Zusammenfassung
Mit Begründung des Bethesda-Mikrosatelliten-Testpanels war der Nachweis von Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bzw. der zugrunde liegenden Mismatch-Reparaturgen-Defizienz (MMRD) Bestandteil des Screenings auf erbliches Lynch-Syndrom (LS, vormals HNPCC). Neuerdings ist MSI/MMRD zu einem wichtigen Biomarker zur Vorhersage des Therapieerfolgs moderner Checkpointimmuntherapien geworden. Die MSI-Analyse erfolgt mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) mit und ohne Fragmentlängenbestimmung und Next Generation Sequencing (NGS). Für den MMRD-Nachweis stehen immunhistochemische Methoden zur Verfügung. Bezogen auf einzelne Tumorentitäten kommen diese Testverfahren unterschiedlich zur Anwendung. Aktuell ist MSI/MMRD ein Biomarker mit sehr breitem Indikationsspektrum in der Tumorpathologie vor allem beim Kolorektal‑, Endometrium- und Magenkarzinom. Bei fortgeschrittenen Karzinomen ist MSI ein etablierter Parameter zur Prädiktion der Therapieresponse checkpointgerichteter Immuntherapien.
Abstract
After introduction of the Bethesda microsatellite test panel demonstration of microsatellite instability (MSI) and/or loss of mismatch repair proteins (MMRD) was primarily used as a marker for cancer predisposition of Lynch syndrome (LS, previous: HNPCC). Nowadays MSI/MMRD has become an important biomarker to predict therapy response to checkpoint immunotherapies. MSI can be determined either by polymerase chain reaction (PCR)-based technologies with or without specification of fragment sizes or next generation sequencing (NGS) methods. Depending on the individual tumor entities, these test methods are used differently. Currently, MSI/MMRD is a tumor biomarker which covers a broad spectrum of indications in tumor pathology, especially in colorectal, endometrial and gastric cancer. In advanced carcinomas, MSI is an established predictor of therapy response to checkpoint-directed immunotherapies.
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Lernziele
Nach der Lektüre dieses Beitrages …
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kennen Sie die Indikationen für eine Bestimmung der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bzw. den Nachweis einer Mismatch-Reparaturgen-Defizienz (MMRD);
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sind Ihnen die Unterschiede zwischen den verschiedenen Nachweisverfahren von MSI und MMRD und deren diagnostische Wertigkeit geläufig;
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können Sie die sich aus MSI und/oder MMRD ergebenden Befundkonstellationen im Hinblick auf deren klinische Bedeutungen interpretieren und bewerten.
Hintergrund
Die gegenüber dem Normalgewebe ursprünglich im kolorektalen Karzinom (KRK) beobachteten Längenabweichungen in einfach repetitiven DNA-Sequenzen – vor allem in kurzen Mono(A)n-und Dinukleotid(CA)n-Abfolgen – wird als Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bezeichnet und wird durch den mutations- oder methylierungsbedingten Funktionsausfall bestimmter Mismatch-Reparaturgene (MMRD) hervorgerufen. Dieser Zusammenhang wurde vor etwa 20 Jahren als Markerläsion des Lynch-Syndroms (vormals HNPCC) aufgedeckt. Das Phänomen begründet in vielen Tumoren einen eigenen Karzinogeneseweg und ist ein wichtiger Biomarker für die mit dem Lynch-Syndrom assoziierte Krebsdisposition und für die Prognose. Neben der Bedeutung zur Krebsrisikodiagnostik wurde kürzlich die prädiktive Relevanz zur Vorhersage des Ansprechens auf Immuntherapie, aktuell auch für das Ansprechen auf Checkpointimmuntherapien, unabhängig von der Tumorentität („tumor agnostic“) nachgewiesen. Heutzutage kommt der Bestimmung von MSI/MMRD demnach eine erhebliche klinisch-therapeutische Relevanz zu. Aktuell stehen die Fragen nach einer universellen Testung auf MSI/MMRD, der optimalen Untersuchungsmethode und deren klinische Relevanz im Zentrum der Diskussion.
Mithilfe der vorliegenden genomweiten Daten aus dem Krebsgenomatlasprojekt (TCGA) besteht ein umfassendes Bild über die Prävalenz von MSI für inzwischen 39 verschiedene Malignome (Abb. 1; [1]). Es stellt sich die Frage, wann eine Testung auf MSI/MMRD mit welcher klinischen Fragestellung, an welchem Tumor und mit welchem Untersuchungsverfahren erfolgen sollte.
Mikrosatelliteninstabilitätstestung
Diagnostisches Primerpanel
Die Verwendung geeigneter Mikrosatellitenmarker ist für die Bestimmung des Mikrosatellitenstatus von großer Bedeutung. In der ersten systematisch vergleichenden Analyse haben die Autoren dazu Mono‑, Di‑, Tri‑, Tetra- und Pentanukleotid-Repeats an kolorektalen Karzinomproben mit charakterisierten MMRD-Status verglichen und Cut-off-Werte zur Definition einer Mikrosatelliteninstabilität („MSI-high“ [MSI-H], „MSI-low“ [MSI-L], MSS) ermittelt [2]. Diese Ergebnisse haben bereits im Jahr 1998 und nachfolgend in einer überarbeiteten Fassung (2004) Eingang in die vom National Cancer Institute (NCI) formulierten Empfehlung zur Definition von MSI und der Testung mit geeigneten Mikrosatellitenmarkern gefunden [3]. Das „NCI-Bethesda-Panel“ basiert somit auf den von den Autoren validierten beiden Mononukleotidmarkern BAT25 und BAT26 sowie auf den 3 polymorphen Dinukleotidmarkern D5S346, D2S123 und D17S250. Der Schwellenwert für eine hochfrequente Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) liegt bei 2 instabilen Markern und für eine niederfrequente Instabilität (MSI-L) bei einem instabilen Marker (ein Fünftel= 20 %). Zusätzliche Marker (BAT40 als Mono‑, D10S197, D13S153, D18S58 als Di- und MYCL1 als Tetranukleotid-Repeat) sollen als alternative Loci im Fall eines MSI-L-Status zusätzlich untersucht werden. Bleiben nur 1–2 von 10 Markern instabil (≤20 %), wird der Tumor weiter als schwach instabil (MSI-L) eingestuft. Bei 3 oder mehreren instabilen Markern wird der Tumor als MSI-H und bei jeglichem Fehlen einer Instabilität als MSS (mikrosatelliten stabil) klassifiziert. Daneben wurde vermerkt, dass Dinukleotidmarker nicht alleine, sondern nur in Kombination mit Mononukleotidmarkern verwendet werden sollten. Dies ist naheliegend, da insbesondere MSH6-Mutationen bevorzugt Mononukleotid-Repeats betreffen und auch gering ausgeprägte Allelverschiebungen zur Folge haben können. Anderseits kann es bei MSI/MMRD-positiven Tumoren sekundär, ganz selten auch primär als Keimbahnmutation, zum Ausfall von MSH3 kommen, was vor allem zur Instabilität an Tri- und Tetranukleotid-, seltener Dinukleotid-Repeats führt und als „elevated microsatellite alterations at selected tetranucleotide repeats“ (EMAST) bezeichnet wird. Diese Form der MSI wird mit Mononukleotidpanels nicht erfasst [4].
