Der orthopädische Gelenkersatz gehört zu den effektivsten operativen Eingriffen der modernen Orthopädie. So werden jährlich mehr als 1.000.000 Implantationen von Gelenkendoprothesen vorgenommen. Vor wenigen Jahren bestand bei Gelenkendoprothesen eine Revisionsrate von bis zu 30% [8]. Heute beträgt sie für Hüft- bzw. Knieendoprothesen etwa 8–9% [28]. In Deutschland werden pro Jahr etwa 170.000 künstliche Hüftgelenke implantiert [6], dies impliziert rechnerisch eine Anzahl von ca. 13.600 Revisionsoperationen. Während die Kosten für die Primäroperation nach Stargardt in Deutschland [27] 6364 EUR betragen, sind die Kosten bei Revisionen deutlich höher. Nach Fisman et al. [7] sind in den USA für Operation, Medikation und Rehabilitation etwa 19.000 EUR anzusetzen. Eine Gesamtkostenschätzung für Revisionsoperationen für Deutschland (12.682 EUR je Fall) ergibt ein Gesamtvolumen von 172.475.200 EUR pro Jahr. Die Revision trägt ein deutlich erhöhtes operatives Risiko und zeigt ein schlechteres Outcome [28] als die Primäroperation. Damit ist die Rate der Revisionen einer der wichtigsten Qualitätsparameter des Gelenkersatzes [26, 28].

Ursachen der Protheseninsuffizienz

Die Untersuchungen des Finnish Arthroplasty Register zeigen als wesentlichste Ursachen für die Revision des Gelenkersatzes die aseptische Lockerung, die septische Lockerung, die periprothetische Fraktur und Dislokationen [8]. Neueste Untersuchungen identifizieren die aseptische Prothesenlockerung mit etwa 70% bei den Hüftendoprothesen und 44% bei den Knieendoprothesen [28] als Hauptursache für Revision. Söderman et al. [26] zeigen auf Basis des Osteoarthritis-Index (WOMAC; [4]), dass nicht alle Patienten mit einer Prothesenlockerung von den Registern erfasst werden. Die Studie zeigt, dass bei etwa 20% der Patienten eine Prothesendysfunktion vorliegt [28].

Nach jeder Fremdmaterialimplantation kommt es zu einer Interaktion des Implantatmaterials mit dem Kontaktgewebe, die in Abhängigkeit von der Biokompatibilität des Materials zu einem Spektrum von Reaktionen führt [16, 21]. Klinisch ist die Implantatlockerung durch verschiedene Indizes, wie z. B. den WOMAC [4], oder radiologische Parameter, wie z. B. die EBRA (Einzelbild-Röntgenanalyse; [5]), fassbar.

Die Periimplantatmembran ist das morphologische Substrat der Interaktion des Implantates und des Gewebes als auch für die Interaktion mit Mikroorganismen [5, 10, 21].

Neben der Akutinfektion [29] führen auch Spätinfekte über lange Sicht zu einer Prothesenlockerung und damit zur Protheseninsuffizienz [13, 21].

Obwohl verschiedene Lockerungsmechanismen beschrieben wurden, ist der exakte Prozess nach wie vor unklar [13, 20, 21], wobei insbesondere lokale Entzündungsmechanismen und ihre Modulation eine Rolle spielen.

Zusammenfassend gelten somit folgende Faktoren als Ursachen der Prothesenlockerung [21]:

  • chronische tiefe Infektion,

  • Partikelkrankheit,

  • mechanische Alteration (Druck, Mikrobewegungen).

Implantatinfektion

Bei Neuimplantation geht man von einer Infektionsrate von 1,2–4% für Hüft- und Knieendoprothesen aus [17, 29]. Das Infektionsrisiko bei Revisionsoperationen liegt mit einer Infektrate von bis zu 17% [29] erheblich höher.

