbereiten und begleiten. Deshalb wäre folgende Kommunikation mit dem Patienten ein fataler Fehler: „Haben Sie den Text verstanden? Okay. Haben Sie Fragen? Nein. Dann unterschreiben Sie bitte …“

Der Patient hat einen Anspruch darauf, dass ihm mündlich alle wesentlichen Umstände mitgeteilt werden: Wie ist der Befund und die Indikation? Was soll getan werden und welcher medizinische Effekt wird erwartet? Wie dringlich ist die Maßnahme und wie sind die Erfolgsaussichten? Welche Alternativen gibt es? Welche Risiken bestehen und welche Auswirkung hat die Verwirklichung der Maßnahme auf die Lebensführung?

Dabei dürfen die Risiken keinesfalls verharmlost werden. Wenn beispielsweise in einem Aufklärungsbogen eines Fachverlags (nicht der DGMM) steht, dass eine Nervenwurzelschädigung auch durch Anheben eines Wassereimers oder durch Niesen ausgelöst werden kann, ist diese Aussage zwar möglicherweise richtig, sie sollte aber im Gespräch nicht zur Relativierung des Risikos genutzt werden. Analog gilt dies z. B. für die Aussage, dass Einrisse an den Innenwänden der Arterien nur dann entstehen können, wenn Prädispositionen oder Vorerkrankungen vorliegen. Dies wird den Patienten nicht interessieren, wenn es zu einem schweren iatrogenen Schaden gekommen ist.

Ob ein Risiko aufklärungsbedürftig ist, wird im Streitfall – genauso wie das Vorliegen eines Behandlungsfehlers – vom medizinischen Sachverständigen entschieden. Dieser stellt fest, ob eine unerwünschte Behandlungsfolge schicksalhaft im Bereich des Möglichen lag oder nicht.

Wie beweist man nun das Aufklärungsgespräch und die Einwilligung des Patienten? Am sichersten ist die Dokumentation der individuellen Unterredung mit dem Patienten samt dessen Unterschrift: Der Patient hat den Aufklärungsbogen gelesen, im Gespräch wird der Aufklärungsbogen durch Anmerkungen oder Skizzen oder Unterstreichen individualisiert und dann wird der Patient unter Berücksichtigung einer Bedenkzeit um eine Unterschrift zum Zeichen seines Einverständnisses gebeten. Auf diesem Weg erstellt man im Ergebnis ein Gesprächsprotokoll, das im Streitfall vorgelegt werden kann.

Adressat der Aufklärung

Adressat der Aufklärung ist der Patient bzw. bei fehlender Einsichtsfähigkeit (maßgeblich ist nicht das Alter, sondern die geistige/sittliche Reife) der gesetzlicher Vertreter.

Zum Thema sei eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 29. September 2015) angeführt: Ein in der 32. Schwangerschaftswoche mit multiplen Krankheitssymptomen entbundenes Mädchen sollte 2 Monate später biopsiert werden. Beim Aufklärungsgespräch war nur die Mutter anwesend. Nach Intubation und Beatmung kam es zu Problemen, das Kind verstarb in der Folgezeit. Die Einwilligung in die Behandlung war aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles wirksam.

Grundsätzlich müssen beide sorgeberechtigten Eltern einem ärztlichen Heileingriff bei ihrem minderjährigen Kind zustimmen. Allerdings darf ein Arzt in von der Rechtsprechung definierten Fällen darauf vertrauen, dass der abwesende Elternteil den anderen zur Einwilligung ermächtigt hat. Dies gilt nach der „3-Stufen-Theorie“ für Routinefälle, wenn der Ermächtigung keine besonderen Umstände entgegenstehen, und für schwerere Eingriffe, wenn der Arzt sich vergewissert, dass der erschienene Elternteil die Ermächtigung des anderen Elternteils hat und keine Zweifel an der wahrheitsgemäßen Auskunft des erschienen Elternteils bestehen. Bei sehr schwierigen Eingriffen mit weitreichenden Folgen für das Kind muss sich der Arzt Gewissheit verschaffen, dass der nicht erschienene Elternteil mit der vorgesehenen Behandlung des Kindes einverstanden ist.

Aufklärung und Sprachbarriere

In § 630e Abs. 2 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es ausdrücklich: „Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich sein.“ Kann der Patienten dem Gespräch nicht folgen, liegt keine ordnungsgemäße Aufklärung vor und eine Einwilligung ist unwirksam. Die Lösung liegt im Hinzuziehen eines Übersetzers. Dies kann ein Angehöriger oder Bekannter des Patienten sein, wenn der Arzt sicher ist, dass dieser die deutsche Sprache ausreichend beherrscht. Dies kann aber auch ein sonstiger Dolmetscher sein. Zu den Kosten findet sich eine Aussage in der Begründung des Patientenrechtegesetzes: „Bei Patienten, die nach eigenen Angaben oder nach der Überzeugung des Behandelnden der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, hat die Aufklärung in einer Sprache zu erfolgen, die der Patient versteht. Erforderlichenfalls ist eine sprachkundige Person oder ein Dolmetscher auf Kosten des Patienten hinzuzuziehen.“Footnote 2 Um Streitigkeiten über die Dolmetscherkosten zu vermeiden, sollte situationsbezogen mit dem Patienten vereinbart werden, dass er die Dolmetscherkosten trägt und/oder die Kostenübernahme mit der zuständigen Behörde (z. B. dem Sozialamt) schriftlich klärt.