Die Marker eines diskutierten Pentaplexmononukleotidpanels mit möglichst monomorphen (quasi-monomorphen) Mononukleotid-Repeats zeigen eine geringe, wenn auch noch vorhandene Allelvariabilität, sodass gleichzeitig detektierte Allelverschiebungen in mehreren (mindestens 3) dieser „quasi-monomorphen“ Marker sehr unwahrscheinlich sind und daher als Folge eines Mismatch-repair-Defekts und als eine tumorspezifische Mikrosatelliteninstabilität interpretiert werden. Demnach sei ein MSI-H-Phänotyp möglicherweise auch ohne eine parallele Untersuchung von DNA aus Normalgewebe oder Blut als Normalkontrollmuster nachweisbar, was nach Erfahrung der Autoren speziell bei gering ausgeprägten Allelverschiebungen sehr kritisch zu sehen ist. In der dem Pentaplexmononukleotidpanel zugrunde liegenden Arbeit [5] wurde aufgrund von ethnisch-spezifischen Repeat-Varianten und der damit verbundenen Markervariabilität der „quasi-monomorphen“ Marker (BAT25, BAT26, NR21, NR22 und NR24) ein höherer Schwellenwert (30 %; i.e. mindestens 3 von 5 instabilen Marker) angelegt. Wie bereits für das NCI-Bethesda-Panel zutreffend, zeigten die Marker BAT25 und BAT26 die höchste Sensitivität, MSI zu detektieren.
Aktuell stellen das NCI-Bethesda-Panel, bestehend aus den Markern BAT25, BAT26, D5S346, D2S123 und D17S250 (plus weitere 5 Marker bei MSI-L) und ein weiteres MSI-System, das BAT-25, BAT-26, NR-21, NR-24 und MONO-27 als MSI-Marker sowie Penta-C und Penta-D als Marker zur Probenunterscheidung enthält, die am häufigsten verwendeten Systeme dar.
Nachweisverfahren
PCR mit Fragmentlängenbestimmung
Für die Analyse der Mikrosatelliteninstabilität sind verschiedene Verfahrensweisen möglich. Ein gängiges Standardverfahren ist die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) mit nachfolgender automatischer Fragmentlängenbestimmung. Mit diesen Verfahren können grundsätzlich alle Mikrosatelliten untersucht werden.. Technisch liefert die bei den gängigen DNA-Sequenziergeräten verwendete Kapillarelektrophorese die höchstmögliche Fragmentlängenauftrennung, womit auch Allelverschiebungen von nur einem Basenpaar (bp) grundsätzlich erkennbar sind (Abb. 2). Derartige hochauflösende Kapillargelelektrophoresegeräte, wie sie auch für die Sanger-Sequenzierung verwendet werden, sind somit bestens für Mikrosatellitenanalysen geeignet.
Neben der hochauflösenden Kapillarelektrophorese gibt es auch weitere elektrophoretische Analyseverfahren, die technisch bedingt, z. B. wegen deutlich geringerer Laufstrecke, jedoch eine geringere Fragmentlängenauftrennung der Mikrosatelliten aufweisen. Dabei werden z.B. Elektropherogramme mit Mikrosatelliten-Muster von DNA aus Tumor und Normalgewebe vergleichend mit einer Auflösung von etwa ±2,5 bp dargestellt, die vom Anwender zu interpretieren sind.
Geräte mit elektrophoretischem Verfahren, die konstruktionsbedingt keine hochauflösende Darstellung von 1‑ bis 2‑bp-Allelverschiebungen ermöglichen und deren Einsatz eher für gröber auflösende Fragmentanalysen vorgesehen ist, können für eine valide MSI-Untersuchung nicht empfohlen werden.
MSI-PCR ohne Fragmentlängenbestimmung
Die Real-time-PCR mit nachfolgender „high resolution melting“ (HRM) bzw. Denaturierungsprofilanalyse stellt z. B. ein PCR-basierendes MSI-Analysesystem ohne Fragmentlängenanalysen dar.
MSI-Analyse mittels Next Generation Sequencing
Neben üblichen PCR-basierenden Systemen ist aktuell auch der Einsatz von Next Generation Sequencing (NGS) für die MSI-Analyse stark im Kommen. Der Vorteil einer NGS-basierenden MSI-Testung besteht dabei insbesondere darin, dass hier gleichzeitig eine umfassende Mutationsanalyse und, abhängig vom jeweiligen NGS-System (komplexe Genpanels, Whole Exome Sequencing), auch gleichzeitig eine Untersuchung der Tumor Mutational Burden (TMB) möglich ist. Da NGS-basierende MSI-Analysen bisher vorwiegend im Rahmen wissenschaftlicher Studien mit unterschiedlichen Analysestrategien durchgeführt wurden, sind die Auswahl und Anzahl der untersuchten Mikrosatellitenloci sowie die Auswertekriterien und -algorithmen sehr unterschiedlich und noch nicht standardisiert.