Nach Hamilton [11] beträgt der kumulative Anteil der durch Infektion verlorenen Prothesen über einen Zeitraum von 30 Jahren fast 50%.

In erster Linie führt der operative Eingriff zu einer Kontamination der Implantatoberfläche. Eine hämatogene oder lymphogene Besiedlung des Implantates ist weniger wahrscheinlich [10, 17, 18, 29]. Folge der Implantatbesiedlung ist die Ausbildung eines Biofilmreservates, das aufgrund der geringen Grundumsatz- und Reproduktionsrate der Bakterien einer antibiotischen Therapie unzugänglich ist.

Die Definition des Frühinfektes [29], als Infektion bis etwa 3 Wochen postoperativ, ist nicht ätiologisch bedingt, sondern impliziert die therapeutischen Konsequenzen. In der frühen postoperativen Phase sind Infektionen einer hoch dosierten Antibiotikatherapie unter Prothesenerhalt zugänglich, später muss davon ausgegangen werden, dass die Implantatoberfläche durch einen Biofilm besiedelt ist, was einen Implantatwechsel erfordert [29]. Die Diagnose einer Infektion kann nur durch Kombination klinischer und paraklinischer Befunde erfolgen [2, 29]. Bei entsprechender Anamnese (Dauerschmerz, unklares Fieber etc.) gelten die Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit (BSG) und der Anstieg des C-reaktiven Proteins (CRP) als zuverlässige Parameter [2]. Ergänzend sind die Bildgebung – Röntgen, Szintigraphie, PET-CT – sowie eine Erregerdiagnostik mit Antibiogramm obligat [29]. Die therapeutischen Optionen bei akuter Infektion sind der Prothesenerhalt mit radikalem Débridement und Antibiotikaspülung (~50% Erfolg) und bei tiefer chronischer Infektion der Prothesenwechsel mit hoch dosierter lokaler und systemischer Antibiose. Bei irreversiblem Substanzverlust und nicht eradizierbarer Infektion [24] erfolgt keine Reimplantation. Die Amputation der betroffenen Extremität gilt als Ultima Ratio bei lebensbedrohlicher Infektion. Eine Infektsuppression durch Langzeitantibiose ist nur bei multimorbiden Patienten und Gefahr lebensbedrohlicher Komplikationen durch die Revision adäquat [24, 29].

Das Erregerspektrum der Implantatinfektion wird von grampositiven Bakterien dominiert. Etwa 31% der Infektionen werden durch Staphylococcus aureus und 21% durch Staphylococcus epidermidis verursacht [11]. Seltener finden sich grampositive Erreger wie S. pyogenes, S. viridans und Peptostreptokokken oder gramnegative Erreger wie Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli u. a. Wesentlich für die antibiotische Therapieselektion ist jedoch das Antibiogramm hinsichtlich β-Lactamase-, Methicillin- (MRSA, MRSE) oder Vancomycin-Resistenz (VSA, VSE; [11, 13]), da Infekte bei Hüftendoprothesen zu ca. 40% und bei Knieendoprothesen zu ca. 12% durch resistente Erreger erfolgen [15]. An der Synovia gelingt der Erregernachweis in spezialisierten Labors in ca. 90% der Fälle. Als Behandlungsfehler ist der frustrane antibiotische Therapieversuch anzusehen. Trotz optimaler Therapie besteht eine Infektpersistenz bei 15% der Patienten, die bei jeder weiteren Revision zunimmt [29].

Die Infektion induziert eine abszedierende Entzündung, die bei Makrophagen die Freisetzung von Zytokinen wie IL-1β, IL-6, TNF-α, M-CSF und TGF-β bedingt. Dies führt zu einer Stimulation von Makrophagen, Riesenzellen und Osteoklasten und damit zum Knochenabbau. Ebenso führen die z. T. hohen Konzentrationen von IL-1β, IL-6, TNF-α, aber auch von M-CSF, IL-1α und IL-3 zu einem verstärkten Wachstum von Bakterien (z. B. S. aureus, P. aeruginosa, Mycobacterium avium; [13, 19]).

