Verfahren der bildgebenden Diagnostik haben bei der Diagnostik von Erkrankungen der Wirbelsäule einen hohen Stellenwert. Die für die Diagnosestellung im Bereich der Brustwirbelsäule relevanten Methoden sollen nachfolgend exemplarisch vorgestellt werden.

Die häufigsten Fragestellungen in Bezug auf die Brustwirbelsäule bestehen in der Beurteilung von:

  1. 1.

    Degeneration,

  2. 2.

    Entzündung,

  3. 3.

    Traumafolgen und

  4. 4.

    malignen Veränderungen.

Deformitäten sind im Gesamtkrankengut selten, können aber radiologisch ebenfalls gut erfasst und klassifiziert werden.

Konventionelle Röntgenuntersuchung der Brustwirbelsäule

Vor jeder weiterführenden Untersuchung steht die konventionelle Darstellung der Brustwirbelsäule. Um die Pathologien der Brustwirbelsäule erkennen zu können, muss zunächst das konventionelle Röntgenbild der gesunden „normalen“ Brustwirbelsäule und deren diagnostische Schwierigkeiten verstanden werden.

Standardmäßig erfolgt die Untersuchung der Brustwirbelsäule immer in zwei Ebenen (anterior-posterior und seitlich) zur Lokalisation der Pathologien in der richtigen Ebene.

Die Brustwirbelsäule besteht aus 12 Wirbeln sowie deren schmalen Zwischenwirbelräume (4–6,5 mm). Die Wirbelkörper sind ventral konvexbogig aufgebaut. Die Kortikalis ist scharf abgrenzbar, die Spongiosa zeigt ein gitterförmiges Muster auf.

In der a.-p.-Ansicht (Abb. 1a) ist der Ansatz des Wirbelbogens an den Wirbelkörper als ovale Ringstruktur im lateralen oberen Abschnitt sichtbar. Der Processus spinosus erscheint mittig als längliche Ringstruktur.

Abb. 1
figure 1

Brustwirbelsäule a.-p. (a) und seitlich (b) eines Erwachsenen. Normalbefund ohne pathologische Auffälligkeiten. Nebenbefundlich liegender ZVK (rechts)

Im Seitbild (Abb. 1b) können die Processus superiores und inferiores eingesehen werden, welche die Zwischenwirbelgelenke bilden.

Des Weiteren kann in einer im Stand durchgeführten Untersuchung die Brustkyphose sowie die lotgerechte Stellung der Wirbelkörper zueinander beurteilt werden.

Bei der Beurteilung der kindlichen Wirbelsäule bereiten vor allem die Normvarianten der Wirbelkörper diagnostische Schwierigkeiten. Physiologischerweise können die Wirbelkörper gering keilförmig abgeflacht sein und/oder eine treppenförmige Aussparung an der Wirbelkörpervorderkante aufweisen. Dies ist mit einer noch fehlenden Randleistenossifikation zu erklären, die eine Traumafolge vortäuschen kann (Abb. 2a,b). Erst ab dem 10. Lebensjahr beginnt – von zentral – eine Verknöcherung der Randleiste. Bisweilen zeigen die Wirbelkörper eine horizontal verlaufende Aufhellung auf; dabei handelt es sich um physiologische horizontal verlaufende Gefäßkanäle.

Abb. 2a,b
figure 2

Röntgenbild des thorakolumbalen Übergangs in zwei Ebenen eines 11-jährigen Mädchens mit knöchernem Normalbefund. Darstellung der Randleisten (Pfeil)

Fragestellungen

Fragen, die mithilfe der konventionellen Röntgenaufnahme beantwortet werden können, sind:

  • Deformitäten (insbesondere Skoliosen, Kyphosen, Wirbelkörperfehlbildungen)?

  • Spondylolisthesis?

  • Wirbelkörperfrakturen? Knöcherne Konsolidierung im Rahmen der Verlaufskontrolle von Wirbelkörperfrakturen?

  • Osteoporotische Veränderungen (Frakturen, Deformitäten – Keil-, Flach- oder Fischwirbel)?

  • Degenerative Veränderungen (Osteochondrose, Spondylosis deformans)?

  • Typische Veränderungen bei der Spondylitis ankylosans (M. Bechterew), z. B. Längsbandverkalkungen, Bambusstabwirbelsäule?

  • Metalllage nach operativer Stabilisierung?

Können die gestellten Fragen mit der Methode der konventionellen Röntgenuntersuchung nicht geklärt werden, müssen weitere radiologische Methoden angewandt werden.

Vorteile der Röntgenaufnahme

Vorteile der Methode sind:

  1. 1.

    flächendeckende Verfügbarkeit,

  2. 2.

    technisch einfache und schnelle Durchführbarkeit und

  3. 3.

    einfache Wiederholbarkeit im Rahmen von Verlaufskontrollen.