Die Zahl der untersuchten Mikrosatellitenloci reicht dabei von wenigen einzelnen Markern (5 Mikrosatellitenloci innerhalb eines 6‑Gen-Panels, [6]) bis zu mehreren Tausend, z. B. 7317 Mikrosatellitenloci innerhalb eines 592-Gen-Panels [7]. Die Detektion instabiler Mikrosatellitenloci bei NGS-basierenden MSI-Analysen beruht im Prinzip auf der Quantifizierung der als unterschiedlich lang detektierten (sequenzierten) „repeats“ an den jeweiligen Mikrosatellitenloci und einer statistischen Auswertung, meist im Vergleich mit einer Normalkontrolle, die entweder experimentell mitgeführt oder als bestehender Datensatz eingesetzt wird. Beispiele für publizierte und frei zugängliche Algorithmen sind 1) mSINGS [8], 2) MSIsensor [9] und 3) MANTIS [10].
Die Sensitivität und Spezifität der MSI-Detektion mittels NGS im Vergleich zur PCR-basierenden MSI-Analyse wird mit über 95 % (Sensitivität) bzw. 99 % (Spezifität) beschrieben (95,8 % bzw. 99,4 % [7]; 97 % bzw. 99 %: [10]). Die unterschiedliche Auswahl und Anzahl der Mikrosatellitenloci sowie verschiedene Auswertealgorithmen und -kriterien können naturgemäß zu unterschiedlichen Werten dieser Kenngrößen führen. Zudem stellen auch die unterschiedlichen zum Vergleich herangezogenen PCR-MSI-Untersuchungsverfahren eine Quelle der Variabilität dar. Eine Konkordanz von 99,4 % zwischen einer NGS-, einer PCR- oder einer auf einer Immunhistochemie (IHC) der Mismatch-Reparaturproteine basierenden Untersuchung wurde bei einem Kollektiv von insgesamt 138 Fällen kolorektaler und endometrialer Karzinome mit MSIsensor und einem MSIsensor-Score von 10 berichtet [11]. Diese Arbeit zeigt aber auch, dass die Schwellenwerte der jeweiligen MSI-Scores tumorentitätsspezifisch sein können und jeweilig angepasst und validiert werden müssen. In einer anderen Arbeit wurden anhand von Whole-exome-Daten von 11.139 Tumor-Normalgewebe-Paaren von 39 verschiedenen Tumorentitäten (Datensätze aus The Cancer Genome Atlas [TCGA], TARGET und anderen Studien) eine MSI-Analyse mittels des MANTIS-Scores durchgeführt [1]. Der relative MANTIS-Score und die tumorspezifische MSI-Häufigkeit zeigen sich auch hier tumorentitätsabhängig sehr variabel. In dieser Arbeit wurde auch untersucht, welche Mikrosatellitenloci sich am besten für eine MSI-Analyse für die Mehrheit der verschiedenen Tumorentitäten eignen. Dabei konnten 22 Loci aus 2530 Mikrosatellitenloci identifiziert werden, von denen interessanterweise keine in den besprochenen Panels enthalten sind. Dies spricht wiederum für eine Heterogenität der MSI-Muster und -Kriterien in verschiedenen Tumortypen, die bei einer MSI-Untersuchung berücksichtigt werden sollte.
Mittlerweile werden auch verschiedene kommerziell verfügbare NGS-basierende MSI-Analysesysteme angeboten, die auf verschiedenen Geräteplattformen einsetzbar sind und meist über proprietäre Auswertetools verfügen. Für eine Anwendung in der diagnostischen Routine wird dabei auf jeden Fall eine eingehende Validierung im Labor empfohlen.
Nachweis der Mismatch-Reparaturgen-Defizienz
Mithilfe der IHC lässt sich der der Mikrosatelliteninstabilität zugrunde liegende Funktionsverlust in einem der wesentlichen Mismatch-Reparaturgene (MSH2, MLH1, MSH6, PMS2) relativ einfach als ein Ausfall der Immunreaktion in den Tumorzellkernen nachweisen. Für die Interpretation der Färbeergebnisse bei Einsatz des 4er-IHC-Markerpanels ist die Kenntnis der Funktionsweise der MMR-Proteine hilfreich. Die Proteine bilden Heterodimere, wobei MSH2 an MSH6 und MLH1 an PMS2 bindet [4]. Bei Ausfall des 1. Bindungspartners kommt es typischerweise auch zum Ausfall des 2. Bindungspartners während im umgekehrten Falle (Ausfall von MSH6 oder PMS2) der erste Bindungspartner weiterhin nachweisbar ist (Abb. 2). Aufgrund dieses Sachverhalts kann man im diagnostischen Alltag auch zur Kostenersparnis in einem ersten Untersuchungsschritt zunächst mit einem 2er-IHC-Markerpanel (bevorzugt PMS2 und MSH6) beginnen und im Fall eines Expressionsausfalls noch den zugehörigen 1. Bindungspartner ergänzen.
Da der Expressionsverlust einer der MMR-Proteine zur MSI führt, stellt die IHC als eine weit verbreitete und kostengünstige Technologie ein verlässliches indirektes Nachweisverfahren von MSI dar. Genau genommen identifiziert man mithilfe der IHC – im Unterschied zum direkten MSI-Nachweis – einen Tumor vom MSI-Typ. Nur bei unklaren immunhistochemischen Befunden mit nicht eindeutigem Expressionsausfall in weniger als 90 % der Tumorzellen oder bei fehlender Färbung im Normalgewebe (als interner Kontrolle) wird zur Absicherung eine MSI-Analyse empfohlen.
Anwendungsbereiche der MSI/MMRD-Testung
Die Notwendigkeit des MSI/MMRD-Nachweises liegt in der klinischen Bedeutung als Prädispositions‑, Prognose- und als Prädiktionsmarker.