Partikelerkrankung

Die aseptische Prothesenlockerung ist die häufigste Ursache der Protheseninsuffizienz [21]. Als wesentliche Ursachen gelten:

  • Knochenverlust durch Abriebpartikel,

  • adaptives Knochenremodeling abhängig von Protheseneigenschaften und geänderter Belastung des Knochens,

  • altersbedingte Knochenveränderungen.

Dominierend ist jedoch die Partikelerkrankung, die sich formal in der folgenden, stark vereinfachten, pathogenetischen Kausalkette zusammenfassen lässt [25]. Mechanisch induzierte Abriebpartikel, die in der Synovia verteilt sind, dringen in den Periimplantatspalt ein und aktivieren Makrophagen, die zu Osteoklasten differenzieren und die lokalen Osteoklasten aktivieren. Durch Knochenresorption im Interfacebereich erweitert sich der Periimplantatspalt. Dies erleichtert das Eindringen weiterer Abriebpartikel mit konsekutiver Verstärkung der resorptiven Prozesse im Sinne eines Circulus vitiosus mit Destabilisierung und Verlust des Implantates.

Die häufigsten Abriebpartikel sind:

  • Polyethylen,

  • Metalle,

  • Keramik,

  • Zement.

Polyethylen (PE) ist das bekannteste und quantitativ bedeutsamste Abriebmaterial bei Endoprothesen. Tierexperimentelle Untersuchungen beweisen, dass bereits nach wenigen Wochen die ersten PE-Partikel in der Synovia nachweisbar sind. Diese Untersuchungen mit Abriebpartikeln zeigten, dass diese allein keine osteolytische Aktivität entfalten. Erst die Phagozytoseprozesse in der Periimplanatmembran (Abb. 1) induzieren die entscheidenden Stoffwechselveränderungen. IL-1β, IL-6 und TNF-α induzieren die Modulation der Osteoblasten- und Osteoklastenfunktion und damit die Knochenresorption. Besonders entscheidend hierfür ist die extrem große Zahl der Mikropartikel. Die selteneren aseptischen Lockerungen im Kniegelenk zeigen, dass neben den Partikeln insbesondere der hohe Synoviadruck im Hüftgelenk entscheidend für die aseptische Lockerung ist [28].

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung der chronischen Lockerung in Bezug auf die Wirkung mechanischer, infektiöser und partikulärer Faktoren in der Periimplantatmembran

Metallabriebpartikel sind viel kleiner als PE-Partikel und besitzen eine geringere Potenz zur Induktion von Osteolysen, da weitaus größere Mengen von metallischen Partikeln phagozytiert werden und diese Partikel eine geringere zytotoxische Potenz besitzen als PE-Partikel [21, 28].

Keramikabriebpartikel induzieren vergleichsweise eine geringere Entzündungsreaktion. Dabei ist die Partikelgröße wesentlich für die biologische Reaktion, während die Materialzusammensetzung eine untergeordnete Rolle spielt. Auch die Menge der Abriebpartikel bei Keramik ist geringer als bei Metallen oder PE [21, 28].

Zement (Polymethacrylat – PMMA) spielt aufgrund hoher Verdichtung des Zements, Vakuumpräparation und Vorkühlung eine nur noch untergeordnete Rolle für die abriebinduzierte Lockerung [21, 28].

Auf die Mechanismen der Zellaktivierung soll hier nur oberflächlich eingegangen werden, da sie umfangreich in verschiedenen Arbeiten [21, 28] dargestellt sind. Durch die Phagozytose kommt es zu einer Präsentation von HLA-DR durch Makrophagen mit sekundärer Stimulation der T-Lymphozyten. Wesentlich sind die Sekretion von TNF-α und die Aktivierung der Pathways von Proteinkinase-A und -C. Diese führen via NF-κB zu einem Anstieg der Zytokinsekretion von TNF-α, IL-1β und IL-6, die über z. T. unbekannte Wege zu Veränderungen der Stoffwechselaktivität der Osteoklasten und Osteoblasten und damit zur Osteolyse führen [21]. Auch Wechselwirkungen mit anderen Zellen der Periimplantatmembran, z. B. Fibroblasten, sind beschrieben.