Nachteile der Röntgenaufnahme

Nachteile der konventionellen Aufnahme sind:

  1. 1.

    eindimensionales Summationsbild mit Überlagerungs- und Projektionseffekten;

  2. 2.

    deutlich eingeschränkte Beurteilbarkeit der Wirbelkörper im zervikothorakalen Übergang durch die Überlagerung der Schulterkonturen in der Seitaufnahme (hier können mithilfe einer „Schwimmeraufnahme“, bei welcher der Arm ähnlich eines Freistilschwimmers über den Kopf ausgelagert wird, die Wirbelkörper im zervikothorakalen Übergang beurteilt werden);

  3. 3.

    fehlende Beurteilbarkeit der Processus transversi, die durch die Rippen überlagert sind, und

  4. 4.

    fehlende Beurteilbarkeit des paravertebralen Weichteilgewebes und des Intraspinalraumes.

Multidetektorcomputertomografie

Bei dieser Computertomografie handelt es sich ebenfalls um ein Röntgenverfahren, welches schmale axiale Schichten (<1 mm) durch die Rotation der Röntgenröhre erzeugt, um ein zweidimensionales Bild zu erhalten. Dabei wird ein schmaler fächerförmiger Röntgenstrahl ausgesandt, der entsprechend seiner gewünschten Breite den gesamten Durchmesser des Patienten durchstrahlt. Der Patient liegt dabei auf dem Lagerungstisch und die Röhre rotiert um den Patienten. Die erhaltenen elektrischen Signale werden digitalisiert und rekonstruiert. Die sich daraus ergebenden Bilder erscheinen in unterschiedlichen Grautönen, welche je nach Fragestellung vom Radiologen gewählt werden, um eine Differenzierung zwischen der Knochenmatrix bzw. dem paravertebralen Weichteil zu erhalten. Durch Summation/Kollimation dieser axialen Einzelbilder erhält man ein dreidimensionales Bild.

In den axialen Schichten ist aufgrund des hohen Auflösungsvermögens die Spongiosa in ihrer Feinstruktur zu erkennen. Die Kortikalis zeichnet sich harmonisch um den Wirbelkörper-Wirbelbogen-Processus ab. Die Zwischenwirbelgelenke liegen dachziegelartig übereinander. Die Bogenwurzeln liegen in der oberen Hälfte des Wirbelkörpers. Die Zwischenwirbelräume bzw. das Bandscheibenmaterial können in ihrer Lage beurteilt werden. Die Neuroforamina sowie der Spinalkanal sind einzusehen und bezüglich ihrer Form und Weite zu beurteilen. Im sog. Weichteilfenster kann die paravertebrale Muskulatur als auch der Verlauf der Nervenwurzeln im Neuroforamen bestimmt werden.

In der 3-D-Rekonstruktion kann die Stellung der Gelenkflächen, z. B. die Processus superiores und inferiores zueinander beurteilt werden. Durch den zusätzlichen Einsatz eines intravenösen nichtionischen Kontrastmittels lassen sich Weichteilmassen intra- und paravertebral sichtbar machen.

Das Einsatzgebiet der Computertomographie in Bezug auf die Wirbelsäule liegt aufgrund seiner hohen und schnellen Auflösung vor allem in der traumatologischen Diagnostik.

Fragestellungen

Fragen, die mithilfe der Computertomografie beantwortet werden können, sind:

  • Vorliegen von Berstungsfrakturen der Wirbelkörper mit Beteiligung der Hinterkanten und Verlagerung von Knochenfragmenten in den Spinalkanal (Abb. 3a,b)?

    Abb. 3
    figure 3

    BWK-12-Fraktur mit Beteiligung von Korpus und Gelenkfacetten. a Axiales Bild. Rechtsseitige Einengung des Neuroforamens und des Spinalkanals durch Knochenfragmente (Pfeil). Bereits hier sichtbare Rotationsfehlstellung des Wirbelkörpers gegenüber dem Dornfortsatz. b Aus dem Datensatz rekonstruiertes dreidimensionales Bild. Deutliche Darstellung der Frakturlinie (Pfeil 1) mit traumatischer Retrolisthese (Pfeil 2) und pathologischer Lordose. Das dorsale Klaffen der Dornfortsätze weist ebenfalls auf Instabilität hin (offener Pfeil)

  • Bandscheibenvorfälle?

  • Degenerative Veränderungen, die zu einer Einengung der Neuroforamina oder des Spinalkanals im Sinne der hypertrophen Spondylarthrose, der Hypertrophie der Ligamenta flava, der Spondylosis deformans führen?

  • Verkalkungen der vertebralen Bandstrukturen ( z. B. M. Bechterew)?

  • Deformitäten der Wirbelkörper ( z. B. anlagebedingt oder bei osteoporotischen Frakturen)?

  • Metastatische Prozesse, die zu einer knöchernen Destruktion bzw. Infiltration in das umgebende Weichteil führen?

Vorteile der CT

Vorteile des Verfahrens sind:

  1. 1.

    detailgenaue Darstellung der anatomischen Strukturen durch die Berechnung von Einzelschichten in zwei Ebenen (keine Summationsbilder),

  2. 2.

    differenzierte Darstellung von Knochen und Weichteilen (Knochenfenster, Weichteilfenster),

  3. 3.

    beliebige Berechnung von zusätzlichen Rekonstruktionsbildern aus dem vorhandenen Datensatz ohne erneute Strahlenexposition des Patienten (multiplanare, auch dreidimensionale Rekonstruktion) und

  4. 4.

    schnelle und sichere Information auch über mehrere Organsysteme, z. B. im Rahmen der Polytraumadiagnostik („Polytraumaschleife“).