Prädispositionsmarker für klassisches Lynch-Syndrom
Mit Aufklärung der dem klassischen LS zugrunde liegenden Mutationen in einem der 4 MMR-Gene (40 % MLH1, 34 % MSH2, 18 % MSH6, 8 % PMS2) oder des mit EPCAM assoziierten „MSH2 silencing“ [12] stand über mehr als 2 Jahrzehnte der Nachweis von MSI bzw. des Ausfalls der MMR-Proteine im Tumorgewebe als Screeningverfahren auf LS im Vordergrund. Die Autoren haben dazu mehrfach in dieser Zeitschrift berichtet (Rüschoff et al. 1998, 2004, 2010; [13]; Rau et al. 2017; Übersicht in: [14]).
Beim LS bilden das Kolonkarzinom mit einem Lebenszeitrisiko von etwa 50–80 % und das Endometriumkarzinom mit einem Lebenszeitrisiko von 25–60 % die beiden am häufigsten auftretenden Tumoren, gefolgt von Ovar‑, Magen‑, Harntrakt- und Dünndarmkarzinomen sowie Talgdrüsentumoren der Haut mit je einem Lebenszeitrisiko von 10–20 %. Dementsprechend sind etwa 2–3 % der KRK und 0,8–1,4 % der Endometriumkarzinome mit LS assoziiert [15]. Aufgrund dieser Frequenz war eine grundsätzliche Testung aller KRK auf MSI lange Zeit umstritten und selbst in der aktuellen S3-Leitlinie zum KRK wird dies nicht empfohlen [16]. Eine MSI/MMRD-Testung ist demnach nur dann angezeigt, wenn eines der Bethesda-Kriterien erfüllt ist. Da dies die Berücksichtigung der Familienanamnese impliziert und eine grundsätzliche Tumortestung nur bei Patienten <50 Jahren (oder <60 Jahren mit „typischer“ Histologie) beinhaltet, wird von einer hohen Dunkelziffer des LS ausgegangen. Im klinischen Alltag werden schätzungsweise bis zu 40 % der LS-Familien nicht erkannt [17]. So geht H. Hample aus der Forschungsgruppe um A. de la Chapelle, Ohio State University, USA, davon aus, dass allein aufgrund der Familienanamnese etwa 25 % der mit LS assoziierten KRK und 65 % der LS-assoziierten Endometriumkarzinome verkannt werden [18].
Zur Verbesserung der Erfassung des LS wird heute eine grundsätzliche MSI/MMRD-Testung aller erstdiagnostizierten KRK vom englischen Nationalen Institut für Gesundheit (NICE) empfohlen, wobei zuerst eine immunhistochemische Prüfung der 4 Reparaturgene erfolgen sollte [19]. Das US amerikanische Nationale Cancer Netzwerk (NCCN) empfiehlt eine universelle MSI/MMRD-Testung aller KRK und Endometriumkarzinome [20].
Prognosemarker
Die prognostische Bedeutung von MSI/MMRD ist heute je nach Organtumor und Tumorstadium differenziert zu beurteilen. Etwa 15 % der KRK weisen eine MSI/MMRD auf, die zumeist auf eine erworbene Promotormethylierung des MLH1-Gens zurückzuführen und in etwa 60 % mit BRAF(V600E)-Mutation assoziiert ist. Diese Tumoren zeigen in frühen Stadien (I und II) ohne Chemotherapie eine im Mittel um etwa 10–15 % verbesserte progressionsfreie 5‑Jahres-Überlebensrate (Übersicht in [21, 22]). Dies impliziert, dass MSI/MMRD-Tumoren häufiger nicht metastasiert sind und somit fernmetastasierte Karzinome im Stadium IV deutlich seltener, in nur etwa 5 %, mit MSI/MMRD einhergehen. Für genau diese Gruppe wurde in jüngsten Metaanalysen gezeigt, dass hier MSI/MMRD mit einer ungünstigen Prognose assoziiert ist. Dabei zeigten BRAF-mutierte MMR-intakte (MSS/MMRP) und MSI/MMRD-Tumoren ein nahezu identisch auf 11 Monate verkürztes mittleres Überleben. Es wird vermutet, dass die in beiden Gruppen nachgewiesene BRAF-Mutation den entscheidenden ungünstigen Prognosefaktor bildet [23]. Fujiyoshi et al. [24] beobachteten kürzlich ein deutlich besseres Überleben bei MSI/MMRD-Stadium-IV-Karzinomen mit dominant peritonealer Aussaat gegenüber solchen mit überwiegend hämatogener und lymphogener Metastasierung. Dabei zeigten die Tumoren mit peritonealer Aussaat im Unterschied zu den primär fernmetastasierten Karzinomen keine BRAF-Mutation. Ein weiterer Hinweis dafür, dass BRAF auch bei MSI/MMRD-KRK im fortgeschrittenen Stadium einen ungünstigen Prognosefaktor darstellt. Möglicherweise muss dies auch bei MSI/MMRD-Tumoren im Stadium III berücksichtigt werden; dieses Kollektiv wies eine gegenüber MSS-Tumoren im Stadium III sogar ungünstigere Prognose auf [25]. Die Beziehung zwischen BRAF-Mutations- und MSI-Status ist Gegenstand einer großen Metaanalyse mit 24.067 KRK-Patienten [26]. Bei kombinierter Betrachtung beider Parameter sollte zur Prognosebeurteilung zunächst der BRAF-Mutationsstatus herangezogen und dann die Einteilung nach MSI/MMRD+/− erfolgen. Im Stadium I–III weisen BRAFmut‑/MSS-Tumoren die ungünstigste Prognose, Tumoren mit BRAFwt‑/MSS und BRAFmut/MSI+/− vergleichbare und Tumoren mit BRAFwt/MSI die beste Prognose auf. Im Stadium IV ist dagegen MSI/MMRD unabhängig vom BRAF-Status ein ungünstiger Prognosefaktor.
Diese Daten stellen die in der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2010, [27]) pauschal für alle MSI-H-KRK angegebene Klassifikation als „low grade“ Tumoren infrage. Man sollte zumindest in einem Kommentar ergänzen, dass die prognostische Bedeutung je nach Stadium (I/II/III vs. IV) unterschiedlich zu bewerten ist.