Mechanischer Stress

Jede Implantation einer Prothese verändert die mechanische Belastung des Knochenkompartiments [1] durch Mikrobewegungen zwischen Prothese und Knochen. Diese elastischen Bewegungen können eine Osteointegration inhibieren. Im Rahmen des „stress shielding“ kommt es zu einem „Remodeling“ der Knochenarchitektur, mit Knochenverlust, der im engeren Sinne keine osteolytische Aktivität darstellt [28]. Beide Veränderungen, sowohl die Mikrobewegungen als auch das Knochenremodeling bedingen eine Vergrößerung des Periimplantatspalts. Diese gestattet das verstärkte Eindringen von Synovia und Mikropartikeln und mit gesteigerter osteolytischer Aktivität.

Morphologie der Periimplantatmembran

Jedes Implantat induziert eine Periimplantatmembran [20], die eine morphologische Verwandtschaft mit der Tunica synovialis [21], daher auch die Bezeichnung SLIM („synovial-like interface membrane“) [23], zeigt. Sie ist aufgebaut aus Makrophagen, Riesenzellen, Fibroblasten und wenigen Lymphozyten [21, 23]. Neutrophile Granulozyten sind keine typischen Bestandteile einer periprothetischen Membran [3].

Morphologische Unterschiede im Aufbau der periprothetischen Membran von zementierten und nicht zementierten Implantaten gibt es nicht, wenngleich bei zementierten Implantaten vermehrt Makrophagen nachgewiesen wurden [14].

Hinsichtlich der Morphologie der Periimplantatmembran hat sich die Klassifikation von Morawietz et al. [20] etabliert, die klare Rückschlüsse auf die Ätiologie erlaubt. Diese Klassifikation unterscheidet 4 Typen der Periimplantatmembran:

  • Typ I: periprothetische Membran vom abriebinduzierten Typ,

  • Typ II: periprothetische Membran vom infektiösen Typ,

  • Typ III: periprothetische Membran vom abriebinduzierten und infektiösen Typ (Mischtyp),

  • Typ IV: periprothetische Membran vom Indifferenztyp (nicht abriebinduziert, nicht infektiös).

Makroskopisch imponiert die Periimplantatmembran als derbes, fibröses oder schwammartiges Gewebe (Abb. 2), das sich dem Implantat einerseits und dem Knochengewebe andererseits anschmiegt.

Abb. 2
figure 2

Makroskopie der fixierten Periimplantatmembran einer Gelenkpfanne (ABG-I-Prothese) mit typischer Adaptation der Membran an die strukturellen Gegebenheiten des Implantates

Typ-I-Membran

Die Typ-I-Membran ist die häufigste Periimplantatmenbran. Sie besitzt bei nicht gelockerten Implantaten eine Dicke von etwa 0,1 mm und kann bei Prothesenlockerung eine Dicke von mehreren Millimetern erreichen. Sie besteht aus dicht gepackten Makrophagen, eingebettet in relativ lockeres Bindegewebe. Es findet sich ein geringes lymphoplasmazelluläres Begleitinfiltrat, das sehr wenige neutrophile Granulozyten enthalten kann. Neben z. T. massiven Ansammlungen von phagozytiertem Abriebmaterial sind auch freie Abriebpartikel unterschiedlicher Größe nachweisbar [21].