Nachteile der CT

Nachteile der Computertomographie sind:

  1. 1.

    keine Funktionsuntersuchung der Brustwirbelsäule,

  2. 2.

    eingeschränkte Beurteilung des Myelons (z. B. bei Myelonkompressionen nach Trauma mit oder ohne Vorhandensein eines intraspinalen Hämatoms) und

  3. 3.

    höhere Strahlenbelastung im Vergleich zur konventionellen Aufnahme.

Magnetresonanztomografie

Die Magnetresonanztomographie ist der dritte große Pfeiler in der Diagnostik der Brustwirbelsäule. Hierbei handelt es sich nicht um eine Röntgenuntersuchung. Der Patient liegt auf einem Lagerungstisch, umgeben von einem starken äußeren Magnetfeld. Entlang diesem richten sich die Protonen des menschlichen Körpers aus und erzeugen eine sog. Längsmagnetisierung. Das homogene Feld wird durch einen Hochfrequenzimpuls kurzzeitig angeregt und das Zurückfallen der Protonen in ihre Ausgangssituation aufgefangen. Auf dem Patienten werden zusätzlich flache Spulen gelagert, welche die erzeugten Signale aufnehmen, weiterleiten und digitalisieren. Hierbei zeigen sich zwei unterschiedliche Relaxationen (Rückkehr in die Ruhelage); diese werden auch als T1- bzw. T2-Relaxation bezeichnet. Der erhaltene Bildkontrast basiert dabei auf den verschiedenen Gewebeparametern (z. B. Wassergehalt).

Bei der MRT ist es möglich, Untersuchungen in allen drei Ebenen durchzuführen. Durch den Einsatz eines intravenösen Kontrastmittels (z. B. Gadoliniumchelat) können postoperative, entzündliche und tumoröse Veränderungen besser erkannt und differenziert werden.

Fragestellungen

Fragen, die mithilfe der Magnetresonanztomographie beantwortet werden können, sind:

  • Entzündliche/tumoröse spinale Prozesse/Myelon (Abb. 4a–c)?

    Abb. 4a–c
    figure 4

    Mit Metastasen durchsetzte Wirbelsäule (konventionelle Aufnahme im a.-p.-Strahlengang (links) versus MRT (Mitte und rechts)

  • Entzündliche Veränderungen der Wirbelkörper bzw. des begleitenden Weichteils (z. B. bei M. Bechterew)?

  • Ligamentäre, nicht verkalkte Veränderungen?

  • Entzündliche Veränderungen der Zwischenwirbelräume im Sinne der Spondylodiszitis?

  • Bandscheibenvorfälle bzw. degenerative Veränderungen mit begleitenden Nervenwurzelkompressionen?

  • Osteoporosediagnostik (insbesondere Aktivitätsdiagnostik von osteoporotischen Frakturen)?

  • Metastasendiagnostik?

  • Postoperative Veränderungen (Narbe versus Abszess, Rezidiv)?

Vorteile der MRT

Vorteile der MRT sind:

  1. 1.

    dreidimensionale Darstellung,

  2. 2.

    detaillierte Informationen zu Weichteilgeweben aller Art und

  3. 3.

    Möglichkeit verschiedener Sequenzen zur Erhöhung der Aussagekraft des Verfahrens.

Nachteile der MRT

Nachteile der Magnetresonanztomographie sind:

  1. 1.

    lange Untersuchungszeiten,

  2. 2.

    räumliche Enge im Untersuchungsgerät mit begleitender Platzangst,

  3. 3.

    kostenintensives Verfahren und

  4. 4.

    keine unbegrenzte Verfügbarkeit.

Fazit für die Praxis

Frakturen, Dislokationen, degenerative/entzündliche Veränderungen und Weichteilverletzungen können die Wirbelsäule in allen Etagen betreffen. Der radiologische Befund ermöglicht zusammen mit der Beurteilung der klinischen Beschwerden eine schnelle Diagnose.

Dabei steht an erster Stelle weiterhin die konventionelle Röntgenaufnahme der Brustwirbelsäule in zwei Ebenen zur anatomischen Lokalisation der Pathologien. Kann die Fragestellung dadurch nicht beantwortet werden, sollten weiterführende diagnostische Möglichkeiten entsprechend der spezifischen Indikation eingeleitet werden. Zur Beurteilung knöcherner Prozesse wird man sich eher für die Computertomographie entscheiden. Die Darstellung von Weichteilveränderungen gelingt in der MRT besonders aussagekräftig. Gelegentlich erfordert eine spezielle Fragestellung die Durchführung mehrerer Untersuchungen. Bei Kindern sollte aufgrund der hohen Strahlendosis wenn möglich auf die CT verzichtet und zugunsten der MRT entschieden bzw. nur eine segmentorientierte Untersuchung durchgeführt werden.