Nach dem Kolonkarzinom weisen noch das Endometrium- und Magenkarzinom relativ häufig MSI/MMRD auf (Abb. 1). Beim Endometriumkarzinom ist die Datenlage bezüglich der prognostischen Relevanz widersprüchlich. In einer aktuellen populationsbasierten australischen Studie zeigen nur die MSI/MMRD-Karzinome mit erblichem Hintergrund eine günstigere Prognose, während die sporadischen instabilen Tumoren auch im Vergleich zu den MSS-Tumoren deutlich ungünstiger verlaufen [28]. In einer weiteren aktuellen Studie mit 138 analysierten Karzinomen wurde gezeigt, dass MSI/MMRD- (29 %) und vor allem POLE-mutierte (8,7 %) Endometriumkarzinome ein günstigeres progressionsfreies Überleben gegenüber der Kontrollgruppe aufwiesen allerdings ohne signifikante Unterschiede im tumorspezifischen Gesamtüberleben [29]. Im Unterschied dazu erweist sich MSI/MMRD beim Magenkarzinom als günstiger Prognosefaktor weitgehend stadienunabhängig (Review in: [30]). Unabhängig von diesen teilweise widersprüchlichen Daten zur prognostischen Relevanz liegt heutzutage die Bedeutung der MSI/MMRD-Testung vor allem in der prädiktiven Wertigkeit.
MSI/MMRD als prädiktiver Marker
Mit Einführung PD-1-/PD-L1-gerichteter Checkpointtherapien hat die Bestimmung des MSI/MMRD-Status erheblich an Bedeutung gewonnen. In einer ersten Phase-II-Studie an fortgeschrittenen kolischen und extrakolischen instabilen soliden Tumoren zeigte sich eine Responserate von 71 % [31]. Diese führte im Jahr 2017 seitens der Food and Drug Administration (FDA) zur ersten von der Tumorlokalisation unabhängigen („tumor agnostic“) Zulassung eines molekularen Tests als Grundlage zur Therapieentscheidung für ein PD-1-gerichtetes Medikament (Pembrolizumab).
Die European Medicines Agency (EMA) hat sich dieser Vorgehensweise nicht angeschlossen und fordert eine auf die jeweilige Tumorentität bezogene Prüfung des Vorhersagewerts von MSI/MMRD bei Checkpointtherapien. Inzwischen konnten die Daten bei Ausdehnung auf 12 verschiedene Tumorentitäten [32] und auch in einzelnen weiteren extrakolischen Organtumorserien bestätigt werden [33, 34].
In der Arbeit von Lee et al. [31] wurde mittels NGS nachgewiesen, dass MSI mit einer überdurchschnittlichen Akkumulation von Mutationen in der Tumorzelle verbunden ist (1782 vs. 73 Mutationen/Tumorgenom). Damit treten in MSI/MMRD-Karzinomen eine Vielzahl von Neoantigenen auf, die zur Aktivierung des Immunsystems führen. Aktuell wurde gezeigt, dass das MSI-Ausmaß und das Immunresponseprofil bei Lynch-assoziierten MSI/MMRD-positiven Tumoren eng miteinander verknüpft sind [35]. Die tumorspezifische Immunantwort wird dann mithilfe der Checkpointtherapie weiter verstärkt bzw. (re)aktiviert. Letztlich ist MSI somit Ausdruck einer erhöhten Tumormutationslast, die inzwischen mit NGS-basierten Verfahren zusätzlich zum MSI-Status bestimmt werden kann und Gegenstand klinischer Prüfungen als weiterer prädiktiver Marker für Checkpointtherapien ist.
Gegenüber dieser immunprädiktiven Anwendung tritt die Bedeutung der MSI/MMRD-Bestimmung zur Vorhersage des Ansprechens auf Chemotherapie aktuell in den Hintergrund. Generell erscheinen MSI/MMRD-Tumoren gegenüber 5‑Fluoruracil(FU)-basierten Therapien tendenziell resistent zu sein. Dazu passen präklinische Daten, dass für eine 5‑FU-Chemosensitivität die Erkennung eines 5‑Fluoro-2´-deoxyuridine-5´-triphosphat(5-FdUTP)-Einbaus in die DNA durch ein intaktes MMR-System (MSS) erforderlich ist [13]. Allerdings ist die Datenlage beim Kolonkarzinom nicht eindeutig. In 2 größeren Metanalysen [21, 36] besteht zwar ein Trend dahingehend, dass MSI/MMRD-Kolonkarzinome weniger von 5‑FU als die MSS-Tumoren profitieren, dieser Unterschied ist aber auch im Stadium II nicht statistisch signifikant. Gleichwohl wird in den NCCN-Empfehlungen vom Einsatz einer 5‑FU-basierten Therapie im Stadium II abgeraten, da in diesem Tumorstadium MSI/MMRD mit einer günstigen Prognose assoziiert ist, die durch Chemotherapie auch bei bestehenden Risikofaktoren nicht verbessert werden kann.
Im Unterschied dazu ist die Datenlage beim operablen Magenkarzinom eindeutig. In einer retrospektiven Analyse der MAGIC-Studie lag die mittlere 5‑Jahres-Überlebensrate von Patienten mit MSI/MMRD-Karzinom bei 70 %; kam es in dieser Tumorgruppe zum Einsatz einer perioperativen Chemotherapie, fiel die Überlebensrate deutlich auf nur 18 % ab [37]. In der unbehandelten Gruppe ist MSI/MMRD mit günstiger Prognose, im Behandlungsarm hingegen mit ungünstigem Outcome als Ausdruck der MSI-assoziierten Chemoresistenz gegenüber 5‑FU-basierten Therapien verbunden. Die Autoren der Studie folgern, dass beim Magenkarzinom an den präoperativ entnommenen Biopsien MSI/MMRD bestimmt werden sollte, um die für eine perioperative Chemotherapie geeigneten Patienten herauszufinden. Inzwischen konnten die Ergebnisse in einer unabhängigen japanischen Studie bestätigt werden [34]. In einer aktuellen Tumorkohorte mit 101 kaukasischen Patienten wiesen dagegen die 9 MSI‑H Fälle trotz perioperativer Chemotherapie einen gegenüber MSS günstigeren Verlauf auf, was bei histologisch nachgewiesener Non-Response (in 8/9 Pat.) vermutlich eher Beleg für die stadienunabhängige prognostische Bedeutung von MSI beim Magenkarzinom als Ausdruck eines Zusatzeffekts der Chemotherapie ist [38].