PE-Abrieb

PE-Partikel, unabhängig davon ob es sich um „ultra high molecular weigth polyethylene“ (UHMWPE), Poly II (karbonfaserverstärktes PE), Hylamer (PE mit erhöhter Linearität der langen Polymerketten) oder um „highly cross linked polyethylene“ (HCLPE, XLPE) handelt, sind längliche, spanförmige und z. T. bizarr geformte Strukturen. Die „Makropartikel“ (>1 µm) zeigen histologisch einen gläsernen Aspekt und im polarisierten Licht eine typische Doppelbrechung. Bei Knieendoprothesen entstehen z. T. sehr große Makropartikel von >1 mm.

Mikropartikel (<1 µm; Abb. 3 a) sind in der HE-Färbung und im polarisierten Licht meist nicht sichtbar. Im Mittel besitzen sie eine Größe von 0,5 µm und stellen die Masse der Abriebpartikel dar. Bei diagnostischen Schwierigkeiten lassen sich diese Partikel mittels Ölrot-Färbung (Rezeptur beim Verfasser) nachweisen [12, 21].

Abb. 3
figure 3

Verschiedene Typ-I-Periimplantatmembranen (links HE, rechts HE + Polarisation): a Polyethylenabrieb, b Metallabrieb (Titan-Legierung-PE-Gleitpaarung), c Al2O3-Keramik-Abrieb, d PMMA-Zement-Abrieb

Die Partikel sind in Makrophagen und Riesenzellen (CD68+, Cathepsin K) lokalisiert. Osteoklasten (CD68+, Cathepsin K+) phagozytieren üblicherweise keine Abriebpartikel.

Metallabrieb

In der Endoprothetik verwendet man verschiedenste Metalle und Metalllegierungen, meist bestehend aus Titan, Kobalt, Chrom, Aluminium oder Molybdän. Diese generieren Abriebpartikel von durchschnittlich 0,05 µm [21]. Die Partikel stammen meist aus Metall-UHMWPE- oder Metall-Metall-Gleitpaarungen. Die Metall-Metall-Gleitpaarung erlebt heute, z. B. als Oberflächenersatz nach McMinn, eine Renaissance. Meist finden sich staubfeine, an anthrakotisches Pigment erinnernde schwarze bis braunschwarze Ablagerungen.

Eine Doppelbrechung ist nicht vorhanden, lässt sich aber bei gemischten Abriebformen durch enthaltene PE-Abriebpartikel nachweisen (Abb. 3 b). Die Nichteisenmetalle sind in der Eisenfärbung negativ und lassen sich sowohl intra- als auch extrazellulär darstellen. Ein definitiver Nachweis ist mittels Energie-Dispersions-Röntgenanalyse (EDAX) möglich [21].

Keramikabrieb

Die als Keramik-PE- oder als Keramik-Keramik-Gleitpaarung eingesetzten Keramiken basieren häufig auf einer Al2O3-Keramik. Seltener sind Zirkonoxidkeramiken (ZrO2) z. T. mit Zusatz von Yttriumoxid (Y2O3) im Einsatz.

Keramiken zeigen geringe Abriebvolumina mit einer mittleren Partikelgröße von nur 0,2 µm. Die Partikeldichte ist in den Makrophagen höher als in der Matrix. Sie imponieren graubraun bis schwarz, sodass eine Abgrenzung zu metallischem Abrieb schwierig ist. Häufig besteht eine minimale Doppelbrechung (Abb. 3 c). Fremdkörperriesenzellen sind selten. Die EDAX-Analyse zeigt die typischen Peaks für Aluminium (Al2O3-Keramik) oder Zirkon (ZrO2-Keramik; [21]).

Zementabrieb

Zement (PMMA) wird heute v. a. bei Revisionsoperationen verwendet.