MSI/MMRD-Testalgorithmus
Derzeitig weist kaum ein Biomarker in der Onkologie ein solches breites Indikationsspektrum auf wie MSI/MMRD, dieser sollte somit zum diagnostischen Standardrepertoire gehören. Die Frage aber, welches Testverfahren dabei am geeignetsten ist, wird allerdings unterschiedlich beantwortet. Angesichts der aktuell in den Vordergrund gerückten Bedeutung als Prädiktor für Checkpointtherapie ist eine Reihe von Testverfahren auf den Markt gekommen auch mit dem Argument, diese seien der immunhistochemischen Testung (IHC) überlegen. Dabei wird gerne auf frühere Studien Bezug genommen, in denen entweder nur MLH1 und MSH2 geprüft oder die eingesetzten Antikörper, speziell für die Testung von MSH6 und PMS2, häufig noch zu unspezifischen Kreuzreaktionen neigten. Bei den heute zur Verfügung stehenden Klonen und der verfügbaren Qualitätssicherung (QuIP) ist die Sachlage allerdings differenzierter zu betrachten.
Die höchste Korrelation zwischen MSI-Test und MMRD-Befund ergibt sich für das KRK (ca. 98 %) mit einer Sensitivität von etwa 95 % und einer Spezifität von 100 % [39]. Anders verhält es sich bei extrakolischen Tumoren, vor allem beim Endometriumkarzinom. Stelloo et al. [40] haben von 854 Studienpatienten in 696 Fällen den MSI-Test, welcher BAT-25, BAT-26, NR-21, NR-24 und MONO-27 als MSI-Marker sowie Penta-C und Penta-D als Marker zur Probenunterscheidung enthält, mit dem immunhistochemischen MMRD-Ergebnis (4er-ich-Panel) verglichen. Die Konkordanz zwischen MSI und MMRD lag bei 94 % (Übereinstimmung in 655 Fällen). Diskordanzen fanden sich in 6 % (n = 41), wobei in der Hälfte der Fälle (20 von 41) ein stabiler Testbefund (MSS/MSI-L) mit vollständigem Ausfall eines der 4 MMR-Proteine einherging, 12-mal MLH1/PMS2 (davon 10-mal mit nachgewiesener MLH1-Promotormethylierung), 5‑mal isoliert MSH6, 2‑mal isoliert PMS2 und 1‑mal MSH2/MSH6. Insgesamt wurden 50 % der Endometriumkarzinome mit komplettem MSH6-Verlust (5 von 10) mittels PCR fälschlicherweise stabil (MSS; 2‑mal) oder MSI-L (3-mal) klassifiziert. Nur in 2 der diskordanten Fälle fand sich eine erhaltene MMR-Expression trotz MSI-H-Befund; hier ließ sich der MSI-H-Befund auf eine Mutation im POLE-Gen zurückführen. Weiteren 18 diskordanten Fällen (43,9 %) lag eine in der 1. PCR nicht erfasste Heterogenität mit subklonalen MMR-Ausfällen zugrunde, die sich nach Mikrodissektion aufklären ließen (Nachweis einer herdförmigen MSI-H). Diese Zahlen verdeutlichen, dass sich die Frage nach dem zur MSI-Analyse am besten geeigneten Untersuchungsverfahren nicht einfach anhand der Daten für das KRK beantworten lässt. Offenbar bestehen erhebliche Unterschiede je nach Organ, sodass für das Endometriumkarzinom ein PCR-basierter MSI-Test nicht uneingeschränkt empfohlen werden kann [41].
Auch wenn davon auszugehen ist, dass die MSI-Analyse mittels NGS möglicherweise eine gegenüber PCR-basierten Testverfahren höhere Sensitivität aufweist, ist auch bei primär prädiktiver Testintention zur Abklärung von Therapietargets bei fortgeschrittenen Karzinomen auf die Bedeutung einer ggf. zusätzlich durchzuführenden MMR-Protein-Untersuchung hinzuweisen.
In einer aktuellen großen Serie von 15.045 mittels NGS auf MSI getesteter Malignome wurde gezeigt, dass 16,3 % der so als MSI-H klassifizierten Malignome mit LS assoziiert waren (bei MSI-L: 1,9 %; bei MSS: 0,3 %). Dabei wurde nur die Hälfte der LS über die typischerweise häufig assoziierten Neoplasien des Kolorektums und Endometriums identifiziert. Die andere Hälfte betrafen Indextumoren aus Magen, Harntrakt, Prostata, Pankreas, Nebennierenrinde, Dünndarm sowie Sarkome, Melanome und Keimzelltumoren. Bis auf einen Tumor ließ sich das zugrunde liegende betroffene MMR-Gen auch in diesen seltenen Lokalisationen mittels IHC eindeutig abgrenzen [42].
Somit empfiehlt es sich, bei mit primär prädiktiver Intention an fortgeschrittenen Karzinomen erhobenem positivem MSI-Test eine immunhistochemische MMR-Testung anzuschließen, auch bei Tumoren, die nicht prima vista dem (vermeintlich) typischen Lynch-Tumor-Spektrum zugehören (Abb. 3).
Fazit für die Praxis
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Für die Bestimmung der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) stehen 2 unterschiedliche Verfahren zur Verfügung, die auf der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) basierten direkten und die indirekten immunhistochemischen Nachweismethoden.
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Beide Verfahren weisen eine hohe Präzision auf und unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass mittels Immunhistochemie der der MSI zugrunde liegende Mismatch-Reparaturgen-Defekt (MMRD) bestimmt werden kann. Als eine weithin in der Pathologie verfügbare Technologie wird diese vor allem zum Screening auf MSI/MMRD-Tumoren empfohlen.
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Zur Therapieentscheidung bei fortgeschrittenen Karzinomen, insbesondere auch zur Frage einer Checkpointtherapie, wird MSI zunehmend als Teil einer multigenbasierten Diagnostik (z. B. Next Generation Sequencing) mitbestimmt.
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Interessenkonflikt
Gemäß den Richtlinien des Springer Medizin Verlags werden Autoren und Wissenschaftliche Leitung im Rahmen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine vollständige Erklärung zu ihren finanziellen und nichtfinanziellen Interessen abzugeben.
Autoren
Wolfgang Dietmaier: A. Finanzielle Interessen: Teilnahme an Expertentreffen mit Honorar und Kostenerstattung von Novartis, Roche und AstraZeneca – B. Nichtfinanzielle Interessen: Leitung Bereich Molekularpathologie, Universität Regensburg, Institut für Pathologie | Mitgliedschaft: DGP. Reinhard Büttner: A. Finanzielle Interessen: Mitbegründer und CSO von Targos Molecular Pathology GmbH, Kassel – B. Nichtfinanzielle Interessen: Direktor des Instituts für Pathologie, Universitätsklinikum Köln | Mitgliedschaften: DGP, IAP, AACR, IASLC, DKH. Josef Rüschoff: A. Finanzielle Interessen: Advisory Boards: Merck, Roche – B. Nichtfinanzielle Interessen: Niedergelassener Pathologe, Pathologie Nordhessen, Kassel | Medizinischer Leiter, Targos Molecular Pathology GmbH, Kassel | Mitgliedschaften: Deutsche Gesellschaft für Pathologie, Berufsverband Deutscher Pathologen.
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Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Wissenschaftliche Leitung
C. Röcken, Kiel
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Durch welchen Reparaturgenverlust wird Mikrosatelliteninstabilität (MSI) am häufigsten verursacht?
MSI wird etwa gleichhäufig durch Mutationen in den 4 verschiedenen Mismatch-repair-Genen (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) hervorgerufen.
MSI ist praktisch immer mit einer erblichen Tumordisposition, dem Lynch-Syndrom, assoziiert und betrifft meistens das MSH6-Gen.
MSI wird vor allem durch Promotormethylierung des MLH1-Gens verursacht.
MSI wird vor allem durch den kombinierten Ausfall von MLH1 und MSH6 hervorgerufen.
MSI wird meistens durch eine erworbene Promotormethylierung im MSH2-Gen ausgelöst.
Wann kann ein Tumor als mikrosatelliteninstabil bzw. als Tumor vom Mikrosatelliteninstabilität(MSI)-Typ bezeichnet werden?
Wenn mindestens ein Mikrosatellitenmarker des Bethesda-Panels des National Cancer Institute (NCI) eine Instabilität aufweist.
Wenn sich immunhistochemisch im Tumor typischerweise ein Ausfall der Expression von MLH1 und PMS2 oder von MSH2 und MSH6 nachweisen lässt.
Nur wenn MLH1 und MSH2 immunhistochemisch keine spezifische nukleäre Färbung im Tumorgewebe aufweisen.
Die Diagnose MSI kann erst dann als gesichert gelten, wenn der immunhistochemische Ausfall der Mismatch-repair-Gen-Expression durch eine auf einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) basierten Testung abgesichert worden ist.
Diese Diagnose ist erst mit Einführung von auf Next Generation Sequencing (NGS) basierten Methoden zuverlässig zu stellen.
Warum können für die Testung der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) Mononukleotidprimerpanels das Bethesda-Panel nicht vollständig ersetzen?
Die Nutzung eines Pentaplex-Mononukleotid-Panels ist auf einen Schwellenwert von einem instabilen Marker angelegt.
Das Bethesda-Panel erfasst auch Instabilitäten an Dinukleotid-Repeats, die vor allem bei Karzinomen, in denen auch ein MSH3-Funktionsverlust vorliegt, erfassen.
Mononukleotidpanels sind praktisch nur für den MSI-Nachweis im Endometriumkarzinom besonders gut geeignet.
Nur mithilfe des Bethesda-Panels lassen sich intratumorale klonale Heterogenitäten zuverlässig erfassen.
Das Bethesda-Panel ist bezüglich Sensitivität und Standardisierung mononukleotidbasierten Panels überlegen.
Bei welcher Vorgehensweise ist mit einer Verbesserung der Erkennung eines der häufigsten Tumordispositionssyndrome, dem Lynch-Syndrom (vormals HNPCC), zu rechnen?
Die gezielte Befragung von männlichen Patienten nach Kolonkarzinomen und von weiblichen Patientinnen nach Endometriumkarzinomen in der Familie.
Die Tumortestung bei solchen Patienten, deren Familienanamnese die Bethesda-Kriterien erfüllen (entsprechend S3-Leitlinie).
Bevorzugte Testung von Mikrosatelliteninstabilität (MSI)/Mismatch-Reparaturgen-Defizienz (MMRD) in Dickdarmkarzinomen mit sog. medullärer Histologie vor dem 50. Lebensjahr.
Die Testung aller erstdiagnostizierter kolorektaler Karzinome (entsprechend National Institute for Health and Care Excellence, NICE) und auch aller Endometriumkarzinome (entsprechend National Comprehensive Cancer Network, NCCN).
Die Detektionsraten des Lynch-Syndroms sind 20 Jahre nach Aufklärung der zugrunde liegenden Genmutationen praktisch nicht mehr zu verbessern und liegen über 90 %.
Wie ist der Nachweis von Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bzw. Mismatch-Reparaturgen-Defizienz (MMRD) mit und ohne BRAF-Mutation beim kolorektalen Karzinom (KRK) zu bewerten?
Beim KRK ist MSI unabhängig vom BRAF-Status und unabhängig vom Tumorstadium ein günstiger Prognosemarker.