PMMA selbst ist bei der histologischen Untersuchung nicht sichtbar, da es bei der Einbettung durch Xylol gelöst und ausgewaschen wird. Sichtbar sind im Paraffinschnitt nur die Residuen der Zementzusätze, wie z. B. Röntgenkontrastmittel. Diese in großen leeren Räumen sichtbaren grauschwarzen Ablagerungen zeigen einen maulbeeratigen Aspekt und sind schwach doppelbrechend ([21]; Abb. 3 d). Im Schnellschnittmaterial ist PMMA dagegen schollig oder globulär mit großen Partikeln von z. T. über 1 mm Größe. Das Material erscheint im Schnellschnitt glasartig und ist bei schiefer Beleuchtung (Kondensor absenken) gut sichtbar, zeigt aber keine Doppelbrechung.

Häufig sieht man unregelmäßige Einschlüsse der Kontrastmittel und assoziierte Fremdkörperriesenzellen [21].

Typ-II-Membran „infektiöser Typ“

Bei der Typ-II-Membran lassen sich 3 Formen unterscheiden. Die Frühform bis zu 3 Wochen nach der Implantation entspricht einer hoch floriden, eitrigen Entzündung. Neben Nekrosen sieht man viele neutrophile Granulozyten (PMN) als morphologisches Korrelat der bakteriellen Infektion mit hoher Erregerlast. Der 2. Typ entspricht der typischen chronischen, tiefen Implantatinfektion und enthält nur wenige PMN (sog. „Low-level-Infektion“; Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Typ-II-Membran: sog. „Low-level-Infektion“ 2 Jahre post implantationem mit mehr als 5 PMN/HPF (HE-Färbung)

Nach Pandey et al. [22] korreliert der Nachweis von 2 und mehr PMN/HPF in 10 HPF (Sensitivität 100%, Spezifität 97%) mit einer mikrobiologisch nachweisbaren Implantatinfektion. Der Nachweis von 3 und mehr PMN/HPF belegt mit einer Sensitivität von 72% und einer Spezifität von 100% eine Protheseninfektion.

Bauer et al. [3] zeigen, dass eine sichere Infektdiagnostik nur durch Kombination verschiedener Tests, insbesondere BSG und CRP, Erregerkultur und Morphologie möglich ist. Nach Bauer et al. [3] sollte auf Basis der Analyse der aktuellen Literatur morphologisch, die Anzahl von 5 PMN/HPF in 5 sequenziellen HPF eine sichere Diagnose ermöglichen (Abb. 4). Fibrindeposits aller Art, auch mit enthaltenen Granulozyten, sind diagnostisch nicht zu verwerten!

Zur exakten Quantifizierung der PMN kann z. B. CD15 genutzt werden.

Mit molekularpathologischen Methoden, insbesondere mit der PCR, ist es mittlerweile möglich, früher und mit höherer Sensitivität eine Infektion zu detektieren [9]. Aktuelle Untersuchungen zur Detektion der 16S-rDNA zeigen, dass diese eine Sensitivität von 71% (Kultur 44%) und eine Spezifität von 97% (Kultur 94%) aufweist und damit der Kultur überlegen ist. Trotz des Vorwurfs einer Detektion falsch-positiver Befunde zeigt sich, dass bei exakter Anwendung der modernen Methoden auch der negative und positive prädiktive Wert den der Kultur deutlich übersteigt [9, 18].

Modernste Tests erlauben durch Kombination des Erregernachweises mit einer molekularen Resistenzanalyse Aussagen zur notwendigen Therapie, die bei hoher Geschwindigkeit (~6 h) unabhängig von einer bereits durchgeführten Antibiotikatherapie eine exakte Aussage zu Erregern und Resistenzen erlaubt (Publikation in Vorbereitung). Zusätzlich können mittels molekularer Methoden schlecht bzw. nicht anzüchtbare Erreger nachgewiesen werden. Dies dokumentiert die Überlegenheit der Molekularpathologie gegenüber konventionellen Kulturverfahren.