Der Nachweis einer BRAF(V600E)-Mutation ist beim KRK stets ein ungünstiger Prognosemarker.
Im Stadium IV weisen MSI/MMRD-Karzinome eine den MSS/BRAFmut-Karzinomen vergleichbare ungünstige Prognose auf.
Checkpointgerichtete Immuntherapien sind bei MSI/MMRD-Karzinomen mit BRAF-Mutation unwirksam.
5‑Fluoruracil(FU)-basierte Therapien sind beim KRK unabhängig vom MSI/MMRD-Status gleich wirksam.
Sie haben ein Mikrosatelliteninstabilität (MSI)-positives Magenkarzinom Mismatch-mit Reparaturgen-Defizienz (MMRD) diagnostiziert. In der postoperativen Tumorkonferenz wird die Notwendigkeit einer 5‑Fluoruracil(FU)-basierten Chemotherapie diskutiert. Wozu raten Sie?
Eine 5‑FU-basierte Therapie ist unabhängig vom MSI/MMRD-Status angezeigt.
Diese Tumoren weisen über alle Stadien eine ungünstigere Prognose auf und sollten deshalb adjuvant weiter behandelt werden.
MSI/MMRD kennzeichnet beim Magenkarzinom einen eigenen Karzinogeneseweg (Daten des Krebsgenomatlasprojekts, TCGA) mit nachgewiesener Chemosensibilität.
5‑FU-basierte Therapien sollten beim operablen Magenkarzinom mit MSI/MMRD gemieden werden.
Für die weitere Behandlung sind nur das Tumorstadium (Staging) und der Tumordifferenzierungsgrad (Grading) entscheidend.
Bei einer 65 Jahre alten Patientin wird ein bereits metastasiertes Endometriumkarzinom (EC) diagnostiziert, das immunhistochemisch einen isolierten Ausfall des MSH6-Proteins im Tumor aufweist. Welche klinisch-therapeutische Implikation ergibt sich aus diesem Befund?
Gerade bei älteren Patientinnen ist der Verlust von MSH6 im EC Ausdruck einer erworbenen Reparaturgendefizienz und somit ohne nennenswerte klinische Relevanz.
Der Befund (Mismatch-mit Reparaturgen-Defizienz, MMRD) ist beim EC stets ein Indikator für eine günstige Prognose, sodass auch im metastasierten Stadium von einem prolongierten Verlauf auszugehen ist.
Dieser Befund sollte zunächst noch mittels Testung bezüglich Mikrosatelliteninstabilität (MSI) abgesichert werden, da gerade im EC die MSI-Testung dem einfachen immunhistochemischen Testverfahren überlegen ist.
Dieser Befund impliziert, dass diese Patientin an einem Lynch-Syndrom-assoziierten Endometriumkarzinom erkrankt ist und gut für eine checkpointgerichtete Immuntherapie geeignet ist.
In Europa gibt es aufgrund der Zulassungssituation seitens der European Medicines Agency (EMA) keine andere Möglichkeit, als dieser Patientin eine stadiengerechte Chemotherapie anzubieten.
Welche Aussage trifft für die immunhistochemische Testung hinsichtlich der Mismatch-Reparatur (MMR) nicht zu?
Beim Ausfall von MLH1 kommt es sekundär immer auch zum Ausfall von PMS2.
Beim Ausfall von MSH6 kommt es sekundär immer auch zum Ausfall von MSH2.
Nur Expressionsausfälle von MSH6 und PMS2 können isoliert auftreten und weisen auf eine erbliche Ursache hin.
Es ist möglich, anstelle des 4er-Antikörperpanels zunächst nur mit 2 Antikörpern zu screenen, bevorzugt MSH6 und PMS2.
Bei unklaren immunhistochemischen Befunden mit nicht eindeutigem Expressionsausfall oder fehlender Färbung im Normalgewebe (als interner Kontrolle) wird zur Absicherung eine Analyse bezüglich Mikrosatelliteninstabilität (MSI) empfohlen.
Was ist die Voraussetzung dafür, dass ein Karzinom für eine checkpointgerichtete Immuntherapie geeignet ist?
MSI/MMRD-Tumoren sind aufgrund ihrer hohen Mutationslast für eine Checkpointimmuntherapie geeignet.
Ohne positivem Biomarkertest (z. B. nach PD-L1-Testung) kann keine Immuntherapie durchgeführt werden.
Tumoren dürfen keine muzinöse Histologie aufweisen, da hier Immuntherapien wirkungslos sind.
Tumoren müssen noch operabel sein, da ansonsten die Tumorlast für eine Immuntherapie zu groß ist.
Nur Tumoren mit einer hohen intratumoralen lymphozytären Infiltration (TIL) sind für Checkpointtherapien geeignet.
Auf welche Weise kann das Auffinden einer dem Lynch-Syndrom (LS) zugrunde liegenden erblichen Genmutationen vereinfacht werden?
In der Regel reicht es, nach Mutationen im MSH2-Gen zu fahnden, da dieses Gen am häufigsten beim LS betroffen ist.
Man sollte immer erst das APC-Gen sequenzieren, da man so das häufigste erbliche Tumorsyndrom, die familiäre Polyposis (FAP), ausschließen kann.
Es empfiehlt sich, zunächst PMS2 und MSH6 auf Mutationen zu untersuchen, da diese Gene als Bindungspartner von MLH1 und MSH2 immer auch Sekundärmutationen aufweisen.
Der immunhistochemische Nachweis eines Ausfalls eines MMR-Gens im Tumor hilft bei der Suche nach einer Genmutation.
Mithilfe von Next Generation Sequencing (NGS) lassen sich alle Gene gleichzeitig analysieren, was das diagnostische Vorgehen erheblich vereinfacht.
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Dietmaier, W., Büttner, R. & Rüschoff, J. Mikrosatelliteninstabilität. Pathologe 40, 313–327 (2019). https://doi.org/10.1007/s00292-019-0610-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-019-0610-7
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- Neoplasien
- DNA-Fehlpaarungs-Reparatur
- Genetische Prädisposition
- Prognose
- Prädiktive Wertigkeit von Tests