Typ-III-Membran „Mischtyp“

Die Typ-III-Membran entspricht dem Mischtyp, d. h. einer Mischung einer Typ-I-Membran, also dem Abriebtyp, und einer Typ-II-Membran, dem infektiösen Typ. Meist handelt es sich um eine tiefe „Low-level-Infektion“. Morphologisch zeigen sich sowohl abriebinduzierte als auch infektiöse Veränderungen. Meist finden sich nur wenige PMN (>5 PMN/HPF) sowie Abriebpartikel ([20, 21]; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Typ-III-Membran: zahlreiche PMN (>5 PMN/HPF) bei gleichzeitigem polarisationsoptischem Nachweis von PE-Abrieb (HE-Färbung)

Typ-IV-Membran „Indifferenztyp“

Die Membran vom Indifferenztyp zeigt kausalgenetisch keinen direkten Bezug zu abriebinduzierten oder infektiösen Veränderungen. Die Pathogenese dieses Membrantyps ist derzeit unklar. Morphologisch findet sich kollagenfaserreiches Bindegewebe, das nur fokal eine SLIM aufweist (Abb. 6). Abriebpartikel sollten nicht bzw. nur extrem selten darstellbar sein, und die Zahl der PMN liegt unter der Grenze von 5 PMN/HPF, meist unter 1 PMN/HPF. Am häufigsten findet sich dieser Typ bei nicht zementierten Implantaten. Am augenscheinlichsten erscheint die Erklärung, dass diese Membran bei mechanischen Dysfunktionen des Implantates auftritt, z. B. bei vermehrten Mikrobewegungen bei suboptimal implantierter Endoprothese [20].

Abb. 6
figure 6

Typ-IV-Membran: sehr zellarme SLIM ohne Abriebpartikel sowie ohne PMN (HE-Färbung)

Differenzialdiagnostisch müssen zusätzlich andere Knochenveränderungen wie eine renale Osteopathie oder auch eine primäre oder sekundäre Osteopenie, z. B. bei langzeitiger Kortisonmedikation oder Medikation mit Aromatasehemmern, berücksichtigt werden. Deshalb sollten klinisch eine Osteopathie ausgeschlossen und eine exakte Medikamentenanamnese erhoben werden, um ggf. adäquate therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.

Ausblick

Weitere Untersuchungen zur Pathogenese der Periimplantatmembran sind notwendig, um die diagnostischen Aussagen für die Klinik zu verbessern. Orthopäden erwarten vom Pathologen deutlich mehr als die Diagnose „Periimplantatmembran mit unspezifischer Entzündung“! In erster Linie ist es notwendig, die Diagnostik infektiöser Veränderungen zu verbessern, da sie die Standzeit einer Prothese erheblich beeinflussen. Dazu ist eine Verbesserung der Sensitivität bei maximaler Spezifität der Erreger- und Resistenzdiagnostik nötig. Zusätzlich sind Untersuchungen zur exakten Aufklärung der Ätiologie der Typ-IV-Membran nötig.

Fazit für die Praxis

Die exakte morphologische Klassifikation der Periimplantatmembran orthopädischer Endoprothesen erlaubt heute gute, therapeutisch relevante Aussagen zur Ursache einer Prothesenlockerung/-insuffizienz. Notwendig ist insbesondere die Abgrenzung des infektiösen Typs/Mischtyps (Typ II/Typ III) und des Indifferenztyps (Typ IV), da diese ggf. eine adäquate Therapie oder weiterführende klinisch-diagnostische Maßnahmen erfordern. Bei einer Infektion, insbesondere der „Low-level-Infektion“, erlauben moderne molekularpathologische Untersuchungen eine definitive Aussage zu Erreger und Resistenz. Diese relativ teuren Untersuchungen sind im Verhältnis zu den Sekundärkosten, die ohne diese diagnostische Einordnung entstehen können, eher gering. Auch bei der Typ-IV-Membran kann die morphologische Diagnostik klinisch und damit therapeutisch relevante Informationen liefern und so die Standzeit des Revisionsimplantats signifikant beeinflussen.